Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 23.12.2013, Az.: 13 A 6247/13

Aufnahme in den Haushalt; Kindergeld; Kindergeldkasse; Stiefkind; Wegfall des Kindergeldes

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
23.12.2013
Aktenzeichen
13 A 6247/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 64428
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Hat die Kindergeldkasse bestandskräftig den Wegfall der Kindergeldberechtigung festgestellt, ist dies für den Vollzug des § 40 BBesG bindend.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen einen Rückforderungsbescheid wegen überzahlter Familienzuschläge und begehrt zudem die Weiterzahlung des Kinderanteils im Familienzuschlag über den Juli 2011 hinaus.

Bei dem Kläger handelt es sich um einen Bundesbeamten mit dienstlichem Wohnsitz in Langenhagen. Er hat einen im Januar 1992 geborenen Stiefsohn (Kind der Ehefrau aus einer anderen Beziehung). Dieser Stiefsohn lebte zunächst im Haushalt des Klägers und zog dort aus, als er eine Ausbildung begann. Mitte Juni 2010 brach der Stiefsohn die Ausbildung ab, kehrte jedoch nicht in den Haushalt des Klägers zurück.

Dem Kläger wurde von der Kindergeldkasse Kindergeld für den Stiefsohn nur bis einschließlich Juni 2010 bewilligt. Danach erhielt die Ehefrau des Klägers das Kindergeld, ab März 2013 das Kind direkt. Die Bundeskindergeldkasse hatte mit Bescheid vom 16.04.2012 rückwirkend die Kindergeldbewilligung ab Juli 2010 aufgehoben.

Der Kläger hatte der Besoldungsstelle keine Mitteilung über den Auszug des Stiefsohns gemacht. In einer Erklärung zum Familienzuschlag vom 24.04.2012 machte er keine Angaben zu der Frage, ob das Kind zu seinem Haushalt gehöre. Dem Kläger wurde der kinderbezogene Familienzuschlag für seinen Stiefsohn bis einschließlich Juli 2011 gezahlt.

Die Beklagte stellte ab August 2011 die Zahlung des kinderbezogenen Familienzuschlages für den Stiefsohn ein und hörte den Kläger zu einer Rückforderung überzahlten Familienzuschlages in der Zeit von Juli 2010 bis Juli 2011 an.

Mit Schreiben seines jetzigen Prozessbevollmächtigen vom 18.05.2012 beantragte der Kläger die Weiterzahlung des kinderbezogenen Familienzuschlages ab August 2011.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 01.08.2012 eine Weiterzahlung des kinderbezogene Familienzuschlags für den Stiefsohn ab August 2011 ab.

Mit Bescheid vom 14.03.2012 forderte sie dann den gezahlten kinderbezogenen Familienzuschlag für die Zeit von Juli 2010 bis Juli 2011 iHv. insgesamt 1.291,13 € zurück und bot eine Rückzahlung in Raten an.

Der Kläger erhob gegen beide Bescheide Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2013, zugestellt am 26.07.2013, als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Der Kläger hat am 26.08.2013 Klage erhoben.

Er trägt vor: Er habe seinen Stiefsohn nach wie vor in seinem Haushalt aufgenommen. Zwar treffe es zu, dass der Stiefsohn nach dem Abbruch seiner Ausbildung nicht mehr in den elterlichen Haushalt zurückgekehrt, sondern zur Schwester der Ehefrau des Klägers gezogen sei. Die sei jedoch nur aufgrund einer Erkrankung des Stiefsohnes geschehen. Er leide an einer schwergradigen seelischen Erkrankung und nur deshalb könne er nicht in den Haushalt des Klägers zurückkehren. Mithin sei der Stiefsohn nur vorübergehend nicht im klägerischen Haushalt. Mit 1. Wohnsitz sei der Stiefsohn aber immer noch beim Kläger gemeldet, der Stiefsohn erhalte auch Unterhalt.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01.08.2012 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 24.07.2013 zu verpflichten, ihm, dem Kläger, für seinen Stiefsohn C. den Kinderanteil im Familienzuschlag ab August 2011 weiter zu zahlen;

hilfsweise,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01.08.2012 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 24.07.2013 zu verpflichten, ihm, dem Kläger, für seinen Stiefsohn C. den Kinderanteil im Familienzuschlag ab August 2011 bis einschließlich Februar 2013 weiter zu zahlen;

2. den Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 14.03.2012 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 24.07.2013 aufzuheben

3. hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten, ihn, den Kläger, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt der Klage entgegen. Die Einstellung der Kindergeldzahlungen an den Kläger sei bestandskräftig.

Alle Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung und mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle der Kammer einverstanden erklärt.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung gemäß § 87a Abs. 2 und 3 VwGO durch den Berichterstatter und nach § 101 Abs. 2 VwGO weiterhin ohne mündliche Verhandlung.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Rückforderungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Weiterzahlung des Kinderanteils im Familienzuschlag für seinen Stiefsohn ab August 2011.

Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 BBesG besteht ein Anspruch auf den kinderbezogenen Anteil im Familienzuschlag(Stufe 2 oder höher) für solche Kinder, für die dem Beamten Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder nach dem Bundeskindergeldgesetz zusteht. Bei Stiefkindern ist es nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bzw. § 2 Abs. 1 Nr. 1 BKGGzusätzlich erforderlich, dass der Berechtigten die Kinder seines Ehegatten in seinen Haushalt aufgenommen hat.

Dass keine Kindergeldberechtigung für den Kläger besteht, wurde durch die zuständige Kindergeldkasse bzw. Familienkasse bereits festgestellt. Unstreitig ist dieser Bescheid bestandskräftig geworden. Die bestandskräftige Entscheidung der Familienkasse über das Nicht-Vorliegen der Kindergeldberechtigung ist für den Vollzug des § 40 Abs. 2 BBesG bindend (vgl VG Ansbach, Urteil vom 25.10.2011 - AN 1 K 11.00896 -, zit. n. juris, dort insbes. Rdnr. 48 m.w.N. sowie nun auch BVerwG, Beschluss. v. 18.06.2013 - 2 B 12/13 - , ZBR 2013, 352 ff.).

Bereits deshalb kann die Klage keinen Erfolg haben.

Im Übrigen steht einem Kindergeldanspruch - und damit auch einen Anspruch auf eine entsprechende Stufe des Familienzuschlags nach § 40 BBesG - entgegen, dass das Stiefkind des Klägers eben spätestens seit Juli 2010 nicht mehr im Haushalt des Klägers aufgenommen war.

Mag eine anderweitige Wohnsitznahme während einer Ausbildung noch einen nur vor-übergehenden Charakter haben, so endete die Aufnahme in den Haushalt jedenfalls mit dem Umstand, dass der Stiefsohn seine Ausbildung abbrach und dann zu seiner Tante zog. Damit hat der Sohn dokumentiert, dass er nicht wieder zu seinem Stiefvater zurückkehren wollte. Auf die Gründe für diese Entscheidung des Stiefsohnes kommt es nicht an. Die vom Kläger behauptete seelische Erkrankung des Stiefsohnes - die im Übrigen gegenüber dem Gericht nicht nachgewiesen wurde - mag Anlass für den Wohnsitzwechsel des Stiefsohnes gewesen sein. Da ein Ende der Erkrankung aber offenbar nicht absehbar ist, kann auch bei einer Erkrankung des Kindes nicht von einem nur vorübergehenden Verlassen des Haushalts die Rede sein.

Auch der Rückforderungsbescheid ist rechtmäßig.

Rechtsgrundlage für die Forderung der Beklagten ist § 12 Abs. 2 BBesG. Danach richtet sich grundsätzlich die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Dabei steht es der Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes der Zahlung gleich, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass der Empfänger ihn hätte erkennen können.

Hiernach ist der Kläger zur Rückzahlung verpflichtet.

Materiell rechtlich gesehen stand dem Kläger ab 01.07.2010 bis 31.07.2011 für seinen Stiefsohn - wie oben dargelegt - kein Kinderanteil im Familienzuschlag mehr zu. Gleichwohl wurde der Zuschlag weiter gezahlt.

Der Kläger kann sich nicht auf Entreicherung berufen, weil er den Mangel des rechtlichen Grundes zumindest hätte erkennen können.

Der Kläger konnte und durfte sich nicht darauf verlassen, dass - auch nachdem der Stiefsohn die Ausbildung abgebrochen und gleichwohl nicht in den klägerischen Haushalt zurückgekehrt war - ihm ohne weiteres weiterhin Kindergeld und deshalb auch der entsprechende kinderbezogene Anteil im Familienzuschlag weiterhin zustand. Auch schon früher (vgl. etwa die Abfrage vom April 2009 - Bl.108 der Beiakte A) wurde in den Formularen für die Erklärung zur Berechnung des Familienzuschlages abgefragt, ob das Kind zum Haushalt gehört oder nicht. Selbst wenn dem Kläger die rechtlichen Konsequenzen der Nichtrückkehr des Stiefsohnes möglicherweise nicht so gegenwärtig waren, wie sie es hätten sein sollen, hat er jedenfalls die Pflicht gehabt, seine Besoldungsstelle darauf hinzuweisen und sich zu erkundigen, ob und falls ja, in wieweit noch ein Anspruch auf den Kinderzuschlag bestand. Das hat der Kläger nicht getan.

Die Beklagte hat daneben die erforderliche Billigkeitsentscheidung getroffen. Sie hat dem Kläger Ratenzahlungen eingeräumt. Eine weitergehende Billigkeitsentscheidung war und ist nicht geboten.

Fehler bei der Berechnung des Rückforderungsbetrages sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht gerügt.

Im Übrigen folgt das Gericht der Begründung des angefochtenen Bescheides sowie des Widerspruchsbescheides und sieht gemäß § 117 Abs. 5 VwGO von der weiteren Begründung ab.

Gründe für die Zulassung der Berufung gem. §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2 ZPO.