Landgericht Lüneburg
Urt. v. 22.11.2021, Az.: 10 O 53/21

Fischereirecht; Schadensersatz; Unterlassung

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
22.11.2021
Aktenzeichen
10 O 53/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 70763
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

1. Der Beklagte wird verurteilt, es in Zukunft zu unterlassen, Angelkarten/Angelscheine für das Elbgewässer T. H. auszustellen und zu verkaufen und Werbeschilder, auf denen für den Verkauf von Angelscheinen für den T. H. geworben wird, aufzuhängen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, die vorhandenen Werbeschilder, auf denen er für den Verkauf von Angelscheinen für das oben genannte Gewässer wirbt, zu entfernen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte zu 75 %, der Kläger trägt 25 %.

5. Das Urteil ist für den Kläger hinsichtlich des Ausspruchs unter Ziffern 1. und 2. vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 500,00 €. Im Übrigen ist es vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil gegen ihn vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

und beschlossen:

Der Streitwert wird auf 4.250,00 € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Fischereirechte.

Der Beklagte verkauft für den T. H. (andere Bezeichnung für den T. H.) und den K. Angelkarten an Dritte. Hierfür hat er auch Werbeschilder in Form von Angelkarten-Vordrucken aufgehängt, auf denen es unter anderem heißt (vgl. Bl. 14 d.A.):

„Diese Fischereiberechtigung ist ausgestellt auf Grund des Fischereirechts, der regelurkundeter Feststellung der Fischereiberechtigungen, Abschnitt 22) Lfd. Nr. 2 (Hofstelle B., Haus Nr. 7)“

Als Ausgabestellen der „Fischereierlaubnisscheine“ sind die Wohnanschrift des Beklagten nebst Handynummer sowie das Geschäft „A. R.“ in H. genannt.

Die Parteien streiten darüber, ob allein der Kläger im T. H. fischereiberechtigt ist, oder ob auch dem Beklagten ein Recht zum Mitfischen zusteht. Zugunsten des Rechtsvorgängers des Klägers gibt es eine Eintragung im Grundbuch von T. (Bl. 5 d.A.). Der Beklagte beruft sich auf eine Regelurkunde aus dem Jahr 1923 nebst Nachtrag von 1934, nach der seinem Rechtsvorgänger das „Recht zum Mitfischen im T. H. mit sämtlichen Geräten zusteht“ (Bl. 30 ff. d.A.).

Mit der Klage begehrt der Kläger neben der Beseitigung der Werbeschilder und Unterlassung des Verkaufs von Fischereierlaubnisscheinen vor allem Schadensersatz im Hinblick auf durch den Beklagten in der Vergangenheit verkaufte Angelkarten.

Der Kläger beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, es in Zukunft zu unterlassen Angelkarten/Angelscheine für das Elbgewässer T. H. auszustellen und zu verkaufen;

2. den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, Werbeschilder, auf denen für den Verkauf von Angelscheinen für den T. H. geworben wird, aufzuhängen;

3. den Beklagten zu verpflichten, die vorhandenen Werbeschilder, auf denen er für den Verkauf von Angelscheinen für das oben genannte Gewässer wirbt, zu entfernen;

4. den Beklagten zu verpflichten, Schadensersatz i.H.v. 1.050,00 € nebst (Zinsen i.H.v.) fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat teilweise Erfolg.

I.

1. Der Kläger hat gegen den Beklagten Anspruch auf Unterlassung des Verkaufs von Angelberechtigungen für den Bereich des T. H./H. und Beseitigung der Werbeschilder aus § 1004 Abs. 1 BGB.

Das selbständige Fischereirecht gilt als ein das Gewässergrundstück belastendes privates Recht (§ 2 Abs. 1 Nds. FischG), das über § 1004 Abs. 1 BGB gegen Störungen und Beeinträchtigungen jeder Art geschützt ist. Dabei erstreckt sich das Recht auf die gesamte Wasserfläche, die dem Fischereirecht unterworfen ist (vgl. z.B. OLG Brandenburg Urt. v. 19.2.2009 – 5 U 44/08, BeckRS 2009, 7169).

Zugunsten des Klägers ist im Grundbuch von T. ein selbstständiges Fischereirecht hinsichtlich des T. H. eingetragen. Das dort bezeichnete Grundstückseigentum der Bundesrepublik Deutschland ist entspr. § 2 Abs. 1 Nds. FischG hinsichtlich der „Wasserfläche Elbhafen T.“ mit dem gem. § 2 Abs. 2 Nds. FischG vererbbaren Fischereirecht des Rechtsvorgängers des Klägers, Fischermeister U. S., belastet. Dass das Fischereirecht nicht auch im zwischenzeitlich elektronisch geführten Wasserbuch eingetragen ist, steht dem nicht entgegen. Denn aufgrund der Eintragung im Grundbuch besteht das Fischereirecht gem. § 3 Abs. 4 S. 1 Hs. 2 Nds. FischG unabhängig von einer vorherigen Eintragung im Wasserbuch fort.

Der Fischereiberechtigte kann nach § 1004 Abs. 1 BGB sowohl die Beseitigung konkreter Beeinträchtigungen verlangen, als auch die Unterlassung zukünftiger Störungen.

Im Einzelnen:

a) Das Aufhängen von Schildern, auf denen der Beklagte sich als Inhaber des Fischereirechts für den T. H. geriert, indem er den Verkauf von Fischereierlaubnisscheinen für den T. H. durch ihn bzw. „A. R.“ in H. bewirbt, stellt eine den Kläger in dem ihm zustehenden Fischereirecht beeinträchtigende Rechtsanmaßung dar. Denn der Beklagte erweckt hierdurch bei Dritten den Eindruck, zum Verkauf von Angelkarten befugt zu sein. Dies rechtfertigt ein Vorgehen im Wege der Unterlassungsklage. Denn der Eigentümer (bzw. hier der Fischereiberechtigte) kann derartige die dingliche Rechtslage falsch darstellende Äußerungen verbieten lassen, die gegenüber Dritten fallen, weil er dadurch nicht nur unmittelbar in seiner Eigentümerstellung betroffen wird, sondern die Beeinträchtigung auch nicht anders als durch eine Unterlassungsklage verhindern kann. Denn mit einer gegenüber dem Störer erhobenen Feststellungsklage könnte er weiteren Rechtsberühmungen nicht wirksam entgegenwirken (BGH NJW 2006, 689 [BGH 24.10.2005 - II ZR 329/03] Rz. 13; OLG Saarbrücken Urteil vom 15.05.2013 – 2 U 64-13, BeckRS 2013, 10635).

Mangels eigenen Fischereirechts hat der Beklagte eine solche Befugnis, wie sie die Schilder vermuten lassen, aber nicht inne. Das Recht zum Mitfischen, das dem Beklagten vormals aufgrund der Regelurkunde zugestanden haben mag, ist jedenfalls mangels Eintragung in das Wasserbuch erloschen. Gem. § 3 Abs. 4 Nds. FischG sind selbstständige Fischereirechte, die nicht im Wasserbuch oder im Grundbuch eingetragen waren, spätestens mit Ablauf des dritten nach Inkrafttreten des Nds. FischG (i.e. 01.03.1978) beginnenden Kalenderjahres erloschen. Eine rechtserhaltende Eintragung eines dem Beklagten zustehenden Fischereirechts in Grund- oder Wasserbuch liegt nicht vor. Die Kammer hat das elektronisch durch die untere Wasserbehörde geführte Wasserbuch am 20.07.2021 eingesehen. Darin war für den T. H. kein Fischereirecht eingetragen. Die ergänzend eingeholte amtliche Auskunft der unteren Wasserbehörde kommt ebenfalls zu dem Ergebnis: „Bei den Daten im Wasserbuch ist für den Bereich T. H. ebenfalls kein Fischereirecht eingetragen.“

Auch soweit der Beklagte auf einen öffentlichen Glauben der Regelurkunde verweist, verhilft dies seiner Rechtsverteidigung nicht zum Erfolg. Die Einräumung eines Fischereirechts in einer öffentlich-rechtlich genehmigten Regelurkunde steht der ausdrücklich in § 3 Abs. 4 S. 1 Nds. FischG genannten Eintragung in das Wasserbuch oder Grundbuch nicht gleich (OLG Celle, Beschluss vom 12.07.2021 - 7 W 43/21). Bereits nach den Regelungen des PrFischG, welche nach der amtlichen Begründung zum Nds. FischG im Wesentlichen in das neue Landesrecht übernommen wurden, sollte ein Zustand erreicht werden, in dem außer den auf Eigentum beruhenden Fischereirechten nur solche existierten, die im Wasser- oder Grundbuch eingetragen waren, um hierdurch eine klare Rechtslage zu schaffen (s. OLG Celle a.a.O.m.w.N).

Nun beruft sich der Beklagte auf eine Eintragung im preußischen Wasserbuch, aufgrund derer er ein Recht zum Mitfischen nunmehr in das elektronische Wasserbuch hat eintragen lassen und legt dazu die Eintragungsbekanntmachung des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz vor. Auch dieser Vortrag verhilft seiner Rechtsverteidigung allerdings nicht zum Erfolg. Einerseits ist dieser Vortrag erst mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 18.11.2021 erfolgt und daher bereits nach § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen. Der Beklagte mag eine Eintragung im Wasserbuch erwirkt haben, diese bestand aber unstreitig nicht zum Zeitpunkt der insoweit maßgeblichen letzten mündlichen Verhandlung am 12.07.2021.

Im Übrigen wäre selbst dann, wenn die Eintragung im preußischen Wasserbuch rechtserhaltend gewesen sein sollte, auch keine andere Entscheidung geboten, weil das „Recht zum Mitfischen im T. H.“ den Beklagten jedenfalls nicht berechtigt, Angelkarten zu erteilen. Denn das Recht zum Mitfischen, das dem F. 1923 bzw. 1934 eingeräumt worden sein mag, ist ein beschränktes Fischereirecht i.S.d. § 8 Abs. 1 Nds. FischG. Danach sind selbständige, aber beschränkte Fischereirechte solche, die auf den Fang bestimmter Fischarten, die Benutzung bestimmter Fanggeräte, auf den Bedarf eines Haushalts oder auf andere Weise beschränkt sind. Hier liegt eine Beschränkung in anderer Weise vor, was sich aus dem Nachtrag zur Regelurkunde ergibt. Zu diesem war es ausweislich der Präambel (Bl. 33 d.A.) gekommen, weil ein Widerspruch zwischen dem alleinigen Fischereirecht des F. in D. und den mitfischenden Grundbesitzern, zu denen auch der Rechtsvorgänger des Beklagten gehörte, bestanden hatte. Dieser Widerspruch war dahingehend aufgelöst worden, dass F. in D. das Recht zum Mitfischen der Grundbesitzer in dem Nachtrag anerkannte. Hieraus, insbesondere der Formulierung Mitfischen folgt, dass das Recht eben nicht umfassend und unbeschränkt gewährt worden ist. In dem Begriff kommt eine Nachrangigkeit gegenüber dem unbeschränkten Recht des Gutsbesitzers zum Ausdruck. Nach § 13 Abs. 1 Nds. FischG ist aber nur der unbeschränkt Fischereiberechtigte zur Erteilung der Fischereierlaubnis an Dritte befugt. Der beschränkt Fischereiberechtigte kann dagegen lediglich einer natürlichen Person an seiner Stelle erlauben, das Recht auszuüben, § 13 Abs. 3 Nds. FischG. Das hat der Beklagte allerdings nicht getan.

Dass der Beklagte sich eines ihm tatsächlich nicht zustehenden Rechtes berühmt, indiziert schließlich die Wiederholungsgefahr im Sinne einer tatsächlichen Vermutung (BGH NJW 1999, 359 f.). Umstände, die eine Duldungspflicht des Klägers i.S.d. § 1004 Abs. 2 BGB begründen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

b) Der Kläger kann nicht nur zukünftige Unterlassung verlangen, sondern auch die Beseitigung der bereits aufgehängten Schilder, § 1004 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB. Dass die Schilder auch auf den Angelladen in H. hinweisen, steht dem nicht entgegen, weil jedenfalls auch der Beklagte, dessen Mobiltelefonnummer überdies angegeben ist, insoweit Störer ist.

2. Ein Schadensersatzanspruch bezüglich in der Vergangenheit eventuell verkaufter Angelkarten gem. § 823 BGB steht dem Kläger dagegen nicht zu. Zwar stellt das Fischereirecht ein das Gewässergrundstück belastendes dingliches Recht und damit ein „sonstiges Recht“ i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB dar (BGH NJW-RR 2007, 1319), das durch den Verkauf von Angelberechtigungen durch Nichtberechtigte beeinträchtigt werden kann. Aber der Kläger hat einen kausalen Schaden nicht hinreichend dargelegt.

Nach allgemeinen Grundsätzen ist der Kläger darlegungs- und beweisbelastet für seine Behauptung, dass ihm durch ein Verhalten des Beklagten ein Schaden entstanden sei. Dabei hat er nicht nur die Kausalität substantiiert darzulegen, sondern auch die konkrete Schadenshöhe. Beides ist nicht erfolgt.

Im Gegenteil hat der Kläger mit der Klageschrift vorgetragen, zwei Personen angetroffen zu haben, die „von dem Beklagten“ ausgestellte Angelscheine mit sich geführt hätten. Er hat keine Angaben dazu gemacht, zu welchem Preis diese veräußert bzw. erworben worden waren. Überdies hatte er noch gegenüber der Polizei behauptet (vgl. Bl. 3 d. Beiakten 5106 Js 25394/20), dass die Angelkarten durch den Angelladen in H. ausgestellt gewesen seien. Dies deckt sich mit den Angelberechtigungen Bl. 11 d. Beiakten, die einen Stempel des Geschäfts „A. R.“ in H. und unleserliche Unterschriften tragen. Die beklagtenseits - zulässig - einfach bestrittene Behauptung, dieser Laden habe die Angelscheine verkauft, hat der Kläger nicht mehr aufgegriffen und ist damit hinsichtlich des Eintritts eines kausalen Schadens darlegungsfällig geblieben.

Aber selbst wenn davon auszugehen wäre, dass der Beklagte tatsächlich und sogar regelmäßig Angelkarten verkauft hätte, hätte es dem Kläger oblegen, den konkreten Schaden darzulegen. Einen Durchschnittspreis zu errechnen und dann ohne hinreichende Anknüpfungstatsachen von einer Mindestzahl von 35 verkauften Angelscheinen à 30,00 € im Jahr 2020 auszugehen (obwohl nur zwei Karten mit Ausstellungsdatum 07. und 08.05.2020 vorliegen, Bl. 11 d. Beiakten), genügt den Anforderungen an substantiierten Klagevortrag nicht. Es handelt sich insofern um lediglich ins Blaue hinein aufgestellte und damit unbeachtliche Behauptungen. Es ist schon nicht nachvollziehbar, wie der Kläger auf einen Durchschnittspreis von 30,00 € p.a. kommt. Vergleichszahlen dazu, was Angelkarten an der Elbe sonst kosten, sind ebenso wenig dargetan, wie sonstige Angaben dazu, wie der Kläger genau auf diesen Jahresbetrag kommt.

Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Höhe eines Schadensersatzanspruchs in geeigneten Fällen auch der Schätzung gem. § 287 ZPO zugänglich sein mag. Das gilt aber einerseits nur hinsichtlich der haftungsausfüllenden Kausalität. Eine Schätzung kommt daher nicht in Betracht, wenn - wie hier - schon die haftungsbegründende Kausalität nicht hinreichend dargetan ist. Andererseits setzt die Schätzung nach § 287 ZPO die Mitteilung einer geeigneten Schätzgrundlage voraus, die - wie ausgeführt - eben nicht vorliegt.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Bei der entspr. § 3 ZPO nach freiem Ermessen vorzunehmenden Streitwertfestsetzung hat sich die Kammer zwar an der durch die Parteien nicht in Frage gestellten, aber nicht bindenden vorläufigen Festsetzung durch das Amtsgericht orientiert, hält aber die Bemessung des klägerischen Interesses jedenfalls nicht über 5.000,00 € für angemessen und ausreichend. Als Einzelwerte erscheinen sachgerecht:

Antrag zu 1.: 2.000,00 € (Unterlassung Verkauf)

Antrag zu 2.: 1.000,00 € (Unterlassung Werbung)

Antrag zu 3.: 200,00 € (Beseitigung Werbung)

Antrag zu 4.: 1.050,00 € (Schadensersatz)