Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 19.12.1986, Az.: 2 U 55/86

Kaufpreis für den Erwerb von Gaststätteninventar; Berufung des Bürgen auf das Fehlen einer Hauptverbindlichkeit; Inventarverkauf als Abzahlungsgeschäft; Rücknahme des Inventars auf Grund Sicherungseigentums ; Unmögliche Regressmöglichkeiten wegen vereinbarter Veräußerungsermächtigung; Fingierter Rücktritt vom Abzahlungskauf

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
19.12.1986
Aktenzeichen
2 U 55/86
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1986, 19757
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1986:1219.2U55.86.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 21.01.1986 - AZ: 5 O 443/85

Fundstelle

  • NJW-RR 1987, 821-823 (Volltext mit amtl. LS)

Der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle hat
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht G. und
die Richter am Oberlandesgericht D. und D.
auf die mündliche Verhandlung vom 5. Dezember 1986
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Beklagte wird des Rechtsmittels der Berufung gegen das am 21. Januar 1986 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg für verlustig erklärt, soweit sie durch jenes Urteil zur Zahlung von 14.164,61 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 1. Mai 1984 verurteilt ist.

  2. 2.

    Im übrigen wird das vorbezeichnete Urteil auf die Berufung der Beklagten teilweise geändert. Die Klage wird hinsichtlich des 14.164,61 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 1. Mai 1984 übersteigenden Betrages abgewiesen.

  3. 3.

    Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Klägerin 7/10 und die Beklagte 3/10. Von den Kosten der Berufung tragen die Klägerin 17/20 und die Beklagte 3/20.

  4. 4.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  5. 5.

    Beschwer der Klägerin: 31.855,45 DM.

Entscheidungsgründe

1

Die Berufung hat, soweit sie nicht zurückgenommen ist, Erfolg. Zwar hat das Landgericht mit Recht ausgesprochen, daß sich die Beklagte für die Verbindlichkeiten der Hauptschuldner J. und L. aus dem Untermietvertrag vom 4. März 1983 und aus den Darlehens- und Sicherungsübereignungsverträgen vom 14. März 1983 gegenüber der Klägerin wirksam verbürgt hat. Soweit die Beklagte demgemäß zur Zahlung restlichen Mietzinses von 20.194,77 DM und Gerichtskosten von 104,50 DM abzüglich Kaution mit 6.095,59 DM und Warenguthaben von 39,07 DM, mithin 14.164,61 DM verurteilt worden ist, ist die Berufung zurückgenommen. Mit dem diesen Betrag übersteigenden Teil der Klagforderung geht es allein um die Haftung der Beklagten für die in ein Darlehen umgewandelte Restkaufpreisforderung der Klägerin aus dem Verkauf von Inventar an die Hauptschuldner. Insoweit ist die Klage indessen nicht begründet. Es fehlt an einer Hauptverbindlichkeit, da die Klägerin nach § 5 AbzG sich so behandeln lassen muß, als sei sie vom Inventarkaufvertrag zurückgetreten. Daß insoweit gegen die Hauptschuldner rechtskräftige Vollstreckungsbescheide ergangen sind, hindert die Beklagte als Bürgin nicht, sich auf das Fehlen einer Hauptverbindlichkeit zu berufen (Palandt-Thomas, BGB, 45. Aufl., § 767 Anm. 2 e).

2

Bei dem im Untermietvertrag vom 4. März 1983 vereinbarten Inventarverkauf an die Hauptschuldner J. und L. handelt es sich um ein Abzahlungsgeschäft, auf das das Abzahlungsgesetz anzuwenden ist. Unabhängig von der in dem vorgedruckten Teil von § 1 des Darlehensvertrages vom 14. März 1983 vorgesehenen Aufteilung des Darlehens auf die Lieferung von Bier und die Lieferung von alkoholfreien Getränken ergibt der maschinenschriftlich eingefügte Zusatz, daß das von der Klägerin den Gaststättenmietern gewährte Darlehen in Wirklichkeit der Finanzierung des durch eine Anzahlung nicht gedeckten Restes des mit insgesamt 67.800 DM (später: 66.800 DM) vereinbarten Kaufpreises für den Erwerb von Gaststätteninventar diente. Der betreffende maschinenschriftliche Zusatz lautet:

"Die Auszahlung des Darlehens erfolgt dadurch, daß die Brauerei den gesamten Darlehensbetrag verbucht und zur Bezahlung des Restkaufpreises für Inventar gemäß Untermietvertrag vom 4.3.1983 verrechnet" (Bl. 33 d.A.).

3

Auch die Klägerin hat den Inventarverkauf von Anfang an als Abzahlungsgeschäft angesehen. Das zeigt sowohl der gleichzeitig mit dem Darlehensvertrag geschlossene Sicherungsübereignungsvertrag und vor allem der Umstand, daß die Hauptschuldner und die Beklagte sowohl unter dem Untermietvertrag als auch unter dem Darlehensvertrag ausdrücklich eine Belehrung über das Widerrufsrecht nach § 1 b AbzG unterzeichnet haben.

4

Unstreitig ist ferner, daß die Klägerin das Gaststätteninventar zurückgenommen hat. Im ersten Rechtszuge hat die Klägerin vortragen lassen, sie habe das Gaststätteninventar aufgrund ihres Sicherungseigentums zurückgenommen. Bei einem derartigen Sachverhalt wäre die Anwendung der Rücktrittsfiktion des § 5 AbzG schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmung unproblematisch. Im zweiten Rechtszuge behauptet die Beklagte, ihr erstinstanzliches Vorbringen beruhe auf einem Informationsversehen des damaligen Prozeßbevollmächtigten; in Wahrheit sei die Rücknahme und Verwertung des Inventars aufgrund einer zwischen der Klägerin und den Hauptschuldnern am 11. April 1984 mündlich besprochenen und sodann schriftlich fixierten Abrede erfolgt. Die Hauptschuldner hätten gebeten, die Klägerin möge das Inventar bestmöglich für ihre Rechnung freihändig veräußern und die Erlöse auf die Forderungen gegen sie verrechnen; zwar habe die Klägerin ihr Vermieterpfandrecht an dem Inventar geltend gemacht; tatsächlich sei das Inventar jedoch nicht aufgrund des Vermieterpfandrechtes, sondern aufgrund der Veräußerungsermächtigungen der Hauptschuldner verwertet worden.

5

Auch auf der Grundlage dieses Vorbringens der Klägerin ist aber von einem fingierten Rücktritt im Sinne von § 5 AbzG auszugehen. Es kann schon zweifelhaft sein, ob die am 11. April 1984 zwischen der Klägerin und den Hauptschuldnern getroffene Vereinbarung die Hauptschuld in einem so wesentlichen Umfang verändert hat, daß die in solchen Fällen für die Haftung des Bürgen nach § 767 BGB erforderliche Identität zwischen Hauptschuld und verbürgter Schuld nicht mehr gewahrt war. Immerhin haben Inventarverkauf, Mietvertrag und Darlehensvertrag in einem engen Zusammenhang gestanden; die Beklagte hat die Bürgschaft für alle hieraus resultierenden Verbindlichkeiten der Hauptschuldner in der Erwartung übernommen, daß die Bezahlung des Inventars in erster Linie durch den Betrieb der gemieteten Gaststätte finanziert werden würde. Mit der zwischen der Klägerin und den Hauptschuldnern am 11. April 1984 vereinbarten Aufhebung des Mietvertrages war demgemäß die wirtschaftliche Basis für die Finanzierung des Inventarkaufes ohne Mitwirkung der Beklagten weggefallen. Wenn in einer solchen Situation die Hauptschuldner die Klägerin ermächtigten, das Inventar eigenhändig zu verkaufen, verschlechterte sich die Situation der Beklagten als Bürgin gegenüber dem ursprünglichen Haftungsumfang erheblich: Naheliegende Folge der Zahlungsunfähigkeit eines Abzahlungskäufers ist es, daß der Verkäufer im eigenen Interesse die verkaufte Sache zurücknimmt. So haben es Klägerin, Hauptschuldnerin und Beklagte ursprünglich auch gesehen und dementsprechend im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag am gleichen Tage den Sicherungsübereignungsvertrag vom 14. März 1983 geschlossen, der ebenfalls von der Beklagten unterzeichnet worden ist. Der eigene Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hat dementsprechend im ersten Rechtszuge auch angenommen, die Klägerin sei entsprechend dieser Erwartung vorgegangen und habe das Inventar aufgrund ihres Sicherungseigentums zurückgenommen. Die bei einem solchen Vorgehen nach § 2 AbzG zu zahlende Nutzungsentschädigung hätte dem eigenen Vorbringen der Klägerin zufolge noch nicht einmal die Höhe der auf das Inventar geleisteten Anzahlung von 7.000 DM erreicht. Nun ist zwar tatsächlich die Klägerin von dem Abzahlungsgeschäft nicht zurückgetreten. Ohne die mit den Hauptschuldnern getroffene Veräußerungsermächtigung hätte die Inanspruchnahme der Beklagten aus der Bürgschaft auf Zahlung des Restkaufpreises aber dazu geführt, daß die Ansprüche der Klägerin gegen die Hauptschuldner nach § 774 BGB auf die Beklagte übergegangen wären; zwar wäre das Sicherungseigentum der Klägerin am Inventar nicht notwendigerweise gemäß § 401 BGB automatisch auf die Beklagte übergegangen; die Klägerin wäre jedoch im Zweifel schuldrechtlich verpflichtet gewesen, im Falle der Zahlung durch die Beklagte ihr Sicherungseigentum am Inventar auf sie zu übertragen. (Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 401 Anm. 1 c). Diese Regreßmöglichkeiten der Beklagten als Bürgin sind aber durch die von der Klägerin mit den Hauptschuldnern vereinbarte Veräußerungsermächtigung und die auf dieser Basis erfolgte Verwertung des Inventars zerschlagen, so daß vieles dafür spricht, daß die aufgrund des Vertrages vom 11. April 1984 erfolgte Verwertung des Inventars der Zustimmung der Beklagten bedurft hätte, wenn sie weiterhin aus der verbürgten Hauptschuld in Anspruch genommen werden sollte.

6

Andererseits ist der Klägerin zuzugeben, daß jedenfalls bei formaler Betrachtungsweise die ursprüngliche Kaufpreisrestschuld durch die Vereinbarung vom 11. April 1984 für sich genommen nicht verändert worden ist und die Veräußerungsermächtigung lediglich eine Abrede über die Begleichung der Kaufpreisschuld darstellt. Es kann aber dahingestellt bleiben, ob aus den dargestellten Gründen die Haftung der Beklagten an § 767 BGB scheitert. Die am 11. April 1984 getroffene Vereinbarung ist als fingierter Rücktritt vom Abzahlungskauf im Sinne des § 5 AbzG zu werten. Nach ganz herrschender Auffassung ist § 5 AbzG über seinen Wortlaut hinaus ausdehnend auszulegen; diese Vorschrift wird nicht nur dann angewendet, wenn die Besitzübertragung auf ausdrückliches Verlangen des Abzahlungsverkäufers zustande gekommen ist (Palandt-Putzo, a.a.O., § 5 AbzG Anm. 2). Gerade für den hier vorliegenden Fall einer mit dem Abzahlungskäufer vereinbarten Veräußerung der Kaufsache durch den Abzahlungsverkäufer hat der Bundesgerichtshof hinsichtlich der Anwendung des § 5 AbzG eine differenzierte Beurteilung je nach der der Veräußerungsabrede zugrunde liegenden wirtschaftlichen Situation für geboten gehalten. § 5 AbzG ist danach in solchen Fällen nicht anwendbar, in denen der Sachverhalt nicht anders zu beurteilen wäre, als wenn der Käufer von sich aus die Kaufsache veräußert und mit dem erzielten Erlös den Kaufpreis teilweise beglichen hätte. Dagegen greift § 5 AbzG durch, wenn die Verkaufsbedingungen im wesentlichen vom Abzahlungsverkäufer vorgeschrieben werden und sich seine tatsächliche Position nicht wesentlich anders darstellt, als wenn er die Kaufsache aufgrund vorbehaltenen Eigentums wieder an sich genommen hätte (BGH WM 1966, 1148 ff.). Dabei wird die beim Abzahlungsverkauf von Gaststätteninventar durch eine Brauerei an den Gastwirt/Mieter typische Interessenlage zu berücksichtigen sein (vgl. BGHZ 45, 111 ff.). Bei der danach gebotenen differenzierenden Betrachtungsweise kann angesichts der Umstände des vorliegenden Falles kein Zweifel bestehen, daß es wirtschaftlich um eine Rücknahme des Inventars durch die Klägerin ging, die lediglich in die Form einer Veräußerungsermächtigung gekleidet worden ist. Ob dabei die Klägerin diese Vertragsgestaltung bewußt gewählt hat, um die ihr möglicherweise bekannten Wirkungen des Abzahlungsgesetzes zu umgehen, ist für die Anwendung des § 5 AbzG nicht entscheidend.

7

Bei der Würdigung der der Veräußerungsermächtigung zugrunde liegenden Interessenlage fällt maßgeblich ins Gewicht, daß die Hauptschuldner zahlungsunfähig waren. Die Zahlungsunfähigkeit der Hauptschuldner ist sogar ausdrücklich in dem Vertrag vom 11. April 1984 erwähnt. Für diesen Fall hatte sich die Klägerin in erster Linie dadurch abgesichert, daß sie sich das Inventar zur Sicherheit hat übereignen lassen. Sie hatte schon von daher ein Druckmittel in der Hand, das Inventar im Falle der Zahlungsunfähigkeit wieder an sich zu bringen. Auch wenn die Klägerin, nachdem ihr durch Beschlüsse des erkennenden Gerichts die Konsequenzen einer Rücknahme des Inventars aufgrund der Sicherungseigentums deutlich geworden sind, von ihrem erstinstanzlichen Vorbringen abgerückt ist, so enthält doch diese Prozeßgeschichte zumindest ein Indiz dafür, daß die Klägerin ursprünglich einen so wesentlichen Unterschied zwischen einer Verwertung des Inventars aufgrund Sicherungseigentums und einer Verwertung aufgrund einer Veräußerungsermächtigung nicht gesehen hat. Daß die von der Klägerin erlangte Veräußerungsermächtigung der Hauptschuldner gerade keinen bedeutsamen Unterschied zu einer aufgrund Eigentumsvorbehalts oder Sicherungseigentums erfolgten Rücknahme des Inventars darstellt, zeigt aber auch die hier gegebene allgemein für Gaststättenmiete mit Abzahlungsverkauf von Inventar typische Situation: Gaststätteninventar kann in aller Regel dann am günstigsten verwertet werden, wenn es in der Gaststätte verbleibt und vom Nachfolger übernommen wird; dagegen ist der "Zerschlagungswert" des Inventars beträchtlich niedriger. Endet ein Gaststättenmietvertrag vorzeitig, haben in der Regel sowohl die als Vermieter und Inventarverkäuferin auftretende Brauerei als auch der bisherige Gastwirt ein naheliegendes Interesse daran, daß das Inventar in der Gaststätte verbleibt. Dabei besteht das Interesse der Brauerei typischerweise nicht nur im Sicherungsinteresse an der Erzielung eines möglichst hohen Verwertungserlöses, sondern auch darin, einem potentiellen Nachfolger eine Gaststätte mit Inventar anbieten zu können, ohne dabei den Schwierigkeiten gleichsam "dreiseitig" geführter Verhandlungen ausgesetzt zu sein, wie sie sich zwangsläufig ergäben, wenn der Nachfolger das Gaststätteninventar vom bisherigen Wirt kaufen müßte. Umgekehrt hat im allgemeinen der bisherige Wirt, wenn er eine Verwertung zum "Zerschlagungswert" vermeiden will, praktisch keine realistische Alternative als die, das Inventar an einen Nachfolger zu veräußern. Diese besondere Situation unterscheidet den Abzahlungskäufer von Gaststätteninventar vom Abzahlungskäufer z.B. von Kraftfahrzeugen, der bei einer Veräußerung des Fahrzeugs auf einen breiten Absatzmarkt zurückgreifen kann und nicht praktisch allein auf den Abzahlungsverkäufer als Abnehmer angewiesen ist. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin selbst die einzige realistische anderweitige Verkaufschance der Hauptschuldner, nämlich die Veräußerung an potentielle Nachfolgemieter, dadurch vereitelt, daß sie in eben dem Vertrag vom 11. April 1984 die Bestimmung aufnahm:

"An dem weiteren Inventar macht die Brauerei von ihrem Vermieterpfandrecht Gebrauch."

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Dabei kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die tatsächliche Verwertung des Inventars durch Pfandverkauf oder aufgrund der Veräußerungsermächtigung erfolgt ist: Entscheidend war, daß die Hauptschuldner gar keine eigene Veräußerungsmöglichkeit mehr hatten. Der Veräußerungsermächtigung der Klägerin lag demgemäß eine wirtschaftliche Situation zugrunde, bei der die Hauptschuldner gar keine andere Wahl hatten, als der Klägerin das Inventar zur Verwertung zu überlassen. Diese dominierende Position der Klägerin gegenüber den zahlungsunfähigen, um vorzeitige Entlassung aus einem für sie unrentabel gewordenen Gaststättenmietvertrag bittenden Hauptschuldnern zeigt sich auch sonst in den Bedingungen des Vertrages vom 11. April 1984. So hat der Bundesgerichtshof die Voraussetzungen des § 5 AbzG als erfüllt angesehen, wenn der Abzahlungsverkäufer dem Abzahlungskäufer die Verkaufsbedingungen vorschreibt und es ablehnt, sich auf einen Mindestpreis festzulegen und vor Abschluß des Vertrages mit dem Abzahlungskäufer Fühlung zu nehmen und seine Billigung einzuholen (BGH WPM 1966, 1174). So liegt es aber gerade im vorliegenden Fall: Das Gaststätteninventar verkörperte einen beträchtlichen Wert; es war erst ca. 1 Jahr vor Erteilung der Veräußerungsermächtigung für 67.800 DM (bzw. 66.800 DM) an die Hauptschuldner verkauft worden. Gleichwohl hat sich die Klägerin ohne irgendeine Mindestgarantie oder sonstige Mitsprachemöglichkeit der Hauptschuldner ermächtigen lassen, "das vorhandene Inventar bestmöglich freihändig zu veräußern" (Ziff. 4 des Vertrages vom 11. April 1980).

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Nach alledem hat nach dem Inhalt des Vertrages vom 11. April 1984 die Klägerin den Hauptschuldnern im Rahmen deren Bitte um vorzeitige Entlassung aus dem Mietvertrag über die Gaststätte die Bedingungen der Verwertung des Inventars gleichsam "diktiert". Das steht einer Rücknahme aufgrund vorbehaltenen Eigentums im Sinne des § 5 AbzG gleich.

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Bei der Wertung war auch von dem Inhalt des schriftlichen Vertrages vom 11. April 1984 auszugehen. Dieser Vertrag hat hinsichtlich der an diesem Tage mit den Hauptschuldnern getroffenen Vereinbarungen die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich. Dem Vorbringen der Klägerin ist auch nicht zu entnehmen, daß mündlich etwas anderes vereinbart worden wäre, als der Vertragswortlaut wiedergibt. Ob die tatsächliche Verwertung des Inventars zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund des Vermieterpfandrechts oder aber aufgrund der Ermächtigung der freihändigen Veräußerung erfolgt ist, ist für die Würdigung der dem Vertrag vom 11. April 1984 zugrunde liegenden wirtschaftlichen Situation unerheblich. Ob die Hauptschuldner die Klägerin von sich aus um freihändige Veräußerung gebeten haben, weil nach ihrer Auffassung die Klägerin am besten einen günstigen Verwertungserlös erzielen könne, ist ebenfalls unerheblich: Nach den obigen Darlegungen befand sich die Klägerin ohnehin in einer Position, in der den Hauptschuldnern gar keine andere Wahl blieb.

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Die Forderung der Klägerin kann aber auch nicht auf den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 2 AbzG gestützt werden. Ob ein solcher anspruch im Falle eines fingierten Rücktritts nach § 5 AbzG überhaupt entstanden ist, könnte zweifelhaft sein. Darauf kommt es hier indessen nicht an. Die von der Klägerin errechnete Nutzungsentschädigung erreicht noch nicht einmal die Höhe der von den Hauptschuldnern auf das Inventar geleisteten Anzahlung von 7.000 DM (Bl. 79 d.A.). Im übrigen ist die Berechnung der Nutzungsentschädigung durch die Klägerin ohnehin um die aufgeschlagene Mehrwertsteuer überhöht, da sie den Monatsbetrag der Nutzungsentschädigung auf der Basis des bereits Mehrwertsteuer enthaltenden Kaufpreises von 66.800 DM ermittelt hat.

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Die Berufung mußte nach alledem in dem nach teilweiser Rücknahme noch anhängigen Umfang vollen Erfolg haben. Die prozessualen Entscheidungen ergeben sich aus den §§ 92, 515 Abs. 3, § 708 Nr. 10, §§ 713, 546 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Beschwer der Klägerin: 31.855,45 DM.