Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 20.08.2021, Az.: 12 B 2434/21
Rinderstall; Überbelegung
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 20.08.2021
- Aktenzeichen
- 12 B 2434/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2021, 70757
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 60 Abs 2 Nr 1 Alt 1 BauO ND
- § 79 Abs 1 S 1 BauO ND
- § 79 Abs 1 S 2 Nr 5 BauO ND
Tenor:
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom C. in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom D. wird angeordnet (E.). Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens zu 2/3 und der Antragsgegner zu 1/3.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 27.500,00 EURO festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Untersagung der Nutzung seines Rinderstalls über den genehmigten Umfang hinaus sowie die in Bezug hierauf erfolgte Androhung und Festsetzung von Zwangsgeldern.
Der Antragsteller ist Landwirt und Eigentümer des im Außenbereich gelegenen Flurstücks F., G., Gemarkung A-Stadt. Auf diesem Grundstück befindet sich ein Stall für Rindviehhaltung. Dieser besteht aus einem Boxenlaufstall und einem Selektionsbereich, der auch als „Abkalbestall“ bezeichnet wird. Die Baugenehmigung für den Stall vom H. gilt gemäß ihrer Ziffer 1 nur für die in der Bau- bzw. Betriebsbeschreibung vom 24. Juli 2002 i. V. m. der Betriebsbeschreibung vom I. ausdrücklich angegebene Nutzung und Belegungsstärke. Jede wesentliche Änderung ist anzuzeigen; gegebenenfalls ist ein Antrag auf Nutzungsänderung zu stellen (vgl. Satz 2 und 3 der Ziffer 1 der Baugenehmigung vom 6.5.2003). Die Tierplatzzahl für den Boxenlaufstall wird in Ziffer 2 der Baugenehmigung auf insgesamt 98 Stallplätze festgelegt. In Ziffer 28 wird ein Gutachten zu Ammoniakimmissionen von J. vom K. zur Grundlage der Baugenehmigung erklärt. Die Betriebsbeschreibung vom L. schlüsselt die Verteilung der erstellten Stallplätze im Neubau nach Vieheinheiten weiter auf: 63 entfallen auf Milchkühe, 6 auf Färsen und 29 auf Jungrinder im Alter von 0,5 bis 1 Jahr.
Bei einer – anlässlich eines telefonischen Hinweises auf eine Überbelegung durchgeführten – Überprüfung des Boxenlaufstalls am 4. März 2019 stellte der Antragsgegner eine Belegung mit 154 Milchkühen fest, hiervon 16 im Selektionsbereich und 138 im Boxenlaufstall.
Unter dem 18. März 2019 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zu einer beabsichtigten Anordnung der Reduzierung des Tierbestands an. Er verwies hierbei darauf, dass nach der Baugenehmigung vom M. eine Nutzung des Abkalbestalls für die Tierhaltung nicht vorgesehen sei. Für den Stall sei nur eine Haltung von 63 Milchkühen, 6 Färsen und 29 Jungrindern gestattet.
Bei einer Ortsbesichtigung am 6. Mai 2019 befanden sich insgesamt 158 Milchkühe im Stall, hiervon 16 im Selektionsbereich und 142 im Boxenlaufstall. Ein Mitarbeiter des Antragsgegners erläuterte dem Antragsteller bei dieser Gelegenheit ausweislich seines entsprechenden Vermerks die Sach- und Rechtslage und schlug einen Gesprächstermin unter Beteiligung einer Berufsgruppenvertretung vor.
Am 14. Mai 2019 stellte ein Mitarbeiter des Antragsgegners 109 Tiere im Boxenlaufstall und 16 im Selektionsbereich fest.
Am 21. Juni 2019 trafen sich die Beteiligten zu einem Gespräch. Der Antragsteller teilte mit, dass er seit Anfang des Monats einen Boxenlaufstall mit 45 Tierplätzen in N. gepachtet habe. Er beabsichtige zudem, eine Umnutzung der Jungviehplätze zu Kuhplätzen und des Kranken- und Abkalbestalles zum Kuhstall zu beantragen.
Am 17. Juli 2019 reichte ein vom Antragsteller beauftragter Diplomingenieur bei dem Antragsgegner für den streitgegenständlichen Stall eine neue Betriebsbeschreibung sowie eine Zeichnung ein und erklärte dazu, dass er für den Antragsteller die Umnutzung der 98 Stellplätze zu 102 Milchkuhplätzen und des Abkalbestalls zu einem Stall für 16 Milchkühe beantragen solle.
Ausweislich eines Vermerks vom 27. August 2019 sah der Antragsgegner aufgrund der Beauftragung des Diplomingenieurs mit der Beantragung der Nutzungsänderung und der teilweisen Verlagerung des Tierbestandes auf den gepachteten Stall zunächst davon ab, die Reduzierung des Tierbestands anzuordnen.
Bei einer unangekündigten Nachkontrolle am 27. April 2020 seitens des Antragsgegners befanden sich 112 Milchkühe im Boxenlaufstall und 16 im Selektionsbereich.
Unter dem 8. Mai 2020 hörte der Antragsgegner den Antragsteller abermals zu einer Anordnung der Reduzierung des Tierbestands auf die genehmigte Anzahl an. Dazu äußerte sich der Antragsteller nicht.
Eine Kontrolle am 3. Juni 2020 ergab einen Bestand von insgesamt 146 Tieren im Stall, hiervon 128 im Boxenlaustall und 16 im Selektionsbereich.
Mit Bescheid vom O. – zugestellt am 10. Juni 2020 – forderte der Antragsgegner den Antragsteller auf, den Tierbestand bis zum 1. August 2020 auf 98 Milchkühe im Boxenlaufstall und 16 Milchkühe im Abkalbestall zu reduzieren. Eine hierüber hinausgehende Nutzung untersagte er (Ziffer 1). Ferner forderte er den Antragsteller zu einer weitergehenden Reduzierung des Tierbestands auf 63 Milchkühe, 6 Färsen und 29 Jungrinder bis zum 1. Dezember 2020 auf. Eine hierüber hinausgehende Nutzung sowie eine Nutzung des Abkalbestalls zur Tierhaltung untersagte er (Ziffer 2). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 ordnete er an (Ziffer 3). Ferner drohte er dem Antragsteller für den Fall der nicht fristgerechten oder vollständigen Befolgung der Ziffern 1 und 2 ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 10.000,00 Euro an (Ziffer 4). Begründend führte er aus, dass eine Änderung genehmigter Tierplatzzahlen genehmigungspflichtig sei. Eine Ausnahme liege nicht vor. Die Nutzungsuntersagung sei zur Herstellung rechtmäßiger Zustände erforderlich. Unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit werde dem Antragsteller für die Reduzierung des Tierbestands auf die genehmigte Anzahl an Milchkühen eine Frist bis zum 1. Dezember 2020 eingeräumt. Aus tierschutzrechtlicher Sicht sei jedoch eine vorherige teilweise Reduzierung bis zum 1. August 2020 angezeigt. Die sofortige Vollziehung werde zur schnellstmöglichen Unterbindung der nicht genehmigten Nutzung – insbesondere zum Schutz der Tiere – angeordnet. Das Zwangsgeld sei nach dem wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers bemessen worden.
Eine Kontrolle am 6. August 2020 ergab einen Tierbestand von 131 Milchkühen, hiervon 115 im Boxenlaufstall und 16 im Selektionsbereich.
Mit Bescheid vom P. – zugestellt am 14. August 2020 – setzte der Antragsgegner gegen den Antragsteller ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 Euro fest (Ziffer 1). Ferner drohte er ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 15.000,00 Euro für den Fall an, dass bis zum 1. September 2020 der Tierbestand nicht auf 98 Milchkühe im Boxenlaufstall und 16 Milchkühe im „Abkalbestall“ reduziert sei (Ziffer 2).
Mit Schreiben vom 19. August 2020 legte der Antragsteller gegen den Bescheid vom Q. – bei gleichzeitiger Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – sowie gegen den Bescheid vom P. Widerspruch ein. Er sei unverschuldet nicht in der Lage gewesen, die Widerspruchsfrist einzuhalten. Ereignisse um den Bodenabbau südlich seines Boxenlaufstalles, sowie damit möglicherweise im Zusammenhang stehende anonyme Anzeigen, Nachstellungen und Anschläge auf seinen Betrieb hätten ihn physisch wie psychisch massiv belastet. Dies habe zu einem Totalzusammenbruch am 13. Juli 2020 geführt. Bereits seit Juni 2020 sei er lediglich zur Aufrechterhaltung des Kerngeschäfts seines Betriebs in der Lage gewesen. Der Bedeutungsgehalt der Verfügung vom O. sei aufgrund seines psychischen Zustands nicht zu ihm durchgedrungen bzw. habe ihn nicht im eigentlichen Sinne erreicht. Die Baugenehmigung vom M. lege die Tierplatzzahl auf 98 fest. Ihr ließe sich nicht entnehmen, dass im Boxenlaufstall neben 63 Milchkühen nur 6 Färsen und 29 Jungrinder gehalten werden dürften. Neben den Tieren, die im Stall lebten, dürften sich auch Tiere im Stall befinden, die sich sonst nur im Freien, im Wartebereich vor dem Melkstand oder am Futtertisch aufhielten. Das angedrohte und festgesetzte sowie das neuerlich angedrohte Zwangsgeld seien deshalb zu hoch. Ferner habe er sich stets kooperativ verhalten. Es werde um Darlegung gebeten, wie in ähnlichen Fällen verfahren werde und wie das wirtschaftliche Interesse ermittelt worden sei. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei möglicherweise nicht beachtet worden.
Der Antragsgegner gewährte dem Antragsteller daraufhin unter dem 3. September 2020 Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist.
Am 17. September 2020 trafen sich die Beteiligten erneut zu einem Gespräch. Der Antragsgegner erläuterte hierin, dass nicht beanstandet werde, wenn Tiere im Freien gehalten würden, im Wartebereich vor dem Melkstand stünden oder sich am Futtertisch bedienten. Die Kontrollen hätten deshalb auch stets außerhalb der Melkzeiten stattgefunden. Aus tierschutzrechtlicher Sicht könne eine kurzfristige Überbelegung von bis zu 10 Prozent geduldet werden. Dauerhaft brauche jedoch jede Kuh einen Liegeplatz. Deshalb sei die Haltung von 98 Milchkühen tolerierbar, eine Begrenzung hierauf aber zwingend. Der Abkalbestall sei nicht für eine dauerhafte Tierhaltung vorgesehen. Die Tiere könnten dort derzeit nur geduldet werden, weil für die Abkalbung Plätze auf der Hofstelle zur Verfügung stünden.
Mit Schreiben vom 9. Oktober 2020 bat der Antragsteller um Abänderung der Bescheide vom O. und P.. Er wolle bis zum Ende des Jahres 102 Milchkühe im Boxenlaufstall und 16 im Abkalbestall halten. Er habe geplant, die Stallanlage zu erweitern und dadurch das Problem der Überbelegung zu lösen. Insoweit nahm er Bezug auf zwei weitere von ihm bei dem Antragsgegner eingereichte Anträge auf Baugenehmigungen für einen weiteren Boxenlaufstall und einen Tieflaufstall für Jungvieh auf dem Grundstück. Nach seinem Verständnis stünde allein die potentielle Schutzbedürftigkeit des angrenzenden Waldstücks vor den mit den Vorhaben verbundenen Ammoniakemissionen deren Genehmigung im Weg. Dieses immissionsschutzrechtliche Problem könne durch den Erwerb bzw. die langfristige Pacht des angrenzenden Waldstücks geklärt werden. Hierum bemühe er sich nachhaltig. Das festgesetzte Zwangsgeld sei zu hoch. Die finanzielle Lage der Landwirtschaft sei aktuell allgemein nicht gut. Er sei durch betriebliche Umstrukturierungsmaßnahmen und Auseinandersetzungen um einen südlich seines Boxenlaufstalls gelegenen und für den Betrieb existenzbedrohlichen Bodenabbau zusätzlich gefordert.
Eine Abänderung der angegriffenen Verfügungen lehnte der Antragsgegner zwar mit Schreiben vom 15. Oktober 2020 ab. Unter dem 1. Dezember 2020 setzte er aber die „Durchsetzung“ der Ziffer 2 des Bescheids vom Q. bis zum 8. Januar 2021 aus. Und er kündigte an, die Einhaltung des in Ziffer 2 genannten Tierbestands zu überprüfen.
Am 8. Januar 2021 bat der Antragsteller darum, zwei weitere Monate von der Durchsetzung der Ziffer 2 des Bescheids vom Q. abzusehen. Die Eigentümerin der Waldflächen sei schwer erkrankt gewesen und ihr Ehemann kürzlich verstorben.
Bei einer Kontrolle am 20. Januar 2021 befanden sich 102 Milchkühe im Boxenlaufstall und 16 im Selektionsbereich.
Mit Bescheid vom R. setzte der Antragsgegner abermals ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 Euro gegen den Antragsteller fest (Ziffer 1). Zudem forderte er den Antragsteller auf, den Tierbestand bis zum 1. Mai 2021 auf 63 Milchkühe, 6 Färsen und 29 Jungrinder im Boxenlaufstall zu reduzieren. Bei Nichteinhaltung werde ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 15.000,00 Euro festgesetzt (Ziffer 2).
Hiergegen legte der Antragsteller unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens am 11. Februar 2021 unter Vorlage eines Gutachtens der Diplom-Ökotrophologin S. vom T. Widerspruch ein. Er verzichte nunmehr auf den an sich geplanten Neubau, versehe den Güllebehälter mit Granulaten/Schwimmkörpern und beantrage die Zulassung von 118 Kühen in den vorhandenen Gebäuden. Das Gutachten belege, dass das Maß der zulässigen Ammoniakbelastung der angrenzenden Waldflächen bei einer solchen Nutzung nicht überschritten werde.
Am 15. März 2021 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht und zunächst nur beantragt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 10.000,00 Euro anzuordnen.
Mit Bescheiden vom U. – zugestellt am 24. März 2021 – hat der Antragsgegner nach erneuter Anhörung des Antragstellers die Widersprüche gegen die Bescheide vom O., C. und R. als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat er auf die formelle Baurechtswidrigkeit der Nutzung verwiesen. Es lägen lediglich Bauanträge für einen Boxenlaufstall mit Mistplatte sowie für einen Tieflaufstall für Jungvieh, nicht aber für eine Umnutzung zur Haltung von 102 Milchkühen im Boxenlaufstall und 16 Milchkühen im Abkalbestall vor. Eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit für den geänderten Tierbestand sei nicht gegeben. Hieran ändere auch die gutachterliche Stellungnahme vom T. nichts. Bei der Höhe der Zwangsgeldandrohungen und -festsetzungen habe er das wirtschaftliche Interesse an der Nichtbefolgung des Verwaltungsaktes berücksichtigt. Durch jede zusätzliche Milchkuh sei ein Ertrag von jährlich etwa 3.000,00 Euro möglich. Ein ernsthaftes Bemühen um eine Lösung der bauordnungsrechtlichen Probleme sei ebenso wenig ersichtlich wie eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Die Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom R. beziehe sich auch auf den Abkalbestall. Die Haltung von Tieren dort sei bis zum 1. Mai 2021 zu unterlassen. Bei Nichteinhaltung werde ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 15.000,00 Euro festgesetzt.
Am 22. April 2021 hat der Antragsteller Klagen erhoben gegen den Bescheid vom Q. (V.), den Bescheid vom P. (E.) und den Bescheid vom R. (W.).
Zudem hat er seinen gerichtlichen Eilantrag dahingehend geändert, dass er sich nunmehr gegen jede sofort vollziehbare Anordnung der Bescheide vom O., C. und R. richtet.
Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen. Darüber hinaus trägt er vor, dass sich die Frage der Erledigung stelle, soweit die Anordnungen Fristen enthielten.
Die Unterbringung weiterer Tiere in dem Boxenlaufstall sei einem Brand auf seiner Hofstelle im Jahr 2017 geschuldet. Dies habe der Antragsgegner bei seinen Entscheidungen nicht berücksichtigt. Er sei zudem lange Zeit davon ausgegangen, „mehr Belegung vornehmen zu dürfen, als die Baugenehmigung tatsächlich hergebe“, weil die Baugenehmigung das immissionsschutzrechtliche Gutachten von J. vom X. zur „Grundlage der Genehmigung“ erklärt habe. Dieses habe eine Planung mit 110 Milchkühen und 170 Jungrindern für unbedenklich gehalten und zudem für den Abkalbestall 20 Tiere auf Streu mitberücksichtigt. Ferner habe er die Begrenzung auf 98 Tiere allein auf den Boxenlaufstall bezogen. Schwankungen im Tierbestand seien üblich. Die Begrenzung der Anzeigepflicht in der Baugenehmigung auf „wesentliche Änderungen“ zeige, dass dies auch dem Antragsgegner bewusst sei. Da nicht ausgeführt werde, welche Änderung wesentlich sei, sei die Regelung zu unbestimmt. Er sei davon ausgegangen, dass eine Nutzungsänderung erst vorliege, wenn der Boxenlaufstall nicht mehr für die Rindviehhaltung genutzt werde. Der Antragsgegner scheine hingegen davon auszugehen, dass eine Nutzungsänderung bereits dann gegeben sei, wenn ein Jungrind zur Färse oder eine Färse zur Milchkuh werde. Dies sei nicht praktikabel. Die Unbestimmtheit der Baugenehmigung hätte im Rahmen der Ermessensausübung Berücksichtigung finden müssen. Er habe den Tierbestand bereits reduziert. Hierbei habe er alle sich ihm bietenden Möglichkeiten ausgeschöpft. Jede weitere Reduzierung würde ihn existenziell treffen. Der Antragsgegner hätte bei ihm nachfragen müssen, ob er den offensichtlich vermissten Nutzungsänderungsantrag habe stellen wollen, als er dort das immissionsschutzrechtliche Gutachten vom T. eingereicht habe, da sich dieses auf eine entsprechende Erweiterung des vorhandenen Boxenlaufstalls beziehe. Die Aufrechterhaltung der Untersagungsverfügung sei schon deshalb unverhältnismäßig. Dies gelte besonders in der wärmeren Zeit des Jahres, in der Tiere ohne weiteres auf der Weide gehalten werden könnten. Der Antragsgegner wahre ihm gegenüber nicht die gebotene Neutralität. Er sei erst auf Anzeigen seines Nachbarn hin tätig geworden und habe diesen auch über seine Bauanträge informiert. Es bestünde ein Widerspruch darin, ihm einerseits Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist zu gewähren, und andererseits ein Zwangsgeld festzusetzen und ein weiteres Zwangsgeld anzudrohen. Eine Ersatzvornahme sei zu keinem Zeitpunkt in Betracht gezogen worden. Die Einnahmeannahmen des Antragsgegners seien unrealistisch. Die Milchpreise seien niedrig, die Futterkosten hingegen hoch. Soweit die Zwangsgeldandrohung mit Bescheid vom Y. erstmals auf den Abkalbestall erstreckt worden sei, sei unklar, ob es sich hierbei um einen Verwaltungsakt handele.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom O. in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom U. wiederherzustellen, soweit sich die Anordnungen zu 1.) und 2.) nicht bereits durch Zeitablauf erledigt haben, und die aufschiebende Wirkung anzuordnen, soweit die Regelungen (Zwangsgeldandrohung) sofort vollziehbar sind;
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom P. in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom U. anzuordnen, soweit die Regelungen (Zwangsgeldfestsetzung, -androhung) sofort vollziehbar sind;
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom R. in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom U. anzuordnen, soweit die Regelungen (Zwangsgeldfestsetzung, -androhung) sofort vollziehbar sind.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er trägt er vor, dass die Grundverfügung sich nicht durch Zeitablauf erledigt habe. Lediglich die Ausführungsfristen seien verstrichen und damit gegenstandslos geworden. Ein Antrag auf eine Erweiterung der Stallanlage bzw. auf eine Nutzungsänderung liege ihm bis heute nicht vor. Er habe den Antragsteller mehrfach darauf hingewiesen, dass die Genehmigung eines Neubaus nicht die Überbelegung des vorhandenen Stalls löse, sondern erst die entsprechende Umsetzung zu einer Lösung beitragen könne. Eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit sei nicht gegeben. Der Inhalt der Baugenehmigung ergebe sich eindeutig aus der Betriebsbeschreibung und sei dem Antragsteller mehrfach erläutert worden. Dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei dadurch Rechnung getragen worden, dass zunächst eine Reduzierung auf das tierschutzrechtlich zulässige Maß und in einem weiteren Schritt auf das genehmigte Maß angeordnet worden sei. Die Zwangsgeldfestsetzungen seien rechtmäßig. Die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung sei – anders als deren Wirksamkeit – hierfür keine Voraussetzung. Bei der Höhe der Zwangsgelder sei das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers berücksichtigt worden. Dieser halte statt der genehmigten Anzahl 118 Milchkühe. Jede zusätzliche Kuh bedeute einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil. Unter Berücksichtigung des Ziels des Zwangsmittels als Beugemittel sei die Höhe der Zwangsgelder nicht zu beanstanden. Die Zwangsgelder seien erforderlich gewesen. Dem Antragsteller sei eine sehr lange Zeit zur Umsetzung zugebilligt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Die Voraussetzungen einer Antragsänderung im Sinne einer nachträglichen Antragshäufung liegen vor, §§ 44, 91 VwGO analog. Die Einbeziehung der Grundverfügung zu einer zunächst streitbefangenen Zwangsgeldfestsetzung sowie eines weiteren – in Bezug auf dieselbe Grundverfügung ergangenen – Zwangsmittelbescheids ist ebenso sachdienlich wie die Umstellung des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs hin zu einem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage. Sie dienen der endgültigen Beilegung des sachlichen Streits zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren und der Streitstoff bleibt im Wesentlichen derselbe (vgl. zu dieser Anforderung BVerwG, Beschluss vom 25.6.2009 – 9 B 20/09 –, juris, Rn. 6, m.w.N.).
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat teilweise Erfolg.
I. Soweit sich der Antragsteller gegen die in zwei Schritten verfügte Untersagung der Nutzung des Rinderstalles über den genehmigten Umfang hinaus wendet, so wie sie sich aus den Regelungen der Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom O. in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom U. ergibt, ist sein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alt. VwGO zulässig, aber unbegründet.
1. Der Antrag ist zulässig. Er ist insbesondere nicht unstatthaft aufgrund einer Erledigung der streitgegenständlichen Verfügung.
Die Untersagung der Nutzung über den genehmigten Umfang hinaus hat sich nicht mit Ablauf der beiden in dem Bescheid vom O. gesetzten Fristen zur Reduzierung des Tierbestands erledigt. Gemäß § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG i. V. m. § 43 Abs. 2 VwVfG tritt die Erledigung eines Verwaltungsaktes erst ein, wenn dieser nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.9.2008 – 7 C 5/08 –, NVwZ 2009, 122, Rn. 13). Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach dem Regelungsgehalt des Verwaltungsakts (BVerwG, Beschluss vom 27.7.2005 – 6 B 37.05 –, BeckRS 2005, 28819, Rn. 6). Wird für die Durchführung einer Handlungspflicht – wie hier der zweistufigen Reduzierung des Tierbestands – ein genau bestimmter Zeitpunkt festgelegt, stellt dies keine zeitliche Beschränkung des Geltungsanspruchs der Verfügung dar. Der festgelegte Zeitpunkt eröffnet dem Adressaten lediglich die Möglichkeit, die Anwendung von Zwangsmitteln noch zu verhindern (vgl. zum Vorstehenden VGH Mannheim, Urteil vom 31.5.2011 − 10 S 794/09 – NJOZ 2011, 2098, Rn. 16).
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Die für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegebene Begründung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Es reicht insofern jede schriftliche, einzelfallbezogene und nicht lediglich formelhafte Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet und die kenntlich macht, dass sich die Behörde bewusst ist, von einem rechtlichen Ausnahmefall Gebrauch zu machen (vgl. Hoppe in: Eyermann, 15. Aufl. 2019, VwGO, § 80, Rn. 55). Diesen Voraussetzungen wird die im Bescheid des Antragsgegners vom O. in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom U. gegebene Begründung gerecht. Der Antragsgegner hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Hinblick auf den konkreten Einzelfall damit begründet, dass ein überwiegendes Interesse bestehe, die nicht genehmigte Nutzung schnellstmöglich zu unterbinden. Die Tierställe seien nur für eine bestimmte Anzahl von Tieren vorgesehen. Die festgestellte Überbelegung könne die Gesundheit der Tiere erheblich gefährden. Eine abweichende Belegung bis zu einer endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf sei deshalb nicht hinnehmbar.
In der Sache kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung einer Klage ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn das private Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung einer Maßnahme verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Maßgebliches Kriterium für diese Abwägung sind grundsätzlich die im Rahmen einer summarischen Prüfung zu beurteilenden Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs. In den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO muss zudem ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes gegeben sein, welches das Gericht anhand der Umstände des konkreten Falls ohne Bindung an die Begründung der Behörde positiv feststellen muss.
Nach diesem Maßstab überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug das private Interesse des Antragstellers, vom Vollzug der Nutzungsuntersagung zunächst verschont zu bleiben.
a) Nach einer summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten wird die Klage des Antragstellers gegen die Ziffern 1 und 2 des Bescheides vom O. in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom U. keinen Erfolg haben. Die Untersagung der Nutzung des Rinderstalles über den genehmigten Umfang hinaus erweist sich als rechtmäßig.
Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 79 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 5 NBauO.
Gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 NBauO kann die Bauaufsichtsbehörde die zur Herstellung oder Sicherung rechtmäßiger Zustände erforderlichen Maßnahmen anordnen, wenn bauliche Anlagen oder Grundstücke dem öffentlichen Baurecht widersprechen oder dies zu besorgen ist. Gemäß § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 NBauO kann sie dazu namentlich die Benutzung von Anlagen untersagen. Zum öffentlichen Baurecht gehören nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 17 NBauO sämtliche Vorschriften der Niedersächsischen Bauordnung und damit auch die Vorschriften zur Genehmigungspflichtigkeit von Baumaßnahmen.
aa) Die Tatbestandsvoraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung liegen vor. Der Widerspruch zum öffentlichen Baurecht liegt darin, dass die aktuelle Nutzung des Boxenlaufstalls und des Selektionsbereichs durch den Antragsteller von der ihm erteilten Baugenehmigung nicht umfasst und somit formell illegal ist.
(1) Die Baugenehmigung für den Boxenlaufstall vom H. gilt gemäß ihrer Ziffer 1 nur für die in der Bau- bzw. Betriebsbeschreibung vom 24. Juli 2002 i. V. m. der Betriebsbeschreibung vom I. ausdrücklich angegebene Nutzung und Belegungsstärke. Jede wesentliche Änderung ist anzuzeigen; gegebenenfalls ist ein Antrag auf Nutzungsänderung zu stellen (vgl. Satz 2 und 3 der Ziffer 1 der Baugenehmigung vom 6.5.2003). Die Tierplatzzahl für den Boxenlaufstall wird in Ziffer 2 der Baugenehmigung auf insgesamt 98 Stallplätze festgelegt. Die Betriebsbeschreibung vom L. schlüsselt die Verteilung der erstellten Stallplätze im Neubau nach Vieheinheiten weiter auf: 63 entfallen auf Milchkühe, 6 auf Färsen und 29 auf Jungrinder im Alter von 0,5 bis 1 Jahr. Der Betriebsbeschreibung vom 24. Juli 2002 ist weiter zu entnehmen, dass in dem Gebäude noch ein kleiner Selektionsbereich für kranke und fußlahme Tiere vorgesehen ist. Weitere Tierplätze sind für diesen Bereich nicht genehmigt. Aus dem Gutachten von J. vom K. zu den Ammoniakimmissionen folgt nichts Anderes. Dieses berechnet im Gegenteil eindeutig die Ammoniakemissionen für einen geplanten Tierbestand von 63 Milchkühen, 6 Färsen und 29 Jungrindern (vgl. S. 6), insgesamt 98 Tieren (vgl. S. 3), und verhält sich lediglich zu der Eventualität einer mittelfristig geplanten Vergrößerung des Boxenlaufstalles. Aus dem Umstand, dass im Zusammenhang mit dem Abkalbestall in dem Gutachten die Zahl von 20 Tieren genannt wird („An der Nordseite des geplanten Melkhauses soll ein Abkalbestall für 20 Tiere entstehen“), kann vor diesem Hintergrund nicht auf die Genehmigung eines zusätzlichen Tierbestands geschlossen werden. Einen darüberhinausgehenden Genehmigungsumfang vermag auch die Beschränkung der Anzeigepflicht auf „wesentliche Tatsachen“ nicht zu begründen. Vielmehr folgt aus der detaillierten Festlegung der Nutzung des Boxenlaufstalles hinsichtlich Art und Zahl der Belegung, dass – jedenfalls mehr als kurzfristige – Überschreitungen der genehmigten Belegungsstärke eine „wesentliche Änderung“ im vorgenannten Sinne darstellen. Anders als der Antragsteller meint, ist die Baugenehmigung vor diesem Hintergrund auch ausreichend bestimmt i. S. d. § 37 Abs. 1 VwVfG.
(2) Der Antragsteller hat mehr als 63 Milchkühe, 6 Färsen und 29 Jungrinder im Alter von 0,5 bis 1 Jahr in dem Boxenlaufstall untergebracht. Zum Zeitpunkt der Nutzungsuntersagung waren es 128 im Boxenlaustall und 16 im Selektionsbereich. Im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids waren es noch 102 im Boxenlaufstall und 16 im Selektionsbereich. Diese Unterbringung ist von der Baugenehmigung vom Z. } nicht mehr gedeckt, die die Belegungsstärke ausdrücklich auf 98 beschränkt und darüber hinaus im Einzelnen aufschlüsselt, welche Vieheinheiten eingestallt werden dürfen.
(3) Bei dieser Überschreitung der genehmigten Belegungsstärke handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Gemäß § 59 Abs. 1 NBauO i. V. m. § 2 Abs. 13 NBauO bedürfen die Errichtung, die Änderung, der Abbruch, die Beseitigung, die Nutzungsänderung oder die Instandhaltung einer baulichen Anlage oder eines Teils einer baulichen Anlage der Genehmigung der Bauaufsichtsbehörde, soweit sich aus den §§ 60 bis 62, 74 und 75 NBauO nichts anderes ergibt. Die allein in Betracht kommende Ausnahme des § 60 Abs. 2 Nr. 1, 1. Alt. NBauO ist nicht einschlägig. Gemäß § 60 Abs. 2 Nr. 1, 1. Alt. NBauO ist die Änderung der Nutzung einer baulichen Anlage verfahrensfrei, wenn das öffentliche Baurecht an die neue Nutzung weder andere noch weitergehende Anforderungen stellt.
Abzustellen ist hierbei darauf, ob das Vorhaben trotz der zuvor betriebenen Nutzung erneut das Bedürfnis auslöst, seine baurechtliche Zulässigkeit in einem Baugenehmigungsverfahren präventiv prüfen zu lassen, oder ob es nach Lage der Dinge eines solchen Verfahrens nicht bedarf, weil eine abweichende Beurteilung nicht einmal in Betracht kommt (vgl. Nds. OVG, Beschlüsse vom 16.10.2006 – 1 ME 171/06 –, juris, Rn. 19; vom 30.3.2010 – 1 ME 54/10 –, juris, Rn. 10 und vom 22.11.2013 – 1 LA 49/13 –, juris, Rn. 13).
Die Unterbringung weiterer Tiere erfordert aufgrund des damit verbundenen Potentials der Erhöhung der mit der Nutzung der baulichen Anlage verbundenen Emissionen eine erneute Prüfung der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Boxenlaufstalls gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB, § 22, § 3 Abs. 1 BImSchG unter Berücksichtigung der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (im Folgenden: TA Luft). Von der Höhe der mit der baulichen Anlage verbundenen Stickstofffracht ist u.a. der einzuhaltende Mindestabstand zu empfindlichen Pflanzen und Ökosystemen abhängig (vgl. Anhang 1 TA Luft). Maßgeblich für die Berechnung der jeweiligen Ammoniakemissionen einer Anlage sind dabei ihre Tierplatzzahlen sowie die Art der eingestallten Vieheinheiten, da der Ammoniakemissionsfaktor eines für Jungvieh vorgesehenen Tierplatzes deutlich geringer ist als jener für Milchvieh (vgl. Tabelle 11 des Anhangs 1 der TA Luft).
bb) Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.
(1) Schon eine Nutzung ohne die erforderliche Genehmigung – sogenannte „formelle Illegalität“ – rechtfertigt regelmäßig den Ausspruch einer Nutzungsuntersagung, es sei denn, die Nutzung ist offensichtlich genehmigungsfähig (vgl. hierzu Nds. OVG, Beschlüsse vom 16.6.2014 – 1 ME 70/14 –, juris, Rn. 13; vom 12.3.2003 – 1 ME 342/02 –, juris, Rn. 10; vom 16.8.2019 – 1 LA 28/19 –, juris, Rn. 9 und vom 12.6.2014 – 1 LA 219/13 –, juris, Rn. 18 m.w.N).
Die Nutzung des streitgegenständlichen Rinderstalls über das genehmigte Maß hinaus durch den Antragsteller ist jedoch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Offensichtlich ist die Genehmigungsfähigkeit erst dann, wenn die Bauaufsichtsbehörde ohne weitere Ermittlungen erkennen kann, dass die ungenehmigte Nutzung dem öffentlichen Baurecht entspricht. Es muss mit anderen Worten geradezu handgreiflich sein und keiner näheren Prüfung bedürfen, dass der vom Bauherrn gewünschte Zustand dem öffentlichen Baurecht vollständig entspricht (Nds. OVG, Beschluss vom 12.3.2003 – 1 ME 342/02 –, juris, Rn. 10). Dies ist vorliegend aufgrund der sich neu stellenden immissionsschutzrechtlichen Fragen nicht der Fall, und zwar auch nicht unter Berücksichtigung des Gutachtens der Ökotrophologin S. vom AA.. Das Gutachten geht nämlich nur davon aus, dass die mit der Erhöhung des Tierbestands verbundenen zusätzlichen Emissionen bei gleichzeitig durchzuführenden Minderungsmaßnahmen (u.a. Umstellung der Rinderhaltung und spezielle Abdeckung des Güllebehälters) nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen führen würden. Einmal abgesehen davon, dass der Antragsgegner diese Minderungsmaßnahmen nicht anerkennt, bedürften diese jedenfalls erst noch der Realisierung.
(2) Irrelevant ist für das ausgeübte Ermessen, ob der Antragsteller schon einen Bauantrag für die faktische Nutzungsänderung gestellt hat. Selbst wenn er einen Antrag auf Nutzungsänderung gestellt hätte, wäre es ihm zuzumuten, wie jeder andere Bauherr die Erteilung der Baugenehmigung abzuwarten, anstatt durch eine ungenehmigte Aufnahme/Fortführung der beantragten Nutzung vollendete Tatsachen zu schaffen. Sollte der Antragsgegner die Bescheidung eines Bauantrags des Antragstellers ungebührlich verzögern, könnte dieser notfalls mit dem Mittel der Untätigkeitsklage den Fortgang des Genehmigungsverfahrens erzwingen (vgl. zum Vorstehenden Nds. OVG, Beschluss vom 16.8.2019 – 1 LA 28/19 –, juris, Rn. 9). Der Antragsteller scheint allerdings schon nicht mit Sicherheit sagen zu können, ob er überhaupt einen entsprechenden Bauantrag eingereicht hat.
(3) Die Untersagung der Nutzung des Stalls über das genehmigte Maß hinaus ist verhältnismäßig. Sie verfolgt den legitimen Zweck, einen baurechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Die Anordnung der Reduzierung der eingestellten Tiere in zwei Schritten ist geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Sie ist zudem erforderlich. Ein gleich geeignetes, milderes Mittel ist nicht ersichtlich. Insbesondere kann mit einer geringfügigeren Reduzierung des Tierbestands das angestrebte Ziel nicht erreicht werden. Dies entspräche weder der Genehmigungslage noch besteht insoweit eine offenkundige Genehmigungsfähigkeit der Nutzung (s.o.). Die Verfügung ist ferner verhältnismäßig im engeren Sinne. Das Vorbringen des Antragstellers, er habe den Tierbestand erfolgreich reduziert, jede weitere Reduzierung treffe ihn nunmehr existenziell, führt nicht zu einer Unangemessenheit der Untersagungsverfügung. Das öffentliche Baurecht rechtfertigt auch Maßnahmen, die sich im finanziellen Ergebnis schmerzhaft auf den Adressaten auswirken (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 25.3.2015 – 1 ME 22/15 –, n.v.). Es wäre Aufgabe des Antragstellers gewesen, den vergangenen Zeitraum der Überbelegung (der nach seinen Angaben aus einem Brand auf seiner Hofstelle vor 4 Jahren resultiert) zu nutzen, um anderweitige Unterstellmöglichkeiten für alle Tiere zu finden, die über die genehmigte Tierplatzzahl im Boxenlaufstall nebst Abkalbestall eingestellt waren, oder diese Tiere abzugeben. Auch aus der Möglichkeit von Weidetierhaltung in der schönen Jahreszeit folgt nichts Anderes, denn die streitgegenständliche Verfügung lässt dem Antragsteller diese Möglichkeit offen. Sie untersagt allein eine Belegung des Boxenlaufstalls über das genehmigte Maß hinaus. Der Antragsgegner ist insofern sehr maßvoll vorgegangen, indem er die über das genehmigte Maß hinausgehende Nutzung in zwei Schritten untersagt und für die Reduzierung des Tierbestands großzügige Fristen gesetzt hat. Er hatte sich zudem vor dem Erlass der Verfügung mit einer Vielzahl von Anhörungen und Gesprächsterminen um konstruktive Lösungen für den Antragsteller bemüht. Anhaltspunkte für ein einseitiges und übermäßiges Vorgehen aufgrund eines kollusiven Zusammenwirkens mit dem Nachbarn des Antragstellers liegen entgegen dessen Behauptung nicht vor.
b) An der sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer wegen formeller Illegalität erlassenen Nutzungsuntersagung liegt regelmäßig im besonderen öffentlichen Interesse, weil sie die Vorbildwirkungen einer formell illegalen Nutzung bekämpft, dem „Schwarzbauer“ ungerechtfertigte Vorteile gegenüber dem erst nach Erteilung einer Genehmigung Nutzenden entzieht, ein Unterlaufen der präventiven Kontrolle der Bauaufsicht verhindert und die Nutzungsuntersagung auch ohne Substanzbeeinträchtigung durchgeführt werden kann (vgl. Nds. OVG, Beschlüsse vom 11.5.2015 – 1 ME 31/15 –, juris, Rn. 10; vom 8.5.1987 – 6 B 10/87 –, juris; vgl. auch OVG BB, Beschluss vom 9.10.2019 – OVG 2 S 60.19 –, juris, Rn. 21; OVG NRW, Beschluss vom 27.5.2019 – 10 B 157/19 –, juris, Rn. 16; OVG LSA, Beschluss vom 26.10.2012 – 2 M 124/12 –, juris, Rn. 13, m.w.N.). Im öffentlichen Interesse liegt zudem die Einhaltung tierschutzrechtlicher Vorschriften. Diese Begründung vermag insbesondere der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffer 1 des Bescheids vom E. in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom U. zusätzliches Gewicht zu verleihen. Angesichts einer amtstierärztlichen Einschätzung vom 17. September 2020, dass der Selektionsbereich nicht für die dauerhafte Tierunterbringung geeignet ist, besteht jedoch auch für die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Bezug auf die Ziffer 2 des Bescheids vom Q. ein besonderes öffentliches Interesse.
II. Soweit der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz gegen die in Ziffer 4 des Bescheids vom O. in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom U. ausgesprochene Zwangsgeldandrohung begehrt, hat der insoweit nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, § 64 Abs. 4 NPOG, § 70 Abs. 1 NVwVG statthafte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig. Er ist insbesondere statthaft. Die Zwangsgeldandrohung hat sich nicht durch Ablauf der hierin gesetzten Fristen erledigt. Vielmehr ist der Ablauf einer angemessenen Frist zur Erfüllung der aufgegebenen Verpflichtung Voraussetzung für die Festsetzung des angedrohten Zwangsmittels, § 70 NVwVG i. V. m. § 70 Abs. 1 Satz 2 NPOG.
Nichts Anderes folgt aus der unter dem 1. Dezember 2020 verfügten Aussetzung der „Durchsetzung“ der Ziffer 2 des Bescheids vom O.. Kommt der Adressat einer Handlungspflicht bis zum Ablauf der mit der Androhung verbundenen Frist nicht nach, wird nur die gesetzte Frist gegenstandslos und muss regelmäßig neu gesetzt werden (vgl. Nds. OVG, Urteile vom 22.02.1973 – I A 116/72 –, juris und vom 29.01.1988 – 1 A 243/86 –, juris; vom 14.11.1997 – 6 L 6340/95 –, juris, Rn. 7; Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 43, Rn. 206; Mann in: Große-Suchsdorf, 10. Aufl. 2020, NBauO, § 79, Rn. 130). Eine Erledigung der Zwangsmittelandrohung als solcher tritt nicht ein.
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Die Voraussetzungen des § 70, § 65 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2, § 67 Abs. 1 NPOG i. V. m. § 70 Abs. 1 NVwVG sind gegeben. Es handelt sich um die Androhung zweier Zwangsgelder. Der Antragsgegner hat für den Fall der nicht fristgerechten oder vollständigen Befolgung der Ziffern 1 und 2 seines Bescheids vom O. angedroht, „jeweils“ ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 Euro gegen den Antragsteller festzusetzen. Mit der Verwendung des Wortes „jeweils“ hat er deutlich gemacht, dass eine Zwangsgeldfestsetzung sowohl bei einem Verstoß gegen die Ziffer 1 als auch bei einem Verstoß gegen die Ziffer 2 seiner Verfügung erfolgen soll. Dies folgt auch aus der Begründung des Bescheids, in der der Antragsgegner angibt, zur „Zwangsgeldandrohung berechtigt zu sein, wenn der Antragsteller die Anordnung jeweils zu der Ziffer 1 und 2 nicht befolge“.
a) Die Grundverfügung vom O. ist wirksam und sofort vollziehbar. Da sie auch rechtmäßig ist (s.o.), bedarf die Frage, ob bzw. wann eine Rechtmäßigkeit der Grundverfügung überhaupt Voraussetzung für die Vollstreckung ist, keiner Entscheidung (vgl. hierzu Nds. OVG, Beschluss vom 2.2.2015 – 4 LA 249/13 –, juris, Rn. 10).
b) Der Antragsgegner hat dem Antragsteller in der Androhung gemäß § 70 Abs. 1 Satz 2 NPOG angemessene Fristen zur Erfüllung seiner Handlungsverpflichtung gesetzt (vgl. Ziffer 1 und Ziffer 2 des Bescheids vom O.). Dass auch die Frist der Ziffer 2 des Bescheids zwischenzeitlich gegenstandslos geworden ist, führt nur dazu, dass eine neue Frist gesetzt werden muss (s.o.).
c) Die Höhe der angedrohten Zwangsgelder ist nicht zu beanstanden. Sie bewegt sich in dem von § 67 Abs. 1 Nr. 1 NPOG festgelegten Rahmen. Der Antragsgegner hat sich an dem potentiellen Ertrag einer Milchkuh (nach seinem Vortrag jährlich ca. 3.000,00 Euro) und damit gemäß § 67 Abs. 1 Satz 2 NPOG an dem wirtschaftlichen Interesse der Nichtbefolgung des Grundverwaltungsakts orientiert, welches sich grundsätzlich proportional zur Zahl der gehaltenen und betreuten Rinder erhöht. Er hat weiter ermessensfehlerfrei die Erstmaligkeit der Zwangsmittelandrohung berücksichtigt und die Höhe des Zwangsgeldes letztlich nicht je Tier bemessen, sondern zugunsten des Antragstellers auf 10.000,00 Euro beschränkt. Der Antragsteller hat hierzu nur unsubstantiiert vorgetragen, dass die Einnahmeannahmen des Antragsgegners unrealistisch, die Milchpreise niedrig und die Futterkosten hoch seien. Aus diesem Vortrag ergibt sich jedoch keine Unangemessenheit der Zwangsgelder in der Höhe.
d) Die Voraussetzungen des § 70 Abs. 3 NPOG sind ebenfalls gegeben. Nach dieser Vorschrift muss bei der Androhung mehrerer Zwangsmittel genau angegeben werden, in welcher Reihenfolge sie angewendet werden sollen. Hieraus folgt, dass es nicht nur möglich ist, mehrere verschiedene Zwangsmittel gestaffelt anzudrohen, sondern "erst recht" auch ein identisches Zwangsmittel mehrfach und in gestaffelter, sich steigernder Höhe für den Fall anzudrohen, dass einer Untersagung fortdauernd zuwidergehandelt wird (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 28.10.2010 – 13 ME 86/10 –, juris, Rn. 7; Urteil vom 21.8.2002 – 1 LB 3335/01 –, juris, Rn. 29). Die Reihenfolge ergibt sich vorliegend aus der zeitlichen Staffelung für die Erfüllung der zugrundeliegenden Handlungspflicht. Es ist unter Berücksichtigung eines objektiven Empfängerhorizonts erkennbar, dass der Antragsgegner jeweils 10.000,00 Euro Zwangsgeld gegen den Antragsteller festsetzen will, wenn dieser der Ziffer 1 des Bescheids vom O. nicht bis zum 1. August 2020 und der Ziffer 2 desselben Bescheids nicht bis zum 1. Dezember 2020 nachkommt.
Das Erfordernis der Angabe einer Reihenfolge nach § 70 Abs. 3 Satz 2 NPOG besteht aufgrund ihres Beugecharakters allein für die Androhung mehrerer Zwangsmittel (vgl. hierzu Nds. OVG, Urteil vom 20.4.2016 – 11 LB 29/15 –, juris, Rn. 59). Dass der Bescheid eine gleichzeitige Festsetzung derselben nicht ausschließt, macht ihn nicht rechtswidrig.
e) Die Zwangsgeldandrohung ist nicht ermessensfehlerhaft.
aa) Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs.1 GG sind weder vom Antragsteller substantiiert dargetan noch ersichtlich.
bb) Der Antragsteller hat sein Auswahlermessen hinsichtlich des richtigen Zwangsmittels beanstandungsfrei ausgeübt, indem er das Vorliegen eines gleich geeigneten milderen Mittels zutreffend verneint hat. Insbesondere stellt die Ersatzvornahme nach § 66 Abs. 1 Satz 1 NPOG kein solches Mittel dar. Die Ersatzvornahme ist zur Durchsetzung einer – teilweisen – Tierbestandsauflösung ungeeignet, weil sie nur zur Erzwingung vertretbarer Handlungen vorgesehen ist. Die für eine Reduzierung des Tierbestands erforderliche Besitzaufgabe kann jedoch nur von dem zivilrechtlich Berechtigten vorgenommen werden kann, es handelt sich um eine unvertretbare Handlung (VGH BW, Beschluss vom 17.3.2005 – 1 S 381/05 –, juris, Rn. 6; Bay. VGH, Beschluss vom 14.3.2008 – 9 CS 07.3231 –, juris, Rn. 3). Die zwangsweise Auflösung eines Rinderbestands durch die Fortnahme der Tiere kann nur im Wege unmittelbaren Zwangs vorgenommen werden (Nds. OVG, Beschluss vom 28.3.2011 – 11 ME 96/11 –, juris, Rn. 5). Dieser ist als ultima ratio gemäß § 69 Abs. 6 NPOG nur einzusetzen, wenn andere Zwangsmittel nicht in Betracht kommen oder keinen Erfolg versprechen.
III. Soweit der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz gegen die Zwangsgeldfestsetzung sowie die erneute Androhung eines Zwangsgeldes in dem Bescheid vom R. in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom D. begehrt, hat der insoweit nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, § 64 Abs. 4 NPOG, § 70 Abs. 1 NVwVG statthafte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage ebenfalls keinen Erfolg.
1. Die Zwangsgeldfestsetzung ist rechtmäßig. Es fehlt insoweit insbesondere nicht an dem Ablauf einer angemessenen Frist gemäß § 70 Abs. 1 Satz 2 NPOG. Die Frist der Ziffer 2 des Bescheids vom O. ist zwar durch die unter dem 1. Dezember 2020 verfügte „Aussetzung der Durchsetzung“ gegenstandslos geworden. Der Antragsgegner hatte jedoch eine neue Frist gesetzt, indem er diese „Aussetzung der Durchsetzung“ auf die Zeit bis zum 8. Januar 2021 begrenzt hat und zu erkennen gegeben hat, danach die Einhaltung der Ziffer 2 kontrollieren zu wollen.
2. Die erneute Androhung eines höheren Zwangsgelds in Höhe von 15.000,00 Euro für den Fall, dass der Tierbestand bis zum 1. Mai 2021 nicht auf das genehmigte Maß reduziert wird, ist nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 70 NVwVG i. V. m. § 65 Abs. 3 NPOG, § 70 NPOG. Bleibt die Androhung eines Zwangsmittels erfolglos, kann die Behörde zur Erhöhung der Beugefunktion in einem weiteren Schritt ein höheres Zwangsgeld androhen. Wegen der beharrlichen Nichtbefolgung darf sie davon ausgehen, dass das zuvor angedrohte Zwangsgeld den Adressaten nicht nachhaltig beeindruckt hat (vgl. zum Vorstehenden Nds. OVG, Urteil vom 23.2.2017 – 11 LB 94/16 –, juris, Rn. 44; VGH Kassel, Beschluss vom 30.4.2008 – 8 UZ 3006/06 – NVwZ-RR 2008, 782, 784 [VGH Baden-Württemberg 04.03.2008 - 9 S 2811/07]).
Soweit der Antragsgegner in dem Widerspruchsbescheid vom U. den Bescheid vom R. dahingehend konkretisiert hat, dass sich die Zwangsgeldandrohung auch auf eine etwaige Tierhaltung im sogenannten Abkalbestall bezieht, handelt es sich um eine zulässige „Gestaltgebung“ i. S. v § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Die Gestalt des Ausgangsbescheids wird sowohl durch den Tenor als auch die tragenden Gründe (d.h. die materielle Gestalt) des Widerspruchsbescheids geprägt (BVerwG, Urteil vom 25.3.1981 – 8 C 69.80 –, BeckRS 1981, 30433026; VGH Mannheim, Urteil vom 15.11.1989 – 6 S 2694/88 –, NVwZ 1990, 1085 [VGH Baden-Württemberg 15.11.1989 - 6 S 2694/88]).
IV. Soweit der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz gegen die Zwangsgeldfestsetzung sowie gegen die erneute Androhung eines Zwangsgelds in dem Bescheid vom P. in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom D. begehrt, hat der insoweit nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, § 64 Abs. 4 NPOG, § 70 Abs. 1 NVwVG statthafte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage allerdings Erfolg.
1. Die Zwangsgeldfestsetzung in Ziffer 1 des Bescheids vom P. in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom D. ist ermessensfehlerhaft. Gemäß § 114 Satz 1 VwGO prüft das Gericht, soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Der Antragsgegner hat ihm erkennbare Umstände nicht erwogen, die ein Absehen von der Zwangsgeldfestsetzung möglich erscheinen lassen. § 67 Abs. 1 Satz 1 NPOG sieht vor, dass das Zwangsgeld „festgesetzt wird“. Die Festsetzung des Zwangsmittels ist damit als regelmäßige Folge der Zwangsmittelandrohung intendiert (vgl. Riese in: Schoch/Schneider, 40. EL Februar 2021, VwGO, § 114, Rn. 30; OVG NRW, Beschlüsse vom 25.1.2010 – 15 B 1766/09 –, juris, Rn. 13f.; und vom 14.3.2013 – 2 B 219/13 –, Rn. 22 - 23, juris jeweils zu § 64 Satz 1 VwVG NRW; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8.2.2006 – 2 M 211/05 –, juris, Rn. 7, zu § 53 Abs. 1 SOG LSA). Werden der Behörde aber außergewöhnliche Umstände des Falls bekannt, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen, oder sind sie erkennbar, liegt trotz der regelhaften Wirkung des § 67 Abs. 1 Satz 1 NPOG ein rechtsfehlerhafter Gebrauch des Ermessens vor, wenn diese Umstände von der Behörde nicht erwogen werden (OVG NRW, Beschlüsse vom 25.1.2010 – 15 B 1766/09 –, juris, Rn. 13f.). So liegt der Fall hier. Der Antragsgegner hat den der Zwangsgeldfestsetzung zugrundeliegenden Sachverhalt nicht vollständig gewürdigt. Der Antragsteller hatte mit Schreiben vom 19. August 2020 geltend gemacht, dass er sich aufgrund eines psychischen Ausnahmezustands seit Juni 2020 nur noch um das „Kerngeschäft“ seines Betriebs habe kümmern können. Dem Bescheid vom Q. habe er nicht fristgerecht nachkommen können, da er ihm erst mit Erhalt des Bescheids vom P. wieder bewusst geworden sei. Der Antragsgegner hat dieses Vorbringen im Rahmen seiner Entscheidung zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zugunsten des Antragstellers berücksichtigt, im Rahmen der Zwangsgeldfestsetzung aber nicht gewürdigt. Auch den Umstand, dass er Wiedereinsetzung gewährt hat, hat er nicht eingestellt. Der hierin liegende Wertungswiderspruch ist ermessensfehlerhaft.
2. Die Zwangsgeldandrohung in der Ziffer 2 des Bescheids vom P. in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom D. in Höhe von 15.000,00 Euro ist vor diesem Hintergrund ebenfalls ermessensfehlerhaft gemäß § 114 Satz 1 VwGO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Die Höhe des Streitwertes folgt aus § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1, § 39 Abs. 1 GKG und entspricht Nr. 12 Buchst. b) bis d) und Nr. 18 Buchst. b) der Streitwertannahmen der Bausenate des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts nach dem 1. Januar 2002. Danach ist der notfalls zu schätzende Jahresbetrag der Nutzung maßgeblich. Dieser wird hier auf 10.000,00 Euro geschätzt. Eine einer Halbierung entgegenstehende Vorwegnahme der Hauptsache liegt mit Blick darauf vor, dass der Antragsteller geltend gemacht hat, eine alternative Unterbringungsmöglichkeit für seine Rinder, mit der die Wartezeit bis zur Hauptsacheentscheidung hätte überbrückt werden können, bestehe nicht (vgl. hierzu Nds. OVG, Beschluss vom 29.1.2018 – 1 ME 3/18 –, n.v.).