Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 23.01.2004, Az.: 5 A 43/02

Rechtmäßigkeit von Bescheiden über die Pflicht zur Zahlung von Kammerbeiträgen; Rechtmäßigkeit einer Mitgliedschaft von Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten und Steuerberatungsgesellschaften in der Steuerberaterkammer; Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz durch mehrfache Mitgliedschaft in der Steuerberatungskammer

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
23.01.2004
Aktenzeichen
5 A 43/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 32071
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGLUENE:2004:0123.5A43.02.0A

Fundstellen

  • DStR 2004, 15
  • DStRE 2004, 607 (Volltext mit amtl. LS)
  • NWB 2004, 2066 (Kurzinformation)
  • StuB 2004, 1040

Verfahrensgegenstand

Kammerbeitrag 2002

Das Verwaltungsgericht Lüneburg - 5. Kammer - hat
durch
den Richter am Verwaltungsgericht Schütte als Einzelrichter
ohne mündliche Verhandlung am 23. Januar 2004
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH mit Sitz in C Gesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft sind die Steuerberater und Diplom-Finanzwirte D. und E.. Die Beklagte veranlagt sowohl die Klägerin als auch ihre Geschäftsführer zu Kammerbeiträgen.

2

Mit Bescheid vom 22. Februar 2002 zog die Beklagte die Klägerin zu einem Kammerbeitrag für das Jahr 2002 in Höhe von 348,- EUR heran. Die Klägerin legte gegen den Bescheid Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 2002 zurückwies.

3

Die Klägerin hat am 8. März 2002 Klage erhoben. Sie macht geltend, dass sie in einem nicht mehr zu vertretenden Maße zu Kammerbeiträgen herangezogen werde. Die Beklagte verlange sowohl von der GmbH als auch von ihren beiden Geschäftsführern Mitgliedsbeiträge. Außerdem werde die GmbH von der Industrie- und Handelskammer zu Kammerbeiträgen veranlagt. Insgesamt bestehe für sie ein Übermaß an Beitragspflichten. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass ihre Geschäftsführer ausschließlich als ihre gesetzlichen Vertreter und nicht selbst steuerberatend tätig seien. Sie werde auch im Vergleich zu Sozietäten in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts und im Verhältnis zu anderen Formen von Rechtsanwaltsgesellschaften benachteiligt.

4

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2002 aufzuheben.

5

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

6

Sie hält den angefochtenen Beitragsbescheid für rechtmäßig.

7

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

8

Über die Klage kann mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

9

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids ist rechtmäßig.

10

Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Kammerbeitrags sind §§ 74 Abs. 1, 79 Abs. 1 StBerG i.V.m. der Beitragsordnung der Beklagten vom 22. Februar 1996 - BO -. Danach sind die Mitglieder der Beklagten verpflichtet, Beiträge an die Beklagte zu entrichten. Wer beitragspflichtiges Mitglied ist, ist in § 74 Abs. 1 StBerG i.V.m. § 1 Abs. 2 BO geregelt. Die Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft mit Sitz im Oberfinanzbezirk Hannover gehört danach ebenso wie ihre Geschäftsführer zu den beitragspflichtigen Mitgliedern.

11

Gegen die Mitgliedschaft der Klägerin in der Beklagten bestehen keine grundsätzlichen Bedenken. Sie ergibt sich nicht nur aus der Beitragsordnung, sondern unmittelbar aus § 74 Abs. 1 Satz 1 StBerG, wonach außer den Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten auch die Steuerberatungsgesellschaften, die ihren Sitz im Oberfinanzbezirk haben, Mitglieder der Steuerberaterkammern sind. Wird, wie vorliegend, die Steuerberatungsgesellschaft von Steuerberatern geführt, lässt die Regelung nicht den Schluss zu, dass eine Mitgliedschaft des Steuerberaters einerseits oder der Steuerberatungsgesellschaft andererseits nur alternativ bestehen soll. Ein solcher Schluss verbietet sich auch im Hinblick auf Abs. 2 der Regelung, wonach die Mitgliedschaft in der Steuerberaterkammer erweitert wird auf Mitglieder des Vorstands, Geschäftsführer oder persönlich haftende Gesellschafter von Steuerberatungsgesellschaften, die selbst nicht Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte sind. Die beiderseitige Mitgliedschaft von Steuerberatungsgesellschaft einerseits und der sie führenden Personen bzw. Personen i.S. von Abs. 2 andererseits ist danach ausdrücklich vorgesehen.

12

Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die gleichzeitig bestehende Beitragspflicht sowohl der Gesellschaft als auch ihrer Geschäftsführer zu einer unzulässigen Anhäufung von Beitragspflichten führt. Nach § 4 Abs. 1 BO wird der Beitrag von jedem Mitglied in gleicher Höhe erhoben. Eine Reduzierung auf % des Beitrags findet auf Antrag unter den in Abs. 2 genannten, hier nicht gegebenen Voraussetzungen statt. Bei der Beitragserhebung und -bemessung unterliegt der Satzungsgeber allerdings dem aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Gebot willkürfreier Regelung. Mithin müssen die zur Deckung der Kosten der Beklagten erforderlichen Beiträge möglichst gleichmäßig und gerecht auf die Kammerangehörigen verteilt werden. Ferner ist das aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgende Äquivalenzprinzip zu beachten, wonach die Kammerbeiträge ihrer Höhe nach in keinem Missverhältnis zu dem Wert der Mitgliedschaft im Berufsverband stehen dürfen und auch im Verhältnis zu den Beiträgen anderer angemessen sein müssen. Regelungen, die von allen Pflichtigen grundsätzlich einen gleich hohen Beitrag fordern, sind dadurch nicht ausgeschlossen. Denn zu berücksichtigen ist, dass abgabenrechtliche Regelungen im Interesse einer einfachen Handhabung in gewissem Grade typisieren und pauschalieren müssen (vgl. OVG Münster, Urt. v. 17.11.1989, NwVbl 1990, 202).

13

Die Veranlagung der Klägerin zu dem streitigen Kammerbeitrag ist danach nicht zu beanstanden. Die doppelte bzw. dreifache Mitgliedschaft und Beitragspflicht der Steuerberatungsgesellschaft einerseits und ihrer Geschäftsführer andererseits ist nach den einschlägigen Regelungen des berufsständischen Selbstverwaltungsrechts ausdrücklich vorgesehen und im Hinblick darauf gerechtfertigt, dass dadurch sowohl die Gesellschaft als auch ihre gesetzlichen Vertreter die Leistungen der Beklagten für sich in Anspruch nehmen können und durch die Beklagte berufsständisch vertreten werden. Eine dem Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG widersprechende Ungleichbehandlung kann nicht darin gesehen werden, dass bei der Ausübung anderer freier Berufe wie etwa bei Anwaltssozietäten oder einer Rechtsanwalts - GmbH vergleichbare Beitragspflichten der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter oder gesetzlichen Vertreter nicht bestehen mögen. Das Selbstverwaltungsrecht der Beklagten wird durch abweichende berufsständische Regelungen in anderen Berufen nicht eingeschränkt. Die streitige Beitragsfestsetzung erweist sich auch nicht dadurch als rechtswidrig, dass die Geschäftsführer der Klägerin eigenen Angaben zufolge selbst keine steuerberatenden Tätigkeiten ausüben, sondern nur als gesetzliche Vertreter der Klägerin tätig werden. Ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip liegt darin jedenfalls im Verhältnis zur Klägerin, der die steuerberatenden Tätigkeiten ihres Betriebes zuzurechnen sind, nicht. Ob die Geschäftsführer der Klägerin ihre eigene Heranziehung zu Kammerbeiträgen mit Erfolg angreifen könnten, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

14

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

15

Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO liegen nicht vor.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 348,- EUR festgesetzt.

Schütte