Finanzgericht Niedersachsen
v. 10.06.2014, Az.: 5 K 95/12
Tätigkeitsmöglichkeiten eines vom Finanzamt gem. § 80 Abs. 5 AO zurückgewiesenen Bevollmächtigten bis zur Zurückweisung durch das Gericht
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 10.06.2014
- Aktenzeichen
- 5 K 95/12
- Entscheidungsform
- Teilurteil
- Referenz
- WKRS 2014, 18730
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2014:0610.5K95.12.0A
Rechtsgrundlagen
- § 80 Abs. 5 AO
- § 62 Abs. 3 FGO
Amtlicher Leitsatz
Wird ein Bevollmächtigter vom Finanzamt nach § 80 Abs.5 AO zurückgewiesen, kann er bis zur Zurückweisung durch das Gericht nach § 62 Abs. 3 FGO in einem sich anschließenden gerichtlichen Verfahren wirksam Prozesshandlungen vornehmen.
Tatbestand
Die Klägerin gab für das Streitjahr 2009 eine Umsatzsteuer-Erklärung ab, in der sie umsatzsteuerpflichtige Leistungen, steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen und Ausfuhrlieferungen erklärte. Diese Erklärung stand einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.
In der Umsatzsteuer-Erklärung war angegeben, dass die R. Steuerberatungsgesellschaft Ltd. bei der Anfertigung der Steuer-Erklärung mitgewirkt habe. Mit Beschluss vom 28.01.2011 wies das FA die R. Steuerberatungsgesellschaft Ltd. als Bevollmächtigte nach § 80 Abs. 5 AO zurück.
Mit Bescheid vom 07.03.2012 erteilte das Finanzamt (FA) einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Umsatzsteuerbescheid, mit dem es die von der Klägerin steuerfrei erklärten Umsätze als steuerpflichtige Umsätze erfasste.
Die Klägerin hat gegen diesen Bescheid, vertreten durch R. Steuerberatungsgesellschaft Ltd., Sprungklage erhoben, der das FA zugestimmt hat.
Mit Beschluss vom 04.02.2013 hat der Senat die damalige Prozessbevollmächtigte als Bevollmächtigte zurückgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
den geänderten Umsatzsteuerbescheid 2009 vom 07.03.2012 aufzuheben und die Klägerin, wie beantragt, zu veranlagen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage als unzulässig abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Klage unzulässig sei, da sie durch die bereits im Verwaltungsverfahren als Bevollmächtigten zurückgewiesen R. Steuerberatungsgesellschaft Ltd. erhoben worden sei.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig.
1. Der Senat hält es für sachgerecht, nach § 97 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) über die Zulässigkeit der Klage durch Zwischenurteil vorab zu entscheiden.
2. Der Beschluss des Senats vom 04.02.2013, mit dem er die vormalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin zurückgewiesen hat, steht der wirksamen Klageerhebung nicht entgegen. Denn die Befugnis, als Bevollmächtigte aufzutreten, entfällt erst mit Ergehen des Beschlusses. Erst ab diesem Zeitpunkt kann der Bevollmächtigte keine wirksamen Prozesshandlungen mehr vornehmen (vgl. Stapperfend in Gräber, Kommentar zur Finanzgerichtsordnung 7. Auflage 2010 § 62 Tz. 48 m. w. N. auf die Rechtsprechung).
3. Die vom FA ausgesprochene Zurückweisung für das Verwaltungsverfahren führt nicht zum Ausschluss der vormaligen Prozessbevollmächtigten für das Klageverfahren.
Nach Auffassung des 6. Senats des Niedersächsischen Finanzgerichts (z. B. Urteil vom 26.11.2009 6 K 530/08, EFG 2010, 541) und der dort zitierten Kommentarliteratur wirkt sich die Zurückweisung eines Bevollmächtigten nach § 80 Abs. 5 AO nur für das jeweilige Verfahren und nur für den jeweiligen Verfahrensabschnitt aus. Der Senat schließt sich dieser Auffassung für den hier zu beurteilenden Sachverhalt an. Zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des den Beteiligten bekannten Urteils des 6. Senats des Niedersächsischen Finanzgerichts Bezug genommen. Der Senat ist der Auffassung, dass eine Zurückverweisung eines Bevollmächtigten nach § 80 Abs. 5 AO durch die Verwaltungsbehörde nur für das Verwaltungsverfahren gelten kann. Die Finanzbehörde kann nicht über die Zulässigkeit von Prozesshandlungen im finanzgerichtlichen Verfahren entscheiden. Denn die Entscheidung, ob ein Prozessbevollmächtigter für das finanzgerichtliche Verfahren zurückzuweisen ist, obliegt nach § 62 Abs. 3 FGO dem Finanzgericht.
4. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.