Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 22.08.2017, Az.: 3 A 5588/15
Beendigung einer Leistung; Beginn der Leistung; Einheitlichkeit einer Leistung; Qualitativ unveränderter, kontinuierliche Hilfe gebietender, jugendhilferechtlicher Bedarf; Trennung der Eltern; Umzug; Unterbrechung einer Leistung; Wechsel der Kindertagesstätte; Zuständigkeitsrechtlicher Leistungsbegriff
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 22.08.2017
- Aktenzeichen
- 3 A 5588/15
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 54162
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 22 SGB 8
- § 24 SGB 8
- § 86 Abs 2 S 2 SGB 8
- § 86 Abs 5 S 2 SGB 8
- § 86 Abs 5 S 1 SGB 8
- § 105 Abs 1 S 1 SGB 10
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Für den "Beginn der Leistung" i.S.v. § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII und § 86 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII kann auch nach einem Wechsel in eine andere Kindertagestätte in einem anderen Ort auf die Aufnahme der Betreuung in der vorhergehenden Kindertagesstätte abzustellen zu sein, sofern sich die Betreuung in den beiden Kindertagesstätten als einheitliche Leistungserbringung darstellt.
2. Die mit einem trennungsbedingten Umzug des Kindes mit einem Elternteil und dem Wechsel der Kindertagesstätte einhergehende Veränderung der Lebensumstände des Kindes führt nicht ohne Weiteres dazu, dass sich die Frage nach dem Betreuungsbedarf im zuständigkeitsrechtlichen Sinn neu stellt.
3. Eine vierwöchige Aussetzung der Betreuung eines Kindes in einer Kindertagesstätte, die auf fehlenden Kapazitäten des Leistungsträgers beruht, erfüllt nicht die Voraussetzungen einer der einheitlichen Leistungserbringung entgegenstehenden zuständigkeitsrechtlich beachtlichen Unterbrechung der Leistung.
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die in dem Zeitraum vom 09.03.2012 bis zum 31.07.2013 aufgewendeten Jugendhilfekosten für die Kindertagesbetreuung des Kindes D. in Höhe von 4.262,60 Euro sowie Zinsen hierauf i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages.
Berufung und Sprungrevision werden zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Erstattung von Kosten für eine Jugendhilfemaßnahme zu Gunsten des Kindes D..
Der am 28.09.2007 geborene D. lebte zunächst mit seinen sorgeberechtigten Eltern sowie einem jüngeren Geschwisterkind in E. im örtlichen Zuständigkeitsgebiet des Beklagten. Dort besuchte er ab dem 01.03.2011 die Kindertagesstätte „F.“ und wurde 25 Stunden in der Woche, montags bis freitags jeweils von 8 bis 13 Uhr, betreut. Im Januar 2012 trennten sich die Kindeseltern. Die Mutter verzog mit den beiden Kindern am 26.01.2012 nach G., der Vater blieb in E.. Die Eltern blieben gemeinsam personensorgeberechtigt. Das Kind wurde mit Wirkung vom 31.01.2012 aus der Betreuung in der Kindertagesstätte „F.“ abgemeldet.
Am 29.01.2012 schloss die Mutter mit der Klägerin einen Betreuungsvertrag hinsichtlich der ganztägigen Betreuung und Förderung des Kindes in der städtischen Kindertagesstätte „H.“ in I.. Da im Monat Februar noch kein passender Betreuungsplatz verfügbar war, begann die Betreuung vertragsgemäß am 01.03.2012. Am 01.05.2013 wechselte das Kind in die ebenfalls von der Klägerin selbst betriebene Kindertagesstätte „J.“. Die Betreuung dort endete am 31.07.2013.
Mit Schreiben vom 09.03.2012 trat die Klägerin erstmals an den Beklagten heran und bat um Fallübernahme sowie Erstattung der Kosten nach § 105 SGB X. Der Beklagte lehnte beides ab, letztmalig die Kostenerstattung mit Schreiben vom 14.10.2015.
Die Klägerin hat am 05.11.2015 Klage erhoben, mit der sie einen Anspruch auf Erstattung der bei ihr für die Betreuung des Kindes in ihren Kindertagesstätten vom 09.03.2012 bis zum 31.07.2013 angefallenen Kosten geltend macht, die sie auf 4.262,60 Euro beziffert.
Die Klägerin behauptet, sie habe bei Abschluss des Betreuungsvertrages übersehen, dass sie für die Gewährung der Leistung örtlich nicht zuständig gewesen sei, sodass es sich um einen irrtümlichen Eintritt in die Leistung gehandelt habe. Sie ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen von § 105 SGB X vorlägen. Sie habe die Kindertagesbetreuung als Sozialleistung erbracht, obwohl hierfür der Beklagte nach § 86 Abs. 5 Satz 1, 2 SGB VIII zuständig gewesen sei. Da beide Eltern trotz ihrer Trennung gemeinsam personensorgeberechtigt seien, sei die bisherige Zuständigkeit bestehen geblieben. Die Kindesmutter habe ihren neuen, von dem des Kindesvaters abweichenden Wohnsitz erst nach Beginn der Leistung begründet. Als Zeitpunkt des Beginns der Leistung müsse die Aufnahme der Kindertagesbetreuung durch den Beklagten gelten. Der Wechsel der Kindertagesstätte und die dabei eingetretene kurzfristige Unterbrechung der Betreuung seien hierbei unbeachtlich, da es sich weiterhin um einen einheitlichen jugendhilferechtlichen Bedarf gehandelt habe, der ohne qualitative Veränderung während der gesamten Zeit der Förderung des Kindes in einer Kindertagesstätte nach §§ 23 ff. SGB VIII bestanden habe.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie die in dem Zeitraum vom 09.03.2012 bis zum 31.07.2013 aufgewendeten Jugendhilfekosten in Höhe von 4.262,60 Euro zuzüglich Zinsen ab Rechtshängigkeit i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass ein Anspruch nach § 105 SGB X nicht bestehe. Er sei nicht gemäß § 86 Abs. 5 Satz 1, 2 SGB VIII zuständig geblieben, weil die Aufnahme der Betreuung des Kindes in der Kindertagesstätte der Klägerin am 01.03.2012 eine neue Leistung im zuständigkeitsrechtlichen Sinn dargestellt habe. Der Umzug von Kindesmutter und Kind im Januar 2012 sei somit vor Beginn der Leistung erfolgt. Die Kündigung des bisher in E. in Anspruch genommenen Betreuungsplatzes, die Trennung der Eltern und der Umzug stellten eine so gravierende Veränderung der Lebensumstände dar, dass eine neue Entscheidung über den Betreuungsbedarf notwendig geworden sei. Dies komme auch darin zum Ausdruck, dass das Kind nach dem Wechsel der Kindertagesstätte einen Ganztagesplatz in Anspruch genommen habe. Dies sei ein Indiz dafür, dass sich infolge der Trennung der Betreuungsbedarf für das Kind qualitativ geändert habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Leistungsklage ist begründet. Der Klägerin stehen der von ihr geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch sowie der Zinsanspruch zu.
I.
Der Kostenerstattungsanspruch ergibt sich dem Grunde nach aus § 105 Abs. 1 SGB X. Danach ist, wenn ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 SGB X vorliegen, der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit er nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
1. Mit der Betreuung des Kindes D. in den städtischen Kindertagesstätten „H.“ und „J.“ hat die Klägerin im geltend gemachten Zeitraum vom 09.03.2012 bis zum 31.07.2013 eine Sozialleistung erbracht.
Eine Sozialleistung im Sinne des § 105 SGB X wird erbracht, wenn zwischen dem Kostenerstattung begehrenden Sozialleistungsträger und dem Hilfeempfänger oder Hilfeberechtigten ein darauf bezogenes, sozialrechtliches Rechtsverhältnis begründet worden ist. Der Bezug einer Sozialleistung ist regelmäßig davon abhängig, dass ein entsprechender Antrag gestellt oder zumindest an den Leistungsträger herangetragen wurde und dass dieser eine darauf bezogene Entscheidung getroffen hat. Bei gesetzlichen Leistungsverpflichtungen eines Jugendhilfeträgers, die u.a. darin bestehen, ausreichend Platzangebote vorzuhalten, können Handlungen eines Jugendhilfeträgers erst dann als eine Sozialleistung angesehen werden, wenn sie darauf zielen, diese Leistungsverpflichtung gegenüber einem Hilfeberechtigten zu konkretisieren und zu individualisieren. Es bedarf also eines zielgerichteten Tätigwerdens des Sozialleistungsträgers gegenüber dem Kind durch die Zuweisung oder zumindest den Nachweis eines Platzes (Urteil der Kammer vom 17. Juli 2013, 3 A 4722/10, juris, Rn. 26, m.w.N.).
Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Das zielgerichtet auf die Erbringung einer Jugendhilfeleistung als Sozialleistung gerichtete Tätigwerden der Klägerin liegt darin, dass sie, vertreten durch den Fachbereich Jugend und Familie, mit der Kindesmutter zugunsten deren Sohnes als Hilfeberechtigten i.S.v. § 24 Abs. 1 SGB VIII a. F. zunächst am 29.01.2012 einen Vertrag über dessen Tagesbetreuung ab dem 01.03.2012 geschlossen und das Kind anschließend auch tatsächlich in ihren eigenen Kindertagesstätten betreut hatte. Der Vertragsschluss zielte aus Sicht der Klägerin dabei (auch) darauf ab, eine von ihr seinerzeit angenommene eigene Leistungsverpflichtung nach § 24 Abs. 1 SGB VIII a. F. in Form der Betreuung in einer Tageseinrichtung im Sinne des § 22 SGB VIII (Kindertagesstätte) gegenüber dem zu betreuenden Kind zu konkretisieren und zu individualisieren. Die Kammer geht in Übereinstimmung mit den Beteiligten davon aus, dass der ebenfalls sorgeberechtigte Kindesvater dem Vertragsschluss und der Inanspruchnahme der Betreuung zumindest konkludent zugestimmt hatte.
2. Die Klägerin war für diese Leistung örtlich unzuständig, denn die örtliche Zuständigkeit auch für die weitere Betreuung des Kindes in den Kindertagesstätten der Klägerin ab März 2012 lag (weiterhin) bei dem Beklagten.
a) Die örtliche Zuständigkeit für eine Jugendhilfeleistung in Form der Betreuung in einer Kindertagesstätte richtet sich nach dem Regelungssystem der §§ 86 ff. SGB VIII (BVerwG, Urteil vom 14. November 2002, 5 C 57/01, juris Rn. 12 ff.), sodass auch § 86 Abs. 5 SGB VIII ohne Einschränkung heranzuziehen ist. Nach Satz 2 dieser Regelung bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen, wenn die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen, solange u. a. die Personensorge beiden Elternteilen zusteht. Diese Voraussetzungen lagen vor.
b) Die Eltern des von der Klägerin ab dem 01.03.2012 betreuten Kindes begründeten am 26.01.2012 verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, weil die Kindesmutter an diesem Tag aus E. in den örtlichen Zuständigkeitsbereich der Klägerin umzog und dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I begründete, während der Kindesvater weiterhin in E. im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten verblieb. Beide Eltern blieben trotz dieser räumlichen Trennung gemeinsam personensorgeberechtigt.
c) Die Begründung der verschiedenen gewöhnlichen Aufenthalte der Kindeseltern am 26.01.2012 erfolgte im zuständigkeitsrechtlichen Sinne nach Beginn der Leistung. Bei der am 01.03.2012 begonnenen Betreuung des Kindes in der Kindertagesstätte „H.“ der Klägerin handelte es sich nicht um eine eigenständige, neue Jugendhilfeleistung, sondern um die Fortsetzung einer im zuständigkeitsrechtlichen Sinne einheitlichen Leistung, die bereits mit der Aufnahme der Kindertagesbetreuung in der Kindertagesstätte „F.“ in E. am 01.03.2011 begonnen hatte.
aa) Auch bei der Betreuung des Kindes in der Kindertagesstätte „F.“ in E. hatte es sich um eine Sozialleistung in Form einer dem Beklagten zurechenbaren Jugendhilfeleistung gehandelt. Zwar war der Beklagte insoweit nicht selbst unmittelbar zielgerichtet gegenüber dem Kind und seinen Eltern tätig geworden. Vielmehr hatten die Eltern des Kindes unmittelbar nur mit dem Träger der Einrichtung, der Samtgemeinde E., kommuniziert (Anmeldung des Kindes, Aufnahmebestätigung und Gebührenrechnung). Die Beteiligten gehen jedoch zu Recht übereinstimmend davon aus, dass die Samtgemeinde E. mit der Aufnahme des Kindes in ihre Einrichtung zugleich eine dem Beklagten zurechenbare jugendhilferechtliche Entscheidung über die Erfüllung des Betreuungsanspruchs des Kindes aus § 24 SGB VIII a. F. getroffen hatte. Denn der Beklagte hatte (und hat) die Wahrnehmung der ihm in Bezug auf Leistungen in Form der Bereitstellung von Kindertagesbetreuung obliegenden Aufgaben in einer Vereinbarung auf die Samtgemeinde E. für deren örtlichen Bereich übertragen.
bb) Dass es sich bei der Tagesbetreuung des Kindes zunächst in E. und nach dem Umzug in G. um eine zuständigkeitsrechtlich einheitliche Leistung handelte, folgt aus der Anwendung des vom Bundesverwaltungsgericht im Zusammenhang mit den §§ 86 ff. SGB VIII entwickelten zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffs. Als Leistung, an deren Beginn (u.a.) § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII anknüpft, sind hiernach unabhängig von Hilfeart und -form im Rahmen einer Gesamtbetrachtung alle zur Deckung eines qualitativ unveränderten, kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlichen Maßnahmen und Hilfen anzusehen, sofern sie ohne beachtliche Unterbrechung gewährt worden sind (std. Rspr.; grdl. BVerwG, Urteil vom 29.01.2004, 5 C 9/03, juris Rn. 18 ff.). Die Betreuung des Kindes zunächst in der Kindertagesstätte „F.“ in E. und nach dem Umzug in den Kindertagesstätten „H.“ sowie „J.“ in G. erfüllte diese Voraussetzungen.
(1) Dieser Bewertung steht nicht bereits dem Grunde nach entgegen, dass die Betreuung in verschiedenen Kindertagesstätten in unterschiedlichen Orten erfolgte (anders wohl VG Schleswig, Urteil vom 27. Mai 2010, 15 A 120/09, juris Rn. 29). Der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich entnehmen, dass auch die zeitlich aufeinander folgende Betreuung in Kindertagestätten in unterschiedlichen Gemeinden als eine zuständigkeitsrechtlich einheitliche Leistung anzusehen sein kann. Im Zusammenhang mit der Frage, ob im dort zu entscheidenden Fall die Leistung im Sinne des § 86c SGB VIII „fortgesetzt“ wurde, hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass auch die Betreuung in einer Kindertagesstätte unter den Leistungsbegriff der §§ 86 ff. SGB VIII fällt und eine im Sinne des § 86c SGB VIII „fortsetzungsfähige“ Leistung ist. Für die Frage der Fortsetzungsfähigkeit kommt es danach nur darauf an, dass die erbrachten Leistungen „gleichartig“ sind, und ob die vorher durch den Jugendhilfeträger gewährte Leistung auch durch den neu zuständig gewordenen Träger übernommen werden, im Ergebnis also auch er den jugendhilferechtlichen Bedarf decken kann (BVerwG, Urteil vom 14. November 2002, 5 C 57/01, juris Rn. 25). Insbesondere sei die Förderung eines Kindes in einer Tageseinrichtung eine fortsetzungsfähige Leistung im Sinne des § 86c SGB VIII „nicht nur unter der Bedingung, dass sie in der gleichen Art und Weise […] oder gar in der bislang genutzten Einrichtung unverändert fortgesetzt werden muss“ (BVerwG, Urteil vom 14. November 2002, 5 C 57/01, juris Rn. 29).
Zwar war in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall die Tagesbetreuung nach einem örtlichen Zuständigkeitswechsel auf Grund des Wegzugs der allein sorgeberechtigten Mutter gerade in derselben Einrichtung wie bisher fortgeführt worden. Gleichwohl ist die Aussage des Gerichts nach Auffassung der Kammer so zu verstehen, dass auch ein Orts- und Einrichtungswechsel bei der Tagesbetreuung eines Kindes der Annahme einer fortgesetzten, zuständigkeitsrechtlich einheitlichen Leistung nicht schlechthin entgegensteht, denn (auch) eine solche Konstellation wird vom Gericht in der zitierten Aussage ausdrücklich als fortsetzungsfähig im Sinne des § 86c SGB VIII bezeichnet. Wenn aber eine Betreuung in einer Kindertagesstätte auch bei einem Einrichtungswechsel als Leistung im Sinne von § 86c SGB VIII durch einen anderen Jugendhilfeträger „fortgesetzt“ werden kann, kann es sich dabei auch um eine zuständigkeitsrechtlich einheitliche Jugendhilfeleistung handeln. Denn eine derartige zuständigkeitsrechtliche Einheitlichkeit der Leistung ist für die Anwendung des § 86c SGB VIII in Abgrenzung zur Anwendung des § 86d SGB VIII gerade Voraussetzung (vgl. Lange in: jurisPK-SGB VIII, § 86c Rn. 8, 15; § 86d Rn. 8).
(2) Auch wenn die besuchten Kindertagesstätten in den örtlichen Zuständigkeitsbereichen verschiedener Jugendhilfeträger liegen und die Bewertung ihres Besuchs als zuständigkeitsrechtlich einheitliche Leistung zur Konsequenz haben kann, dass ein Jugendhilfeträger dafür zuständig ist, den Bedarf nach einer Kindertagesbetreuung im örtlichen Zuständigkeitsbereich eines anderen Jugendhilfeträgers zu decken, steht das der Annahme einer zuständigkeitsrechtlichen Einheitlichkeit der Tagesbetreuung als Jugendhilfeleistung nicht generell entgegen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Deckung eines Bedarfs an Kindertagesbetreuung gemäß §§ 22 ff. SGB VIII nicht auf den örtlichen Zuständigkeitsbereich desjenigen Jugendhilfeträgers beschränkt ist, der für die Bedarfsdeckung zuständig ist. Bundesrechtlich gilt danach für die Jugendhilfe auch im Bereich der Kindertagesbetreuung kein „Territorialitätsprinzip“ in dem Sinne, dass eine bedarfsdeckende Jugendhilfeleistung in einer Tageseinrichtung für Kinder ausgeschlossen wäre, die außerhalb des örtlichen Zuständigkeitsbereichs des zuständigen Jugendhilfeträgers gelegen ist (BVerwG, Urteil vom 14. November 2002, 5 C 57/01, juris Rn. 14).
(3) Im vorliegenden Fall stellte die Aufnahme der Betreuung des Kindes in G. am 01.03.2012 nicht bereits deshalb eine neue Leistung im zuständigkeitsrechtlichen Sinne dar, weil zuvor die Kindertagesbetreuung in der Kindertagesstätte „F.“ in E. bereits zu Ende Januar 2012 eingestellt worden war. Darin lag weder eine Beendigung der Leistung im zuständigkeitsrechtlichen Sinn noch eine zuständigkeitsrechtlich relevante Leistungsunterbrechung.
(a) Eine Beendigung einer Leistung im Sinne der §§ 86 ff. SGB VIII liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, dann vor, wenn der zuletzt tätig gewesene Jugendhilfeträger die von ihm bisher gewährte Hilfeleistung aufgrund eines Verwaltungsaktes tatsächlich einstellt und dies in belastbarer Weise auf der Annahme beruht, dass ein objektiv erkennbarer und qualitativ unveränderter, kontinuierliche Hilfe gebietender jugendhilferechtlicher Bedarf nicht mehr fortbesteht (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2016, 5 C 35/15, juris LS 1 und Rn. 31). Das einer solchen Beendigung folgende erneute Einsetzen der Leistungsgewährung stellt dann unabhängig von der Dauer der zeitlichen Lücke zwischen den jeweiligen Leistungserbringungen stets eine neue Jugendhilfeleistung i. S. d. §§ 86 ff. SGB VIII dar und wirft die Zuständigkeitsfrage neu auf (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2016, 5 C 35/15, juris Rn. 29).
(aa) Die Samtgemeinde E. hatte im vorliegenden Fall die Betreuung des Kindes formal zum 31.01.2012 und wohl bereits zuvor tatsächlich eingestellt. Dabei kann dahinstehen, ob, was sich aus den vorgelegten Verwaltungsvorgängen nicht unmittelbar ergibt, diese Einstellung durch förmlichen Verwaltungsakt erfolgte. Die Kammer brauchte dem nicht weiter nachzugehen, denn sie geht in Übereinstimmung mit den Beteiligten davon aus, dass die Samtgemeinde den Kindeseltern zumindest eine Bestätigung der Abmeldung des Kindes aus dieser Betreuung zum 31.01.2012 erteilt hatte. Darin lag - als actus contrarius zur Aufnahmeentscheidung - zugleich eine dem Beklagten aus den o. a. Gründen zurechenbare Entscheidung über die Einstellung der Betreuung als Jugendhilfeleistung.
(bb) Eine Beendigung der Jugendhilfeleistung im zuständigkeitsrechtlichen Sinn nach Maßgabe der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergab sich daraus aber nicht.
Es kann für den vorliegenden Fall offen bleiben, ob aus dem vom Bundesverwaltungsgericht formulierten Erfordernis, dass die Einstellung auf einer belastbaren Annahme beruhen muss, folgt, dass dieses Merkmal in dem Sinne subjektiv zu bestimmen wäre, dass allein die - möglicherweise irrige - Vorstellung des handelnden Jugendhilfeträgers bzw. des für diesen handelnden Verwaltungsträgers maßgebend sein soll. Denn es bestehen jedenfalls im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte, dass das Vorstellungsbild der insoweit zurechenbar für den Beklagten handelnden Samtgemeinde E. über die jugendhilferechtliche Bedarfslage des Kindes im Zeitpunkt der Einstellung hinsichtlich der hierfür ursächlichen Umstände von den tatsächlich gegebenen Umständen abwich.
Ob im vorliegenden Fall mit der Einstellung der Betreuung in der Kindertagesstätte in E. zugleich eine zuständigkeitsrechtliche Beendigung der bisher gewährten Jugendhilfeleistung vorlag, richtet sich deshalb allein danach, ob materiell im Zeitpunkt der Einstellung ein objektiv erkennbarer und qualitativ unveränderter, kontinuierliche Hilfe gebietender jugendhilferechtlicher Bedarf weiterhin vorlag oder nicht. Diese Frage ist zu bejahen.
(i) Die Kammer folgt nicht der in Teilen der bisherigen instanzgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. Bay.VGH, Beschluss vom 23. April 2014, 12 ZB 14.26, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. August 2014, OVG 6 B 12.13, juris; VG Magdeburg, Urteil vom 19. Juni 2014, 4 A 82/14, juris; VG Schleswig, Urteil vom 27. Mai 2010, 15 A 120/09, juris; VG Würzburg, Beschluss vom 25. Oktober 2012, W 3 E 12.877, juris; VG Münster, Urteil vom 22. Juli 2014, 6 K 854/13, juris) zu Fällen der vorliegenden Art vertretenen Auffassung, dass die Kindertagesbetreuung als Jugendhilfeleistung ohnehin keinen Bedarf decke, der eine kontinuierliche Hilfe benötigen würde, und folglich bereits in Ermangelung eines kontinuierliche Hilfe gebietenden jugendhilferechtlichen Bedarfs bei einem Ortswechsel eine einheitliche Leistung im zuständigkeitsrechtlichen Sinne in Form der Kindertagesbetreuung nicht in Betracht komme.
Die dafür angeführte Argumentation, die Leistungen im Rahmen der Kindertagesbetreuung seien durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass sie nicht auf einem Hilfeplan i.S.v. § 36 SGB VIII beruhten, der unter Beteiligung von Eltern, Kind und Hilfeträger erarbeitet werde, und der Gesichtspunkt der Kontinuität einer bedarfsgerechten Hilfegewährung daher bei der Kindertagesbetreuung geringeres Gewicht habe, als bei der regelmäßig auf längere Zeit angelegten Hilfe zur Erziehung, überzeugt nicht. Der vermeintliche Angebotscharakter der Kinderbetreuung und die Freiwilligkeit der Leistungsinanspruchnahme sind nicht ausschlaggebend (so aber: OVG Berlin-Branden-burg, Urteil vom 20. August 2014, OVG 6 B 12.13, juris Rn. 17; VG Münster, Urteil vom 22. Juli 2014, 6 K 854/13, juris Rn. 63; VG Schleswig, Urteil vom 27. Mai 2010, 15 A 120/09, juris Rn. 29; VG Würzburg, Urteil vom 21. November 2013, W 3 K 12.876, juris Rn. 25; kritisch dagegen insoweit: Bay.VGH, Beschluss vom 23. April 2014, 12 ZB 14.26, juris Rn. 10). Abgesehen von der Inobhutnahme sind alle bedarfsbezogenen Einzelmaßnahmen im SGB VIII von der „freiwilligen“ Entscheidung der leistungsberechtigten Person bzw. ihrer Sorgeberechtigten über eine Inanspruchnahme geprägt und abhängig, ohne dass allein dadurch ihre Fortsetzungsfähigkeit bzw. ihre zuständigkeitsrechtliche Einheitlichkeit bei einer Veränderung in den Modalitäten der Leistungserbringung in Frage gestellt werden kann. Darüber hinaus lässt sich diese Auffassung, die aus dem Freiwilligkeitscharakter der Kinderbetreuung auf das geringe Gewicht der Kontinuität bei dieser Form der Jugendhilfeleistung und damit auf die fehlende Notwendigkeit einer Leistungsfortsetzung schließt, nicht mit der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vereinbaren, nach der die Betreuung in einer Kindertagesstätte auch bei einem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit nach § 86c SGB VIII fortsetzungsfähig ist. Und schließlich übersieht diese Auffassung, dass sehr wohl in der Kindertagesbetreuung regelmäßig eine über einen längeren Zeitraum wirkende „Hilfeplanung“ in Kooperation mit den Sorgeberechtigten erfolgt, nämlich in Form regelmäßiger Aufstellung und Fortschreibung von Entwicklungsberichten in den Betreuungseinrichtungen und deren reflektierender Besprechung mit den Sorgeberechtigten.
(ii) Es ist weiterhin nach Auffassung der Kammer nicht davon auszugehen, dass es sich bei dem trennungsbedingten Umzug eines Elternteils mit dem zu betreuenden Kind in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Jugendhilfeträgers generell um eine so einschneidende Zäsur in den Lebensbedingungen des Kindes handelt, dass sich in solchen Konstellationen die Frage nach dem Bedarf an Kindertagesbetreuung stets neu stellt und daher eine neue Entscheidung über die konkrete Deckung des Betreuungsbedarfs erforderlich wird (so aber: BayVGH, Beschluss vom 23. April 2014, 12 ZB 14.26, juris Rn. 11; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. August 2014, OVG 6 B 12.13, juris Rn. 17; VG Magdeburg, Urteil vom 19. Juni 2014, 4 A 82/14, juris Rn. 22; VG Schleswig, Urteil vom 27. Mai 2010, 15 A 120/09, juris Rn. 29; VG Würzburg, Beschluss vom 25. Oktober 2012, W 3 E 12.877, juris Rn. 17; VG Münster, Urteil vom 22. Juli 2014, 6 K 854/13, juris). Zwar ist der gegenteiligen Auffassung zuzugestehen, dass hierdurch tiefgreifende Änderungen der beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Lebensumstände der Kindeseltern und des zu betreuenden Kindes eintreten. Daraus folgt aber nicht zwangsläufig, dass diese veränderten Lebensumstände eine qualitative Veränderung des Betreuungsbedarfes des Kindes nach sich ziehen. Der Betreuungsbedarf des betroffenen Kindes wird aus Sicht der Kammer vielmehr mit den in der zitierten Rechtsprechung benannten Umständen, namentlich mit den mit der Trennung und dem Umzug einhergehenden Änderungen der Betreuungsmöglichkeiten der Eltern, etwa durch andere Anfahrtswege, andere Arbeitszeiten, andere Betreuungsmöglichkeiten am neuen Wohnort und eine andere Aufteilung der Betreuung unter den nun getrennten Eltern, lediglich in seiner zeitlichen Komponente berührt. Diese Faktoren sind nämlich zunächst allein für die Frage relevant, in welchem Umfang eine weitere Kindertagesbetreuung nunmehr erfolgen soll, berühren aber weder die Frage, ob überhaupt weiterhin eine Betreuung stattfinden soll, noch die inhaltliche Ausgestaltung der Kindertagesbetreuung. Am Maßstab der Definition des jugendhilferechtlichen Leistungsbegriffs durch das Bundesverwaltungsgericht wirken sich die benannten neuen Lebensumstände daher regelmäßig zunächst - gegebenenfalls - lediglich als quantitative Veränderung des Bedarfes aus, nicht aber als die geforderte qualitative Veränderung.
(iii) In qualitativer Hinsicht ist vielmehr für den vorliegenden Fall festzustellen, dass der durch die vorherige Betreuung in der Kindertagesstätte in E. und die dem Umzug nachfolgende Betreuung des Kindes in den Kindertagesstätten der Klägerin gedeckte Bedarf inhaltlich im Wesentlichen unverändert geblieben war. Maßgebend für diese Bewertung ist aus Sicht der Kammer, dass vor dem Hintergrund der gesetzlichen Maßgaben im SGB VIII, die für den Leistungsbereich der Kindertagesbetreuung den Bedarf inhaltlich näher beschreiben, die Betreuung in E. einerseits und nachfolgend in G. andererseits trotz des dort gestiegenen Betreuungsumfangs in ihren wesentlichen Zügen die gleichen Ziele verfolgte.
Im Falle des hier betreuten Kindes, das im strittigen Zeitraum 4 bis 5 Jahre alt war, richtete sich der jugendhilferechtliche Anspruch auf Kindestagesbetreuung nach § 24 Abs. 1 SGB VIII a.F.. Diese Norm stellte - wie heute § 24 Abs. 3 SGB VIII - für den Anspruch tatbestandlich darauf ab, dass das Kind das dritte Lebensjahr vollendet hatte, aber noch nicht schulpflichtig war. Weitere Anspruchsvoraussetzungen sind der Norm selbst nicht zu entnehmen. Wenn aber sämtliche Kinder, die hierunter fielen, den Anspruch auf eine Tagesbetreuung hatten, so lässt sich dem die gesetzgeberische Wertung entnehmen, dass der durch diese Tagesbetreuung abzudeckende Bedarf auch bei allen diesen Kindern dem Grunde nach in gleicher Weise vorliegt. Der Anspruch auf die Betreuung war und ist somit ab Vollendung des dritten Lebensjahres gesetzlich dem Grunde nach losgelöst von der Frage, ob und in welchem Umfang die Eltern im konkreten Fall ihrerseits darauf angewiesen waren bzw. sind, eine Fremdbetreuung für ihr Kind in Anspruch zu nehmen, oder wie ansonsten die individuellen Lebensumstände der Eltern bzw. des Kindes ausgestaltet waren bzw. sind. Dann aber hing bzw. hängt der durch die Erfüllung des Anspruchs nach § 24 Abs. 1 SGB VIII a. F. bzw. § 24 Abs. 3 SGB VIII n. F. zu deckende Bedarf als solcher nicht von den individuellen Lebensumständen der Eltern bzw. des Kindes ab. Geht man von dieser Prämisse aus, ist festzustellen, dass der durch die Kindertagesbetreuung gedeckte Bedarf, wie er gesetzlich in der einschlägigen Anspruchsnorm tatbestandlich gefasst war, auch nach dem Umzug des Kindes mit seiner Mutter nach G. unverändert vorgelegen hatte.
Diese Einschätzung wird bestätigt bei einer Heranziehung der in § 22 Abs. 2 und 3 SGB VIII verankerten Fördergrundsätze. Die dort formulierten Grundsätze erlauben einen ergänzenden Rückschluss darauf, worin der Gesetzgeber den durch eine Kindertagesbetreuung zu deckenden Bedarf inhaltlich-qualitativ gesehen hat bzw. sieht. Nach § 22 Abs. 2 SGB VIII sollen die Tageseinrichtungen die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern, die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützen und ergänzen und den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können. Gemessen daran war im vorliegenden Fall eine qualitative Änderung des Bedarfs infolge des Umzugs nicht eingetreten, denn diese Ziele wurden auch nach dem Wechsel der Kindertagesstätte unverändert weiterverfolgt, wenn auch mit einer - wie hier - veränderten Stundenzahl und somit in einem anderen Umfang, was aber lediglich ein quantitatives Element des Bedarfs war.
Entsprechendes gilt für die Konkretisierung des Förderungsauftrages in § 22 Abs. 3 SGB VIII. Hiernach umfasste nach damaliger Rechtslage und umfasst heute unverändert der Förderungsauftrag Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes und bezieht sich auf dessen soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung. Er schließt die Vermittlung orientierender Werte und Regeln ein. Die Förderung soll sich danach am Alter und Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Herkunft berücksichtigen. Die Norm stellt damit einen wesentlichen inhaltlichen Leitfaden für die Kindertagesbetreuung auf und beschreibt, worin der durch die Kinderbetreuung zu erfüllende Bedarf in qualitativer Hinsicht liegt. Auch gemessen an diesen Kriterien wird erkennbar, dass die Umstände, welche von der überwiegenden Rechtsprechung für eine zuständigkeitsrechtliche Zäsur infolge Trennung der Eltern und Umzug des Kindes mit einem Elternteil in einen anderen Ort angeführt werden - andere Arbeitszeiten, Anfahrtswege und veränderte Betreuungsmöglichkeiten in der Familie durch die veränderten Lebensumstände -, die Annahme eines qualitativ neuen Bedarfs nicht tragen. In qualitativer Hinsicht muss nämlich eine neue, ebenso wie die vorherige Kindertagesbetreuung unverändert dem Förderungsauftrag nach o.g. Maßgaben nachkommen, und zwar inhaltlich völlig unabhängig davon, ob die reine Betreuungszeit aufgrund eingeschränkter Betreuungsmöglichkeiten des nunmehr allein betreuenden Elternteils ausgeweitet wird.
Dem steht nicht entgegen, dass sich die infolge der Trennung der Eltern stark veränderten familiären Lebensumstände des zu betreuenden Kindes regelmäßig auf seine individuellen Zuwendungsbedürfnisse auswirken. Ein Kind wird in einer solchen Situation regelmäßig für einen gewissen Zeitraum einer umfangreicheren und ggf. auch inhaltlich angepassten pädagogischen Begleitung im Rahmen der weiteren Kindertagesbetreuung bedürfen, um sich sozial, emotional und geistig weiterhin zielentsprechend entwickeln zu können. Dies stellt in qualitativer Hinsicht aus Sicht der Kammer aber keinen neuen bzw. andersartigen Bedarf dar, der die Zuständigkeitsfrage neu aufwirft, sondern es umschreibt lediglich eine Schwerpunktverlagerung innerhalb der gesetzlichen Ziele des Förderungsauftrages bei der Tagesbetreuung des Kindes. Eine solche Schwerpunktverlagerung in der konkreten pädagogischen Arbeit mit den Kindern ist aber inhärenter Normalzustand einer Kindertagesbetreuung. Kinder sind durchaus typischerweise häufiger mehr oder weniger einschneidenden Veränderungen ihrer sozialen Lebensverhältnisse ausgesetzt, die sich auf ihre individuellen Zuwendungsbedürfnisse aktuell auswirken und somit nach den Vorgaben des § 22 Abs. 3 SGB VIII eine permanente Neuevaluation der inhaltlichen Ausgestaltung der Betreuung durch die Fachkräfte erforderlich machen.
Schließlich ist nach Auffassung der Kammer auch das Kriterium der - gewünschten - Ortsnähe der Kindertagesbetreuung nicht als qualitatives Bedarfsmerkmal zu verstehen, welches umzugsbedingt einer sich zuständigkeitsrechtlich auswirkenden Neubewertung unterzogen werden muss mit der Konsequenz, dass der infolge eines Umzugs des Kindes mit einem Elternteil erfolgende Wechsel der Betreuungseinrichtung einen qualitativ neuen Bedarf deckt. Dem steht entgegen, dass das SGB VIII selbst die Ortsnähe der Betreuung als qualitatives Element des zu deckenden Bedarfs nicht unmittelbar regelt. Der über § 26 Satz 1 SGB VIII ergänzend anwendbare § 12 Abs. 1 Satz 4 Nds.KiTaG (in der im streitigen Zeitraum maßgeblichen Fassung) nimmt das Merkmal der Ortsnähe als fakultatives Element der Bedarfsdeckung zwar auf, jedoch insoweit nicht als tatbestandliche Konkretisierung des jugendhilferechtlichen Anspruchs, sondern als Ausprägung der Erfüllungsverpflichtung des jeweils zuständigen Jugendhilfeträgers. Dieses Element der Bedarfsdeckung entfaltet damit aus sich selbst heraus keine zuständigkeitsrechtlichen Wirkungen. Es steuert unter dem Blickwinkel des zuständigkeitsrechtlichen Leistungsbegriffs nicht notwendigerweise die örtliche Zuständigkeit, sondern es setzt eine solche Zuständigkeit vielmehr als bereits gegeben voraus. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der o. a. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Einen von einer grundsätzlichen Fortsetzungsfähigkeit gemäß § 86c SGB VIII auch einer - dann zwingend zuständigkeitsrechtlich einheitlichen - Jugendhilfeleistung in Form der Kindertagesbetreuung auszugehen ist, ohne dass die Betreuung in der bislang genutzten Einrichtung unverändert fortgesetzt werden müsste, und dass danach zum Anderen die Erfüllung einer zuständigkeitsrechtlich bestehenden Leistungsverpflichtung auch im Bereich der Kindertagesbetreuung gerade nicht territorial auf den örtlichen Zuständigkeitsbereich des zuständigen Jugendhilfeträgers begrenzt ist.
(iii) Eine fehlende zuständigkeitsrechtliche Einheitlichkeit der Jugendhilfeleistung in Form der Kindertagesbetreuung folgt im vorliegenden Fall auch nicht daraus, dass die weitere Betreuung des Kindes in G. sich nicht „nahtlos“ an die Einstellung der Leistungserbringung in E. anschloss, sondern dazwischen im Monat Februar 2012 keine Betreuung des Kindes in einer Tageseinrichtung erfolgte. Die Kammer folgt insoweit nicht der Auffassung des VG Würzburg (Beschluss vom 25. Oktober 2012, W 3 E 12.877, juris Rn. 18), das davon ausgegangen ist, dass zwar nicht allein aufgrund einer einmonatigen Unterbrechung der Betreuung von einer Beendigung der Leistung und einem damit verbundenen Zuständigkeitswechsel auszugehen sei, der Umstand der Unterbrechung aber im Rahmen der Prüfung des einheitlichen, kontinuierlichen Bedarfs die fehlende Einheitlichkeit verdeutliche. Deshalb sei eine derartige Unterbrechung der Leistung in einer Gesamtbetrachtung des zugrundeliegenden Bedarfs zu berücksichtigen. Dies überzeugt jedoch bereits deshalb nicht, weil dem Umstand, dass eine Betreuung tatsächlich nicht stattgefunden hat, grundsätzlich keine Aussage darüber entnommen werden kann, ob ein entsprechender Bedarf qualitativ unverändert vorgelegen hat oder nicht, da der Bedarf Voraussetzung und nicht Folge der Kindertagesbetreuung ist.
(b) Ein Zuständigkeitswechsel war auch nicht deshalb eingetreten, weil die Leistung in Form der Kindertagesbetreuung in einer zuständigkeitsrechtlich beachtlichen Weise unterbrochen war.
(aa) Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 15.12.2016 - 5 C 35/15 -, juris Rn. 43) geht davon aus, dass eine Unterbrechung einer Leistung im Sinne der §§ 86 ff. SGB VIII vorliegt, wenn die bisherige Jugendhilfeleistung trotz qualitativ unverändert fortbestehenden jugendhilferechtlichen Bedarfs aufgrund einer Entscheidung des Jugendhilfeträgers eingestellt und tatsächlich nicht mehr erbracht wird, weil der Fortsetzung der an sich notwendigen Leistungsgewährung ein rechtlicher Grund entgegensteht. Eine derartige Unterbrechung ist danach zuständigkeitsrechtlich erheblich, wenn eine anhand einer Würdigung der bedeutsamen Umstände des Einzelfalls zu ermittelnde zeitliche Schwelle überschritten ist, welche die Aussetzung der Hilfeleistung einer Beendigung der Leistung gleichkommen lässt.
Im vorliegenden Fall bewirkte die Einstellung der bisherigen Hilfegewährung in E., wie aufgezeigt, wegen des qualitativ unverändert fortbestehenden jugendhilferechtlichen Bedarfs des Kindes an einer Tagesbetreuung keine Beendigung der Leistung im Rechtssinne, sondern lediglich deren Unterbrechung. Einer weiteren Leistungsgewährung seitens des Beklagten stand auch ein rechtlicher Grund entgegen, weil die Eltern das Kind zu Ende Januar 2012 aus der Betreuung in E. abgemeldet hatten und die Kindesmutter das Begehren auf eine weitere Tagesbetreuung des Kindes in G. im Einverständnis mit dem ebenfalls sorgeberechtigten Vater nicht an den Beklagten, sondern an die Klägerin herangetragen hatte.
(bb) Nach Auffassung der Kammer ist in der Aussetzung der Kindertagesbetreuung im Monat Februar 2012 allerdings keine Unterbrechung zu sehen, welche die für einen Zuständigkeitswechsel erforderliche Erheblichkeitsschwelle überschritten hatte.
Das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 15.12.2016 - 5 C 35/15 -, juris Rn. 48 f.) stellt für die Erheblichkeit der Unterbrechung auf eine wertende Gesamtbetrachtung von Zeit- und Umstandsmoment ab. Hinsichtlich des Zeitmomentes zieht es dabei einen Vergleich zu denjenigen gesetzlichen Regelungen, die ausdrücklich auf eine Unterbrechung abstellen und diese ebenfalls erst ab einer bestimmten zeitlichen Schwelle für beachtlich halten. § 86 Abs. 7 Satz 4, § 86a Abs. 4 Satz 2 und § 86b Abs. 3 Satz 2 SGB VIII bestimmen, dass sich eine Unterbrechung in dem jeweiligen Kontext nur dann auf die Zuständigkeit des Trägers auswirkt, wenn sie länger als drei Monate andauert. Diese Frist sei zwar nicht analog heranzuziehen, da es an einer Regelungslücke fehle. Dies schließe aber nicht aus, die Drei-Monats-Frist im Rahmen der Gesamtabwägung der Erheblichkeit als gewichtigen Umstand zu begreifen, der einen Anhaltspunkt für die Erfüllung des Zeitmomentes bietet. Umgekehrt könne dem Gesetz bei systematischer Auslegung entnommen werden, dass kurzfristigen Unterbrechungen regelmäßig keine Relevanz zukommen soll. Dieser Auffassung schließt sich die Kammer an.
Geht man davon aus, spricht im vorliegenden Fall die nur einmonatige Lücke zwischen der Einstellung der bisherigen Betreuungsleistungen und der Wiederaufnahme der Betreuung in G. bereits allein von ihrer Dauer her gegen ihre zuständigkeitsrechtliche Erheblichkeit. Nicht überzeugend ist demgegenüber die auch nicht weiter begründete Auffassung des VG Magdeburg (Urteil vom 19. Juni 2014, 4 A 82/14, juris Rn. 23), das bei einer fünfwöchigen Unterbrechung der Betreuung davon ausging, dass bereits diese Lücke eine Zäsur bedeute, die der Annahme einer einheitlichen Leistung entgegenstünde.
Es liegen im vorliegenden Fall auch keine besonderen Umstandsmomente vor, die im Rahmen der vom Bundesverwaltungsgericht vorgegebenen Gesamtbetrachtung das schwach ausgeprägte Zeitmoment kompensieren können und damit doch zur Feststellung einer zuständigkeitsrechtlich erheblichen Unterbrechung führen.
Hinsichtlich dieses Umstandsmoments soll nach o.g. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in die Abwägung einfließen, dass der jugendhilferechtliche Bedarf gleichsam die Klammer sei, die es rechtfertige, die einzelnen Maßnahmen und Hilfen nicht isoliert zu betrachten, sondern sie zu einer Leistung zusammenzufassen. Dementsprechend gelte, dass je länger der vorangegangene ununterbrochene Leistungszeitraum gewesen sei, desto länger die Phase der Unterbrechung zu bemessen sei, bis sie die Schwelle der Erheblichkeit erreicht habe (BVerwG a.a.O., Rn. 51). Auch gemessen daran hatte die einmonatige Unterbrechung der Tagesbetreuung die Erheblichkeitsschwelle nicht erreicht, denn sie ist im Vergleich zu der bereits zuvor über 11 Monate erfolgten Betreuung in E. nicht besonders lang.
Im Rahmen der Gesamtbetrachtung ist schließlich weiterhin zu berücksichtigen, dass bereits im Zeitpunkt der Einstellung der Leistung in E. zu Ende Januar 2012 feststand, dass die Kinderbetreuung zum 01.03.2012 in G. wieder aufgenommen werden würde. Dass im Februar 2012 keine Betreuung erfolgte, lag auch nicht an einem fehlenden Willen zur Inanspruchnahme einer solchen Jugendhilfeleistung, sondern allein daran, dass die Klägerin in dem Monat noch kein passendes Betreuungsangebot für das Kind zur Verfügung stellen konnte. Das ergibt sich daraus, dass die Kindesmutter den entsprechenden Bedarf schon unmittelbar nach dem Umzug nach G. Ende Januar 2012 an die Klägerin herangetragen hatte. Hätte im Februar 2012 ein passender Platz zur Verfügung gestanden, wäre er auch in Anspruch genommen worden, mit der Folge, dass die Betreuung nahtlos durch die Klägerin fortgesetzt worden wäre.
3. Die Klägerin hatte die von ihr dem Kind gewährte Jugendhilfe nicht gemäß § 102 Abs. 1 SGB X vorläufig erbracht.
II.
Der Höhe nach ergibt sich der Anspruch aus § 105 Abs. 2 SGB X in Verbindung mit § 89f Abs. 1 SGB VIII. Der Beklagte hat der Kostenberechnung der Klägerin nicht widersprochen. Fehler sind insoweit auch nicht ersichtlich. Dabei kommt es insbesondere nicht darauf an, ob die familiäre bzw. die persönliche Situation der Kindesmutter und des betreuten Kindes ab März 2012 zwingend eine ganztägige Betreuung des Kindes erforderten. Denn jedenfalls war die ganztägige Betreuung von § 24 Abs. 1 SGB VIII a.F. rechtlich gedeckt, weil diese Norm eine Betreuung in diesem Umfang nicht in dem Sinne von der Erfüllung einer besonderen tatbestandlichen Voraussetzung in Form eines „gesteigerten“ Betreuungsbedarfs abhängig machte, dass ohne dessen Vorliegen eine ganztägige Betreuung nicht hätte bewilligt werden dürfen.
Dem Beklagten waren die Umstände der Hilfegewährung gegenüber dem Kind in G. ab dem 01.03.2012 seit dem Schreiben der Klägerin vom 09.03.2012 bekannt.
III.
Der Anspruch auf Prozesszinsen ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB (std. Rspr. des BVerwG, vgl. Urteil vom 23.01.2014, 5 C 9/13, juris Rn. 22 f.).
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO.
V.
Gemäß § 124a Abs. 1 VwGO ist die Berufung zuzulassen, weil die Frage, ob in Konstellationen wie der vorliegenden bei einem gemeinsamen Sorgerecht beider Elternteile mit der Trennung der Kindeseltern und dem Umzug eines bereits zuvor in einer Kindertagesstätte betreuten Kindes mit einem Elternteil in den örtlichen Zuständigkeitsbereich eines anderen Jugendhilfeträgers sowie einer sich daran anschließenden Wiederaufnahme der Kindertagesbetreuung in einer Kindertagesstätte im Bereich dieses anderen Jugendhilfeträgers eine Situation gegeben ist, die die Wiederaufnahme der Betreuung als eine zuständigkeitsrechtlich neue Jugendhilfeleistung erscheinen lässt, im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzliche Bedeutung hat. Diese Frage stellt sich in einer Vielzahl von Fällen. Sie wird in der bisher zu vergleichbaren Fällen ergangenen Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Eine Entscheidung des Nds. Oberverwaltungsgerichts dazu liegt bisher nicht vor.
Da die aufgeworfene Frage nach Maßgabe des Bundesrechts zu entscheiden und eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts dazu bisher nicht ergangen ist, ist zugleich gemäß § 134 Abs. 1, 2 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Sprungrevision zuzulassen.