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  • ab 01.03.2016 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 3 AhndErl - Bußgeldbescheid

Bibliographie

Titel
Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten durch die Verwaltungsbehörden (Ahndungserlass)
Redaktionelle Abkürzung
AhndErl,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
21011

3.1
Allgemeines

Der Erlass eines Bußgeldbescheides setzt voraus, dass die Bußgeldbehörde nach Aufklärung des Sachverhalts und Anhörung der betroffenen Person eine Verkehrsordnungswidrigkeit für erwiesen, Verfolgungshindernisse für nicht gegeben und die Ahndung mit einer Geldbuße nach pflichtgemäßem Ermessen für geboten hält (§§ 65, 66 OWiG). Bei Zweifeln darf die Bußgeldbehörde einen Bußgeldbescheid nicht erlassen.

Vor Erlass eines Bußgeldbescheides ist, mit Ausnahme von Bagatelldelikten, eine Auskunft aus dem Fahreignungsregister einzuholen und zur Akte zu nehmen (einschließlich einer Negativauskunft).

3.2
Inhalt des Bußgeldbescheides

Der Inhalt eines Bußgeldbescheides ergibt sich aus § 66 OWiG, wobei

  • die Angaben zur betroffenen Person,

  • ggf. Namen und Anschrift einer Verteidigerin oder eines Verteidigers,

  • die Bezeichnung der Tat in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht,

  • die Beweismittel,

  • die angeordneten Rechtsfolgen,

  • die Rechtsbehelfsbelehrung,

  • die Zahlungsaufforderung sowie

  • der Hinweis auf den oder die im Fahreignungsregister einzutragenden Punkt oder Punkte

bestimmte Merkmale sind. Daneben hat der Bußgeldbescheid eine Kostenentscheidung zu enthalten (§ 105 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 464 Abs. 1 StPO) sowie bei der Anordnung eines Fahrverbots einen Hinweis auf die direkte Übermittlung des Führerscheins an die anordnende Bußgeldbehörde und auf die grundsätzliche Nichtannahme durch die Polizei.

Die Personalien der betroffenen Person sind so zu bezeichnen, dass keine Zweifel über die Identität entstehen können. Anzugeben sind der Familienname (ggf. Geburtsname), der Vorname - soweit vorhanden, mehrere Vornamen -, das Geburtsdatum, der Geburtsort und der Wohnort (Straße oder Platz, Hausnummer, Postleitzahl, Ort).

Die Angabe der Beweismittel soll hinreichend erkennen lassen, auf welche Beweise sich der erhobene Tatvorwurf stützt.

3.3
Höhe der Geldbuße

Die Höhe der festzusetzenden Geldbuße ergibt sich aus dem BT-KAT-OWI in der jeweils geltenden Fassung.

Die im BT-KAT-OWI angegebenen Bußgeldbeträge sind Regelsätze, die bei etwaigen Eintragungen von Zuwiderhandlungen der betroffenen Person im Fahreignungsregister angemessen zu erhöhen sind. Sie können weiterhin angemessen erhöht oder ermäßigt werden, sofern der Bußgeldbehörde außergewöhnliche günstige oder außergewöhnliche ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse der betroffenen Person bekannt sind.

Auf die Erläuterungen der Nummer 7 BT-KAT-OWI (Höhe der Geldbußen und der Verwarnungsgelder) wird verwiesen.

Wegen weiterer möglicher Abweichungen von Regelsätzen wird auf § 3 Abs. 3 bis 6 BKatV verwiesen.

Ist der betroffenen Person nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen ausnahmsweise nicht zuzumuten, die Geldbuße sofort oder in voller Höhe zu zahlen, hat die Bußgeldbehörde von Amts wegen die Möglichkeit, nach Maßgabe der §§ 17 und 18 OWiG Zahlungserleichterungen zu gewähren. Die Zahlungserleichterungen können auch nach Erlass des Bußgeldbescheides bewilligt werden, solange der Bescheid noch nicht rechtskräftig ist.

Für die Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten, die im BT-KAT-OWI nicht genannt sind, ist die Höhe der Geldbuße in Anlehnung an vergleichbare Tatbestände des BT-KAT-OWI zu bestimmen.

3.4
Fahrverbot

3.4.1 Anordnung des Fahrverbots

Ein Fahrverbot kommt in der Regel in Betracht, wenn

  • es im BT-KAT-OWI vorgesehen ist (§ 4 Abs. 1 BKatV),

  • die betroffene Person sonst unter besonders grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten einer Kraftfahrzeugführerin oder eines Kraftfahrzeugführers gehandelt hat (§ 25 Abs. 1 Satz 1 StVG) oder

  • gegen die Führerin oder den Führer eines Kraftfahrzeugs wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h bereits eine Geldbuße rechtskräftig festgesetzt worden ist und sie oder er innerhalb eines Jahres seit Rechtskraft der Entscheidung eine weitere Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h begeht (§ 4 Abs. 2 BKatV).

Ein Fahrverbot ist in der Regel anzuordnen, wenn gegen eine betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG eine Geldbuße festgesetzt wird (§ 25 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 4 Abs. 3 BKatV).

Eine grobe Pflichtverletzung liegt vor, wenn eine betroffene Person besonders verantwortungslos gehandelt hat. In den im BT-KAT-OWI aufgeführten Regelfällen ist diese Voraussetzung gegeben. Eine beharrliche Pflichtverletzung liegt neben den Fällen des Absatzes 1 dritter Spiegelstrich vor, wenn die betroffene Person innerhalb der letzten zwei Jahre mindestens dreimal in das Fahreignungsregister eingetragen oder gegen sie innerhalb der letzten zwölf Monate ein Fahrverbot verhängt worden ist. Eine Zuwiderhandlung gegen § 24a StVG ist als Wiederholungstat anzusehen, wenn sich aus dem Fahreignungsregister ergibt, dass die betroffene Person bereits wegen "Führens eines Kraftfahrzeugs unter Alkoholeinfluss bzw. unter der Wirkung eines berauschenden Mittels entsprechend der Anlage zu § 24a StVG" bestraft oder mit einer Geldbuße belegt worden ist.

Im Bußgeldbescheid muss die Art der Pflichtverletzung angegeben werden.

3.4.2 Absehen vom Fahrverbot

Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG kann das Fahrverbot auf bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen beschränkt werden. Danach kann auch beim Regelfahrverbot der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit es im Einzelfall gebieten, eine bestimmte Art von Kraftfahrzeugen (z. B. landwirtschaftliche Fahrzeuge, Lkw) auszunehmen.

Wird von der Anordnung des Fahrverbots wegen besonderer Umstände ausnahmsweise ganz abgesehen, so ist das für den betreffenden Tatbestand als Regelsatz vorgesehene Bußgeld angemessen zu erhöhen (§ 4 Abs. 4 BKatV), mindestens jedoch um 250 EUR. Dies gilt auch für die Herausnahme einer bestimmten Art von Kraftfahrzeugen. Hierfür ist das Bußgeld um mindestens 125 EUR zu erhöhen.

3.4.3 Dauer und Wirksamkeit des Fahrverbots

Das Fahrverbot ist grundsätzlich für die Dauer anzuordnen, die im BT-KAT-OWI angegeben ist. Kommt ein Fahrverbot bei Tatbeständen in Betracht, für die der BT-KAT-OWI kein Fahrverbot enthält, so ist seine Dauer nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen. Sie soll einen Monat nicht übersteigen, wenn es sich um die erstmalige Anordnung eines Fahrverbots wegen beharrlicher Verletzung der Pflichten einer Kraftfahrzeugführerin oder eines Kraftfahrzeugführers handelt.

Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung wirksam (§ 25 Abs. 2 Satz 1 StVG). In den Fällen des § 25 Abs. 2a StVG wird das Fahrverbot erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft. Die Verbotsfrist wird jedoch erst von dem Tag an gerechnet, an dem der Führerschein in amtliche Verwahrung genommen oder das Fahrverbot im ausländischen Fahrausweis vermerkt wird (§ 25 Abs. 5 StVG).

3.5
Zustellung des Bußgeldbescheides

Der Bußgeldbescheid ist der betroffenen Person zuzustellen (§ 50 Abs. 1 Satz 2, § 51 OWiG). Das Zustellungsverfahren richtet sich nach den Vorschriften des NVwZG vom 23. 2. 2006 (Nds. GVBl. S. 72) in der jeweils geltenden Fassung.

Ist die betroffene Person jugendlich, ist der Bußgeldbescheid gleichzeitig der vertretungsberechtigten und/oder erziehungsberechtigten Person formlos mitzuteilen (§ 51 Abs. 2 OWiG).

Lässt sich die betroffene Person durch eine Verteidigerin oder einen Verteidiger vertreten, sind die Bestimmungen des § 51 Abs. 3 bis 5 OWiG zu beachten.

In das EU-Ausland dürfen Bußgeldbescheide nach Artikel 5 des Übereinkommens - gemäß Artikel 34 des Vertrags über die Europäische Union vom Rat erstellt - über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 29. 5. 2000 (BGBl. II 2005 S. 651) (im Folgenden: EU-RhÜbk) unmittelbar durch die Post zugestellt werden (mit Ausnahme von Griechenland, Italien und Irland). Gemäß Artikel 5 Abs. 3 EU-RhÜbk ist die Urkunde (hier: Bußgeldbescheid) oder zumindest deren wesentlicher Inhalt in die Sprache oder eine der Sprachen des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet sich die Empfängerin oder der Empfänger aufhält bzw. in die von der Empfängerin oder vom Empfänger gesprochene Sprache (soweit die Sprache positiv bekannt ist) zu übersetzen. Nach Artikel 5 Abs. 4 EU-RhÜbk ist jeder Verfahrensurkunde ein Vermerk in der nach Artikel 5 Abs. 3 EU-RhÜbk maßgeblichen Sprache hinzuzufügen, so dass die Empfängerin oder der Empfänger sich bei der Behörde, die die Urkunde ausgestellt hat, oder bei anderen Behörden dieses Mitgliedstaats erkundigen kann, welche Rechte und Pflichten sie oder er im Zusammenhang mit der Urkunde hat.

Der wesentliche Inhalt von Bußgeldbescheiden bestimmt sich nach § 66 Abs. 1 und 2 OWiG.

3.6
Rechtskraft des Bußgeldbescheides und Mitteilung an das Kraftfahrt-Bundesamt

Ein Bußgeldbescheid wird oder bleibt rechtskräftig, wenn

  • die Einspruchsfrist abgelaufen ist,

  • die betroffene Person auf den Einspruch verzichtet oder ihn zurückgenommen hat,

  • der Einspruch unanfechtbar als unzulässig verworfen worden ist,

  • ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unanfechtbar verworfen worden ist oder

  • in Fällen des § 74 Abs. 2 OWiG der Einspruch vom Gericht durch Urteil verworfen wird.

Wird eine Geldbuße von mindestens 60 EUR festgesetzt oder ein Fahrverbot angeordnet, so teilt die Bußgeldbehörde ihre Entscheidung nach Rechtskraft unverzüglich dem Kraftfahrt-Bundesamt mit (§ 28 StVG). Daneben ist die für Eintragungen in das Fahreignungsregister in § 28a StVG getroffene Sonderregelung beim Abweichen vom BKat zu beachten.

Enthält der Bußgeldbescheid tateinheitlich begangene Zuwiderhandlungen, sind nur die registerpflichtigen Ordnungswidrigkeiten dem Kraftfahrt-Bundesamt mitzuteilen (d. h. Verkehrsordnungswidrigkeiten für die eine Geldbuße von mindestens 60 EUR vorgesehen sind). In der "Nachricht an das Kraftfahrt-Bundesamt" sind daher nichtregisterpflichtige Tatbestände (z. B. auch Verstöße gegen Sozialvorschriften im Straßenverkehr, Verstöße gegen Vorschriften über die Beförderung gefährlicher Güter) durch Schwärzen oder auf andere Weise unleserlich zu machen. In diesen Fällen ist auch die Gesamtgeldbuße nicht mitzuteilen und zur Erläuterung in die Mitteilung an das Kraftfahrt-Bundesamt folgender Hinweis aufzunehmen: "In Tateinheit mit nichtregisterpflichtiger(n) Ordnungswidrigkeit(en)".