Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 17.02.2014, Az.: 11 B 598/14

Bereithalten; Botschaftsvorführung; einstweiliger Rechtsschutz; Rechtsmissbrauch; Transport

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
17.02.2014
Aktenzeichen
11 B 598/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 42683
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zur Rechtsmissbräuchlichkeit eines einstweiligen Rechtsschutzantrages.

Die Ermächtigungsgrundlage in § 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG erfasst auch die Anordnung, sich vor der Botschaftsvorführung zum Transport durch die Ausländerbehörde bereitzuhalten (entgegen VG Hannover InfAuslR 2013, 357).

Tenor:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war aus den nachstehenden Gründen mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abzulehnen.

Der nach § 80 Abs. 5 VwGO zu beurteilende Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist bereits unzulässig.

Die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes erweist sich im Fall des Antragstellers als rechtsmissbräuchlich. Ein schutzwürdiges Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung besteht in Eilrechtsfällen nicht, wenn der Antragsteller aus von ihm zu vertretenen Gründen einen Antrag so spät stellt, dass dem Gericht nicht mehr ausreichend Zeit für die Entscheidung bleibt (vgl. Kopp/Schenke VwGO, 18. Auflage 2012, Vorb. § 40 Rn. 56, m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Ausweislich des der Antragsschrift beigefügten angefochtenen Bescheides ging dieser in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers spätestens am 10. Februar 2014 ein. In diesem Bescheid wurde dem Antragsteller aufgegeben, sich am 18. Februar 2014 ab 05:45 Uhr abfahrbereit zu halten zum Zwecke der Vorführung bei der afghanischen Botschaft in B.. Erst mit Telefax vom 17. Februar 2014, 14:53 Uhr, welches auch keinen Eilvermerk hatte, ersuchte der Antragsteller um gerichtlichen Eilrechtsschutz. Angesichts der fortgeschrittenen Tageszeit musste der Antragsteller damit rechnen, dass die Kammer nicht mehr genügend Zeit für eine Beurteilung der Sach- und Rechtslage verbleibt. Der Antragsteller hat keine Gründe vorgetragen, warum er nicht schon früher um gerichtlichen Rechtsschutz ersucht hat, zumal ihm dies schon seit dem 10. Februar 2014 möglich gewesen wäre. Stattdessen hat er ohne ersichtlichen Grund bis zur letzten Minute mit der Anrufung des Gerichts gewartet, offenbar, um es durch den herbeigeführten Zeitdruck zu einer ihm günstigen Abwägungsentscheidung zu bewegen.

Vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass der Antrag auch in der Sache keinen Erfolg hat.

Das Gericht hält auch im Hinblick auf die Entscheidung des VG Hannover (Beschluss vom 10. Juni 2013, - 4 B 4832/13 -, juris) an seiner bisherigen Praxis fest, wonach die Aufforderung zur Teilnahme an einer Botschaftsvorführung und die Abholung zum Zwecke der Vorführung von § 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG als Ermächtigungsgrundlage gedeckt sind (vgl. VG Oldenburg, Beschluss vom 28. August 2012, - 11 B 4244/12 – unveröffentlicht). Nach § 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG kann soweit erforderlich angeordnet werden, dass der Ausländer (u.a.) bei der Vertretung des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich erscheint. Wenn die Behörde – wie hier – zusätzlich anordnet, dass der Ausländer zum Zwecke des Erscheinens bei der Botschaft sich zur Abholung durch die Ausländerbehörde bereithalten soll, so ist auch dies aus gesetztessystematischen Gründen und vom Sinn und Zweck der Vorschrift mit umfasst. Denn wie der Vergleich zu § 82 Abs. 4 Satz 1, 3. Var. AufenthG zeigt, ist auch dort nur von einem Erscheinen bei den ermächtigten Bediensteten der ausländischen Vertretung die Rede. In aller Regel sind diese Personen dem Ausländer aber nicht bekannt und er weiß daher nicht, wohin er sich zu wem begeben soll. Ein Erscheinen ist in solchen Fällen nur bei Organisation durch die Ausländerbehörde sichergestellt. Hierzu gehört auch die Abholung zum Termin. Darüber hinaus ist der Ausländer schon nach § 48 Abs. 3 Satz 1 AufenthG verpflichtet, an der Beschaffung von Identitätspapieren mitzuwirken. D.h. bereits nach § 48 AufenthG ist er gehalten, einen Pass vorzulegen, bzw. die Schritte zur Erlangung eines selbigen einzuleiten. Hierzu gehört u.U. auch die Vorsprache bei der Botschaft seines Heimatlandes. § 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG dient der (effektiven) Durchsetzung dieser Verpflichtung (vgl. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum AufenthG vom 26. Oktober 2009, Ziffer 82.4.1). Im Hinblick auf diese Zweckrichtung erscheint es angezeigt, Vorfeldmaßnahmen, wie die Bereithaltung zur Abholung zum Zwecke der anschließenden Botschaftsvorführung, als von der Ermächtigungsgrundlage mit umfasst zu betrachten.

Daneben sind auch die übrigen Voraussetzungen des § 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG erfüllt. Der Antragsteller ist vollziehbar ausreisepflichtig, zu dessen Abschiebung benötigt die Antragsgegnerin ein gültiges Pass- bzw. Passersatzpapier, weshalb die Vorstellung bei der ausländischen Vertretung auch erforderlich ist.