Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.08.2007, Az.: 15 K 335/06

Aufwendungen für ein der Mutter des Steuerpflichtigen überlassenes Kraftfahrzeug als Betriebsausgaben

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
14.08.2007
Aktenzeichen
15 K 335/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 56655
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2007:0814.15K335.06.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - 28.02.2008 - AZ: X B 207/07

Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag 2001 Gewerbesteuermessbetrag

Tatbestand

1

Streitig ist, ob Aufwendungen für ein der Mutter des Klägers zur Nutzung überlassenes Kraftfahrzeug (Kfz) Betriebsausgaben sind.

2

Der Kläger erzielt als Immobilienmakler Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Am 15. März 2001 schloss er mit seiner Mutter einen Arbeitsvertrag, durch den diese mit einer Arbeitszeit von 12 Stunden/Woche als Büroleiterin eingestellt wurde. Als monatliche Brutto-Vergütung wurden 328,37 EUR vereinbart. Die Vergütung sollte jeweils am Monatsende fällig sein und durch die Überlassung eines Firmenwagens entrichtet werden. Im Rahmen einer Außenprüfung, die der Beklagte (das Finanzamt - FA - ) in der Zeit zwischen dem 17. Januar 2005 und dem 7. Juli 2005 für die Jahre 1999 bis 2001 durchführte, stellte die Prüferin fest, dass der Kläger im Zusammenhang mit dem seiner Mutter zur Nutzung überlassenen Kfz - einem geleasten BMW 325d mit dem amtlichen Kennzeichen - Aufwendungen in Höhe von 17.269,50 DM als Betriebsausgaben abgezogen hatte. Wegen der Zusammensetzung dieses Betrages wird auf Anlage 4 Seite 1 des Prüfungsberichtes vom 18. August 2005 Bezug genommen.

3

Die Prüferin vertrat die Ansicht, dass die durch das Kfz der Mutter entstandenen Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben abziehbar seien. Sie seien nicht betrieblich veranlasst, weil das zugrunde liegende Arbeitsverhältnis einem Fremdvergleich nicht standhalte. Für die von der Mutter ausgeübte Beschäftigung sei ein Kfz nicht unbedingt erforderlich. Außerdem betrage ihre wöchentliche Arbeitszeit nur 12 Stunden, das Kfz stehe ihr jedoch uneingeschränkt zur Verfügung.

4

Die Prüferin erhöhte den von dem Kläger durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelten Gewinn daher um folgende Beträge:

Kraftfahrzeugkosten 17.269,50 DM
Lohnaufwand 5.996,26 DM
Sozialversicherung 1.225,07 DM
24.490,83 DM
abzüglich als Ertrag gebuchte Sachbezüge ./. 4.786,65 DM
19.724,18 DM.
5

Durch Bescheide vom 1. September 2005 änderte das FA die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Festsetzungen der Einkommensteuer und des Gewerbesteuermessbetrages unter Berücksichtigung dieser Prüfungsfeststellungen. Die hiergegen eingelegten Einsprüche vom 28. September 2005 wies das FA durch Einspruchsbescheid vom 20. September 2006 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus: Die Gestaltung des Arbeitsvertrages halte einem Fremdvergleich nicht stand. Eine eventuelle betriebliche Nutzung des Kfz durch die Mutter des Klägers sei allenfalls von untergeordneter Bedeutung. Der im Zusammenhang mit dem Kfz entstandene Aufwand von netto 15.519,17 DM sei daher in voller Höhe als Arbeitslohn zu beurteilen. Dies entspreche 1.551,92 DM im Monat. Dieser Betrag stehe in keinem Verhältnis zu der erbrachten Arbeitsleistung und übersteige den vertraglich vereinbarten Betrag von 328,37 EUR (entsprechend 642,24 DM) beträchtlich. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse sei davon auszugehen, dass der Erwerb des Kfz durch den Kläger auf privaten Motiven beruht habe. Nach dem Verkauf ihres reparaturanfälligen Fahrzeugs habe die Mutter des Klägers ein neues Kfz benötigt.

6

Hiergegen erhob der Kläger am 23. Oktober 2006 Klage. Zu deren Begründung trägt er vor:

7

Das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und seiner Mutter halte einem Fremdvergleich stand. Die Höhe des nach § 8 Abs. 2 EStG anzusetzenden geldwerten Vorteils aus der Überlassung des Firmenwagens für private Zwecke stelle die angemessene Vergütung für die erbrachte Arbeitsleistung dar. Die Aufwendungen für das Kfz seien zu Unrecht vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen worden. Da es der Mutter aufgrund des Arbeitsverhältnisses überlassen worden sei, stelle es notwendiges Betriebsvermögen dar. Auf den Umfang der betrieblichen Nutzung durch die Arbeitnehmerin komme es nicht an.

8

Nach Ablauf des dreijährigen Leasingvertrages sei der Mutter des Klägers kein anderes Kfz überlassen, sondern der vereinbarte Lohn bar ausgezahlt worden. Inzwischen sei das Arbeitsverhältnis beendet worden.

9

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2001 und des Gewerbesteuermessbescheides 2001 vom 1. September 2005 sowie des dazu ergangenen Einspruchsbescheides vom 20. September 2006 die Einkommensteuer und den Gewerbesteuermessbetrag auf die Beträge herabzusetzen, die sich ergeben, wenn die Aufwendungen für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen als Betriebsausgaben abgezogen werden.

10

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

11

Er hält an der seinem Einspruchsbescheid zugrunde liegenden Beurteilung fest und führt aus: Die Aufwendungen für das streitige Kfz seien nichtabziehbare Aufwendungen für die Lebensführung des Kläger (§ 12 Nr. 1 EStG). Der AnSatz 1ediglich eines Nutzungsentnahmewertes nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG komme nicht in Betracht, weil die Anwendung dieser Regelung voraussetze, dass es sich bei dem Kfz um Betriebsvermögen handele. Dies sei schon deshalb nicht der Fall, weil der Kläger nach Aktenlage weder zivilrechtlicher noch wirtschaftlicher Eigentümer des geleasten Fahrzeugs gewesen sei. Die 1 v.H.-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG finde nach der Verwaltungsauffassung auf geleaste Fahrzeuge nur Anwendung, wenn diese zu mehr als 50 v.H. betrieblich genutzt würden.

12

Durch Beschluss vom 27. Juli 2007 hat der Senat den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Entscheidungsgründe

13

Die Klage ist unbegründet.

14

Das FA hat die Aufwendungen, die durch das der Mutter des Klägers überlassene Kfz entstanden sind, zu Recht nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassen. Nach § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Eine derartige betriebliche Veranlassung ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

15

Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sie sich nicht daraus, dass die Kosten für den Pkw erwachsen sind, um den der Mutter des Klägers nach dem Arbeitsvertrag vom 21. März 2001 zustehenden Überlassungsanspruch zu erfüllen. Denn das zugrunde liegende Arbeitsverhältnis kann der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden. Zwar steht es Angehörigen frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten, dass sie steuerlich möglichst günstig sind. Die steuerrechtliche Anerkennung des Vereinbarten setzt aber voraus, dass die Verträge zum einen bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen sind und darüber hinaus sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (ständige Rechtsprechung des BFH: vgl. nur Urteile vom 20. Oktober 1997 IX R 38/97, BStBl. II 1998, 106, und vom 7. Mai 1996 IX R 69/94, BStBl. II 1997, 196 m.w.N.). Diesem sog. Fremdvergleich hält das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Mutter nach summarischer Prüfung nicht stand. Zwischen fremden Dritten wäre eine Vereinbarung, durch die einem geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer als Gegenleistung für die Zur-Verfügung-Stellung seiner Arbeitskraft - ausschließlich - die Überlassung eines Kfz zur privaten Nutzung gewährt wird, nicht vorstellbar. Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - die tatsächlichen Kosten des Kfz mehr als das Doppelte des Betrages ausmachen, der als nominelle Vergütung zwischen den Beteiligten vereinbart und der Lohnversteuerung zugrunde gelegt wurde.

16

Entgegen der von dem Kläger vertretenen Ansicht sind die durch das Kfz entstandenen Aufwendungen auch nicht deshalb als Betriebsausgaben abziehbar, weil dieses zu seinem Betriebsvermögen gehörte. Es kann offen bleiben, ob - wie das FA meint - das Kfz schon deshalb kein Betriebsvermögen war, weil es weder im rechtlichen noch im wirtschaftlichen Eigentum des Kläger stand. Selbst wenn der Kläger aufgrund der Ausgestaltung des Leasingverhältnisses als wirtschaftlicher Eigentümer des Fahrzeuges (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 der Abgabenordnung) anzusehen sein sollte, wäre dieses weder notwendiges noch gewillkürtes Betriebsvermögen gewesen.

17

Zum notwendigen Betriebsvermögen gehören nur solche Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb in dem Sinne unmittelbar dienen, dass sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt sind (BFH-Urteil vom 19. Februar 1997 XI R 1/96 BStBl. II 1997, 399 m.w.N.). Der Umstand, dass das Kfz aufgrund des Arbeitsvertrages vom 21. März 2001 der Mutter überlassen wurde, kann eine solche Zweckbestimmung nicht begründen, weil dieser Arbeitsvertrag der Besteuerung nicht zugrunde zu legen ist.

18

Dem gewillkürten Betriebsvermögen können i.d.R. Wirtschaftsgüter zugerechnet werden, wenn sie objektiv dazu geeignet und erkennbar dazu bestimmt sind, den Betrieb zu fördern (BFH-Urteile in BStBl II 1997, 399; vom 11. Oktober 1979 IV R 125/76, BStBl II 1980, 40). Auch eine solche Zweckbestimmung ist im Fall des der Mutter überlassenen Kfz nicht ersichtlich. Sie wäre allenfalls dann gegeben, wenn die Mutter das Fahrzeug - unabhängig von der steuerlichen Anerkennung ihres Arbeitsverhältnisses - in einem gewissen Umfang für betriebliche Zwecke genutzt hätte. Dies war nach Aktenlage nicht der Fall. Selbst wenn die Mutter aufgrund des Arbeitsvertrages vom 21. April 2001 tatsächlich Arbeitsleistungen für den Betrieb des Klägers erbracht haben sollte, ist nicht ersichtlich, dass diese die betriebliche Nutzung des Kfz erforderlich gemacht haben könnten. Denn die Mutter sollte nach dem Arbeitsvertrag als Büroleiterin tätig werden, worunter normalerweise eine reine Innendiensttätigkeit zu verstehen ist. Umstände, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten, hat der Kläger weder substantiiert dargelegt noch nachgewiesen oder glaubhaft gemacht. Der Umstand, dass das Kfz nach Ablauf der dreijährigen Leasingvereinbarung nicht durch ein anderes ersetzt, sondern der Mutter der vereinbarte Lohn nunmehr bar ausgezahlt wurde, legt den gegenteiligen Schluss nahe.

19

Da das der Mutter überlassene Kfz hiernach kein Betriebsvermögen war, kann die Gewinnerhöhung auch nicht auf den Betrag beschränkt werden, der nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG als Entnahmewert für die private Nutzung eines betrieblichen Kfz anzusetzen ist. Denn die Anwendung der 1 v.H.-Regelung setzt die Zugehörigkeit des Kfz zum Betriebsvermögen voraus (BFH-Urteil vom 1. März 2001 IV R 27/00, BStBl II 2001, 403).

20

Die Klage ist daher abzuweisen. Die Kosten des Verfahrens sind nach § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung dem Kläger aufzuerlegen; er ist der unterlegene Beteiligte.