Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 28.04.2011, Az.: 1 Ws 105/11
Es besteht ein Kostenerstattungsanspruch des Angeklagten gegenüber dem Nebenkläger bei dessen Anschluss an das Wiederaufnahmeverfahren
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 28.04.2011
- Aktenzeichen
- 1 Ws 105/11
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 16214
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2011:0428.1WS105.11.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hildesheim - 09.03.2011 - AZ: 18 Ns 13 Js 5410/09
Rechtsgrundlage
- § 473 Abs. 1 S. 1, 2 StPO
Fundstellen
- HRA 2011, 14-15
- JurBüro 2011, 424
- NStZ-RR 2011, 293
Verfahrensgegenstand
Vorsätzliche Körperverletzung
Hinweis
Hinweis: Verbundenes Verfahren
Verbundverfahren:
OLG Celle - 28.04.2011 - AZ: 1 Ws 149/11
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Der Angeklagte hat dem Nebenkläger, der sich dem Wiederaufnahmeverfahren angeschlossen hat, dessen dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten, wenn der Antrag auf Wiederaufnahme erfolgreich war, der Angeklagte in der erneuten Hauptverhandlung aber wiederum wegen eines Nebenklagedelikts verurteilt wird (hier: Wiederaufnahmeantrag mit dem Ziel der Verurteilung nur wegen vorsätzlicher Körperverletzung statt gefährlicher Körperverletzung).
- 2.
Zur Kostenverteilung, wenn die Berufungen des Angeklagten, der Staatsanwaltschaft und des Nebenklägers nach Wiederaufnahme des Verfahrens in der Berufungsinstanz erfolglos sind.
In der Strafsache
...
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft und des Nebenklägers
gegen
die Kostenentscheidung im Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 9. März 2010
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxxxxxxxxx,
den Richter am Oberlandesgericht xxxxxxxxxx und
den Richter am Oberlandesgericht xxxxxx
am 28. April 2011
beschlossen:
Tenor:
- I.
Die Kostenentscheidung im Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 9. März 2011 wird abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
- 1.
Der Angeklagte trägt die erstinstanzlichen Verfahrenskosten einschließlich der dem Nebenkläger insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
- 2.
Die Kosten des Wiederaufnahmeverfahrens trägt die Landeskasse einschließlich der dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 30. August 2007 - 1 Ws 255/07 - über Kosten und Auslagen im Beschwerdeverfahren bleibt unberührt. Dem Angeklagten fallen die dem Nebenkläger im Wiederaufnahmeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zur Last.
- 3.
Der Angeklagte trägt die Kosten seiner vor dem Landgericht Hannover und nach Wiederaufnahme vor dem Landgericht Hildesheim durchgeführten Berufung einschließlich der dem Nebenkläger hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.
- 4.
Die Kosten der Berufung der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten hierdurch und seine durch die Berufung des Nebenklägers entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
- 5.
Der Nebenkläger trägt die Kosten seiner Berufung.
- 6.
Die im Berufungsverfahren vor den Landgerichten Hannover und Hildesheim durch die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Nebenklägers entstandenen gerichtlichen Auslagen tragen die Staatskasse und der Nebenkläger je zur Hälfte.
- 7.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 27. Juni 2005 - 21 Ss 28/05 - über Kosten und Auslagen im früheren Revisionsverfahren bleibt unberührt.
- II.
Die Gebühr für die sofortige Beschwerde des Nebenklägers wird auf die Hälfte ermäßigt. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung im Beschwerdeverfahren nicht statt.
- III.
Die Entscheidung unterliegt keiner weiteren Anfechtung (§ 304 Abs. 4 S. 2 StPO).
Gründe
I.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 9. März 2010, dessen Kostenentscheidung Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, die Berufungen des Angeklagten und des Nebenklägers gegen das Urteil des Amtsgerichts S. vom 6. Dezember 2001 als unbegründet verworfen. Auf die im Übrigen erfolglose Berufung der Staatsanwaltschaft hat es die Tagessatzhöhe von 5.000,- DM auf 5.000,-EUR angehoben. Dem ging folgendes Verfahren voraus:
Das Amtsgericht S. hatte den Angeklagten wegen verschiedener Straftaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Für die in der zuletzt angefochtenen Entscheidung allein noch verfahrensgegenständliche Körperverletzung zum Nachteil des Nebenklägers hatte es eine Einzelstrafe von 40 Tagessätzen zu je 5.000,- DM verhängt. Auf die hiergegen gerichteten Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Nebenklägers hat das Landgericht Hannover den Angeklagten durch Urteil vom 25. November 2004 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 178 Tagessätzen zu je 2.500,-EUR verurteilt. Die als Berufung durchgeführte Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts S. verwarf das Landgericht Hannover. Die gegen das Urteil des Landgerichts Hannover gerichtete Revision nahm der Angeklagte am 23. Juni 2005 zurück. Auf seinen Antrag ordnete das Landgericht Hildesheim durch Beschluss vom 24. November 2008 die Wiederaufnahme des Verfahrens an. Infolge der erneuten Hauptverhandlung in der Berufungsinstanz wurde der Angeklagte durch Urteil vom 9. März 2010 wegen einfacher vorsätzlicher Körperverletzung zum Nachteil des Nebenklägers verurteilt. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten hat der Senat durch Beschluss vom heutigen Tage gem. § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
Die Kostenentscheidung im Urteil vom 9. März 2010 lautet:
"Der Angeklagte trägt die erstinstanzlichen Verfahrenskosten und die dem Nebenkläger insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
Die Kosten des beim Landgericht Hannover anhängig gewesenen Berufungsverfahrens tragen die Landeskasse und der Nebenkläger jeweils zur Hälfte, soweit der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden ist. Die diesbezüglichen notwendigen Auslagen des Angeklagten werden der Landeskasse auferlegt.
Die Kosten des Wiederaufnahmeverfahrens und die insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Landeskasse. Dabei bleibt allerdings die durch Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 30. August 2007 - 1 Ws 255/07 - getroffene Entscheidung über die Kosten und Auslagen des Beschwerdeverfahrens unberührt.
Die Kosten des bei der hiesigen Kammer anhängigen Berufungsverfahrens tragen die Landeskasse und der Nebenkläger jeweils zur Hälfte. Die dem Angeklagten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen des Angeklagten werden der Landeskasse auferlegt."
Hiergegen richten sich die sofortigen Beschwerden des Nebenklägers und der Staatsanwaltschaft. Die sofortige Beschwerde des Nebenklägers ist unbeschränkt geblieben. Die Staatsanwaltschaft strebt eine Abänderung der Kostenentscheidung dahingehend an, dass die jeweiligen Rechtsmittelführer die Kosten der von ihnen eingelegten Berufungen zu tragen haben, der Angeklagte daneben die Kosten des Wiederaufnahmeverfahrens.
II.
Auf die gem. §§ 464 Abs. 3, 304 Abs. 3 StPO statthaften und auch im Übrigen zulässigen sofortigen Beschwerden der Staatsanwaltschaft und des Nebenklägers war die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils wie erkannt abzuändern.
Bei der Entscheidung über die Kosten der jeweiligen, im Wesentlichen erfolglosen Berufungen des Angeklagten, der Staatsanwaltschaft und des Nebenklägers gegen das Urteil des Amtsgerichts S. vom 6. Dezember 2001 nach der Wiederaufnahme des Verfahrens in der Berufungsinstanz waren die Rechtsmittel der Verfahrensbeteiligten hinsichtlich ihrer kostenrechtlichen Folgen getrennt zu behandeln. Bei Erfolglosigkeit der Rechtsmittel mehrerer Beteiligter sind grundsätzlich die jeweils durch das einzelne Rechtsmittel veranlassten Kosten und notwendigen Auslagen dem Rechtsmittelführer aufzuerlegen (BGHSt 19, 226; LR-Hilger, StPO, 26. Aufl., § 473 Rn. 59).
Insoweit war die angefochtene Entscheidung insbesondere hinsichtlich der Kosten der Berufung des Angeklagten abzuändern, weil sich das angefochtene Urteil hierzu bereits dem Grunde nach nicht verhält, sondern die Kostenentscheidung auf die Verfahrenskosten in der Berufungsinstanz insgesamt bezogen ist.
Im Einzelnen gilt danach für die jeweiligen Verfahrensabschnitte:
1.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz hat der Angeklagte gem. §§ 465 Abs. 1, 472 Abs. 1 StPO zu tragen. Der zutreffende Kostenausspruch des Landgerichts hierzu ist deklaratorisch, weil das Urteil des Amtsgerichts durch die Verwerfung der Berufungen - mit Ausnahme der teilweisen Abänderung hinsichtlich der Tagessatzhöhe - aufrechterhalten bleibt.
2.
Die Kosten des Wiederaufnahmeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Landeskasse gem.§ 473 Abs. 6 Nr. 1, Abs. 3 StPO. Allerdings hat der Angeklagte die dem Nebenkläger insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
Über den Erfolg und damit die Kosten des Wiederaufnahmeverfahrens ist erst nach Durchführung der erneuten Hauptverhandlung zu entscheiden (vgl. nur LR-Hilger, StPO, 26. Aufl., § 473 Rn. 96; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 473 Rn. 37). Dabei ist der Erfolg des Wiederaufnahmeersuchens nach der abschließenden, in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung zu bemessen. Der Angeklagte erstrebte nach der für das Beschwerdegericht gem. § 464 Abs. 2 S. 2 StPO bindenden Feststellung des Landgerichts mit seinem Wiederaufnahmeantrag vom 16. Januar 2006 keinen Freispruch, sondern eine Verurteilung wegen "tätlicher Beleidigung", allenfalls wegen einfacher vorsätzlicher Körperverletzung. Das Landgericht hat den Angeklagten in der angefochtenen Entscheidung wegen einfacher vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt und dabei weitgehend das Geschehen wie vom Angeklagten im Wiederaufnahmeantrag behauptet zu Grunde gelegt. Für die Kostenentscheidung steht das Wiederaufnahmeersuchen damit einem im Wesentlichen - hinsichtlich der "hilfsweise" angestrebten Verurteilung wegen einfacher vorsätzlicher Körperverletzung - erfolgreichen, auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkten Rechtsmittel i.S.d. § 473 Abs. 3 StPO gleich mit der Folge, dass die Kosten der Landeskasse aufzuerlegen sind.
Allerdings hat der Angeklagte, der wegen vorsätzlicher Körperverletzung und damit gem. § 395 Abs. 1 Nr. 1 c StPO wegen eines zum Anschluss als Nebenkläger berechtigenden Delikts verurteilt worden ist, entsprechend § 472 Abs. 1 StPO die dem Nebenkläger im Wiederaufnahmeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten. Insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie bei einem erfolgreichen, auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Rechtsmittel. In diesem Fall entspricht es einer im Vordringen begriffenen Auffassung, der sich auch der Senat angeschlossen hat, dass der Angeklagte trotz vollen Erfolgs des beschränkten Rechtsmittels die Kosten des Nebenklägers in der Berufungsinstanz jedenfalls dann zu tragen hat, wenn die Verurteilung wegen eines Nebenklagedelikts bestehen bleibt (Senat, Beschluss vom 25. September 2007, 1 Ws 345/07, NdsRPfl 2008, 50; OLG Hamm, NStZ-RR 1998, 221 [OLG Hamm 10.02.1998 - 3 Ws 575/97]; OLG Zweibrücken, MDR 1993, 698; OLG Köln, NStZ-RR 2009, 126; LR-Hilger, a.a.O., § 473 Rn. 76). Ansonsten bestünde ein Wertungswiderspruch, weil der Nebenkläger nach § 400 Abs. 1 StPO das Urteil nicht mit dem Ziel anfechten kann, eine andere Rechtsfolge zu verhängen, er aber gleichwohl nach dem Willen des Gesetzgebers das Recht behalten soll, sich an dem Verfahren in der Rechtsmittelinstanz zu beteiligen (BT-Drs 10/5305, S.15). Die gleiche Konstellation ist im Wiederaufnahmeverfahren gegeben. Der Nebenkläger hat kein eigenes Antragsrecht hinsichtlich der Wiederaufnahme des Verfahrens (KK-Schmidt, StPO, 6. Aufl., § 365 Rn. 13; Meyer-Goßner, a.a.O., § 365 Rn. 8; LG Münster, NStZ 89, 588; Rieß NStZ 88, 15); er hat jedoch das Recht, sich dem Verfahren anzuschließen und seine Rechte wahrzunehmen (KK-Schmidt, a.a.O., Rn. 15; OLG Stuttgart NStZ 1988, 42; LR-Gössel, a.a.O., § 365 Rn. 14). Die auch vom Angeklagten im Wiederaufnahmeverfahren vertretene Gegenposition (vgl. Rechtsgutachten Prof. Dr. L., Bl. 352 Bd I 18 AR 1/06; KMR-Eschelbach, StPO, § 365 Rn. 92) wird dem Ziel des Opferschutzgesetzes vom 18. Dezember 1986 (BGBl. I 2496), das die Rechte des Opfers verbessern wollte, nicht gerecht, selbst wenn durch dieses Gesetz erstmals das eigene Wiederaufnahmerecht des Nebenklägers entfallen ist (überzeugend OLG Stuttgart, a.a.O.).
Es erscheint auch nicht unbillig i.S.d. § 472 Abs. 1 S. 2 StPO, den Angeklagten mit den Kosten der Nebenklage zu belasten. Insoweit ist das Wiederaufnahmeverfahren, das allein auf eine Abänderung des Urteils zugunsten des Angeklagten gerichtet ist, von der Berufung des Nebenklägers in der zunächst abgeschlossenen und wieder aufgenommenen Hauptverhandlung getrennt zu betrachten.
3.
Der Angeklagte trägt gem. § 473 Abs. 1 S. 1 und S. 2 StPO die Kosten seiner Berufung, also der vor dem Landgericht Hannover und vor dem Landgericht Hildesheim angefallenen Kosten seiner Berufung, einschließlich der dem Nebenkläger hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.
Wird der Angeklagte nach erfolgreicher Wiederaufnahme in der erneuten Hauptverhandlung wiederum verurteilt, richtet sich die Kostenentscheidung, auch wenn die Verurteilung über das Ziel des Wiederaufnahmeantrags nicht hinausgeht, im Übrigen nach den allgemeinen Vorschriften (ausführlich LR-Hilger, a.a.O., § 473 Rn. 96). Die Berufung des Angeklagten war - anders als sein Wiederaufnahmeantrag - erfolglos. Ein Rechtsmittel ist erfolgreich, wenn der Beschwerdeführer das angestrebte Ziel vollständig oder im Wesentlichen erreicht (LR-Hilger, a.a.O., § 473 Rn. 24 m.w.N.). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Ziels des Rechtsmittelführers ist dabei die Einlegung des Rechtsmittels, spätestens dessen Begründung. Eine spätere Herabstufung des Ziels ist kostenrechtlich als nachträgliche Rechtsmittelbeschränkung zu behandeln (hierzu KK-Gieg, a.a.O., § 473 Rn. 6 m.w.N.).
Die als Berufung durchgeführte Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts S. war jedoch weder anfänglich noch nachträglich beschränkt. Die Revisionsbegründung vom 25. Februar 2002 (Bl. 141 Bd. 4 d.A.) enthält keine Beschränkung; es wird vielmehr herausgestellt, dass die geltend gemachten Verfahrensverstöße den Schuldspruch wegen § 223 StGB scheitern ließen. Auch der Wiederaufnahmeantrag selbst ist - nach Erfolg des Wiederaufnahmeverfahrens und Zurückversetzung in den Zustand der Rechtshängigkeit in der Berufungsinstanz - einer Auslegung als nachträgliche Beschränkung der Berufung nicht zugänglich. Dem steht die ausdrückliche Feststellung in der angefochtenen Entscheidung entgegen, dass der Angeklagte eine Berufungsbeschränkung nicht vornehmen wollte und eine vollständige Sachverhaltsaufklärung anstrebte. Soweit das Landgericht deshalb bei der Begründung der Kostenentscheidung darauf abgestellt hat, dass sich das Rechtsmittel des Angeklagten nach Abgabe seiner geständigen Einlassung praktisch nur noch gegen das Strafmaß richten konnte, hat es eine für sinnvoll erachtete, tatsächlich aber ausdrücklich nicht gewünschte Beschränkung unterstellt. Im Übrigen wäre auch eine auf das Strafmaß beschränkte Berufung nicht erfolgreich gewesen, weil nach Anordnung der Wiederaufnahme der Erfolg der Berufung am Urteil des Amtsgerichts S. vom 6. Dezember 2001, nicht hingegen am Urteil des Landgerichts Hannover vom 25. November 2004 zu messen war.
Auf die etwaige Auferlegung seiner Auslagen in entsprechender Anwendung von § 467 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StPO wegen der Erklärungen des früheren Verteidigers gegenüber dem Landgericht Hannover kam es damit schon dem Grunde nach nicht an.
Die Entscheidung über die Erstattung der dem Nebenkläger durch die Berufung des Angeklagten entstandenen Auslagen ergeht gem. § 473 Abs. 1 S. 2 StPO. Die Erfolglosigkeit auch der Berufung des Nebenklägers (dazu unten 4.) rechtfertigt es nicht, von einer Auslagenerstattung zu seinen Gunsten im Hinblick auf das Rechtsmittel des Angeklagten abzusehen, zumal das Gesetz hier keine Öffnungsklausel aus Billigkeitsgründen vorsieht (vgl. nur BGH, Beschluss vom 23. November 2005, 2 StR 402/05 - [...] online -; OLG Schleswig, SchlHA 1993, 71 - [...] online -).
4.
Die Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger tragen gem. § 473 Abs. 1 S. 1 StPO jeweils die Kosten ihrer Berufung, also der vor dem Landgericht Hannover und vor dem Landgericht Hildesheim hierdurch angefallenen Kosten. Auch diese Berufungen sind kostenrechtlich als erfolglos anzusehen. Beide Rechtsmittel zielten nach den Feststellungen des Landgerichts auf eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung. Soweit die Staatsanwaltschaft im Schlussplädoyer nur noch eine Verurteilung wegen einfacher Körperverletzung unter Erhöhung des Tagessatzes beantragte, ist dies für die Beurteilung des Erfolgs unmaßgeblich, weil auf die Einlegung bzw. die Begründung des Rechtsmittels abzustellen ist (s.o.). In der Berufungsbegründung vom 17. Juni 2002 (Bl. 191 Bd. 4 d.A.) rügt die Staatsanwaltschaft ausdrücklich, dass der Angeklagte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe hätte verurteilt werden müssen. Gemessen an diesem Ziel ist die Erhöhung des Tagessatzes von 2.500,-EUR auf 5.000,-EUR ein unwesentlicher Teilerfolg.
Die durch ihre Rechtsmittel verursachten gerichtlichen Auslagen tragen die Landeskasse und der Nebenkläger jeweils zur Hälfte, während die insoweit angefallenen notwendigen Auslagen des Angeklagten gem. § 473 Abs. 2 S. 1 StPO allein der Landeskasse zur Last fallen. Eine Auferlegung der Auslagen des Angeklagten auf den Nebenkläger kommt nur bei einer allein von diesem erfolglos eingelegten Berufung in Betracht (vgl. nur LR-Hilger, a.a.O., § 473 Rn. 95; BGH, Beschluss vom 23. November 2005, 2 StR 402/05 - [...] online -; BGH NStZ-RR 2008, 146).
5.
Da der Angeklagte trotz Erfolgs im Wiederaufnahmeverfahren im Ergebnis erneut verurteilt worden ist, konnte die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 27. Juni 2005 hinsichtlich der Kosten der am 23. Juni 2005 zurückgenommenen Revision gegen das - letztlich aufgehobene - Urteil des Landgerichts Hannover vom 25. November 2004 aufrecht erhalten bleiben.
6.
Die Ausführungen des Landgerichts zur Begründung der angefochtenen Kostenentscheidung geben darüber hinaus Anlass zu folgendem Hinweis:
Nach der den Feststellungen des Landgerichts zu Grunde liegenden Beweiswürdigung war die Einlassung des Angeklagten allein keine ausreichende Grundlage für den Schuldspruch wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Vielmehr hat das Landgericht im Rahmen seiner - nicht zuletzt auch durch die unbeschränkte Berufung des Angeklagten - bestehenden Pflicht zur umfassenden Sachverhaltsermittlung erst auf der Grundlage weiterer Zeugenvernehmungen den Sachverhalt, wie ihn der Angeklagte geschildert hat, als nicht ausschließbar dem Schuldspruch zu Grunde gelegt und dabei zudem von der Einlassung abweichende Feststellungen zur Intensität der erteilten Ohrfeigen getroffen.
Die vom Landgericht geäußerte Einschätzung, dass die weitere Beweisaufnahme nach der geständigen Einlassung des Angeklagten am ersten Sitzungstag nur durch das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und des Nebenklägers veranlasst waren, dürfte vor diesem Hintergrund nicht haltbar sein.
Der Senat verkennt nicht, dass die Entscheidung über die durch die jeweiligen Rechtsmittel veranlassten Auslagen der Beteiligten und des Gerichts dem Kostenansatzverfahren nach § 19 GKG bzw. dem Festsetzungsverfahren nach § 464b StPO vorbehalten bleibt. Dennoch gibt die Anfechtung der Kostenentscheidung Anlass zu der Klarstellung, dass bei wechselseitig erfolglos eingelegten Rechtsmitteln des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft der Angeklagte die Kosten zu tragen hat, soweit sie nicht ausscheidbar nur der Berufung der Staatsanwaltschaft zuzurechnen sind (LR-Hilger, a.a.O., § 473 StPO Rn. 60 m.w.N.). In Hinblick auf die Grundsatzregeln der §§ 465 Abs. 1, 472 Abs. 1 StPO besteht kein Grund, den Nebenkläger insoweit gegenüber der Staatsanwaltschaft anders zu stellen, wenn sich das Ziel seines Rechtsmittels mit dem der Staatsanwaltschaft deckt.
III.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich dieses Beschwerdeverfahrens folgt aus § 473 Abs. 4 StPO. Die jeweiligen sofortigen Beschwerden waren teilweise erfolgreich. Eine wechselseitige Auslagenerstattung erscheint vor diesem Hintergrund unbillig.