Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.08.2006, Az.: 8 LA 104/06

Verpflichtung zu einer turnusmäßigen, kostenpflichtigen Überprüfung einer Heizungsanlage; Streit über die rechtliche Einordnung der Heizungsanlage; Begriff der "Abgasanlage"

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
17.08.2006
Aktenzeichen
8 LA 104/06
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 32045
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2006:0817.8LA104.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Osnabrück - 18.05.2006 - AZ: 1 A 69/06

Amtlicher Leitsatz

Zu einer Gasbrennwertanlage Veritherm Typ 25 gehört eine Abgasanlage i.S.v. § 1 Nr. 3 KehrO (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 14.1.2005 - 1 ME 331/04-), die gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 KehrO regelmäßig zu überprüfen ist. Die Überprüfung ist nach §§ 1, 6 KehrGebO gebührenpflichtig.

Gründe

1

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die sinngemäß geltend gemachten ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht.

2

Das Verwaltungsgericht ist in dem angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass die vom Kläger betriebene Anlage des Typs Veritherm 25 eine (raumluftunabhängige Gas-Feuerstätte im Sinne des § 1 Nr. 1 der Verordnung über die Ausführung von Schornsteinfegerarbeiten (Kehr- und Überprüfungsordnung, nachfolgend = KehrO) vom 14. August 2000 (Nds. GVBl. S. 230) darstelle. "Abgasanlagen, Lüftungsanlagen und Abgaswege" einer solchen Feuerstätte müssten gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 KehrO alle zwei Jahre überprüft werden. Diese Überprüfung habe turnusgemäß im März 2005 stattgefunden. Vom Kläger seien dafür zu Recht gemäß §§ 1 Abs. 2, 6 Abs. 1 der Kehr- und Überprüfungsgebührenordnung (KehrGebO) vom 14. August 2000 (Nds. GVBl. S. 232), zuletzt geändert durch Verordnung vom 20. Februar 2003 (Nds. GVBl. S. 127), eine "Begehungsgebühr" in Höhe von 6,05 EUR sowie zusätzlich gemäß §§ 1 Abs. 2, 6 Abs. 1 Nr. 2 b) bb) KehrGebO eine "Arbeitsgebühr" in Höhe von 14,38 EUR erhoben worden.

3

Die vom Kläger gegen diese Entscheidung erhobenen Einwände greifen nicht durch. Er meint, bei seiner Heizungsanlage handele es sich nicht um eine "Feuerstätte" im Sinne der Legaldefinition des § 1 Nr. 1 KehrO. Seine Einrichtung sei zwar zur Erzeugung von Wärme durch Verbrennung von Brennstoffen bestimmt. Es ermangele ihr aber an dem - weiterhin erforderlichen - Anschluss an eine Abgas- oder Lüftungsanlage. Die "einer Abgasanlage entsprechenden Teile" seien vielmehr in die "Kondensationsfeuerstätte Veritherm Typ 25" integriert. Mangels Vorliegen einer "Feuerstätte" unterliege er somit nicht der Überprüfungspflicht gemäß § 3 Abs. 1 KehrO. Für die deshalb überflüssige Überprüfung müsse er folglich auch nicht die geltend gemachten Gebühren bezahlen.

4

Der Kläger geht jedoch zu Unrecht davon aus, dass es sich bei seiner Anlage nicht um eine "Feuerstätte" im Sinne des § 1 Nr. 1 KehrO handelt. Seine Heizungsanlage ist nicht nur zur Erzeugung von Wärme durch Verbrennung von Brennstoffen bestimmt, sondern zumindest auch an eine Abgasanlage im Sinne von § 1 KehrO angeschlossen. Der Begriff der "Abgasanlage" ist in § 1 Nr. 3 KehrO ebenfalls legal definiert. Es handelt sich um eine Einrichtung zum Ableiten von Abgasen oder Verbrennungsgasen im Freien. Die von dem Kläger betriebene Anlage verfügt über eine entsprechende Abgasanlage. Sie besteht aus einem Abgasstutzen, einer daran angeschlossen - vom Kläger als Kondensationsstrecke bezeichneten - Abgasleitung, d. h. einer Leitung zur Abführung von Abgasen aus der Verbrennung des gasförmigen Brennstoffs ins Freie (§ 1 Nr. 5 KehrO), sowie einem - auch als "Abgas-Absauggebläse" bezeichneten - Lüfter, der nach den im Zulassungsverfahren nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts die Abgase durch Unterdruck absaugt. Diese Teile bilden im Sinne der KehrO die Abgasanlage (vgl. den bereits vom Verwaltungsgericht angeführten Beschl. d. Nds. OVG v. 14.1.2005 - 1 ME 331/04 -) und unterliegen somit der regelmäßigen Überprüfung gemäß § 3 Abs. 1 KehrO. Die bei dieser Überprüfung vorgeschriebenen und gemäß § 6 KehrGebO gebührenpflichtigen Handlungen sind vorliegend im März 2005 durchgeführt worden, insbesondere ist eine Abgaswegeprüfung der raumluftunabhängigen, sonstigen Gasfeuerstätte des Klägers im Sinne von § 6 Abs. 1 b) der KehrGebO durchgeführt worden. Der Kläger ist also zu Recht zu den geltend gemachten Gebühren herangezogen worden.

5

Seine weiteren Einwände gegen die Gebührenpflicht greifen ebenfalls nicht durch. Die Kehr- und Überprüfungsordnung enthält in § 1 eigene Legaldefinitionen der Begriffe "Feuerstätte" sowie "Abgasanlagen", die auch der Kehr- und Überprüfungsgebührenordnung zu Grunde liegen. Ob - was von dem Kläger in Abrede gestellt wird - sich diese Definitionen mit dem Verständnis decken, das der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung der von ihm verwandten Heizanlage durch das Deutsche Institut für Bautechnik vom 19. Juni 1995 zugrunde liegt, ist daher für die hier streitige Gebührenpflicht unerheblich. Im Übrigen besteht insoweit auch kein Widerspruch. In dem Zulassungsbescheid werden die o. a. Bestandteile der Abgasanlage zwar aufgeführt, d.h. für die ordnungsgemäße Funktion des Systems vorausgesetzt. Sie sind jedoch selbst nicht Gegenstand dieser allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung (vgl. nochmals den Beschl. d. Nds. OVG v. 14.1.2005 - 1 ME 331/04 -). Ebenso unerheblich ist es für die hier streitige Gebührenpflicht, ob die vorbezeichnete "Abgasanlage" des Klägers im Sinne der KehrO legal oder illegal betrieben wird. In jedem Fall musste der Kläger gemäß § 1 Abs. 3 des Schornsteinfegergesetzes i. V. m. § 3 Abs. 1 KehrO die Überprüfung seiner Anlage durch den Bezirkschornsteinfegermeister und die bei ihm beschäftigen Personen dulden und die geltend gemachten Gebühren entrichten. Der Kläger beruft sich abschließend darauf, dass die Heizung des von ihm verwandten Systems Veritherm 25 aufgrund einer elektronischen Überwachung automatisch den Betrieb einstelle, wenn der für die Abgase zuständige Teil nicht funktioniere. Eine technische Überprüfung durch den (Bezirks)Schorn-steinfeger(meister) sei somit nicht erforderlich. Es ist jedoch schon nicht ersichtlich, welche rechtliche Schluss-folgerung der Kläger hieraus ziehen, ob er damit etwa (hilfsweise) einen Verstoß des § 3 KehrO und/oder des § 6 Abs. 1 KehrGebO gegen Art. 2 Abs. 1 GG wegen unverhältnismäßigen Eingriffs in die allgemeine Handlungsfreiheit des Betreibers einer entsprechenden Anlage geltend machen will. Dies kann aber letztlich auch auf sich beruhen. Denn es ist gerade Sinn und Zweck der vorliegend streitigen gebührenpflichtigen Maßnahmen des Bezirksschornsteinfegermeisters, Schäden für den auch bei Gasbrennwertfeuerstätten nie sicher auszuschließenden Fall zu verhindern, dass eine "Feuerungsanlage" nicht ordnungsgemäß funktioniert. Dies liegt nicht nur im Interesse des jeweiligen Betreibers, sondern auch der Allgemeinheit und rechtfertigt die damit verbundene, geringfügige Belastung des Betreibers. Im Übrigen ist dem Senat aus allgemein zugänglichen Quellen (vgl. den im Internet zugänglichen Auszug aus "Schornsteinfeger 03.05") bekannt, dass es durchaus, etwa in Hildesheim und Bad Rothenfelde, zu Schäden u. a. an Abgasleitungen von Gasbrennwertfeuerstätten gekommen ist, ohne dass die jeweilige Heizungsanlage ihren Betrieb dauerhaft eingestellt hätte.