Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 03.06.2014, Az.: 12 K 39/12
Anforderungen an die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens bei Geldanlagen von Freiberuflern
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 03.06.2014
- Aktenzeichen
- 12 K 39/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2014, 35193
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2014:0603.12K39.12.0A
Rechtsgrundlagen
- § 4 Abs. 1 EStG
- § 4 Abs. 3 EStG
Fundstellen
- BB 2015, 1520-1521
- StBW 2015, 769-770
Amtlicher Leitsatz
Zu den Anforderungen an die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens bei Geldanlagen von Freiberuflern.
Tatbestand
Strittig ist, ob der Erlös aus der Veräußerung von Aktien im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit der Klägerin zu erfassen ist.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Es handelt sich hierbei um den Zusammenschluss von Ingenieuren, Biologen und Geoökologen mit einem Büro für technische Fachplanung. Die Klägerin erzielt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Ihren Gewinn ermittelt sie durch Einnahme-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Der Beklagte veranlagte die Klägerin zunächst mit Bescheid für 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 07.02.2008 im Wesentlichen erklärungsgemäß. Dieser Bescheid erging gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Der Beklagte führte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Der Prüfer stellte fest, dass im Prüfungszeitraum auf den Namen der Klägerin ein Wertpapierdepot bei der Sparkasse C geführt wurde. Das Depot enthielt u.a. Aktien der X-AG und der Y-AG, die in den Jahren 1997/1998 angeschafft und aus Praxiseinnahmen bezahlt worden waren.
Die Klägerin buchte die jährlichen Dividenden als betriebliche Erträge und übernahm diese in ihre Einnahme-Überschuss-Rechnung. Die Erträge aus der Veräußerung dieser Wertpapiere im Jahre 2006 sah die Klägerin dagegen nicht als betrieblich an.
Dies beanstandete die Außenprüfung. Der Prüfer vertrat die Auffassung, die Veräußerung der Wertpapiere sei ein betrieblicher Vorgang und ermittelte einen Veräußerungsgewinn i.H.v. 16.526,80 EUR. Die Einkünfte der Klägerin erhöhte er gemäß § 3 Nr. 40 und § 3 c Abs. 2 EStG im sog. Halbeinkünfteverfahren um 8.263,40 EUR.
Der Beklagte folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ am 22.04.2009 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO entsprechend geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2006.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein mit der Begründung, der Veräußerungsgewinn sei unberücksichtigt zu lassen, weil dieser nicht steuerpflichtig sei. Die Wertpapiere hätten nicht in das Betriebsvermögen eingelegt werden dürfen. Sie beruft sich hierzu auf das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 25.09.2008, 15 K 1235/04. Gegen dieses Urteil sei eine Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) unter dem Aktenzeichen VIII R 18/09 anhängig. Der Beklagte stellte das Einspruchsverfahren mit Zustimmung der Klägerin ruhend bis zur Entscheidung des BFH über dieses Verfahren. Dieser entschied in diesem Verfahren durch Urteil vom 08.02.2011. Daraufhin nahm der Beklagte das Verfahren wieder auf.
Die Klägerin verwies auf ein weiteres Verfahren beim BFH unter dem Aktenzeichen VIII R 1/08. In seinem Urteil vom 17.05.2011 habe der BFH entschieden, dass Wertpapiere in das Betriebsvermögen eines Arztes eingelegt werden könnten, wenn ihre Anschaffung, das Halten und ihr Verkauf ein Hilfsgeschäft der freiberuflichen Tätigkeit darstellten, zum Beispiel in Form eines verbindlich vereinbarten Finanzierungskonzepts für den ärztlichen Betrieb. Der BFH verwies das Verfahren zurück an das Finanzgericht Baden-Württemberg, um fehlende tatsächliche Feststellungen im konkreten Fall nachzuholen. Die Klägerin beantragte, das Einspruchsverfahren zumindest bis zur Entscheidung des Finanzgerichts Baden-Württemberg weiter ruhen zu lassen. Der Beklagte lehnte diesen Antrag ab.
Mit Einspruchsentscheidung vom 23.12.2011 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Erlös aus der Veräußerung der streitbefangenen Wertpapiere sei zu Recht als Betriebseinnahme der Klägerin erfasst worden. Der BFH habe in den beiden oben angeführten Urteilen entschieden, dass Wertpapiere unter bestimmten Voraussetzungen dem gewillkürten Betriebsvermögen eines Freiberuflers zugeordnet werden könnten. Nach dem BFH-Urteil vom 08.02.2011, VIII R 18/09 müssten die Wertpapiere ihrer Art nach objektiv geeignet sein, dem Betrieb zu dienen, ihn zu fördern und subjektiv von ihrem Eigentümer dazu bestimmt sein. Dies erfordere einen nach außen erkennbaren -eindeutig nach außen verbindlich manifestierten, d.h. unmissverständlich, zeitnah und unumkehrbar dokumentierten- Widmungsakt des Wirtschaftsguts für den Einsatz zur Erzielung freiberuflicher Einkünfte (BFH vom 23.04.2009, IV R 87/05). Nach dem BFH-Urteil vom 17.05.2011, VIII R 1/08 könnten Wertpapiere in das Betriebsvermögen eines Arztes eingelegt werden, wenn ihre Anschaffung, das Halten und ihr Verkauf ein Hilfsgeschäft der freiberuflichen Tätigkeit darstellen, zum Beispiel in Form eines verbindlich vereinbarten Finanzierungskonzepts für den ärztlichen Betrieb.
Die Prüfung, ob diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind, sei bereits deshalb nicht erforderlich, weil es sich bei der Klägerin um eine Personengesellschaft handele, die nach ständiger Rechtsprechung des BFH und der Finanzgerichte kein gewillkürtes Betriebsvermögen haben könne (BFH vom 30.06.1987, VIII R 353/82, 27.04.1990, X B 11/89, 20.05.1994, VIII B 115/93 und vom 09.05.1996, IV R 64/93, und FG Hamburg vom 23.02.2000, VII 197/97). Bei einer GbR werde ein Wirtschaftsgut dadurch Betriebsvermögen, dass ein örtlicher Bezug zum Betrieb hergestellt werde. Sei ein Wirtschaftsgut Betriebsvermögen geworden, verliere es diese Eigenschaft bis zur Betriebsbeendigung nur durch Lösung des persönlichen oder betrieblichen Zusammenhangs, zum Beispiel durch Veräußerung gegen Entgelt. Das Ausscheiden eines Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen durch Veräußerung führe in der Regel im Wirtschaftsjahr des Ausscheidens zur Aufdeckung und Besteuerung der stillen Reserven. Vorliegend habe die Klägerin die Wertpapiere auf den Namen der Gemeinschaft erworben, aus gemeinsamen Mitteln bezahlt und als Gemeinschaft veräußert. Die Wertpapiere seien auch buchmäßig dem Betrieb zugeordnet worden, so dass von Betriebsvermögen und nicht von Privatvermögen auszugehen sei. Der Veräußerungsgewinn sei als Betriebseinnahme der Klägerin zu erfassen.
Hiergegen richtet sich die erhobene Klage.
Zur Klagebegründung macht die Klägerin geltend: Die streitbefangenen Wertpapiere gehörten nach Auffassung der aktuellen Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 17.05.2011, VIII R 1/08 i.V.m. dem Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 11.10.2007, V K 231/04) nicht zum Betriebsvermögen der Klägerin.
Die Klägerin vertritt die Ansicht, der Veräußerungsgewinn sei nicht im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte anzusetzen. Die Tatsache, dass die Erträge aus den streitbefangenen Wertpapieren in der Einnahme-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG der Klägerin enthalten seien, sei nicht entscheidend, da ihre Verbuchung im vorliegenden Fall lediglich aus Vereinfachungsgründen erfolgt sei.
In dem Urteil des BFH vom 17.05.2011, VIII R 1/08 sei darauf hingewiesen worden, dass sich Geldgeschäfte von Freiberuflern -zu denen auch die Wertpapiergeschäfte der Klägerin zählten- nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen als betriebliche Vorgänge darstellen ließen. Maßgeblich seien ausschließlich betriebliche Gründe, um die Geldgeschäfte als Betriebsvermögen zu qualifizieren. Ein solcher Zusammenhang werde insbesondere nicht gesehen, wenn Wertpapiere aus betrieblichen Mitteln erworben worden seien und diese nicht im Zusammenhang mit der Absicherung von betrieblichen Darlehen verwendet würden, noch dass die Geldgeschäfte in der Gewinnermittlung ausgewiesen worden seien. Unter Beachtung dieses Urteils seien die Geldgeschäfte der Klägerin grundsätzlich getrennt von den sonstigen freiberuflichen Einkünften der Klägerin zu beurteilen.
Der Klägerin sei es bei den Geldgeschäften ausschließlich auf den Ertrag aus den Kapitalanlagen angekommen. Nach dem BFH-Urteil vom 17.05.2011, VIII R 1/08 sei auch der Hinweis des Beklagten auf die mögliche Liquiditätsreserve, die die Klägerin gebildet haben solle, da sie ohne konkrete Investitionsplanung vorgetragen worden sei, kein Grund, um Hilfsgeschäfte für die freiberufliche Tätigkeit der Klägerin zu begründen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid für 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen in der Fassung des Einspruchsbescheides dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus selbständiger Arbeit um insgesamt 8.263,40 EUR niedriger festgesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner bereits im Einspruchsverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest.
Mit der Erfassung der Dividenden in den Einnahme-Überschuss-Rechnungen habe die Klägerin die Zuordnung der Wertpapiere zum Betriebsvermögen nach außen hin getroffen. Die Wertpapiere stellten für die Klägerin eine Kapital-/ Liquiditätsreserve dar. Gleichzeitig dienten die Wertpapiere der Klägerin als Renditeobjekte.
Das Gericht hat mit Beschluss vom ... die im Streitjahr aus der Klägerin ausgeschiedene Gesellschafterin ... gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO notwendig zum Klageverfahren beigeladen. Sowohl die Klägerin und der Beklagte als auch die Beigeladene haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte mit Einverständnis aller Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).
I. Die Klage ist begründet.
Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2006 in Gestalt des Einspruchsbescheides ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
Der Beklagte hat zu Unrecht den Gewinn aus der Veräußerung von Wertpapieren i.H.v. 16.526,80 EUR gemäß § 3 Nr. 40 und § 3 c Abs. 2 EStG nach dem sog. Halbeinkünfteverfahren i.H.v. 8.263,40 EUR gewinnerhöhend berücksichtigt.
1. Die Veräußerung der streitbefangenen Wertpapiere stellt keinen betrieblichen Vorgang dar.
Unstreitig ist, dass die Klägerin als Personengesellschaft (anders als eine Kapitalgesellschaft) auch andere als gewerbliche -wie vorliegend selbständige- Einkünfte erzielen kann. Das zum Betrieb der Klägerin eingesetzte Vermögen zählt daher zum nichtgewerblichen Betriebsvermögen.
Gegenstand des Betriebsvermögens, das für die Gewinnermittlung gemäß §§ 4 Abs. 1, 5 EStG zugrunde zu legen ist, können Wirtschaftsgüter aller Art sein. Betriebsvermögen wird herkömmlich in notwendiges und gewillkürtes Betriebsvermögen unterteilt. Wirtschaftsgüter, die nach Art und Einsatz im Betrieb eine besonders enge betriebliche Beziehung aufweisen, sind dem notwendigen Betriebsvermögen zuzuordnen. Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige für Zwecke der privaten Lebensführung verwendet, sind (notwendiges) Privatvermögen. Fehlt eine solche eindeutige Beziehung zum einen oder anderen Bereich, steht es dem Unternehmer weitgehend frei zu bestimmen, ob er das zunächst neutrale Wirtschaftsgut der Förderung betrieblicher Zwecke widmen will oder nicht (Heinicke in Schmidt, EStG, Kommentar, 33. Aufl. 2014, § 4 Rn. 103). Ein Wirtschaftsgut kann zum (gewillkürten) Betriebsvermögen gehören, wenn es objektiv geeignet und vom Betriebsinhaber subjektiv dazu bestimmt ist, den Betrieb zu fördern und ihm zu dienen (BFH-Urteile vom 15.07.1960, VI 10/60 S, BStBl III 1960, 484; vom 15.04.1981, IV R 129/78, BStBl II 1981, 618). Die Steuerpflichtigen haben kein freies Wahlrecht, gewillkürtes Betriebsvermögen oder Privatvermögen zu bilden. Vielmehr muss auch die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens betrieblich veranlasst sein; sie muss ihr auslösendes Moment im Betrieb haben. Deshalb muss der Steuerpflichtige darlegen, welche Beziehung das Wirtschaftsgut zum Betrieb hat und welche vernünftigen wirtschaftlichen Überlegungen ihn veranlasst haben, das Wirtschaftsgut als Betriebsvermögen zu behandeln (BFH-Urteil vom 24.02.2000, IV R 6/99, BStBl II 2000, 297).
Im Streitfall ist die Behandlung der Wertpapiere als Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens nicht von vornherein deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin den Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnung ermittelt. Nach neuerer Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, gelten diese Grundsätze auch bei Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG. Eine unterschiedliche Behandlung von notwendigem und gewillkürtem Betriebsvermögen bei den einzelnen Gewinnermittlungsarten ist vom Gesetz nicht gedeckt, das in § 4 Abs. 3 EStG keinen anderen Betriebsvermögensbegriff anordnet als § 4 Abs. 1 EStG. Eine Differenzierung nach der Gewinnermittlungsart führte zu unterschiedlichen Gesamtgewinnen, für die es keine sachliche Rechtfertigung gibt (BFH-Urteil vom 02.10.2003, IV R 13/03, BStBl II 2004, 985).
a. Wirtschaftsgüter gehören zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie dem Betrieb dergestalt unmittelbar dienen, dass sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sind; dabei wird nicht vorausgesetzt, dass sie für den Betrieb notwendig im Sinne von "erforderlich" sind (BFH-Urteile vom 01.10.1981, IV R 147/79, BStBl II 1982, 250; vom 03.10.1989, VIII R 328/84, BFH/NV 1990, 361; Schmidt/Heinicke, EStG, 33. Aufl. 2014, § 4 Rn. 104). Abzustellen ist auf die tatsächliche Zweckbestimmung, also die konkrete Funktion des Wirtschaftsguts im Betrieb (vgl. BFH-Urteil vom 22.01.1981, IV R 107/77, BStBl II 1981, 564, 566).
Nach ihrer tatsächlichen Zweckbestimmung sind die streitbefangenen Wertpapiere grundsätzlich nicht zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb der Klägerin (technische Fachplanung) bestimmt, so dass sie nicht als notwendiges Betriebsvermögen einzustufen sind. Die Qualifizierung als notwendiges Betriebsvermögen scheitert daran, dass die streitbefangenen Wertpapiere nicht dem Betrieb der technischen Fachplanung der Klägerin in dem Sinne dienen, dass sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sind.
Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb wesensfremd sind und bei denen eine eindeutige sachliche Beziehung zum Betrieb fehlt, können kein Betriebsvermögen sein (Urteile des BFH vom 23.09.2009, IV R 5/07, BFH/NV 2010, 612 m.w.N.; vom 28.07.1994, IV R 80/92, BFH/NV 1995, 288 m.w.N.).
Auch wenn die streitbefangenen Wertpapiere vorliegend Gesamthandsvermögen darstellen, sind sie dadurch nicht zwingend notwendiges Betriebsvermögen.
b. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH können auch Freiberufler grundsätzlich gewillkürtes Betriebsvermögen bilden (BFH-Urteil vom 02.10.2003, IV R 13/03, BStBl II 2004, 985 m.w.N. zur früheren abweichenden Rechtsprechung). Dies gilt für Geldgeschäfte -wie vorliegend der Erwerb von Wertpapieren- aber nur, wenn dafür ausschließlich betriebliche Gründe maßgeblich sind (BFH-Beschluss vom 10.06.1998, IV B 54/97, BFH/NV 1998, 1477 unter Bezugnahme auf BFH-Urteil vom 24.08.1989, IV R 80/88, BStBl II 1990, 17, und unter Aufgabe der früheren Auffassung in den Urteilen vom 22.01.1981, IV R 107/77, BStBl II 1981, 564; vom 15.12.1999, XI R 11/99, BFH/NV 2000, 708; vom 23.09.2009, IV R 14/07, BStBl II 2010, 227; BFH-Beschlüsse vom 26.09.2007, VIII B 216/06, BFH/NV 2008, 42; vom 29.01.2009, III B 123/07, BFH/NV 2009, 916).
Da eine selbständige Tätigkeit i.S.d. § 18 EStG dadurch charakterisiert ist, dass die eigene Arbeitskraft sowie das geistige Vermögen eingesetzt und in der Regel durch eine besonders qualifizierte Ausbildung erworbene Kenntnisse verwertet werden, nicht dagegen durch einen erheblichen Kapitaleinsatz, sind an den Nachweis der Betriebsbezogenheit bei der Bildung gewillkürten Betriebsvermögens strenge Anforderungen zu stellen, wenn Geldanlagen als gewillkürtes Betriebsvermögen eines Freiberuflers behandelt werden sollen (BFH-Urteil vom 24.02.2000, IV R 6/99, BStBl II 2000, 297; BFH-Urteil vom 31.05.2001, IV R 49/00, BStBl II 2001, 828 [BFH 31.05.2001 - IV R 49/00]). Denn Geldgeschäfte, die ihrer Art nach zu Einkünften i.S.d. § 20 EStG führen, können zwar gewerbliche Einkünfte sein, erfüllen aber regelmäßig nicht die Anforderungen an eine selbständige Tätigkeit i.S.d. § 18 EStG.
Für einen derartigen unmittelbaren Zusammenhang der Wertpapiere mit dem freiberuflichen Betrieb reicht es weder aus, dass die Wertpapiere aus betrieblichen Mitteln erworben worden sind (BFH-Urteil vom 17.05.2011, VIII R 1/08, BStBl II 2011, 862 unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 06.03.1991, X R 57/88, BStBl II 1991, 829), noch dass sie in der Gewinnermittlung ausgewiesen sind (BFH-Urteil vom 17.05.2011, VIII R 1/08, BStBl II 2011, 862 unter Hinweis auf den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 04.07.1990, GrS 2-3/88, BStBl II 1990, 817), noch dass sie als Sicherheit für betriebliche Schulden dienen (BFH-Urteil vom 17.05.2011, VIII R 1/08, BStBl II 2011, 862 unter Hinweis auf BFH-Urteile vom 04.04.1973, I R 159/71, BStBl II 1973, 628; vom 10.11.2004, XI R 32/01, BStBl II 2005, 431; vom 17.01.2006, VIII R 60/02, BStBl 2006, 434).
Daher sind Geldgeschäfte, die ihrer Art nach zu Einkünften i.S. des § 20 EStG führen, der persönlichkeitsbezogenen freiberuflichen Tätigkeit grundsätzlich wesensfremd und daher grundsätzlich getrennt von der freiberuflichen Tätigkeit zu beurteilen (BFH-Urteil vom 17.05.2011, VIII R 1/08, BStBl II 2011, 862 unter Hinweis auf BFH-Urteile vom 23.05.1985, IV R 198/83, BStBl II 1985, 517; vom 31.05.2001, IV R 49/00, BStBl II 2001, 828; vom 12.01.2010, VIII R 34/07, BStBl II 2010, 612), insbesondere wenn es dem Steuerpflichtigen im Wesentlichen auf den Ertrag aus der Kapitalanlage ankommt (BFH-Urteil vom 12.01.2010, VIII R 34/07, BStBl II 2010, 612 m.w.N.). Den Einkünften aus selbständiger Arbeit sind sie nur zuzurechnen, wenn sie als Hilfsgeschäft zur freiberuflichen Tätigkeit angesehen werden können.
Ein solches Hilfsgeschäft kann z.B. vorliegen, wenn ein als Sicherheit für betriebliche Schulden verpfändetes Wertpapierdepot in seiner Verwendung so festgelegt ist, dass es aus der Sicht der kreditgebenden Bank untrennbarer Bestandteil eines Finanzierungskonzepts für den freiberuflichen Betrieb ist, das über die Verwendung des Depots als Kreditsicherheit hinausgeht (BFH-Urteil vom 03.03.2011, IV R 45/08, BStBl II 2011, 552 zum Abschluss einer Lebensversicherung durch eine Personengesellschaft, um Mittel für die Tilgung betrieblicher Kredite anzusparen).
Der Charakter als Hilfsgeschäft der freiberuflichen Tätigkeit kann nicht allein aus dem Einsatz des Wertpapiergeschäftes als beabsichtigte Liquiditätsreserve -ohne konkrete Investitionsplanung- gefolgert werden (Urteil des BFH vom 17.05.2011, VIII R 1/08, BStBl II 2011, 862). Allein die Absicht des Innehabens einer Liquiditätsreserve genügt insoweit nicht.
Diesen Grundsätzen folgend sind nach Ansicht des erkennenden Senates die streitbefangenen Wertpapiere nicht als gewillkürtes Betriebsvermögen der freiberuflich tätigen Klägerin zu qualifizieren.
Die Klägerin trägt selbst vor, dass es ihr bei den Geldgeschäften ausschließlich auf den Ertrag aus den Kapitalanlagen angekommen ist. Indizien, die gegen diese Absicht sprechen, hat der Beklagte im Rahmen der Außenprüfung nicht festgestellt.
Die Tatsache, dass die streitbefangenen Wertpapiere aus Praxiseinnahmen angeschafft und die Dividenden in der Einnahme-Überschuss-Rechnung der Klägerin erfasst worden sind, genügt nach der oben zitierten Rechtsprechung nicht, um einen unmittelbaren Zusammenhang mit der freiberuflichen Tätigkeit anzunehmen.
Auch kann der Charakter als Hilfsgeschäft der freiberuflichen Tätigkeit nicht allein aus dem Einsatz des Wertpapiergeschäftes als beabsichtigte Liquiditätsreserve -ohne konkrete Investitionsplanung- gefolgert werden (Urteil des BFH vom 17.05.2011, VIII R 1/08, BStBl II 2011, 862). Die Einbeziehung der Wertpapiere in eine konkrete Investitionsplanung (z.B. Anschaffung von Büromöbeln o.ä.) ist weder vorgetragen noch lässt sich eine solche nach Aktenlage erkennen. Wofür der Gewinn aus der Veräußerung der Wertpapiere verwendet worden ist, lässt sich gerade nicht erkennen. Die Absicht des Innehabens einer Liquiditätsreserve bzw. die bloße Verstärkung des Betriebskapitals genügt insoweit vorliegend jedenfalls nicht.
2. Die dargestellten Rechtsgrundsätze gelten nach Ansicht des erkennenden Senates auch für Personengesellschaften.
Der Beklagte weist zutreffend daraufhin, dass der BFH in der Vergangenheit entschieden hat, dass Personengesellschaften kein gewillkürtes Betriebsvermögen haben können (so: BFH-Beschlüsse vom 27.4.1990, X B 11/89, BFH/NV 1990; vom 20.5.1994 VIII B 115/93, BFH/NV 1995, 101), wohl aber in Ausnahmefällen notwendiges Privatvermögen (Urteil des BFH vom 13.10.1998, VIII R 61/96, BFH/NV 1999, 463). Dies kann z.B. der Fall sein, wenn ein Wirtschaftsgut einer Personengesellschaft erkennbar keinen Nutzen, sondern nur Nachteile bringen kann (BFH-Urteil vom 9.5.1996, IV R 64/93, BStBl II 1996, 642).
Eine Qualifizierung als notwendiges Privatvermögen scheidet hier vor dem Hintergrund aus, dass nicht von vornherein erkennbar gewesen ist, dass die streitbefangenen Wertpapiere der Klägerin erkennbar keinen Nutzen, sondern nur Nachteile gebracht hätten. Es ist gerade nicht von vornherein erkennbar gewesen, dass der Klägerin eine Betriebsschädlichkeit drohte, die eine Qualifizierung als notwendiges Privatvermögen gerechtfertigt hätte, da die Klägerin keine außergewöhnlich riskanten oder spekulativen Wertpapieranlagen gewählt hat, sondern Aktien der X-AG und der Y-AG als große renommierte Firmen mit stabilen Wertentwicklungen (vgl. zu Options- und Devisengeschäften: BFH-Urteil vom 19.02.1997, XI R 1/96, BStBl II 1997, 399).
An der Aussage, dass Personengesellschaften kein gewillkürtes Betriebsvermögen haben können, hält der BFH nach Ansicht des erkennenden Senates nicht uneingeschränkt fest.
In seinem Urteil vom 20.04.1999, VIII R 63/96, BStBl II 1999, 466 entschied der BFH im Falle einer gewerblich tätigen Kommanditgesellschaft (KG), dass die Zuordnung branchenuntypischer Geschäfte (im entschiedenen Fall: risikobehaftete (Devisen-) Termingeschäfte) zum gewillkürten Betriebsvermögen nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint; insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich Verluste nicht bereits bei Abschluss der betreffenden Terminkontrakte abgezeichnet hätten.
Da -wie bereits ausgeführt- nicht von vornherein erkennbar gewesen ist, dass die streitbefangenen Wertpapiere der Klägerin keinen Nutzen bringen würden, was sie letztendlich auch nicht taten, da aus deren Veräußerung im Jahre 2006 ein Gewinn i.H.v. 16.528,80 EUR erzielt worden ist, steht dies der grundsätzlichen Annahme des Senates, dass gewillkürtes Betriebsvermögen auch bei der Klägerin angenommen werden kann, nicht entgegen.
Da die Zuordnung der streitbefangenen Wertpapiere vorliegend jedoch an den von der Rechtsprechung des BFH aufgestellten strengen Anforderungen, die an die Bildung gewillkürten Betriebsvermögens von Geldanlagen bei Freiberuflern zu stellen sind, scheitert, ist der Klage stattzugeben.
II. Die Kostenentscheidung ergeht nach § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gemäß §§ 151 Abs. 3, 155 Satz 1 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
III. Eine Kostenerstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen (vgl. § 139 Abs. 4 FGO) kommt nicht in Betracht, da die Beigeladene keinen eigenen Sachantrag gestellt und das Verfahren nicht wesentlich gefördert hat.
IV. Die Entscheidung über die Zulassung der Revision folgt aus § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.