Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 09.08.2017, Az.: 15 A 28/17
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 09.08.2017
- Aktenzeichen
- 15 A 28/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 54114
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 5 Abs 4 S 1 VermG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Reduzierung der Kosten für die Lieferung von Geobasisdaten auf den Bereitstellungsaufwand nach § 5 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 NVermG setzt nur voraus, dass die Stelle, der die Daten bereitgestellt werden, insoweit, d.h. im Hinblick auf die konkrete Datenverwendung ausschließlich öffentliche Aufgaben ohne Beteiligung am Markt wahrnimmt und eigene nichtwirtschaftliche Zwecke verfolgt. Dagegen ist es nicht entscheidend, ob sich die Stelle unabhängig von der Verwendung der Daten generell im Wettbewerb mit anderen Anbietern befindet und wirtschaftliche Zwecke verfolgt.
Tenor:
Der Leistungsbescheid des Beklagten vom 23. Januar 2014 wird aufgehoben, soweit darin ein 520,01 EUR übersteigender Betrag festgesetzt worden ist. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.680,10 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 24. Februar 2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin 3/4 und der Beklagte 1/4.
Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Gebühren für die Bereitstellung von Angaben des amtlichen Vermessungswesens.
Die Klägerin betreibt im Stadtgebiet von E. Energieversorgungsnetze der allgemeinen Versorgung für Gas und Strom und ist darüber hinaus für die Wasserversorgung im Stadtgebiet verantwortlich. Die Gesellschaftsanteile der Klägerin verteilen sich zu 94,9 % auf die Wirtschaftsbetriebe der Stadt E. und zu 5,1 % auf die Stadt E. selbst.
Der Beklagte stellte der Klägerin regelmäßig auf entsprechenden Antrag Geobasisdaten in digitaler Form zur Verfügung, die diese in ihr Geoinformationssystem einbindet und für eigene Zwecke nutzt.
Bis April 2011 wurden der Klägerin die Datensätze aus dem „Automatisierten Liegenschaftskataster (ALK)“ und dem „Automatisierten Liegenschaftsbuch (ALB)“ in Form von automatischen Aktualisierungen zur Verfügung gestellt. Nach Zusammenführung dieser Daten zu einem einheitlichen System stammen die Daten seit November 2012 aus dem „Amtlichen Liegenschaftskatasterinformationssystem (ALKIS)“. Weil ein Aktualisierungsservice aus technischen Gründen nicht möglich war, erfolgte die Aktualisierung durch den Beklagten über die Bereitstellung neuer Grundausstattungen, die dieser aber als - preiswertere - Aktualisierung der Daten gemäß Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen - Kostenordnung - (KOVerm) abrechnete.
Mit Leistungsbescheid/ Rechnung vom 23. Januar 2014 setzte der Beklagte die Kosten für „ALKIS- Datensätze bis 12/2013“ unter Verweis auf Ziff. 2.4 KOVerm - und das Preisverzeichnis für Produkte der Niedersächsischen Vermessungs- und Katasterverwaltung auf 5.200,11 EUR fest. Aus der ALKIS-Gebührenberechnung, die die Klägerin zusammen mit der Datenlieferung erhalten hat (Bl. 36 Gerichtsakte), ergeben sich die Anzahl der jeweiligen Objekte zu den Objektarten Flurstücke, Gebäude, tatsächliche Nutzung bzw. Eigentümerangaben, die daraus jeweils abgeleiteten Gebühren, die Gesamtgebührensumme von 38.519,28 EUR sowie die Kosten für die Aktualisierung, die monatlich 1,5 % der Gesamtgebührensumme, mithin 577,79 EUR betragen. Weil die Datenlieferung ab dem 2. Quartal 2013 erfolgte, wurden für das gesamte Jahr 9 Monate zu je 577,79 EUR und damit insgesamt 5.200,11 EUR abgerechnet.
Mit weiterem Leistungsbescheid/ Rechnung vom 28. Januar 2015 setzte der Beklagte die Kosten für den Folgezeitraum bis 12/2014 auf 6.965,55 EUR fest (Bl. 163 Gerichtsakte). Unter dem 15. Januar 2016 erließ der Beklagte einen mit „Anforderungsbescheid“ überbeschriebenen Kostenbescheid, nach dem für den Folgezeitraum bis 12/2015 der „Bereitstellungsaufwand nach § 5 Abs. 4 NVermG“ 7.228,92 EUR betrage (Bl. 166 Gerichtsakte).
Am 25. Februar 2014 hat die Klägerin gegen den Bescheid vom 23. Januar 2014 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus:
Sie habe bis zur Umstellung auf das neue System über einen Zeitraum von 17 Monaten keinerlei Daten erhalten. Sie sei daher in dieser Zeit gezwungen gewesen, die für das Verlegen von Netzanschlüssen, ihrem Kerngeschäft, erforderlichen Einmessungen in Eigenarbeit und auf eigene Kosten vorzunehmen, um ihr Planwerk aktuell zu halten. Auch die im Jahr 2013 erhaltenen Lieferungen seien für ihre Zwecke nicht ausreichend gewesen. Das jeweilige „Einlesen“ der ihr gelieferten Grundausstattung nehme einen höheren Grad an Datensicherung und Bindung von Kapazitäten in Anspruch, der sich auch kostenmäßig auswirke. In der Komplettlieferung enthalte Aktualisierungen seien nicht identifizierbar, so dass Änderungen von Grundstücken in ihrem Zuschnitt oder Umfang oder die Entwicklung von Baugebieten nicht nachvollzogen werden könnten.
Die im Dezember 2012 kostenfrei zur Verfügung gestellte Erstausstattung sei wegen geänderter Struktur der Daten und des Koordinatensystems nicht verwendungsfähig gewesen. Die mithilfe eines externen Dienstleisters erfolgte Migration der Daten habe Kosten von mehr als 100.000 EUR verursacht.
Der Bescheid weise als Gegenstand der Lieferung lediglich „ALKIS Datensätze“ unter Hinweis auf Ziff. 2.4 des Gebühren- und Preisverzeichnisses für Produkte der niedersächsischen Vermessung- und Katasterverwaltung auf. Wie sich der geltend gemachte Rechnungsbetrag im Einzelnen zusammensetze, lasse sich dem Bescheid nicht entnehmen. Die Rechnung sei mangels Erläuterungen oder spezifischer Hinweise für sich genommen nicht transparent und plausibel.
Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb für die Berechnung der Gebührenhöhe auf die Zahl der Monate seit der letzten Aktualisierung abgestellt werde, obwohl die Aktualisierungen nur quartalsweise zur Verfügung gestellt würden.
Als Energieversorger nehme sie - die Klägerin - nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts trotz privatwirtschaftlicher Organisation eine Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge wahr. Die Nähe zu Daseinsvorsorge der öffentlichen Hand ergebe sich auch aus dem Umstand, dass dem Versorger in Erfüllung seiner Aufgaben unmittelbar aus § 45 des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung - EnWG - ein Enteignungsrecht zustehe, während die rein privatnützige Tätigkeit ohne Erfüllung öffentlicher Aufgaben ein Enteignungsrecht nicht rechtfertige. Sie - die Klägerin - sei mit der ihr übertragenen Aufgaben mit einer Kommune oder einem Wasser- und Bodenverband i.S.d. § 2 KOVerm vergleichbar, die ebenfalls Aufgaben der öffentlichen Energie- und Wasserversorgung wahrnähmen. Daher sei sie auch im Hinblick auf die insoweitige Privilegierung in der Gebührenerhebung gleichzustellen, mit der Folge, dass ihr gem. Anlage 2 zu § 2 KOVerm lediglich der Bereitstellungsaufwand anzulasten sei.
Soweit es den nichtwirtschaftlichen Zweck angehe, bestehe der „Nutzen“ für sie - die Klägerin - letztlich darin, der ihr vom Gesetzgeber auferlegten Verpflichtung für einen sicheren Leitungsbetrieb nachzukommen, der selbstverständlich ohnehin in ihrem Interesse sei. Das Vorhalten, Aktualisieren und Verwenden der Leitungsdokumentation sei allein der Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht geschuldet. Gem. § 49 Abs. 1 Satz 1 EnWG seien Leitungen so zu betreiben, dass die technische Sicherheit nach Maßgabe der allgemeinen anerkannten Regeln der Technik gewährleistet ist. Das Planwerk diene daher letztlich dazu, im Störungsfall schnellstmöglich die Schadensstelle lokalisieren und erreichen zu können und geeignete Absperrmaßnahmen oder Schalthandlungen vornehmen zu können. Ein wirtschaftlicher Zweck oder eine Gewinnerzielungsabsicht sei mit dem Aufbau und der Pflege einer Leitungsdokumentation nicht verbunden. Die Tätigkeit als Netzbetreiberin stelle daher die schlichte Erfüllung einer staatlich angeordneten Verpflichtung dar, die nicht zuletzt erheblichen regulatorischen Zwängen unterliege. Diesen Regularien, die die Berücksichtigung von mit dem Betrieb der Netzinfrastruktur entstehenden Kosten und deren in engen Grenzen mögliche Verrechnung beinhalteten, unterlägen alle Netzbetreiber und somit auch die Klägerin. Daher sei die Aussage des Beklagten nicht nachvollziehbar, er könne nicht erkennen, dass die Klägerin ohne wirtschaftliche Interessen und ohne Beteiligung am Markt handele.
Der Leistungsbescheid verstoße auch gegen das im Gebührenrecht zu beachtende Äquivalenzprinzip, nach dem zwischen der Gebührenleistung des Pflichtigen und dem wirtschaftlichen Wert bzw. Nutzen der erhaltenen Gegenleistung ein angemessenes Verhältnis bestehen muss. Obwohl sich der Umfang der gelieferten Datensätze mit der Umstellung auf das neue System „ALKIS“ nicht verändert habe und ein Mehrwert für die Klägerin nicht bestehe, seien die Kosten für die Datensätze um ca. 400 % erhöht worden. Demgegenüber sei der Verwaltungsaufwand für den Beklagten vergleichsweise gering, weil die von der Klägerin angeforderten Datensätze immer dieselben seien. Der Beklagte erbringe keine „individuell zurechenbare öffentliche Leistung“, sondern gebe automatisiert per Tastendruck Daten ab.
Die Klägerin hat zunächst beantragt, den Leistungsbescheid des Beklagten vom 23. Januar 2014 aufzuheben. Mit am 28. November 2016 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz (Bl. 152 Gerichtsakte) hat die Klägerin sodann beantragt, die Leistungsbescheide des Beklagten vom 23. Januar 2014, vom 28. Januar 2015 sowie vom 15. Januar 2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den zu Unrecht vereinnahmten Betrag von insgesamt 19.394,58 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu erstatten.
Die Klägerin beantragt jetzt,
den Leistungsbescheid des Beklagten vom 23. Januar 2014 insoweit aufzuheben, als darin ein 520,01 EUR übersteigender Betrag festgesetzt worden ist und den Beklagten zu verurteilen, den zu Unrecht vereinnahmten Betrag von 4.680,10 EUR zzgl. Zinsen über die Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er erwidert:
Im Leistungsbescheid vom 23. Januar 2014 sei der Kostentatbestand nach der Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen benannt. Aus der zusätzlichen Angabe im Bescheid „ALKIS- Datensätze bis 12/2013“ ergebe sich der Zeitraum der Zahlungsverpflichtung. Vor Abgabe von Geobasisdaten sei sowohl das Gebiet als auch der Umfang der Daten mit der Klägerin abgestimmt worden. Die entstehenden Kosten seien dabei immer ersichtlich gewesen. Mit der Datenabgabe sei der Klägerin auch die Kostenaufstellung bereitgestellt worden.
Der Klägerin seien die Grundsätze der Gebührenbemessung auch bekannt gewesen, wie das Schreiben vom 22. August 2013 (Bl. 37 Gerichtsakte) zeige. Zudem habe es bereits am 13. August 2013 ein Gespräch zwischen Vertretern von Klägerin und Beklagtem über die nach Anlage 2 der Kostenordnung entstehenden Kosten gegeben. Auch seien zuvor alle Kunden in einer gemeinsamen Informationsveranstaltung über die Koordinatenumstellung und den Systemwechsel informiert worden.
Nach der Einführung von „ALKIS“ sei die Klägerin im Dezember 2012 kostenfrei mit einer kompletten Grundausstattung der aktuellen Geobasisdaten ausgestattet worden. Weil aus technischen Gründen eine Aktualisierung der Daten nicht möglich gewesen sei, sei ab dem 2. Quartal 2013 die regelmäßige quartalsweise Bereitstellung neuer Grundausstattungen zu den Gebühren für eine Aktualisierung der Daten erfolgt.
Eine Datenabgabe zum Bereitstellungsaufwand scheide im Fall der Klägerin aus, weil die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 des Niedersächsischen Gesetzes über das amtliche Vermessungswesen - NVermG - nicht erfüllt seien. Nach Ziff. 7.3 des - mittlerweile aufgehobenen - Erlasses des Ministeriums für Inneres und Sport vom 15. Juni 2011 über die Bereitstellung von Angaben des amtlichen Vermessungswesens und von Standardpräsentationen - Bereitstellungserlass - sei eine Abrechnung zum Bereitstellungsaufwand ausgeschlossen, weil die Klägerin in Konkurrenz zu anderen Versorgungsanbietern stehe und nicht nur rein öffentliche Aufgaben „ohne Beteiligung am Markt“ wahrnehme. Die Klägerin verfolge als GmbH wirtschaftliche Zwecke. Wer Anteilseigner sei, sei nicht ausschlaggebend. Auch sei es für die Gebührenberechnung ohne Belang, ob sich für die Klägerin aus der Umstellung auf ALKIS ein Mehrwert ergebe, da nur noch aus diesem System nach der Kostenordnung abzurechnende Datenlieferungen möglich seien.
Der von der Klägerin zitierte Beschluss des Bundesverfassungsgerichts spreche dafür, dass die Klägerin nicht als andere Stelle im Sinne der § 5 Abs. 4 NVermG und § 2 KOVerm anzusehen sei, weil das dort klagende Unternehmen, eine mehrheitlich im Besitz einer Kommune befindliche GmbH, als juristische Person des Privatrechts eingestuft worden sei, das Bundeskartellamt den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gesehen habe und die Kommune sich nach Ansicht des Bundesgerichtshofs bei dieser Aufgabenwahrnehmung privatrechtlicher Mittel bediene und damit anderen Anbietern kartellrechtlich gleichgestellt sei.
Die Gebührenerhöhung verstoße auch nicht gegen das Äquivalenzprinzip. Die Kostenordnung sehe für ALKIS- Datensätze gestaffelte Gebührenregelungen vor, nach denen sich die Gebühr mit der Anzahl der bereitgestellten Objekte reduziere. Die eingefügten Gebührensätze seien wesentlich niedriger als die von der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland - AdV - in ihrer Richtlinie zur Vereinheitlichung der Gebühren der Vermessung- und Katasterverwaltungen der Länder vom 20. September 2012 - AdV-Gebührenrichtlinie - empfohlenen Gebühren, bei denen das Äquivalenzprinzip ebenfalls beachtet worden sei. Mit der Kostenordnung sei lediglich die Struktur der AdV-Gebührenrichtlinie übernommen worden. Gleichwohl könne die Umsetzung im Einzelfall zu veränderten Gebühren führen. Die Kostensteigerung im Fall der Klägerin begründe sich durch eine neue Datenstruktur, größeren Datenumfang sowie eine neue - u.a. an die AdV-Gebührenrichtlinie angelehnte Kostenordnung.
Dass für die Höhe der Gebühren auf die Anzahl der Monate abzustellen ist, die seit der Bereitstellung und der letzten Aktualisierung vergangen sind, ergebe sich aus Tab. 4 Nr. 4 der Kostenordnung. Die quartalsweise Lieferung sei in Absprache mit der Klägerin erfolgt.
Für die Bemessung der Gebühren könne nicht allein auf den für die Datenabgabe entstehenden Aufwand abgestellt werden, sondern es müssten neben dem reinen Arbeitslohn beispielsweise auch die Kosten für die Datenhaltung und Leitungskosten berücksichtigt werden.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gegenstand der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
1.
Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 23. November 2016 die Bescheide vom 28. Januar 2015 und vom 15. Januar 2016 zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens gemacht hat, handelt es sich um eine objektive Klageänderung nach § 91 VwGO, da die Klägerin damit zwei weitere Verwaltungsakte zum Gegenstand ihrer Anfechtungsklage gemacht hat. Eine objektive Klageänderung wirkt aber nicht fristwahrend auf den Zeitpunkt der Klageerhebung zurück, weil die Klagefrist auch hinsichtlich des neuen Klageantrags gewahrt sein muss (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 91 Rn. 32; Nds. OVG, Beschluss vom 27. August 2002 - 8 LA 101/02 -, juris). Erst mit der wirksam erklärten Änderung der Klage wird die (neue) Streitsache rechtshängig i.S.d. § 90 VwGO. Eine auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Klageerhebung zurückwirkende Rechtshängigkeit lässt sich § 90 VwGO hingegen nicht entnehmen (vgl. Ortloff/ Riese in Schoch/ Schneider/ Bier, VwGO, § 91 Rn. 79 und 87; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. August 2014 - 2 S 1472/14 -, juris Rn. 15).
Dass sich die Beteiligten darauf geeinigt haben, dass die Klägerin die ihr auferlegten Kosten an den Beklagten unter Vorbehalt der rechtlichen Überprüfung im gerichtlichen Verfahren leistet (Schriftsätze der Klägerin vom 1. Februar 2016 und des Beklagten vom 5. Februar 2016, Bl. 148 f. Gerichtsakte), wirkt sich in verwaltungsprozessualer Hinsicht nicht aus. Klagefristen stehen nicht zur Disposition der Beteiligten.
Zwar hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung den ursprünglich gestellten Klageantrag insoweit eingeschränkt, als er die Aufhebung der Bescheide vom 28. Januar 2015 und vom 15. Januar 2016 nicht mehr beantragt hat. Gleichwohl hat er eine Klagerücknahme ausdrücklich abgelehnt, so dass die Klage insoweit der Abweisung unterliegt.
2.
Die gegen den Leistungsbescheid vom 23. Januar 2014 gerichtete Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet. Der Bescheid ist nur insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit der Beklagte darin zu Lasten der Klägerin einen 520,01 EUR übersteigenden Betrag festgesetzt hat (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a)
Gemäß § 1 Abs.1 Nr. 1 Niedersächsisches Verwaltungskostengesetz (NVwKostG) werden für Amtshandlungen in Angelegenheiten der Landesverwaltung nach diesem Gesetz Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben, wenn die Beteiligten zu der Amtshandlung Anlass gegeben haben. Der Beklagte hat die Kosten dem Grunde nach zu Recht gegenüber der Klägerin festgesetzt, da diese die Bereitstellung von Geobasisdaten beantragt hat. Die einzelnen Amtshandlungen, für die Gebühren erhoben werden sollen, und die Höhe der Gebühren sind in Gebührenordnungen zu bestimmen (§ 3 Abs. 1 NVwKostG). Maßgeblich ist hier die Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen vom 22. Mai 2012 (Nds. GVBl. S. 141) in der bis zum 31. März 2017 geltenden Fassung.
Nach § 1 Abs. 1 KOVerm sind für Amtshandlungen und Leistungen der Vermessungs- und Katasterbehörden im amtlichen Vermessungswesen Kosten zu erheben. Die Höhe der Gebühren ergibt sich aus dem Gebührenverzeichnis der Anlage 1. Dort wird in Ziff. 2.4 zur Ermittlung der Gebühren für die Abgabe von Geobasisdaten des Amtlichen Liegenschaftsinformationssystems (ALKIS) in Form von ALKIS-Datensätzen (Vektor- oder Rasterdaten) auf die Angaben in Tabelle 4 verwiesen. Danach richtet sich die Höhe der Gebühr u.a. nach der Objektart und der Zahl der jeweils bereitgestellten Datensätze.
Die Höhe der Gebühr berechnet sich hier wie folgt:
Bereitgestellte Daten | Gebühren nach Tabelle 4 KOVerm | ||||
---|---|---|---|---|---|
Objektarten | Objektanzahl | für den | für den | für den | Summe |
Flurstücke | 43.455 | 1,08 x 1.000 = | 0,54 x 9.000 = | 0,27 x 33.455 = |
|
Gebäude | 39.617 | 1,08 x 1.000 = | 0,54 x 9.000 = | 0,27 x 29.617 = |
|
tatsächliche | 18.127 | 0,54 x 1.000 = | 0,27 x 9.000 = | 0,135 x 8.127 = |
|
Eigentumsangaben | 29.057 | 0,54 x 1.000 = | 0,27 x 9.000 = | 0,135 x 19.057 = |
|
|
Der Formatfaktor (Tab. 4 Ziff. 3) beträgt aufgrund der Bereitstellung im NAS-Format 1,0 und wirkt sich daher auf das Ergebnis nicht aus.
Nach Tab. 4 Ziff. 4 betragen die Kosten für die Aktualisierung 1,5 % der Gesamtgebührensumme (38.519,28 EUR x 1,5 % = 577,79 EUR) multipliziert mit der Anzahl der Monate, die seit der Bereitstellung oder der letzten Aktualisierung vergangen sind. Weil die erste Datenlieferung an die Klägerin im 2. Quartal 2013 erfolgte, wurden für das restliche Jahr insgesamt 5.200,11 EUR abgerechnet (9 Monate zu je 577,79 EUR).
Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, für die Berechnung der Gebührenhöhe dürfe nicht auf die Zahl der Monate seit der letzten Aktualisierung abgestellt werden, wenn ihr diese Aktualisierungen nur quartalsweise zur Verfügung gestellt würden.
Dabei kommt es nicht einmal darauf an, dass die quartalsweise Lieferung nach unwidersprochenem Vortrag des Beklagten in Absprache mit der Klägerin erfolgt ist, vermutlich weil sich dadurch der Aufwand für die jeweils erforderliche Migration der Daten verringern ließ. Dass für die Höhe der Gebühren auf die Anzahl der Monate abzustellen ist, die seit der Bereitstellung und der letzten Aktualisierung vergangen sind, ergibt sich aus Tab. 4 Ziff. 4 der Kostenordnung. Diese Regelung ist auch nicht zu beanstanden. Denn über die für die Bereitstellung von objektbezogenen Datensätzen erhobene Gebühr wird nicht nur der Aufwand abgedeckt, der mit der Abgabe von Daten verbunden ist, sondern auch und vor allem der mit der Erhebung, Pflege und Aktualisierung der Daten verbundene Aufwand, der für den Betrieb des Informationssystems ALKIS fortlaufend erforderlich ist. Daher ist es für die Bemessung der Gebührenhöhe auch gerechtfertigt, trotz nur quartalsweiser Lieferung darauf abzustellen, wie viele Monate seit der letzten Aktualisierung vergangen ist.
b)
Die Kostenordnung für das amtliche Vermessungswesen ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar.
Maßstab ist insoweit zunächst die Regelung des § 3 Abs. 2 NVwKostG, nach der das Aufkommen der Gebühren zusammen mit der Erstattung von Auslagen den auf die Amtshandlung entfallenden Aufwand des Verwaltungszweiges nicht übersteigen darf.
Zu diesem sog. Kostendeckungsprinzip hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zuletzt in seinem Urteil vom 14. Dezember 2009 - 12 L 275/07 - ausgeführt:
„Das Verbot der Kostenüberdeckung ist dem Begriff der Gebühr nicht immanent und daher nur bei entsprechender gesetzlicher Vorgabe zu beachten (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.3.1961 - VII C 109.60 -, BVerwGE 12, 162; BVerfG, Beschl. v. 6.2.1979 - 2 BvL 5/76 -, NJW 1979, 1345 und Beschl. v. 27.8.1999 - 1 BvL 7/96 -, NJW 1999, 3550). Eine derartige Festlegung hat der niedersächsische Gesetzgeber durch § 3 Abs. 1 Satz 1 NVwKostG getroffen. Danach sind die Gebühren so festzulegen, dass ihr Aufkommen zusammen mit der Erstattung von Aufwendungen den auf die Amtshandlungen entfallenden durchschnittlichen Aufwand des Verwaltungszweigs nicht übersteigt. Da der Gesetzgeber als Bezugspunkt den innerhalb eines Verwaltungszweiges auf Amtshandlungen durchschnittlich entfallenden Aufwand insgesamt und nicht den Aufwand im Einzelfall gewählt hat, ist irrelevant, ob die im Einzelfall vereinnahmten Gebühren über den durch diese Amtshandlung tatsächlich verursachten Kosten liegen, soweit ein solches Überschreiten nicht den gesamten Verwaltungszweig betrifft. Da § 3 Abs. 2 Satz 1 NVwKostG als landesrechtliche Norm Vorgaben für den Landesverordnungsgeber beinhaltet, ist für die Frage der Kostendeckung zudem nicht der Bereich des beklagten Landkreises, sondern sind vielmehr die landesweiten Umstände maßgebend (so auch Nds. OVG, Beschl. v. 14.4.2009 - 8 LA 34/09 -, NordÖR 2009, 323). Dabei ist der Verordnungsgeber in Niedersachsen durch § 3 Abs. 2 Satz 1 NVwKostG nicht an ein spezielles Kostendeckungsprinzip gebunden, sondern dieses ist eher generell zu verstehen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 14.4.2009 - 8 LA 34/09 -, aaO; Nds. OVG Beschl. v. 17.10.2008 - 4 LA 661/07 -, NVwZ-RR 2009, 275). Soweit die Klägerin dem entgegenhält, dem Niedersächsischen Verwaltungskostengesetz liege ein spezielles Kostendeckungsprinzip zugrunde, wonach die Gebühr nur den Aufwand für die einzelne Leistung (typisierend) abdecken dürfe und sich insoweit auf die Kommentierung von Loeser/Barthel (NVwKostG, Einführung, Nr. 4.5.2.5 S. 53) beruft, überzeugt dies nicht. An der zitierten Stelle heißt es, dass das generelle und das spezielle Kostendeckungsprinzip nicht "lupenrein unterscheidbar" seien. Soweit aus der Formulierung "Aufkommen (der Gebühren) den auf die Amtshandlungen entfallenden durchschnittlichen Aufwand des Verwaltungszweiges" und "Maß des Verwaltungsaufwandes" dann abgeleitet wird, dass sich § 3 Abs. 2 NVwKostG "deutlich in Richtung des speziellen Kostendeckungsprinzips" entscheide, wird verkannt, dass § 3 Abs. 2 Satz 2 NVwKostG neben dem "Maß des Verwaltungsaufwands" explizit gerade auch den "Wert des Gegenstandes der Amtshandlung" und damit ein von dem Verwaltungsaufwand unabhängiges Kriterium als zulässigen Anknüpfungspunkt für die Bemessung der Gebühr benennt. Darüber hinaus spricht auch die Verwendung des Plurals bei "Amtshandlungen" und der Umstand, dass der "Verwaltungszweig" als Bezugspunkt gewählt wird, gegen die Auslegung des § 3 Abs. 2 NVwKostG als spezielles und für das Verständnis als generelles Kostendeckungsprinzip. Die Formulierung "den auf die Amtshandlungen entfallenden durchschnittlichen Aufwand" soll allerdings auch nach Auffassung des Senats deutlich machen, dass auf der "Kostenseite" nur der Aufwand berücksichtigungsfähig ist, der auf gebührenpflichtige Amtshandlungen entfällt. Der Aufwand des Verwaltungszweiges, der auf andere Leistungen der Verwaltung oder auch auf gebührenfreie Leistungen entfällt, ist - wie der Anteil der Gebühren, auf den aus Billigkeitsgründen verzichtet wird - dagegen aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu decken und darf nicht auf die übrigen Gebührenschuldner abgewälzt werden (vgl. Lichtenfeld, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Band 1, § 5 Rn. 51).
Merkmal des generellen Kostendeckungsprinzips ist, dass es sich um eine Veranschlagungsmaxime handelt, die Anforderungen an die Zielsetzung der Gebührenerhebung stellt. Durch eine von vornherein gewollte Überdeckung ist deshalb das Kostendeckungsprinzip grundsätzlich verletzt (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.3.1961 - VII C 109.60 -, aaO: "Wenn die Gebühren von vornherein als zusätzliche Einnahmequellen ausgestaltet sind"). Andererseits bedeutet eine nicht unerhebliche tatsächliche Erzielung von Einnahmeüberschüssen nicht notwendig eine Verletzung des Kostenüberdeckungsverbotes, sofern sie auf unvorhersehbaren Entwicklungen beruht bzw. soweit ihr nicht eine von vornherein nicht sachadäquate Tarifgestaltung oder fehlerhafte Schätzung der Aufwendungen und Einnahmen zugrunde liegt. Da ein Gebührentarif Normcharakter hat und ab dem Zeitpunkt des Erlasses jederzeit verbindlich erkennen lassen muss, welche Gebühr jeweils geschuldet ist, kann die Einhaltung des Kostendeckungsprinzips nicht von der späteren tatsächlichen Entwicklung der Gebühreneinnahmen abhängen. Allerdings besteht, sofern ein erheblicher Einnahmeüberschuss festgestellt wird, für die Folgejahre u.U. eine Verpflichtung zur Anpassung (BVerwG, Beschl. v. 13.10.1955 - I C 5.55 -, BVerwGE 2, 246). Eine Verletzung des Kostendeckungsprinzips kann zudem nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, allenfalls dann zu einer Aufhebung angefochtener Gebührenbescheide führen, wenn die Gebühreneinnahmen die besonderen öffentlichen Aufwendungen erheblich übersteigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.3.1961 - VII C 109.60 -, aaO).“
Dieser Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zur Auslegung des Kostendeckungsprinzips folgt das Gericht. Auch für den hier konkret in Rede stehenden Verwaltungszweig des Kataster- und Vermessungswesens ist eine gewollte Überdeckung durch die zu überprüfende Gebührenordnung nicht festzustellen.
Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, dass es für die Bereitstellung von Daten nicht, wie die Klägerin meint, lediglich eines - letztlich kostenneutralen - Tastendrucks bedarf, sondern zum Kostenaufwand auch anteilige Personalkosten für die Erhebung, Erfassung und Aktualisierung der Daten sowie Kosten für die Vorhaltung von Sachmitteln wie einer leistungsfähigen EDV etc. hinzuzurechnen sind.
Weiterer Prüfungsmaßstab ist die Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 2 NVwKostG, der vorsieht, dass die Gebühren nach dem Maß des Verwaltungsaufwandes oder nach dem Wert des Gegenstandes der Amtshandlung zu bemessen sind. Hier hat der Verordnungsgeber die Höhe der Gebühr nicht nach dem Verwaltungsaufwand bemessen, sondern an den Umfang der angeforderten und bereitgestellten Daten und damit an den Wert des Gegenstandes der Amtshandlung angeknüpft, so dass die Gebührenordnung nach dem Äquivalenzprinzip zu überprüfen ist.
Nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (a.a.O.) ist das Äquivalenzprinzip erst dann verletzt, wenn die festgesetzte Gebühr in einem groben Missverhältnis zu der von der öffentlichen Gewalt gebotenen Leistung steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. April 2003 - 6 C 4.02 -, BVerwGE 118, 123). Auch bei der Beachtung des Äquivalenzprinzips verfügt der Gesetz- und Verordnungsgeber über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsraum hinsichtlich der Bemessung der Gebühr. Diese muss sich nicht auf die Kosten des Verwaltungsaufwandes beschränken, sondern kann auch andere Gesichtspunkte einfließen lassen, wie etwa den wirtschaftlichen Wert der gebührenpflichtigen Leistung der Verwaltung. Das Äquivalenzprinzip verbietet lediglich die Festsetzung der Gebühr völlig unabhängig von den Kosten der gebührenpflichtigen Leistung (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 2001 - 6 C 13.00 -, BVerwGE 115, 125). Das folgt aus dem Zweck der Gebühr, die dem Gebührenschuldner anlässlich einer individuell zurechenbaren öffentlichen Leistung in der Absicht auferlegt wird, die Kosten dieser Leistung ganz oder teilweise zu decken. Wenn bei der Bemessung der Gebühr - wie hier - zulässigerweise an den Umfang der bereitgestellten Daten und damit in erster Linie an den wirtschaftlichen Wert der Amtshandlung für den Schuldner angeknüpft wird, muss der Entgeltcharakter der Gebühr dadurch gewahrt bleiben, dass diese sich hinsichtlich ihrer Höhe nicht völlig von den Kosten des Verwaltungsaufwandes löst. Dies kann hier aber nicht festgestellt werden. Dabei dahinstehen, ob die erhobene Gebühr im vorliegenden Fall deutlich über den der Beklagten bei der Bearbeitung der Entscheidung entstandenen Kosten liegt, denn dies würde nicht notwendigerweise einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip begründen. Dieses ist vielmehr - wie ausgeführt - erst verletzt, wenn ein grobes Missverhältnis zwischen verlangter Gebühr und Verwaltungsaufwand besteht.
Darauf, dass die mit der Umstellung auf das System ALKIS verbundene Änderung der Datenstruktur und der größere Dateiumfang für die Klägerin selbst nicht nur keinen Mehrwert, sondern sogar noch zusätzlichen Aufwand für die Implementierung der bereitgestellten Daten bedeutet, kommt es für die unabhängig vom Einzelfall zu betrachtende Frage, ob die festgesetzte Gebühr in einem groben Missverhältnis zu der von der öffentlichen Gewalt angebotenen Leistung steht, nicht an.
c)
Die der Klägerin aufzuerlegenden Kosten sind jedoch gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 NVermG auf den Aufwand für die Bereitstellung zu beschränken.
Nach dieser Vorschrift erhalten Behörden des Landes oder kommunale Körperschaften für eigene nichtwirtschaftliche Zwecke Angaben des amtlichen Vermessungswesens oder Standardpräsentationen gegen Erstattung des Aufwandes für die jeweilige Bereitstellung. Dies gilt auch für andere Stellen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen, wenn die von der Stelle verfolgten eigenen nichtwirtschaftlichen Zwecke dies rechtfertigen. Die Höhe der Kosten für den Bereitstellungsaufwand richtet sich nach Anlage 2 zu § 2 KOVerm und beträgt für die Abgabe digitaler Geobasisdaten des ALKIS nach Ziff. 1.2.1 10 % der Vollkosten. Der bis zum 31. Dezember 2016 geltende Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport vom 15. Juni 2011 über die Bereitstellung von Angaben des amtlichen Vermessungswesens und von Standardpräsentationen (Bereitstellungserlass) (Nds. MBl. 2011, 432) enthält weitere Konkretisierungen.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine andere Stelle i.S.d. § 5 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 NVermG, die öffentliche Aufgaben wahrnimmt. Die Versorgung mit Strom und Gas fällt unter die kommunale Daseinsvorsorge und gehört damit zu den gemeindlichen Pflichtaufgaben. Mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben erfüllt die Klägerin damit ohne Zweifel öffentliche Aufgaben. Ungeachtet der in der Definition für „andere Stellen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen“ in Ziff. 7.3 Absatz 1 des Bereitstellungserlasses genannten Beispiele können öffentliche Aufgaben nicht nur in öffentlich-rechtlicher Rechtsform, sondern auch - wie hier - in der privatrechtlichen Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung erfüllt werden, was in Ziff. 7.3 Absatz 2 Satz 2 des Bereitstellungserlasses auch klargestellt ist.
Die Klägerin verfolgt auch eigene nichtwirtschaftliche Zwecke.
Ziff. 7.3 des Bereitstellungserlasses setzt im Falle der Verwendung von Angaben des amtlichen Vermessungswesens oder Standardpräsentationen von anderen Stellen für behörden- oder betriebsinterne Zwecke für die Reduzierung der Gebühr auf den Bereitstellungsaufwand voraus, dass die Stelle ausschließlich öffentliche Aufgaben ohne Beteiligung am Markt wahrnimmt, eigene nichtwirtschaftliche Zwecke verfolgt und die Angaben des amtlichen Vermessungswesens oder die Standardpräsentationen zur Erledigung der Aufgabe erforderlich sind.
Dass die Klägerin als u.a. auf dem Gebiet der Energieversorgung tätiges Unternehmen wirtschaftliche Zwecke verfolgt und sich insoweit mit anderen Anbietern im Wettbewerb befindet, steht außer Frage. Entgegen der zu kurz gegriffenen und damit missverständlichen Formulierung in Ziff. 7.3 des Bereitstellungserlasses kommt es für die in § 5 Abs. 4 Satz 1 NVermG vorgesehene Gebührenreduzierung nur darauf an, ob die Stelle, der die Daten bereitgestellt werden, „insoweit“, d.h. im Hinblick auf die konkrete Datenverwendung ausschließlich öffentliche Aufgaben ohne Beteiligung am Markt wahrnimmt und eigene nichtwirtschaftliche Zwecke verfolgt, und nicht darauf, ob sich die Stelle unabhängig davon generell im Wettbewerb mit anderen Anbietern befindet und wirtschaftliche Zwecke verfolgt.
Diese Einschränkung ergibt sich aus der Begründung des Gesetzentwurfes zum NVermG vom 30. April 2002 (Nds. LT-Drs. 14/3350). Danach soll die Reduzierung der Gebühren auf den für die tatsächliche Bereitstellung zurückgeführten Aufwand die finanzielle Basis für eine effektive Nutzung der vom Land vorgehaltenen Daten für Träger öffentlicher Verwaltung oder für andere Stellen sein, soweit daran ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht. Die Verwaltung bzw. andere Stellen sollen zur Erfüllung von Aufgaben des Gemeinwohls unter volkswirtschaftlich optimierten Gesichtspunkten an den vorgehaltenen Datenbeständen partizipieren können. Dies sei zum einen für die Nutzung der Daten an sich, zum anderen für eine sachübergreifende und überregionale Verknüpfung von Datenbeständen bedeutsam (Seite 11 f.).
Dem hiernach beabsichtigten Zweck der Privilegierung, eine im öffentlichen Interesse stehende Nutzung der vom Land vorgehaltenen Daten durch die Verwaltung/ andere Stellen zu fördern, widerspräche es, wenn die Privilegierung nur deshalb ausgeschlossen wäre, weil die Stelle über die insoweitige Tätigkeit hinaus und völlig unabhängig hiervon auch anderen, auf wirtschaftliche Zwecke gerichteten Geschäftsfeldern nachgeht, ohne die bereitgestellten Daten hierfür zu nutzen.
In der Gesetzesbegründung heißt es - bezogen auf die in § 5 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 NVermG genannten Stellen - weiter (S. 32), dass die Regelung über die Privilegierung nur für eine Verwendung innerhalb der eigenen Verwaltungsorganisation greife und nur, „soweit die Verwendung nicht darauf abzielt, finanzielle Gewinne oder vergleichbare Vorteile zu erwirtschaften“.
Danach ist die Privilegierung ausdrücklich mit dem Zweck der konkreten Verwendung der Daten verknüpft, nicht dagegen mit den Zielsetzungen, die die handelnde Stelle darüber hinaus allgemein verfolgt. Alle Fälle, in denen die Geobasisdaten für erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten der Behörden und öffentlichen Aufgabenträger genutzt werden, sollen unberücksichtigt bleiben. Demgemäß wird auch in der Gesetzesbegründung entsprechend differenziert (Seite 32 f.):
„Stellen, Betriebe und Unternehmen (Eigenbetriebe, Eigengesellschaften im Sinne des § 108 der Niedersächsische Gemeindeordnung - NGO -) in einer Rechtsform des privaten Rechts werden insoweit in der Regel von diesem „Gebührenprivileg“ ausgeschlossen sein; dies ergibt sich für diese Betriebe naturgemäß aus den Forderungen eines fairen Wettbewerbs gegenüber anderen (hinsichtlich der entsprechenden Dienstleistung in der Regel vergleichbaren) privaten Anbietern. (…)
Für eine nichteigene oder wirtschaftliche Verwendung der Angaben bleiben Land und kommunale Körperschaften jedem anderen Nutzer gleichgestellt; wie diese bedürfen sie für derartige Verwendungen einer Erlaubnis nach § 6 Abs. 3, für die nach einheitlichen Kriterien am wirtschaftlichen Erfolg orientierte Gebühren zu erstatten sind. Damit soll gewährleistet werden, dass vor allem auch Einrichtungen des Landes und kommunaler Körperschaften, die wirtschaftlich tätig sind, ihre Aufgaben unter gleichen Wettbewerbsbedingungen wie Private erfüllen müssen. Dieser Aspekt hat vor allem auch im Hinblick auf die Entwicklungen im Europarecht Bedeutung.“ [Unterstreichungen durch das Gericht]
Unter Ziff. 7.2.1 des Bereitstellungserlasses heißt es ergänzend:
„Einrichtungen des Landes, die erwerbswirtschaftlich ausgerichtet sind (z.B. Landesbetriebe), haben ihre Aufgaben unter gleichen Wettbewerbsbedingungen wie Private zu erfüllen. Die Voraussetzungen für eine Gebührenreduzierung auf den Bereitstellungsaufwand sind nur gegeben, sofern die Angaben des amtlichen Vermessungswesens oder die Standardpräsentationen ausschließlich für eigene nichtwirtschaftliche Zwecke zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe verwendet werden, für die kein Wettbewerb besteht.
Werden Angaben des amtlichen Vermessungswesens oder Standardpräsentationen für marktfähige Produkte, für marktfähige Dienstleistungen oder für im Wettbewerb zu erledigende öffentliche Aufgaben bereitgestellt, ist eine Ermäßigung der Gebühr auf den Bereitstellungsaufwand nicht zulässig. Das gilt entsprechend für die Bereitstellung von Angaben des amtlichen Vermessungswesens oder Standardpräsentationen für behörden- oder betriebsinterne Zwecke, da hiermit wirtschaftliche Tätigkeiten der Einrichtung unterstützt werden.“ [Unterstreichungen durch das Gericht]
Anders als in anderen Ländern hat der niedersächsische Gesetzgeber für den Privilegierungstatbestand des § 5 Abs. 4 NVermG nicht allein daran angeknüpft, dass handelnde Stellen Behörden, Landkreise oder Gemeinden sein müssen (vgl. dagegen etwa § 21 Abs. 2 VermGeoG LSA), denen die Beschränkung der Verwaltungskosten auf den Bereitstellungsaufwand dazu verhelfen soll, kostengünstig an Geobasisinformationen zu gelangen, um ihnen die Wahrnehmung ihrer hoheitlichen Aufgaben zu erleichtern (vgl. Gesetzesbegründung zu § 21 Abs. 2 VermGeoG LSA, LT-Drucks. 4/1203 vom 3. Dezember 2003, S. 20). Vielmehr wurde die niedersächsische Regelung auch auf andere Stellen ausgedehnt, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen, unabhängig davon, ob diese in öffentlich-rechtlicher oder in privatrechtlicher Rechtsform tätig sind, um sie bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen in derselben Weise zu privilegieren.
Wenn es das erklärte Ziel der in § 5 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 NVermG aufgenommenen Einschränkung „eigener nichtwirtschaftlicher Zwecke“ ist, zu gewährleisten, „dass (…) Einrichtungen des Landes und kommunaler Körperschaften, die wirtschaftlich tätig sind, ihre Aufgaben unter gleichen Wettbewerbsbedingungen wie Private erfüllen müssen“ (Gesetzesbegründung, a.a.O., S. 33), dann sind für die Fälle, in denen eine Wettbewerbssituation erst gar nicht entsteht, weil die handelnde Stelle die bereitgestellten Daten ausschließlich in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe für eigene und nichtwirtschaftliche Zwecke verwendet, keine Gründe ersichtlich, die in § 5 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 NVermG genannten anderen Stellen trotz desselben vom Gesetzgeber mit der Gebührenreduzierung verfolgten Ziels anders als die im 1. Halbsatz der Vorschrift genannten Stellen zu behandeln und dort statt auf den Verwendungszweck der Daten auf das Geschäftsmodell im Sinne eines Unternehmenszwecks abzustellen. Solange es für die konkrete Verwendung der Daten keinen Markt gibt, stehen einer Reduzierung der Gebühr auch keine wettbewerbsrechtlichen Gründe entgegen.
Die Klägerin verwendet die ihr von dem Beklagten bereitgestellten Daten für nichtwirtschaftliche Zwecke. Sie hat vorgetragen, dass die Daten allein für den nach § 1 Abs. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 und 2 EnWG erforderlichen Nachweis der Leitungstrassen, die sogenannte Leitungsdokumentation, benutzt werden. Diese erfordere es auch, im Umgang mit Überleitungsverträgen ggf. über die bereitgestellten Eigentümerdaten mit diesen in Verbindung zu treten. Als Netzbetreiberin unterliegt sie insoweit einer gesetzlichen Verpflichtung und befindet sich hierbei nicht im Wettbewerb mit anderen privaten Anbietern.
Zur Überzeugung des Gerichts werden die bereitgestellten Daten von der Klägerin entsprechend Ziff. 7.2.1 des Bereitstellungserlasses auch ausschließlich für nichtwirtschaftliche Zwecke verwendet. Für eine Verwendung der Daten auch für andere, wirtschaftliche Zwecke bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte. Wirtschaftliche Zwecke liegen nach Ziff. 7.1 i.V.m. Ziff. 6.1 des Bereitstellungserlasses vor, wenn die Verwertung oder die öffentliche Wiedergabe von Angaben des amtlichen Vermessungswesens oder von Standardpräsentationen darauf abzielt, finanzielle Gewinne oder vergleichbare Vorteile, z. B. im Wettbewerb gegenüber anderen Anbietern, zu erzielen. Charakteristisch für eine wirtschaftliche Verwendung ist danach die Veredelung der Ausgaben (z. B. durch Umarbeitung, Anreicherung mit zusätzlichen Informationen, Integration in bestehende Produkte) und Verbreitung in Form neuer Produkte oder Dienste auf dem Markt.
Soweit im Internet abrufbare Artikel u.a. aus energiewirtschaftlichen Fachzeitschriften
(vgl. „stadt + werk“, Ausgabe …,
http://www.stadt-und-werk.de/...;
„stadt+werk“, Ausgabe …,
http://www.stadt-und-werk.de/...;
„mensch-maschine magazin“, Ausgabe Nr. ….,
http://www.mum.de/upload/MuM_Anwenderbericht_...;
„Business Geomatics“, Ausgabe …,
http://www.business-geomatics.com/download/pdf/...)
auf den ersten Blick nahelegen, dass die Klägerin die bereitgestellten Daten auch für weitere, wirtschaftliche Zwecke nutzt, insbesondere um durch eine weiträumige Vernetzung sämtlicher Daten im Wege der Prozessoptimierung Kosten zu sparen und bei größerer Datenbasis bessere strategische Unternehmensentscheidungen treffen zu können, mit denen letztlich Wettbewerbsvorteile erreicht werden sollen, konnte der zuständige Systembetreuer der Klägerin, Herr B., dem in der mündlichen Verhandlung entgegentreten. Er konnte jeweils plausibel erklären, aus welchen Quellen die verwendeten Daten stammten bzw. welche - nichtwirtschaftlichen - Zwecke mit den beschriebenen Projekten verfolgt werden.
Soweit Herr B. angegeben hat, dass bestimmte Daten im Planungstool verwendet würden, um bei der erstmaligen Verlegung von Versorgungsleitungen in Baugebieten günstiger planen und damit optimiert arbeiten zu können, handelt es sich insoweit ebenfalls um die Verwendung von Daten für Zwecke, bei denen die Klägerin als Netzbetreiberin nicht in Konkurrenz zu anderen Unternehmen steht und damit um nichtwirtschaftliche Zwecke.
Herr B. hat weiter ausgeführt, dass es sich bei dem im Artikel „…“ („mensch-maschine magazin“, Ausgabe Nr. … angesprochenen Solarpotenzial-Kataster vorwiegend um ein Projekt der Stadt E. handele, für das auch ausschließlich auf Daten zurückgegriffen worden sei, die der Beklagte der Stadt E. für das Stadtgebiet zur Verfügung gestellt habe. Auf die Frage, ob die Stadt E. nach den dem Geoinformationssystem ALKIS zugrundeliegenden Nutzungsbedingungen berechtigt war, die ihr bereitgestellten Daten an die Klägerin weiterzugeben oder ob sie hierfür etwa einer Erlaubnis nach § 5 Abs. 3 NVermG bedurft hätte, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
Insbesondere der Annahme des Beklagten im Schriftsatz vom 31. März 2014 (Bl. 51 Gerichtsakte), die Klägerin nutze die ihr übermittelten Daten auch für die Abrechnung von Versorgungsleistungen, ist die Klägerin überzeugend entgegengetreten. Insoweit hat Herr B. nachvollziehbar ausgeführt, dass die Abrechnung der Versorgungsleistungen allein über die vorhandenen Zähler erfolge und Eigentümerdaten nicht erforderlich seien, weil insoweit die Daten der Beauftragung der Verbraucher für die jeweiligen Leistungen der Klägerin zur Verfügung stünden.
Die von der Klägerin verfolgten eigenen nichtwirtschaftlichen Ziele rechtfertigen auch ohne Weiteres eine Gebührenreduzierung auf den Aufwand für die Bereitstellung, da das öffentliche Interesse am dem von der Klägerin mit ihrer Leistung verfolgten Zweck, insbesondere die auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruhende Leitungsdokumentation, höher zu bewerten ist als das öffentliche Interesse des Landes an den zu erhebenden vollen Gebühren (vgl. insoweit auch Ziff. 7.3 des Bereitstellungserlasses).
Die Höhe der Kosten für den Bereitstellungsaufwand beträgt nach Anlage 2 zu § 2 KOVerm für die Abgabe digitaler Geobasisdaten des ALKIS nach Ziff. 1.2.1 10 % der Vollkosten, hier: 520,01 EUR. Soweit der Beklagte einen diesen Betrag übersteigenden Betrag festgesetzt hat, war der Bescheid aufzuheben.
3.
Die Verurteilung des Beklagten, den 520,01 EUR übersteigenden und von der Klägerin bereits geleisteten Betrag, hier: 4.680,10 EUR, zu erstatten, beruht auf § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Die Verurteilung zur Erstattung von Rechtshängigkeitszinsen folgt aus den auch im Verwaltungsprozess anwendbaren Vorschriften der § 291 Satz 1 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 -, juris Rn. 46 f.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1, 2 VwGO. Die gebildete Kostenquote entspricht dem Verhältnis zwischen Unterliegen und Obsiegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.