Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 12.04.2016, Az.: 10 UF 313/15
Umfang des nachehelichen Unterhaltsanspruchs; Ausgleich von ehebedingten Nachteilen beim Bezug einer befristeten Arbeitsunfähigkeitsrente
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 12.04.2016
- Aktenzeichen
- 10 UF 313/15
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2016, 15970
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2016:0412.10UF313.15.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Celle - 24.02.2016 - AZ: 10 UF 313/15
- AG Uelzen - 27.11.2015 - AZ: 3b F 1299/11
Rechtsgrundlage
- BGB § 1579 Abs. 1
Fundstellen
- FamRB 2016, 296
- FuR 2016, 720-721
- FuR 2016, 3
- NJW 2016, 2194-2195
- NJW-Spezial 2016, 420-421
Amtlicher Leitsatz
Ein fortwirkender ehebedingter Nachteil kann auch darin bestehen, dass der Unterhaltsberechtigte bei Bezug von Lohnersatzleistungen (hier: befristete Erwerbsunfähigkeitsrente, die wesentlich auch auf den Verhältnissen des Arbeitsmarktes beruht) nicht wie bei einem entsprechend hohen Erwerbseinkommen zugleich auch Altersversorgungsansprüche aufbauen kann. Die Bemessung eines solchen ehebedingten Nachteils kann an einem entsprechenden Altersvorsorgeunterhalt orientiert werden.
Tenor:
1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Uelzen vom 27. November 2015 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Säumnisbeschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Uelzen vom 4. November 2014 wird aufrechterhalten.
Der Antragsteller trägt auch die weiteren Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller (§ 243 FamFG).
Gründe
I.
Die im Juni 1989 geschlossene Ehe der Beteiligten, aus der zwei im April 1990 bzw. April 1993 geborene Söhne hervorgegangen sind, ist nach im Dezember 1999 erfolgter Trennung durch - seit dem 16. Juni 2001 rechtskräftiges - Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Uelzen vom 27. April 2001 geschieden worden.
Die beiden Söhne lebten nach der Trennung der Beteiligten im Haushalt der Antragsgegnerin, die sie allein betreute. Nach einem vor dem Senat am 28. Mai 2002 geschlossenen Vergleich hat der Antragsteller der Antragsgegnerin einen monatlichen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 300 € zu leisten.
Im Jahr 2008 hatte der Antragsteller ein erstes Abänderungsverfahren eingeleitet, welches durch eine außergerichtliche Einigung der Beteiligten erledigt worden ist. Dabei hatten sich die Beteiligten auf eine vorübergehende Herabsetzung des zu leistenden Unterhaltsbetrages auf 175 € geeinigt und zwar befristet bis zur - im April 2011 eingetretenen - Volljährigkeit des Sohnes Y..
Nach vergeblicher Aufforderung zu einem entsprechenden außergerichtlichen Verzicht auf den in voller titulierter Höhe wiederaufgelebten Unterhaltsanspruch insgesamt hat der Antragsgegner das vorliegende Verfahren eingeleitet. Darin hat er in Abänderung des Vergleiches einen Wegfall seiner Verpflichtung durch Befristung des Unterhalts bis zum 31. Juli 2015 begehrt. Zwar ergebe sich nach fortgeschriebenen ehelichen Lebensverhältnissen weiterhin rechnerisch ein Unterhaltsanspruch in der titulierten Höhe; aufgrund des Fehlens ehebedingter Nachteile seitens der Antragsgegnerin sei ihr Unterhaltsanspruch aber gemäß § 1578b BGB entsprechend zu befristen.
Die Antragsgegnerin ist dem unter ausführlichem tatsächlichen wie rechtlichen Vortrag entgegengetreten; sie hält das Abänderungsbegehren bereits für unzulässig und durch das nicht weiter verfolgte entsprechende Verfahren 2008 für präkludiert. Zugleich beruft sie sich auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile.
Der diesbezüglichen Auseinandersetzung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Antragsgegnerin hatte rund zwei Jahre vor Eheschließung eine Ausbildung zur Arzthelferin begonnen. Dieses Ausbildungsverhältnis wurde arbeitgeberseitig während der Probezeit aufgrund einer ersten rheumatischen Erkrankung der Antragsgegnerin nach einer früheren Yersinien-Infektion gekündigt. Nach entsprechender medikamentöser Einstellung kam es bis und unmittelbar nach der Eheschließung nicht zu einem erneuten Ausbildungsvertrag. In der Ehe konzentrierte sich die Antragsgegnerin neben zeitweiligen geringfügigen Tätigkeiten auf die Haushaltsführung sowie die Betreuung der gemeinsamen Kinder. Nach der Ehe absolvierte die Antragsgegnerin bis Juni 2003 erfolgreich eine Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation, ohne in diesem Bereich in der Folgezeit eine berufliche Stellung begründen zu können. Seit 2004 bezieht sie - zuletzt mit Bescheid vom 24. Februar 2015 unter Befristung bis zum 28. Februar 2017 in Höhe von rund 850 € - durchgängig eine jeweils befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung, die allerdings "nicht ausschließlich auf ihrem Gesundheitszustand, sondern auch auf den Verhältnissen des Arbeitsmarktes beruht". Daneben übt sie eine geringfügige Tätigkeit aus, aus der sie bereinigt durchschnittlich rund 375 € erzielt. Sie hat mit einem aus ihrer Familie erhaltenen Erbe sowie unter ergänzender Fremdfinanzierung Wohneigentum erworben, das unter Berücksichtigung zu leistender Zinszahlungen zu einem verbleibenden Wohnvorteil führt.
Im erstinstanzlichen Verfahren sind nacheinander zwei Säumnisbeschlüsse ergangen, für die jeweils die gesetzlichen Vorlagen erfüllt waren. Nachdem zunächst mit Säumnisbeschluß vom 28. Februar 2012 dem Abänderungsbegehren uneingeschränkt entsprochen worden war, wurde auf form- und fristgerechten Einspruch der Antragsgegnerin hin mit Säumnisbeschluß vom 4. November 2014 der Säumnisbeschluß vom 28. Februar 2012 aufgehoben und der Abänderungsantrag vollständig abgewiesen. Dagegen wiederum hatte der Antragsteller form- und fristgerecht Einspruch eingelegt.
Das Amtsgericht hat schließlich mit Beschluß vom 27. November 2015, auf den auch zur weiteren Sachdarstellung ergänzend Bezug genommen wird, den Säumnisbeschluß vom 4. November 2014 wiederum (teilweise) aufgehoben und den Vergleich vom 28. Mai 2002 dahin abgeändert, daß es den nachehelichen Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin bis zum 31. Dezember 2014 befristet hat. Es hat den Abänderungsantrag für zulässig erachtet, ist - ohne weitere Auseinandersetzung damit - davon ausgegangen, daß die Antragsgegnerin keine ehebedingten Nachteile erlitten habe, und hat eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen ab Anfang 2015 für unbillig gehalten.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde der Antragsgegnerin, die ihr Ziel der Abweisung des Abänderungsantrages unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterverfolgt.
Der Antragsteller tritt der Beschwerde entgegen und verteidigt die amtsgerichtliche Entscheidung.
Der Senat hat mit ausführlichem Hinweisbeschluß vom 24. Februar 2016 die Beteiligten darauf hingewiesen, daß und warum er - entgegen der amtsgerichtlichen Entscheidung - nach dem bisherigen Sach- und Streitstand von einem fortwirkenden ehebedingten Nachteil der Antragsgegnerin in Höhe des von ihr verteidigten Unterhaltsanspruches ausgeht.
Im Hinblick auf vom Antragsteller geltend gemachte Schwierigkeiten einer sachgerechten Stellungnahme aufgrund zeitweiliger Verhinderung seines Verfahrensbeistandes hat der Senat antragsgemäß den anstehenden Verhandlungstermin vom 1. auf den 22. März 2016 verlegt. Auf die entsprechende Stellungnahme des Antragstellers hat die Antragsgegnerin - wiederum bedingt durch den Urlaub ihrer Verfahrensbevollmächtigten - mit Schriftsatz vom 18. März 2016 repliziert. Im Termin vor dem Senat ist dem Antragsteller in Hinblick auf neues tatsächliches Vorbringen in letztgenanntem Schriftsatz ein Schriftsatznachlaß bis zum 5. April 2016 gewährt worden.
Mit Schriftsatz vom 1. April 2016 hat der Antragsteller unter Berufung auf Verwirkung des Unterhaltsanspruches den Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung begehrt.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und firstgerecht beim Amtsgericht eingelegte und gegenüber dem Senat begründete Beschwerde der Antragsgegnerin führt zu dem aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg.
1. Dabei kann der Senat abschließend in der Sache entscheiden. Gründe, die - wie im nachgelassenen Schriftsatz des Antragstellers begehrt - einen Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung erfordern würden, liegen im Streitfall nicht vor.
a) Der erstinstanzlich zeitweilig verfolgte zusätzliche Einwand der Verwirkung des Unterhaltsanspruches der Antragsgegnerin aufgrund einer "bereits länger als fünf Jahre" dauernden "festen Beziehung" (so die erstmalige Geltendmachung im Schriftsatz vom 5. Dezember 2014 - Bl. I 145 d.A.) war bereits bis einschließlich des Termins zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 22. März 2016 nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Der Antragsteller hat diesen Einwand vielmehr im Beschwerdeverfahren erstmals in dem (allein zu neuem tatsächlichen Vorbringen der Antragsgegnerin in deren Schriftsatz vom 18. März 2016) nachgelassenen Schriftsatz wiederaufgegriffen.
Der diesbezügliche Vortrag war in dem besagten wie in dem Schriftsatz vom 10. Februar 2015 (Bl. I 157 d.A.) derart pauschal und unsubstantiiert, daß er - jedenfalls nachdem die Antragsgegnerin eine derartige "feste Beziehung" ausdrücklich bestritten hatte - schlicht unbeachtlich war. Dies ist im übrigen durch das Amtsgericht auch für den Antragsteller deutlich gemacht worden, indem es sowohl in dem Hinweisbeschluß vom 25. März 2015 (Bl. I 175 f. d.A.) als auch in der Hinweis zur Ladungsverfügung vom 14. April 2015 (Bl. I 179 d.A.) die aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Fragen präzise aufgezeigt hat und dabei - zu Recht - nicht weiter auf den unsubstantiierten Verwirkungseinwand eingegangen ist.
Nach einem Wechsel des Verfahrensbevollmächtigten seitens des Antragstellers ist dann von diesem mit Schriftsatz vom 23. Juni 2015 - objektiv falsch - ausgeführt worden, eine entsprechende über fünf Jahre währende (nunmehr) "Lebenspartnerschaft" der Antragsgegnerin sei "unstreitig".
Erstmals in einem weiteren Schriftsatz vom 29. Juni 2015 (Bl. II 46 d.A.), finden sich dazu nähere Angaben. Dort ist immerhin einmal der vermeintliche Lebenspartner konkretisiert und als Zeuge (allein) dafür benannt worden, daß eine Tochter des Zeugen, die in dessen Haushalt lebe, in der Vergangenheit "an bestimmten Tagen in der Woche, wohl während der Spätschicht" des Zeugen, von der Antragsgegnerin versorgt und betreut worden sei, dies allerdings "wohl" nicht mehr stattfinde. Weiter wurde - insofern allerdings ohne jeglichen diesbezüglichen Beweisantritt - vorgetragen, der Sohn der Beteiligten Y. habe anläßlich seiner Freisprechung den Antragsteller gebeten, auf eine Teilnahme zu verzichten, weil er die ihm zur Verfügung stehenden lediglich drei Plätze für seine Freundin, die Antragsgegnerin und deren Lebensgefährten nutzen wolle. Die Antragsgegnerin ist auch diesem Vortrag im Schriftsatz vom 22. Juli 2015 (Bl. II 108-110) wiederum substantiiert entgegengetreten. Sie hat zudem ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es an hinreichender Substanz für einen unterhaltsrelevanten Sachverhalt fehle und deutlich gemacht, daß sie diesbezüglich nur im Falle eines ausdrücklichen gerichtlichen Hinweis zur diesbezüglichen Notwendigkeit weiter vortragen werde. In den Schriftsätzen vom 27. Juli 2015 (Bl. II 122 ff. d.A.) und vom 4. August 2015 (Bl. II 150 ff.), wobei letzterer zudem einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung enthielt, ist der Antragsteller auf das Thema Verwirkung in keiner Weise mehr eingegangen.
Mit Beschluß vom 26. August 2015 (Bl. II 212 ff.) hat das Amtsgericht schließlich den Beteiligten ergänzende rechtliche Hinweise erteilt. Es hat dabei insbesondere ausgeführt, daß es für die Feststellung der Voraussetzungen eines Ausschlusses des Unterhaltsanspruches gemäß § 1579 Nr. 2 BGB bislang an einem hinreichenden Sachvortrag fehle und vorliegend der Antragsteller grundsätzlich darlegungs- und beweisbelastet sei. Mit Zustimmung der Beteiligten ist anschließend das Verfahren schriftlich geführt worden, wobei bis zum 10. Oktober 2015 Schriftsätze eingereicht werden konnten. Der Antragsteller ist in seinem Schriftsatz vom 16. September 2015 (Bl. II 226 ff. d.A.) auf den Verwirkungseinwand nicht eingegangen. Mit weiterem Schriftsatz vom 13. Oktober 2015 (der ausdrücklich als Äußerung im Rahmen der bis zum 10. Oktober 2015 laufenden Frist zur Einreichung von Schriftsätzen bezeichnet ist) hat schließlich der Antragsteller erklärt, er halte die Frage des Verhältnisses der Antragsgegnerin zu dem Zeugen "nicht mehr für entscheidungserheblich"; weiter heißt es: "Sollte das Gericht den Verwirkungseinwand noch für erheblich halten, erbitte ich einen Hinweis."
Nach dieser Positionierung völlig zutreffend hat das Amtsgericht den vom Antragsteller fallengelassenen Verwirkungseinwand im Rahmen seiner Entscheidung vom 27. November 2015 auch bezüglich des Zeitraums August 2011 bis Dezember 2014, für den es den Abänderungsantrag zurückgewiesen hat und für den eine etwaige Verwirkung entscheidende Bedeutung hätte haben können, nicht weiter behandelt.
Der Antragsteller hat diese teilweise - mit einem etwa weiter aufrechterhaltenen Verwirkungseinwand unvereinbare - Antragsabweisung weder mit einer selbständigen, noch mit einer Anschlußbeschwerde angegriffen.
Im Rahmen der Beschwerdeerwiderung vom 9. Februar 2016 (Bl. II 129 ff. d.A.) hat der Antragsteller durch seinen nunmehrigen Verfahrensbevollmächtigten seinen bereits mit Schriftsatz vom 18. Januar 2016 (Bl. II 99 d.A.) vorab angekündigten Zurückweisungsantrag begründet. In dieser Begründung wird dabei weder der Verwirkungseinwand in irgendeiner Weise aufgegriffen oder erwähnt, noch findet sich darin auch nur eine allgemeine Bezugnahme auf - konkreten oder den gesamten - erstinstanzlichen Vortrag.
Spätestens durch den Hinweisbeschluß vom 24. Februar 2016 muß für den Antragsteller endgültig offenkundig geworden sein, daß der Senat nicht von einer Weiterverfolgung des Verwirkungseinwands im Beschwerdeverfahren ausging. Ungeachtet dessen ist weder in der ausführlichen Stellungnahme zum Hinweisbeschluß mit Schriftsatz vom 1. März 2016 (Bl. III 173 ff. d.A.) - für die der Senat noch eigens durch antragsgemäße Terminsverlegung weitere Zeit eingeräumt hatte - noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung (vgl. auch die Sitzungsniederschrift Bl. III 203 f. d.A.) ein diesbezüglicher Vortrag oder auch nur eine ausdrückliche Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag erfolgt.
b) Zu einer etwaigen Verwirkung war im Übrigen auch - selbst wenn man einen dahingehenden Einwand denn für im Beschwerdeverfahren weiterverfolgt erachten wollte - jedenfalls nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Der gesamte diesbezügliche erstinstanzliche Vortrag des Antragstellers war streitig geblieben. Unter Beweisantritt gestellt war allein der Vortrag, die Antragsgegnerin habe zu irgendeiner Zeit an irgendwelchen Tagen eine Tochter ihres angeblichen "Lebensgefährten" nachmittags betreut. Dieser - ausdrücklich und substantiiert bestrittene - Vortrag kann unproblematisch als wahr unterstellt werden, ohne daß sich daraus ein tragfähiges Indiz für das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 1579 Nr. 2 BGB seitens der Antragsgegnerin ergäbe.
c) Nichts anderes ergibt sich schließlich durch den neuen Vortrag des Antragstellers in dem - nicht insofern - nachgelassenen Schriftsatz, die Antraggegnerin habe gemeinsam mit dem vermeintlichen "Lebensgefährten" die Hochzeit des zweiten Sohnes der Beteiligten am 18. März 2016 besucht und dieser sei dabei der Trauzeuge gewesen.
Zunächst ist dieser - gemäß § 296a ZPO allenfalls als streitig zu behandelnde - Vortrag in keiner Weise unter Beweisantritt gestellt worden. Weiter könnte auch dieser Vortrag als wahr unterstellt werden, ohne daß sich - selbst in Zusammenschau mit einem ebenfalls als wahr unterstellen Vortrag bezüglich der "Kinderbetreuung" - ein tragfähiges Indiz für das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 1579 Nr. 2 BGB seitens der Antragsgegnerin ergäbe. Schließlich hätte der Antragsteller aber diesen auf eigener Wahrnehmung beruhenden Vortrag bezüglich eines Vorganges am 18. März 2016, unproblematisch bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 22. März 2016, an der er persönlich teilgenommen hat, vornehmen können und müssen, so daß der Vortrag dieses Ereignisses ohnehin in keinem Fall berechtigter Anlaß für einen Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung sein könnte.
2. Der Abänderungsantrag des Antragstellers ist allerdings im Streitfall - anders als von der Antragsgegnerin vertreten - zulässig.
Sowohl nach dem 2002 abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich als auch gemäß der außergerichtlichen Vereinbarung der Beteiligten aus dem Jahre 2008 ist zumindest nicht auszuschließen, daß der Unterhalt der Antragsgegnerin auch auf der (Rest-) Betreuung der gemeinsamen Söhne beruhte; dies wird allein durch die befristete Festschreibung des - zugleich betragsmäßig für diese Zeit begrenzten - Anspruches bis zur Volljährigkeit von Y. hinreichend nahegelegt. Da ein derartiger, auf elternbezogenen Gründen beruhender Betreuungsunterhaltsanspruch selbst nach der seit 2009 geltenden Rechtslage nicht befristet werden kann, liegt allein in dem 2011 datierenden Wegfall des bis dahin rechtlich bestehenden Befristungsausschlusses eine wesentliche Änderung rechtlicher Art vor, die für sich den Abänderungsantrag bereits zulässig macht.
3. Der - nach nicht angefochtener Teilabweisung durch das Amtsgericht verbliebene - Abänderungsantrag für die Zeit ab Januar 2015 kann nicht erfolgreich auf wesentliche Veränderungen der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse gestützt werden. Abgesehen davon, daß der Antragsteller bereits zu keinem Zeitpunkt wie erforderlich zu den wirtschaftlichen Verhältnissen im verbliebenen Abänderungszeitraum vorgetragen hat (es fehlt jeglicher Vortrag für die Zeit nach Juni 2015), hat er im Rahmen seiner Beschwerdeerwiderung sogar unstreitig gestellt, daß sich nach wie vor rechnerisch ein Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin in der titulierten Höhe darstellen läßt (Bl. III 130 d.A.).
4. Einer - vom Amtsgericht ausgesprochenen sowie vom Antragsteller ohnehin vorrangig verfolgten und verteidigten - Befristung (bzw. Herabsetzung) des titulierten Unterhaltsanspruchs in Höhe von monatlich 300 € aus dem vor dem Senat am 28. Mai 2002 geschlossenen Vergleich steht im Streitfall durchgreifend entgegen, daß dem Antragsteller jedenfalls nicht der Nachweis gelungen ist, daß die Antragsgegnerin keine in dieser Höhe fortwirkenden ehebedingten Nachteile erlitten hat (§ 1578b BGB). Insofern kommt es auf die weitere Frage der tatsächlichen Unbilligkeit einer weiteren Unterhaltszahlung entsprechend den ehelichen Lebensverhältnissen gar nicht mehr an.
a) Die Antragsgegnerin hat ihrer sekundären Darlegungslast hinsichtlich des Bestehens derartiger fortwirkender ehebedingter Nachteile entsprochen.
Bei hinweggedachter Eheschließung hätte die Antragsgegnerin nach ihrem plausiblen Vortrag Ende der Achtzigerjahre des vorigen Jahrhunderts im Anschluß an ihre gesundheitliche Wiederherstellung nach dem ersten Auftreten ihrer rheumatischen Erkrankung eine Ausbildung - wie bereits einmal aufgenommen - als Arzthelferin, als Fremdsprachenkorrespondentin oder etwa - wie später tatsächlich erfolgreich abgeschlossen - als Kauffrau aufgenommen und diese erfolgreich abgeschlossen. Sie hätte eine entsprechende vollschichtige Tätigkeit in ihrem Ausbildungsberuf aufgenommen und sich in einer solchen nachhaltig etabliert sowie sich in zumindest durchschnittlicher Weise fortentwickelt. Dabei hätte sie im Rahmen der Wahl des Arbeitgebers, des Arbeitsplatzes sowie der Art ihrer konkreten Beschäftigung ihrer grundsätzlich angelegten gesundheitlichen Einschränkung Rechnung getragen, so daß letztere einer dauerhaft vollschichtigen Berufsausübung aufgrund deren konkreter Ausgestaltung nicht entgegenstehen würde. Aus einer derartigen Tätigkeit würde sie im hier maßgeblichen Zeitraum ein Nettoeinkommen in Höhe von allermindestens 1.486 € erzielen (Schriftsatz vom 7. Dezember 2011 = Bl. I 24 d.A.).
b) Die derart vorgetragene hypothetische Entwicklung sowie das angegebene sich daraus für die Antragsgegnerin ergebende Nettoeinkommen erscheinen naheliegend; der insofern beweisbelastete Antragsteller hat sie zudem nicht zu widerlegen vermocht.
Soweit der Antragsteller insofern pauschal behauptet, die Antragsgegnerin habe nach dem ersten Auftreten ihrer rheumatischen Erkrankung zu keinem Zeitpunkt mehr eine entsprechende Ausbildung aufnehmen geschweige denn erfolgreich abschließen oder gar in einem entsprechenden Beruf vollschichtig arbeiten können, ist dies bereits durch den tatsächlichen Geschehensablauf durchgreifend widerlegt. Die Antragsgegnerin hat tatsächlich nach der Trennung der Beteiligten und neben der alleinigen Betreuung der beiden damals teilweise noch grundschulpflichtigen Söhne eine Berufsausbildung zur Kauffrau absolviert und erfolgreich abgeschlossen. Daraus, daß diese tatsächlich absolvierte Ausbildung - unstreitig - durch einen Bekannten vermittelt und durch die Agentur für Arbeit gefördert wurde, ergeben sich schon aufgrund der daneben allein geleisteten Kindesbetreuung keinerlei Anhaltspunkte, daß es sich um eine nicht realen Arbeitsmarktgegebenheiten entsprechende Tätigkeit gehandelt haben könnte.
Zudem hat sie unstreitig auch während des Zusammenlebens sowie im Zeitraum um die Trennung, neben dem damals für die beiden Söhne noch wesentlich umfangreicheren Betreuungsaufwand sowie der Übernahme des Haushalts - nicht zuletzt während der erheblichen beruflichen Abwesenheitszeiten des Antragstellers - entgeltliche Nebentätigkeiten ausgeübt.
Damit steht zur Überzeugung des Senats hinreichend sicher fest, daß sie wie von ihr geltend gemacht Ende der Achtzigerjahre auch in Vollzeit eine Berufsausbildung absolvieren und eine Berufstätigkeit in den vorgetragenen Berufsfeldern hätte aufnehmen sowie sich in ihrem erlernten Beruf jedenfalls bis 2004 hätte etablieren können.
Aus den vorgelegten Teilerwerbsunfähigkeitsbescheiden nebst umfangreicher Anlagen ergibt sich weiter, daß die Antragstellerin selbst in der Folgezeit aus der begründeten Sicht von Arbeitsverwaltung wie Sozialbehörden sowie rechtlich nach wie vor jedenfalls in nicht unerheblichem Maße arbeitsfähig ist. Dies wird noch dadurch unterstrichen, daß sie auch tatsächlich eine teilschichtige entgeltliche Tätigkeit ausübt.
Demgegenüber kommt es auch nicht weiter entscheidend auf den allein unter Beweisantritt "Sachverständigengutachten" gestellten Vortrag des Antragstellers an, es sei nicht zu erwarten, daß die Antragsgegnerin über mehrere Monate schmerzfrei und ohne Bewegungseinschränkungen sein könne (Schriftsatz vom 1. März 2016 - Bl. III 176 d.A.) bzw. bei der degenerativen Erkrankung der Antragsgegnerin sei eine zwischenzeitliche längerfristige Genesung ausgeschlossen (ebenda Bl. III 177 d.A.). Dieser Vortrag steht der Darstellung der Antragsgegnerin zu einer fortgesetzten vollschichtigen Erwerbstätigkeit an einem seit der Ausbildung gesicherten und entsprechend gewählt wie ausgestatteten Arbeitsplatz nicht einmal entgegen. Auch wenn sie tatsächlich regelmäßig - dem Krankheitsbild entsprechend schubweise - durch Schmerzen und in der Bewegung eingeschränkt sein mag, führt dies bei ihr - wie sich auch aus dem persönlichen Eindruck des Senats und ihren im Rahmen des Termins erfolgten überzeugenden persönlichen Schilderungen ergibt - nicht etwa zugleich zum durchgreifenden Ausschluß einer sachgerecht gestalteten Erwerbstätigkeit.
Entsprechendes gilt auch für die Behauptung des Antragstellers, bei ihr liege eine vollständige Erwerbsunfähigkeit vor (ebenda Bl. II 177 d.A.). Selbst wenn die - an abstrakten und allgemeinen Maßstäben orientierten - rechtlichen Voraussetzungen einer solchen (vollständigen und dauerhaften) Erwerbsunfähigkeit festgestellt würden, wäre damit nicht zugleich ausgeschlossen, daß sie dennoch - wie in gar nicht seltenen und auch dem Senat persönlich bekannten Fällen durchaus der Fall - wie vorgetragen willens und in der Lage sein könnte, an einem entsprechend geeigneten Arbeitsplatz vollschichtig tätig zu sein.
Das von der Antragsgegnerin erzielbare Nettoeinkommen hat der Antragsteller schließlich jedenfalls in Höhe eines Betrags von 1.400 € unstreitig gestellt.
c) Auf der Grundlage des danach zugrunde zu legenden hypothetischen Verlaufs und eines entsprechenden Nettoeinkommens stellt sich unproblematisch ein ehebedingter Nachteil in jedenfalls der von der Antragsgegnerin verteidigten Höhe der bestehend Titulierung von 300 € dar. Insofern spielt es nicht einmal eine entscheidende Rolle, ob man von dem von der Antragsgegnerin insofern plausibel dargelegten und vom Antragsteller nicht widerlegten Betrag von 1.468 € oder lediglich den unstreitig gestellten 1.400 € ausgeht.
Ein ehebedingter Nachteil der Antragsgegnerin liegt nicht vor im Umfang ihres tatsächlich erzielten Erwerbseinkommens (rund 375 €) sowie der tatsächlich (nach wie vor befristet) bezogenen EU-Rente (rund 850 €), also von zusammen rund 1.225 €. Ohne Bedeutung bleibt insofern der - ihr auf der Ebene ihres Unterhaltsbedarfs allerdings anzurechnende - (Netto-) Wohnvorteil, da dieser seinerseits unstreitig nicht ehebedingt ist.
Allerdings wird der ehebedingte Nachteil für die Antragsgegnerin nicht bereits durch eine schlichte Berechnung nach der Formel 1.468 € bzw. 1.400 € hypothetisches Netto-Erwerbseinkommen ohne Ehe ./. 375 € tatsächliches Netto-Erwerbs-einkommen ./. 850 € EU-Rente = 243 € bzw. 175 € vollständig erfaßt. Denn mit dem für die Nachteilsermittlung maßgeblichen Bezug eines um (1.468 € - 375 € =) 1.093 € bzw. (1.400 € - 375 € =) 1.025 € höheren Netto-Erwerbseinkommens wäre zugleich auch der Erwerb entsprechender Rentenansprüche verbunden, die der Antragsgegnerin aber tatsächlich entgehen. Dieser zusätzliche Nachteil hinsichtlich des Erwerb von Altersvorsorgeanwartschaften entspricht grundsätzlich dem - typischerweise zusätzlich zum Elementarunterhalt bestehenden - Altersvorsorgeunterhaltsanspruch, der für die hier in Rede stehenden Jahre 2015 und 2016 auf Beträge in der genannten Höhe gut 239 € bzw. 222 € ausmacht. Selbst wenn man dabei berücksichtigt, daß für die Antragsgegnerin im Rahmen der Ermittlung der EU-Rente auch für die Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze - wenn auch angesichts ihrer ganz beschränkt selbst erworbenen Rentenanwartschaften nur in engem Rahmen - Zurechnungen erfolgt sind, verbleibt insofern aber allemal ein Nachteil in Höhe weiteren 125 € (vgl. dazu insgesamt auch Büte/Poppen/Menne3-Botur, Unterhaltsrecht, § 1578b Rz. 16).