Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 12.03.2014, Az.: 11 A 4706/12

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach und Rechtslage

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
12.03.2014
Aktenzeichen
11 A 4706/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 42689
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Tierhaltungs- und Betreuungsverbotes nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG ist der Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung.

Tenor:

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

Ziffer 4 Sätze 1 und 2 des Bescheides des Beklagten vom 25. September 2012 wird aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über das gegen den Kläger verhängte Verbot Rinder zu halten und zu betreuen sowie über die ihm aufgegebene Auflösung des Rinderbestandes.

Der Kläger führt einen landwirtschaftlichen Betrieb mit 148 ha, wovon 22 ha im Eigentum des Klägers stehen. Zum landwirtschaftlichen Betrieb gehören drei Hähnchenmastställe für ca. 110.000 Hähnchen und Bullenmaststallungen für ca. 650 Mastbullen.

Nach schriftlicher Anhörung untersagte der Beklagte dem Kläger mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 25. September 2012 das Halten und Betreuen von Rindern (1.). Gleichzeitig wurde die Auflösung des Rinderbestandes angeordnet (2.) und dem Kläger aufgegeben, die Auflösung bis zum 15. November 2012 16.00 Uhr nachzuweisen (3.). Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte der Beklagte dem Kläger die Anwendung von Zwangsmitteln an (4.). Grundlage des Bescheides seien im Wesentlichen folgende festgestellte tierschutzrechtliche Verstöße:

Am 25. Juni 2002 habe eine amtstierärztliche Überprüfung des Tierbestandes des Klägers stattgefunden. Dabei hätten die Amtstierärzte festgestellt, dass die Einstreu in einzelnen Buchten mit Urin und Abgängen verschmutzt und durchnässt gewesen sei. Magere und struppige Kälber seien angetroffen worden und in einer Bucht sei ein Spaltbodenelement abgekippt, wodurch für die dort befindlichen Bullen eine erhebliche Verletzungsgefahr bestanden habe. Die in Freihaltung gehaltenen Kühe bzw. Rinder hätten sich auf einem völlig verschlammten Areal befunden. Einzelne der im Kuhstall befindlichen Tiere hätten stark in die Länge gewachsene Klauen aufgewiesen (sog. Pantoffelklauen). Bei diesen Tieren seien bedingt durch das Klauenwachstum die Gelenke durchtrittig gewesen, so dass eine normale Fußstellung nicht mehr möglich gewesen sei. Dieser Umstand würde erhebliche Schmerzen und Leiden für die Tiere bedeuten. Am 2. September 2004 sei eine weitere amtstierärztliche Überprüfung des Rinderbstandes erfolgt. Dabei habe der Amtstierarzt festgestellt, dass in mehreren überfüllten Buchten sich insgesamt 10 Rinder befunden hätten, die unter hochgradigen Lahmheiten infolge von Klauen, Gelenks- und Knochenerkrankungen gelitten hätten. Anderen Tieren hätte kein trockener Stand- und Liegeplatz zur Verfügung gestanden und in mehreren Ställen seien stromführende Drähte über die Bullen gespannt gewesen, um das sog. Aufreiten zu unterbinden. Die in den Tierbereichen hineinragenden Drähte hätten so tief gehangen, dass die Bullen schon im normalen Stand Stromstöße hätten erhalten können. Am 30. August 2007 habe der Beklagte im Rahmen einer amtstierärztlichen Kontrolle des Rinderbestandes festgestellt, dass bei mindestens 50 Bullen die bindegewebigen Endstücke der Schwänze amputiert gewesen seien. Da hierbei mehr als nur die Schwanzspitze von der Amputation betroffen gewesen sei, habe dies zu länger andauernden Schmerzen und Leiden für die Tiere geführt. Hinsichtlich dieser festgestellten Verstöße habe der Beklagte (bestandskräftig gewordene) ordnungsbehördliche Verfügungen vom 27. Juni 2002, 28. September 2004 und 18. September 2007 erlassen.

Am 27. August 2012 sei eine erneute amtstierärztliche Kontrolle des Rinderbestandes erfolgt. Im neuen Bullenstall hätten die Amtstierärzte ein stark abgemagertes Kalb mit verdrecktem Haarkleid angetroffen. Dieses Kalb und andere erkrankte Kälber bzw. Bullen seien nicht abgesondert und nicht ordnungsgemäß tierärztlich versorgt worden. Außerdem sei in einzelnen Buchten der Boden verdreckt gewesen und einigen Kälbern hätte zu wenig Platz zur Verfügung gestanden. Dieser Platzmangel sei auch im Kälberstall und im alten Kuhstall festgestellt worden. Im alten Strohstall sei ein neun Monate altes lahmendes Kalb angetroffen worden, welches ein verdicktes Fesselgelenk aufgewiesen habe. Hier habe es der Kläger versäumt eine notwendige tierärztliche Untersuchung zu veranlassen. Auch andernorts, wie in der Halle rechts und in der neuen Halle, seien erkrankte Tiere vorgefunden worden, die der Kläger nicht abgesondert und nicht tierärztlich untersuchen lassen habe. In der Halle links hätten die Amtstierärzte des Beklagten erneut schlecht verlegte Spaltbodenelemente vorgefunden, was eine erhebliche Verletzungsgefahr für die betroffenen Tiere darstelle. Zudem hätte den dort befindlichen Tieren wegen des Defekts der Tränke nicht ausreichend Wasser zur freien Verfügung gestanden. Im Rahmen einer Schlachtgeflügeluntersuchung am 11. September 2012 habe der Amtstierarzt des Beklagten entdeckt, dass zwei Bullenkälber im Bestand des Klägers erkrankt seien. Ein Bullenkalb habe unter Durchfall gelitten, das andere an Abmagerung. Eine Absonderung der Kälber in eine Bucht mit weicher Einstreu bzw. weicher Unterlage und eine tierärztliche Behandlung sei vom Kläger noch nicht veranlasst worden.

Diese in den letzten neun Jahren erfolgten amtstierärztlichen Überprüfungen würden zeigen, dass der Kläger in äußerst grober Art und Weise gegen tierschutzrechtliche Haltungsvorgaben verstoßen habe und darüber hinaus gegen die vollziehbaren Anordnungen des Beklagten zuwidergehandelt habe. Die vom Kläger praktizierte und länger andauernde Vernachlässigung der Rinder in Bezug auf die Gesundheitsfürsorge und Unterbringung habe bei einer Vielzahl der Rinder zu einer erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigung verbunden mit wiederholt und länger anhaltenden erheblichen Schmerzen, Leiden und Schäden für diese Tiere geführt. Auch wenn es in der Vergangenheit unter behördlichem Druck kurzzeitig zu einer Verbesserung der Rinderhaltung gekommen sei, habe es jedoch keine dauerhaft durchgreifende und nachhaltige positive Änderung im Rinderbestand des Klägers gegeben. Art, Umfang und Anzahl der grob tierschutzrechtlichen Verstöße in den letzten neun Jahren würden dies unter Beweis stellen. Es bestehe daher eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es erneut zu ähnlich gravierenden tierschutzrelevanten Missständen komme, wenn der Kläger weiterhin Rinder halte und betreue.

Der Kläger hat am 11. Oktober 2012 Klage erhoben und um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ersucht. Letzteres lehnte die Kammer mit Beschluss vom 20. November 2012 (11 B 4707/12) ab. Am 10. Dezember 2012 hat der Kläger die Tierhaltung auf seine Ehefrau P. übertragen. Auf die Beschwerde des Klägers erklärte das Nds. OVG mit Beschluss vom 7. Februar 2013 - 11 ME 321/12 - den Beschluss der Kammer nach insoweit übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten hinsichtlich des Haltungsverbotes für unwirksam und änderte ihn unter Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage im Übrigen ab, soweit es im angefochtenen Bescheid um die Betreuung der Rinder geht.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor: Der Beklagte habe eine zu kurz bemessene Anhörungsfrist gesetzt und seinen Antrag auf Verlängerung der gesetzten Frist zu Unrecht abgelehnt. Damit sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden. Ferner zeige die Tatsache, dass der Amtstierarzt am 11. September 2012 lediglich bei zwei Bullenkälbern eine Erkrankung festgestellt und sonst nichts zu beanstanden gehabt habe, dass er die beanstandeten Mängel, wie sie noch in der Kontrolle vom 27. August 2012 festgestellt worden seien, umgehend abgestellt habe. Auch der Bestandstierarzt habe mit Bescheinigung vom 9. Oktober 2012 bestätigt, dass er die beim letzten Besuch des Beklagten festgestellten Mängel allesamt behoben habe. Soweit bei den Kontrollen in der Vergangenheit einzelne erkrankte Tiere angetroffen worden seien, handele es sich hierbei um stichtagsbezogene Einzelfälle. Er habe diese Tiere ohnehin umstallen und tierärztlich untersuchen lassen wollen. Da er die Verstöße immer umgehend beseitigt habe, bestehe auch nicht die akute Gefahr weiterer Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen. Dass einzelnen Tieren zu wenig Platz zur Verfügung gestanden habe, liege an einer vorübergehenden Mehrbelegung aufgrund von Renovierungsmaßnahmen. Mittlerweile sei auch die Fütterung der Rinder in zeitlicher Hinsicht optimiert worden, indem nicht mehr per Hand gefüttert werde, sondern stattdessen unter Einsatz eines Futtermischwagens. Im Hinblick auf die ordnungsbehördlichen Verfügungen vom 27. Juni 2002, 28. September 2004 und 18. September 2007 sei einzuwenden, dass zwar tierschutzwidrige Zustände festgestellt worden seien, aus diesen Verfügungen werde aber nicht ersichtlich, inwieweit diese Zustände auf sein Fehlverhalten zurückzuführen seien. Es fehle an einer Bewertung der Verstöße und dort wo sie erfolgt sei, fehle es an einer Begründung für die Bewertung. Insbesondere sei nicht dargelegt worden, weshalb er grobe Verstöße gegen das Tierschutzrecht begangen haben solle. Aus der Stellungnahme des beauftragten Gutachters B. vom 16. Dezember 2012 ergebe sich, dass die Bullenmast unter wöchentlicher tierärztlicher Beaufsichtigung stehe. Die Größe der Buchten beurteile der Gutachter als größtenteils ausreichend. Die Wasserversorgung und der Zustand der Buchten und des Futtertisches seien in Ordnung. Die Tiere könnten trocken und sauber liegen. Lediglich bei zwei Ställen sei die Beleuchtung defizitär gewesen. Nach Übernahme der Bullenmast durch seine Ehefrau, P., sei er nicht mehr als Tierhalter anzusehen. Seine Ehefrau werde durch die beiden Söhne, durch ihn und durch zwei landwirtschaftliche Mitarbeiter, die extra neu eingestellt worden seien, unterstützt. Er sei nunmehr hauptsächlich im kaufmännischen Bereich tätig, d.h. er kümmere sich um Einkauf und Verkauf von Futter und Vieh. Er helfe aber auch seiner Ehefrau im Bereich der Rinderbetreuung, so sei er u. a. für die Instandhaltung der Stallungen zuständig.

Nachdem die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit hinsichtlich den Ziffern 2 und 3 sowie den diesbezüglichen Zwangsmittelandrohungen unter Ziffer 4 des angefochtenen Bescheides für erledigt erklärt haben, beantragt der Kläger nunmehr,

Ziffer 1 und Ziffer 4 Sätze 1 und 2 des Bescheides des Beklagten vom 25. September 2012 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf den angefochtenen Bescheid und führt ergänzend aus: Im Hinblick auf die in den letzten neun Jahren ergangenen tierschutzrechtlichen Verfügungen gegen den Kläger, der gegen ihn ergangenen Bußgeldbescheide und der dem Bescheid zugrundeliegenden amtstierärztlichen Betriebskontrollen aus dem Jahr 2012 sei von einer permanenten Unzuverlässigkeit des Klägers auszugehen. Er habe wiederholt grob tierschutzwidrige Verstöße begangen und beharrlich die bestandskräftigen Verfügungen vom 27. Juni 2002 und 28. September 2004 nicht befolgt. Selbst die Bußgeldbescheide hätten den Kläger nicht dazu bewegen können, tierschutzgerechte Zustände in seiner Rinderhaltung herzustellen. Auch wenn es in der Vergangenheit zu kurzfristigen Besserungen in der Rinderhaltung des Klägers gekommen sei, lasse dies nicht den Schluss zu, dass der Kläger auch zukünftig und dauerhaft tagtäglich seine Rinder tierschutzkonform halten werde. Mit der zwischenzeitlich erfolgten Übergabe des Betriebs an seine Ehefrau sei der Kläger dem angeordneten Tierhaltungsverbot nunmehr nachgekommen. Auch wenn der Betrieb nun unter der Aufsicht der Ehefrau des Klägers stehe, bestehe nach wie vor die Gefahr, dass der Kläger im Rahmen der Betreuung der Tiere Zuwiderhandlungen gegen das Tierschutzgesetz begehen werde. Denn die in der Vergangenheit festgestellten Verstöße im Bereich der Gesundheitsvorsorge/ -Pflege beträfen nicht nur halterbezogene, sondern auch betreuerbezogene Pflichten. Im Übrigen sei die in der Betriebsübergabe zu sehende Änderung der Sachlage nur im Rahmen eines Antrags auf Wiedergestattung der Tierhaltung, bzw. Tierbetreuung zu berücksichtigen. Bei der Beurteilung des angefochtenen Bescheides sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Verfügung maßgeblich. Selbst bei anderer Auffassung würden die zuletzt erfolgten amtstierärztlichen Kontrollen vom 28. März 2013 und 13. November 2013 die in der angefochtenen Verfügung getroffenen Maßnahmen bestätigen. Denn auch bei diesen Kontrollen hätten die Amtstierärzte festgestellt, dass etliche Rinder im Bestand des Klägers bzw. seiner Ehefrau unter Erkrankungen leiden würden, sie jedoch keiner tierärztlichen Untersuchung zugeführt worden wären. Denn Behandlungsbelege hätten der Kläger bzw. seine Ehefrau nicht vorlegen können. Die Haltungsbuchten seien stark verunreinigt gewesen, den Tieren hätte nicht ausreichend Wasser zur Verfügung gestanden und einzelne Rinder seien auf zu geringem Raum gehalten worden. Bei der Kontrolle am 13. November 2013 hätten zwei Rinder an Ort und Stelle euthanasiert werden müssen. Es sei daher auch gegenwärtig von einer erheblichen Vernachlässigung der Gesundheitspflege der Rinder durch den Kläger auszugehen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Übrigen ist die zulässige Klage nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen geringen Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.

Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere hat der Beklagte nicht gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen und den Kläger ordnungsgemäß gemäß § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG i.V.m. § 28 Abs. 1 VwVfG angehört. Der Beklagte musste der beantragten Fristverlängerung im Anhörungsverfahren nicht entsprechen. Zum einen war die Frist angesichts der Eilbedürftigkeit lang genug bemessen (vgl. hierzu Hess. VGH, Beschluss vom 6. April 1989 - 3 TH 503/89 -, juris Rn 45) und zum anderen hat der Kläger es selbst verschuldet, wenn er erst zwei Tage vor Fristablauf einen Anwalt in der Sache bevollmächtigt. Die Anhörungsfrist dient dazu es zu ermöglichen sich rechtlich einzulassen, bevor ein belastender Verwaltungsakt erlassen wird, sie dient aber nicht dazu die Frist zur Suche eines Rechtsbeistandes auszuschöpfen und dann eine weitere Frist zur Einlassung in der Sache zu fordern. Im Übrigen wäre eine etwaige fehlerhafte Anhörung gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG dadurch geheilt, dass der Beklagte sich im gerichtlichen Verfahren mit den Argumenten des Klägers auseinander gesetzt hat.

1.) Gemäß § 16 a Satz 2 Nr. 3 TierSchG (in der bis zum 12. Juli 2013 gültigen Fassung) kann die zuständige Behörde u.a. demjenigen, der den Vorschriften des § 2 TierSchG wiederholt oder grob zuwiderhandelt und dadurch den von ihm gehaltenen Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten und Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeder Art untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines erlassenen Haltungs- bzw. Betreuungsverbotes ist der Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 11. Februar 1999 – 3 L 928/96 –, juris Rn. 5; Bayerischer VGH, Beschluss vom 31. Mai 2005 – 25 ZB 04.3457 –, juris Rn. 5; sowie VG Arnsberg, Urteil vom 04. Juni 2007 – 14 K 2581/06 –, juris Rn. 48; a.A. Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung: Bayerischer VGH, Urteil vom 10. September 2012 – 9 B 11.1216 –, juris Rn. 28; VG Karlsruhe, Beschluss vom 16. Januar 2014 – 3 K 3444/13 –, juris Rn. 49 sowie VG Berlin, Beschluss vom 19. Februar 2013 – 24 L 25.13 –, juris Rn. 14; offen gelassen: OVG Lüneburg, Beschluss 7. Februar 2013 – 11 ME 321/12 -; sowie OVG NRW, Beschluss vom 14. Juni 2011 – 5 B 412/11 –, juris Rn. 11). Es gibt keine prozessrechtliche Norm mit dem Inhalt, dass es bei einer Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt für die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung stets auf die Sachlage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung und bei Dauerverwaltungsakten dagegen stets auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ankommt. Der maßgebliche Zeitpunkt richtet sich vielmehr nach dem materiellem Recht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. November 1990 – 1 B 155/90 –, juris Rn. 3, m.w.N.; sowie BVerwG, Urteil vom 29. März 1996 – 1 C 28/94 –, juris Rn.15, m.w.N.). Für den Fall der Gewerbeuntersagungsverfügung hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass aus der gesonderten Regelung von Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren und dem hierbei zugrundeliegenden gesetzgeberischen Motiv zu folgern sei, dass die Frage der Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden nach der Sachlage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung zu beurteilen sei; eine spätere günstige Änderung der Verhältnisse müsse der Betroffene im Wiedergestattungsverfahren geltend machen (so BVerwG, Beschluss vom 23. November 1990 – 1 B 155/90 –, juris Rn. 4 mit Verweis auf BVerwG, Urteil vom 02. Februar 1982 – 1 C 146/80 –, BVerwGE 65, 1-8). Diese Rechtsprechung ist aus Sicht der Kammer auf das Tierschutzrecht übertragbar. Denn auch hier ist in § 16 a Satz 2 Nr. 3 TierSchG ein Untersagungs- und Wiedergestattungsverfahren normiert. Auch hier wird in § 16 a Satz 2 Nr. 3 TierSchG eine Art "tierschutzrechtliche Unzuverlässigkeit" definiert. Diese Sichtweise wird durch die Gesetzesmaterialien gestützt. In der Begründung des Gesetzesentwurfs zum ersten Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes vom 10. April 1985 (Bt-Drs. 10/3158) heißt es im Hinblick auf die Vorgängerregelung § 2 b TierSchG: „Diese Maßnahme dient ausschließlich dem vorbeugenden Schutz der Tiere und kommt insbesondere dann in Betracht, wenn wegen mangelnder charakterlicher Eignung oder wegen Unzuverlässigkeit des Tierhalters die Gefahr besteht, dass von ihm gehaltenen Tieren erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden. […] Auf Antrag ist das Verbot der Tierhaltung aufzuheben, wenn die Behörde zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Fortdauer der präventiven Tierschutzmaßnahme nicht mehr erforderlich ist.“ Hieraus ist zu schließen, dass die Kontrolle der andauernden Unzuverlässigkeit nicht schon ins Verfahren hinsichtlich des Haltungsverbots vorverlagert werden soll, sondern in das Wiedergestattungsverfahren gehört. Die Gesetzesbegründung betont auffällig den präventiven Charakter der Maßnahme. Es entspricht vor diesem Hintergrund am ehesten dem gesetzgeberischen Ziel, wenn im Hinblick auf den (effektiven) vorbeugenden Schutz auf den Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung abgestellt wird und nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung.

Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Tierhaltungs- und Betreuungsverbotes zu diesem Zeitpunkt hat die Kammer im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (11 B 4707/12) folgendes ausgeführt:

„Der Antragsgegner hat im Bescheid vom 25. September 2012 im Einzelnen dargelegt, welche tierschutzrechtlichen Verstöße des Antragstellers in den Jahren 2002, 2004, 2007 sowie im August und September 2012 festgestellt worden sind. Diese Verstöße wurden von Amtstierärzten des Antragsgegners ermittelt, deren Feststellungen nach § 15 Abs. 2 TierSchG eine besondere Sachkunde beigemessen wird (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 3. August 2009 – 11 ME 187/09 – Nds. VBl. 2009, 349, Beschluss vom 15. Oktober 2012 – 11 ME 234/12 juris, Rn. 5). Die Bescheide, welche die tierschutzrechtlichen Verstöße aus den Jahren 2002, 2004 und 2007 zum Gegenstand haben sind bestandskräftig geworden. Die jüngsten Ermittlungen in diesem Jahr sind im angefochtenen Bescheid, in der Niederschrift über die Betriebskontrolle vom 27. August 2012 und in zahlreichen Lichtbildern dokumentiert. Wesentliches Ergebnis dieser Ermittlungen ist, dass der Antragsteller etliche Rinder auf zu geringem Raum hielt, er erkrankte Tiere nicht in Buchten mit weicher Einstreu oder weicher Unterlage absonderte und er diese erkrankten Tiere nicht tierärztlich versorgen ließ. Einige der Tiere husteten und zeigten deutlich pumpende Atembewegungen, andere lahmten oder wiesen geschwollene, bzw. entzündete Vorderfußwurzelgelenke oder Umfangsvermehrungen der Gliedmaßen auf. Wieder andere waren abgemagert und einzelnen Tieren wurde kein Wasser angeboten. Eine der Buchten war besonders verdreckt und in einer anderen war der Spaltboden schlecht verlegt, so dass die erforderliche Trittsicherheit nicht gegeben war.

Nach diesen Feststellungen liegt seitens des Antragstellers nicht nur ein einmaliger, sondern ein wiederholter Verstoß gegen die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) vor. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 TierSchNutztV hat der Tierhalter sicherzustellen, dass soweit erforderlich, unverzüglich Maßnahmen für die Behandlung kranker Tiere, ihre Absonderung in geeignete Haltungseinrichtungen mit trockener und weicher Einstreu oder weicher Unterlage ergriffen werden und dass ein Tierarzt hinzugezogen wird. Schon in der Verfügung vom 27. Juni 2002 (Ziffer 2) wurde dem Antragsteller aufgegeben die abgemagerten und lahmenden Tiere sofort einem Tierarzt vorzustellen. In der Verfügung vom 28. September 2004 (Ziffer 4) hieß es dann, dass der Antragsteller die erkrankten Rinder (lahmende Tiere infolge Gelenkserkrankungen) in Laufbuchten mit ausreichend Stroh umstallen solle. Bei der Überprüfung vom 27. August 2012 konnte erneut festgestellt werden, dass einzelne Tiere abgemagert waren oder lahmten, unter Gelenkserkrankungen litten sowie weder in Haltungsbuchten mit weicher Einstreu abgesondert noch tierärztlich versorgt wurden. Auch der Bußgeldbescheid vom 23. Mai 2005 und die Verfügung vom 18. September 2007 zeigen, dass der Antragsteller nicht nur einmalig gegen die ihm obliegende Pflicht zur Gesundheitsfürsorge für seine Tiere verstieß. In der zuletzt genannten Verfügung wurde dem Antragsteller aufgegeben, bei Schwanzentzündungen seiner Rinder einen Tierarzt zwecks Heilbehandlung zu beauftragen. Der Antragsteller hatte hiervon abgesehen gehabt und stattdessen die Schwanzenden der Rinder selbst amputiert. Die Überprüfungsergebnisse aus dem Jahre 2012 schließen mithin an die in der Vergangenheit festgestellten Verstößen hinsichtlich der Gesundheitsfürsorge der Rinder im Bestand des Antragstellers an. Auffällig ist, dass die Tiere des Antragstellers über einen Zeitraum von ca. 10 Jahren immer wieder dieselben Krankheitssymptome (Lahmen, Gelenkserkrankungen) aufgewiesen haben. Augenscheinlich hat es der Antragsteller nicht geschafft seine Tierhaltungsbedingungen derart anzupassen, dass solche Erkrankungen nicht mehr auftreten können. Soweit der Antragsteller die bei der Überprüfung vom 27. August 2012 gerügten Mängel in der Gesundheitsfürsorge, damit zu begründen versucht, dass der Zustand aus seiner Sicht nicht besorgniserregend war, so ist dem entgegen zu halten, dass es auf die Sichtweise des Antragstellers bei der Beurteilung, ob ein Tier medizinischer Behandlung bedarf, nicht ankommt. Unerklärlich ist, warum der Antragsteller in Bezug auf die hustenden Rinder zwar ein Medikament vom Tierarzt besorgt, mit der Verabreichung des Medikamentes aber noch einige Tage zuwartet. Auch kann dem Antragsteller in der Argumentation nicht gefolgt werden, dass er nach Erkennung einer Krankheit bei einem Tier zunächst noch zuwarten könne, ob die Erkrankung abklinge, bevor er eine Umstallung vornehme. Denn § 4 Abs. 1 Nr. 3 TierSchNutztV verlangt vom Antragsteller, dass er unverzüglich Maßnahmen ergreift. Ebenfalls nicht überzeugend ist die Einlassung des Antragstellers, dass es sich bei den vom Amtstierarzt am 27. August 2012 festgestellten Erkrankungen um stichtagsbezogene Einzelfälle handelt. Ein Rind magert ab, wenn es über einen längeren Zeitraum mangelernährt wird, auch die Vorderfußwurzelgelenksentzündungen und Umfangsvermehrungen der Gliedmaßen treten nicht kurzfristig auf, sondern sind Ergebnis einer länger anhaltenden unzureichenden Pflege.

Darüber hinaus hat der Antragsteller seine Tiere wiederholt auf zu kleinem Raum gehalten. Nach § 10 Abs. 1 TierSchNutztV muss jedem Kalb abhängig von seinem Lebendgewicht eine ausreichende Fläche zur Verfügung stehen, die jeweils so bemessen sein muss, dass das Tier sich ungehindert umdrehen kann. Bereits in der Verfügung vom 28. September 2004 (Ziffer 1 und 2) wurde dem Antragsteller aufgegeben die Vorgaben zur Tierbesatzdichte einzuhalten. Bei der amtstierärztlichen Betriebskontrolle vom 28. August 2012 wurde erneut festgestellt, dass etliche Rinder auf einer zu gering bemessenen Bodenfläche standen. Soweit der Antragsteller zur Begründung dieser Haltungszustände anführt, dass die Mehrbelegung nur vorübergehend gewesen sei, weil der Stall 7 zur Zeit renoviert werde und deshalb nur halb belegt werden könne, überzeugt dies nicht. Denn zum einen sieht § 10 Abs. 1 TierSchNutztV keine Ausnahmen hinsichtlich der Tierbesatzdichte für etwaige vorübergehende Zeiten der Umbaumaßnahmen vor und zum anderen wäre es dem Antragsteller ohne weiteres möglich gewesen seinen Tierbestand an die renovierungsbedingten Kapazitäten anzupassen und einige der Rinder, für die kein Platz mehr vorhanden war, zu veräußern.

Die festgestellten, wiederholten Verstöße haben laut amtstierärztlicher Einschätzung zu länger anhaltenden erheblichen Schmerzen und Leiden bei den Tieren geführt (vgl. S. 9 des Bescheides). An diesen fachlichen Einschätzungen hat die Kammer keinen Anlass zu zweifeln.

Die Kammer teilt auch die Prognoseeinschätzung des Antragsgegners, dass es ohne behördliches Einschreiten zu weiteren Zuwiderhandlungen i.S.d. § 16 a Satz 2 Nr. 3 TierSchG kommen würde. Diese Einschätzung wird auch nicht durch den Vortag des Antragstellers erschüttert, dass er unmittelbar nach der amtstierärztlichen Betriebskontrolle vom 27. August 2012 alle Mängel beseitigt habe. Zum einen wurden - wie oben aufgezeigt - über einen Zeitraum von ca. 10 Jahren wiederholt die gleichen tierschutzrechtlichen Verstöße festgestellt (Vernachlässigung der Gesundheitspflege und zu geringes Raumangebot). Auch wenn kurzfristig Verbesserungen eingetreten sein mögen, gab es in der Folgezeit wieder Rückfälle. Dass der Antragsteller ausgerechnet nach der letzten Betriebskontrolle vom 27. August 2012 grundlegend sein Verhalten geändert habe, vermag die Kammer daher nicht zu erkennen. Daran ändert auch die tierärztliche Bescheinigung vom 9. Oktober 2012 nichts, nach der dem Antragsteller attestiert wird, dass seit der letzten amtstierärztlichen Kontrolle (gemeint ist wohl der 11. September 2012) keine tierschutzwidrige Haltung mehr zu erkennen sei, denn diese Bescheinigung bildet einen zu kurzen Zeitraum ab, um auf ihrer Grundlage eine belastbare Prognose abgeben zu können. Außerdem handelte der Antragsteller unter behördlichem Druck. Zum anderen ist im Rahmen der Prognoseentscheidung mitzuberücksichtigen, dass auch am 11. September 2012 im Bestand des Antragstellers zwei erkrankte Rinder vorgefunden wurden, die wiederum nicht abgesondert untergebracht waren und auch noch nicht tierärztlich versorgt waren. Eines der Kälber war abgemagert. Damit hat der Antragsteller auch unmittelbar nach der Betriebskontrolle vom August 2012 – wenn auch in geringem Umfang - wieder die gleichgelagerten Pflichtverletzungen begangen. Eine günstige Prognoseentscheidung kann auf dieser Tatsachengrundlage nicht getroffen werden. Soweit die Zahl der festgestellten Mängel im September 2012 deutlich niedriger ausfiel als noch im August 2012, ist dies auch darauf zurückzuführen, dass der Antragsteller nach eigenen Angaben (vom 1. Oktober 2012, vgl. 26 f der Gerichtsakte) zwischenzeitlich einige der erkrankten Tiere zur Schlachtung gegeben hat.

Bei schwerwiegenden Verstößen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen müssen auch die wirtschaftlichen Interessen des Tierhalters (Art. 12 GG) hinter den ebenfalls verfassungsrechtlich besonders geschützten Tierschutzbelangen (Art. 20a GG) zurücktreten (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 18. April 2012 – 11 LA 41/11 –).“

An diesen Ausführungen hält die Kammer auch nach Beschluss des Nds. OVGs vom 7. Februar 2013 (11 ME 321/12) und dem weiteren Vortrag des Klägers fest. Denn aufgrund des hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunktes (s.o.) sind spätere – nach Erlass der angefochtenen Verfügung – eingetretene Veränderungen, wie insbesondere der Wechsel der Tierhaltereigenschaft, nicht mehr zu berücksichtigen. Es kommt daher auch nicht auf die Frage an, ob hinsichtlich des Klägers unter dem Regime der neuen Halterin, seiner Ehefrau, weiterhin mit Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Vorschriften zu rechnen ist. Derartige Änderungen wären in einem gesonderten Wiedergestattungsverfahren zu berücksichtigen. Entgegen der Behauptung des Klägers ist in den ordnungsbehördlichen Verfügungen vom 27. Juni 2002, 28. September 2004 und 18. September 2007 auch dargelegt, inwieweit die tierschutzwidrigen Zustände auf dem Hof des Klägers ihm zuzurechnen sind und dass es sich hierbei um grobe Verstöße handelt. So heißt es z.B. in der Verfügung vom 27. Juni 2002 (Seite 3): „Die Haltung der Rinder ist als grob tierschutzwidrig einzustufen. U.a. durch das offensichtlich monatelange Stehen in ihrem eigenen Kot wurden den Rindern länger anhaltende erhebliche Leiden zugeführt. Insbesondere wurden sie infolge einer natürlichen Abneigung gegen den feuchten und erkalteten Kot daran gehindert, sich niederzulegen und eine für Rinder artgemäße Ruhehaltung über Nacht bzw. während des Wiederkäuens einzunehmen.“ Auch die im Rahmen der amtstierärztlichen Kontrolle vom 27. August 2012 festgestellte Haltungssituation weist nicht nur wiederholte, sondern darüber hinaus grobe Verstöße gegen das Tierschutzrecht auf. So heißt es u.a. in der Niederschrift über die Betriebskontrolle vom 27. August 2012: „Herr B. verstößt mit seiner Rinderhaltung wiederum in grober Weise gegen die ordnungsbehördlichen Verfügungen vom 27. Juni 2002. […] Kranke Tiere werden nicht abgesondert aufgestallt und nicht dem Tierarzt vorgestellt. Angeordnete Behandlungen des Tierarztes werden nicht durchgeführt.“ Da die Erkrankung einzelner Tiere selbst für einen Laien offen sichtbar waren (vgl. z.B. die Lichtbilder 139, 140 der Niederschrift über die Betriebskontrolle vom 27. August 2012 oder die hustenden Tiere mit deutlich pumpenden Atembewegungen) und der Kläger die erforderlichen Maßnahmen nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 TierSchNutztV dennoch nicht ergriff, ist allein schon hierin ein besonders schwerer und damit grober Verstoß gegen das Tierschutzrecht zu sehen.

Selbst wenn man entgegen der oben vertretenen Auffassung im Hinblick auf das Tierhaltungs- und Betreuungsverbot auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abstellen würde, so ergäbe sich keine andere rechtliche Beurteilung. Denn die nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens zuletzt erfolgten amtstierärztlichen Kontrollen vom 28. März 2013 und 13. November 2013 geben keinen Anlass zu der Annahme, dass der Kläger unter den eingetretenen Veränderungen als Tierbetreuer (oder gar Tierhalter) geeignet wäre. Nach § 2 Nr. 1 TierSchG muss derjenige, der ein Tier betreut das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen. Hierzu gehört auch die Gesundheitsfürsorge (vgl. Lorz/Metzger, Tierschutzgesetz 6. Auflage 2008, § 2 Rn. 32). Die in § 2 TierSchG normierten Pflichten treffen nicht nur den Halter, sondern in gleichem Maße den Betreuer (vgl. Lorz/Metzger, Tierschutzgesetz 6. Auflage 2008, § 2 Rn. 12). Gerade gegen die Pflicht zur Gesundheitsfürsorge, für die er nach eigenen Angaben zumindest Mitverantwortung trägt (vgl. Schriftsatz vom 26. Februar 2014, S. 5: „Ferner hat der Kläger seinen Tierarzt angewiesen wöchentlich zu erscheinen…“), hat der Kläger auch in jüngster Zeit wiederholt verstoßen und den Tieren dadurch erhebliche Schmerzen und Leiden zugefügt.

So wurde der Kläger am 28. März 2013 im Rahmen der amtstierärztlichen Kontrolle angetroffen, wie er noch hastig Stroh in das stark verunreinigte Krankenabteil entleerte. Die Futterstelle war mit einem Mist-/ Kotgemisch durchsetzt und den erkrankten Tieren stand keine trockene, saubere und weiche Einstreu zur Verfügung (Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Nr. 3 und 10 TierSchNutztV). Bei einzelnen Tieren war entweder das Sprunggelenk oder das Schulterellenbogengelenk angeschwollen, ohne dass diese Tiere tierärztlich behandelt worden wären. Bei einem Tier war die Entzündung im Bereich des Fesselgelenks so stark, dass bei den niedrigen Stalltemperaturen Nebelwölkchen aufstiegen (Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Nr. 3 TierSchNutztV). Einzelnen Tieren stand kein Trinkwasser zur Verfügung (Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Nr. 4 TierSchNutztV). Auch im Rahmen der anschließenden amtstierärztlichen Kontrolle vom 13. November 2013 wurden erneut erkrankte Tiere angetroffen, die entweder unter Atemwegserkrankungen, bzw. Lungenentzündungen litten oder die lahmten. Eine tierärztliche Versorgung dieser Tiere hat nicht stattgefunden (Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Nr. 3 TierSchNutztV). Zwei der Tiere mussten an Ort und Stelle euthanasiert werden, wobei eines der Tiere zuvor keiner tierärztlichen Behandlung zugeführt worden war. Diese Fälle zeigen, dass der Kläger entweder nicht in der Lage ist die Behandlungsbedürftigkeit der erkrankten Rinder zu erkennen, oder aber dies erkennt und gleichwohl nichts veranlasst. In beiden Fällen verstößt er gegen die ihm obliegende Pflicht der Gesundheitsfürsorge. Dass diese Pflichtverstöße auch zu Leiden bei den betroffenen Tieren geführt haben, zeigt allein die Tatsache, dass zwei Tiere euthanasiert werden mussten, d.h. von ihrem Leiden erlöst werden mussten.

Soweit der Kläger vorträgt, sein Hoftierarzt würde wöchentlich auf dem Hof erscheinen und die Tiere in Augenschein nehmen, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Denn die Amtstierärzte des Beklagten haben in ihren Protokollen ebenfalls vermerkt, dass bzgl. einzelner Tiere Behandlungsnachweise erbracht wurden, bzgl. anderer jedoch nicht. Aus der Häufigkeit tierärztlicher Kontrollen kann nicht ohne weiteres auf eine ordnungsgemäße Gesundheitsfürsorge geschlossen werden. Denn der Hoftierarzt wird nur im Rahmen der Beauftragung tätig, d.h. der Tierhalter bzw. -betreuer entscheidet letztendlich, ob und welche Tiere behandelt werden. Der Kläger müsste vielmehr täglich den Gesundheitszustand der Tiere kontrollieren und bei Veranlassung auch außerhalb des Wochenrhythmus seinen Hoftierarzt beauftragen. Auch die Umstellung des Betriebsablaufs mit der Einstellung zweier neuer Mitarbeiter und der Anschaffung eines Futtermischwagens hat nicht dazu geführt, dass es zu keinen neuen Verstößen, insbesondere im Bereich der Gesundheitsfürsorge, gekommen ist.

Unter Berücksichtigung dieser jüngsten amtstierärztlichen Kontrollen kann nach wie vor keine günstige Prognose i.S.d. § 16 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG getroffen werden.

2.) Dagegen erweist sich die Zwangsmittelandrohung unter Ziffer 4 Satz 1 und 2 des angefochtenen Bescheides als rechtswidrig und war daher aufzuheben.

Der Beklagte hat ein Zwangsgeld i.Hv. 1000,- € je betreutem Rind angedroht. Gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG wird das Zwangsgeld auf mindestens 5 und höchstens 50.000 € festgesetzt. Da der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers nach unbestrittenen Vortrag auf bis zu 650 Rinder ausgelegt ist, könnte im Extremfall (der Vollauslastung des Betriebes) gemäß der Androhung ein Zwangsgeld von insgesamt 650.000,- € festgesetzt werden, nämlich dann, wenn der Kläger entgegen des Verbotes sämtliche auf dem Hof befindlichen Rinder betreuen würde. Da die Zwangsgeldandrohung keine Deckelung auf maximal 50.000 € enthält, ist sie rechtswidrig. Im Übrigen begegnet die gewählte Androhung eines Zwangsgeldes i.Hv. 1000,- € je Rind auch deshalb Bedenken, weil es unverhältnismäßig erscheint, dass sich das Zwangsgeld je Rind vervielfacht. Das behördliche Interesse erhöht sich bei einem einheitlichen Tierbestand nicht genau proportional zur Zahl der Rinder. Eine solche Steigerung, die zudem schnell den oberen Bereich des von § 67 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG vorgeschriebenen Zwangsgeldrahmens erreicht, steht nicht mehr im Verhältnis zu dem angestrebten ordnungsbehördlichen Zweck sowie dem zu berücksichtigenden wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Nichtbefolgung der aufgegebenen Maßnahme. Diese vom Beklagten gewählte Ausgestaltung der Zwangsgeldandrohung hat eher den unzulässigen Charakter einer Geldbuße (vgl. Rachor in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts 3. Auflage 2001, F 780).