Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 28.01.2004, Az.: 1 A 302/02
Altersteilzeit; Aufhebung von Altersteilzeit; Ermessen bei Widerruf; Widerruf
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 28.01.2004
- Aktenzeichen
- 1 A 302/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 50482
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 80b BG ND
- § 49 Abs 2 VwVfG
Tatbestand:
Der Kläger erstrebt die Aufhebung ihm bewilligter Altersteilzeit.
Auf seinen Antrag vom 30. Januar 2001 war dem Kläger mit bestandkräftigem Bescheid vom 6. Februar 2001 - zugestellt am 9. Februar 2001 - Altersteilzeit für die Zeit vom 1. August 2001 bis 31. Januar 2008 - bis zum anschließenden Ruhestand - bewilligt worden, wobei eine wöchentliche Regelstundenzahl von 12,5 Stunden festgelegt worden war.
Da zu Beginn des Schuljahres 2001/2002 zwei an der Schule des Klägers, der Berufsbildenden Schulen B., eingeplante Lehrkräfte ihren Dienst nicht aufnahmen, auf diese Weise eine schwierige Situation entstanden war, wurde der Kläger - nach seiner ausdrücklichen Zustimmung - mit zusätzlichem Vertretungsunterricht betraut (vgl. Bericht des Schulleiters v. 27.11.02), der später wieder ausgeglichen werden kann.
Mit seinem Schreiben vom 24. Juni 2002 beantragte der Kläger, die ihm bewilligte Altersteilzeit (Teilzeitmodell) zum 1. August 2002 wieder aufzuheben, u.zw. mit der Begründung, die Unterrichtsversorgung an seiner Schule sei, ohne dass Besserung absehbar sei, derart schlecht, dass er fortlaufend genötigt sei, in nicht unerheblichem Umfang Vertretungsunterricht zu erteilen. Dadurch entfalle der Sinn der Altersteilzeit.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. August 2002 ab. Der dagegen gerichtete Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2002 mit der Begründung zurückgewiesen, Krankheit oder schwerwiegende persönliche Gründe bzw. außergewöhnliche Härten, die der Durchführung der Altersteilzeit im Wege stünden, lägen nicht vor, so dass eine Aufhebung der Bewilligung von Altersteilzeit nicht in Betracht komme. Die vom Kläger angestellten Überlegungen zur Unterrichtsversorgung fielen in die Zuständigkeit des Dienstherrn, seien aber kein Grund, die Bewilligung aufzuheben.
Zur Begründung seiner am 11. November 2002 erhobenen Klage unterstreicht der Kläger, die Beklagte habe das ihr zustehende Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt, was sich u.a. daran zeige, dass ja doch die Altersteilzeit ohnehin wieder abgeschafft werden solle. § 80 b NBG schließe es nicht aus, eine Bewilligung von Altersteilzeit auch wieder rückgängig zu machen, so dass es dem pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Schulbehörde überlassen sei, Aufhebungsanträge sachgerecht zu bescheiden. Allerdings treffe es nicht zu, dass Aufhebungsanträge nur aus gesundheitlichen oder familiären Gründen Erfolg haben könnten. Auch sonstige Interessen seien abzuwägen, wozu auch die vom Kläger erstrebte Verbesserung der Unterrichtsversorgung an seine Schule zähle.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 12. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Antrage des Klägers zu entsprechen, die mit Bescheid vom 6. Februar 2001 bewilligte Altersteilzeit aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist unter Bezug auf die ergangenen Bescheide der Auffassung, es bestehe bei Abwägung der widerstreitenden Interessen kein Anlass, die Bewilligung von Altersteilzeit wieder aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage, über die im Einverständnis mit den Prozessbeteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat keinen Erfolg.
Voraussetzung für einen Erfolg der Klage wäre eine Reduzierung des Ermessens der Beklagten auf Null in der Weise, dass allein und ausschließlich die erstrebte Aufhebung der bewilligten Altersteilzeit rechtlich noch denkbar und möglich wäre. Das jedoch ist hier nicht der Fall. Die Beklagte hat das ihr eingeräumte Ermessen (§ 49 Abs. 2 VwVfG) ordnungsgemäß betätigt und ausgeübt, ist jedoch in Ausübung ihres Ermessens zu einem anderen Ergebnis gelangt, als der Kläger sich das vorgestellt hat. Angesichts des Ermessensspielraums, den die Beklagte kraft Gesetzes hat, und angesichts der Einschränkungen, die § 49 Abs. 2 VwVfG enthält, kann die Aufhebung der bestandskräftig bewilligten Altersteilzeit nur in engen Ausnahmefällen in Betracht kommen. Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben.
Nach der Kommentierung des § 80 b NBG durch Kümmel (NBG-Kommentar, Loseblattsammlung / 51. Erg.-Lfg. November 2003, § 80 b Rdn. 25) soll der Widerruf einer bereits gewährten Altersteilzeit nur dann noch in Betracht kommen, wenn „die (weitere) Durchführung der Altersteilzeit unmöglich wird“ - z.B. aus gesundheitlichen oder familiären Gründen. Solche Unmöglichkeit liegt hier nicht vor. Denn die Erbringung von Vertretungsstunden / Überstunden durch den Kläger beschränkte sich auf eine zeitlich befristete Ausnahmesituation, die zu Beginn des Schuljahres 2001/2002 dadurch aufgetreten war, dass zwei bereits eingeplante Lehrkräfte ihren Dienst nicht aufgenommen hatten, weil sie ihn anderweitig angetreten hatten. Ein solcher „Engpass“, der in der Regel nach einiger Zeit überwunden ist, stellt keinen Grund dar, eine bewilligte Altersteilzeit zu widerrufen. Auch eine sich länger hinziehende Unterversorgung ist noch kein Grund, die bis zur Pensionierung gültige Altersteilzeit zu widerrufen.
Der begünstigte Kläger hat - wie er sagt - kein Interesse mehr am Fortbestand des Bewilligungsbescheides, so dass hier nicht die typische Interessenlage des § 49 Abs. 2 VwVfG vorliegt, aber die Beklagte hat - wie sie in den Bescheiden dargelegt hat - ihrerseits ein erhebliches (Planungs-) Interesse daran, dass es bei der Bewilligung nun auch verbleibt. Denn die durch Altersteilzeit eingesparten Mittel von 17 % pro Bewilligung sind, so trägt die Beklagte vor, im Landeshaushalt langfristig für Neueinstellungen schon wieder verplant. Wenn der Kläger insoweit beklagt, solche Neueinstellungen seien an seiner Schule mit hohem Unterrichtsdefizit nicht vorgenommen worden, so trägt das nicht. Denn dass es nicht erforderlich ist, die Lehrkräfte exakt an den Schulen einzustellen, wo anderen Lehrkräften Altersteilzeit bewilligt worden ist, liegt auf der Hand, da es dem Organisationsermessen der Beklagten überlassen bleibt, an welcher Schule Neueinstellungen vorgenommen werden. Bei Abwägung der widerstreitenden Gesichtspunkte ist eine Reduzierung des Ermessens der Beklagten dahingehend, dass nur eine Aufhebung des ja doch rechtmäßigen Bewilligungsbescheides in Betracht kommt, nicht erkennbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Gründe, die Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 S. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.