Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 18.03.2014, Az.: 5 B 179/14

Abfallrecht; Altkleider; Androhung; Fristsetzung; gewerbliche Sammlung; Zwangsgeld; Zwangsgeldandrohung; Zwangsgeldfestsetzung

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
18.03.2014
Aktenzeichen
5 B 179/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 42692
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Androhung eines Zwangsgeldes zur Durchsetzung einer abfallrechtlichen Verfügung, mit der dem Pflichtigen die gewerbliche Sammlung von Altkleidern und Schuhen untersagt wird, erfordert die Setzung einer angemessenen Frist zur Erfüllung dieser Verpflichtung. Der Ausnahmefall, nach dem die Fristsetzung entbehrlich ist, wenn von dem Pflichtigen eine Duldung oder Unterlassung erzwungen werden soll, liegt nicht vor, da das dem Pflichtigen aufgegebene Verhalten ein aktives Tätigwerden erfordert, um die notwendigen Dispositionen für die Beendigung der bereits laufenden Sammlung zu treffen, entweder durch einen Abtransport der Sammelbehälter oder durch ein wirksames Verschließen der Behälterklappe.

Tenor:

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 16. Januar 2014 gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 19. Dezember 2013 wird angeordnet.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Der Streitwert wird auf 4.375,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller wendet sich mit seinem Aussetzungsantrag gegen einen Bescheid vom 19. Dezember 2013, mit dem der Antragsgegner zur Durchsetzung seiner abfallrechtlichen Untersagungsverfügung vom 18. Oktober 2013 ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 EUR festgesetzt und die Festsetzung eines weiteren Zwangsgeldes in Höhe von 15.000,00 EUR angedroht hat.  Mit der Verfügung vom 18. Oktober 2013 hat der Antragsgegner dem Antragsteller als Inhaber der Firma … die gewerbliche Sammlung von Altkleidern und Schuhen im Landkreis F. untersagt und die sofortige Vollziehung dieser Verfügung angeordnet. Mit Bescheid vom 12. Dezember 2013 hat der Antragsgegner ihm für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 EUR angedroht. Gegen diesen Bescheid, dem Antragsteller mit Postzustellungsurkunde vermutlich am 19. Dezember 2013 zugegangen - die ungenügende Kennzeichnung der verschiedenen Zustellungsurkunden und die insoweit mangelhafte Sortierung des Verwaltungsvorgangs lassen keine eindeutige Aussage zu -, hat der Antragsteller am Montag, dem 20. Januar 2014 fristgerecht Widerspruch eingelegt.

Der Antragsteller hält die Verfügung vom 19. Dezember 2013 für rechtswidrig und seinen, unter dem 16. Januar 2014 eingelegten Widerspruch für aussichtsreich, weil die unter dem 12. Dezember 2013 erfolgte Androhung des Zwangsgeldes entgegen § 70 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG ohne Fristsetzung erfolgt und daher nichtig sei. Eine Fristsetzung sei auch nicht entbehrlich gewesen. Der Bescheid vom 18. Oktober 2013 enthalte keine reinen Unterlassungs- und Duldungspflichten, deren Erfüllung keine Handlungen oder Vorkehrungen nötig mache. Zwar führe die Untersagungsverfügung auch zu einer Unterlassungspflicht, da sie das Verbot enthalte, die Sammlung weiter zu verfestigen, insbesondere die Altkleidersammlung weiter zu betreiben. Darüber hinaus werde ihm - dem Antragsteller - aber aufgegeben, im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten die Nutzung zu beenden. Eine Nutzungsuntersagung enthalte auch die Verpflichtung, die für die Beendigung der Altkleidersammlung notwendigen Dispositionen zu treffen. Er - der Antragsteller - könne die im Landkreis F. aufgestellten Container seines Auftraggebers nicht ohne Weiteres abziehen. Er müsse zumindest den Dienstleistungsvertrag kündigen und das Abziehen der Container mit seinem Auftraggeber, der „D. “ - ….- GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer N., vereinbaren. Ohne dessen Zustimmung sei die ihm aufgegebene Verpflichtung nicht erfüllbar.

Der statthafte und auch im Übrigen zulässige Aussetzungsantrag hat Erfolg.

Der Antrag ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft, weil der Widerspruch gegen die Zwangsgeldfestsetzung und die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes nach § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 70 Abs.1 NVwVG, § 64 Abs. 4 Satz 1 Nds. SOG keine aufschiebende Wirkung entfaltet.

Maßstab für die Begründetheit des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO ist, ob das private Interesse des Antragstellers an der Suspendierung des Bescheides das öffentliche Interesse an der Vollziehung überwiegt. Bei ihrer Entscheidung kann die Kammer auf die Erfolgsaussichten eines in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs abstellen, wenn sich diese bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren lediglich gebotenen summarischen Prüfung eindeutig beurteilen lassen. So liegt es hier. Dabei versteht die Kammer den unter dem 16. Januar 2014 eingelegten Widerspruch des Antragstellers mit Blick auf die im Bescheid vom 19. Dezember 2013 einheitlich verwendete Überschrift „Zwangsgeldfestsetzung“ dahingehend, dass er sich nicht nur gegen die dort unter Ziff. I. 1. und 2. geregelte Zwangsgeldfestsetzung selbst, sondern auch gegen die unter Ziff. I. 3. geregelte Androhung eines weiteren Zwangsgeldes richtet. Die in dem Bescheid vorgenommene Zwangsgeldfestsetzung begegnet ebenso wie die erneute Zwangsgeldandrohung erheblichen rechtlichen Bedenken.

Die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 10.000,00 EUR (Ziff. I. 1. und 2. des Bescheides vom 19. Dezember 2013) ist voraussichtlich rechtswidrig.

Gem. § 64 Abs. 1, 2. Alt. Nds. SOG kann ein Verwaltungsakt, der auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat. Diese Voraussetzungen erfüllt die abfallrechtliche Untersagungsverfügung des Antragsgegners vom 18. Oktober 2013, deren sofortige Vollziehung dieser angeordnet hat. Das hiergegen gerichtete Aussetzungsverfahren des Antragstellers ist ohne Erfolg geblieben (Beschluss der Kammer vom 10.  Dezember 2013 - 5 B 6686/13 -; Nds. OVG, Beschluss vom 21. Januar 2014 - 7 ME 1/14).

Allerdings muss das Zwangsmittel dem Pflichtigen gem. § 70 Abs. 1 Nds. SOG grundsätzlich angedroht werden. Dazu gehört es auch, dass dem Betroffenen eine angemessene Frist zur Erfüllung der Verpflichtung gesetzt wird. Die Androhungsverfügung vom 12. Dezember 2013 enthält eine solche Fristsetzung nicht.

Die Fristsetzung ist nach § 70 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz Nds. SOG nur entbehrlich, wenn von dem Pflichtigen eine Duldung oder Unterlassung erzwungen werden soll. Der Grund für diese Regelung ist, dass es zur Erfüllung dieser Verhaltenspflichten in der Regel keiner Vorbereitungen bedarf, das dem Betroffenen aufgegebene Verhalten von diesem also ab sofort umsetzbar ist.

Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Dem Antragsteller wurde mit Bescheid vom 18. Oktober 2013 die gewerbliche Sammlung von Altkleidern und Schuhen im Landkreis F. untersagt. Der Antragsgegner verlangt damit vom Antragsteller zum einen, keine weiteren Sammelbehälter im Kreisgebiet aufzustellen, zum anderen aber auch, die Sammlung über die bereits in der Vergangenheit aufgestellten Behälter einzustellen. Für Letzteres genügt es allerdings nicht, auf eine Leerung der aufgestellten Behälter und die Verwertung des Sammelgutes zu verzichten. Da der Antragsteller es mit dem Aufstellen der Behälter Dritten ermöglicht hat, ihre Altkleider und Schuhe durch bloßes Einwerfen, d.h ohne weiteres Zutun des Antragstellers zu entsorgen, würde ein Unterlassen, also ein Nichtstun des Antragstellers, die damit eröffnete Sammlung noch nicht beenden. Der Antragsteller muss zur Beendigung der Sammlung vielmehr Maßnahmen treffen, die den Einwurf von Altkleidern und Schuhen durch Dritte für die Zukunft wirksam verhindern, entweder durch einen Abtransport der Sammelbehälter oder zumindest durch ein Verschließen der Behälterklappe, etwa durch Versiegelung mit einer Folie (vgl. z.B. http://bit.ly/1nK2Nbs).

Da es damit an einer ordnungsgemäßen Androhung des Zwangsgeldes fehlt, ist auch die Zwangsgeldfestsetzung rechtswidrig. Auf die Frage, ob die Zwangsgeldandrohung nur rechtswidrig oder darüber hinaus auch nichtig ist, kommt es im Hinblick auf den hiergegen gerichteten Widerspruch nicht an.

Die erneute Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 15.000,00 EUR für den Fall, dass der Antragsteller der mit Bescheid vom 18. Oktober 2013 verfügten Untersagung auch zukünftig nicht nachkommt (Ziff. I. 3. des Bescheides vom 19. Dezember 2013), ist hiernach ebenfalls mangels erforderlicher Fristsetzung voraussichtlich rechtswidrig.

Weitere Anhaltspunkte, die für den Vorrang des Vollzugsinteresses des Antragsgegners gegenüber dem Suspensivinteresse des Antragstellers sprechen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.