Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 21.11.2012, Az.: L 2 EG 7/12

Anspruch auf Elterngeld; Verfassungsmäßigkeit der Ermittlung des Einkommens aus einer selbständigen Tätigkeit

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
21.11.2012
Aktenzeichen
L 2 EG 7/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 30598
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2012:1121.L2EG7.12.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - 12.10.2011 - AZ: S 32 EG 14/08

Fundstellen

  • DStR 2013, 14
  • FamRZ 2013, 1256

Redaktioneller Leitsatz

1. Für die Berechnung des Elterngeldes ist das im Einkommensteuerbescheid für den vorgeburtlichen Bemessungszeitraum ausgewiesene Einkommen aus selbständiger Tätigkeit nach den Vorgaben des BEEG auch dann ausschlaggebend, wenn steuerrechtlich die Einkünfte um einen Übungsleiterfreibetrag reduziert worden sind.

2. Eine Verfassungswidrigkeit dieser einfachgesetzlichen Bemessungsregel ist nicht festzustellen. [Amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Tenor:

Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 12. Oktober 2011 wird geändert.

Die Klage wird abgewiesen, soweit die Beklagte dem Klagebegehren nicht bereits mit Änderungsbescheid vom 11. Oktober 2012 entsprochen hat.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung dagegen, dass das Sozialgericht Hannover sie zur Gewährung weitergehenden Elterngeldes an die Klägerin verpflichtet hat.

2

Die 1968 geborene Klägerin gebar am 14. Oktober 2007 ihre Tochter I ... Vom 18. September 2007 bis zum 25. Dezember 2007 hatte sie Mutterschaftsgeld bezogen.

3

In den zwölf vorausgegangenen Monaten von September 2006 bis August 2007 hatte die Klägerin in ihrem Hauptarbeitsverhältnis einen monatlichen Bruttolohn in Höhe von 900 € erzielt. In der Zeit ab November 2006 hatte sie darüber hinaus eine geringfügige abhängige Beschäftigung mit einem Monatsverdienst in Höhe von anfänglich 364 € und ab Mai 2007 in Höhe von 400 € ausgeübt.

4

Neben diesen abhängigen Beschäftigungen übte die Klägerin als VHS-Dozentin eine selbständige Tätigkeit aus. In den Einkommensteuerbescheiden des Finanzamtes J. werden die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit für das Jahr 2006 auf 1.227 € (Bescheid vom 17. Dezember 2007) und für das Jahr 2007 auf 1.454 € (Bescheid vom 23. Juli 2009) festgesetzt.

5

Antragsgemäß bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 13. Dezember 2007 dem Grunde nach Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate ihrer Tochter. Dabei setzt sie die Höhe des Elterngeldes vorläufig auf monatlich 734,70 € ab dem 4. Lebensmonat fest. Unter Berücksichtigung des vorausgegangenen Bezuges von Mutterschaftsgeld einschließlich des Arbeitgeberzuschusses ergab sich für den ersten Lebensmonat kein Auszahlungsbetrag, für den zweiten nur ein (vorläufiger) Auszahlungsbetrag von 17,10 € und für den dritten ein solcher von 450,30 €. In den Gründen erläuterte sie, dass die Bewilligung vorläufig sei, da das Einkommen aus Erwerbstätigkeit noch nicht abschließend habe ermittelt werden können. Eine endgültige Festsetzung erfolge nach Beibringung der erforderlichen weiteren Einkommensnachweise. Im diesem Rahmen gehe die Beklagte vorläufig von einem im Bezugszeitraum September 2006 bis August 2007 erzielten nach Maßgabe des BEEG ermittelten Nettoeinkommens aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von durchschnittlich monatlich 955,41 € und aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von monatlich 141,15 €, in der Summe also von einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.096,56 € aus. Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben belaufe sich das Elterngeld auf 67 % dieses Betrages, mithin auf monatlich 734,70 €.

6

Zur Begründung ihres Widerspruchs hat sich die Klägerin auf höhere berücksichtigungsfähige Einnahmen aus ihrer selbständigen Tätigkeit berufen. Insbesondere dürften die daraus erzielten Einkünfte für die Berechnung des Elterngeldes nicht um den steuerrechtlichen Übungsleiterfreibetrag reduziert werden.

7

Diesen Widerspruch wies die Region Hannover mit Bescheid vom 13. Mai 2008 zurück.

8

Mit der am 11. Juni 2008 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass es an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage für eine Berücksichtigung der Übungsleiterpauschale zu ihren Lasten fehle.

9

Mit Urteil vom 12. Oktober 2011, der Beklagten zugestellt am 1. März 2012, hat das Sozialgericht die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Kläger Elterngeld in Höhe von monatlich 925,40 € für den vierten bis zwölften Lebensmonat ihrer Tochter sowie in Höhe von 207,80 € für den zweiten und in Höhe von 638,36 € für den dritten Lebensmonat zu gewähren. Zur Begründung hat es dargelegt, dass Sinn und Zweck des Elterngeldes bei wertender zusammenfassender Betrachtung auch unter Berücksichtigung der Grundrechte der Klägerin aus Art. 3 Abs. 1 und 6 Abs. 1 GG eine Ermittlung des zu gewährenden Elterngeldes ohne Berücksichtigung des steuerrechtlichen Übungsleiterfreibetrages geböten. Die mit § 3 Nr. 26 EStG angestrebte Entlastung derjenigen, die eine von der Übungsleiterpauschale erfasste Tätigkeit verrichten, würde sich im Ergebnis im Sinne einer Belastung auswirken, soweit sich aufgrund ihrer die Höhe des Elterngeldbetrages reduziere. Bezüglich der damit zu konstatierenden Zielkollision finde sich in den Gesetzgebungsmaterialien keine Auseinandersetzung. Vor diesem Hintergrund sei eine verfassungskonforme Auslegung geboten.

10

Mit ihrer am 2. April 2012, einem Montag, eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, dass der Gesetzgeber eine Ermittlung des der Elterngeldberechnung zugrunde zu legenden im Bemessungszeitraum erzielten Einkommens nach steuerrechtlichen Grundsätzen vorgegeben habe. Dies bedinge im vorliegenden Fall auch eine Berücksichtigung der Übungsleiterpauschale zu Lasten der Klägerin.

11

Nachdem die Klägerin umfängliche weitere Unterlagen zu ihren Einkünften aus selbständiger Tätigkeit vorgelegte hatte, hat die Beklagte im Anschluss an den Erörterungstermin vom 26. September 2012 mit Änderungsbescheid vom 11. Oktober 2012 die Höhe des der Klägerin zustehenden Elterngeldes auf monatlich 830,77 € für den vierten bis zwölften Lebensmonat der Tochter (und auf 113,10 € für den zweiten und auf 543,66 € für den dritten Lebensmonat) festgesetzt. In den Gründen erläuterte sie, dass weiterhin von einem Nettoeinkommen der Klägerin im Bezugszeitraum September 2006 bis August 2007 aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von durchschnittlich monatlich 955,41 € auszugehen sei. Nach Auswertung der im Berufungsverfahren vorgelegten weiteren Unterlagen ergebe sich daneben für diesen Zeitraum ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen aus selbständiger Tätigkeit (weiterhin nach Abzug der Übungsleiterpauschale) in Höhe von 284,44 €. Das monatliche Elterngeld betrage 67 % der sich daraus in der Summe ergebenden monatlichen Nettoeinkünfte im Bemessungszeitraum von 1.239,85 €, mithin jeweils (ab dem 4. Lebensmonat) 830,77 €. Im Ergebnis ergebe sich daraus eine Nachzahlung zugunsten der Klägerin in Höhe von 1.142,54 €.

12

Hieran anknüpfend beantragt die Beklagte sinngemäß,

13

das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 12. Oktober 2011 zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit sie dem Klagebegehren nicht bereits mit Änderungsbescheid vom 11. Oktober 2012 entsprochen hat.

14

Die Klägerin beantragt,

15

die Berufung zurückzuweisen.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

17

Über die vorliegende Berufung entscheidet der Senat mit dem von beiden Beteiligten erklärten Einverständnis (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 26. Oktober und Schriftsatz der Beklagten vom 25. Oktober 2012) ohne mündliche Verhandlung.

18

Die zulässige Berufung, mit der sich die Beklagte unter Berücksichtigung ihres den Ausgangsbescheid ersetzenden nach § 96 SGG in das vorliegende Berufungsverfahren einbezogenen Änderungsbescheid vom 11. Oktober 2012 nur noch gegen die Verpflichtung zur Gewährung eines höheren als in diesem Änderungsbescheid bereits zuerkannten Elterngeldanspruchs wendet, ist begründet. Nach den gesetzlichen Vorgaben kann die Klägerin nicht mehr Elterngeld beanspruchen, als ihr die Beklagte bereits mit Änderungsbescheid vom 11. Oktober 2012 zuerkannt hat. Dementsprechend ist ihre darüber hinausgehende Klage abzuweisen.

19

1. Nach Maßgabe der einfachgesetzlichen Vorgaben kann die Klägerin kein höheres als das ihr von der Beklagten mit Änderungsbescheid vom 11. Oktober 2012, auf dessen zutreffende Begründung der Senat ergänzend verweist, zuerkannte Elterngeld beanspruchen.

20

Hinsichtlich der Bemessung des dem Grunde nach von der Beklagten zutreffend der im Bundesgebiet ihr Kind im eigenen Haushalt ohne Ausübung einer vollen Erwerbstätigkeit im Bezugszeitraum erziehenden Klägerin zuerkannten Elterngeldes waren seinerzeit nach § 2 BEEG a.F. insbesondere folgende Regelungen zu berücksichtigen:

21

(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 des Einkommensteuergesetzes nach Maßgabe der Absätze 7 bis 9 zu berücksichtigen. ...

22

(7) Als Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit ist der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über die mit einem Zwölftel des Pauschbetrags nach § 9a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen. Sonstige Bezüge im Sinne von § 38a Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes werden nicht als Einnahmen berücksichtigt. Als auf die Einnahmen entfallende Steuern gelten die abgeführte Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer, im Falle einer Steuervorauszahlung der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil. Grundlage der Einkommensermittlung sind die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Kalendermonate, in denen die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes ohne Berücksichtigung einer Verlängerung des Auszahlungszeitraums nach § 6 Satz 2 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat, bleiben bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zu Grunde zu legenden Kalendermonate unberücksichtigt. Das Gleiche gilt für Kalendermonate, in denen die berechtigte Person Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist.

23

(8) Als Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit ist der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Gewinn zu berücksichtigen. Grundlage der Einkommensermittlung ist der Gewinn, wie er sich aus einer mindestens den Anforderungen des § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes entsprechenden Berechnung ergibt. Kann der Gewinn danach nicht ermittelt werden, ist von den Einnahmen eine Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 20 Prozent abzuziehen. Als auf den Gewinn entfallende Steuern gilt im Falle einer Steuervorauszahlung der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil der Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Auf Antrag der berechtigten Person ist Absatz 7 Satz 5 und 6 entsprechend anzuwenden.

24

(9) Ist die dem zu berücksichtigenden Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit zu Grunde liegende Erwerbstätigkeit sowohl während des gesamten für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraums als auch während des gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums ausgeübt worden, gilt abweichend von Absatz 8 als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus dieser Erwerbstätigkeit der durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn, wie er sich aus dem für den Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt. Dies gilt nicht, wenn im Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 5 und 6 vorgelegen haben. Ist in dem für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraum zusätzlich Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit erzielt worden, ist Satz 1 nur anzuwenden, wenn die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 auch für die dem Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit zu Grunde liegende Erwerbstätigkeit erfüllt sind; in diesen Fällen gilt als vor der Geburt durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen nach Absatz 7 das in dem dem Veranlagungszeitraum nach Satz 1 zu Grunde liegenden Gewinnermittlungszeitraum durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit. Als auf den Gewinn entfallende Steuern ist bei Anwendung von Satz 1 der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil der im Steuerbescheid festgesetzten Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer anzusetzen.

25

§ 2 Abs 9 BEEG benachteiligt Selbstständige mit einer gleichzeitig ausgeübten abhängigen Beschäftigung, die im Veranlagungszeitraum ein niedrigeres Einkommen hatten als im 12-Monatszeitraum vor der Geburt, gegenüber in gleicher Weise erwerbstätigen Personen, die im Veranlagungszeitraum ein höheres Einkommen hatten als im 12-Monatszeitraum vor der Geburt. Diese Rechtsfolge tritt zu Gunsten und zu Lasten der jeweiligen Personengruppe in Anwendung des § 2 Abs. 9 BEEG typischerweise auf. Sofern eine gewisse Schwankungsbreite nicht überschritten wird, beachtet § 2 Abs. 9 BEEG indes die Grenzen typisierender Regelungen des Art. 3 Abs. 1 GG. Dies hat das BSG bereits mehrfach entschieden und dabei anhand der Rechtsprechung des BVerfG die zumutbare Grenze bei einer Abweichung des zeitlichen Umfangs der in beiden Vergleichszeiträumen ausgeübten Erwerbstätigkeiten um weniger als 20 % gezogen (BSG SozR 4-7837 § 2 Nr. 5; BSG Urteile vom 17.2.2011 - B 10 EG 1/10 R - und - B 10 EG 2/10 R - jeweils juris).

26

Im vorliegenden Fall wich der zeitliche Umfang der von der Klägerin wahrgenommenen selbständigen und nichtselbständigen Erwerbstätigkeiten in der gebotenen Gesamtbetrachtung in dem nach § 2 Abs. 7 BEEG maßgeblichen Bemessungszeitraum in den letzten zwölf Kalendermonaten vor Beginn der Mutterschaftsgeldzahlungen, d.h. im Zeitraum September 2006 bis August 2007, um mehr als 20 % von dem zeitlichen Umfang ihrer im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum, d.h. im Kalenderjahr 2006, wahrgenommenen Erwerbstätigkeit ab, zumal sie erstmals von November 2006 an neben ihrer fortgeführten abhängigen Hauptbeschäftigung und ihrer selbständigen Dozententätigkeit auch noch eine weitere (geringfügige) abhängige Beschäftigung ausgeübt hat. Dementsprechend ist nach der erläuterten BSG-Rechtsprechung ihr Einkommen während des sich aus § 2 Abs. 7 BEEG ergebenden Bemessungszeitraums von September 2006 bis August 2007 der Elterngeldberechnung zugrunde zu legen.

27

Soweit die Beklagte dieses im Änderungsbescheid vom 11. Oktober 2012 mit in Höhe von durchschnittlich monatlich 955,41 € bezogen auf die nichtselbständigen Tätigkeiten und in Höhe von monatlich 284,44 € bezogen auf die selbständige Tätigkeit, in der Summe also in Höhe von monatlich 1.239,85 €, ermittelt hat, lässt dies keinen Fehler zu Lasten der Klägerin erkennen.

28

Bezüglich der Ermittlung des berücksichtigungsfähigen Nettoeinkommens aus den beiden abhängigen Beschäftigungsverhältnissen verweist der Senat auf die entsprechende sachlich zutreffende Berechnung der Beklagten auf Bl. 78 ihrer Verwaltungsvorgänge; die anwaltlich vertretene Klägerin hat ausdrücklich erklärt, dass auch von ihrer Seite diesbezüglich keine Bedenken geltend gemacht werden.

29

Hinsichtlich der Ermittlung des berücksichtigungsfähigen Einkommens aus selbständiger Tätigkeit, bezüglich dessen die Klägerin weder zu Steuerzahlungen noch zu Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung herangezogen worden ist, gilt unter Berücksichtigung der im Erörterungstermin erfolgten weiteren Erläuterungen der Klägerin und der von ihr vorgelegten Unterlagen Folgendes:

30

In den Monaten September bis Dezember 2007 hat die Klägerin ihre selbständige Tätigkeit als VHS-Dozentin bedingt durch die Schwangerschaft und die Geburt ihres Kindes nicht ausgeübt. Dementsprechend sind die im Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2007 ausgewiesenen Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 1.454,00 € den ersten acht Monaten des Jahres 2007 zuzuordnen.

31

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 sind bezogen auf das gesamte Kalenderjahr Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Arbeit in Höhe von 1.227,00 € ausgewiesen worden. Diese Jahreseinkünfte sind unter Zugrundelegung eines zwölfmonatigen Bemessungszeitraumes von September 2006 bis August 2007 aufzuteilen, und zwar einerseits nach den ersten acht Monaten des Jahres 2006 und andererseits nach den letzten vier Monaten des Jahres 2006.

32

Im gesamten Jahr 2006 erzielte die Klägerin Honorareinnahmen (ohne Berücksichtigung der gesondert erstatteten Fahrtkosten) in einer Gesamthöhe von 2.740,00 € (vgl. insbesondere Anlage 10 zum Schriftsatz vom 25. September 2012). Von diesen entfielen auf die letzten vier Monate des Jahres 2006 1.800,00 €, entsprechend 65 %. Ausgehend von diesem Anteil von 65 % sind von dem im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 ausgewiesenen Jahreseinkünften aus selbständiger Tätigkeit in einer Gesamthöhe von 1.227,00 € 806,00 € (entsprechend 65 %) den letzten vier Kalendermonaten des Jahres 2006 zuzuordnen. Unter Hinzurechnung der im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 ausgewiesenen Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die in den zu berücksichtigenden ersten acht Monaten dieses Kalenderjahres erzielt worden sind, in Höhe von 1.454,00 €, ergibt sich für den Berechnungszeitraum September 2006 bis August 2007 insgesamt ein berücksichtigungsfähiges Einkommen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 2.260,00 €, entsprechend einem Monatseinkommen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 188,33 €.

33

In der Summe ergibt sich damit im Bemessungszeitraum ein berücksichtigungsfähiges Einkommen von 1.143,74 €, welches einem monatlichen Elterngeldanspruch (ab dem vierten Monat) in Höhe von 766,31 € entspricht. Soweit die Beklagte davon zu Gunsten der Klägerin etwas abweichend im Änderungsbescheid vom 11. Oktober 2012 ausgehend von berücksichtigungsfähigen Einkünften im Bemessungszeitraum aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von monatlich 284,44 € und damit unter Einbeziehung der Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit von Einkünften in einer Gesamthöhe 1.239,85 € (entsprechend einem monatlichen Elterngeldanspruch in Höhe von 830,70 €) ermittelt hat, beschwert dies nicht die Klägerin.

34

Soweit sich die Klägerin gegen die Absetzung des Übungsleiterfreibetrages bei der Ermittlung ihres Einkommens aus selbständiger Tätigkeit im Bemessungszeitraum wendet, kann der Senat dahingestellt bleiben lassen, inwieweit dieser Betrag überhaupt bei der Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2006 und 2007 einkommensmindernd in Ansatz gebracht worden ist. Auch soweit davon zugunsten der Klägerin auszugehen wäre, würden die gesetzlichen Vorgaben keine Grundlage dafür bieten, abweichend von den vorstehend herangezogenen in den Steuerbescheiden ausgewiesenen Einkünften aus selbständiger Tätigkeit für die Berechnung des Elterngeldes auf ohne Abzug eines Übungsleiterfreibetrages zu ermittelnde Einkünfte abzustellen.

35

Mit der in § 2 Abs. 1 S 2 BEEG enthaltenen Formulierung "Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 EStG" wird nicht ausschließlich auf die dort genannten Einkunftsarten, sondern zugleich umfassend auf die nach steuerrechtlichen Bestimmungen ermittelten Einkünfte verwiesen. § 2 Abs. 1 S. 1 EStG erfasst ausdrücklich nur die der Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte. Welche Einnahmen im Einzelnen dazu gehören, ergibt sich aus den nachfolgenden Vorschriften des EStG. Insoweit wird auch der Begriff der Einkünfte in § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG durch weitere Regelungen des Einkommensteuerrechts geprägt. Nach der Systematik des EStG gehören solche Einnahmen nicht zu den Einkünften i.S. des § 2 Abs. 1 EStG, die ausdrücklich steuerfrei gestellt worden sind (BSG, U.v. 5. April 2012 - B 10 EG 3/11 R - m.w.N.; vgl. auch BSG, U. v. 29. August 2012 - B 10 EG 15/11 R).

36

Darüber hinaus macht auch die Regelung des § 2 Abs. 9 BEEG deutlich, dass der Gesetzgeber bereits in dem zu beurteilenden Bezugszeitraum die Ermittlung des bei der Bemessung des Elterngeldes zu berücksichtigenden Einkommens nach steuerrechtlichen Grundsätzen vorgesehen hat. Er hat in § 2 Abs. 9 Satz 1 BEG ausdrücklich auf den "monatlich erzielten Gewinn, wie er sich aus dem für den Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt" abgestellt.

37

Soweit § 3 Nr. 26 EStG in dem dort normierten Umfang eine Steuerfreiheit für Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Dienst oder im Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung) begründet, hat dies nach den erläuterten gesetzlichen Vorgaben zugleich zur Folge, dass entsprechende Einkünfte zugleich auch nicht bei der Berechnung des Elterngeldes zu berücksichtigen sind.

38

2. Eine Verfassungswidrigkeit der vorstehend erläuterten einfachgesetzlichen Bemessungsregeln vermag der Senat im Ergebnis nicht festzustellen.

39

a) Die Grundentscheidung des Gesetzgebers im Sinne einer einkommensabhängigen Bemessung des Elterngeldes begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. zum Folgendes auch bereits Senatsurteil vom 21. September 2011 - L 2 EG 26/10 - juris).

40

Der Gesetzgeber verfolgt mit dem Anknüpfen an das - nach Maßgabe der vorstehend erläuterten Vorgaben des § 2 BEEG zu konkretisierende - Einkommen aus Erwerbstätigkeit bei der Bemessung des Elterngeldes gemäß § 2 Abs. 1 BEEG ein legitimes Differenzierungsziel. Ziel des Elterngeldes ist es vor allem, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich die Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern. Jeder betreuende Elternteil (im Rahmen der gesetzlichen Bezugsfristen), der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten. Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen. Das Elterngeld soll insoweit die Wahlfreiheit zwischen Familie und Beruf stärken und richtet sich im Kern - über die Mindestförderung in Höhe von 300 Euro (§ 2 Abs. 5 Satz 1 BEEG) hinaus - an Erwerbstätige, die durch die Betreuung eines Kindes einem Bruch in ihrer Erwerbsbiographie ausgesetzt sind bzw. Einkommenseinbußen hinzunehmen haben. Dabei sollten - über die für alle gleichen Basisbeträge hinaus - besondere Anreize für solche Elternteile geschaffen werden, bei denen die Kindererziehung mit Einbußen von Einkommen aus Erwerbstätigkeit verbunden ist. Spezielle verfassungsrechtliche Verbote stehen dieser Differenzierung nicht entgegen (BSG, Urteil vom 17. Februar 2011, - B 10 EG 21/09 R - m.w.N. insbesondere auch zu den Gesetzesmaterialien).

41

Mit dem Systemwechsel von der bedürftigkeitsabhängigen Förderung nach dem BErzGG zu der (erwerbs-)einkommensorientierten Unterstützungsleistung nach dem BEEG verfolgt der Gesetzgeber gewichtige familienpolitische Ziele, die zum Teil selbst das sozialstaatliche Gefüge berühren. Insbesondere würde eine (bislang allerdings nicht zu objektivierende) Steigerung der Geburtenrate in Deutschland durch das Elterngeld in seiner Einkommensersatzfunktion maßgeblich zur Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme beitragen. Der Gesetzgeber hat ferner namentlich die Ziele einer Vereinbarkeit von Familie und Beruf und einer gleichberechtigten Kindererziehung von Vätern und Müttern verfolgt, wobei diese Ziele allerdings nur unter Berücksichtigung der durch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG grundrechtlich gewährleisteten Freiheit der Eltern zur eigenverantwortlichen innerfamiliären Aufgabenverteilung gefördert werden dürfen. Unter Einbeziehung ihrer kann im Ergebnis nicht von einer unsachlichen Verteilung staatlicher Leistungen und damit von einem Verstoß gegen ein aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) herzuleitendes Diskriminierungsverbot ausgegangen werden. Dies gilt auch insoweit, wie das Elterngeld als einkommensorientierte Unterstützungsleistung durch die höhere Förderung Besserverdienender gegenüber Geringverdienern oder Berechtigten ohne Erwerbseinkommen eine bestehende soziale Ungleichheit fortschreiben oder verfestigen könnte (BSG, Urt. v. 17. Februar 2011, aaO.).

42

b) Auch die erläuterten gesetzgeberischen Konkretisierungen zur Ermittlung des der Bemessung des Elterngeldes zugrunde legenden Einkommens missachten im Ergebnis noch nicht die dem Gesetzgeber bei der Ausübung seiner legislativen Gestaltungsfreiheit durch die Verfassung gesetzten Grenzen.

43

aa) Namentlich wird der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht missachtet.

44

Der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, soll in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern. Deshalb unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung. Bei lediglich verhaltensbezogenen Unterscheidungen hängt das Maß der Bindung davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Merkmale zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird. Überdies sind dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfG, B. v. 22. Februar 1994 - 1 BvL 21/85, 1 BvL 4/92 - E 90, 46, Juris-Rz 36).

45

Der unterschiedlichen Weite des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums entspricht eine abgestufte Kontrolldichte bei der verfassungsgerichtlichen Prüfung. Kommt als Maßstab nur das Willkürverbot in Betracht, so kann ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nur festgestellt werden, wenn die Unsachlichkeit der Differenzierung evident ist. Dagegen prüft das Bundesverfassungsgericht bei Regelungen, die Personengruppen verschieden behandeln oder sich auf die Wahrnehmung von Grundrechten nachteilig auswirken, im einzelnen nach, ob für die vorgesehene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können (BVerfG, aaO., Rz 37).

46

Mangels vorgegebener Referenzgröße aufgrund eines versicherungstypischen Gegenseitigkeitsverhältnisses von Beiträgen und Leistungen steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, bei der gesetzlichen Ausgestaltung steuerfinanzierter Sozialleistungen, die nicht auf eigenen Beiträgen des Anspruchsberechtigten beruhen, eigenständige Regelungen zu treffen (vgl. BSG, Urt. v. 17. Februar 2011, - B 10 EG 21/09 R - m.w.N.).

47

Ihrem Schwerpunkt nach beinhalten die maßgeblichen Konkretisierungen in § 2 BEEG verhaltensbezogene Unterscheidungen. Innerhalb der Ausformung der Bemessungstatbestände für die Ermittlung des der Elterngeldberechnung zugrunde zu legenden Einkommens in § 2 BEEG eröffnet sich für alle betroffenen Eltern prinzipiell die gleiche Möglichkeit, einen mit einem relativ hohen Elterngeldbezug verbundenen Tatbestand zu verwirklichen. Die Chance auf einem in diesem Sinne optimierten Elterngeldbezug besteht für alle Eltern grundsätzlich in gleichem Maß (vgl. zu diesen Prüfungskriterien - bezogen auf die gesetzgeberische Ausformung des Tatbestandes eines Pflegebedürftigkeit - BVerfG, B.v. 22. Mai 2003 - 1 BvR 452/99 - FamRZ 2003, 1084 - Juris-Rz 24). Namentlich missachten die Tatbestände des § 2 BEEG keine Differenzierungsverbote im Sinne von Art. 3 Abs. 3 GG.

48

Als Prüfungsmaßstab ist damit maßgeblich das Willkürverbot in Betracht zu ziehen. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG kann letztlich nur festgestellt werden, wenn die Unsachlichkeit der Differenzierung evident ist (BVerfG, B. v. 22. Februar 1994 - 1 BvL 21/85, 1 BvL 4/92 - E 90, 46, Juris-Rz 37). Dabei ist die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit im vorliegenden Zusammenhang noch als besonders groß anzusehen, da das Elterngeld ohnehin nur eine Teilabsicherung des Risikos von durch die Erziehung und Betreuung von (kleinen) Kindern bewirkten Erwerbsausfällen ermöglichen soll (vgl. zum maßgeblichen Gesichtspunkt einer Teilabsicherung - bezogen auf die gesetzgeberische Ausformung des Tatbestandes eines Pflegebedürftigkeit - BVerfG, B. v. 22. Mai 2003 - 1 BvR 452/99 - FamRZ 2003, 1084 - Juris-Rz 18).

49

Im Ergebnis lässt sich eine Evidenz der Unsachlichkeit der Differenzierung nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit ermitteln.

50

(1) Ausgehend von dem Grundsatz, dass das Elterngeld das ohne die Kinderbetreuung zu erwartende Einkommen (anteilig in dem durch § 2 Abs. 2 BEEG vorgesehenen Rahmen) ersetzen soll, um die Eltern in der Frühphase der Elternschaft zu unterstützen und ihnen den Entschluss zu erleichtern, dass sie in diesem Zeitraum persönlich für ihr Kind sorgen (vgl. zu den Zielen des Elterngeldes auch Vorlagebeschluss des Senates vom 13. April 2011 L 2 EG 20/10 -), wäre es einleuchtend und folgerichtig, dieses Einkommen in voller Höhe und damit unter Einschluss von steuerfreien Zuschlägen der Elterngeldberechnung zugrunde zu legen. Auch diese prägen den zu erhaltenden "individuellen Einkommensstandard" (BSG, Urt. v. 17. Februar 2011 - B 10 EG 21/09 R, Juris-Rz 64). Es lässt sich schwer objektivieren, dass eine Mutter, die vor der Geburt ein Nettomonatseinkommen von 1.400 € ohne weitere Zuschläge bezogen hat, nur durch höhere Elterngeldleistungen zu einer Entscheidung für die persönliche Kinderbetreuung motiviert werden kann, als eine Mutter, die neben ihrem sich aufgrund ihres steuerpflichtigen Einkommens bezogenen Nettomonatseinkommen von 1.250 € noch steuerfreie Zuschläge bzw. ein steuerfreies Nebeneinkommen in Höhe von monatlich (netto = brutto) 150 € bezogen hat. Beide Mütter erleiden durch den Verzicht auf die Erwerbstätigkeit zugunsten der Kinderbetreuung einen Nettoeinkommensverlust von 16.800 € im Jahr.

51

(2) Teilweise werden die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip dahingehend interpretiert, dass der Gesetzgeber bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung der Sozialsysteme dem Gebot der Folgerichtigkeit entsprechen müsse (vgl. Voßkuhle, Der Sozialstaat in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, SGb 2011, 181, 185). So prüft das BVerfG, ob eine Regelung vom Blickpunkt sozialer Gerechtigkeit angemessen und sachgerecht zu werten ist (BVerfG, B.v. 8. Oktober 1980 - 1 BvL 122/78, 1 BvL 61/79, 1 BvL 21/77 - E 55, 100, Juris-Rz 40). Der Gleichheitssatz wird vor allem dann als verletzt angesehen, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfG, B.v. 2. Februar 1999 - 1 BvL 8/97 - E 100, 195; Juris-Rz 38). Eine Grenze ist damit dann erreicht, wenn sich für eine Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt (BVerfG, B.v. 15. März 2000 - 1 BvL 16/96, 1 BvL 17/96, 1 BvL 18/96, 1 BvL 19/96, 1 BvL 20/96 u.a. - E 102, 68, Juris-Rz 72).

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Bezogen auf das Steuerrecht fordert die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung ausdrücklich, dass der Gesetzgeber ungeachtet des ihm bei der Auswahl des Steuergegenstands und bei der Bestimmung des Steuersatzes zuzubilligenden weitreichenden Entscheidungsspielraums (unter dem Gebot möglichst gleichmäßiger Belastung aller Steuerpflichtigen) bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umsetzen muss (BVerfG, B.v. 4. Dezember 2002 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00 - E 107, 27, Juris-Rz. 51).

53

(3) Der Senat vermag jedoch der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung bislang nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit zu entnehmen, dass auch im Bereich des Sozialleistungsrechts eine Einhaltung des Gebotes der Folgerichtigkeit in einem so weitgehenden Maße der verfassungsgerichtlichen (und damit im Rahmen von Art. 100 Abs. 1 GG allgemein der gerichtlichen) Überprüfung unterliegt (vgl. dazu auch Senatsbeschluss vom 8. Juni 2011 - L 2 EG 12/10 -). Das BVerfG hat bezogen auf das Sozialleistungsrecht dem Gesetzgeber wiederholt Raum zu einer jedenfalls nicht vollumfänglichen Umsetzung des Gebotes der Folgerichtigkeit gelassen. Unter Berücksichtigung dieser Entscheidungen vermag der Senat bezogen auf den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt nicht mit der für eine eventuelle Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 GG zu fordernden hinreichenden Klarheit einen Verstoß gegen verfassungsrechtliche Vorgaben zu konstatieren.

54

So hat das BVerfG in seinem o.g. Beschluss vom 22. Mai 2003 (- 1 BvR 452/99 - FamRZ 2003, 1084 m.w.N.) hervorgehoben, dass die Gerichte nicht zu prüfen haben, ob der Gesetzgeber unter mehreren möglichen Lösungen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste gewählt hat. In seinem Beschluss vom 08. April 1987 (- 1 BvR 564/84, 1 BvR 684/84, 1 BvR 877/84, 1 BvR 886/84, 1 BvR 1134/84 u.a. - BVerfGE 75, 78, [BVerfG 08.04.1987 - 1 BvR 564/84] Juris-Rz 70) hat sich das BVerfG daran gehindert gesehen, die Geeignetheit und Erforderlichkeit der zu überprüfenden Regelung mit der Begründung zu beanstanden, andere Maßnahmen seien noch wirksamer oder besser geeignet gewesen.

55

Darüber hinaus hat das BVerfG dem Gesetzgeber bei "komplexen" Reformen das Recht eingeräumt, diese in mehreren Stufen zu verwirklichen, um den Regelungsaufwand sowie die finanziellen Folgen zu begrenzen und sich für Erfahrungen, die im Zuge der Reform gewonnen werden, offenzuhalten (BVerfG, U. v. 7. Juli 1992 - 1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90, 1 BvR 761/91 - E 87, 1, Juris-Rz 137). Gerade bei der - nach Auffassung des BVerfG dem Grunde nach insbesondere durch Art. 3 Abs. 1 GG gebotenen - besseren Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in der Rentenversicherung hat das BVerfG ein solches gestuftes Vorgehen ungeachtet der damit verbundenen Inkaufnahme von Ungleichheiten für die (sehr weiträumigen, vgl. Senatsurteil vom 25. Juli 2007 - L 2 R 241/07) Umsetzungszeiträume gebilligt, obwohl die Nichtberücksichtigung tatsächlich erbrachter Beiträge (hier in Form von Kindererziehungsleistungen) bei der Berechnung beitragsabhängiger Leistungen (in Form der Altersrente) nur unter strengeren Voraussetzungen als abweichende Bemessungen von steuerfinanzierten Sozialleistungen (wie dem Elterngeld) zulässig ist. Bei der Festlegung der Reformschritte dürfe der Gesetzgeber insbesondere die jeweilige Haushaltslage berücksichtigen (BVerfG, U. v. 7. Juli 1992, aaO., Juris-Rz. 138).

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Eine dringende Notwendigkeit für ein solches gestuftes Vorgehen etwa im Sinne eines zu objektivierenden Notstandes ist dabei vom BVerfG nicht gefordert worden und ist auch nicht erkennbar, zumal das BVerfG selbst in jener Entscheidung die Zulässigkeit einer (maßvollen) Umverteilung innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung zu Lasten kinderloser und kinderarmer Personen hervorgehoben hat (BVerfG, U. v. 7. Juli 1992, aaO., Juris-Rz 138).

57

Auch diese Entscheidung belegt damit, dass das BVerfG die Umsetzung des Gebotes der Folgerichtigkeit im Sozialleistungsrecht in erheblich stärkerem Maße zur Disposition des Gesetzgebers stellt als etwa im Steuerrecht.

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(4) An der vorstehend erläuterten verfassungsrechtlichen Beurteilung ändert auch Art. 6 Abs. 1 GG nichts. Danach hat der Staat u.a. die Pflicht, die Familie durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Dieser Pflicht hat der Gesetzgeber mit dem BEEG Rechnung getragen. Aus Art. 6 Abs. 1 GG ergibt sich jedoch weder eine Verpflichtung, jegliche die Familie treffenden finanziellen Belastungen auszugleichen, noch erwachsen hieraus konkrete Ansprüche auf staatliche Leistungen. Mit einer sich für alle Familien in gleicher Weise auswirkenden Regelung zur Nichtberücksichtigung steuerfreier Einkünfte hat der Gesetzgeber deshalb die Grenzen des ihm insoweit zustehenden weiten Gestaltungsspielraums nicht überschritten (BSG, U. v. 25. Juni 2009, aaO.).

59

(5) Im vorliegenden Zusammenhang ist überdies zu berücksichtigen, dass die Nichtberücksichtigung von Einkünfte in Höhe der steuerfreien Übungsleiterpauschale bei der Bemessung des Elterngeldes schon angesichts der erläuterten Verweisung auf die Bestimmungen über die Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens in einem untrennbaren Zusammenhang mit der - auch von Seiten der Klägerin nicht beanstandeten - steuerrechtlichen Privilegierung der Pauschale steht.

60

Bei der auf § 193 SGG beruhenden Kostentscheidung hat der Senat berücksichtigt, dass die Klägerin mit ihrem eigentlichen Anliegen in der Sache nicht durchgedrungen ist. Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren die ursprüngliche - ausdrücklich nur als vorläufige ausgewiesene - Berechnung nach Auswertung weiterer von der Klägerin vorgelegter Unterlagen durch die endgültige für die Klägerin etwas günstigere Festsetzung ersetzt hat, beinhaltet dies keinen für die Klägerin im Rahmen der Kostenentscheidung zu berücksichtigenden Teilerfolg, da die Beklagte von vornherein eine entsprechende Überprüfung nach Vorlage weiterer insbesondere steuerrechtlicher Unterlagen angekündigt hatte und die Klägerin ausweislich des Telefonvermerks der Beklagten vom 24. Januar 2012 selbst zunächst ausdrücklich darum gebeten hatte, von dieser weiteren Prüfung vorerst Abstand zu nehmen.

61

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.