Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 18.09.2017, Az.: 8 A 1175/15

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
18.09.2017
Aktenzeichen
8 A 1175/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 53660
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger zum Studium der Humanmedizin im 1. Fachsemester nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2013/2014 zuzulassen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt seine Zulassung zum Studium der Humanmedizin an der Medizinischen Hochschule C-Stadt (Beklagte) nach Maßgabe der Rechtsverhältnisse des Wintersemesters 2013/14 außerhalb der mit der Studienplatzzahl im Verordnungswege festgesetzten Ausbildungskapazität.

Die Beklagte hat mit Wirkung zum Beginn des Studienjahres 2005/2006 den Modellstudiengang „HannibaL“ („Hannoveraner Integrierte Berufsorientierte Adaptierte Lehre“) eingerichtet und den zuvor durchgeführten Regelstudiengang geschlossen. Der Modellstudiengang „HannibaL“ sieht abweichend von der herkömmlichen Trennung der universitären Arztausbildung in einen vorklinischen und einen klinischen Ausbildungsabschnitt durchgehend eine Verbindung zwischen den theoretischen Grundlagen und der praktischen Durchführung der Medizin vor. Der Modellstudiengang besteht aus einem integrierten Studienabschnitt von mindestens vier Jahren und zehn Monaten sowie einem Praktischen Jahr. Der integrierte Studienabschnitt gliedert sich in fünf Studienjahre, in welchen die Lehrveranstaltungen in jedem Studienjahr in drei Tertialen von jeweils zehn Wochen im Herbst, Winter und Frühjahr angeboten werden. Inhaltlich ist die Ausbildung zum Arzt bereits in den ersten beiden Studienjahren neben der Vermittlung der theoretischen Grundlagen der Medizin auf die Krankheit und den Patienten ausgerichtet. Über die Einführung und grundlegende Struktur des Modellstudiengangs ist am 26. Mai 2005 eine Zielvereinbarung zwischen dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur und der Beklagten geschlossen worden, in der die Vertragsparteien unter anderem vereinbart haben, dass die Aufnahmekapazität des Modellstudiengangs gemäß § 20 KapVO i.V.m. § 7 Abs. 2 Satz 2 des seinerzeit geltenden Staatsvertrags über die Vergabe von Studienplätzen auf der Grundlage der patientenbezogenen Kapazitätsberechnung festgesetzt wird. Der Modellstudiengang „HannibaL“ wurde zunächst für eine Laufzeit von neun Jahren eingeführt (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 1 der Studienordnung vom 12.06.2013). Mittlerweile hat das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur mit Erlass vom 14. Februar 2014 der Verlängerung des Modellstudiengangs um weitere sechs Jahre, mithin bis zum Jahr 2020 zugestimmt.

In den Jahren 2009 bis 2011 hat die Fa. D. im Auftrag der Beklagten unter der Bezeichnung UPPMK in vier Stufen eine gutachterliche Untersuchung der Patienteneignung und der Patientenbelastbarkeit im Rahmen des Modellstudiengangs HannibaL als Grundlage für die Entwicklung einer auf den Studiengang bezogenen Kapazitätsberechnung durchgeführt. Die letzte Stufe (Stufe IV) ist in Gestalt einer Feldstudie im Verlauf des Jahres 2011 durchgeführt und abgeschlossen worden. Auf der Grundlage der Studie hat die Fa. D. Normsetzungsvorschläge bezüglich einer Kapazitätsberechnungsmethode für den Modellstudiengang HannibaL unterbreitet und diese in ihrem Gutachten vom 25. Oktober 2011 zusammengefasst. Mit der Neuregelung der §§ 7 Abs. 4, 9 Abs. 9 und 17 Abs. 2 KapVO durch die am 13. Juli 2012 in Kraft getretene Änderungsverordnung vom 4. Juli 2012 (Nds. GVBl. S. 220) hat der Niedersächsische Verordnungsgeber diese Normsetzungsvorschläge umgesetzt.

Beginnend mit dem Studienjahr 2005/2006 hat das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur stets eine Zulassungszahl von 270 Studienplätzen für den Studiengang (Human-) Medizin bei der Beklagten festgesetzt. Für das vorliegende Wintersemester 2013/2014 ist dies in Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 der Verordnung über Zulassungszahlen für Studienplätze zum Wintersemester 2013/2014 und zum Sommersemester 2014 - ZZ-VO 2013/2014 - (vom 10.06.2013, Nds. GVBl. S. 136) geschehen. Ausweislich einer von der Beklagten übersandten anonymisierten Immatrikulationsliste waren bei ihr im 1. Fachsemester 2013/2014 insgesamt 275 Studierende immatrikuliert.

Der Kläger beantragte bei der Beklagten mit Schreiben vom 14. Oktober 2013 seine Zulassung zum Studium der Humanmedizin im 1. Fachsemester außerhalb der durch die festgesetzte Zulassungszahl bestimmten Ausbildungskapazität. Unter Hinweis auf diesen Zulassungsantrag stellte der Kläger anschließend beim erkennenden Gericht im Verfahren 8 C 6859/13 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der vorläufigen Zulassung zum Medizinstudium. Die Kammer lehnte diesen Antrag mit (Sammel-) Beschluss vom 2. Dezember 2013 - 8 C 6043/13 u.a. - wegen der fehlenden Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs ab. Die gegen den Beschluss der Kammer eingelegte Beschwerde des Klägers wies das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht im Verfahren 2 NB 47/14 mit (Sammel-) Beschluss vom 17. November 2014 - 2 NB 46/14 u.a. - zurück, wies jedoch bereits auf verschiedene sich aus der Kapazitätsberechnung ergebende Fragen hin.

Nachdem das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht im April 2016 in einem Berufungsverfahren (- 2 LB 270/15 - betreffend das WS 2012/2013) in der mündlichen Verhandlung den für den Modelstudiengang geltenden stationären Parameter von 10,65 % und die ihm zugrunde liegende Formel mit den Beteiligten erörtert hatte (das Verfahren ist im November 2016 wegen eines anderweitigen Studienplatzes des betreffenden Klägers für erledigt erklärt worden), sprach es erstmals für das Wintersemester 2015/2016 weitere Studienplätze außerhalb der (in der ZZ-VO) festgesetzten Kapazität zu, weil überwiegendes dafür spreche, dass die der Ermittlung der Studienplätze zugrunde liegende Vorschrift (§ 17 Abs. 2 NdsKapVO) den Vorgaben aus Art. 12 GG an die Ableitung und Plausibilität von Parametern und Kapazitätsberechnungen nicht genüge, sich die Norm in einem Hauptsacheverfahren daher als nichtig erweisen dürfe; fehle aber eine plausible Vorgabe für die Kapazitätsberechnung, sei die Antragsgegnerin verpflichtet, Studienbewerber bis zur Grenze der Funktionsfähigkeit aufzunehmen. Wo die Grenze der Funktionsfähigkeit liege, brauche der Senat nicht zu entscheiden, weil jedenfalls bei den mit den Beschlüssen zugesprochenen, zu jener Zeit noch im Beschwerdeverfahren befindlichen sechs Studienplätzen die Grenze der Funktionsfähigkeit mit damit insgesamt 284 Studienplätzen nicht erreicht sei (vgl. Beschl. v. 24.10.2016 - 2 NB 35/16 u.a. -, juris).

Diesem Beschluss folgend entsprach das erkennende Gericht den Anträgen verschiedener Antragsteller, im Wintersemester 2016/2017 im 1. Fachsemester außerkapazitär zugelassen zu werden, mit (Sammel-) Beschluss vom 14. Dezember 2016 (8 C 4707/16 u.a.) zum Teil. Es erhob aufgrund der vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht aufgezeigten Bedenken an der Wirksamkeit des Berechnungsparameters für den Modellstudiengang in Anlehnung an die in § 4 Abs. 3 Satz 1 NHGZ genannten 15 % unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Modellstudienganges (höherer patientenbezogener Ausbildungsanteil) einen Zuschlag von 7,5% auf die festgesetzten 270 Studienplätze und kam damit zu einer Kapazität von 290 Plätzen.

Die gegen diesen Beschluss von der Beklagten und auch einigen Antragstellern eingelegten Beschwerden wies das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschlüssen vom 16. und 17. August (u.a. 2 NB 310/16, 2 NB 6/17) zurück und führte hierbei aus, dass der Verweis auf 290 Studienplätze nicht zu beanstanden sei - weder als zu hoch noch als zu niedrig.

Für das vorliegend im Streit befindliche Wintersemester 2013/2014 legte die Beklagte ihrer Berechnung die Modulliste für Veranstaltungen im Studienjahr 2012/2013 zugrunde (vgl. Kap-Ber. Anl. AG2). Nach dieser Modulliste wurden im Modellstudiengang pro Ausbildung eines Studierenden 689 Ausbildungsstunden an (stationären oder ambulanten) Patienten gefordert (756 Ausbildungsstunden abzüglich 67 Stunden an Schauspielern). Von den 689 Stunden entfielen 48 auf den ambulanten Bereich der Beklagten und 410 auf deren stationären Bereich (185 Stunden Unterricht am Krankenbett, UaK, 225 Stunden Blockpraktikum, BP). Daneben wurden 231 externe Ausbildungsstunden angeführt (Lehrkrankenhaus 150, Lehrpraxen 81).

Aus der stationären Kapazität bei der Beklagten wurden (vgl. Kap.-Ber. MED P)

1.233,5588 Belegungstagen x 10,65%

131,3740 Studienplätze ermittelt.

Hinzu kamen für die Ambulanz der Beklagten 50%

 65,6870

also   

197,0610

Über die stationäre externe Ausbildung ermittelte die Beklagte folgende Plätze:

150 : 756 = 19,8412%, also 19,8412% von 197,0610

 39,0994

also insgesamt

236,1604

Diese 236,1604 Plätze hat die Beklagte in ihrem Kapazitätsbericht an das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur als patientenbezogene Kapazität angegeben, aufgestockt auf den Höchstzahlvorschlag 270 Studienplätzen.

Der Kläger hat bereits am 23. Februar 2015 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, die festgesetzte Studienplatzzahl von 270 führe nicht zu einer erschöpfenden Kapazitätsauslastung bei der Beklagten. So müssten in die Kapazitätsberechnung alle externen Lehrveranstaltungen einbezogen werden. Weiter müsste die externe Ausbildung unter § 17 Abs. 2 Nr. 1 NdsKapVO gefasst werden und so bei der prozentualen Erhöhung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 NdsKapVO berücksichtigt werden. Zu Unrecht schlage durch die vorgenommene Berechnung die geringe Patientengeeignetheit bei der Beklagten auf die Patientengeeignetheit bei den Lehrkrankenhäusern durch. Ebenso wirke sich zu Unrecht eine Änderung der stationären Aufnahmekapazität der Beklagten auf die Kapazität der Lehrkrankenhäuser aus. Die Kapazitätsberechnung der Beklagten sei daher insgesamt von der an den Lehrkrankenhäusern abzukoppeln. Schließlich seien in die DRG-Belegungstage nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 NdsKapVO auch die teilstationär untergebrachten Patienten und die sog. Stundenfälle einzubeziehen. Darüber hinaus ist der Kläger unter Verweis auf den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 24.10.2016 der Auffassung, dass es den in § 17 Abs. 2 NdsKapVO enthaltenen Vorgaben an der zu fordernden Plausibilität fehle. Daher müsse die Beklagte Studierende bis zur Grenze ihrer Funktionsfähigkeit aufnehmen, welche derzeit noch nicht erreicht sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, ihn zum Studium der Humanmedizin im 1. Fachsemester nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2013/2014 zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf ihren Vortrag in den Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss des erkennenden Gerichts vom 14.12.2016 und führt diesen in das vorliegende Verfahren ein. Ergänzend trägt sie vor, dass sie die Neuregelung des § 17 Abs. 2 KapVO nicht für rechtswidrig halte. Selbst wenn man die vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht aufgezeigten Schlüssigkeitsmängel für begründet hielte, würden sich diese im Ergebnis immer kapazitätsüberschätzend auswirken. Eine Rechtsverletzung der Studienbewerber sei daher ausgeschlossen. Da dem Verordnungsgeber in der immer noch andauernden Erprobungsphase des Modellstudiengangs ein weiter Regelungsspielraum zustehe, sei auch deshalb keine Verfassungs- oder Rechtswidrigkeit gegeben. Schließlich sei die Gewährung einer weiteren Übergangsfrist sachgerecht, da auch auf Bundesebene ein Arbeitskreis auf der Ebene der Stiftung die Formel der patientenbezogenen Kapazitätsberechnung mit den zugrunde liegenden Parametern überprüfen lasse und dafür gerade einen Gutachtenauftrag erteilt habe. Das Ergebnis sei für das Wintersemester 2018/2019 angekündigt. Schließlich scheide auch bei angenommener Nichtigkeit des § 17 Abs. 2 KapVO ein Sicherheitszuschlag aus. Zum einen würden dadurch die Patienten unverhältnismäßig belastet. Zum anderen kämen alle bisher durchgeführten Berechnungen zu Studienplatzzahlen, die deutlich unterhalb von 270 Studienplätzen lägen, sodass eine Erhöhung ausscheide.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. Diese waren ebenso wie die beigezogene Gerichtsakte 6 A 7007/13 (2 LB 270/15) Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Zulassung zum Studium der Humanmedizin im 1. Fachsemester nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2013/2014.

Da die Vorgaben zur Berechnung der Studienplatzkapazität bei der Beklagten in § 17 Abs. 2 NdsKapVO nichtig sind und wegen der Ausbildungsunterschiede als Ersatz nicht ohne weiteres auf die in § 17 Abs. 1 NdsKapVO enthaltenen Vorgaben für die herkömmliche Kapazitätsberechnung zurückgegriffen werden kann und es auch an weiteren Berechnungsvorgaben in der NdsKapVO für den Modellstudiengang fehlt, ist die Beklagte verpflichtet, Studienbewerber bis zur Grenze ihrer Funktionsfähigkeit aufzunehmen.

Die Kammer geht davon aus, dass über die in der ZZ-VO 2013/2014 festgesetzten 270 Studienplätze und auch über die nach der vorgelegten Immatrikulationsliste tatsächlich immatrikulierten 275 Studierende bei der Beklagten für das Wintersemester 2013/2014 zumindest noch zwei Studienplätze verfügbar sind, ohne bereits die Grenze der Funktionsfähigkeit zu erreichen. Damit hat der Kläger des vorliegenden Verfahrens genauso wie der Kläger des Parallelverfahrens (8 A 1177/15) den Anspruch, entsprechend seines Antrages zum Studium zugelassen zu werden.

Diese Verpflichtung ergibt sich aus den folgenden Ausführungen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 16. August 2017 (2 NB 310/16):

„1. Der Senat geht auch für das Wintersemester 2016/2017 davon aus, das (weiterhin) Überwiegendes für die Nichtigkeit des Parameters in § 17 Abs. 2 NdsKapVO spricht. Insoweit gilt auch für das Wintersemester 2016/2017, dass sich die nach Darlegungen der Antragsgegnerin gegenüber dem Regelstudiengang höheren Ausbildungsstunden im Modellstudiengang in der dem Parameter von 10,65% (vgl. § 17 Abs. 2 NdsKapVO) zugrunde liegenden Formel, die mit 411 Ausbildungsstunden rechnet, nicht wiederfinden. Die daraus vom Senat gezogenen Folgerungen (vgl. Beschl. v. 24.10.2016 - 2 NB 35/16 ua. -, juris, WS 2015/2016):

„Das bedeutet, zumindest mit Verbindlichkeit für das vorliegende Verfahren, dass die über den Parameter von 10,65 % zuzulassenden Studierenden (nach der Kapazitätsberechnung der MHH für das aktuelle Studienjahr 2015/2016: 132,1869 Studierende, Anm.: für das laufende Studienjahr 2016/2017: 129,2653 Studierende) für ihre ordnungsgemäße Ausbildung zwingend auf eine Ergänzung ihrer Ausbildung, sei es in der Ambulanz in der MHH, sei es in externen Einrichtungen angewiesen sind. Dann ist es aber letztlich unplausibel und rationale Ableitung nicht (mehr) zugänglich, aus der Ausbildung in dem ambulanten Bereich bei der MHH und in den externen Einrichtungen noch zusätzliche Studienplätze abzuleiten.“

Dies gilt umso mehr, als nach den Feststellungen der Firma Lohfert die über die 50% - Regelung ermittelten Studienplätze aus dem ambulanten Bereich tatsächlich an vielen Hochschulen - so auch bei der MHH - in dem ambulanten Bereich gar nicht kreiert werden können, weil der ambulante Bereich aus verschiedenen Gründen in der Praxis tatsächlich nur zu ca. 12 % an der Ausbildung der Studierenden mitwirken könne, so dass die für den ambulanten Bereich ermittelten Studienplätze letztlich zu einer Überbelastung des stationären Bereichs führten (Lohfert, Gutachten Okt. 2011, Langfassung S. 3, 6, 11, 24, 90, vgl. auch schon Lohfert, Gutachten 1987 S. 74, 76).

gelten ebenso im vorliegenden Verfahren. Die Firma Lohfert hat in ihrer ergänzenden Stellungnahme (v. 16.1.2017, vgl. Anlage AG 10 zum SchrS. der Antragsgegnerin ebenfalls v. 16.1.2017) vergleichbar sinngemäß dargelegt, dass die aus der stationären Patientenkapazität an der MHH ermittelten Studienplätze keinen vollen Studienplatz darstellen (vgl. dort S. 8).

So heißt es dort unter anderem:

 „In der Endfassung des …… Gutachtens wurde für die Ermittlung der stationären Kapazität ein klinisch-praktischer Ausbildungszeitbedarf von insgesamt 411 Stunden (Fett im Original) für den Modellstudiengang zugrunde gelegt. Dieser basiert auf den normativen Curriculum vom 26.8.2011 und setzt sich aus den Lehrveranstaltungstypen PE II (184 Stunden, Anm. d. Sen.: Unterricht am Krankenbett nur in der MHH) und PE III (227 Stunden, Anm. d. Sen.: Blockpraktikum nur in der MHH).

Diese Teilbetrachtung der stationären Kapazität ist an sich folgerichtig, jedoch in der weiteren Verarbeitung insofern angreifbar, als dass sie im Ergebnis keinen vollen Studienplatz ergeben kann, sondern immer nur ein x-Anteil einer Lehrnachfrage an einem Studienplatz darstellt. Die vom 2. Senat des OVG geäußerten Bedenken hinsichtlich der Endfassung des Gutachtens erfolgten Addition der Teilabfragen ist daher nachvollziehbar.

Zum Verständnis der Vorgehensweise von Seiten der Gutachter ist anzuführen, dass der Auftrag seitens der MHH darauf beschränkt war, die Parameter der klassischen Formel für den Modellstudiengang zu aktualisieren. Diese Aktualisierung der Parameter ist stets unter der Prämisse erfolgt, dass jeweils konsequent für eine vorläufige Betrachtung die kapazitätsgünstigste Option gewählt wurde.

Die Addition der Teilabfragen an die jeweilige Einheit i.S.d. § 17 Abs. 1 bis 3 KapVO führte zu einer Kapazitätsüberschätzung und müsste im Nachhinein durch weitere Analysen zum jeweiligen Anteil der ermittelten „Studienplatzfragmente“ am „Vollstudienplatz“ ergänzt und entsprechend überarbeitet werden. Dies wurde in der Konsequenz zu einer niedrigeren Ausbildungskapazität führen.

Aufgrund des eingeschränkten Auftrags konnten zum Untersuchungszeitpunkt weiterführende Analysen zum klinisch-praktischen Ausbildungszeitbedarf nicht erfolgen. Beispielsweise hätte die Quantifizierung der im Modellstudiengang spezifisch ausgestalteten Blockpraktika in der Kapazitätsformel eingehender untersucht werden müssen.“ (vgl. S. 8).

Darüber wird in der Stellungnahme nochmals mit aller Deutlichkeit die von den theoretischen Vorgaben (50%-Regelung) generell nach unten abweichende tatsächliche Beteiligung des ambulanten Bereichs an der Ausbildung bestätigt; denn es heißt dort u.a.,

„…. schwinden die Möglichkeiten, an den Universitätskliniken poliklinischen Unterricht im Rahmen des patientenbezogenen Unterrichts in den Lehrplan einzubauen. Dies gilt in hohem Maße für den Studiengang HannibaL an der MHH, in dem krankheits- und problembezogene Inhalte mit einem neuen curricularen Konzept gelehrt werden. ..

Im Zusammenhang mit der Primärerhebung der Eignungswahrscheinlichkeit der ambulanten Patienten an der MHH im UPPMK-Modell wurde festgestellt, dass eine systematische und koordinierte Einbindung der ambulanten Patienten in den Modulstudiengang nicht möglich ist. Es gab offensichtlich Probleme, fachübergreifend oder auch nur innerhalb eines Fachgebietes die verschiedenen Organisationsformen des Modellstudiengangs miteinander abzustimmen. Die fehlenden Unterrichtsräume in den Polikliniken verstärken die Probleme bzw. machten eine Nutzung des ambulanten Patientenpotentials für den Unterricht schwierig. … Die Analyse der Deckelung auf 50% der stationären Kapazitäten hätte weiterer intensiver Feldstudien bedurft und wurde von den Gutachtern nicht weiter verfolgt, da schon anfänglich abzusehen war, dass diese zu einer Reduktion der Kapazität geführt hätte.“ (vgl. S. 9/10)

Begründungslücken oder Fehler des Ableitungszusammenhangs legen aber den Schluss nahe, dass das aus Art. 12 Abs. 1 GG iVm. Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsgrundsatz abzuleitende Kapazitätserschöpfungsverbot verletzt wurde (vgl. hierzu BVerfG, Urt. v. 18.7.1972 - 1 BvL 32/70 u.a. -, juris Rnr. 56 ff, Beschl. v. 3.6.1980
- 1 BvR 967/78 u.a. -, juris Rnr. 40, v. 22.10.1991 - 1 BvR 393/85 u.a. -, juris, Rnr. 65 ff, 74, aktuell die Rechtsprechung des BVerfG zusammenfassend: VG B-Stadt, Beschl. v. 30.3.2016 - 30 L 242.15 - juris). Diese Bedenken werden auch nicht durch die Stellungnahme des Nds. Ministeriums für Wissenschaft und Kultur (v. 26.1.2017, Anl. zum SchrS d. Antragsgegnerin v. 13.2.2017) ausgeräumt.

Die Alternativberechnung der Antragsgegnerin (vgl. SchrS v. 16.11.2016 im erstinstanzlichen Verfahren, ebenso Schriftsatz v. 16.1.2017 im Beschwerdeverfahren), die auch von der Firma Lohfert in ihrer ergänzenden Stellungnahme (v. 16.1.2017) übernommen worden ist und die zu 230 Studienplätzen führt, die freiwillig weiterhin auf 270 aufgestockt werden - eine ähnliche Alternativberechnung hatte die Antragsgegnerin auch in dem mittlerweile erledigten Berufungsverfahren 2 LB 270/15 (dort SchrS. v. 22.7.2016) vorgelegt - ist nicht geeignet, die Bedenken des Senats an der fehlenden Plausibilität des Parameters von 10,65% und der Kapazitätsberechnung zu zerstreuen.

Zunächst vermag nach Ablauf von 11 Jahren seit Einrichtung des Modellstudiengangs (2005/2006) eine „bloße“ Alternativberechnung die geforderte normative Festlegung der Kapazitätsberechnung (vgl. VG Hannover, Beschl. v. 6.1.2009 - 8 C 4540/08 ua. -. Sen., Beschl. v. 26.3.2010 - 2 NB 20/09 u.a. -) schon generell nicht zu ersetzen.

Unabhängig davon begegnet die Alternativberechnung Bedenken, weil sie sich ebenfalls an den in dem Lohfert-Gutachten ermittelten einzelnen Parametern (wie Eignungswahrscheinlichkeit, Belastbarkeit, Gruppengröße) orientiert und diese konkret (0,406 für die Patienteneignung) oder mit gewissen, am Gutachten angelehnten Änderungen (Belastbarkeit, Gruppengröße) übernimmt. Errechnet sich aber - wie oben dargelegt - aus der dem stationären Parameter (von 10.65%) zugrundeliegenden Formel kein voller Studienplatz, generiert die Antragsgegnerin gleichwohl aus den externen Ausbildungsstellen weitere Vollstudienplätze ebenso wie aus der MHH-Ambulanz, obgleich deren tatsächliche Ausbildungsmöglichkeit nicht einmal den 50%-Zuschlag rechtfertigt, übernimmt sie zudem noch- nach eigenen Angaben - seit Jahren eine „freiwillige Überlast“ bis zu 270 Studierenden und konnte sie in den vergangenen Jahren die Studierenden gleichwohl ordnungsgemäß ausbilden, ist dies - zumindest nach derzeitigem Erkenntnisstand (vgl. ebenso Sen., Beschl. v. 24.10.2016, aaO.) - ein erhebliches Indiz für die Annahme, dass die der Formel zugrunde gelegten Einzelwerte für Patienteneignung, Belastbarkeit, Gruppengröße in der Ausbildungswirklichkeit höher anzusetzen sein dürften, was gleichzeitig einer unbesehenen vollständigen bzw. modifizierten Übernahme in die Alternativberechnung entgegensteht.

Bedenken ergeben sich weiter aus den Ausführungen der Antragsgegnerin, die „mit (den) Lehrkrankenhäusern geschlossenen Verträge (seien) dazu bestimmt, im Sinne der Kapazitätsverschaffung den fehlenden patientenbezogenen Unterricht zur Kapazität von 270 Vollstudienplätzen zu gewinnen“ (SchrS. v. 16.1.2017 S. 19). Dadurch wird aus Sicht des Senats im Ergebnis deutlich, dass die Zahl von 270 Studienplätzen - obgleich über diese Zahl eine rechtlich verbindliche Vereinbarung nicht getroffen worden ist (vgl. näher Beschl. d. Sen. v. 24.10.2016 - 2 NB 35/16 u.a. -, WS 2015/2016, juris) - faktisch „vorgegeben“ war, ohne auf logisch nachvollziehbaren Berechnungsgrundlagen zu beruhen. Genauso gut hätte sich die Antragsgegnerin auf eine geringere oder höhere Zahl an Studienplätzen festlegen können.

Nach wie vor verkennt der Senat nicht, dass der Ansatz von nur 411 Ausbildungsstunden in der Lohfert-Formel zur Berechnung der stationären Patientenkapazität kapazitätsfreundlich ist; denn bei Ansatz der tatsächlichen patientenbezogenen Ausbildungsstunden (bei Erstellung des Gutachtens der Firma Lohfert: 690 patientenbezogene Ausbildungsstunden, nunmehr 689, jeweils ohne Schauspieler) hätte sich im Zusammenspiel mit den anderen Parametern - ihre realitätsgetreue Annahme nunmehr unterstellt - ein nicht mehr hinnehmbarer deutlich geringerer Parameter (von rund 6,34 % ergeben). Der Senat weist auch erneut darauf hin, dass die in den früheren Formeln eingesetzten Ausbildungsstunden (444 bzw. 476 Stunden pro Student) die Ausbildungswirklichkeit mittlerweile ebenfalls nicht mehr zutreffend wiedergeben. Gleichwohl besteht nach wie vor Erklärungsbedarf, wenn in der maßgeblichen Formel sogar mit einem geringeren als den früher eingesetzten Ausbildungsstunden, nämlich nur mit 411 Ausbildungsstunden gerechnet wird. Zudem wäre zu erwarten gewesen, dass neu ermittelte Parameter Defizite der herkömmlichen Berechnung gerade nicht weiter vertiefen. Allein die nicht auszuschließende Möglichkeit, dass bei der nunmehr in Auftrag gegebenen grundlegenden Ermittlung der Parameter für die Modellstudiengänge im Bundesgebiet (siehe dazu unter 2) theoretisch auch eine Reduzierung der Medizinstudienplätze im Raum stehen könnte, vermag für sich die Aufrechterhaltung einer aller Voraussicht nach unplausiblen Vorgabe für die Kapazitätsberechnung nicht zu rechtfertigen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Einführung eines Modellstudienganges grundsätzlich nicht dazu führen soll, Studienplätze abzuschmelzen (vgl. Wissenschaftsrat „Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Medizinstudiums in Deutschland auf Grundlage einer Bestandsaufnahme der humanmedizinischen Modellstudiengänge“, Dresden, 11.7.2014, Drucks. 4017-14 S. 50).

2. Sind die Vorgaben in § 17 Abs. 2 NdsKapVO in einem Hauptsachverfahren nach derzeitigem Kenntnisstand daher aller Voraussicht nach als nichtig anzusehen, ist die Antragsgegnerin zu verpflichten, Studienbewerber bis zur Grenze ihrer Funktionsfähigkeit aufzunehmen (vgl. Sen, Beschl. v. 24.10.2016 - 2 NB 35/16 u.a. -, juris, WS 2015/2016; OVG Hamburg, Beschl. v. 9.2.2015 - 3 Nc 55/14 -, juris). Bei der Ermittlung dieser Grenze ist allerdings nicht von einem stets starren Zuschlag auszugehen, vielmehr ist das Spannungsfeld aus verfassungs- und einfachrechtlich geschützten Rechten der Studienbewerber, der schon Studierenden, der Hochschulen und Hochschullehrer zu berücksichtigen und in einen Ausgleich zubringen (vgl. Sen., Beschl. v. 28.07.2010 - 2 NB 9/10, WS 2009/2010 mwN.). Letztendlich kann man auch von einer erschöpfenden Nutzung freigebliebener Kapazitäten sprechen (vgl. OVG NW, Beschl. v. 3.7.2015 - 13 B 113/15, v. 15.5.2017- 13 C 7/17 -, jeweils juris). Diese Vorgaben hat das Verwaltungsgericht beachtet und im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung neben den aus der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) herzuleitenden Teilhabeansprüchen der Studienplatzbewerber auf Aufnahme eines Studienplatzes die nicht geringen organisatorischen Belastungen für die Hochschule durch die Aufnahme zusätzlicher Studierender, die Interessen der an der Hochschule bereits Studierenden an einer ordnungsgemäßen Hochschulausbildung, die durch die Aufnahme zu vieler zusätzlicher Studierender nicht unmöglich gemacht werden darf, und schließlich die Interessen der an der Hochschule Lehrenden an einer noch ordnungsgemäßen Lehre und Forschung in die Erwägung einbezogen

Ausgehend hiervon ist der Verweis des Verwaltungsgerichts auf 290 Plätzen nach der in diesem Verfahren nur gebotenen Prüfung nicht zu beanstanden.

Dabei kann dahinstehen, ob man - mangels anderer in sich plausibler Anhaltspunkte - von der in § 4 Abs. 3 Satz 1 NHZG genannten Überlast von 15% ausgeht und diesen Wert nach individueller Abwägung der o.a. Kriterien variiert; hier ihn im Hinblick auf die patientenorientierte Ausbildung deutlich vermindert (auf 7,5%). Dabei sei klarstellend darauf hingewiesen, dass dem Einwand der Antragsgegnerin (vgl. auch die St. v. PD Dr. Fischer v. 16.1.2017), ein Zuschlag in Anlehnung an § 4 Abs. 3 Satz 1 NHZG könne allenfalls auf die nach der Kapazitätsermittlung errechneten 259 Plätze erfolgen, der darauf bereits freiwillig erfolgte Zuschlag um weitere 11 Plätzen (auf insgesamt 270) müsse außen vor bleiben, nicht zu folgen wäre; denn bereits oben wurde dargelegt, dass es mangels Plausibilität der bisherigen rechnerischen Ableitungen keine belastbaren Anhaltspunkte dafür gibt, dass in den festgesetzten 270 Plätzen bereits tatsächlich eine an sich nicht gebotene Überlast enthalten ist. Hinzuweisen ist allerdings auch darauf, dass der in Anlehnung § 4 Abs. 3 Satz 1 NHZG gefundene Wert nicht zu einer Dauerlast für die betreffende Hochschule werden kann, sondern seine Berechtigung jeweils erneut festzustellen ist.

Selbständig tragend rechtfertigen sich die vom Verwaltungsgericht ermittelten 290 Studienplätzen nämlich auch aus folgenden Überlegungen: Nach den in § 17 Abs. 1 NdsKapVO enthaltenen Vorgaben für die herkömmliche Kapazitätsberechnung würden sich in etwa 282 Studienplätze ergeben (Berechnung: 1.213,7589 tagesbelegte Betten einschl. Privatpatienten x 15,5 % zuzüglich 50 % ambulanter Zuschlag). Zumindest von dieser Zahl ist im Rahmen der vorläufigen Betrachtung auszugehen, weil - wie oben dargelegt - über einen Modellstudiengang grundsätzlich nicht Studienplätze (des Regelstudienganges) verringert werden sollen. Darüber hinaus hat der Senat in seinem o.a. Beschluss (v. 24.10.2016 - 2 NB 35/16 u.a. -, juris, WS 2015/2016) bereits eine Erhöhung auf 284 Studierende (weitere Plätze waren damals im Beschwerdeverfahren nicht im Streit) für zulässig erachtet. In die Überlegungen einzustellen ist zudem, dass ab Wintersemester 2008/2009 (VG, Beschl. v. 6.1.2009 - 8 C 3704/08 u.a. -) auf die in der ZZ-VO ausgewiesenen 270 Plätze ein Zuschlag von rd. 40 Plätzen (15%), insgesamt mithin auf rd. 311 Plätze erfolgt war und dieser Zuschlag erst mit der Beschwerdeentscheidung des Senats (v. 26.3.2010 - 2 NB 20/09 u.a. -, juris) wieder entfiel, ohne dass in der Zwischenzeit erkennbar ein gravierender Ausbildungsmangel deutlich geworden war, der nicht über verstärkte Bemühungen der Hochschule aufzufangen war. Das spricht dafür, dass eine deutlich darunter liegende Aufstockung um 20 Plätze, auf insgesamt 290, noch als zumutbar anzusehen ist. Auf die Berechnungsvariante des OVG Nordrhein- Westfalen (Beschl. v. 3.7.2015 - 13 B 113/15, v. 15.5.2017 - 13 C 7/17 -, jeweils juris) kann im vorliegenden Fall nicht zurückgegriffen werden. Das OVG NW hat bezogen auf den dortigen Aachener Modellstudiengang mangels Vorliegens der an sich erforderlichen normativen Regelung (weiterhin) eine (fiktive) Berechnung nach den Vorgaben der Kapazitätsverordnung zum vorklinischen Studienabschnitt zugrunde gelegt. Eine Kapazitätsberechnung nach der Lehre würde aber aufgrund der personellen Ausstattung der Antragsgegnerin zu einer - ersichtlich nicht zu realisierenden - Zulassungszahl von rd. 955 Studierenden führen (vgl. Kap-Unterlagen, Bericht an das Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kultur v. 29.2.2016).

Die von der Antragsgegnerin vorgelegten dienstlichen Erklärungen rechtfertigen keine Verminderung der vom Verwaltungsgericht ausgewiesenen Studienplätze.

Es kann zunächst offen bleiben, ob in ihnen (weiterhin vgl. z.B. schon Sen. Beschl. v. 21.10.2013 - 2 NB 47/13 u.a. -, juris, WS 2012/2013) ein gewisses strukturelles Fehlverständnis von der Aufgabenstellung der Antragsgegnerin zum Ausdruck kommt, nämlich ein Selbstverständnis vornehmlich als Klinik der Supramaximalversorgung, während der gesetzliche Auftrag (§ 3 Abs. 5 NHG) die Dienstleistungen im Rahmen des öffentlichen Gesundheitswesens nur „zusätzlich“ zu den Hauptaufgaben des § 3 Abs. 1 NHG vorsieht, namentlich der Forschung und Lehre. Die Medizinische Hochschule Hannover ist nach diesem gesetzlichen Auftrag keine Klinik, die auch Aufgaben einer Hochschule wahrnimmt, sondern eine Hochschule, die auch (sowohl hochspezialisierte wie normale) Krankenversorgung betreibt.

Soweit teilweise auf erhebliche Überlastungen in den einzelnen Stationen der MHH schon bei nur 270 Studierenden hingewiesen wird (vgl. z.B. St. Prof. Dr. D. v. 15.11.2016), liegt dies zumindest auch mit daran, dass die MHH-Ambulanz mangels zureichender räumlicher und organisatorischer Einbindung (St. v. Lohfert v. 16.1.2017, s.o.) den ihr zugewiesen Ausbildungsanteil (50%-Regelung) tatsächlich seit jeher, also auch schon im Regelstudiengang nicht aufbringen kann/konnte, ohne dass die MHH hieran - soweit erkennbar - in den vergangenen Jahren etwas Gravierendes verändert hat. Inwieweit intern durch den geplanten Um- oder Neubau Abhilfe geschaffen werden kann, bleibt abzuwarten.

Auch trifft die in den Stellungnahmen teilweise geäußerte Befürchtung, es würden nunmehr sofort pro Studienjahr rd. 100 Studierende mehr aufzunehmen sein (20*5 Ausbildungsjahre), zumindest derzeit noch nicht zu. Anhaltspunkte, dass nicht nur im ersten Fachsemester, sondern ab sofort auch in allen höheren Semestern Zugänge um volle weitere 20 Studierende zu verzeichnen sein werden, liegen bislang nicht vor. So gibt es bezogen auf das vorliegende Wintersemester 2016/2017 nach dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts nur für das 3. und 5. Fachsemester Zugänge um jeweils 4 auf damit insgesamt 277 bzw. 274 Plätze. Die mittlerweile für das Sommersemester 2017 vorliegenden Zahlen belegen, einschl. der vom Verwaltungsgericht zugewiesenen weiteren Plätze, für das 2. Fachsemester (Studienbeginn ist jeweils nur im Wintersemester) 290 Studierende und für das 4. Fachsemester 281 Studierende (vgl. VG Hannover, Beschl. v. 29.5.2017 - 8 C 2320/17 u.a. -, über die dagegen erhobenen Beschwerden 2 NB 944/17 u.a. ist noch nicht entschieden). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die patientenbezogene Ausbildung in den ersten 4 Semestern keinen außergewöhnlich großen Umfang hat. Nach der überreichten Modulliste 2015/2016 (Kap.-Ber. Anl. AG 2) sind - neben der nicht in die Betrachtung einzuziehende Ausbildung an „Schauspielern“ - im 1. Studienjahr 24 und im 2. Studienjahr 16 Stunden am Patienten vorgesehen, erst im 3. Studienjahr (vergleichbar früher der „Klinik“) steigern sich die patientenbezogenen Ausbildungsinhalte. Die rechtlich zum Wintersemester 2015/2016, faktisch - die entsprechenden Beschlüsse des Senats ergingen am 24. und 25. Oktober 2016 (- 2 NB 35/16 u.a. -, juris, - 2 NB 10/16-) - am aber wohl erst zum Wintersemester 2016/2017 durchschlagende Erhöhung der bereits von der Antragsgegnerin Immatrikulierten um weitere sechs auf 284 Studierende und die mit diesem Beschluss zum Wintersemester 2016/2017 bestätigte Erhöhung auf 290 wird also verstärkt erst zum Wintersemester 2018/2019 spürbar werden.
Soweit die Antragsgegnerin (Schriftsatz v. 16.1.2017: Anl. AG 11: St. Prof. Dr. med. E. v. 16.1.2017) darauf hinweist, dass die vom Verwaltungsgericht für das Wintersemester 2016/2017 zugelassenen (18) Studierenden das erste Tertial des 1. Fachsemesters faktisch erst im Wintersemester 2017/2018 nachholen könnten, mag dies zutreffen, rechtfertigt aber aller Voraussicht nach keine andere Entscheidung, weil - wie oben dargelegt - im ersten Fachsemester in allen drei Tertialen zusammen insgesamt „nur“ 24 Ausbildungsstunden am Patienten vorgesehen sind.

Bezogen auf die oben genannte Zeitachse, wonach die Belastungen verstärkt erst zum Wintersemester 2018/2019 spürbar werden dürfte, ist allerdings zum einen zu bedenken, dass das Bundesverfassungsgericht am 4. Oktober 2017 über die Vorlagebeschlüsse des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen (1 BvL 3/14, 1 BvL 4/14) verhandeln und sich vermutlich zum Grundrecht auf freie Wahl des Berufs und der Ausbildungsstätte und möglicherweise auch allgemein zur Kapazitätsberechnung äußern wird. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass der Stiftungsrat der Stiftung für Hochzulassung vor dem Hintergrund verschiedener gerichtlicher Entscheidungen und des Umstandes, dass der Regelparameter von 15,5 % zuletzt vor rund 30 Jahren begutachtet worden war, am 11. November 2015 die Einsetzung einer Arbeitsgruppe „Modellstudiengang Medizin“ beschlossen und diese Arbeitsgruppe ihre Arbeit am 12. Mai 2016 aufgenommen hat. Die Arbeitsgruppe soll die limitierenden Parameter zur Ermittlung der Kapazität des patientenbezogenen Ausbildungsteils für die Modellstudiengänge der Medizin überprüfen. Untersucht werden sollen die Parameter Patienteneignung, Patientenverfügbarkeit und Patientenbereitschaft, aus denen sich der Wert 15,5 % der tagesbelegten Betten und der Wert 1 zu 1000 bei den poliklinischen Neuzugängen nach den Vorgaben für die Regelstudiengänge zusammensetzt. Darüber hinaus soll geklärt werden, ob, falls ja mit welchen Besonderheiten teilstationäre Patienten in die patientenbezogene Kapazität einfließen können; diese sind bei der Antragsgegnerin aufgrund der ausdrücklichen Regelung in § 17 Abs. 2 NdsKapVO bislang (gar) nicht in der Kapazitätsberechnung enthalten. Weiterhin soll festgestellt werden, wie sich das limitierende Element der patientenbezogene Aufnahmekapazität insbesondere bei den Modellstudiengängen niederschlägt. Im Mai 2017 ist ein Gutachtenauftrag an das Bamberger Institut BACES (Bamberger Centrum für empirische Studien) vergeben worden ist. Dies führt derzeit Erhebungen u.a. zur Eignungswahrscheinlichkeit/Verfügbarkeit von Patienten für patientenbezogenen Unterricht an den jeweiligen Modell-Hochschulen im Bundesgebiet (RWTH Aachen, Charité B-Stadt, Universität Düsseldorf, UKE Hamburg, Universität Köln, MHH C-Stadt) durch. Dabei sollen nicht nur die stationären und teilstationären Gegebenheiten, sondern auch die Ambulanzen in den Blick genommen werden. Soweit erkennbar, geht die Arbeitsgruppe davon aus, dass die Datenerhebung im Sommer/Herbst 2017 und die Auswertung im Winter 2017/2018 erfolgt. Bis September/Oktober 2018 soll dann eine aktualisierte Berechnungsformel erstellt werden (vgl. SchrS. Antragsgegnerin v. 16.1.2017, dort Anl. AG 11: St. Studiendekan Prof. E. v. 16.1.2017, vgl. auch SchrS. Antragsgegnerin v. 13.2.2017, dort Anl. 21: St. der Stiftung für Hochschulzulassung v. 26.1.2017, Schreiben Hochschulstart.de v. 13.7.2017 mit Leistungsbeschreibung für das Bamberger Institut BACES, dort Seite 6 und Niederschrift über die 6. Sitzung der Arbeitsgruppe „Ermittlung der patientenbezogenen Kapazität in den Modellstudiengängen der Humanmedizin“ (AG „Modellstudiengang Medizin“) am 31.10.2016, dort Anl. „Konzept 5“ S. 2; vgl. auch OVG NW, Beschl. v. 15.5.2017 - 13 C 7/17 -, juris).). Es ist daher davon auszugehen, dass in einem überschaubaren Zeitraum basierend auf einer umfassenden Untersuchung ein verbindlicher Parameter für alle Modellstudiengänge im Bundesgebiet vorliegen dürfte. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Antragsgegnerin eine Zulassungszahl von 290 Studierenden, hier bezogen auf das Wintersemester 2016/2017, unter Abwägung der oben dargelegten wechselseitigen Interessenlagen zumutbar.“

Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer in vollem Umfang auch für das vorliegende Hauptsacheverfahren an. An der Nichtigkeit der Regelung des § 17 Abs. 2 NdsKapVO bestehen keine Zweifel. Die vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht aufgedeckten und aufgezeigten Mängel an der Berechnung der Studienplatzkapazität bei der Beklagten nach § 17 Abs. 2 NdsKapVO wurden vom Gutachter Lohfert in dessen Stellungnahme vom 16.01.2017 im Ergebnis bestätigt und lediglich durch den eingeschränkten Prüfauftrag gerechtfertigt bzw. erklärt. Er räumt jedoch ein, dass die Addition der nach den einzelnen Nrn. 1 bis 3 des § 17 Abs. 2 NdsKapVO errechneten Studienplatzzahlen unplausibel ist, da es sich hierbei jeweils lediglich um „Studienplatzfragmente“ handelt, die nicht wie „Vollstudienplätze“ behandelt bzw. addiert werden können. Bei korrekter Berechnung würde sich daher eine niedrigere Kapazität ergeben.

Die für das vorliegende Wintersemester 2013/2014 „berechnete“ Kapazität von 236 Studienplätzen ist nach den obigen Ausführungen damit an sich bereits deutlich zu hoch und dürfte, wenn man die aufgezeigten und bestätigten Mängel ernst nehmen würde, weit unter 200 Studienplätzen liegen. Diese Zahl wurde jedoch außerdem „freiwillig“ von der Beklagten um weitere 34 Studienplätze auf insgesamt 270 Studienplätze erhöht. Die Ausbildung von jährlich 270 Studierenden (die tatsächliche Zahl liegt aufgrund von Überbuchungen und Wiederholern sogar nochmals höher) ist der Beklagten jedoch seit Beginn des Modellstudiengangs 2005/2006 möglich, obwohl sie damit weit über der an sich berechenbaren Kapazität liegt. Damit steht aber fest, dass auf der Grundlage des § 17 Abs. 2 NdsKapVO keine sinnvolle Berechnung einer Kapazität erfolgen kann. Dieser Mangel an Plausibilität der Regelung des § 17 Abs. 2 NdsKapVO ist derartig gravierend, dass er - wie das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht mehr hingenommen werden kann, sondern zur Nichtigkeit dieser Regelung führt.

Das erkennende Gericht konnte auch entgegen der Auffassung der Beklagten zur Nichtigkeit des § 17 Abs. 2 NdsKapVO kommen, ohne zuvor den von ihr in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen nachzukommen. Denn diese Beweisanträge waren alle unzulässig. Sie betrafen insgesamt keine konkreten Tatsachen, die unter Beweis gestellt werden sollten, sondern die Schlussfolgerungen und rechtlichen Bewertungen, die aus der Berechnung der Kapazität nach den Formeln und Regelungen des § 17 Abs. 2 NdsKapVO folgen können bzw. müssen. Das Ziehen von Schlussfolgerungen aus „logisch-systematischen“ Gründen (vgl. Beweisantrag I.) und die daraus resultierende rechtliche Bewertung obliegt jedoch dem Gericht und ist dessen ureigenste Aufgabe und damit keinem Sachverständigenbeweis zugänglich. Dasselbe gilt für die Frage, ob durch die Aufrundung der Studienplatzzahl auf 270 die „Kapazität gesichert ausgeschöpft“ ist (vgl. Beweisantrag II.). Hierbei handelt es sich gerade nicht um eine durch Sachverständigengutachten zu beweisende Tatsache, sondern um eine vom Gericht vorzunehmende rechtliche Bewertung. Auch die Frage, ob die von der Beklagten vorgenommene Alternativberechnung belegt, dass mit 270 Studienplätzen die Kapazität der Beklagten „mindestens ausgeschöpft“ ist (vgl. Beweisantrag III.) betrifft keine Tatsache, sondern eine rechtliche Würdigung. Darüber hinaus dürfte diese Frage auch unerheblich sein, da dieser Alternativberechnung keinerlei rechtliche Bedeutung zukommt. Dasselbe gilt für die Frage, ob die von der Beklagten vorgenommene „Kehrprobe aus der klassischen Formel“ belegt, dass die Beklagte ihre Kapazität ausschöpft (vgl. Beweisantrag IV.). Wiederum wird keine Tatsache unter Beweis gestellt, sondern eine rechtliche Bewertung. Zudem ist auch diese „Kehrprobe“ ohne rechtliche Relevanz. Schließlich stellt auch die Frage, ob es durch die Aufnahme von mehr als 270 Studierenden zu einer „dem Patientenwohl unzuträglichen Belastung der Patienten“ kommt (vgl. Beweisantrag V.) keine beweisfähige Tatsache dar. In Anbetracht des Umstandes, dass die Beklagte für das hier streitige Wintersemester 2013/2014 bereits freiwillig 275 Studierende immatrikuliert hat, bestehen auch Zweifel daran, ob diese Beweisfrage hinreichend substantiiert ist oder vielmehr „ins Blaue hinein“ gestellt wurde. Insgesamt wurden die Beweisanträge daher als unzulässig abgelehnt.

Mit der damit feststehenden Nichtigkeit der Vorgaben zur Berechnung der Studienplatzkapazität bei der Beklagten in § 17 Abs. 2 NdsKapVO und mangels weiterer alternativer Berechnungsvorgaben, ist die Beklagte verpflichtet, Studienbewerber bis zur Grenze ihrer Funktionsfähigkeit aufzunehmen.

Dass die Grenze der Funktionsfähigkeit der Beklagten durch die Zulassung des Klägers im vorliegenden Verfahren sowie des Klägers des Parallelverfahrens nicht erreicht wird, ergibt sich nach den oben wiedergegebenen Ausführungen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts bereits daraus, dass diese zwei zusätzlichen Zulassungen lediglich zu einer Gesamtzahl von 277 Studierenden im 1. Fachsemester 2013/2014 führen (diese Anzahl hat die Beklagte im Wintersemester 2014/2015 bereits freiwillig zugelassen), während das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht bereits eine Erhöhung auf 284 für zulässig erachtet hatte. Wenn sich diese Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts auch auf das Wintersemester 2015/2016 bezog, so sind vorliegend jedoch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass für das Wintersemester 2013/2014 etwas anderes geltend müsste.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Die Berufung war gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3, § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen. Die Frage, ob die Regelung des § 17 Abs. 2 NdsKapVO nichtig ist, hat grundsätzliche Bedeutung und ist bislang in einem Hauptsacheverfahren nicht obergerichtlich geklärt.