Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 01.12.2021, Az.: L 2 R 128/19
Erstattung von Kosten für eine stationäre Leistung zur Kinderrehabilitation; Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis; Psychogene Essstörung vom Typ Binge Eating Disorder
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 01.12.2021
- Aktenzeichen
- L 2 R 128/19
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2021, 64898
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2021:1201.L2R128.19.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - 27.02.2019 - AZ: S 14 R 967/16
Rechtsgrundlagen
- § 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB I
- § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 5 SGB V
- § 39 SGB V
- § 40 Abs. 4 SGB V
- § 107 Abs. 1 Nr. 3 SGB V
- § 107 Abs. 2 Nr. 2 SGB V
- § 13 Abs. 2 Nr. 1-2 SGB VI
- § 15 Abs. 3 S. 1 SGB VI
- v. 17.07.2015 § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI
- v. 19.06.2001 § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX
- v. 19.06.2001 § 4 Abs. 2 SGB IX
- v. 19.06.2001 § 9 Abs. 1 SGB IX
- v. 23.04.2004 § 14 Abs. 4 SGB IX
- § 20 SGB X
- § 103 Abs. 1 SGB X
- § 104 Abs. 1 SGB X
- Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG
- § 197a SGG
Fundstelle
- Breith. 2022, 314-326
Amtlicher Leitsatz
Eine zu erwartende deutliche Überschreitung des in § 15 Abs. 3 Satz 1 SGB VI normierten Regelzeitraums von drei Wochen für stationäre Rehabilitationsbehandlungen spricht im Ergebnis für die Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung, wenn der Schwerpunkt der vorgesehenen Behandlung durch eine aktive und fortdauernde Einwirkung von Ärzten und Psychotherapeuten auf die Patientin geprägt wird.
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens aus beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung wegen von der Klägerin aufgewandter Kosten für eine stationäre Leistung zur Kinderrehabilitation in Höhe von 12.056,40 €.
Die am 27. April 2001 geborene Patientin G. war im streitigen Zeitraum Schülerin der 8. Klasse einer Integrierten Gesamtschule und lebte seit Anfang 2005 bei ihrer Großmutter, der am 27. Januar 1939 geborenen H., die ihre Enkelin seit dem 1. März 2005 in Familienpflege gemäß § 33 i.V.m. § 44 Kinder- und Jugendhilfegesetz betreut (vgl. den Ausweis für Pflegeeltern, Bl. 4 VA der Klägerin). Bei den Eltern von I. bestand eine Opiatabhängigkeit; der Vater (geboren 1960) verstarb bereits 2005, die 1969 geborene Mutter der Patientin litt zum damaligen Zeitpunkt an einem nicht mehr kurablen Gebärmutterhalskrebs. G. ist im Rahmen der Familienversicherung über ihr Großmutter bei der Klägerin gesetzlich krankenversichert, ihre Großmutter ist bei der Beklagten rentenversichert.
Die Klägerin bewilligte G. bereits seit 17. Juni 2014 bis 30. Mai 2017 Maßnahmen der ambulanten Rehabilitation (vgl. Bl. 19 f. Verwaltungsvorgänge der Klägerin) in Form von Funktionstraining.
G. und ihre Großmutter beantragten am 16. Februar 2015 (Antragseingang) bei der Beklagten eine Kinderrehabilitation als Leistungen zur Teilhabe für nichtversicherte Angehörige. Dem Antrag waren u.a. ein Befundbericht des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. J. vom 12. Februar 2015 (Bl. 14, 10 VA), der Entlassungsbericht der K. Klinik über eine stationäre Gesundheitsmaßnahme vom 6. bis zum 27. August 2008 (10 R-5 VA) sowie der Bericht der Klinik L., Fachzentrum für gestörtes Essverhalten, M., vom 12. Januar 2015 (Bl. 13-11 VA) über ein ambulantes Erstgespräch in der Klinik am 9. Januar 2015 beigefügt. Der behandelnde Allgemeinmediziner Dr. J. teilte als Diagnosen mit: Somatoforme autonome Funktionsstörung des oberen Verdauungssystems; gesichert Essattacken bei anderen psychischen Störungen und gesichert Adipositas durch übermäßige Kalorienzufuhr mit Body-Maß-Index von 35 bis unter 40 sowie als sonstige Vorerkrankungen: Postnatales Drogenentzugssyndrom (Opiate); atopische Dermatitis und Entwicklungsverzögerung. Als Diagnosen waren in dem Klinikbericht vom 12. Januar 2015 aufgeführt: Psychogene Essstörung, Typ Binge Eating Disorder; Adipositas Grad II sowie Verdacht auf Anpassungsstörungen. Nach dem Klinikbrief vom 12. Januar 2015 der Klinik L. war bei der Klägerin eine stationäre fachpsychosomatische Therapie in einem spezialisierten Zentrum indiziert. Sie sahen bei vorliegendem Leidensdruck und Eigenmotivation eine Behandlung in der Klinik L. als notwendig und indiziert an.
Mit Schreiben vom 24. Februar 2015 (Bl. 15 VA der Klägerin) leitete die Beklagte den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe aus der Versicherung von H. auf eine Rehabilitationsleistung für das Kind G. an die Klägerin weiter, nachdem der ärztliche Dienst der Beklagten eine Kinderrehabilitation nicht befürwortete, weil eine Langzeit-Kinderrehabilitation erforderlich sei (Blatt 1 VA Beklagter) und die Beklagte ihre Zuständigkeit daher nicht als gegeben ansah. Die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen der Kinderrehabilitation nach § 31 SGB VI i.V.m. den Kinderrehabilitationsrichtlinien der Rentenversicherung seien nicht erfüllt. Insbesondere müsse eine Rehabilitationsleistung, wie sie die Rentenversicherung im Rahmen ihrer Leistungsmöglichkeiten erbringen könne, zur Behandlung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Kindes geeignet sein. Dies sei hier nicht der Fall. Die möglicherweise in Betracht kommenden Leistungen würden von dem Leistungsrahmen der gesetzlichen Rentenversicherung i.S. der Kinderrehabilitationsrichtlinien nicht umfasst. Die Prüfung habe ergeben, dass zur Behandlung der vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Betracht kommen könnten.
Die Klägerin meldete mit Schreiben vom 19. März 2015 (Bl. 22 VA der Klägerin) bei der Beklagten vorsorglich einen Erstattungsanspruch nach § 14 Abs. 4 SGB IX an. Mit weiterem Schreiben vom 19. März 2015 erteilte die Klägerin gegenüber der Klinik L. die Kostenzusage für die Rehabilitationsmaßnahme in Höhe von täglich 150,08 € für die Dauer von 28 Kalendertagen (27 Abrechnungstage) und teilte dies mit weiteren Schreiben ebenfalls vom 19. März 2015 sowohl G. als auch ihrer Großmutter H. mit. Mit Aufnahmeanzeige vom 4. Mai 2015 informierte die Klinik L. die Klägerin darüber, dass die Klinik nach § 40 Abs. 2 SGB V von den gesetzlichen Krankenkassen belegt werde. Ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V liege vor. Weitere Kostenträger seien die Rentenversicherung, die Privatkrankenkassen und Beihilfestellen. Die Therapie in dieser Facheinrichtung dauere in der Regel sechs bis zehn Wochen. Abweichungen hiervon seien je nach Indikation möglich. Die Klinik L. erteilte am 11. Mai 2015 (Bl. 36 – 31 VA der Klägerin) einen Zwischenbericht und beantragte zugleich die Verlängerung bis zum 25. Juni 2015. Die Patientin benötige aktuell aufgrund der noch bestehenden hohen Störanfälligkeit des Essverhaltens sowie des massiven Übergewichts eine engmaschige einzel- und gruppenernährungstherapeutische Betreuung sowie Begleitung bei den Mahlzeiten, was im ambulanten Setting in dieser Form nicht zu gewährleisten wäre. Um die Patientin in der gegenwärtigen Phase zu unterstützen, für eine behutsame Rückführung in das soziale und familiäre Umfeld sorgen zu können sowie die Schul- und Ausbildungsfähigkeit der Patientin nicht zu gefährden, hielten die Klinikärzte eine Verlängerung der Maßnahme für indiziert. Hierfür erschien eine Therapiedauer von mindestens acht Wochen notwendig. Am 11. Juni 2015 beantragte die Klinik L. eine weitere Verlängerung bis zum 21. Juli 2015 (Bl. 44 – 42 VA der Klägerin). Der Gewichtsverlauf zeige eine Gewichtsabnahme von 113 kg bis auf 108,8 kg (BMI 36,88) am Tag des Diktats. Nach jetzt erfolgter ausreichender Stabilisierung des Essverhaltens sei ein erstes Realitätstraining vom 13. bis 15. Juni 2015 am Wohnort (bei ihrer Großmutter) geplant. Auch wenn im Rahmen der vergangenen Wochen eine deutliche Verbesserung der Essstörungssymptomatik zu verzeichnen sei, so zeige sich dennoch eine starke Störanfälligkeit des Essverhaltens in der Auseinandersetzung mit eigenen inneren Themen, z.B. bei Aufbau von mehr Selbstfürsorge oder der Verbesserung der Abgrenzungsfähigkeit. Die Veränderungen hinsichtlich der Essstörungssymptomatik seien daher noch nicht als stabil genug anzusehen. Auch seien die Klinikärzte der Ansicht, dass die Patientin noch nicht in der Lage sei, diese ohne hohe Rückfallgefährdung im häuslichen Kontext umzusetzen. Aus Sicht der Klinikärzte sei daher eine Verlängerung der Maßnahme bis zum 21. Juli 2015 dringend indiziert. Daneben wurde in diesem Zwischenbericht auch eine Verlegung der Patientin am 21. Mai 2015 in das Krankenhaus M. wegen unklarer abdomineller Beschwerden mitgeteilt, woraufhin die Klägerin vermerkte, dass der Reha-Fall für einen stationären Aufenthalt im Krankenhaus vom 21. bis 22. Mai 2015 zu splitten sei (Bl. 51 VA der Klägerin). Die Klägerin bewilligte die jeweiligen Verlängerungsanträge (vgl. Schreiben vom 19. Mai 2015, Bl. 41 VA und vom 19. Juni 2015, Bl. 49 VA Klägerin). Am 21. Juli 2015 wurde die Patientin wieder in die hausärztliche Weiterbetreuung entlassen (vgl. Entlassungsbrief vom 30. Juli 2015 Blatt 57-54 VA der Klägerin).
Mit Schreiben vom 7. Dezember 2015 bezifferte die Klägerin gegenüber der Beklagten den Erstattungsanspruch auf 12.056,40 € (Kosten für ein Kinder-Heilverfahren vom 30. April 2015 bis 21. Juli 2015 in Höhe von 12.006,40 € = 150,08 € pro Tag x 180 Abrechnungstage sowie Fahrtkosten in Höhe von 50,00 €, Blatt 63 VA der Klägerin) und verwies darauf, dass laut Stellungnahme des MDK die Voraussetzungen nach § 10 SGB VI erfüllt seien. Die im Antrag angegebenen Diagnosen seien § 2 Abs. 1 Nr. 10 der Kinderrehabilitationsrichtlinien zuzuordnen als psychosomatische und Verhaltensstörungen. Die Beklagte lehnte eine Erstattung mit Schreiben vom 9. Dezember 2015 ab, weil Kinderheilbehandlungen für vier Wochen erbracht werden sollen. Die im Fall des Kindes erforderliche Behandlungsdauer sei auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit einer Verlängerung nach § 5 Abs. 3 nicht mit den Richtlinien vereinbar. Die Klägerin hielt mit Schreiben vom 16. Juni 2016 an ihrem Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten fest. Zunächst habe sie nur eine Bewilligung für 28 Tage ausgesprochen. Hierbei handelt es sich um gesetzliche Vorgaben. Die Verlängerung sei von der Klinik beantragt und nach Prüfung der medizinischen Voraussetzungen befürwortet worden. Die Wertung der Beklagten, die Dauer würde auch unter Berücksichtigung der Möglichkeiten einer Verlängerung nicht den Kinder-Richtlinien unterfallen, gehe folglich ins Leere. Auch die zweifache Verlängerung stehe dem nicht entgegen, sondern belege vielmehr die Ernsthaftigkeit und Schwere der Erkrankung des Kindes. Für diesen Gleichrangigkeitsfall sei die Zuständigkeit der Beklagten bereits daraus entstanden, dass die Beklagte erstangegangene Träger gewesen sei. Sie habe kein Recht zur Weiterleitung gehabt. Sofern die Beklagte auf die Voraussetzungen der Kinder-Richtlinien hinsichtlich einer Auswirkung auf die spätere Erwerbstätigkeit abstellen sollte, was dem Grunde ebenfalls unzulässig sei, weil damit eine Anspruchserhöhung der gesetzlichen Vorgaben aus § 31 SGB VI vollzogen sei, halte die Klägerin entgegen: bei Kindern gehe es um den Erhalt der Schulfähigkeit. Die Klägerin setzte der Beklagten eine Frist zur Mitteilung der Erstattungsbereitschaft bis zum 20. Juli 2016. Mit Schreiben vom 11. Juli 2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass es bei der Entscheidung verbleibe und eine Erstattung nicht möglich sei. Nach Stellungnahme des ärztlichen Dienstes sei bereits bei Antragstellung abzusehen, dass eine Langzeitkinderrehabilitation zur Behandlung notwendig gewesen sei.
Am 31. Oktober 2016 erhob die Klägerin bei dem Sozialgericht Hannover Klage auf Zahlung. Die Beklagte habe bereits in unzulässiger Weise den Antrag auf Kinderrehabilitation mit der Begründung weitergeleitet, dass sie nicht der zuständige Träger sei. Es mag zwar der Vorgabe der Kinder-Richtlinien entsprechen, wenn diese nach § 5 Abs. 3 nur für vier Wochen erbracht würden. Dies stehe jedoch der Intention der Kinder-Rehabilitation entgegen, denn nach § 5 Abs. 3 könne die Reha verlängert werden, wenn sich im Verlauf herausstelle, dass das Reha-Ziel voraussichtlich nur dadurch erreicht werden könne. Die Kinderrichtlinien seien allenfalls verwaltungsinterne Regularien auf Seiten der Rentenversicherung, um die Einheitlichkeit der Leistungserbringung zu erreichen. Sie stellten insoweit keine trägerübergreifenden Regularien dar. Keinesfalls könnten die Kinder-Richtlinien eine Anspruchserhöhung darstellen, was aber durch die Reduzierung auf eine Behandlungsdauer von nur vier Wochen durch die Beklagte vorgenommen sei. Die von der Beklagten angenommene „Langzeittherapie“ dürfe nicht zur Ablehnung führen. Bereits aus der gesetzlichen Vorgabe des § 31 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI sei eine solche zeitliche Beschränkung nicht ableitbar.
Nach Auffassung der Beklagten seien Maßnahmen, bei denen von vornherein feststehe, dass die Behandlungsdauer den Zeitraum von vier Wochen deutlich überschreiten werde (sogenannte Langzeitbehandlungen) nicht von ihrem Zuständigkeitsbereich umfasst. Für diese Behandlungen sei die gesetzliche Krankenversicherung zuständig. Der Antrag sei im vorliegenden Fall zu Recht an die Klägerin weitergeleitet worden, da bereits bei der Antragstellung abzusehen gewesen sei, dass der angestrebte Therapieerfolg nur im Rahmen einer mehrmonatigen stationären Behandlung erreicht werden könne. Dies ergebe sich auch aus der Stellungnahme des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 15. Mai 2015: „Bei essgestörten Patienten sei krankheitsspezifisch eine länger dauernde Reha-Maßnahme über vier Wochen hinaus zu effektiven Störungsbehandlung begründet.“ Rehabilitationsleistungen für Kinder gehörten nicht zu den originären Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung. Es handele sich nach dem Wortlaut des Paragrafen 31 SGB VI ausdrücklich um sonstige Leistungen, die von den Rentenversicherungsträgern erbracht werden könnten.
Mit Urteil vom 27. Februar 2019 wies das Sozialgericht Hannover die Klage ab. Die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch nach § 14 Abs. 4 SGB IX seien nicht erfüllt. Für Leistungen der Kinderrehabilitation sei die Gleichrangigkeit der Leistungspflicht beider Leistungsträger normiert. § 14 Abs. 4 SGB IX setze eine ausschließliche Zuständigkeit des erstattungspflichtigen Rehabilitationsträgers voraus. Darüber hinaus scheitere der Erstattungsanspruch an der fehlenden Zuständigkeit der Beklagten. Der Leistungsempfänger habe vorliegend keinen konkretisierten Leistungsanspruch auf eine Teilhabeleistung, sondern ausschließlich einen Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung. Der Leistungsinhalt werde durch § 31 Abs. 2 SGB VI ausgestaltet. Kraft gesetzlicher Anordnung komme der Kinderheilbehandlungsrichtlinie bezogen auf den Inhalt und die Ausgestaltung des Rechtsanspruchs auf Kinderrehabilitationsleistungen normative Bedeutung jedenfalls im Rechtsverhältnis zwischen den Rehabilitationsträgern, die gleichrangig untereinander zur Erfüllung des Rehabilitationsanspruchs verpflichtet sind, zu. Der Anspruch könne auch nicht auf § 102 SGB X oder § 104 SGB X gestützt werden, da keine vorläufige Leistung der Krankenkasse gewährt worden und die Krankenkasse auch nicht nachrangig leistungsverpflichtet gewesen sei.
Gegen das der Klägerin am 28. März 2019 zugestellte Urteil hat diese am 15. April 2019 Berufung erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 27. Februar 2019 aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung in Höhe von 12.056,40 € zu verpflichten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der Verwaltungsakten der Klägerin und der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Das Begehren der Klägerin, von der Beklagten die Kosten der stationären Kinderrehabilitation erstattet zu verlangen, ist als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) zulässig. Hierbei handelt es sich um einen Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist.
Die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts Hannover ist zu Recht ergangen, da der Klägerin ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte nicht zusteht. Die Klägerin erfüllt schon dem Grunde nach nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch.
1. Als ihrerseits erstangegangene und sachlich zuständige Rehabilitationsträgerin stand der Klägerin schon im Ausgangspunkt kein Erstattungsanspruch nach § 14 Abs. 4 SGB IX aF zu.
a) Die ab dem 1. Januar 2018 geltende, ohnehin weitgehend inhaltsgleiche Vorschrift des § 16 Abs. 1 SGB IX (idF von Art 1 Bundesteilhabegesetz <BTHG> vom 23. Dezember 2016, BGBl I 3234) ist hier noch nicht maßgeblich. Nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts ist eine sozialrechtliche Anspruchsnorm nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die nach ihrem Inkrafttreten verwirklicht werden - es sei denn, das Gesetz erstreckt seinen Geltungsanspruch auch auf solche Umstände, die vor seinem Inkrafttreten entstanden sind. Dementsprechend geht das BSG in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass sich die Entstehung und der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche bzw. Rechtsverhältnisse grundsätzlich noch nach dem Recht beurteilen, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat (vgl. BSG Urteil vom 27. Juni 2019 - B 10 EG 2/18 R - SozR 4-7837 § 2c Nr. 5 RdNr 20 mwN; BSG Urteil vom 27. August 2019 - B 1 KR 14/19 R - SozR 4-2500 § 13a Nr. 1 RdNr 10 mwN). Hier wird die Erstattungsforderung auf einen Sachverhalt gestützt, der im Jahr 2015 und damit noch vor Inkrafttreten des BTHG stattfand. Anhaltspunkte dafür, dass der im BTHG neu gefasste § 16 Abs. 1 SGB IX ab seinem Inkrafttreten am 1. Januar 2018 auch auf Sachverhalte Anwendung finden soll, die bereits zuvor abgeschlossen waren, sind weder dem Gesetz (vgl. Art 26 Abs. 1 Satz 1 iVm Art 1 BTHG) noch den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren zu entnehmen (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zum BTHG, BT-Drucks 18/9522 S 202 - zu II.6 und II.7: grundsätzliches Inkrafttreten zum 1. Januar 2018 bei vorgezogener Wirksamkeit nur einzeln benannter Regelungen <zu denen § 16 SGB IX nicht gehört> auf den Tag nach der Verkündung des Gesetzes bzw. auf den 1. Januar 2017; BSG, Urteil vom 26. Februar 2020 – B 5 R 1/19 R –, SozR 4-2600 § 11 Nr. 1, RdNr 13).
b) Im vorliegenden Fall fehlen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 SGB IX aF für den von Seiten der Klägerin geltend gemachten Erstattungsanspruch. Für das streitbetroffene Kinder-Heilverfahren vom 30. April 2015 bis 21. Juli 2015 war kein „anderer Rehabilitationsträger“ im Sinne dieser Vorschrift und insbesondere nicht der beklagte Träger der Rentenversicherung zuständig, vielmehr war die Klägerin selbst für diese Leistung zuständig.
aa) In medizinischer Hinsicht war die Durchführung der streitbetroffenen Maßnahme durch eine psychogene Essstörung vom Typ Binge Eating Disorder bedingt, welche zu einer ganz gravierenden Adipositas bei der Patientin geführt hatte. Diese wies am 12. Januar 2015 (also seinerzeit im Alter von erst 13 Jahren) bei einer Körpergröße von 172 cm ein Gewicht von 112,8 kg entsprechend einem BMI von 38,13 kg/m auf (vgl. den Bericht der Klinik L. vom 12. Januar 2015 über das damalige Erstgespräch). Diese Essstörung mit der daraus resultierenden schwerwiegenden Adipositas bestand seinerzeit bereits seit Jahren; im Entlassungsbericht vom 30. Juli 2015 wird von einem Einsetzen der Essstörungen im 10. Lebensjahr der Patientin, also etwa im Jahr 2011, berichtet.
Aufgrund dieser schwerwiegenden chronischen Erkrankung hatte auch die Klägerin ihrerseits bereits (ambulante) Rehabilitationsmaßnahmen erbracht. Als ambulante Rehabilitationsmaßnahme hatte sie der Patientin fortlaufend vom 17. Juni 2014 bis zum 30. Mai 2017 Rehabilitationssport in Form eines sog. Funktionstraining bewilligt.
Aufgrund dieser eigenen Erbringung von Rehabilitationsleistungen war die Klägerin von Amts wegen (unter Beachtung der weiteren Vorgaben des SGB IX und der für sie geltenden besonderen Vorschriften) nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX aF verpflichtet, insbesondere auch die notwendigen Sozialleistungen zu erbringen, um unabhängig von der Ursache der Behinderung die Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. In § 4 Abs. 2 SGB IX aF hatte der Gesetzgeber noch eigens hervorhoben, dass diese notwendigen Leistungen „vollständig“ und „umfassend“ zu erbringen sind. Diesen Pflichten hatte die Klägerin von Amts wegen zu erfüllen, und zwar unabhängig von möglichen weiteren Leistungsanträgen der Patientin.
Die angesprochene gesetzliche Verpflichtung zur „vollständigen“ und „umfassenden“ Erbringung aller notwendigen Rehabilitationsmaßnahmen umfasst naturgemäß auch die Pflicht, während der Erbringung von Rehabilitationsleistungen und damit insbesondere bei ihrer längerfristigen Gewährung sich fortlaufend zu vergewissern, inwieweit die eingeleiteten Maßnahmen noch ausreichen oder ob sie unter Berücksichtigung geänderter Umstände wie etwa in Form von Veränderungen im Gesundheitszustand des Rehabilitanden zum Erreichen der vorgesehenen Rehabilitationsziele zu erweitern oder anderweitig zu modifizieren sind. Der Gesetzgeber hat sich gerade von der Zielvorstellung leiten lassen, dass die „insgesamt erforderlichen Leistungen“ aus der Sicht der leistungsberechtigten Bürgerinnen und Bürger wie „aus einer Hand“ erscheinen sollen (BT-Drs. 14/5074, S. 101; vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 11. September 2018 – B 1 KR 6/18 R –, BSGE 126, 269).
Die Vorgaben des SGB IX verfolgen das Ziel, im Verhältnis zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Reha-Trägern die Zuständigkeit schnell und insbesondere zugleich auch „dauerhaft“ zu klären (BSG, U.v. 11. September 2018 – B 1 KR 6/18 R –, BSGE 126, 269, Rn. 20). Hieran anknüpfend ändert sich die Außenzuständigkeit des erstangegangenen Trägers selbst dann nicht, wenn dieser das Verwaltungsverfahren durch Erlass eines Verwaltungsakts abschließt (BSG, Urteil vom 11. September 2018 – B 1 KR 6/18 R –, BSGE 126, 269, Rn. 19). Bei dieser Ausgangslage sind erst recht in Bezug auf den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt keine Umstände ersichtlich, welche die Außenzuständigkeit der Klägerin zur Erbringung aller notwendigen durch das fortbestehende Krankheitsbild bedingten Maßnahmen insbesondere zur medizinischen Rehabilitation hätten beenden können. Insbesondere war die 2014 begründete Zuständigkeit der Klägerin nicht infolge einer nachfolgenden Genesung der Patientin oder eines nachfolgenden anderweitig bedingten Wegfalls eines Bedarfs an Rehabilitationsleistungen entfallen. Vielmehr bestand das Krankheitsbild und der dadurch bedingte Bedarf an Rehabilitationsleistungen dem Grunde nach fort, wie auch die kontinuierliche Erbringung von Rehabilitationsleistungen in Form von Funktionstraining im Zeitraum Juni 2014 bis Mai 2017 verdeutlicht.
Im Ergebnis war eine weitere Verschlechterung der gesundheitlichen Situation und eine dadurch ausgelöste Notwendigkeit zur zusätzlichen Gewährung von stationären Maßnahmen Anfang 2015 zu verzeichnen. Sollte dies der Klägerin als leistungserbringender Rehabilitationsträgerin zunächst unbekannt geblieben sein, dann war dies auf eine nur unzureichende Wahrnehmung ihres gesetzlichen Auftrages zur fortlaufenden Überprüfung der vollständigen Erbringung aller objektiv notwendigen Maßnahmen zurückzuführen. Auswirkungen auf die fortbestehende Zuständigkeit zur Erbringung von Rehabilitationsleistungen sind mit entsprechenden Prüfdefiziten schon im Ausgangspunkt nicht verbunden.
bb) Auch unabhängig von der eigenen Vorbefassung mit dem medizinischen Rehabilitationsbedarf der Patientin scheiterte ein Erstattungsanspruch der Klägerin nach § 14 Abs. 4 SGB IX aF auch daran, dass eine Zuständigkeit eines anderen Rehabilitationsträgers für die streitbetroffene Maßnahme gar nicht in Betracht kam.
Insbesondere bestand für die streitbetroffene Maßnahme entgegen der Auffassung der Klägerin keine Zuständigkeit auf Seiten des beklagten Rentenversicherungsträgers. Einer solchen Zuständigkeit stand die Ausschlussvorschrift des § 13 Abs. 2 SGB VI entgegen. Nach dieser Vorschrift dürfen Träger der Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der Phase akuter Behandlungsbedürftigkeit einer Krankheit nicht erbringen, es sei denn, die Behandlungsbedürftigkeit tritt während der Ausführung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ein (Nr. 1); ferner dürfen sie insbesondere Leistungen zur medizinischen Rehabilitation anstelle einer sonst erforderlichen Krankenhausbehandlung nicht erbringen (Nr. 2).
Im vorliegenden Fall bestand sowohl eine „akute Behandlungsbedürftigkeit“ der Erkrankung der Patientin, überdies wäre ohne das streitbetroffene Kinder-Heilverfahren vom 30. April 2015 bis 21. Juli 2015 eine Krankenhausbehandlung erforderlich gewesen.
Die Patientin litt vor dem Hintergrund einer äußerst problematischen familiären Ausgangslage an einer psychogenen Essstörung vom Typ Binge Eating Disorder und an einer schwer wiegenden Adipositas Grad 3 (vgl. den Bericht der Klinik über das Erstgespräch vom 12. Januar 2015, wonach die seinerzeit erst 13jährige Patientin einen – für ihr Alter schon nahezu dramatischen – BMI von 38,1 aufwies). Die Klinik hat in diesem Bericht eine „stationäre fachpsychosomatische Therapie in einem spezialisierten Zentrum“ aus medizinischer Sicht für notwendig erachtet. Diese Einschätzung hat die Beklagte mit der Bewilligung der streitbetroffenen (bezeichnenderweise in ihrem Verlauf wiederholt verlängerten) Maßnahme bestätigt. Sie leuchtet aus Sicht des Senates in jeder Hinsicht ein. Bei starkem Übergewicht erhöht sich das Risiko für viele körperliche Erkrankungen wie etwa Herz-Kreislauf-Störungen, Diabetes oder Gelenkprobleme. Eine Binge-Eating-Störung kann in besonders schlimmen Fällen zum Tod führen. Das Risiko zu sterben ist nicht so hoch wie bei einer Magersucht, doch im Vergleich zu Gesunden um den Faktor 1,5 erhöht (vgl. https://www.bzga-essstoerungen.de/was-sind-essstoerungen/arten/binge-eating-stoerung/?L=0). Darüber hinaus ist eine entsprechende Adipositas, was für Jugendliche noch in besonderem Maße zu berücksichtigen ist, mit dem Risiko schwerer physischer und psychischer Folgeerkrankungen verbunden. Bezeichnenderweise berichtete die Patientin im Erstgespräch auch von Mobbingerfahrungen. Seinerzeit waren aus ärztlicher Sicht krankheitsbedingt ihre Leistungsfähigkeit und insbesondere auch ihre Fähigkeiten zur freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit, zur Gestaltung ihrer interpersonellen Beziehungen und zur Aufrechterhaltung ihrer körperlichen Gesundheit „deutlich eingeschränkt“ (vgl. den o.g. Bericht vom 12. Januar 2015).
Bei der beschriebenen Ausgangslage wäre ohne das streitbetroffene Kinder-Heilverfahren vom 30. April 2015 bis 21. Juli 2015 eine psychiatrische oder psychosomatische Krankenhausbehandlung erforderlich gewesen.
Mit der Formulierung „anstelle einer sonst erforderlichen Krankenhausbehandlung“ in § 13 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI fordert der Gesetzgeber im Ergebnis eine hypothetische Beurteilung. Ausschlagend ist mithin, ob unter Hinwegdenken der (in Betracht kommenden und in Bezug auf den vorliegenden Erstattungsrechtsstreit auch bereits durchgeführten) Rehabilitationsleistung eine Krankenhausbehandlung erforderlich gewesen wäre. Der Gesetzgeber will verhindern, dass in die alleinige Zuständigkeit der Krankenkassen nach §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 39 SGB V fallende Krankenhausbehandlungen in der Sache – deklariert als Rehabilitationsmaßnahme – auch von Rentenversicherungsträgern erbracht werden.
Dementsprechend kann die gesetzliche geforderte Prüfung der Voraussetzungen der Ausschlussvorschrift des § 13 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI nicht schon im Hinblick darauf unterbleiben, dass die Klinik K., in der tatsächlich die Patientin vom 30. April 2015 bis 21. Juli 2015 betreut worden ist, als Rehabilitationsklinik zugelassen und die Maßnahme als Rehabilitationsleistung abgerechnet hat. Ausschlaggebend für die erforderliche Prüfung der Vorgaben des § 13 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI ist vielmehr, ob es in medizinischer Hinsicht auf der Basis der rechtlichen Vorgaben richtig war, die Patientin in einer Rehabilitationsklinik und nicht in einem psychiatrischen bzw. psychosomatischen Akutkrankenhaus zu behandeln. Bezogen auf den vorliegenden Fall bestand jedoch die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung gemäß §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 39 SGB V. Aufgrund ihrer stand § 13 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI einer Zuständigkeit der Beklagten zur Erbringung einer stationären Rehabilitationsleistung mit gleicher Zielrichtung entgegen.
Die insoweit gesetzlich gebotene Abgrenzung zwischen Krankenhausbehandlungen und stationären Rehabilitationsbehandlung ist namentlich auch in Bezug auf psychische Erkrankungen auch vor dem Hintergrund der wenig bestimmten Vorgaben des Gesetzgebers mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Das BSG (U.v. 15. Februar 1978 – 3 RK 29/77 –, BSGE 46, 41, Rn. 20) weist darauf hin, dass eine klare Abgrenzung „hin und wieder“ (aus Sicht des erkennenden Senates auch noch deutlich häufiger) „nur schwer möglich“ sei. Es lasse sich schon im Ausgangspunkt „keine scharfe Trennungslinie“ für die jeweiligen Zuständigkeiten ziehen. Der Gesetzeswortlaut biete dazu keine hinreichenden Anhaltspunkte. Eine Zuordnungsrichtlinie lasse sich jedenfalls vielfach auch aus einer finalen, am Zweck der Maßnahme orientierten Betrachtung nicht gewinnen: Das Ziel der Krankenversicherung liege vor allem darin, die Krankheit zu heilen und die Krankheitsfolgen zu beseitigen, und das Ziel der Rentenversicherungsleistung bestehe vorrangig in der Wiederherstellung oder Erhaltung der Erwerbs- (bzw. bei Schülern zunächst: Schul-)fähigkeit. Die in Betracht kommenden Maßnahmen könnten jedoch „beiden Zwecken gleicherweise“ dienen (BSG, aaO, Rn. 16; in der damaligen Entscheidung waren Maßnahmen zur Behandlung einer Alkoholerkrankung zu beurteilen).
Der Ansatz des BSG, wonach sich gerade „keine scharfe Trennungslinie“ zwischen Krankenhausbehandlung und stationärer Rehabilitationsbehandlung und damit für die von dieser Abgrenzung abhängigen Zuständigkeiten der in Betracht kommenden Leistungsträger ziehen lässt, verdeutlich im Ergebnis, es sich bei diesen Begriffen im Ergebnis um sog. "Typusbegriffe" (vgl. zum Typusbegriff: BSG, U.v. 17. Januar 1996 – 3 RK 39/94 –, BSGE 77, 209, Rn. 28, in Bezug auf den Begriff des "allgemeinen Gebrauchsgegenstandes des täglichen Lebens") bzw. sog. „Typenbegriffe“ (BSG, U.v. 24. März 2015 – B 8 SO 12/14 R –, SozR 4-3500 § 90 Nr 7, Rn. 17) handelt.
Die erforderlichen Feststellungen erfolgen bei dieser Ausgangslage auf der Grundlage einer Gesamtbewertung des jeweils zu beurteilenden Sachverhalts. Zur Feststellung der Merkmale, die den betreffenden Typus kennzeichnen, ist auf den jeweiligen Normal- oder Durchschnittsfall abzustellen; Merkmale, die sich als bloße Einzelfallerscheinungen darstellen, sind bei der Typusbildung auszuscheiden. Es ist zudem nicht erforderlich, dass stets sämtliche den Typus kennzeichnende Merkmale vorliegen. Diese können vielmehr in unterschiedlichem Maße und verschiedener Intensität gegeben sein; je für sich genommen haben sie nur die Bedeutung von Anzeichen oder Indizien. Maßgeblich ist das durch eine wertende Betrachtung gewonnene Gesamtbild (BVerfG, B.v. 13. April 2017 – 2 BvL 6/13 –, BVerfGE 145, 171, Rn. 65, bezogen auf die in Art. 105 und Art. 106 GG verwandten Typusbegriffe).
Nur beispielsweise ist anzumerken, dass etwa die niedersächsische Kinderklinik N., welche Krankenhausbehandlungen im Sinne von §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 39 SGB V erbringt, darüber informiert, dass in ihrem Haus die stationäre Behandlung von Essstörungen insbesondere darauf ausgerichtet sei, eine „Verbesserung der Selbstkontrolle zur Vermeidung von Essanfällen“ zu erreichen. Dabei diene die „eigentliche psychotherapeutische Arbeit der Veränderung der zu Grunde liegenden Konflikte in der Peergroup, dem Familiensystem oder in anderen wichtigen Bereichen des Lebens der Jugendlichen“. Ziel sei, die „Kontrolle, Autonomie und Gefühlsregulation“ auch unabhängig vom restriktiven oder übermäßigen Essen zu ermöglichen (vgl. https://www.auf-der-bult.de/kinder-und-jugendpsychiatrie-stationen-15-16-17-18-19-und-20/schwerpunkte/essstoerungen).
Im vorliegenden Fall hat die behandelnde Rehabilitationsklinik nach Maßgabe des Entlassungsberichts sich von gleichgerichteten Ansätzen und Zielvorgaben leiten lassen. Überdies umfassen einige der spezialisierten Behandlungszentren für die Behandlung von Essstörungen sowohl ein Akutkrankenhaus als auch eine Rehabilitationsklinik. Auch dies verdeutlicht in Betracht zu ziehende Überschneidungen (vgl. etwa https://www.seepark-klinik.de/unsere-klinik/ueber-unsere-klinik/).
Soweit das BSG in seinem Urteil vom 15. Februar 1978 (aaO, Rn. 19) ein Abgrenzungskriterium darin gesehen hat, dass eine Krankenbehandlung darauf gerichtet sei, die Krankheit zu bekämpfen und entweder ausschließlich oder doch zumindest in erheblichem Maße den „körperlichen Zustand“ des Patienten zu verbessern, vermag dieser Ansatz eher weniger weiterzuführen, soweit Erkrankungen mit einem psychiatrisch-psychosomatischen Schwerpunkt zu beurteilen sind. Auch eine klassische stationäre Krankenhausbehandlung ist in solchen Fällen eher weniger auf eine Besserung des „körperlichen Zustandes“, sondern schwerpunktmäßig auf Besserung des psychischen Gesundheitszustandes ausgerichtet. Die vom BSG (aaO) angesprochene „Hilfestellung zur Entwicklung eigener Abwehrkräfte“ dürfte in vielen Fällen auch eine klassische psychiatrische Krankenhausbehandlung prägen, wohingegen die des Weiteren vom BSG angeführten „technischen Apparaturen“ auch in klassischen psychiatrischen Krankenhäusern bei vielen Krankheitsbilder nicht richtungweisend zum Einsatz kommen (vgl. in diesem Sinne auch BSG, U.v. 10. April 2008 – B 3 KR 19/05 R –, BSGE 100, 164).
Soweit das BSG (aaO) auf eine „aktive und fortdauernde“ (in der Regel – was allerdings auch in Bezug auf klassische psychiatrische Krankenhausbehandlung gerade nicht anzunehmen sein dürfte –„äußerlich“) „behandelnde Einwirkung des Arztes auf den Patienten“ abstellt, ist dieser Ansatz in Bezug auf die Behandlung von Erkrankungen mit psychiatrisch-psychosomatischem Schwerpunkt unter Einbeziehung der gesetzgeberischer Wertungen zu erweitern: Angesichts der der gesetzlichen Gleichstellung der Psychotherapie einschließlich der psychotherapeutischen Psychotherapie mit ärztlichen Behandlungen in § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V sind auch „behandelnde Einwirkungen“ von Psychotherapeuten wie ärztlichen Behandlungen in die Beurteilung einzubeziehen. Eine den stationären Aufenthalt prägende „aktive und fortdauernde“ „behandelnde Einwirkung“ von Ärzten und Psychotherapeuten auf den Patienten spricht damit im Ausgangspunkt für eine inhaltlich eine Krankenhausbehandlung darstellende Behandlung.
Mit diesem Ansatz korrespondiert die Legaldefinition der Rehabilitationseinrichtung in § 107 Abs. 2 Nr. 2 SGB V. Danach werden Rehabilitationseinrichtungen insbesondere dadurch geprägt, dass sie fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Verantwortung und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal darauf eingerichtet sind, den Gesundheitszustand der Patienten nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie, ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische Einwirkungen, zu verbessern und den Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte zu helfen. Maßgeblich ist danach, dass in diesen Rehabilitationseinrichtungen der Gesundheitszustand der Patienten „vorwiegend“ durch die Anwendung von Heilmitteln und ferner auch durch andere geeignete Hilfen gebessert werden soll. Dies verdeutlicht im Umkehrschluss, dass stationäre Maßnahmen, in denen die Besserung des Gesundheitszustandes weniger durch die Anwendung von Heilmitteln, sondern vielmehr schwerpunktmäßig durch behandelnde Einwirkungen von Ärzten und Psychotherapeuten bewirkt werden soll, im Regelfall den Bereich der Rehabilitation verlassen und dem Bereich der Krankenhausbehandlung im Sinne der §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 39 SGB V zuzurechnen sind. Folgerichtig hat der Gesetzgeber in § 107 Abs. 1 Nr. 3 SGB V Einrichtungen, in denen „vorwiegend“ durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung das Ziel verfolgt wird, Krankheiten der Patienten zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten sowie Krankheitsbeschwerden zu lindern, den Krankenhäusern zugewiesen.
In diesem Sinne haben Versicherte mit einem schweren psychiatrischen Leiden nach der Rechtsprechung des BSG Anspruch auf stationäre Krankenhausbehandlung, wenn nur auf diese Weise ein erforderlicher komplexer Behandlungsansatz durch das Zusammenwirken eines multiprofessionellen Teams unter fachärztlicher Leitung erfolgversprechend verwirklicht werden kann. Vor allem bei psychiatrischer Behandlung könne der Einsatz von krankenhausspezifischen Gerätschaften in den Hintergrund treten und allein schon die Notwendigkeit des kombinierten Einsatzes von Ärzten, therapeutischen Hilfskräften und Pflegepersonal sowie die Art der Medikation die Möglichkeit einer ambulanten Behandlung ausschließen und eine stationäre Behandlung erforderlich machen (BSG, U.v. 10. April 2008 – B 3 KR 19/05 R –, BSGE 100, 164, Rn. 31).
Bei der in diesen Zusammenhängen erforderlichen Abgrenzung zwischen einer Krankenhausbehandlung und einer rehabilitativen Behandlung insbesondere von Erkrankungen aus dem psychiatrisch-psychosomatischen Formenkreis geht es schon im Ausgangspunkt nicht erster Linie um die Klärung von Zuständigkeitsfragen oder ggfs. auch von Erstattungsansprüchen. Vielmehr muss das primäre Ziel einer sachgerechten Abgrenzung zwischen Krankenhausbehandlung und stationärer Rehabilitationsmaßnahme darin bestehen, den betroffenen Patienten diejenige Behandlung zukommen zu lassen, welche in medizinischer Hinsicht im Ergebnis den bestmöglichen und andauernden Heilungserfolg verspricht. Die angesprochene Ausrichtung der psychiatrisch-psychosomatischen Krankenhausbehandlung auf die behandelnden Einwirkungen von Ärzten und Psychotherapeuten hat zur Folge, dass die entsprechenden Krankenhäuser auch über eine Personalausstattung im ärztlichen und psychotherapeutischen Bereich verfügen, welche die erforderlichen ärztlichen und psychotherapeutischen Behandlungen mit der gebotenen Intensität (jedenfalls tendenziell) ermöglicht. Demgegenüber sind die personellen Behandlungskapazitäten im Bereich der ärztlichen und psychotherapeutischen Behandlung in den Rehabilitationskliniken jedenfalls im Ausgangspunkt im Regelfall deutlich schlechter (was in wirtschaftlicher Hinsicht mit geringeren Entgeltsätzen korrespondiert). Ihre entsprechende Personalausstattung trägt jedenfalls typischerweise ihrer gesetzlichen vorgegebenen Ausrichtung auf eine Bewirkung von Heilerfolgen „vorwiegend“ durch die Anwendung von Heilmitteln Rechnung.
Dementsprechend bedarf es in den betroffenen Fällen einer sorgfältigen Abklärung durch die Krankenkasse, ob der Behandlungsbedarf in psychiatrisch-psychosomatischer Hinsicht sich noch in einem Bereich bewegt, dass dieser voraussichtlich bereits durch einen Aufenthalt in einer Rehabilitationsklinik auch unter Berücksichtigung der dort nur begrenzt zur Verfügung stehenden personellen Kapazitäten für ärztliche und psychotherapeutische Behandlungen angemessen abgedeckt werden kann. Bedarf es hingegen prognostisch zur Erreichung des gewünschten medizinischen Erfolgs einer intensiveren ärztlichen und psychotherapeutischen Behandlung als diese im Rahmen der insoweit begrenzten Ressourcen einer Rehabilitationsklinik erbracht werden kann, dann ist regelmäßig eine Behandlung in einem psychiatrisch bzw. psychosomatisch ausgerichteten Krankenhaus im Sinne der §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 39 SGB V indiziert. Diese Prüfung dient auch maßgeblich dem Schutz der Interessen der betroffenen Patienten namentlich im Hinblick auf deren Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG.
Auch eine verständige Ausübung des Wahlrechts nach § 9 Abs. 1 SGB IX aF durch den betroffenen Patienten kommt regelmäßig nur auf der Basis einer vorausgegangenen medizinischen Abklärung der für eine Krankenhausbehandlung oder aber für eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme sprechenden Gesichtspunkte in Betracht. Mangels eigener Fachkunde kann der Patient entsprechende Fragen regelmäßig nicht eigenständig beurteilen.
Ohnehin sind Anträge von Versicherten oder deren Vertreter (und damit auch Rehabilitationsanträge) nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung auszulegen (BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 3/09 R - SozR 4-4200 § 28 Nr 3 RdNr 14; Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 R 8/14 R –, BSGE 117, 192 mwN). Sofern eine ausdrückliche Beschränkung auf eine bestimmte Leistung nicht vorliegt, ist davon auszugehen, dass der Antragsteller die nach der Lage des Falls ernsthaft in Betracht kommenden Leistungen begehrt, unabhängig davon, welchen Ausdruck er gewählt hat (BSG, U.v. 30. Oktober 2014 - B 5 R 8/14 R - Rn. 32). Der (seinerzeit 76jährigen) Großmutter der Patientin, die im Februar 2015 in derem Namen den maßgeblichen Antrag gestellt hat, werden Unterscheidungen zwischen stationären Akut- und Rehabilitationsbehandlungen ohnehin unbekannt gewesen sein. Sie wollte mit dem Antrag erreichen, dass ihrem schwer kranken Enkelkind schnell und effektiv geholfen wurde. Dies war ihr maßgebliches Anliegen.
Bei der gebotenen Abgrenzung zwischen einer Krankenhausbehandlung und einer stationären Rehabilitationsbehandlung ist im Rahmen der wertenden Gesamtbeurteilung auch den gesetzlichen Vorgaben in § 15 Abs. 3 Satz 1 SGB VI Rechnung zu tragen, wonach stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation für längstens drei Wochen erbracht werden sollen. Sie können (Satz 2) allerdings auch für einen längeren Zeitraum erbracht werden, wenn dies erforderlich ist, um das Rehabilitationsziel zu erreichen. Auch diesem zeitlichen Faktor kommt für die vorzunehmende Abgrenzung eine Indizwirkung zu.
Eine zu erwartende deutliche Überschreitung des in § 15 Abs. 3 Satz 1 SGB VI normierten Regelzeitraums von drei Wochen für stationäre Rehabilitationsbehandlungen spricht im Ergebnis für die Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung jedenfalls in Bezug auf Fallgestaltungen, in denen zugleich der vorgesehene Behandlungsschwerpunkt durch eine aktive und fortdauernde behandelnde Einwirkung von Ärzten und Psychotherapeuten auf die Patientin geprägt wird.
Diesen Ansatz erfasst auch die vorliegend zu beurteilende stationäre Behandlung der Patientin vom 30. April 2015 bis 21. Juli 2015. Angesichts der Schwere und Chronizität des Krankheitsbildes war es von vornherein zu erwarten, dass die Behandlungsdauer deutlich mehr als drei bis vier Wochen umfassen würde. Tatsächlich hat die Behandlung mehr als elf Wochen umfasst. Diese Dauer war nicht durch erst nachträglich zu verzeichnende Veränderungen bedingt, sondern trug der Schwere der medizinischen Ausgangslage Rechnung. Gegenteiliges ist nicht ersichtlich und wird insbesondere auch von Seiten der fachkundigen Klägerin nicht aufgezeigt.
Des Weiteren war von vornherein absehbar, dass die Maßnahme und der mit ihr angestrebte Heilerfolg maßgeblich durch vorgesehene behandelnde Einwirkungen von Ärzten und Psychotherapeuten geprägt sein würden. Dies hatte bereits die Klinik L. in dem Bericht über das Erstgespräch vom 12. Januar 2015 mit der Formulierung zum Ausdruck gebracht, dass eine stationäre „psychosomatische Therapie“ in einem „spezialisierten Zentrum“ indiziert sei. Bezeichnenderweise wird im Abschlussbericht vom 30. Juli 2015 die während des elfwöchigen stationären Aufenthaltes erforderliche intensive psychotherapeutische Behandlung beschrieben, welche nur auf der Grundlage des dort beschriebenen „vertrauensvollen Arbeitsbündnisses“ zur Einzeltherapeutin den erhofften Erfolg bewirken konnte.
Gegenteiliges vermag auch die Klägerin nicht aufzuzeigen. Diese hat ohnehin im Zuge der Bewilligung der streitbetroffenen Maßnahme ungeachtet der gesetzlichen Verpflichtungen zur umfassenden Gewährung aller zustehenden Sozialleistungen (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB I) und zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts (§ 20 SGB X) nicht näher geprüft, ob aus medizinischer Sicht eine Krankenhausbehandlung indiziert war.
c) Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist nur ergänzend darauf hinzuweisen, dass der Klägerin auch dann nicht der geltend gemachte Erstattungsanspruch zustehen würde, wenn im Ergebnis die Erbringung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme indiziert gewesen wäre.
Auch unter einer solchen (bezogen auf den vorliegenden Sachverhalt gerade nicht zu bestätigenden) Annahme hätten die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 SGB IX aF nicht vorgelegen. Diese Norm sind Erstattungsansprüche nur zugunsten eines sachlich unzuständigen Rehabilitationsträgers vor, wohingegen die Klägerin auch unter der erläuterten Annahme zur Erbringung der medizinischen Rehabilitationsleistung (dann neben der Beklagten) zuständig gewesen wäre.
Nach § 40 Abs. 4 SGB V aF werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation von Seiten der Krankenkassen zwar nur erbracht, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften mit Ausnahme des § 31 des Sechsten Buches solche Leistungen nicht erbracht werden können; im vorliegenden Fall kam eine Zuständigkeit der Rentenversicherungsträger aber gerade nur nach Maßgabe des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI aF in Betracht (wonach die Träger der Rentenversicherung als sonstige Leistungen stationäre Heilbehandlung für Kinder von Versicherten, Beziehern einer Rente wegen Alters, wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder für Bezieher einer Waisenrente erbringen, wenn hierdurch voraussichtlich eine erhebliche Gefährdung der Gesundheit beseitigt oder eine beeinträchtigte Gesundheit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann).
Nach der ausdrücklichen Bestimmung in § 40 Abs. 4 („mit Ausnahme des § 31 des Sechsten Buches“) besteht gerade kein Nachrang der ambulanten und stationären Reha-Leistungen der Krankenkasse nach Abs. 1 und 2 gegenüber den „Sonstigen Leistungen“, die der RV-Träger nach § 31 SGB VI aF erbringen kann. In diesen Fällen wird vielmehr – sofern überhaupt die Erbringung einer entsprechenden Rehabilitationsmaßnahme indiziert ist – eine gleichrangige Zuständigkeit der Träger der GKV und der gesetzlichen RV begründet. Für solche Fallgestaltungen einer gleichrangigen Zuständigkeit zweier Sozialleistungsträger sieht § 14 Abs. 4 SGB IX aF keine wechselseitigen Erstattungsansprüche vor.
2. Die Klägerin hat auch keinen Erstattungsanspruch nach § 103 Abs. 1 SGB X. Hat ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht und ist der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen, ist der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger nach dieser Vorschrift erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat.
§ 14 Abs. 4 SGB IX aF schließt eine Anwendung der §§ 102 ff SGB X (abgesehen von § 105 SGB X) nicht umfassend aus, sondern passt deren Ausgleichssystem den speziellen Anforderungen des § 14 SGB IX aF an (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 – B 1 KR 34/06 R –, BSGE 98, 267-277, SozR 4-3250 § 14 Nr 4, Rn. 17).
Erforderlich ist jedoch ein „Wegfall“ des zunächst bestehenden Leistungsanspruchs des Versicherten gegenüber dem um Erstattung nachsuchenden Sozialleistungsträger (vgl. BSG, Urteil vom 9. August 1995 – 13 RJ 43/94 –, SozR 3-2500 § 50 Nr. 3 = BSGE 76, 218). Im vorliegenden Fall ist ein solcher „Wegfall“ eines Anspruchs des Kindes gegenüber der Klägerin in diesem Sinne gerade nicht festzustellen. Vielmehr war und blieb die Klägerin von Anfang an für die Erbringung der streitbetroffenen Maßnahme eigentlich zuständig.
3. Aus den dargelegten Gründen war die Klägerin auch nicht im Sinne des § 104 Abs. 1 SGB X nur „nachrangig“ verpflichtet, so dass sich der geltend gemachte Erstattungsanspruch auch nicht aus dieser Vorschrift ergeben kann. Voraussetzung hierfür wäre eine konkrete Nachrangigkeit der Leistungsverpflichtung im Sinne eines rechtlich geregelten Rangverhältnisses der beiden Leistungsverpflichtungen, d.h. im Sinne eines Vorranges und eines Nachranges (vgl. Kater in Kasseler Kommentar, § 104 SGB X Rn. 13). In Bezug auf den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt machen die bereits erläuterten Vorgaben in § 40 Abs. 4 („mit Ausnahme des § 31 des Sechsten Buches“) deutlich, dass kein Nachrang der ambulanten und stationären Reha-Leistungen der Krankenkasse nach Abs. 1 und 2 gegenüber „Sonstigen Leistungen“ anzunehmen ist, welche der RV-Träger nach § 31 SGB VI aF erbringen kann.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a SGG in Verbindung mit § 154 VwGO.
Ein Grund, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegt nicht vor.