Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 16.09.2024, Az.: 13 U 28/24

Zuständigkeit des Gerichts erster Instanz für die Durchführung des Vorbehaltsurteils

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
16.09.2024
Aktenzeichen
13 U 28/24
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 22278
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2024:0916.13U28.24.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 17.04.2024 - AZ: 11 O 201/22

Amtlicher Leitsatz

Zuständigkeit für das Nachverfahren im Urkundenprozess nachdem das Berufungsgericht das erstinstanzliche Vorbehaltsurteil bestätigt hat.

Bestätigt das Berufungsgericht im Urkundenprozess ein erstinstanzlich erlassenes Vorbehaltsurteil, bleibt das Gericht erster Instanz für die Durchführung des Nachverfahrens zuständig.

In dem Rechtsstreit
pp.
hat das Oberlandesgericht Celle - 13. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K., den Richter am Oberlandesgericht S. und den Richter am Oberlandesgericht Dr. B. am 16. September 2024 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 17. April 2024 verkündete Urteil des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des Landgerichts Hannover, Aktenzeichen: 11 O 201/22, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 575.000 € festgesetzt.

Gründe

1. Die Zurückweisung der Berufung durch Beschluss beruht auf § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Die Berufung hat aus den Gründen des Hinweisbeschlusses, auf die gemäß § 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO Bezug genommen wird, offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Darüber hinaus besitzt der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung durch Urteil. Schließlich ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten; gegenteilige Gesichtspunkte enthält auch der Vortrag der Berufung nicht. Weiter wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO).

Der Beklagte hat zu dem Hinweis keine Stellung mehr genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Das Nachverfahren ist nach § 600 Abs. 1 ZPO weiterhin beim Landgericht Hannover anhängig, ohne dass es einer Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 ZPO bedürfte (vgl. Stein/Jonas-Althammer, ZPO, 23. Aufl., § 538 Rn. 41; Wieczorek/Schütze-Gerken, ZPO, 4. Aufl., § 538 Rn. 62; Anders/Gehle, ZPO, 82. Aufl., § 600 Rn. 10 [zur Zuständigkeit des Gerichts für das Nachverfahren, welches das Vorbehaltsurteil erlassen hat]; a.A. BGH, Urteil vom 13. April 2011 - XII ZR 110/09, juris Rn. 31; Prütting/Gehrlein-Oberheim, ZPO, 15. Aufl., § 538 Rn. 33), die hier mangels eines entsprechenden Antrags nach § 538 Abs. 2 Satz 1 a.E. ZPO nicht ausgesprochen werden könnte.

Zwar hat der Bundesgerichtshof (a.a.O.) in der Prüfung einer anderen Rechtsfrage als Argument ausgeführt, das Berufungsgericht dürfe, wenn es ein in der ersten Instanz erlassenes Vorbehaltsurteil bestätige, wegen des Nachverfahrens nur zurückverweisen, wenn eine Partei dies beantrage; ohne Antrag einer Partei müsse das Berufungsgericht das Nachverfahren selbst durchführen. Dieser Auffassung schließt sich der Senat aber nicht an. Sie ist nicht damit vereinbar, dass der Rechtsstreit nach § 600 Abs. 1 ZPO anhängig bleibt und das Vorbehaltsurteil nach § 599 Abs. 3 ZPO nur für die Rechtsmittel und die Zwangsvollstreckung als Endurteil anzusehen ist, nach allgemeiner Auffassung die Instanz aber nicht beendet und nach der Gesetzeskonzeption das Nachverfahren bereits vor der Entscheidung über das Rechtsmittel gegen das Vorbehaltsurteil fortgeführt werden kann, unter Umständen auch fortgeführt werden muss (vgl. auch: BeckOK ZPO/Kratz, 53. Ed. 1.7.2024, ZPO § 600 Rn. 16.1). Zudem verlören die Parteien anderenfalls eine Instanz. Dass § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 ZPO eine Zurückverweisung nur unter näheren Voraussetzungen ermöglicht, steht dem nicht entgegen. Diese Regelung erfasst ihrem Wortlaut nach nur den Fall, dass das Berufungsgericht ein erstinstanzliches Vorbehaltsurteil aufhebt.

Diese Auffassung des Senats gebietet nicht die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Zum einen handelte es sich bei der vorzitierten Erwägung des Bundesgerichtshofs nicht um einen die dortige Entscheidung tragenden Rechtssatz. Zum anderen liegt die Auffassung des Senats keinem Ausspruch in diesem Beschluss zugrunde, der mit der Revision angegriffen werden könnte.