Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 19.09.2006, Az.: 12 A 4005/04
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 19.09.2006
- Aktenzeichen
- 12 A 4005/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 44746
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2006:0919.12A4005.04.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- OVG Niedersachsen - 19.01.2010 - AZ: 10 LB 248/08
- BVerwG - 16.12.2010 - AZ: BVerwG 3 C 7.10
Fundstelle
- AUR 2008, 30-34 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die Verrechnung von Über- und Untererklärungen ist nicht mehr möglich, wenn die zuständige Behörde auf Unregelmäßigkeiten hingewiesen oder eine Kontrolle durchgeführt worden ist.
- 2.
Zum Begriff des sog. offensichtlichen Fehlers, hier: Nachlässigkeit beim Ausfüllen der Antragsunterlagen.
- 3.
Sog. Günstigkeitsprinzip auf Zinsforderung nicht anwendbar.
- 4.
Zur Verjährungsfrist
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Oldenburg - 12. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Kalmer, die Richterin am Verwaltungsgericht Schulze, den Richter am Verwaltungsgericht Winkler sowie die ehrenamtlichen Richter Eberhards und Esche
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme von Bewilligungsbescheiden zur Agrarförderung und die Rückforderung der Ausgleichszahlung in Höhe von insgesamt 21.560,44 € zuzüglich Zinsen.
Auf die entsprechenden Anträge auf Gewährung von Ausgleichszahlungen für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen gewährte das Amt für Agrarstruktur Oldenburg dem Kläger
- für das Jahr 1993 mit Bescheid ohne Datum) den Betrag von 3.191,-- DM,
- für das Jahr 1994 mit Bescheid vom 18. November 1994 den Betrag von 4.345,09 DM,
- für das Jahr 1995 mit Bescheid vom 30. November 1995 den Betrag von 5.586,59 DM,
- für das Jahr 1996 mit Bescheid vom 21. November 1996 den Betrag von 5.586,81 DM,
- für das Jahr 1997 mit Bescheid vom 19. November 1997 den Betrag von 5.580,30 DM,
- für das Jahr 1998 mit Bescheid vom 30. November 1998 den Betrag von 5.531,65 DM,
- für das Jahr 1999 mit Bescheid vom 30. November 1999 den Betrag von 5.571,14 DM,
- für das Jahr 2000 mit Bescheid vom 30. November 2000 den Betrag von 3.319,06 DM,
- für das Jahr 2001 mit Bescheid vom 30. November 2001 den Betrag von 1.803,55 €.
Als eine der bewirtschafteten Getreidefläche von insgesamt 11,21 ha (bis 2000) und 5,7542 ha (für 2001) gab der Kläger in allen Anträgen u.a. die Flurstücke 26, 27 und 30 der Flur 23 in der Gemarkung Westerstede an: 1,6762 ha als Getreidefläche auf dem Flurstück 26, außerdem 3,54 ha als Getreidefläche auf dem Flurstück 27 und 0,5380 ha als Getreidefläche auf dem Flurstück 30.
Auch für das Jahr 2002 beantragte der Kläger mit denselben Angaben erneut die Gewährung der Ausgleichszahlungen.
Im Rahmen eines Dauergrünlandabgleichs 2001, durchgeführt im Jahre 2002, stellte das Amt für Agrarstruktur Oldenburg fest, dass es sich bei den beantragten Getreideflächen um Grünlandflächen handelte, lediglich auf dem Flurstück 27 (seit 2003 fortgeführt als Flurstück 27/1) sei eine Teilfläche von 1,54 ha förderfähig.
Im Laufe der daraufhin durchgeführten Anhörung gab der Kläger an, dass er sich bei der Angabe der Ackerflächen geirrt habe. Er habe sich von Beginn der Bewirtschaftung an auf frühere Auskünfte des ehemaligen Nutzers der Flächen verlassen. Sein Versäumnis sei es zweifelsfrei gewesen, dass er die Flächen nie mit aktuellen Flurstückskarten, sondern nur mit (letztlich) ungenauen Bodenprobenkarten unter Mithilfe des Landvolkverbandes abgeglichen habe. Die von ihm bewirtschafteten Ackerflächen befänden sich tatsächlich auf dem Flurstück 76/1, auf einem Teil des daneben liegenden Flurstücks 28/0 sowie auf einem Teil des Flurstücks 27/0 zur Größe von 1,54 ha.
Mit Bescheid vom 27. Mai 2003 lehnte das Amt für Agrarstruktur Oldenburg den Antrag auf Agrarförderung 2002 ab. Die Agrarförderung beziehe sich auf insgesamt 5,7542 ha, förderfähig sei nur eine Fläche von 1,54 ha, damit liege die Differenz bei über 20 % (Flächenabweichung 4,2142 ha x 100 : festgestellte Fläche 1,54 ha = 273,65 %), so dass insgesamt keine Agrarförderung bewilligt werden könne.
Mit Bescheid vom 15. Juli 2003 hob das Amt für Agrarstruktur Oldenburg die o.g. Bewilligungsbescheide für die Jahre 1993 bis 2001 auf und forderte den Kläger zur Rückzahlung von insgesamt 21.560,44 € zuzüglich Zinsen auf. Auch in diesen Jahren habe die festgestellte Differenz zwischen beantragter und ermittelter Fläche jeweils über 20 % gelegen, so dass die gewährten Zahlungen zurückgezahlt werden müssten.
Gegen den Rückzahlungsbescheid vom 15. Juli 2003 legte der Kläger am 13. August 2003 Widerspruch ein. Zur Begründung gab er an: Seine Angaben in den Anträgen seien zwar objektiv nicht korrekt gewesen. Den Fehler habe er aber nicht zu vertreten. Die Anträge seien vom Ammerländer Landvolkverband bearbeitet worden. Diesem hätten die einschlägigen Pachtverträge, Lagepläne u.s.w. vorgelegen. Ihn selbst treffe kein Verschulden. Außerdem habe er - wenn auch auf anderen Flächen - in der in den Anträgen angegebenen Größenordnung Getreide angebaut. Den fehlerhaften Angaben liege ein fahrlässiges Verhalten des Landvolkverbandes Ammerland zugrunde, so dass er den Verband in Anspruch nehmen wolle. Bis zur Klärung der Sache halte er seinen Widerspruch aufrecht und bitte um Stundung des Rückforderungsbetrages. Ergänzend führte er an, dass wegen der von ihm geschilderten Gesamtumstände ein offensichtlicher und damit prämienrechtlich folgenloser Fehler vorliege.
Den Widerspruch wies die Bezirksregierung Weser-Ems mit Widerspruchsbescheid vom 30. August 2004 zurück. Zu den Hinweisen des Klägers, es liege ein offensichtlicher Fehler vor, führte sie aus, dass ein solcher Fehler nicht anzunehmen sei. Im Anhörungsverfahren habe der Kläger erklärt, dass er die seit 1993 beantragten Flächen in der Weise beantragt habe, wie sein Verpächter ihm diese benannt habe. Er habe sich auf dessen Angaben zur Nutzung verlassen und die Flächen nie mit aktuellen Flurstückskarten, sondern nur mit ungenauen Bodenprobenkarten unter Mithilfe des Landvolkverbandes abgeglichen. Daraus folge, dass er bei seiner Antragstellung mindestens fahrlässig gehandelt habe. Ein etwaiges Verschulden des Landvolkverbandes müsse er sich zurechnen lassen.
Der Kläger hat am 29. September 2004 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus: Das Landgericht Oldenburg habe seine Klage gegen den Landvolkverband zwar abgewiesen und auch das Oberlandesgericht Oldenburg habe die Berufung zurückgewiesen. Es liege aber ein offensichtlicher Fehler vor, so dass die Rückforderung nicht gerechtfertigt sei. Außerdem lägen Untererklärungen im Rahmen seiner Flächenverzeichnisse vor, die saldiert werden müssten. Schließlich seien die Rückforderungen - jedenfalls teilweise - verjährt. Auch die Zinsforderung sei überhöht.
Der Kläger beantragt,
den Rückforderungsbescheid des Amtes für Agrarstruktur Oldenburg vom 15. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems vom 30. August 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie tritt den Ausführungen des Klägers unter Wiederholung und Vertiefung der Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
II.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Amtes für Agrarstruktur Oldenburg vom 15. Juli 2003 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 30. August 2004 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Bewilligungsbescheide für die Jahre 1993 bis 2001 ist § 10 Abs. 1 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisation (MOG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. September 1995 (BGBl. I S. 1146) mit späteren Änderungen. Danach sind rechtswidrig begünstigende Bescheide in den Fällen der §§ 6 und 8, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, zurückzunehmen; § 48 Abs. 2 - 4 und § 49 a Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 VwVfG sind anzuwenden.
Bei den dem Kläger in den Jahren 1993 bis 2001 gewährten Ausgleichszahlungen handelt es sich um flächenbezogene Beihilfen im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 7 MOG, die der Kläger auf seine entsprechenden Anträge erhalten hat. Rechtsgrundlage der Bescheide waren die §§ 4 ff. der Verordnung über eine Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (Kulturpflanzen-Ausgleichszahlungen-Verordnung) vom 3. Dezember 1992 (BGBl. I S. 1991) in den jeweils geltenden Fassungen - KAVO - (für die Jahre 1993 bis 1999) bzw. §§ 4 ff. der Verordnung über eine Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (Flächenzahlungs-Verordnung) vom 6. Januar 2000 (BGBl. I S. 15) (für die Jahre 2000 und 2001) i.V.m. Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 des Rates vom 30. Juni 1992 zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (Amtsblatt der EG Nr. L 181/12) mit späteren Änderungen (für die Jahre 1993 bis 1999) bzw. Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (Amtsblatt der EG Nr. L 160/1) mit späteren Änderungen - Verordnung Nr. 1251/1999 - (für die Jahre 2000 und 2001). Vorrangiges Gemeinschaftsrecht steht der Anwendung des § 10 MOG nicht entgegen. Allerdings sind die Grundsätze und Regelungen des Gemeinschaftsrechts, die die nationalen Regelungen überlagern, anzuwenden (BVerwG, Urteil vom 8. Februar 1996 - 3 C 18.94 -, Buchholz 451.511 § 10 MOG Nr. 2; Beschluss vom 29. März 2005 - 3 B 117.04 -, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 112; OVG Lüneburg, Urteil vom 20. September 2005 - 10 LC 58/03 -; VG Oldenburg, Urteil vom 26. April 2005 - 12 A 3161/02 -).
Nach dem somit anzuwendenden § 10 Abs. 1 S. 1 MOG sind rechtswidrig begünstigende Bescheide, auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind, zurückzunehmen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Die Bewilligungsbescheide für die Jahre 1993 bis 2001 sind rechtswidrig.
Die Bescheide stützen sich auf §§ 4 Abs. 1, 6 Abs. 1 S. 2 KAVO bzw. §§ 4, 11, Flächenzahlungs-Verordnung. Danach werden Ausgleichszahlungen nach der allgemeinen Regelung nur auf schriftlichen Antrag für die im Antrag angegebenen Flächen gewährt. Der Antrag muss bis zum 15. Mai des jeweiligen Jahres bei der für den Betriebssitz zuständigen Landesstelle eingegangen sein. Nach § 6 Abs. 1 S. 1 KAVO wird einem Erzeuger, der seine Anträge rechtzeitig nach § 4 KAVO gestellt hat, die Ausgleichszahlung gewährt, wenn er seine sich in dem jeweiligen Wirtschaftsjahr aus den in § 1 KAVO genannten Rechtsakten des Rates und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über die Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen sowie eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelung ergebenden Pflichten erfüllt. Maßgebend sind die Angaben des jeweiligen Erzeugers in seinem Antrag (§ 6 Abs. 1 S. 2 KAVO). Die vereinfachte Ausgleichszahlung wird nach § 5 KAVO für Kleinerzeuger gewährt, wenn er in seinem Antrag angegeben hat, dass er die Ausgleichszahlung nur für eine Fläche beantragt, die höchstens für die Erzeugung von 92 t Getreide benötigt wird und er keine Ausgleichszahlung für stillgelegte Flächen beantragt. Nach Art. 2 der Verordnung Nr. 1765/92 bzw. nach Art. 2 der Verordnung Nr. 1251/99 können Erzeuger landwirtschaftlicher Kulturpflanzen in der Gemeinschaft eine Flächenzahlung gemäß den Bedingungen dieser Verordnung(en) beantragen. Die je Hektar gewährte und regional gestaffelte Flächenzahlung wird für Flächen gewährt, die mit landwirtschaftlichen Kulturpflanzen bebaut sind oder stillgelegt wurden. Grundsätzlich müssen Erzeuger, die die Flächenzahlung beantragen, einen Teil ihrer Betriebsfläche stilllegen und erhalten auch hierfür die Ausgleichszahlung. Lediglich für sogenannte Kleinerzeuger, deren Voraussetzungen der Kläger erfüllt, gilt die Stilllegungsverpflichtung nicht (Art. 8 Verordnung Nr. 1765/92 bzw. Art. 6 Abs. 7 Verordnung Nr. 1251/99).
Der Kläger erfüllt die genannten Voraussetzungen der Flächenzahlung nur teilweise, da er die in den seinen Anträgen beigefügten Gesamtflächen- und Nutzungsnachweisen aufgeführten Flächen nicht vollständig entsprechend seinen Angaben genutzt hat.
Er gab in seinen Anträgen hinsichtlich der später beanstandeten Grundstücke an:
-Flurstück 26 der Flur 23 Gemarkung Westerstede = Gesamtgröße 5,117 ha = beantragte Ausgleichsfläche für die Kulturart Mais (in den späteren Jahren Roggen bzw. Sommergerste) jeweils 1,6762 ha,
-Flurstück 27 der Flur 23 Gemarkung Westerstede = Gesamtgröße 14,2797 ha = beantragte Ausgleichsfläche für die Kulturart Mais (später Roggen bzw. Sommergerste) jeweils 3,54 ha,
-Flurstück 30 der Flur 23 Gemarkung Westerstede = Gesamtgröße 0,8610 ha = beantragte Ausgleichsfläche für die Kulturart Mais (später Roggen bzw. Sommergerste) jeweils 0,5380 ha.
Als Gesamtausgleichsfläche gab der Kläger für 1993 insgesamt 15,0484 ha, für die Jahre 1994 bis 1999 jeweils 11,2182 ha und für die Jahre 2000 und 2001 jeweils 5,7542 ha an.
Im Rahmen des sog. Dauergrünlandabgleichs stellte das Amt für Agrarstruktur dann aber fest, dass es sich bei den angegebenen Getreideflächen im Wesentlichen um Dauergrünland gehandelt hat. Hinsichtlich des Flurstücks 27 war eine Fläche von 1,54 ha keine Dauergrünlandfläche.
In den angefochtenen Bescheiden ist deshalb zu Recht festgestellt worden, dass dem Kläger nach den genannten gesetzlichen Regelungen für 4,2142 ha zu Unrecht Ausgleichszahlungen gewährt wurden. Für die Dauergrünlandflächen der Flurstücke 26, 27 und 30 zur Gesamtgröße von 4, 2142 ha durften dem Kläger nach den einschlägigen Regelungen keine Ausgleichsbeträge gewährt werden (Art. 9 Verordnung Nr. 1765/92 bzw. Art. 7 Verordnung Nr. 1251/99).
Die Beihilfeanträge des Klägers konnten und können entgegen seiner Auffassung nicht mehr geändert oder korrigiert werden. Dies gilt sowohl für seine Absicht, seine Antragsangaben über Unter- bzw. Übererklärungen in den jeweiligen Kulturarten auszugleichen wie auch für seine Auffassung, es liege ein offensichtlicher und damit im Ergebnis unerheblicher Fehler vor.
Nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (Amtsblatt EG Nr. L 391/36) - Verordnung Nr. 3887/92 - kann der Beihilfeantrag Flächen in den dort genannten Fällen auch nach Ablauf der Einreichungsfrist geändert werden. Nach Buchstabe b dieser Regelung können hinsichtlich der Nutzung oder der betreffenden Beihilferegelung in jedem Fall Änderungen vorgenommen werden. Jedoch darf eine Parzelle keinen Parzellen zugerechnet werden, die als Teil einer Flächenstilllegungsmaßnahme oder als Futterfläche ausgewiesen sind. Dementsprechend kann es zu Verrechnungen von Über- und Untererklärungen kommen. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die zuständige Behörde den Antragsteller bereits auf Unregelmäßigkeiten hingewiesen hat oder eine Kontrolle durchgeführt worden ist, wie sich aus Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001 mit Durchführungsbestimmungen zum mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (Amtsblatt EG Nr. L 327/11) - Verordnung Nr. 2419/2001 -, der die Verordnung Nr. 3887/92 aufgehoben hat, ergibt. Diese Regelung fehlt zwar in der (aufgehobenen) Verordnung Nr. 3887/92. Eine Fristsetzung ist aber bereits in Art. 4 Abs. 2 a der Verordnung (EG) Nr. 229/95 vom 3. Februar 1995 zur Änderung der Verordnung Nr. 3887/92 enthalten, die jedoch praktisch leer läuft, weil die in Bezug genommenen Art. 10, 11 und 12 der Verordnung Nr. 1765/92 keine weiteren "Daten" für die Änderung eines Antrages nennen (vgl. hier und zum Folgenden: OVG Lüneburg, Urteil vom 11. Juni 2003 - 10 LB 196/01 -). Sie lässt die Regelung des Art. 4 Abs. 2 b der Verordnung, der in dieser Änderungsverordnung Unterabsatz 3 des Art. 4 Abs. 2 a geworden ist, unberührt. Die nunmehr in der Verordnung 2419/2001 enthaltene Regelung dient aber ohnehin nur der Klarstellung und folgt aus dem Zweck der Regelungen der Ausgleichszahlungen Fläche und der Sanktionsregelungen des Art. 9 Verordnung Nr. 3887/92. Die Beihilfen für Ackerpflanzen knüpfen nämlich mit der Regelung der Verordnung Nr. 1765/92 nicht mehr an die Produktionsmenge an, sondern sind an die Fläche gebunden. Der Identifizierung der Flächen kommt deshalb eine besondere Bedeutung zu (vgl. Art. 3 und 4 der Verordnung Nr. 3887/92 mit den nachfolgenden Änderungen). Abweichungen zwischen beantragter und tatsächlich ermittelter Fläche regelt Art. 9 der Verordnung Nr. 3887/92. Ausgangspunkt ist die tatsächlich ermittelte Fläche. Als ermittelte und damit beihilfefähige Fläche gilt nach Art. 9 Abs. 2 letzter Satz der Verordnung Nr. 3887/92 die Fläche, bei der alle vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt sind. Die vorgeschriebenen Bedingungen ergeben sich aus Art. 2 der Verordnung Nr. 1251/99 und aus Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 3887/92. Zusätzlich muss der Antrag die in § 4 KAVO genannten Angaben enthalten. Demnach sind die Flächen, für die ein Antrag auf Ausgleichszahlung gestellt wird, besonders zu bezeichnen und es ist insbesondere auch die Kulturart/Fruchtart anzugeben. Der Kläger hat diese Bezeichnungen auch vorgenommen und einen Teil seiner Flächen als beantragte Ausgleichsflächen mit bestimmten Kulturarten bezeichnet, andere Ackerflächen hat er als von ihm nicht genutzt oder als Flächen sonstiger Nutzung angegeben. Damit beziehen sich die ermittelten Flächen auf seine Antragsangaben. Erfüllen diese beantragten Flächen im Zeitpunkt der Kontrolle oder - wenn diese nicht stattgefunden hat - der Bescheiderteilung die einschlägigen Voraussetzungen nicht, gelten sie als nicht ermittelt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Regelung des Art. 9 Abs. 3 der Verordnung Nr. 3887/92, die zum einen nicht die genannten Flächen eines Förderantrages erfasst, sondern nur die jeweilige Nutzungsart wie den Anbau von Getreide, Ölsaaten, Öllein und Eiweißpflanzen sowie die Stillegung, und zum anderen die Frage der Ermittlung der einzelnen Förderfläche unberührt lässt. Die Regelung des Art. 9 Abs. 3 der Verordnung Nr. 3887/92 bezieht sich nämlich auf die Anwendung der Absätze 1 und 2 dieser Vorschrift, also auf die Verhängung von Sanktionen bei fehlerhaften Angaben des Antragstellers.
Angegeben hat der Kläger als Ausgleichsfläche für die Kulturart Getreide im Jahre 1993 insgesamt 15,0484 ha, in den Jahren 1994 bis 1999 jeweils 11,2182 ha und in den Jahren 2000 und 2001 jeweils 5,7542 ha. Ermittelt wurde jeweils eine um 4,2142 ha reduzierte Getreidefläche. Die auf die Flurstücke 26, 27 und 30 der Flur 23 bezogenen Getreideflächen von insgesamt 5,7542 ha waren nach den Ermittlungen und Feststellungen des Amtes für Agrarstruktur Oldenburg nur zu 1,54 ha berücksichtigungsfähig. Die Hinweise des Klägers, er habe weitere Flächen als Ackerflächen bewirtschaftet, führen nicht zur gewünschten Verrechnung. Diese Angaben beziehen sich nämlich auf Flächen, die im Antrag nicht als Ausgleichsflächen in Betracht kommen sollten.
Entgegen der Auffassung des Klägers liegt auch kein sog. offensichtlicher Fehler vor. Nach Art. 4 Abs. 2 a der Verordnung Nr. 3887/92 bzw. Art. 5 a der Verordnung Nr. 229/95 bzw. Art. 5b der Verordnung Nr. 2801/99 kann nach Ablauf der Antragsfrist des 15. Mai eines jeden Jahres der Bewilligungsantrag angepasst werden, wenn die zuständige Behörde "offensichtliche Fehler" anerkennt.
Bei dem Begriff des "offensichtlichen Fehlers" handelt es sich um einen vom Verordnungsgeber des Gemeinschaftsrechts verwendeten unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Auslegung und Anwendung durch die Beklagte in vollem Umfang rechtlich überprüft werden kann.
Bei der danach gebotenen Auslegung und Anwendung des Begriffs "offensichtlicher Fehler" folgt die Kammer im Ansatz, ohne daran abschließend gebunden zu sein, den Bewertungsmaßstäben der Generaldirektion VI der Europäischen Kommission in den Arbeitsunterlagen vom 18. Januar 1999 (VI/7103/98 Rev.2-DE). Voraussetzung ist danach für das Vorliegen eines offensichtlichen Fehlers, "dass der Betriebsleiter gutgläubig gehandelt hat und dass keinerlei Risiko einer Betrugshandlung seinerseits besteht".
Die Beantwortung der Frage, ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles erfolgen. In Anlehnung an die genannten Arbeitsunterlagen lassen sich gewisse Fallgruppen bilden (widersprüchliche Angaben im Antrag, Widerspruch zwischen den schriftlichen Angaben im Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis und einer zeichnerischen Darstellung der ausgleichsberechtigten landwirtschaftlichen Nutzflächen auf einer Flurkarte, fehlerhafte Angaben der Flurstücksnummer aufgrund eines sog. Zahlendrehers, Angabe der Nummer der Nachbarzelle infolge eines Lesefehlers auf der Karte, fehlerhafte Angaben der Kulturpflanzen und Verwechslung der Nutzung zweier Parzellen (vgl. OVG Lüneburg, Urteile vom 11. Juni 2003 - 10 LB 27/03 - RdL 2003, 332 11. Juni 2003 - 10 LB 221/02 -; Urteil vom 16. Juni 2003 - 10 LB 3464/01 -). Im Urteil des OVG Lüneburg vom 11. Juni 2003 - 10 LB 27/03 - führt der Senat weiter aus:
"Ein Fehler ist ... nach Ansicht des Senats auch dann offensichtlich im Sinne des Art. 5 a VO (EWG) Nr. 3887/92, wenn er bei einer Vor-Ort-Kontrolle ohne weiteres ersichtlich ist, das heißt für einen unvoreingenommenen urteilsfähigen aufgeschlossenen und mit den näheren Umständen vertrauten Durchschnittsbetrachter bei einem Abgleich der Angaben im Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis mit den Katasterunterlagen (Auszug auf dem Liegenschaftskataster, Flurkarte) mit der in der Örtlichkeit vorgefundenen und bewirtschafteten Fläche ohne weiteres erkennbar ist und wenn dieser Fehler auf einem offensichtlichen Versehen (Irrtum) oder die Falschangabe rechtfertigenden bzw. entschuldigenden Verhalten des Betriebsinhabers beruht. Zu dieser Einschränkung der Anerkennung eines für die Subventionsgewährung unschädlichen offensichtlichen Fehlers durch das individuelle Verhalten des Betriebsinhabers sieht sich der Senat veranlasst, weil ein Fehler bei einem Abgleich der vorgenannten objektiven Merkmale in der Regel ohne weiteres erkennbar ist und demzufolge jede Unregelmäßigkeit in einem Förderungsantrag geheilt werden könnte und damit dem Betriebsinhaber die ihm bei der Antragstellung obliegenden Überprüfungs- und Sorgfaltspflichten abgenommen werden könnten. Bei der Antragstellung hat auch der Kläger die Richtigkeit und Vollständigkeit der im Antrag nebst Anlagen gemachten Angaben versichert. Eine solche Versicherung schließt Überprüfungs- und Sorgfaltspflichten für die vom Betriebsinhaber vor und bei der Antragstellung gemachten Angaben mit ein, deren Verletzung nicht über einen sogenannten offensichtlichen Fehler geheilt werden kann. Zudem muss bei der Anerkennung eines offensichtlichen Fehlers hinsichtlich der Vorwerfbarkeit des dem Subventionsbewerber nachgesehenen Fehlverhaltens das abgestufte Sanktionssystem der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 berücksichtigt werden. Als schärfste Sanktion sieht Art. 9 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3887/92 den Ausschluss des betreffenden Betriebsinhabers von der Gewährung der Ausgleichszahlungen vor, wenn er absichtlich oder auf Grund grober Fahrlässigkeit falsche Angaben gemacht hat, wobei im Fall absichtlich gemachter falscher Angaben der Ausschluss auch für das folgende Kalenderjahr gilt. Die Kürzungsvorschriften des Art. 9 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3887/92 kommen demgegenüber nur in Fällen leichter Fahrlässigkeit zur Anwendung. Vor diesem Hintergrund können unter den Begriff des sanktionslos bleibenden "offensichtlichen Fehlers" nur solche Sachverhalte subsumiert werden, in denen das Verhalten des Subventionsbewerbers noch unterhalb der Schwelle der leichten Fahrlässigkeit liegt. Nur in diesen Fällen, die soweit es sich nicht um bloße Versehen handelt, regelmäßig durch atypische Umstände gekennzeichnet sein werden, ist es gerechtfertigt, einen offensichtlichen Fehler anzuerkennen."
Nach diesen Grundsätzen, denen sich die Kammer anschließt, liegt hier ein offensichtlicher Fehler nicht vor:
Es liegen zwar keine Anhaltspunkte für eine Betrugsabsicht des Klägers vor. Dies gilt umso mehr, als er nach seinen Angaben tatsächlich auf von ihm nicht beantragten Ackerflächen Getreide angebaut hat, so dass er die Menge der von ihm angegebenen Ausgleichsflächen nicht überschritten hat. Er hat sich auch offenkundig fremder sachkundiger Hilfe bedient, indem er sich an den Landvolkverband gewandt hat, dessen Mitarbeiter das Antragsformular für ihn ausgefüllt haben, so dass auch diese Inanspruchnahme gegen eine betrügerische Absicht des Klägers spricht.
Allerdings entbindet ihn diese Beauftragung nicht von seinen eigenen Verpflichtungen. Er muss den für ihn tätigen Personen die maßgeblichen Unterlagen überlassen und Angaben zur tatsächlichen Nutzung und Nutzungsabsicht machen. Dass die Anträge nicht sorgfältig ausgefüllt wurden, behauptet der Kläger im Übrigen in seiner Klageschrift im Zivilverfahren gegen Mitarbeiter des Landvolkverbandes selbst. Nach dem Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 17. September 2004 - 2 O 994/04 - konnte ein fahrlässiges Verhalten des Mitarbeiters des Ammerländer Landvolkverbandes zwar nicht nachgewiesen werden, vielmehr seien die lange Zeit zurückliegenden Vorgänge nicht mehr aufklärbar. Das Urteil wurde bestätigt durch Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 1. März 2005 - 6 U 184/04 -. Demnach bleibt es aber bei der Fahrlässigkeit, es ist lediglich die Frage, ob dem Mitarbeiter des Landvolkverbandes oder dem Kläger selbst ein fahrlässiges Verhalten vorzuhalten ist, offen geblieben. Hiernach hat der Kläger also entweder selbst fahrlässig gehandelt oder es liegt eine Fahrlässigkeit des Mitarbeiters des Verbandes vor. Liegt ein fahrlässiges Verhalten des Mitarbeiters vor, muss der Kläger sich dieses Verhalten wie eigenes zurechnen lassen.
Unabhängig von einer Schuldzuweisung an den Kläger selbst oder an eine von ihm beauftragte Hilfsperson liegt im Übrigen einer der oben genannten besonderen Fälle, die zur Annahme eines offensichtlichen Fehlers führen, nicht vor. Hervorzuheben ist vielmehr, dass die Flächen der Flurstücke 26, 27 und 30 nicht benachbart sind und sie verschiedene Bezeichnungen haben. Die tatsächlich genutzten Flächen liegen dagegen neben- bzw. hintereinander. Schon ein erster Blick in ein Kartenmaterial mit Flurstücksbezeichnungen hätte deutlich gemacht, dass die Antragsgrundstücke nicht aneinander grenzen. Dies hätte dem Kläger schon deshalb auffallen müssen, weil die von ihm nunmehr benannten Verwechslungsflächen, insbesondere das Flurstück 76/1, in unmittelbarer Nähe zu seinen Wirtschaftsgebäudeflächen liegt. Das von ihm angegebene Flurstück 30 liegt dagegen unmittelbar an seinem Wohngrundstück. Als Ausgleichsflächen wurden zudem jeweils nur Teilflächen benannt. Der Kläger durfte deshalb die Angaben in den Pachtverträgen nicht einfach übernehmen, sondern musste bestimmen, welche der Teilflächen er in welcher Form nutzen wollte. Die entsprechenden Verträge und das erforderliche Kartenmaterial, das seinem ersten Antrag zu Grunde gelegen haben soll, hat er trotz gerichtlichen Hinweises nicht, jedenfalls nicht vollständig, vorgelegt. Die von ihm eingereichten Verträge betreffen gepachtete Ländereien in der Nähe seines Betriebes, ohne dass in den Verträgen die vom Kläger angeblich übernommenen Flurstücksbezeichnungen auftauchen. Selbst wenn dem Landvolkverband somit die Pachtverträge bei Antragsausfüllung vorgelegen haben sollten, wie der Kläger im Verwaltungsverfahren behauptet, hätte er die Flächen, für die er Ausgleichsbeträge beantragen wollte, anhand weiterer Unterlagen, insbesondere von Kartenmaterial, bezeichnen müssen. Eine nicht oder nur eingeschränkt lesbare Bodenprobenkarte reichte hierfür nicht aus.
Von einem "entschuldigendem Verhalten" des Klägers kann entgegen seiner Behauptung auch in den Folgejahren nicht ausgegangen werden. Zwar ist anzunehmen, dass ein Landwirt die Angaben des Vorjahres für die Anträge in den Folgejahren übernimmt. Dies darf er ungeprüft aber nur dann, wenn er den Antrag im ersten Jahr sorgfältig ausgefüllt hat und sich in den Folgejahren tatsächlich keine Änderungen ergeben. Anlass für eine Überprüfung bestand hier schon deshalb, weil die Bezeichnung des Flurstücks 76/1, das unmittelbar an das Flurstück 27 angrenzt und als eine Ackerfläche benutzt worden sein soll, unmittelbar vor der ersten Antragstellung im Jahre 1993 geändert worden ist und somit Flurstücksbezeichnungen nicht dauerhaft unverändert bleiben.
Die fehlerhaften Angaben des Klägers beruhen somit nicht auf einem Versehen im Sinne einer Verwechslung, sondern auf Nachlässigkeit beim Ausfüllen der Antragsunterlagen. Ein offensichtlicher Fehler liegt deshalb nicht vor.
Zutreffend ist in den angefochtenen Bescheiden dargelegt, dass sich als Rechtsfolge aus den tatsächlich nicht ermittelten Ausgleichsflächen von 4,2142 ha nach den Sanktionsregelungen ergibt, dass der Kläger seine Ansprüche auf Ausgleichszahlungen für die Jahre 1993 bis 2001 verloren hat. Gemäß Art. 9 Abs. 2 Verordnung Nr. 3887/92 wird keinerlei Beihilfe für Flächen gezahlt, wenn die festgestellte Differenz zwischen beantragter und ermittelter Fläche über 20 % der ermittelten Fläche liegt. Dies ist für sämtliche Jahre - wie im Bescheid vom 15. Juli 2003 im Einzelnen dargelegt - der Fall. Auf diese Berechnung wird Bezug genommen.
Eine Besserstellung folgt auch nicht aus den Sanktionsregelungen der Verordnung Nr. 2419/01. Auch nach Art. 32 dieser Verordnung wird keine flächenbezogene Beihilfe gewährt, wenn die festgestellte Differenz über 20 % der ermittelten Fläche liegt. Die in Art. 44 dieser Verordnung vorgesehene Ausnahme betrifft nur den Fall, dass der Betriebsinhaber sachlich richtige Antragsangaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft. Seine falschen Antragsangaben beruhen auf einer Sorgfaltspflichtverletzung, somit schuldhaftem Verhalten. Einer näheren Darlegung der Gründe zur Anwendbarkeit der Verordnung Nr. 2419/01 auf Beihilfeanträge, die sich auf Prämienzeiträume vor 2002 beziehen, bedarf es deshalb nicht (vgl. Art. 2 Abs. 2 S. 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 (Amtsblatt EG Nr. 312/01).
Auf Vertrauensschutz im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 1 MOG i.V.m. § 48 Abs. 2 - 4 VwVfG kann der Kläger sich erfolgreich nicht berufen. Gemäß § 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 VwVfG kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, selbst wenn er die Leistungen inzwischen verbraucht oder entsprechende Vermögensdispositionen getroffen haben sollte (§ 48 Abs. 2 S. 2 VwVfG), weil er die Verwaltungsakte durch in wesentlicher Beziehung unrichtige Angaben erwirkt hat. Im Übrigen wird § 10 Abs. 1 S. 1 MOG i.V.m. § 48 Abs. 2 VwVfG durch Art. 14 Abs. 4 und 5 der Verordnung Nr. 3887/92 i.d.F. von Art. 1 Ziff. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1678/98 der Kommission vom 29. Juli 1998 (Amtsblatt EG Nr. L 212/23) verdrängt, da diese gemeinschaftsrechtliche Regelung den dem Begünstigten einer rechtswidrigen Beihilfe gegenüber deren Rückforderung zustehenden Vertrauensschutz abschließend regelt (BVerwG, Beschluss vom 29. März 2005 - 3 B 117.04 -, Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 112).
Der Kläger ist auch zur Rückzahlung der ihm zu Unrecht gewährten Beträge zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz verpflichtet, die für den Zeitraum zwischen der Zahlung und der Rückzahlung durch den Begünstigten anfallen (Art. 14 Abs. 1 Verordnung Nr. 3887/92, § 10 Abs. 1 und 3 MOG i.V.m. § 49 a Abs. 1 VwVfG, § 14 Abs. 1 MOG).
Entgegen der Auffassung des Klägers ist die für ihn günstigere Regelung des Art. 9 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2419/01, wonach die Zinsen für den Zeitraum zwischen der Übermittlung des Rückforderungsbescheides an den Betriebsinhaber und der tatsächlichen Rückzahlung bzw. dem Abzug berechnet werden, nicht anwendbar. Das sog. Günstigkeitsprinzip nach Art. 2 Abs. 2 S. 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 bezieht sich lediglich auf Sanktionen, um die es sich bei den Rückforderungen von zu Unrecht geleisteten Prämien und die hierauf zu entrichtenden Zinsen nicht handelt (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 20. September 2005 - 10 LC 58/03 -). Schließlich bietet Art. 14 der Verordnung Nr. 3887/92 auch keine Anhaltspunkte dafür, dass Zinsen nicht auf den Betrag erhoben werden könnten, der als Folge der Anwendung der Sanktionsregelung des Art. 9 Abs. 2 S. 2 der Verordnung Nr. 3887/92 zurückzuzahlen ist (so auch VG Lüneburg, Urteil vom 30. Mai 2006 - 4 A 2/06 -).
Auch der Einwand der Verjährung greift nicht durch. In Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 beträgt die Verjährungsfrist für die Verfolgung 4 Jahre ab Begehung der Unregelmäßigkeit nach Art. 1 Abs. 1. Bei andauernden oder wiederholten Unregelmäßigkeiten beginnt die Verjährungsfrist an dem Tag, an dem die Unregelmäßigkeit beendet wird. Bei den mehrjährigen Programmen läuft die Verjährungsfrist auf jeden Fall bis zum endgültigen Abschluss des Programms. Der Kläger hat die fehlerhaften Angaben von 1993 bis 2001 gemacht. Die Fehler sind im Jahr 2002 aufgedeckt worden. Damit beginnt die Verjährungsfrist erst im Jahr 2002, so dass die Verjährung nicht eingetreten ist. Nach Unterabsatz 4 des Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 tritt die Verjährung jedoch spätestens zu dem Zeitpunkt ein, zu dem eine Frist, die doppelt so lang ist wie die Verjährungsfrist, abläuft, ohne dass die Behörde eine Sanktion verhängt hat. Hierbei handelt es sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht um eine absolute Verjährungsfrist von 8 Jahren. Die Regelung bezieht sich auf den Unterabsatz 3 dieser Vorschrift. Danach wird die Verfolgungsverjährung durch jede der betreffenden Person zur Kenntnis gebrachte Ermittlungs- oder Verfolgungshandlung der zuständigen Behörde unterbrochen. Nach jeder eine Unterbrechung bewirkenden Handlung beginnt die Verjährungsfrist von neuem. Die Regelung bezieht sich damit auf die Unterbrechungstatbestände einer eingetretenen Verjährung. Sie ändern aber nicht den Beginn der Verjährungsfrist.
Auf die Regelung des Art. 49 der Verordnung Nr. 2419/01 kann der Kläger sich nicht berufen, da diese Regelung nicht anwendbar ist für die Anträge bis 2001 und im Übrigen auch ihre Voraussetzungen (10 Jahre bzw. 4 Jahre bei Vorliegen eines guten Glaubens des Betroffenen) nicht vorliegen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung nach §§ 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4, 124 a Abs. 1 VwGO liegen nicht vor.