Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 16.07.2007, Az.: 1 A 16/07

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
16.07.2007
Aktenzeichen
1 A 16/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 62161
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGLUENE:2007:0716.1A16.07.0A

Amtlicher Leitsatz

Rückforderung überzahlter Dienstbezüge und Billigkeitsentscheidung des zuständigen Landesamtes

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine Rückforderung überzahlter Bezüge.

2

Er war von 1965 bis 1973 BGS-Beamter und danach - von September 1974 - Polizeibeamter im Dienste des Landes Niedersachsen. Zuletzt war er beim Polizeikommissariat B. im Range eines Polizeioberkommissars (BesGr. A 10 BBesO) tätig - hierzu befördert im Februar 2003. Er ist Ende der 90er Jahre zweimal - 1997 und 1999 - mit Zulagen überzahlt worden, die jeweils zurückgefordert und verrechnet worden sind.

3

Er war in zweiter Ehe verheiratet und wurde durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts B. - Familiengericht - vom 4. Februar 2000 (Az) geschieden.

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Diese Scheidung teilte der Kläger seiner Dienststelle in U. auf dem dafür vorgesehenen Formular "Veränderungsmeldung" zeitnah mit. Dennoch wurde dem Kläger im Widerspruch zum Bundesbesoldungsgesetz der Familienzuschlag der Stufe 1 zur Hälfte fortlaufend weitergezahlt, u.zw. vom 1. März 2000 bis zum 31. Juli 2006. Das Polizeikommissariat B. beantwortete eine Anfrage des beklagten Amtes im September 2006 u.a. wie folgt:

"In einem hier vorliegenden "Personalbogen" ist handschriftlich vermerkt: "geschieden seit 01.02.2000".

Der seinerzeitige Personalsachbearbeiter der Polizeiinspektion B. teilt aus eigener Erinnerung mit, dass derartige Eintragungen nur nach Vorlage einer Veränderungsmitteilung erfolgt sind. Üblicherweise wurde die Veränderungsanzeige mit einem Nebenabdruck des Scheidungsurteils der Bezirksregierung L. (heute Polizeidirektion) zugeleitet.

Der Versand erfolgte mit der "polizeilichen Sammelpost" per Kurier zur Poststelle der Polizeiinspektion L. und von dort aus über die Poststelle der Bezirksregierung in das zuständige Dezernat.

Da eine Aufbewahrung derartiger Personalunterlagen außerhalb der Polizeibehörde nicht zulässig war und ist, liegen hier keine Nebenabdrucke vor.

Eine Anfrage bei der Polizeidirektion L. - Dez 13 Personal - ergab, dass in den dortigen Personalakten keine Unterlagen über eine Scheidung im Jahre 2000 vorhanden sind."

5

Das beklagte Amt berechnete die über einen Zeitraum von über 6 Jahren erfolgte Überzahlung (von monatlich ca. 51,- EUR) mit insgesamt 4 112,82 EUR und forderte die Summe nach einer Anhörung vom 21. Juli 2006 durch Bescheid vom 1. November 2006 zurück. Gleichzeitig erklärte es die Aufrechnung gem. §§ 387 ff BGB mit dem pfändbaren Teil der Dienstbezüge und behielt Gehaltsanteile des Klägers ein, so dass im April 2007 noch eine Restforderung von 864,80 EUR bestand.

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Der gegen die Rückforderung gerichtete Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2007 - zugestellt am 19. Januar 2007 - zurückgewiesen.

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Zur Begründung seiner am 6. Februar 2007 erhobenen Klage trägt der Kläger vor, er habe seiner Dienststelle die Scheidung vom Februar 2000 mitgeteilt, was auf seinem Personalblatt auch vermerkt worden sei. Die Überzahlung mit der vergleichsweise geringen Summe sei ihm über die Jahre hinweg verborgen geblieben, so dass er die Beträge gutgläubig im Rahmen seiner Lebensführung verbraucht habe. Er habe keine spezifischen Kenntnisse des Besoldungsrechts. Daher sei ihm die Weiterzahlung des Familienzuschlags der Stufe 1, der nur mit dem Kürzel "FZV" ausgewiesen gewesen sei, nicht aufgefallen. Er sei davon ausgegangen, mit der abgegebenen Veränderungsanzeige alles getan zu haben, um eine zutreffende Berechnung zu ermöglichen. Er berufe sich daher auf den Gesichtspunkt der Entreicherung. Er unterliege keiner verschärften Haftung. Ihn treffe es im Übrigen unverhältnismäßig hart, wenn er jetzt - nach Eintritt in den Ruhestand - mit der Rückzahlung eines Betrages von über 4 000,- EUR konfrontiert werde. Aus Billigkeitsgründen sei auf die Rückforderung der Summe zu verzichten bzw. ein (Teil-)Erlass geboten, da die Gründe für die Überzahlung ausschließlich in der Sphäre des Dienstherrn lägen.

8

Der Kläger beantragt,

den Rückforderungsbescheid des beklagten Amtes vom 01.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. 01.2007 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

10

Er meint, der Kläger hafte verschärft, weil der Kläger unter Berücksichtigung seiner individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten bei sorgfältiger Prüfung seiner auf die Scheidung folgenden Gehaltsmitteilungen zumindest hätte Zweifel daran haben müssen, ob er nach wie vor berechtigt sei, die als "FZ-Verh.-Bestandteil" ausgewiesene Zahlung zu erhalten. Diesen Zweifeln hätte der Kläger durch Rückfrage bei der zuständigen Bezügestelle nachgehen müssen. Im Jahr 2000 seien auf der Vorderseite der Gehaltsmitteilungen zudem noch die Schlüsselstellungen wie z.B. V, d.h. "verheiratet", und G, d.h. "geschieden", auf der Rückseite einer jeden Gehaltsmitteilung erläutert worden. Schon 1981 habe der Kläger eine Erklärung zum Bezug von familienbezogenen Gehaltsbestandteilen abgegeben, so dass ihm das grundsätzlich bekannt gewesen sei. Hinsichtlich der Billigkeitsentscheidung sei es so, dass ein Mitverschulden von Seiten des beklagten Amtes nicht vorliege, so dass ein Erlass ausscheide. Zur Gewährung von Ratenzahlungen jedoch sei der Beklagte nach wie vor bereit.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage, über die im erklärten Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) allein durch den Vorsitzenden entschieden werden kann, hat zum Teil Erfolg.

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Der Kläger hat Anspruch darauf, dass ihm im Wege des Billigkeitserlasses gem. § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG die Hälfte der zurückgeforderten Summe erlassen wird.

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1. Der Kl. kann sich gegenüber dem Rückforderungsanspruch der Beklagten allerdings nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen (§ 12 II 1 BBesG i.V. mit § 818 III BGB), weil er gem. § 12 II 1 BBesG i.V. mit §§ 818  IV, 819 BGB verschärft haftet. Nach § 12 II 2 BBesG steht es der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes nämlich gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen müssen. Der Mangel des rechtlichen Grundes für die Zahlung von Bezügen ist gem. § 12 II 2 BBesG dann offensichtlich, wenn der Besoldungsempfänger ihn nur deshalb nicht erkannt hat, weil er die verkehrserforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat (st. Rspr.; vgl. BVerwG, Buchholz 240 § 12 BBesG Nr. 15, S. 12 = NVwZ 1990, 670 m.w. Nachw.).

15

Diese Voraussetzung ist hier gegeben. Selbst wenn dem Kläger die relativ geringfügigen Überzahlungen, wie er vorträgt, unbekannt geblieben sind und er diese im Rahmen seiner Lebensführung fortlaufend verbraucht hat, wovon ausgegangen werden kann, beruht seine Unkenntnis jedenfalls darauf, dass er die ihm obliegende Sorgfalt als Beamter in ungewöhnlich hohem Maße verletzt hat.

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Der Kläger hatte als erfahrener Beamter nicht nur des BGS, sondern auch des Polizeidienstes, der bereits in den 90er Jahren zweimal mit Überzahlungen und darauf zurückgehenden Rückforderungen befasst gewesen war, nach der aus Merkblättern und Erklärungsvordrucken (vgl. die Erklärung des Klägers Bl. 52 der Beiakten A Bd. 1) schon bekannten Maßgeblichkeit tatsächlicher Lebensverhältnisse grundsätzlich Kenntnis davon, dass sich eine Scheidung auf die Besoldung und die Höhe der Bezüge auswirkt. Hiervon ist deshalb auszugehen, weil der Kläger eine "Veränderungsmeldung" auf einem entsprechenden Formular abgegeben hat, ihm also bekannt war, dass die Scheidung als Veränderung in seinen Lebensverhältnissen zugleich auch Bedeutung für seine Besoldung habe. Mögen ihm auch die Einzelheiten dazu ggf. nicht bekannt gewesen sein, so doch die grundlegende Tatsache, dass sich mit seiner Scheidung etwas bei seinen Dienstbezügen "verändere". Daher hatte er nach seiner Scheidung und Abgabe seiner formularmäßigen "Veränderungsmeldung" in der Folgezeit seine Gehaltsmitteilungen auch in besonderer Weise zu überprüfen und zu kontrollieren. Ihm hätte dabei dann auffallen müssen, dass sich bei seinen Bezügen keine Änderungen ergeben hatten, diese vielmehr in unveränderter Höhe fortgezahlt wurden. Anhand der Gehaltsmitteilungen, die entsprechende Kürzel ("FZV") mit Erläuterungen auf der Rückseite oder - später - sogar das Merkmal "FZ-Verh-Bestandteil" enthielten, hätten dem Kläger zumindest jedoch erhebliche Zweifel an der unveränderten Fortzahlung seiner Bezüge kommen müssen, denen er durch Nachfrage dazu, ob seine Scheidung bereits bei der Auszahlung seiner Bezüge berücksichtigt sei, hätte nachgehen müssen. Denn verheiratet war der Kläger ja nicht mehr. Wenn er das nicht getan hat, dann hat er seine Sorgfalts- und Treuepflichten als erfahrener Beamte in ungewöhnlich hohem Maße verletzt. Vgl. dazu NdsOVG v. 25.3.2003 - 2 LA 114/02 -, NVwZ 2003, 1543:

"...war der Kl. nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten im Hinblick auf seine Treuepflicht gehalten, ihm zugegangene Gehaltsmitteilungen zu überprüfen und sich bei Unklarheiten oder Zweifeln hinsichtlich der Berechnung der Bezüge durch Nachfrage bei der Besoldungsstelle Gewissheit darüber zu verschaffen, ob an ihn geleistete Zahlungen zu Recht erfolgt waren oder ob dies nicht der Fall war (vgl. BVerwGE 71, 77 [79] = NVwZ 1986, 743, und BVerwG, Buchholz 235 § 12 BBesG Nr. 7 = NVwZ 1985, 907 = ZBR 1985, 196; BVerwG, Buchholz 235 § 12 BBesG Nr. 3; OVG Lüneburg, Urt. v. 13. 1. 1992 - 5 L 29/90; s. auch Schinkel/Seifert, in: Fürst, GKÖD, Stand: November 1999, § 12 BBesG Rdnr. 24)."

17

Das gilt nicht nur für die Zeit nach seiner Scheidung, sondern auch für die Zeit nach seinen Beförderungen im Jahre 2002 und 2003. Auch diese hätten ihm Veranlassung geben müssen, seine Gehaltsmitteilungen sorgfältig zu überprüfen. Vgl. hierzu NdsOVG v. 25.3.2003 - 2 LA 114/02 -, NVwZ 2003, 1543:

"...auch wenn er gehalten war, nach der erfolgten Beförderung seine Besoldungsunterlagen besonders genau zu überprüfen (Schinkel/Seifert, § 12 BBesG Rdnr. 24, unter Hinweis auf das Urt. des VGH Münchenv. 9. 11. 1992 - 3 B 92.1508 )."

18

Soweit der Kläger seine Dienstbezüge ohne solche Prüfungen seiner Gehaltsmitteilungen und Abgleich mit seinen Bezügen empfangen hat, ist von einer ungewöhnlich hohen Sorgfaltspflichtverletzung als erfahrener Beamter auszugehen. Die Rückforderung der überzahlten Bezüge ist daher dem Grunde nach zu Recht erfolgt.

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2. Allerdings entspricht die vom Beklagten getroffene Billigkeitsentscheidung nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 12 BBesG. Der Rückzahlungsanspruch des Beklagten besteht vielmehr nur in modifizierter Form. Vgl. dazu BVerwG, NVwZ 2002, 854:

"Da eine Billigkeitsentscheidung zu Gunsten des Schuldners den Rückzahlungsanspruch modifiziert, beurteilt sich deren Rechtmäßigkeit nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Die Billigkeitsentscheidung ist nicht nur bei Erlass eines Leistungsbescheides, sondern auch dann zu treffen, wenn der Erstattungsanspruch im Wege der Leistungsklage oder im Wege der Aufrechnung geltend gemacht wird (vgl. BVerwGE 95, 94 [96] = NVwZ 1995, 389 m.w. Nachw.). Im Falle der Leistungsklage oder der Aufrechnung kann die Billigkeitsentscheidung noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bis zum Sachantrag beim Tatsachengericht nachgeholt werden ( BVerwGE 100, 206 [214] = NVwZ-RR 1997, 178 m.w. Nachw., und BVerwGE 109, 357 [361f.] = NVwZ 2000, 445)."

20

Das beklagte Amt hat hier (nur) eine Ratenzahlung für angebracht gehalten (vgl. S. 2 d. Schr. v. 2.4.2007). Diese Entscheidung wird den Einzelumständen nicht gerecht. Denn der Ausgangspunkt, dass der Kläger grundsätzlich verschärft haftet, also eine Rückforderung zunächst einmal den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht, enthebt den Beklagten nicht einer ergänzenden Entscheidung dazu, ob diese grundsätzlich zulässige Rückforderung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und dienstherrlicher Fürsorge im Einzelfall überhaupt noch durchsetzbar und insgesamt geboten ist. Im Rahmen dieser Entscheidung ist der Blick auf die gegenwärtigen, u.U. veränderten Lebensumstände des zur Rückzahlung grundsätzlich Verpflichteten zu richten und dabei zugleich zu berücksichtigen, aus welchen Gründen und aufgrund welcher Ursachenketten oder Verantwortlichkeiten es zu der Überzahlung gekommen ist, aus welchem Verantwortungsbereich die Ursachen der bereicherungsrechtlichen Rückgewährpflicht stammen. Bei dieser Entscheidung soll die formale Strenge des Besoldungs- und Versorgungsrechts aufgelöst werden und Fürsorge nebst Treu und Glauben (§ 242 BGB) zum Zuge kommen.

21

Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 8. 10. 1998 - 2 C 21/97 (Münster) - , NVwZ-RR 1999, 387:

"Nach ständiger Rechtsprechung hat die Billigkeitsentscheidung die Aufgabe, eine allen Umständen des Einzelfalls gerecht werdende, für die Behörde zumutbare, für den Bereicherten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie soll der besonderen Lage des Einzelfalles Rechnung tragen, die formale Strenge des Besoldungs- und Versorgungsrechts auflockern und Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben sein und sich als sinnvolle Ergänzung des ohnehin von dem gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung auswirken. Sie ist vor allem in Fällen der verschärften Haftung von Bedeutung. Darüber hinaus sind auch sonstige sachliche Gesichtspunkte zu beachten - insbesondere die Frage, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen ist und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür ursächlich war. Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung ist jedoch nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu würdigen; vielmehr ist auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihrer Auswirkungen auf die Lebensumstände des Bereicherungsschuldners abzustellen. Daher kommt es nicht entscheidend auf die Lage des Beamten in dem Zeitraum, für den die Überzahlung geleistet worden ist, sondern auf dessen Lage im Zeitpunkt der Rückabwicklung an (vgl. BVerwGE 66, 251 [255f.] m.w.Nachw.; BVerwG, Buchholz 240 § 12 Nr. 15 = NVwZ 1990, 670; BVerwGE 95, 94 [97] = NVwZ 1995, 389).

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In diesem Rahmen der Billigkeitsentscheidung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Überzahlungen vor allem auch darauf zurückzuführen sind, dass die "Veränderungsmeldung" des Klägers, wie das beklagte Amt meint, "auf dem Postweg verloren gegangen sein" muss (so Schr. v. 2.4.07). Damit wird zugestanden, dass der Kläger eine Veränderungsanzeige abgegeben hat und diese auch "auf dem Dienstweg" an die zuständige Stelle des beklagten Amtes weitergeleitet werden sollte. Diese Weiterleitung und das Verlorengehen auf dem Dienstweg fällt in die Verwaltungssphäre und nicht mehr in den Verantwortungsbereich des Klägers. Wäre die Veränderungsanzeige beim Beklagten angekommen und hätte sie hier Eingang in die Berechnungen gefunden, wäre es nicht zu den Überzahlungen gekommen. Insoweit muss sich das beklagte Amt als ein Teil der einheitlichen Verwaltung behandeln lassen und sich Fehler sowie Mängel anderer Verwaltungsstellen zurechnen lassen. Es gilt insoweit der Grundsatz der Einheit der Verwaltung. Damit liegt eine maßgebliche Verursachung der eingetretenen Überzahlung auf Seiten der Verwaltung, also des beklagten Amtes vor, was im Rahmen der Billigkeitsentscheidung gebührend zu berücksichtigen und wertend einzubeziehen ist.

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Weiterhin hat Gewicht, dass der Kläger inzwischen in den Ruhestand getreten ist, deutlich verminderte Versorgungsbezüge erhält und Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des herausgabepflichtigen Klägers nicht mehr dem entsprechen, was zur Zeit der 6-jährigen Überzahlung gegolten hat. Dabei ist auch maßgeblich, dass der Kläger, was glaubhaft ist und auch vom Beklagten nicht bezweifelt wird, die relativ geringfügigen Überzahlungen von ca. 51,- EUR im Rahmen seiner allgemeinen Lebensführung verbraucht hat, also keineswegs so ohne weiteres in der Lage ist, den geforderten Betrag in einer Summe oder aber - wie der Beklagte meint - in kurzer Zeit durch Ratenzahlungen, die höher sind als die sich über 6 Jahre erstreckenden monatlichen Überzahlungen, tilgen kann. Hierzu bedarf es jedenfalls erheblicher Einschränkungen auf Seiten des inzwischen in den Ruhestand getretenen, nur noch mit reduzierten Versorgungsbezügen ausgestatteten Klägers. Solche Einschränkungen erscheinen jedoch angesichts der deutlichen Verantwortlichkeit auch des Beklagten für die Überzahlungen (Einheit der Verwaltung, s.o.) im Sinne von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und mit Blick auf die gesamte Rechtsbeziehung der Beteiligten nicht gerechtfertigt. Für den Zeitraum der Rückabwicklung gelten veränderte Umstände, die mit Rücksicht auf Fürsorge sowie Treu und Glauben (§ 242 BGB) einen nennenswerten Erlass erfordern.

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Soweit der Beklagte § 59 LHO angeführt und gemeint hat, Ansprüche dürften nur dann gestundet werden, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für den Betroffenen verbunden wäre, ist zu unterstreichen, dass hier § 12 Abs. 2 S. 3 BBesG eingreift, der davon abweichend eine Einzelfall - und Billigkeitsentscheidung unter anderen Voraussetzungen fordert.

25

Somit ist bei Abwägung aller Umstände ein Erlass in Höhe der Hälfte der geforderten Summe geboten. Über diese Summe hinausgehende, bereits einbehaltene Versorgungsbezüge sind wieder an den Kläger auszubezahlen.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.