Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 05.06.2009, Az.: 1 B 88/09
Hilfe zum Führerschein in rechtswidriger Weise durch Fälschung von Ausbildungsnachweisen als Pflichtverstoß eines Fahrlehrers und Fahrschulinhabers; Verletzung von fahrlehrerrechtlichen Vorschriften eines Fahrlehrers gegenüber einem Prüfling
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 05.06.2009
- Aktenzeichen
- 1 B 88/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 37457
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:2009:0605.1B88.09.0A
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FahrlG
- § 8 Abs. 2 S. 2 FahrlG
- § 11 Abs. 1 FahrlG
- § 21 Abs. 2 FahrlG
- § 29 Abs. 1 FeV
- § 31 Abs. 2 FeV
- § 12 Abs. 1 GG
Fundstellen
- DAR 2009, 483-484
- NZV 2010, 372-375
- NZV 2010, 590
- zfs 2009, 537-540
Amtlicher Leitsatz
Ein Fahrlehrer und Fahrschulinhaber verstößt gröblich gegen seine Pflichten nach § 8 Abs. 2 Satz 1 und § 21 Abs. 2 Satz 1 FahrlG, wenn er Prüflingen in rechtswidriger Weise zum Führerschein verhilft und Ausbildungsnachweise fälscht.
Aus dem Entscheidungstext
Der Antragsteller ist seit 05.11.1975 Inhaber des Fahrlehrerscheins für die Klassen 1, 2, 3 (zunächst als Bundeswehr-Fahrlehrererlaubnis und seit 05.07.1985 als Allgemeine Fahrlehrererlaubnis) und seit 01.04.1980 Inhaber von Fahrschulerlaubnissen für Fahrschulen in z. Zt. Northeim (Hauptbetriebsstelle) und Hardegsen (Zweigstelle). Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Göttingen vom 22.01.2009 (8 KLs 2/08) wurde er wegen Bestechung in fünf Fällen und Urkundenfälschung in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, in fünf Fällen dem Regionalleiter des TÜV-Nord - Region Niedersachsen -, D., jeweils 500,00 Euro gezahlt zu haben, damit dieser Fahrschülern des Antragstellers ohne ordnungsgemäße Führerscheinprüfung eine Fahrerlaubnis erteilte. Bei den Prüflingen habe es sich überwiegend um Bundesligafußballspieler aus Brasilien gehandelt. Ferner habe er in elf Fällen Unterschriften von Prüflingen in Fahrschulunterlagen gefälscht und gefälschte Ausbildungsnachweise bei der Führerscheinprüfung vorgelegt. Er habe die gefälschten Unterlagen auch der Fahrerlaubnisbehörde und den Finanzbehörden zur Prüfung vorgelegt. Dieser Sachverhalt wurde laut Urteilsbegründung aufgrund eines entsprechenden Geständnisses des Antragstellers festgestellt.
Mit Bescheid vom 03.03.2009 - dem Antragsteller am 04.03.2009 zugestellt - widerrief die Antragsgegnerin dessen Fahrlehrererlaubnis (Ziff. 1) und Fahrschulerlaubnis (Ziff. 2) und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Widerrufsentscheidungen an (Ziff. 3). Der Antragsteller wurde aufgefordert, innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheides seinen am 05.07.1985 ausgestellten Fahrlehrerschein und seine Urkunde über die Fahrschulerlaubnis für die Hauptniederlassung in Northeim abzugeben (Ziff. 4), die in der Erlaubnisurkunde aufgeführten Betriebs- und Schulräume binnen einer Woche nach Zustellung des Bescheides zu schließen und nicht mehr für Fahrschulzwecke zu nutzen (Ziff. 5). Für den Fall, dass der Antragsteller den Aufforderungen zu Ziff. 4 und 5 nicht fristgerecht nachkomme, drohte die Antragsgegnerin ihm jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro an (Ziff. 6). Zur Begründung führte sie aus, der Antragsteller habe sich unter Berücksichtigung seiner strafrechtlichen Verurteilung als unzuverlässig im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 Fahrlehrergesetz (FahrlG) bzw. § 11 Abs. 1 Nr. 1 FahrlG erwiesen, weshalb gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 FahrlG seine Fahrlehrererlaubnis und gemäß § 21 Abs. 2 FahrlG seine Fahrschulerlaubnis zwingend zu widerrufen seien.
Hiergegen hat der Antragsteller am 06.04.2009 (Montag) fristgerecht Klage erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt.
Er ist der Ansicht, die Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung lägen nicht vor. Es bestehe kein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides. Die Antragsgegnerin habe mindestens seit April 2008 Kenntnis von dem in Rede stehenden Sachverhalt und habe ihn bereits mit Schreiben vom 19.06.2008 zu einem beabsichtigten Widerruf seiner Fahrlehrer- und Fahrschulerlaubnis angehört. Der Widerruf sei aber erst mit Bescheid vom 03.03.2009 und damit fast ein Jahr später erfolgt. Durch das Zuwarten von einem Jahr habe die Antragsgegnerin die Eilbedürftigkeit selbst widerlegt.
In der Sache hält der Antragsteller die Widerrufsentscheidungen für rechtswidrig. Er habe nicht seine ihm nach demFahrlehrergesetz obliegenden Pflichten verletzt. Insbesondere habe er nicht gegen seine Ausbildungspflicht nach § 6 FahrlG verstoßen. Die in Rede stehenden Prüflinge aus Brasilien hätten mit Blick auf§ 29 FeV als "Führerscheinumschreiber" lediglich eine theoretische und praktische Fahrprüfung ablegen müssen; eine Ausbildung sei nicht erforderlich gewesen. Soweit er daran mitgewirkt habe, dass in bestimmten Fällen die für die Erteilung der Fahrerlaubnisse notwendigen Prüfungen nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden seien, sei hierdurch jedenfalls keine Gefahr für die Verkehrssicherheit eingetreten. Alle Prüflinge seien im Besitz einer ausländischen Fahrerlaubnis gewesen und hätten aufgrund der Regelung in § 29 FeV jedenfalls vor Begründung eines inländischen Wohnsitzes zeitlich unbeschränkt und nach Begründung eines inländischen Wohnsitzes noch weitere 6 Monate als Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilnehmen dürfen.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage (1 A 87/09) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 03.03.2009 wiederherzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie ist der Ansicht, die Anordnung der sofortigen Vollziehung für den angefochtenen Bescheid sei rechtlich nicht zu beanstanden. In der Sache hält sie ihren Bescheid ebenfalls für rechtmäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und auf die vom Gericht beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin und die Strafakten der Staatsanwaltschaft Braunschweig (406 Js 15122/07) Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Er ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Halbsatz VwGO zulässig. Dabei legt die Kammer den Antrag gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO sachgerecht dahin aus, dass die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nur insoweit beantragt wird, als die im angefochtenen Bescheid getroffenen Anordnungen tatsächlich sofort vollziehbar sind. Dies ist nur bei den zu Ziff. 1 und 2 getroffenen Widerrufsentscheidungen der Fall. Nur für diese wurde in Ziff. 3 des Bescheides die sofortige Vollziehung angeordnet, nicht dagegen für die zu Ziff. 4 und 5 getroffenen Anordnungen. Diese sind auch nicht aufgrund gesetzlicher Regelung sofort vollziehbar (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO). Nichts anderes gilt für die zu Ziff. 6 erfolgte Zwangsgeldandrohung. Gemäß § 64 Abs. 4 Nds. SOG haben Rechtsbehelfe gegen die Androhung und Festsetzung von Zwangsmitteln zwar keine aufschiebende Wirkung. Dies setzt jedoch einen unanfechtbaren oder sofort vollziehbaren Grundverwaltungsakt voraus (§ 64 Abs. 1 Nds. SOG), an welchem es für die in Ziff. 4 und 5 getroffenen Anordnungen fehlt.
Die Antragsgegnerin hat das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Fahrlehrer- und Fahrschulerlaubnis in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügenden Weise begründet. Sie hat darauf abgestellt, dass der Antragsteller unter Berücksichtigung seiner erheblichen Pflichtverletzungen als Fahrlehrer nicht mehr die Gewähr dafür biete, Fahrschüler ordnungsgemäß auszubilden. Die damit verbundene erhebliche Gefahr für die Verkehrssicherheit erfordere es, seine weitere Tätigkeit als Fahrlehrer sofort zu unterbinden. Entgegen der Ansicht des Antragstellers scheitert das besondere öffentliche Vollzugsinteresse nicht daran, dass die Antragsgegnerin bereits seit April 2008 Kenntnis von einem gegen den Antragsteller geführten Strafverfahren hatte, das die den Widerrufsentscheidungen zugrunde liegenden Vorwürfe betraf, und seit September 2008 auch die Anklageschrift zu diesem Verfahren kannte, ohne dies zum Anlass zu nehmen, bereits damals die Fahrlehrerund Fahrschulerlaubnis zu widerrufen. Auch wenn bereits damals ein sofortiges Handeln im öffentlichen Interesse gerechtfertigt gewesen wäre, führt das "Zuwarten" der Antragsgegnerin bis zum Erlass des rechtskräftigen Urteils gegen den Antragsteller nicht dazu, dass das besondere öffentliche Vollzugsinteresse entfallen ist. Im Gegenteil hat sich dieses aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung des Antragstellers noch verdichtet.
Der Antrag ist auch in der Sache unbegründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht, sofern die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes angeordnet ist, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs dagegen ganz oder teilweise wiederherstellen. Bei der Entscheidung sind die widerstreitenden Interessen gegeneinander abzuwägen. Im Rahmen dieser Abwägung können auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache berücksichtigt werden. Bleibt dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, wird die Abwägung in der Regel zum Nachteil des Betroffenen ausfallen, da dann das von der Behörde geltend gemachte besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug überwiegt.
Die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene, aber auch ausreichende summarische Überprüfung ergibt, dass der Widerruf der Fahrlehrererlaubnis und der Widerruf der Fahrschulerlaubnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Recht erfolgt sind, da hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Antragsteller unzuverlässig i.S.d. Fahrlehrergesetzes ist. Die Interessenabwägung gebietet es daher, den Antragsteller sofort von der Ausbildung von Fahrschülern und vom Betrieb einer Fahrschule auszuschließen.
Der Widerruf der Fahrlehrererlaubnis ist voraussichtlich rechtmäßig. Gemäß § 8 Abs. 2 FahrlG ist die Fahrlehrererlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich eine der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen weggefallen ist. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FahrlG setzt die Fahrlehrererlaubnis unter anderem voraus, dass hinsichtlich des Erlaubnisnehmers keine Tatsachen vorliegen, die ihn für den Fahrlehrerberuf als unzuverlässig erscheinen lassen. Unzuverlässig im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FahrlG ist der Erlaubnisnehmer insbesondere dann, wenn er wiederholt die Pflichten gröblich verletzt hat, die ihm nach dem Gesetz über das Fahrlehrerwesen oder den auf ihm beruhenden Rechtsverordnungen obliegen (§ 8 Abs. 2 Satz 2 FahrlG). Die Verletzung von fahrlehrerrechtlichen Vorschriften ist in § 8 Abs. 2 Satz 2 FahrlG nur beispielhaft genannt, wie sich aus der Verwendung der Formulierung "insbesondere" ergibt. Unzuverlässig ist deshalb auch, wer Anlass zur Befürchtung bietet, dass er sich im Rahmen seiner Tätigkeit als Fahrlehrer über die zum Schutze der Allgemeinheit oder Einzelner vor Schäden oder Gefahren erlassenen Vorschriften hinwegsetzen wird. Dies ist prognostisch zu beurteilen. Die Behörde hat zu prüfen, ob sich aus dem bisherigen Verhalten des Betroffenen, insbesondere aus Straftaten, nachteilige Folgerungen für die Zukunft ergeben. Dabei kann auf Rechtsprechung zu entsprechenden Vorschriften aus anderen Rechtsgebieten zurückge griffen werden. So ist im gewerberechtlichen Sinne unzuverlässig, wer durch wiederholte Straffälligkeit einen Hang zur Missachtung der Rechtsordnung dokumentiert. Selbst ein einmaliges Fehlverhalten kann Unzuverlässigkeit begründen, wenn es schwer wiegt und ein sicheres Symptom für eine Gesinnung oder Lebenseinstellung ist, die eine ordnungsgemäße Ausübung des angestrebten Berufs nicht erwarten lässt (s. Eckhardt, Kommentar Fahrlehrergesetz, 5. Auflage 1991, § 2 Rd.-Nr. 5).
Nach diesen Maßstäben ist der Antragsteller als unzuverlässig für die Tätigkeit eines Fahrlehrers anzusehen. Er hat mit hoher Wahrscheinlichkeit wiederholt gröblich gegen seine Pflichten als Fahrlehrer verstoßen.
Er wurde wegen wiederholter gewerbsmäßiger Bestechung und Urkundenfälschung rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Straftaten, die er eingeräumt hat, standen alle im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Fahrlehrer. Seine Bestechungsstraftaten, die dazu führten, dass Prüflingen ohne ordnungsgemäße Führerscheinprüfung die Fahrerlaubnis erteilt wurde, sind mit seinen Aufgaben und seiner Stellung als Fahrlehrer schlichtweg unvereinbar und wiegen sehr schwer. Sie sind bereits für sich betrachtet ein erheblicher Anhaltspunkt für seine Unzuverlässigkeit als Fahrlehrer. Unerheblich ist sein Einwand, sein Verhalten habe die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt. Die betroffenen Prüflinge seien alle im Besitz ausländischer Fahrerlaubnisse gewesen und hätten nach § 29 Abs. 1 FeV auch ohne deutschen Führerschein ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr führen dürfen. Diese in§ 29 Abs. 1 FeV getroffene Regelung kann sich nicht zugunsten des Antragstellers auswirken. § 29 Abs. 1 FeV erlaubt nicht nur die Teilnahme von Inhabern ausländischer Fahrerlaubnisse (hier: aus Nicht- EU-Staaten) im Straßenverkehr, sondern beschränkt deren Teilnahme zugleich, nämlich bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie einen inländischen Wohnsitz (bzw. bis zu sechs Monaten danach) begründen. Anschließend müssen auch Inhaber ausländischer Fahrerlaubnisse aus Nicht- EU-Staaten gem. § 31 FeV einen deutschen Führerschein erwerben. Dies galt offenbar auch für die im Strafprozess in Erscheinung getretenen brasilianischen Fußballspieler. Hierüber durfte der Antragsteller sich nicht hinwegsetzen, hat es aber getan. Sein Versuch im vorliegenden Verfahren sein strafbares Verhalten zu bagatellisieren, zeigt überdies sein mangelndes Unrechtsbewusstsein und ist ein zusätzlicher Anhaltspunkt dafür, dass von ihm auch zukünftig die ordnungsgemäße Ausübung seines Berufs nicht zu erwarten ist.
Erschwerend kommen seine Urkundenfälschungen hinzu. Er hat wiederholt - in elf Fällen - Unterschriften von Prüflingen in Fahrschulunterlagen (Ausbildungsverträge, Ausbildungsnachweise, Tagesnachweise, Prüfbögen, Anwesenheitslisten) gefälscht und dadurch in eklatanter Weise gegen seine Pflichten als Fahrlehrer nach § 6 Abs. 1 FahrlG verstoßen. Nach dieser Vorschrift hat der Fahrlehrer die Fahrschüler gewissenhaft auszubilden (Satz 1). Er hat ihnen die Kenntnisse, Fähigkeiten und Verhaltensweisen zu vermitteln, die das Straßenverkehrsgesetz und die auf diesem sowie auf dem Fahrlehrergesetz beruhenden Rechtsverordnungen für die Ausbildung und Prüfung der Bewerber um die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen fordern (Satz 2). Ferner hat er sie über die Folgen von Zuwiderhandlungen gegen die Verkehrsvorschriften und über die Pflichtversicherung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern zu unterrichten (Satz 3). Unerheblich ist, dass für die betroffenen brasilianischen "Fahrschüler" gemäß §§ 31 Abs. 2 FeV, 7 Abs. 1 Nr. 4 Fahrschüler-Ausbildungsordnung (FahrschAusbO) die Vorschriften über die Ausbildung nicht anzuwenden waren und diese somit keiner Ausbildungspflicht unterlagen. Dies ändert nichts an dem Pflichtverstoß des Antragstellers, denn er hat mit den gefälschten Unterlagen die Fahrerlaubnisbehörde darüber getäuscht, die Prüflinge in bestimmter Weise ausgebildet zu haben. Dagegen versucht der Antragsteller mit dem Hinweis auf die nicht notwendige Ausbildung erneut, sein strafbares Verhalten zu bagatellisieren und zeigt wiederum mangelndes Unrechtsbewusstsein (s.o.).
Der Antragsteller hat auch deshalb gegen seine Pflichten als Fahrlehrer aus § 6 Abs. 1 FahrlG verstoßen, weil er durch seine Straftaten gegen seine erzieherische Vorbildfunktion verstoßen hat (vgl. VG Hannover, Beschluss vom 04.08.2008 - 9 B 2897/08 -, [...]). Ein Fahrlehrer, der Prüflingen in rechtswidriger Weise zum Führerschein verhilft und über eine ordnungsgemäße Ausbildung von Fahrschülern täuscht, ist nicht geeignet, Fahrschülern bei ihrer Ausbildung als Vorbild zu dienen. Dies wirkt sich auch für die Zukunft aus.
Die negative Zukunftsprognose für den Antragsteller ist nicht zuletzt deshalb gerechtfertigt, weil sich laut Strafurteil seine Straftaten über einen längeren Zeitraum, nämlich von Anfang 2003 bis August 2006 erstreckten und mit Blick auf seine Bagatellisierungstendenz und sein mangelndes Unrechtsbewusstsein nicht erkennbar ist, dass bei ihm ein tiefgreifender Bewusstseinswandel eingetreten ist. Daran ändert auch nichts, dass er seit Mitte 2006 nicht erneut straffällig geworden ist. Dieses Wohlverhalten zeigte er erst unter dem Druck des seitdem laufenden Strafverfahrens und des gegen ihn eingeleiteten Widerrufsverfahrens. Freiwillig hat der Antragsteller von seinen Straftaten jedenfalls nicht Abstand genommen. Zu seinen Gunsten kann sich auch nicht auswirken, dass laut Strafurteil das Motiv für seine Straftaten seine Liebe zum Fußball gewesen sei und diesem Motiv keine herausragende kriminelle Energie zukomme (vgl. Strafurteil, S. 13, 1. Absatz). Sollte tatsächlich seine Liebe zum Fußball ausschlaggebend gewesen sein, wäre dies bei der Zukunftsprognose eher negativ zu berücksichtigen. Hierdurch würde nämlich seine Bereitschaft deutlich, allein aus "ideellen" Gründen erhebliche Straftaten zu begehen. Die Kammer ist im Übrigen der Auffassung, dass der Antragsteller bei seinen Straftaten durchaus ein erhebliches Maß an krimineller Energie gezeigt hat. Hierfür sprechen nicht zuletzt entsprechende Ausführungen im Strafurteil an anderer Stelle. So heißt es auf S. 13 letzter Absatz des Urteils, zu Lasten des Antragstellers habe sich ausgewirkt, dass es sich um keine einzelne Tat gehandelt habe. Der Antragsteller habe mit dem Angeklagten D. vielmehr ein ausgeklügeltes "Korruptionssystem" aufgebaut, das beide über einen längeren Zeitraum benutzt hätten. Sie hätten gezielt miteinander "geprüft", damit die Erteilung der Fahrerlaubnisse durch den Angeklagten D. möglich gewesen sei. Dabei habe es sich um ein kriminell sehr geschicktes Vorgehen gehandelt, das von außen nur schwer zu durchschauen gewesen sei.
Der zwingende Widerruf der Fahrlehrererlaubnis bei Unzuverlässigkeit verletzt den Antragsteller auch nicht in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG, denn die Zuverlässigkeit i.S.v. § 8 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FahrlG ist eine subjektive Voraussetzung der beruflichen Betätigung. Die Erfüllung dieser Bedingung, von der hier die Ausübung des Fahrlehrerberufs abhängig gemacht wird, stellt eine persönliche Qualifikation dar, deren Vorliegen im Wesentlichen vom Fahrlehrer selbst abhängt. Die damit an den Fahrlehrer gestellten Anforderungen sind eine zulässige Beschränkung der Freiheit der Berufswahl, die durch das große Interesse der Allgemeinheit an der Verkehrssicherheit gerechtfertigt und angesichts dieses Schutzzwecks auch nicht unverhältnismäßig ist ( vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.10.1996 -1 B 211/96- , [...]).
Ist nach alledem der Widerruf der Fahrlehrererlaubnis voraussichtlich rechtmäßig, gilt dies unter Berücksichtigung der hierzu festgestellten Pflichtverstöße des Antragstellers in gleicher Weise für den Widerruf der Fahrschulerlaubnis. Rechtsgrundlage ist insoweit § 21 Abs. 2 FahrlG. Danach ist die Fahrschulerlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich eine der in § 11 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbsatz, Nr. 2 und 6 und Abs. 2 genannten Voraussetzungen weggefallen ist (S. 1). Hier ist§ 11 Absatz 1 Nr. 1 2. Halbsatz FahrlG einschlägig. Danach setzt die Erteilung der Fahrschulerlaubnis voraus, dass keine Tatsachen vorliegen, die den Bewerber für die Führung einer Fahrschule als unzuverlässig erscheinen lassen. Unzuverlässig i.S.d. § 11 Absatz 1 Nr. 1 FahrlG ist der Erlaubnisinhaber insbesondere dann, wenn er wiederholt die Pflichten gröblich verletzt hat, die ihm nach diesem Gesetz oder den auf ihm beruhenden Rechtsverordnungen obliegen (§ 21 Abs. 2 Satz 2 FahrlG).
Der zwingende Widerruf der Fahrschulerlaubnis erfolgt demnach unter denselben Voraussetzungen wie der zwingende Widerruf der Fahrlehrererlaubnis. Da der Fahrschulinhaber ein Gewerbe ausübt, sind hinsichtlich des Begriffs "Zuverlässigkeit" zusätzlich die allgemeinen gewerberechtlichen Grundsätze anzuwenden. Danach können fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, hohe Überschuldung oder nachhaltige Nichterfüllung von sozialversicherungs- oder steuerrechtlichen Pflichten durch einen Betriebsinhaber zum Widerruf der gewerblichen Erlaubnis und somit zum Widerruf der Fahrschulerlaubnis führen (Eckhardt, a.a.O., § 21 Rn. 4). Demnach könnten die Steuerrückstände des Antragstellers zusätzlich seine Unzuverlässigkeit als Fahrschulinhaber begründen. Ob dies tatsächlich der Fall ist, kann dahingestellt bleiben. Hierauf kommt es mit Blick auf die zum Widerruf der Fahrlehrererlaubnis festgestellten Verstöße des Antragstellers nicht mehr an. Diese rechtfertigen bereits für sich betrachtet die negative Prognose, dass der Antragsteller nicht nur für die Vergangenheit, sondern auch für die Zukunft als unzuverlässig i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 2 FahrlG anzusehen ist.
Die Antragsgegnerin hat bei ihren Widerrufsentscheidungen auch die Jahresfrist der §§ 49 Abs.2 Satz 2, 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG eingehalten. Dies gilt selbst dann, wenn es darauf ankäme, dass sie bereits im April 2008 Kenntnis von dem gegen den Antragsteller geführten Ermittlungsverfahren hatte. Auch in diesem Fall hätte sie mit Erlass des dem Antragsteller am 04.03.2009 zugestellten Widerrufsbescheides die einjährige Widerrufsfrist gewahrt. Ungeachtet dessen durfte die Antragsgegnerin für den Zeitpunkt ihrer Kenntnisnahme von den den Widerruf rechtfertigenden Tatsachen durchaus auf den Zeitpunkt der rechtskräftigen Verurteilung des Antragstellers abstellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.1.1, 14.1 und 54.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327 f.). Danach ist für den Widerruf der Berufsberechtigung (14.1) und der Gewerbeerlaubnis (54.1) jeweils der Jahresbetrag des erzielten oder erwarteten Gewinns, mindestens 15.000,00 Euro, zugrunde zu legen. Gem. Nr. 1.1.1 sind diese Beträge zu addieren, da es sich um zwei Anträge mit selbständiger Bedeutung handelt. Der Streitwert im Hauptsacheverfahren beträgt demnach 30.000,00 Euro, der im Hinblick auf den vorläufigen Charakter des gerichtlichen Eilverfahrens auf 15.000,00 Euro halbiert wird.