Verwaltungsgericht Hannover
v. 18.12.2013, Az.: 13 A 2660/13

Anrechnung Dienststunden; Arbeitszeit; Bundespolizei; Erkrankung; Zeitgutschrift

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
18.12.2013
Aktenzeichen
13 A 2660/13
Entscheidungsform
Teilurteil
Referenz
WKRS 2013, 64282
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine Gutschrift von Dienststunden während ihrer Erkrankung.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Polizeibeamtin des Bundes, die bei der Bundespolizeiinspektion Flughafen Hannover (BPI) ihren Dienst verrichtet.

Es gibt eine ständige Verfahrensweise bei der Beklagten, wie durch Krankheit ausgefallenen Dienststunden den jeweiligen Beamten gutgeschrieben werden. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf das Schreiben der Bundespolizeidirektion Hannover vom 08.05.2009 (Beiakte A Bl. 1 f und vom 19.05.2009 (Beiakte A Bl. 3), des Bundespolizeipräsidiums vom 01.09.2009 (Beiakte A Bl. 4 ff.) und den Erlass des BMI vom 20.08.2007 (Beiakte A Bl. 11 ff.) verwiesen.

Grundsätzlich ist die Klägerin auf ihrer Dienststelle im Wechseldienst eingesetzt. Entsprechend war die Klägerin für den Monat August 2012 zum Dienst eingeteilt.

Die Klägerin erkrankte jedoch ab dem ….. dienstunfähig und trat ihren Dienst erst wieder am …… an.

Für den Monat August …. schrieb die Beklagte der Klägerin während ihrer Erkrankung die nach dem Dienstplan für diesen Monat vorgesehenen, infolge der Krankheit aber nicht verrichteten Dienststunden gut. Für das Wochenende 1./2. September ….. erfolgte keine Zeitgutschrift.

Nach einem Bericht der BPI vom 19.02.2013 (Beiakte A Bl. 63 f.) wurde der Dienstplan für September …. erst am 28.08….. genehmigt. Da zu diesem Zeitpunkt die Klägerin bereits erkrankt war, wurde die Klägerin zunächst im „Tagesdienst“ (ohne Wochenendeinsatz) geführt und erst nach Genesung am …..  wieder im Wechseldienst eingesetzt. Diese Verfahrensweise hatte zur Folge, dass bei der Klägerin für das Wochenende …… keine Dienstzeit angerechnet wurde.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 27.02.2013 zurückgewiesen wurde. Ein Zustellnachweis befindet sich nicht in den Verwaltungsvorgängen.

Die Klägerin hat 28.03.2013 Klage erhoben.

Sie trägt vor, wäre sie nicht erkrankt, wäre sie am 01./02.09.2012 zum Dienst eingeteilt worden. Deshalb müssten ihr auch die durch Krankheit an diesem Wochenende versäumten Stunden gutgeschrieben werden. Der Dienstplan sei bei ihrer Erkrankung bereits genehmigt gewesen. Der Dienstplan bestehe kontinuierlich, es würden immer nur Besonderheiten - wie etwa Urlaube - genehmigt.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.02.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die am Samstag, den 01.09.2012, und Sonntag, den 02.09.2012 angefallenen Dienststunden ihr gutzuschreiben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt der Klage entgegen.

Die Kammer hat die Sache nach vorheriger Anhörung mit Beschluss vom 17.12.2013 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Zu der Entscheidungsform Gerichtsbescheid wurden die Beteiligten gehört.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung ergeht gemäß § 6 Abs. 1 VwGO durch den Einzelrichter.

Die Voraussetzungen zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid liegen vor, § 84 VwGO. Das Gericht sieht den Sachverhalt als geklärt an und die Sache weist auch keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Art auf. Das Einverständnis der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Die Klage ist zulässig. Das Gericht geht von einer fristgerechten Klageerhebung aus. Zwar dürfte es sich bei der „Nicht-Gutschrift“ von Dienststunden für das streitige Wochenende nicht um einen Bescheid handeln, der aufgehoben werden könnte, bei verständiger Würdigung ist das Klagebegehren jedoch so zu verstehen, dass die Klägerin nur den Widerspruchsbescheid aufgehoben wissen will und sie im Übrigen eine allgemeine Leistungsklage auf Zeitgutschrift erhoben hat.

Die so verstandene Klage ist jedoch unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gutschrift von Dienststunden für das hier streitige Wochenende.

Dienst hat die Klägerin an diesen beiden Tagen nicht versehen. Eine spezialgesetzliche Regelung, die gleichwohl der Klägerin einen Anspruch zusprechen könnte, gibt es nicht. Insbesondere enthält die Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten (Arbeitszeitverordnung - AZV) keine entsprechenden Regelungen.

Auch aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung kann die Klägerin keinen Anspruch ableiten, denn die Beklagte hat sich auch bei der Klägerin korrekt an ihre internen Regelungen gehalten und ist danach verfahren. Danach hatte eine Zeitgutschrift nicht zu erfolgen.

Bei Erkrankungen sind nach den internen Verwaltungsvorschriften der Beklagten die an diesen Tagen nach dem geltenden Dienstplan zu leistenden Dienststunden einem erkrankten Beamten gutzuschreiben. Ist ein Beamter hingegen über den Zeitraum des laufenden Monatsdienstplanes hinaus erkrankt, ist für die folgende Zeit lediglich die durchschnittliche regelmäßige tägliche Arbeitszeit anzurechnen. Entsprechend erfolgten die Zeitgutschriften bei der Klägerin.

Diese Verwaltungspraxis ist nicht zu beanstanden und im Hinblick auf den Haushaltsgrundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geboten.

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat in einem vergleichbaren Fall ausgeführt:

„Für die Feststellung, ob ein krankheitsbedingter Arbeitsausfall vorliegt, kommt es nicht auf die buchungstechnische Sollstellung, sondern allein darauf an, welche Arbeitszeit für den Beamten gegolten hätte, wenn er nicht erkrankt wäre. Denn der vom Beamten geschuldete Dienst besteht in der Pflicht, während eines bestimmten Zeitraumes an einem bestimmten Ort die jeweils übertragenen Dienstobliegenheiten zu erfüllen (Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. April 1980 - 2 C 26.77 -, vom 10. April 1997 - 2 C 29.96 -, und vom 25. September 2003 - 2 C 49.02 -, jeweils juris). Besteht für einen Zeitraum ein verbindlicher Dienstplan, so wird hierdurch die Dienstleistungspflicht nach Zeit und Ort konkretisiert (BVerwG, Urteil vom 1. April 2004 - 2 C 14.03 -, juris.

Weicht durch den flexiblen Personaleinsatz die Dienstleistungspflicht nach Zeit und Ort von der regelmäßigen Arbeitszeit eines nicht im Schichtdienst tätigen Beamten ab, wirkt sich dies auch auf die Verteilung der Freizeit des Beamten aus. So können auf Grund der Notwendigkeit, auch an Wochenenden ausreichend Beamte vorzuhalten, die dienstfreien Tage auf einen Werktag fallen. Die Freizeit des Beamten erhält durch diese Verschiebung jedoch rechtlich keine andere Qualität. Der bei Minderarbeit und an dienstfreien Tagen gegebene Freizeitanspruch ist im Falle der Erkrankung verbraucht. Insoweit gilt nichts anderes als in dem „Normalfall“, dass der Beamte an den fünf Werktagen einer Woche Dienst verrichtet und an zwei Wochenendtagen frei hat; denn auch eine Erkrankung während eines arbeitsfreien Wochenendes geht zu Lasten des Beamten (Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 1991 - 2 B 120/90 -, ZBR 1991, 179; Plog/Wiedow, BBG (alt), § 72 Rn. 11).

Daraus folgt, dass im Falle der Erkrankung innerhalb einer verbindlichen Dienstplanung eine Zeitgutschrift (nur) in dem Umfang zu erfolgen hat, in dem der Beamte dienstplanmäßig Dienst geschuldet hätte. Ist im Dienstplan ein Tag als „wachfrei“ vorgesehen, so ist an diesem Tag keine Dienstleistungspflicht gegeben. Erkrankt der Beamte an einem solchen Tag, so hat er wegen der Erkrankung keine Arbeitszeit versäumt, die er - bei fehlender Gutschrift - nachzuarbeiten hätte. Würden dem erkrankten Beamten, wie es der Kläger begehrt, an einem wachfreien Tag 8 Stunden und 12 Minuten gutgeschrieben und erschiene er die übrigen Wochentage normal zum Dienst, so ginge er - im Verhältnis zu seinen nicht erkrankten Kollegen mit gleichem Dienstplan - mit einem Plus von 8 Stunden und 12 Minuten aus der Woche und stünde sich damit besser als diese.

Geht eine Erkrankung allerdings über den verbindlichen Zeitraum der Dienstplanung hinaus, fehlt es an einer Konkretisierung der Dienstleistungspflicht durch einen Dienstplan. In diesem Fall verbleibt es bei der allgemeinen Arbeitszeiteinteilung, wonach Arbeitstage die Tage von Montag bis Freitag sind (§ 3 Abs. 1 AZVO; § 9 Abs. 1 Satz 1 AZVOPol).“

Dem schließt sich das erkennende Gericht an. Als die Klägerin erkrankte, bestand für den Monat September 2012 noch kein verbindlicher Dienstplan. Die Beklagte war auch nicht gehalten, sie für den Wochenenddienst am 01./02. September 2012 gleichwohl einzuteilen, obwohl die Klägerin dienstunfähig erkrankt war. Sie durfte vielmehr nach den vorstehenden Grundsätzen die Klägerin nach Ende des schon verbindlich festgesetzten Dienstplanes bis zur Gesundung erst einmal im Tagesdienst führen.

Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist das Gericht davon überzeugt, dass der Dienstplan für September 2012 erst nach Erkrankung der Klägerin genehmigt wurde. Es mag sein, dass grundsätzlich der Dienstplan kontinuierlich fortgeschrieben wird. Aber auch der Vortrag der Klägerin selbst zeigt, dass Besonderheiten - wie beispielsweise Erholungsurlaub - in den Dienstplan der Folgemonats eingearbeitet werden. Ihr Vortrag belegt mithin, dass es immer vor Beginn des neuen Monats eine Entscheidung des Dienstherrn zum Dienstplan gibt, sei es, dass er ohne Veränderungen fortgeschrieben wird, sei es, dass Fehlzeiten, wie Urlaub oder Krankheit, berücksichtigt werden. Erst dann ist der Dienstplan „endgültig“ genehmigt. Das Gericht hat keine Zweifel an der Angabe der Beklagten, dass der Dienstplan für September 2012 erst am 28.08.2012 in dieser Weise genehmigt wurde.

Eine andere Verfahrensweise als nach den internen Regelungen der Beklagten ist auch nicht durch höherrangiges Recht geboten. Die Praxis der Zeitgutschriften bei Erkrankungen bei der Beklagten verstößt insbesondere nicht gegen Europäisches Recht. Die Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23.11.1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung beinhaltet keine Grundlage für weitere Zeitgutschriften.

Gründe für die Zulassung der Berufung gem. §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2 ZPO.