Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 24.09.2024, Az.: 13 U 20/24

Anwendbarkeit des FernUSG auf einen Vertrag zwischen zwei Unternehmern betreffend einen Online-Kurs zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit; Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten i.S.d. § 1 Abs. 1 FernUSG; Wissensvermittlung mit dem Ziel der Existenzgründung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
24.09.2024
Aktenzeichen
13 U 20/24
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 25366
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2024:0924.13U20.24.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Verden - 29.02.2024 - AZ: 8 O 257/23

Amtlicher Leitsatz

Anwendbarkeit des FernUSG auf einen Vertrag zwischen zwei Unternehmern, der einen Online-Kurs zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit zum Gegenstand hat.

Ein Online-Kurs, der unter anderem aus dem Zugang zu einer Lernplattform mit vorproduzierten Lernvideos besteht und das Ziel hat, Teilnehmer zu befähigen, eine bestimmte Erwerbstätigkeit auszuführen, beinhaltet eine Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten i.S.d. § 1 Abs. 1 FernUSG. Das Fernunterrichtsschutzgesetz findet jedenfalls auf solche Verträge mit einem Unternehmer als Lernendem Anwendung, die eine Wissensvermittlung mit dem Ziel der Existenzgründung zum Gegenstand haben. Es genügt für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 FernUSG erforderliche ausschließliche oder überwiegende räumliche Trennung von Lehrendem und Lernendem, dass sich beide während des Unterrichts an verschiedenen Orten aufhalten. Es ist nicht erforderlich, dass der Unterricht zusätzlich auch zeitlich versetzt erfolgt.

In dem Rechtsstreit
pp.
hat das Oberlandesgericht Celle - 13. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... auf die mündliche Verhandlung vom 24. September 2024 für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Berufung der Beklagten gegen das am 29. Februar 2024 verkündete Urteil des Landgerichts Verden (8 O 257/23) wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

  3. 3.

    Dieses Urteil und das mit der Berufung angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleitung vorläufig vollstreckbar.

    Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

  4. 4.

    Die Revision wird zugelassen.

  5. 5.

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückzahlung geleisteter Vergütung sowie die Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrages über einen Online-Kurs.

Die Parteien schlossen am 23. Mai 2023 einen Vertrag über die Teilnahme des Klägers an dem Online-Kurs "Dropshipping Elite Coaching" zu einem Gesamtpreis in Höhe von 4.700,00 € brutto. Der wesentliche Vertragsinhalt bestand aus dem Zugang zu einer Lernplattform mit vorproduzierten Lernvideos, dem Zugang zu einer Messenger-Gruppe sowie der Möglichkeit der Teilnahme an einer regelmäßig stattfindenden Videokonferenz mit mehreren Teilnehmenden. Der Kläger wollte diesen Kurs nutzen, um eine Nebenerwerbstätigkeit in Form des sog. Dropshippings aufzunehmen.

Die Beklagte verfügte nicht über eine Zulassung für Fernlehrgänge gemäß § 12 FernUSG.

Gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird im Übrigen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte gemäß den in erster Instanz zuletzt gestellten Anträgen zur Rückzahlung bereits gezahlter 948 € nebst Zinsen sowie zur Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Ferner hat es festgestellt, dass der fragliche Vertrag nach § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig sei. Der Rückzahlungsanspruch folge aus § 812 Abs. 1 Satz 1, Alt. 1 BGB. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der vorliegenden Berufung. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei das Fernunterrichtsschutzgesetz nur auf Verträge mit Verbrauchern und daher nicht auf den mit dem Kläger als Existenzgründer geschlossenen Vertrag anwendbar. Auch abgesehen davon sei das Fernunterrichtsschutzgesetz nicht auf Coachingverträge anwendbar, bei denen es sich um eine Beratung in einem dynamischen und ergebnisoffenen Prozess handele. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag sehe zudem keine ausschließliche oder überwiegende räumliche Trennung zwischen den Vertragsparteien im Sinne des FernUSG vor, weil die synchronen Maßnahmen die asynchronen erheblich überwögen. Schließlich sei auch eine Überwachung des Lernerfolges nicht vorgesehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Aufhebung - gemeint ersichtlich: Abänderung - des am 29. Februar 2024 verkündeten Urteils des Landgerichts Verden abzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze Bezug genommen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 20. Juni 2024 (Blatt 220 ff. d.A.) darauf hingewiesen, dass die Berufung unbegründet sein dürfte.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht unter anderem zur Rückzahlung des bereits gezahlten Entgeltes verurteilt und die Nichtigkeit des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages festgestellt.

1. Der Rückzahlungsanspruch folgt aus § 812 Abs. 1 Satz 1, Alt. 1. BGB. Der Kläger hat die Entgelte für den Online-Kurs in Höhe von jedenfalls 948 € ohne Rechtsgrund gezahlt. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag war nach § 7 Abs. 1, § 12 Abs. 1 Satz 1 FernUSG von Anfang an nichtig, weil die Beklagte nicht über die für den Fernlehrgang erforderliche Zulassung verfügte.

a) Das Fernunterrichtsschutzgesetz findet grundsätzlich auf den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag Anwendung, obwohl der Kläger als Existenzgründer gehandelt hat.

aa) Zwar dürfte die Teilnahme an diesem Kurs zur Vorbereitung auf eine selbständige Tätigkeit nach heutigem Verständnis dem Unternehmerhandeln nach § 14 BGB zuzuordnen sein. Es entspricht überwiegender Auffassung, dass Unternehmer- (§ 14 BGB) und nicht Verbraucherhandeln (§ 13 BGB) schon dann vorliegt, wenn das Geschäft, das Gegenstand der Streitigkeit ist, im Zuge der Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit (sogenannte Existenzgründung) geschlossen wird (vgl. nur BGH, Beschluss vom 24. Februar 2005 - III ZB 36/04, juris Rn. 8 ff.). Anders sind dagegen allgemeine Berufsvorbereitungen zu beurteilen, wie allgemeine Existenzgründerseminare, Umschulungskurse oder eine Berufsausbildung, selbst wenn sie auf ein konkretes Berufsbild abzielt, soweit die Entscheidung über die Eröffnung eines Geschäfts oder einer Praxis noch nicht gefallen ist und damit der direkte Bezug zur unternehmerischen Tätigkeit fehlt. Es geht dabei gerade nicht um ein Rechtsgeschäft im Zuge der Existenzgründung, sondern um ein solches, das die Entscheidung, ob es überhaupt zu einer Existenzgründung kommen soll, erst vorbereitet (BGH, Urteil vom 15. November 2007 - III ZR 295/06, juris Rn. 7; Staudinger/Fritzsche (2024) BGB § 13, Rn. 126). Vorliegend dürfte der Kläger diese Entscheidung aber bereits getroffen haben, bevor er trotz seiner finanziellen Probleme den kostspieligen Kurs buchte (vgl. zu diesem Gesichtspunkt auch OLG Hamburg, Urteil vom 20. Februar 2024 - 10 U 44/23, juris Rn. 42 f.). Zudem hat er bereits parallel zu der Kursteilnahme damit begonnen, unter dessen Anleitung einen Online-Shop aufzubauen, und Vertriebsversuche unternommen.

bb) Das Fernunterrichtsschutzgesetz findet aber jedenfalls auch auf derartige Handlungen zur Existenzgründung Anwendung, selbst wenn sie der unternehmerischen Tätigkeit i.S.d. § 14 BGB zuzurechnen sind.

(1) Ein anderer Senat des Oberlandesgerichts Celle hat bereits entschieden, dass das FernUSG keine Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs auf Verbraucher enthält (OLG Celle, Urteil vom 1. März 2023 - 3 U 85/22; die gegen diese Entscheidung beim Bundesgerichtshof erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde zurückgenommen). Begründet wurde dies damit, dass das Gesetz keine ausschließliche Anwendung auf Verbraucher vorsehe und auch eine teleologische Auslegung kein gegenteiliges Ergebnis rechtfertige. Denn die Regelungen des FernUSG könnten in dem Kontext, in dem sie verabschiedet worden seien, auch so verstanden werden, dass sie zum Schutz von Verbrauchern erlassen worden seien, sofern diese einen Fernunterrichtsvertrag abschlössen, ohne aber Unternehmer auszuschließen; diese sollten gleichfalls von den getroffenen Regelungen profitieren. Soweit § 3 Abs. 3 FernUSG eine gesonderte Belehrung für Verbraucher vorsehe, sei dies nur der Umsetzung des Verbraucherschutzes geschuldet. Das FernUSG solle zudem der "Enttäuschung der Bildungswilligkeit" vorbeugen und sei von einer erheblich höheren Schutzbedürftigkeit des Teilnehmers am Fernunterricht im Verhältnis zu demjenigen am Direktunterricht ausgegangen, stellte also nicht auf die Eigenschaft des Teilnehmers als Verbraucher ab (vgl. OLG Celle, Urteil vom 1. März 2023 - 3 U 85/22, juris Rn. 50).

(2) Der Senat schließt sich dieser Bewertung trotz der hiergegen in der Literatur geäußerten Kritik (vgl. Laukemann/Förster WRP 2024, 24, 28 f. unter Verweis auf einen unveröffentlichten Beschluss des Kammergerichts vom 22. Juni 2023 - 10 U 74/23 und das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 15. September 2023 - 2-21 O 323/21, juris Rn. 74; zweifelnd wohl auch OLG Köln, Urteil vom 6. Dezember 2023 - I-2 U 24/23, juris Rn. 45 ff., das aber die Frage offen gelassen hat) an.

Nach der Begründung des Gesetzes (BT-Drs. 7/4245, S. 13, 32) sollte dieses zwar den Teilnehmer am Fernunterricht unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes sichern und sich in die übrigen Bemühungen zum Schutz der Verbraucher einreihen. Auch seine Ausgestaltung - u.a. die Regelung eines Widerrufsrechts nach § 4 FernUSG und das Umgehungsverbot nach § 8 FernUSG - entspricht anderen Verbraucherschutzgesetzen. Es enthält aber keine ausdrückliche Beschränkung seines Anwendungsbereichs auf Verträge mit Verbrauchern. Der Verbraucherbegriff entsprach im Übrigen zu der Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes im Jahr 1976 noch nicht genau dem heutigen Begriff des § 13 BGB; insbesondere die Verbrauchereigenschaft des Existenzgründers und die insoweit maßgeblichen Abgrenzungen hat der Bundesgerichtshof im Wesentlichen erst mit den vorzitierten Entscheidungen aus den Jahren 2005 und 2007 herausgearbeitet.

Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs auf Verträge zwischen einem Unternehmen als Lehrenden und einem Verbraucher als Lernenden wäre insbesondere bei der Teilnahme zum Zweck der Existenzgründung mit dem Sinn und Zweck der Vorschriften des FernUSG nicht vereinbar. Dieses Gesetz soll Teilnehmer am Fernunterricht vor qualitativ unzureichenden Fernunterrichtsangeboten schützen und dem Umstand Rechnung tragen, dass die Qualität eines Fernunterrichtsangebots und dessen Eignung für die persönlichen Bedürfnisse der Teilnehmer in der Regel schwerer einzuschätzen sind als bei einem Angebot von Direktunterricht (vgl. Begründung eines Gesetzes zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht vom 3. November 1975, BT-Drs. 7/4245, S. 12). Es kann dahinstehen, ob sich dieses stärkere Schutzbedürfnis von Interessenten eines Fernunterrichtsangebots gegenüber solchen eines Direktunterrichts dadurch verringert hat, dass Fernunterrichtsangebote durch Bewertungsportale im Internet leichter auf ihre Qualität hin überprüft werden könnten (so Laukemann/Förster WRP 2024, 24, 28). Auch danach bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Schutzbedürftigkeit eines Lernenden wesentlich geringer ausfällt, wenn dieser zu einem Zweck an dem Fernunterricht teilnehmen möchte, der seiner gewerblichen oder selbstständig beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann (vgl. die Stellungnahme des Bundesrats zum Entwurf eines Gesetzes zum Internationalen Privatrecht für außervertragliche Schuldverhältnisse und für Sachen vom 1. Februar 1999, BT-Drs. 14/343, S. 20 f., mit dem § 11 FernUSG aufgehoben wurde). Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass Fernunterrichtsangebote häufig und wie auch im vorliegenden Fall der beruflichen (Weiter-) Qualifikation dienen (vgl. BT-Drs. 14/343, S. 20 f; ferner Bülow NJW 1993, 2837, 2838; Faix MMR 2023, 821, 826).

Die Anwendung des FernUSG auf Lernende, die zu einem Zweck am Fernunterricht teilnehmen, der ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, entsprach zudem der Vorstellung des Gesetzgebers jedenfalls anlässlich einer Gesetzesänderung im Jahre 1999 (Stellungnahmen des Bundesrates und der Bundesregierung, BT-Drs. 14/343, S. 20 f./22).

b) Bei dem in Frage stehenden Online-Kurs handelte es sich um die entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten i.S.d. § 1 Abs. 1 FernUSG.

Zwar wird insbesondere ein Coaching im klassischen Sinne zumindest nicht typischerweise unter diesen Begriff fallen, sofern es beispielsweise aus individuellen strukturierten Gesprächen zwischen einem Coach und dem sog. Coachee besteht und als Ziel etwa die Einschätzung und Entwicklung persönlicher Kompetenzen und Perspektiven, die Anregung zur Selbstreflexion oder die Überwindung von Konflikten verfolgt, wobei der Coach als neutraler, kritischer Gesprächspartner fungiert (vgl. zum Begriff des Coaching etwa https://de.wikipedia.org/wiki/Coaching; abgerufen zuletzt am 25. September 2024; krit. zur Anwendung des FernUSG auf derartige Verträge etwa: Lach, jurisPR-ITR 12/2023 Anm. 4; Laukemann/Förster, WRP 2024, 24, 26 f.; OLG Hamburg, Urteil vom 20. Februar 2024 - 10 U 44/23, juris Rn. 26).

Vorliegend war der Online-Kurs, der Gegenstand des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages war, zwar als "Coaching" bezeichnet. Es handelte sich aber nicht um ein individuelles Coaching in dem vorgenannten Sinn. Vielmehr bestand der wesentliche Vertragsinhalt unstreitig unter anderem aus dem Zugang zu einer Lernplattform mit vorproduzierten Lernvideos. Diese waren auf die Vermittlung von Kenntnissen ausgerichtet. Ziel dieses Kurses war auch nicht allgemein etwa die Persönlichkeitsentwicklung des Klägers, sondern dessen Befähigung, eine Erwerbstätigkeit in der Form des sog. Dropshippings auszuführen. Inhalte des Kurses sollten nach den unbestrittenen Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht unter anderem Kenntnisse sein, "wie so etwas aufgebaut wird, was man braucht, auch rechtliche Tipps und Möglichkeiten zum Vertrieb, Kontakte für den Vertrieb und auch Kontakte zu Influencern" (Bl. 120 LGA). Die Videos enthielten hiernach "Aufnahmen (...) oder Präsentationen, (...) was man machen muss und in welchen Schritten man das macht" (Bl. 121 LGA). Entsprechend hat der erstinstanzlich vernommene Zeuge D., der die Kurse durchführte, ausgeführt, die Kurse bestünden aus verschiedenen Modulen, in denen es etwa darum gehe, wie man einen solchen Onlineshop aufbaue, die passenden Produkte finde und das Marketing mache; diese Module seien als Videos angeboten worden, "nicht als Coaches" (Bl. 124 f. LGA). Diese Angaben hat sich der Kläger jedenfalls stillschweigend zu eigen gemacht, ohne dass die Beklagte sie bestritten hätte.

c) Dieser Online-Kurs sollte zumindest überwiegend räumlich getrennt i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 FernUSG erfolgen.

aa) Nach der Auffassung des Senats genügt es für diese nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 FernUSG erforderliche ausschließliche oder überwiegende räumliche Trennung von Lehrendem und Lernendem entsprechend des Wortlautes dieser Vorschrift bereits, dass sich beide während des Unterrichts an verschiedenen Orten aufhalten.

Zwar wird vertreten, dass die Darbietung des Unterrichts durch den Lehrenden und dessen Abruf durch den Lernenden zusätzlich zeitlich versetzt erfolgen und dadurch die Aufnahme der vermittelten Kenntnisse und Fähigkeit mit zusätzlichen Anstrengungen verbunden sein müsse, weil der Lernende nicht unmittelbar in Kontakt mit dem Lehrenden treten könne, um etwa Nachfragen stellen zu können. Diese zusätzliche Voraussetzung soll bei einer Videokonferenz nicht erfüllt sein, bei der Lehrender und Lernender in unmittelbaren Kontakt treten können (vgl. zum Vorstehenden OLG München, Hinweisbeschluss vom 16. Mai 2024 - 3 U 984/24, WRP 2024, 1260, 1261 f. [OLG München 16.05.2024 - 3 U 984/24e]; Faix MMR 2023, 821, 824 f., Laukemann/Förster, WRP 2024, 24, 29; Nomos-BR FernUSG/Vennemann, 2. Aufl., § 1 Rn. 10; jew. unter Verweis auf VG München, NVwZ-RR 1989, 473, 474 [VG München 14.09.1988 - M K 86.7044]).

Dieser Auffassung, die auch die Zentralstelle für Fernunterricht vertritt, schließt sich der Senat nicht an. Hinreichende Gründe, die eine solche Einschränkung des Anwendungsbereichs gegenüber dem klaren Wortlaut des Gesetzes rechtfertigten, fehlen. Zwar waren Videokonferenzen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Fernunterrichtsschutzgesetzes noch unbekannt. Auch mag das Schutzbedürfnis von Teilnehmern am Fernunterricht geringer sein, wenn dieser in Form einer Videoverhandlung stattfindet und damit eine unmittelbare Interaktion zwischen Lehrendem und Lernendem ermöglicht. Auch im Falle einer Durchführung des Unterrichts in Form einer Videokonferenz ist das Schutzbedürfnis der Teilnehmer jedoch gegenüber dem Schutzbedürfnis von Teilnehmern an einem Präsenzunterricht in einem Maß erhöht, dass es die Einschränkung der unternehmerischen Freiheit durch das FernUSG rechtfertigt und nach der gesetzgeberischen Intention dessen Anwendung erfordert. Der Gesetzgeber hat ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfes auch die zeitlich synchrone Übertragung des Unterrichts in einen anderen Raum unter den Begriff der räumlichen Trennung gefasst (BT-Drs. 7/4245, S. 14). Ziel des Gesetzes ist eine umfassende Ordnung des Fernunterrichtsmarktes zum Schutz von Teilnehmerinteressen, nachdem Angebote von geringer methodischer und fachlicher Qualität auf dem Markt waren (a.a.O, S. 12), weshalb die Tatbestandsmerkmale weit und nicht restriktiv auszulegen sind (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2009 - III ZR 310/08, juris Rn. 16 ff.). Das Schutzbedürfnis ist zudem bei Unterrichtsangeboten in Form von Videokonferenzen, die mit verhältnismäßig geringen Investitionen durchgeführt und gerade über sog. soziale Medien unschwer mit großer Reichweite beworben werden können, erheblich gegenüber Angeboten in Präsenzform gesteigert (vgl. zum Ganzen auch OLG Stuttgart, Urteil vom 29. August 2024 - 13 U 176/23, juris Rn. 30 ff.).

bb) Vorliegend sollte der Online-Kurs aber auch überwiegend asynchron durchgeführt werden, sodass der Anwendungsbereich des Fernunterrichtsschutzgesetzes selbst bei dessen einschränkender Auslegung eröffnet ist.

Dieser Kurs baute auf einer Lernplattform mit vorproduzierten Lernvideos auf. Auch bei Fragen in den weiteren synchron erfolgenden Unterrichtsformaten wurde der Kläger auf die Lernvideos verwiesen (unbestrittene Angaben des Klägers in der informatorischen Befragung, Seite 4 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht, Bl. 121 LGA). Dies war ausreichend, um die nach der einschränkenden Auffassung für eine räumliche Trennung geforderte zusätzliche Voraussetzung einer asynchronen Wissensvermittlung zu erfüllen (vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 6. Dezember 2023 - I-2 U 24/23, juris Rn. 50). Dass die "synchronen Maßnahmen im Rahmen des streitgegenständlichen Vertrages" überwögen, weil die Anzahl der wöchentlichen Live-Calls im gesamten Vertragszeitraum die Dauer des Videokurses erheblich überstiegen, hat die zumindest sekundär darlegungsbelastete Beklagte schon nicht mit Substanz dargelegt, worauf der Senat sie hingewiesen hat. Letztlich ist ein rein quantitativer, zeitlicher Vergleich vorliegend ohnehin nicht maßgeblich. Nach den unangegriffenen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils bestand der wesentliche Vertragsinhalt neben den vorproduzierten Lernvideos aus der bloßen Möglichkeit einer Teilnahme an regelmäßig stattfindenden Videokonferenzen. Hiernach sollte ein wesentlicher Teil der Wissensvermittlung asynchron erfolgen.

d) Nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag war schließlich eine Überwachung des Lernerfolgs nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG durch die Beklagte geschuldet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine solche Überwachung des Lernerfolgs bereits dann gegeben, wenn der Lernende nach dem Vertrag den Anspruch hat, z.B. in einer begleitenden Unterrichtsveranstaltung durch mündliche Fragen zum erlernten Stoff eine individuelle Kontrolle des Lernerfolgs durch den Lehrenden oder seinen Beauftragten zu erhalten (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 2009 - III ZR 310/08, juris Rn. 21; vgl. OLG Celle, Urteil vom 1. März 2023 - 3 U 85/22, juris Rn. 53; OLG Stuttgart, Urteil vom 29. August 2024 - 1376/23, juris Rn. 34 f.). Ausreichend ist dabei, dass eine individuelle Anleitung des Lernenden vorgesehen ist, die eine Lernerfolgskontrolle ermöglicht (BGH a.a.O., Rn. 19). Dieser Auslegung schließt sich der Senat an.

Nach diesem Maßstab war eine ausreichende Überwachung des Lernerfolgs geschuldet. Neben dem Zugang zu der Lernplattform mit vorproduzierten Lernvideos hatte der Teilnehmer Zugang zu einer sog. Messenger-Gruppe sowie die Möglichkeit der Teilnahme an regelmäßig stattfindenden Videokonferenzen mit mehreren Teilnehmenden. Dort hatte er jeweils die Möglichkeit, mündliche Fragen zu dem anhand der Lernplattform zu erlernenden Stoff zu stellen und damit eine individuelle Kontrolle des Lernerfolgs zu erhalten. Dass die Möglichkeit derartiger Rückfragen und ein Anspruch auf eine Rückmeldung durch den Lehrenden vertraglich nicht ausdrücklich vereinbart war, ist ausgehend von der dargestellten zutreffenden Auslegung durch den Bundesgerichtshof unschädlich. Verschiedene insoweit kritische Entscheidungen (OLG Köln, Urteil vom 6. Dezember 2023 - I-2 U 24/23, juris Rn. 51 ff.; OLG Hamburg, Urteil vom 20. Februar 2024 - 10 U 44/23, juris Rn. 28 ff.; OLG München, Hinweisbeschluss vom 16. Mai 2024 - 3 U 984/24, WRP 2024, 1260, 1262 [OLG München 16.05.2024 - 3 U 984/24e]) dürften maßgeblich auf den dortigen Besonderheiten beruhen, dass dort Coaching-Verträge zu beurteilen waren, bei denen die Wissensvermittlung nicht im Vordergrund stand (vgl. etwa OLG Hamburg, a.a.O. Rn. 26).

2. Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 BGB. Der Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren folgt aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 FernUSG.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung i.S.v. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen. Ob das FernUSG, insbesondere die in § 7 Abs. 1 FernUSG angeordnete Nichtigkeitsfolge von Fernunterrichtsverträgen ohne entsprechende Zulassung, auch dann anwendbar ist, wenn der Lernende bei Abschluss des Fernunterrichtsvertrags nicht als Verbraucher gehandelt hat, ist eine entscheidungserhebliche und klärungsfähige sowie klärungsbedürftige Rechtsfrage. Der Bundesgerichtshof hat diese Frage bislang nicht entschieden. Sie wird zudem (inzwischen) unterschiedlich beurteilt (vgl. zum Meinungsstand Faix MMR 2023, 821, 825 f.; Demeshko, Anm. zu OLG Köln, Urteil vom 6. Dezember 2023 - I-2 U 24/23, MMR 2024, 257 f. [OLG Köln 06.12.2023 - 2 U 24/23]). Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 1. März 2023 (3 U 85/22), mit der die Anwendbarkeit auf Fernunterrichtsverträge zwischen Unternehmern bejaht wurde, ist nach den o.g. Ausführungen in der Literatur und (wohl auch) Teilen der Rechtsprechung auf Kritik gestoßen. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart (a.a.O.) behandelt diese Rechtsfrage nicht.

Schließlich stellt sich die zu klärende Rechtsfrage in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen und berührt deswegen nicht zuletzt wegen des vermehrten Angebots von Online-Lern- und -Kursangeboten das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts.