Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 14.04.2011, Az.: 2 A 124/10
Die Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung zwecks Errichtung einer gewerblichen Lagerhalle im Bereich eines vor einem Flächennutzungsplan erstellten Bebauungsplans ist begründet; Nichtigkeit einer Aufhebungssatzung zu einem Bebauungsplan aufgrund mehrerer Rechtsfehler wie ein Verstoß gegen das Entwicklungsgebot und gegen das Abwägungsgebot
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 14.04.2011
- Aktenzeichen
- 2 A 124/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 15988
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2011:0414.2A124.10.0A
Rechtsgrundlagen
- § 74 Abs. 1 S. 1 NBauO
- § 75 Abs. 1 S. 1 NBauO
- § 8 Abs. 2 S. 3 BBauG 1960
- § 1 Abs. 6 BauGB 1998
- § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB 1998
- § 1 Abs. 7 BauGB 2004
- § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB 2004
- § 233 Abs. 2 S. 1 BauGB 2004
- § 6 Abs. 3 S. 1 NGO 1996
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Bebauungsgenehmigung zwecks Errichtung einer gewerblichen Lagerhalle.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks bestehend aus den Flurstücken H., I. und J. der Flur K. der Gemarkung L. in der Gemeinde G. mit einer Gesamtgröße von 7.843 m2. Dieses Grundstück gehört seit mehreren Jahrzehnten zum Familienbesitz der Familie des Klägers. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 28 "M. " der Ortschaft (ehedem Gemeinde) G. zugleich Bebauungsplan Nr. 12 "M. " der Ortschaft L. (ehedem Samtgemeinde N.) (im Folgenden Bebauungsplan Nr. 12/28). Der Bebauungsplan Nr. 12/28 erstreckt sich über ein mehrere teils bebaute, teils unbebaute Grundstücke umfassendes Gebiet zwischen der "O. " im Norden, der Straße "P. " im Westen, der L Q. im Süden und einem weiteren Weg im Osten, der heute ein Teil der "O. " ist. Vom nordöstlichen zum südwestlichen Zipfel des Plangebiets verläuft die Straße "R. " als Diagonale.
Das Plangebiet lag zum Zeitpunkt der Planaufstellung vor der Gebietsreform von 1974 mit seinem ganz überwiegenden Teil in der Samtgemeinde N. und nur mit einer "kleinen Ecke" in der Gemeinde G.. Seit 1974 sind die Samtgemeinde N. sowie die Gemeinde G. als Ortschaften in die Gemeinde G. überführt worden, welche Beigeladene dieses Verfahrens ist. Nachdem der Rat der Samtgemeinde N. bereits am 17.05.1971 den Bebauungsplan Nr. 12 "M. " über den südwestlichen Teil (Dreieck zwischen "R. ", L Q. und östlicher Teil der "O. ") des Plangebiets von Bebauungsplan Nr. 12/28 als Satzung beschlossen hatte, die Satzung aber nach Aktenlage mangels Bekanntmachung nicht in Kraft getreten war, beschlossen die Samtgemeinde N. und die Gemeinde G. eine gemeinsame Planung. Der Bebauungsplan Nr. 12/28 wurde als mehrgemeindlicher Bebauungsplan erlassen, indem beide beteiligte Körperschaften den Bebauungsplan Nr. 12/28 jeweils für einen Monat auslegten und im Anschluss am 07.03.1972 (Samtgemeinde N.) bzw. 30.05.1972 (Gemeinde G.) als Satzung beschlossen. Ausweislich des Schreibens vom 11.09.1972 genehmigte der Regierungspräsident in S. den Bebauungsplan Nr. 12/28. Der Plan trat am Tag seiner Bekanntmachung am 11.10.1972 in Kraft. Für das Grundstück des Klägers setzt der Bebauungsplan Nr. 12/28 ein eingeschränktes Gewerbegebiet mit einer Grund- und Geschossflächenzahl von 0,8 bzw. 1,2 bei einer ein- bis zweigeschossigen Bauweise fest. Entlang der "O. " und Teilen der Straße "P. ", wo zum Zeitpunkt der Planung bereits Wohnhäuser errichtet waren, ist ein Dorfgebiet festgesetzt.
In der Niederschrift über den Erörterungstermin zum Entwurf des Bebauungsplans Nr. 12/28 unter dem 28.10.1971 ist eine Äußerung des Ortsplaners T. protokolliert, dass "eine Umplanung insofern vorgenommen worden sei, als der Planbereich erweitert wurde und im südlichen Teil nunmehr ein Gewerbegebiet vorgesehen sei. Anlass hierzu habe der Ansiedlungswunsch eines einzelnen Gewerbebetriebes gegeben. Dieser Betrieb habe das erforderliche Gelände z.T. bereits erworben." Bei dem genannten Betrieb handelte es sich um den Familienbetrieb der Familie des Klägers, einem kunststoffverarbeitenden Unternehmen.
Zum Zeitpunkt der Bauleitplanung bestand für das fragliche Gebiet kein Flächennutzungsplan. Dieser trat erst 1980 in Kraft. Seine Darstellungen entsprachen denen des Bebauungsplans Nr. 12/28. In der Niederschrift über die Sitzung des Samtgemeinderates der Samtgemeinde N. unter dem 17.05.1971 noch zum ursprünglichen Bebauungsplan Nr. 12 "M. " findet sich folgende Stellungnahme des Landkreises: "Der Flächennutzungsplan wird umgehend nach Vorliegen der letzten Stellungnahmen, der auf dem Behördentermin nicht anwesenden Behörden, vorgelegt. Eine Beschleunigung des Verfahrens soll mit geeigneten Maßnahmen erreicht werden." In einem Schreiben des Landkreises U. an einen Herrn V. vom 16.04.1970 wird auf einen "Entwurf des Flächennutzungsplanes" Bezug genommen. Ein weiteres Schreiben des Landkreises vom 26.05.1970 an den Regierungspräsidenten nimmt auch auf einen "Flächennutzungsplan-Entwurf" Bezug. Aus diesen beiden Schreiben geht hervor, dass der Flächennutzungsplan-Entwurf jedenfalls für die Grundstücke entlang des östlichen Teils der "O. " eine Wohnnutzung vorsah, dass hiergegen jedoch von den Trägern öffentlicher Belange gewisse Bedenken erhoben worden waren, da eine Bebauung in diesem Bereich der geordneten städtebaulichen Entwicklung entgegenstünde.
In den folgenden Jahren wurde das klägerische Grundstück (Flurstücke H., I. und J.) nicht bebaut. In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre kam es zu Gesprächen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen über eine erneute Bauleitplanung mit dem Ziel der Wohnbebauung auf den im Bebauungsplan Nr. 12/28 als Gewerbegebiet festgesetzten Flächen. Diese Unterredungen führten ausweislich des in der Vorlage für die öffentliche Sitzung des Raumordnungs-, Umwelt- und Planungsausschusses sowie des Ortsrates L. am 22.03.00 (Drucksachen Nr. 08/98/26b und 08/97/12d) geschilderten Verlaufs eines Gesprächs vom 02.02.2000 zu keinem Einvernehmen, weil die Beigeladene Grundstücksgrößen von 1000 m2 mit einer Grundflächenzahl von 0,2 favorisierte, der Kläger hingegen Grundstücksgrößen von 500-800 m2 mit einer Grundflächenzahl von 0,4 forderte. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, soll der Kläger in Aussicht gestellt haben, den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 12/28 entsprechend eine gewerbliche Nutzung umzusetzen. Weiter heißt es in der genannten Vorlage: "Um dieses 'Druckmittel' auszuschalten, schlägt die Verwaltung vor, ein gesondertes Verfahren zur Aufhebung des Bebauungsplanes Nr. 12 "M. " der Ortschaften L. und G. (gemeint ist der Bebauungsplan Nr. 12/28) einzuleiten."
Nach Erlass einer Veränderungssperre für das gesamte Gebiet des Bebauungsplans Nr. 12/28, die am 25.05.2000 in Kraft trat, teilte die Beigeladene dem Kläger in einem Schreiben vom 06.06.2000 mit, dass der Bebauungsplan Nr. 12/28 aufgehoben werden solle und dass die 58. Flächennutzungsplanänderung (Bereich "M. ") fortgeführt werde. Die derzeit als Dorfgebiet und eingeschränktes Gewerbegebiet dargestellten Flächen sollten in Mischgebiet, Wohnbauflächen und Wald umgewandelt werden. Im selbigen Schreiben stellte die Beigeladene dem Kläger nach erfolgreichem Abschluss der genannten Verfahren Beratungen über die Aufstellung eines neuen Bebauungsplans für den Bereich "M. " in Aussicht. Am 19.10.2000 wurden in der Zeitung "W. " der Aufstellungsbeschluss zur 58. Flächennutzungsplanänderung sowie der Beschluss zur Aufhebung des Bebauungsplanes Nr. 12/28 bekannt gemacht. Zu Ziel und Zweck der beabsichtigten Flächennutzungsplanänderung hieß es dort, dass dem erhöhten Wohnbedarf in der Ortschaft L. durch Schaffung von Bauplätzen Rechnung getragen werden solle. Aus dem Vorentwurf zur 58. Flächennutzungsplanänderung geht hervor, dass für das Grundstück des Klägers die Darstellung von Wohnbauflächen vorgesehen war. Zu Ziel und Zweck der beabsichtigten Aufhebung des Bebauungsplans Nr. 12/28 ist angeführt, dass dieser Bebauungsplan an einem Vormangel leide und daher nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben sei. In der Bekanntmachung des Erörterungstermins vom 16.10.2000 zur 58. Flächennutzungsplanänderung und zur Aufhebung des Bebauungsplans Nr. 12/28 verwies die Beigeladene ebenfalls auf ihre Aufhebungspflicht. Im Erörterungstermin zu beiden Planungen, der am 31.10.2000 durchgeführt wurde, äußerte sich der Kläger laut Niederschrift der Beigeladenen dahingehend, dass er eine Reduzierung der Ausgleichsmaßnahmen auf das geringstmögliche Maß wünsche, da aus seiner Sicht immerhin eine Umwandlung von Gewerbeflächen in Wohnbauflächen - und damit verbunden auch eine entsprechend geringere Versiegelung - erfolge. Die öffentliche Auslegung des Entwurfs der Aufhebungssatzung erfolgte nach ordnungsgemäßer Bekanntmachung vom 12.10.2001 bis zum 12.11.2001 im Bauamt der Beigeladenen. Die angekündigte 58. Flächennutzungsplanänderung wurde hingegen von der Beigeladenen nicht weiter verfolgt. Aus dem Auszug aus der Niederschrift über die 130. Sitzung des Verwaltungsausschusses am 28.05.2001 geht hervor, dass eine Entscheidung über den Fortgang der 58. Flächennutzungsplanänderung zurückgestellt werde, um zunächst das Ergebnis der Ortsentwicklungsplanung für die Ortschaft L. abzuwarten.
Am 27.02.2002 beschloss der Rat der Beigeladenen die Satzung zur Aufhebung des Bebauungsplanes Nr. 28 "M. " der Ortschaft G. zugleich Bebauungsplan Nr. 12 "M. " der Ortschaft L., die am 06.03.2002 in Kraft trat. Unter Punkt 3 der Begründung ist zu Anlass und Ziel der Aufhebungssatzung folgendes ausgeführt:
"Zum Zeitpunkt der Bekanntmachung des Bebauungsplanes Nr. 28 'M.' befand sich der Flächennutzungsplan der Gemeinde G. lediglich im Entwurfsstadium. Nach der Gebietsreform 1974 wurde für das gesamte Gemeindegebiet ein Flächennutzungsplan aufgestellt, welcher jedoch erst am 29.05.1980 durch Bekanntmachung im Amtsblatt für den Landkreis U. seine Rechtskraft erlangte. Demnach bestand auch bei Bekanntmachung des Bebauungsplanes kein gültiger Flächennutzungsplan. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Bebauungsplan Nr. 28 'M.' der Ortschaft G. zugleich Bebauungsplan Nr. 12 'M.' der Ortschaft L. nicht aus dem gültigen Flächennutzungsplan entwickelt und dem Entwicklungsgebot des§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB somit nicht Rechnung getragen wurde. Es ist nunmehr gem. § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB zu prüfen, ob die Verletzung über das Verhältnis des Bebauungsplanes zum Flächennutzungsplan entsprechend § 8 Abs. 2 bis 4 BauGB unbeachtlich ist. Dieses ist dann der Fall, wenn das Entwicklungsgebot entsprechend § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB verletzt wurde, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist. Da zum damaligen Zeitpunkt kein gültiger Flächennutzungsplan bestand, liegen keine Gründe vor, die die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 28 'M.' der Ortschaft G. zugleich Bebauungsplan Nr. 12 'M.' der Ortschaft L. rechtfertigen. Im Umkehrschluss zur o. g. Rechtsgrundlage wird festgestellt, dass die Verletzung des§ 8 Abs. 2 BauGB beachtlich ist. Gemäß Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.11.1986 (Az. 4 C 22.83) sind Gemeinden dazu verpflichtet, alle unter einem zur Ungültigkeit führenden Fehler leidenden Bebauungspläne aufzuheben. Lediglich die Rücknahme des Satzungsbeschlusses und die Feststellung der Nichtigkeit reiche nicht mehr aus. Aus den o. g. Gründen hat sich die Gemeinde G. dazu entschieden, nunmehr ein förmliches Aufhebungsverfahren einzuleiten."
Ende 2002 beschloss die Beigeladene ein Ortsentwicklungskonzept, in dem die im Eigentum des Klägers stehenden Grundstücke als Wald vorgesehen waren. Mitte 2003 begannen die Vorarbeiten zu der 114. Änderung des Flächennutzungsplans für den Bereich "F. " mit dem Ziel, den Teil des Gebiets, auf dem das klägerische Grundstück liegt, als Fläche für die Landwirtschaft und Wald darzustellen. Während der öffentlichen Auslegung des Entwurfs erhoben sowohl der Kläger als auch sein südöstlicher Nachbar, dessen Grundstück ebenfalls als Waldfläche vorgesehen war, Einwendungen. Der Kläger wies darauf hin, dass auf seinen Grundstücken gar kein Wald im Rechtssinne stehe und dass es sich um eine reine Verhinderungsplanung handele. Die Beigeladene verwies hingegen auf die Darstellungen in der Waldfunktionenkarte Niedersachsen und darauf, dass eine Gewerbeentwicklung am Ortsrand weder sinnvoll noch gewollt sei. Die Flächennutzungsplanänderung wurde am 27.10.2004 wie vorgesehen vom Rat der Beigeladenen beschlossen und trat nach der Genehmigung durch die Bezirksregierung X. am 30.12.2004 in Kraft.
Am 18. Oktober 2004 stellte der Kläger bei dem Beklagten eine Bauvoranfrage zum Neubau einer Lager- und Montagehalle mit Bürogebäude und Logistikaußenplätzen auf seinem Grundstück (Flurstücke H., I. und J.). Nachdem die Beigeladene ihr Einvernehmen mit Schreiben vom 08.11.2004 versagt hatte, wurde dem Kläger mit Schreiben vom 09.06.2005 der Bauvorbescheid unter Verweis auf die aus§ 35 BauGB folgende Unzulässigkeit seines Vorhabens nicht erteilt. Der daraufhin fristgerecht erhobene Widerspruch ruhte bis Ende 2008. In der Zwischenzeit ging der Kläger gegen eine Wiederaufforstungsverfügung für die Flurstücke 182/22, 182/23 und 182/24 vor, die der Beklagte am 03.05.2005 gegen ihn erlassen hatte. Im gerichtlichen Verfahren unterlag der Kläger zunächst vor dem Verwaltungsgericht Stade. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hob die Wiederaufforstungsverfügung aus waldrechtlichen Gründen mit Urteil vom 01.04.2008 auf (Az. 4 LC 59/07).
Mit Schreiben vom 29.01.2009 präzisierte der Kläger seine Bauvoranfrage dahingehend, dass allein die planungsrechtliche Zulässigkeit einer Lager- und Montagehalle mit Bürogebäude auf seinem Grundstück (Flurstücke H. und I.) geklärt werden solle. Ausgeklammert wurde ausdrücklich die Frage der gesicherten Erschließung. Genutzt werden solle die Halle zur Lagerung und Endmontage technischer Geräte für biologische Abwasserreinigungs- und Regennutzungsanlagen. Die Anlieferung solle ausschließlich auf der südwestlichen Seite der Halle erfolgen, zu rechnen sei mit einem Lkw pro Tag. Alternativ wollte der Kläger klären lassen, ob die Errichtung einer gewerblichen Lagerhalle für die Zwischenlagerung von Kunststoffprodukten mit einer Fahrzeugfrequenz von einem Lkw pro Tag planungsrechtlich zulässig sei. Mit einem weiteren Schreiben vom 29.01.2009 rügte der Kläger Abwägungsmängel der Aufhebungssatzung gemäß § 215 Abs. 1 BauGB.
Mit Schreiben vom 11.01.2010 beschied der Beklagte unter Verweis auf die Beeinträchtigung öffentlicher Belange, § 35 Abs. 3 BauGB, den klägerischen Widerspruch gegen die Nichterteilung des Bauvorbescheids in nunmehr präzisierter Form abschlägig.
Am 28.01.2010 hat der Kläger Klage vor dem Verwaltungsgericht Stade erhoben.
Während des Klageverfahrens hat der Rat der Beigeladenen am 16.03.2010 die Aufhebung des Bebauungsplans Nr. 12 bzw. 28 "M. " der Ortschaften L. bzw. G. im ergänzenden Verfahren gemäß § 214 Abs. 4 BauGB rückwirkend zum 06.03.2002 beschlossen. Diesem Beschluss sind die Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses der Aufhebung des Bebauungsplans Nr. 12/28 in der Zeitung "W. " vom 05.11.2009 sowie die ebenfalls in der Zeitung "W. " Anfang Dezember 2009 bekanntgemachte öffentliche Auslegung vom 11.12.2009 bis zum 11.01.2010 sowie die Einholung von Stellungnahmen der Behörden und Träger öffentlicher Belange vorausgegangen. In der Satzungsbegründung ist unter "2.5. Planungsanlass" neben den in der ersten Aufhebungssatzung bereits erwähnten Gründen herausgestellt, dass eine gewerbliche Nutzung im Plangebiet schon seit geraumer Zeit nicht mehr gewünscht gewesen sei, um der Wohnqualität der Wohnbebauung entlang der O. größeres Gewicht zuzugestehen. Da der Kläger in Verhandlungen über die Verwirklichung weiterer Wohnbebauung angekündigt habe, eine gewerbliche Bebauung des Areals vorzunehmen, sofern der Ortsrat seine Beschlüsse über eine lockere Einfamilienhausbebauung nicht ändere, habe man zur kurzfristigen Sicherung des Planungswillens der Beigeladenen das förmliche Aufhebungsverfahren eingeleitet. Unter "2.6. Planungsziel" ist näher erläutert, dass ein erneuter Bebauungsplan mit dem Ziel, im Plangebiet eine Wohnbebauung zu verwirklichen, nicht mehr mit dem neuen Ortsentwicklungskonzept L. übereinstimme. Weiterhin ist dargelegt, dass die Interessen des Grundstückseigentümers an einer privatwirtschaftlichen Nutzung seiner Flächen mit Blick darauf, dass die Möglichkeit einer Nutzung zwischen den Jahren 1972 und 1999 nicht in Anspruch genommen worden sei, hinter dem Interesse der Ortschaft L. an einer städtebaulichen Entwicklung zurückstehen müssten. Unter "2.9 Auswirkungen der Aufhebung" ist erläutert, dass wegen der typischen und aus der Nachbarschaft bekannten Konflikte zwischen Wohn- und Gewerbenutzung eine gewerbliche Nutzung in unmittelbarer Nähe der Wohnbebauung entlang der O. im Sinne einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nicht mehr vorgesehen sei. Weiterhin ist ausführlich dargelegt, wieso keine Entschädigungsansprüche der betroffenen Grundstückseigentümer nach §§ 42, 39 BauGB oder wegen eines enteignungsgleichen Eingriffs bestünden. Unter "2.10" findet sich der Umweltbericht. Die (neue) Aufhebungssatzung ist unter Hinweis auf ihre rückwirkende Inkraftsetzung am 18.03.2010 in der Zeitung "W. " bekannt gemacht worden.
Zur Begründung seiner Klage führt der Kläger unter Verweis auf die Begründung der Abwägungsmängelrüge vom 29.01.2009 aus, dass die Aufhebungssatzung aus dem Jahr 2002 an einem Abwägungsfehler leide, weil die Beigeladene davon ausgegangen sei, dass der Bebauungsplan Nr. 12/28 aus dem Jahr 1972 an einem Vormangel leide, und keine weiteren Erwägungen mehr angestellt habe. Dies gehe aus dem Urteil des OVG Lüneburg vom 09.12.1994 - 1 K 4722/93 - hervor. Entgegen der Annahme der Beigeladenen hätten die Voraussetzungen des damals gültigen § 8 Abs. 2 Satz 3 Bundesbaugesetz (BBauG) vorgelegen, so dass ein vorzeitiger Bebauungsplan vor dem Flächennutzungsplan habe aufgestellt werden dürfen. Zum damaligen Zeitpunkt sollten Betriebe auf den bislang freien Flächen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 12/28 gerade angesiedelt werden. Dafür sei eigens eine Entwicklungsgesellschaft gegründet worden, welcher der Vater des Klägers angehört habe. Selbst ein eventueller Verstoß gegen das Entwicklungsgebot sei nach § 155b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 183f Abs. 2 BBauG 1979 unbeachtlich, da es für einen bewussten Verstoß gegen das Entwicklungsverbot keine Anhaltspunkte gäbe. Weitere, für sich genommen tragfähige Gründe für die Aufhebungssatzung seien nicht ersichtlich. Insbesondere komme die 2004 in Kraft getretene Flächennutzungsplanänderung entgegen der im Urteil desVerwaltungsgerichts Stade vom 15.05.2006 - Az. 1 A 979/05 - geäußerten Ansicht nicht als tragfähiger Grund in Betracht, weil sie zeitlich nach der Aufhebungssatzung liege. Vielmehr habe die Aufhebungssatzung nur dazu gedient, die gemeindliche Verhandlungsposition gegenüber dem Kläger zu stärken, ohne ein eigenständiges städtebauliches Konzept zu verfolgen. Daher verstoße sie gegen§ 1 Abs. 3 BauGB. Zumindest sei sie abwägungsfehlerhaft, weil sie das Interesse des Klägers an der Nutzbarkeit seiner Flächen nicht erwähne. In seinem Schriftsatz vom 17.06.2010 weist der Kläger darauf hin, dass die Bekanntmachung zeitlich vor der Ausfertigung erfolgt sei, die laut Satzung erst am 14.03.2002 stattgefunden habe, und daher an einem Ausfertigungsmangel leide.
Die Aufhebungssatzung aus dem Jahr 2002 sei auch nicht rückwirkend durch die im ergänzenden Verfahren erlassene Aufhebungssatzung aus dem Jahr 2010 geheilt worden. Eine rückwirkende Planreparatur komme nur bei punktuellen Nachbesserungen in Betracht. Die Beigeladene habe aber im Jahr 2002 ausweislich der Planbegründung und der übrigen Planunterlagen überhaupt keine Abwägung vorgenommen. Daher liege kein nachbesserungsfähiges Grundgerüst einer Abwägung vor, so dass dies auch nicht punktuell nachgebessert werden könne. Scheide aber nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Fehlerbehebung bereits aus, wenn der Kern der Abwägungsentscheidung betroffen sei, so müsse dies erst Recht für den Fall gelten, in dem die Abwägungsfrage im ergänzenden Verfahren überhaupt erstmals gestellt werde. Im Übrigen habe die Beigeladene kein ergänzendes Verfahren vorgenommen, sondern ein neues Verfahren durchgeführt, indem sie das gesamte Verfahren der Bauleitplanung einschließlich der Bürgerbeteiligung und der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange wiederholt habe. Lediglich die frühzeitige Beteiligung der Behörden und der Öffentlichkeit nach §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 BauGB seien nicht durchgeführt worden. Auch die vollständig neu formulierte Abwägung und der nach geltendem Bauplanungsrecht erforderliche Umweltbericht würden für eine neue Planung sprechen. Selbst wenn man § 214 Abs. 4 BauGB tatbestandlich für eröffnet ansehen wollte, so müsse immer noch im Rahmen einer Abwägung entschieden werden, ob eine Rückwirkung angeordnet werden dürfe. Eine solche Abwägung fehle jedoch und es seien keine Gründe ersichtlich, wieso es einer Rückwirkung bedürfe. Außerdem sei die Anordnung der Rückwirkung nicht explizit bekannt gemacht worden, so dass die Satzung nur ex nunc und nicht ex tunc in Kraft gesetzt worden sei.
Auch unabhängig von der Nichtanwendbarkeit des § 214 Abs. 4 BauGB sei die Aufhebungssatzung aus dem Jahr 2010 abwägungsfehlerhaft und damit unwirksam, weil die Beigeladene das Interesse des Klägers an der baulichen Nutzung seines Grundstücks nicht in hinreichender Weise beachtet habe. Der Kläger verfolge seit über einem Jahrzehnt sein Interesse an der baulichen Nutzung seines Grundstücks gegenüber der Beigeladenen. Daher erscheine es nicht nachvollziehbar, die Abwägung einseitig an der fehlenden baulichen Nutzung zwischen 1972 und 1999 sowie dem Nichtbestehen von Entschädigungsansprüchen nach §§ 39 ff. BauGB auszurichten. Die Annahme der Beigeladenen, dass keine Entschädigungsansprüche des Klägers nach BauGB oder unter dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen Eingriffs bestünden, sei unzutreffend. Ferner stelle sich die Frage nach Ansprüchen aus Amtshaftung.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 09.06.2005 und des Widerspruchbescheides vom 11.01.2010 zu verpflichten, dem Kläger den im Oktober 2004 beantragten und im Schreiben vom 29.01.2009 präzisierten Vorbescheid betreffend die Errichtung einer Lagerhalle auf dem Grundstück "F. " in G. zu erteilen;
hilfsweise,
festzustellen, dass der Bescheid vom 09.06.2005 und der Widerspruchsbescheid vom 11.01.2010 rechtswidrig waren und dass der Kläger bis zum Inkrafttreten der Aufhebungssatzung am 18.03.2010 einen Anspruch auf Erteilung des Vorbescheids hatte.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wie bereits im Widerspruchsbescheid ausgeführt begründet der Beklagte seinen Antrag vor allem damit, dass er das klägerische Vorhaben planungsrechtlich auf der Grundlage von § 35 BauGB habe beurteilen müssen, da er mangels Normverwerfungskompetenz die Aufhebungssatzung aus dem Jahr 2002 nicht habe unangewendet lassen dürfen und die Bauvoranfrage somit auch nicht auf Grundlage des Bebauungsplans Nr. 12/28 aus dem Jahr 1972 habe beurteilen dürfen. Davon abgesehen sei die Aufhebungssatzung aus dem Jahr 2002 rechtswirksam, da der Bebauungsplan Nr. 12/28 gegen das Entwicklungsverbot verstoßen habe. Dieser Verstoß sei auch nicht unbeachtlich. Die Festsetzung eines Gewerbegebiets sei allein aufgrund des Bauwunsches eines einzelnen Gewerbetreibenden vorgenommen worden, was gegen eine geordnete städtebauliche Entwicklung spreche. Auch der Erlass eines weiteren Bebauungsplans Nr. 16 "Gewerbegebiet Y. " im Jahr 1973, der westlich an das Plangebiet des Bebauungsplans Nr. 12/28 anschließe, lasse kein planerisches Gesamtkonzept im Sinne einer gewerblichen Entwicklung zum Zeitpunkt des Erlasses von Bebauungsplan Nr. 28/12 erkennen. Im Übrigen sei der Bebauungsplan Nr. 16 aus dem Jahr 1973 von der Beigeladenen wegen Verstoßes gegen das Entwicklungsgebot erfolgreich für nichtig erklärt worden. Mit der Änderung der Flächennutzungsplanung hätten weitere abwägungsrelevante Gesichtspunkte vorgelegen, was auch das Verwaltungsgericht Stade in seiner Entscheidung Az. 1 A 979/05 so gesehen habe. Zudem bedürfe es für die Unwirksamkeit einer Satzung offensichtlicher Mängel im Abwägungsvorgang, die von Einfluss auf das Abwägungsergebnis seien. Dem Beklagten lägen keine konkreten Anhaltspunkte vor, dass ohne etwaige Abwägungsfehler anders geplant worden wäre. Angesichts der Ankündigung des Klägers, eine gewerbliche Nutzung verwirklichen zu wollen, habe die Beigeladene ihre Planungsabsichten, an dieser Stelle keine Gewerbebebauung entstehen zu lassen, durch Erlass einer Veränderungssperre und die Aufhebung des Bebauungsplans Nr. 12/28 gesichert. Dies sei ein städtebaulich legitimer Gesichtspunkt. Ein etwaiger Ausfertigungsmangel der Aufhebungssatzung aus dem Jahr 2002 sei jedenfalls im ergänzenden Verfahren geheilt worden.
Die im ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB rückwirkend in Kraft gesetzte Aufhebungssatzung aus dem Jahr 2010 sei wirksam. Eine Heilung des Abwägungsmangels im ergänzenden Verfahren komme in Betracht, da das Grundgerüst der Abwägung gerade nicht betroffen sei. Die ursprüngliche Aufhebungssatzung aus dem Jahr 2002 werde nicht in ihrer Identität angetastet, da durchaus offenkundig sei, dass Belange des Klägers bei Erlass der Satzung berücksichtigt worden seien. Fehlende explizite Darlegungen ließen sich dadurch erklären, dass Entschädigungsansprüche zugunsten des Klägers schlichtweg nicht beständen. Von einer Fehlerheilung im ergänzenden Verfahren könne auch bei einer Wiederholung des Satzungsbeschlusses und des nachfolgenden Verfahrens noch gesprochen werden. Aus der Beschlussfassung, den Beratungen und der Bekanntmachung durch die Beigeladene ergebe sich, dass ein ergänzendes und kein neuerliches Verfahren eingeleitet werden sollte. Die Anordnung der Rückwirkung bedürfe zwar grundsätzlich einer Abwägung, ergebe sich hier jedoch aus dem Bestreben der Schaffung einer eindeutigen rechtlichen Situation für den Zeitraum ab dem 06.03.2002, so dass sich etwaige weitere Erwägungen hierzu erübrigen würden. Die Rückwirkung sei auch formell korrekt angeordnet worden, da in der Bekanntmachung ausgeführt worden sei, dass die Aufhebung im ergänzenden Verfahren rückwirkend beschlossen worden sei.
Die Aufhebungssatzung aus dem Jahr 2010 sei auch im Weiteren abwägungsfehlerfrei zustande gekommen. Es müsse bezweifelt werden, dass der Kläger sich seit einem langen Zeitraum intensiv um eine bauliche Nutzung seines Grundstücks bemüht habe und dass er den Bauvorbescheid im Vertrauen auf den Fortbestand des aufgehobenen Bebauungsplans Nr. 12/28 beantragt habe. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Planerhaltung und könne auch keine Entschädigung verlangen, weil die entscheidende Siebenjahresfrist abgelaufen sei und er darüber hinaus keine Nutzung ausgeübt habe.
Die Beigeladenen beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ein nach § 8 Abs. 2 Satz 3 BBauG erforderlicher zwingender Grund für die vorzeitige Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 12/28 habe im Jahr 1972 nicht bestanden. Eine Teilplanung sei nicht vordringlich gewesen, was sich schon daran erkennen ließe, dass ein erster Entwurf ein allgemeines Wohngebiet beinhaltet habe, dann allerdings auf einen einzelnen Bauwunsch hin ein Gewerbegebiet geplant worden sei. Daraus lasse sich erkennen, dass eine lediglich situationsbedingte Entscheidung ohne Berücksichtigung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung getroffen worden sei. Die Planaufhebung im Jahr 2002 sei wegen Verstoßes gegen das Entwicklungsgebot erfolgt und sollte kurzfristig sicherstellen, dass der Planungswille der Beigeladenen, keine Ausdehnung des Gewerbegebiets in Richtung Ortseingang zuzulassen, sichergestellt werden könne. Die im ergänzenden Verfahren erlassene Aufhebungssatzung aus dem Jahr 2010 habe das auch im Jahr 2002 bereits bekannte Abwägungsmaterial lediglich konkret und detailliert dargestellt und nicht erstmalig abgewogen. Die rückwirkende Inkraftsetzung sei rechtmäßig erfolgt. Die Beigeladene habe sich im Übrigen ausführlich mit den privatwirtschaftlichen Interessen des Klägers beschäftigt, diese jedoch gegenüber dem Belang einer zukunftsorientierten Entwicklung der Ortschaft L. zurückstehen lassen.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Der als Verpflichtungsklage zulässige Hauptantrag ist begründet. Die Ablehnung des beantragten Bauvorbescheids ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat einen Anspruch auf den begehrten Bauvorbescheid.
Rechtsgrundlage für die Erteilung eines Bauvorbescheids sind §§ 74 Abs. 1, 75 Abs. 1 Satz 1 Niedersächsische Bauordnung (NBauO). Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 NBauO ist aufgrund einer Bauvoranfrage über einzelne Fragen, über die im Baugenehmigungsverfahren zu entscheiden wäre und die selbständig beurteilt werden können, durch Bauvorbescheid zu entscheiden. Nach § 75 Abs. 1 Satz 1 NBauO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn die Baumaßnahme dem öffentlichen Baurecht entspricht. § 74 Abs. 1 Satz 2 NBauO stellt klar, dass ein Bauvorbescheid sich auf die Klärung der Frage beschränken kann, ob eine Baumaßnahme nach städtebaulichem Planungsrecht zulässig ist, sog. Bebauungsgenehmigung (Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, Niedersächsische Bauordnung, Kommentar, 8. Aufl. 2006, § 74 Rn. 8). Der Kläger möchte in seiner präzisierten Bauvoranfrage ausschließlich die Zulässigkeit der dort bezeichneten Baumaßnahmen nach städtebaulichem Planungsrecht unter Ausschluss der Erschließung geklärt wissen. Sofern die Baumaßnahmen im Einklang mit dem gültigen Planungsrecht stehen, hat er einen Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei der Verpflichtungsklage ist nach allgemeinen Grundsätzen die letzte mündliche Verhandlung des Gerichts. Dies gilt auch für den Fall, dass der Bauvorbescheid nach dem zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Bauplanungsrecht hätte erteilt werden müssen. Entscheidend ist das im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltende Bauplanungsrecht (Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 16. Aufl. 2009, § 113 Rn. 227; Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, a.a.O., § 75 Rn. 53). Mangels Nichtigkeit (dazu unten 1.) oder wirksamer Aufhebung (dazu unten 2. und 3.) gilt zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gilt der Bebauungsplan Nr. 28 "M. " der Ortschaft G. zugleich Bebauungsplan Nr. 12 "M. " der Ortschaft L. (im Folgenden Bebauungsplan Nr. 12/28) aus dem Jahr 1972 als planungsrechtliche Beurteilungsgrundlage mit verbindlicher Außenwirkung für die Bauvoranfrage nach §§ 74 Abs. 1 Satz 2, 75 Abs. 1 Satz 1 NBauO fort.
Nach § 30 Abs. 1 des im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gültigen Baugesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.09.2004 (BauGB 2004) ist im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen entspricht und die Erschließung gesichert ist. Aufgrund des ausdrücklichen und nach § 74 Abs. 1 Satz 1 NBauO unproblematisch zulässigen Ausschlusses der erschließungsrechtlichen Situation in der vom Kläger in präzisierter Form gestellten Bauvoranfrage geht es also nur um die Frage, ob die bezeichneten Baumaßnahmen den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 12/28 entspricht.
Der Bebauungsplan Nr. 12/28 genügt den nach § 30 Abs. 1 BauGB 2004 an qualifizierte Bebauungspläne anzulegenden Kriterien. Als Art der Festsetzung ist für das Grundstück des Klägers ein Gewerbegebiet mit eingeschränkter Nutzung nach § 8 Abs. 4 Baunutzungsverordnung in der Fassung von 1968, BGBl. I S. 1237, ber. BGBl. 1969 I S. 11 (BauNVO 1968) vorgesehen. Das Maß der baulichen Nutzung ist nach § 16 Abs. 2 BauNVO 1968 mit der Grundflächenzahl (GRZ) 0,8 und der Geschossflächenzahl (GFZ) 1,2 festgesetzt. Die Bebauung soll ausweislich der Erläuterungen in ein- und zweigeschossiger offener Bauweise erfolgen. In dem Bebauungsplan Nr. 12/28 sind überdies die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen zeichnerisch ausgewiesen.
Die vom Kläger in seiner Bauvoranfrage vom 18.10.2004, später präzisiert durch Schreiben vom 29.01.2009, beschriebenen Baumaßnahmen entsprechen unproblematisch den planerischen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 12/28. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BauNVO 1968 sind Gewerbebetriebe aller Art mit Ausnahme von Einkaufszentren und Verbraucherhallen, Lagerhäuser, soweit sie für die Umgebung keine erheblichen Nachteile und Belästigungen zur Folge haben können, sowie Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude im Gewerbegebiet zulässig. Bei den vom Kläger beantragten Baumaßnahmen handelt es sich in beiden Alternativen um Lager- bzw. Montagehallen sowie in der ersten Alternative noch um ein zusätzliches Bürogebäude und damit um zulässige Baumaßnahmen im Gewerbegebiet. Erhebliche Nachteile und Belästigungen für die Umgebung sind bei einer Lkw-Anfahrt pro Tag nicht zu befürchten. Die festgesetzte GRZ von 0,8 und GFZ von 1,2 ist ausweislich der der ursprünglichen Bauvoranfrage beiliegenden Planzeichnung offensichtlich eingehalten. Auch die beantragte eingeschossige Bauweise steht mit den Festsetzungen in Einklang. Bedenken bezüglich der Bestimmtheit der vom Kläger gestellten Bauvoranfrage bestehen nicht. Da Einzelheiten auch der planerischen Feinabstimmung im Baugenehmigungsverfahren zu klären sind, ist der Anspruch des Klägers auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung spruchreif.
1.
Der Bebauungsplan Nr. 12/28 ist nicht wegen eines Verstoßes gegen das Entwicklungsgebot nichtig. Gemäß des bei Erlass des Bebauungsplans Nr. 12/28 gültigen § 8 Abs. 2 Satz 3 Bundesbaugesetz vom 23.06.1960, BGBl. I S. 341 (BBauG 1960) konnte ein Bebauungsplan aufgestellt werden, bevor ein Flächennutzungsplan aufgestellt worden war, wenn zwingende Gründe es erfordern. Diese Vorschrift ist 1979 sinngleich in § 8 Abs. 4 Bundesbaugesetz übernommen worden. Gemäß § 2 Abs. 2 BBauG 1960 ist ein Flächennutzungsplan nicht erforderlich, wenn der Bebauungsplan ausreicht, um die städtebauliche Entwicklung zu ordnen.
Ausweislich der dem Gericht vorliegenden Akten aus den Jahren 1971 und 1972 existierte zu diesem Zeitpunkt noch kein Flächennutzungsplan im Gebiet des Bebauungsplans Nr. 12/28. Dieses Gebiet gehörte damals noch zu zwei selbständigen Gebietskörperschaften, nämlich der - zu dieser Zeit noch deutlich kleineren - Gemeinde G. und der im Zuge der Gebietsreform von 1974 in die Gemeinde G. überführten Samtgemeinde N.. Ob für diese Gebietskörperschaften eine Ordnung der städtebaulichen Entwicklung allein durch Bebauungsplan gemäߧ 2 Abs. 2 BBauG 1960 ausreichend war, erscheint nach Aktenlage zweifelhaft. Nach älterer Kommentarliteratur erfordert eine geordnete städtebauliche Entwicklung jedenfalls regelmäßig die Aufstellung von Flächennutzungsplänen. Nur bei kleineren, ländlichen Gemeinden mit geringer Siedlungstätigkeit soll eine Planung allein durch Bebauungspläne ausreichen (Schütz/Frohberg, Kommentar zum Bundesbaugesetz, 3. Aufl. 1970, § 2 Anm. I.1.; Bielenberg, in: Zinkahn/Bielenberg, Bundesbaugesetz, Kommentar, Stand: Juni 1982, § 2 Rn. 63). Eine solche ländliche Prägung bei geringer Siedlungstätigkeit war auch zu Beginn der 1970er Jahre für die planenden Gebietskörperschaften kaum anzunehmen, zumal im Rahmen der Planung über die Steuerung weiterer Ansiedlungen zu Wohn- und Gewerbezwecken die Rede war.
Allerdings lassen die Aktenlage sowie die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung darauf schließen, dass die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Satz 3 BBauG 1960 bei Erlass des Bebauungsplans Nr. 12/28 vorlagen. Nach einem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1968 sind solche zwingenden Gründe jedenfalls dann anzunehmen, "wenn eine Teilplanung vordringlich ist und die Ausarbeitung eines neuen Flächennutzungsplans für das gesamte umfangreiche Stadtgebiet nicht abgewartet werden kann" (BVerwG, Beschl. v. 06.11.1968 - IV B 47.68 - DVBl. 1969, 276, 277). Im damals entschiedenen Fall waren die zwingenden Gründe bereits bejaht worden, weil die Gemeinde bei Abwarten des Inkrafttretens des vorbereitenden Flächennutzungsplans möglicherweise die einmalige Chance verpasst hätte, die sich auf Grund der Bauabsichten eines Privaten bietende städtebauliche Lösung zu verwirklichen.
Diese Rechtsprechung lässt sich aufgrund der Ähnlichkeiten im Sachverhalt auf die im Jahr 1972 bestehende Sachlage im hier zu entscheidenden Fall übertragen. Zwar lässt sich mit Blick auf die planenden Gebietskörperschaften nicht von einem umfangreichen Stadtgebiet sprechen, doch war angesichts der bevorstehenden Gebietsreform schon damals klar, dass es zu einer Zusammenlegung kommen würde, die eine umfassendere Planung erfordern würde. Es spricht einiges dafür, dass man sich deshalb auch zu der mehrgemeindlichen Planung des Bebauungsplans Nr. 12/28 anstelle der zunächst betriebenen einzelgemeindlichen Planung entschlossen hatte. An verschiedenen Stellen geht ferner aus den Akten hervor, dass eine Flächennutzungsplanung zwar in Vorbereitung war, jedoch ist aus den vorliegenden Akten nicht ersichtlich, wann mit deren Abschluss zu rechnen war. Daher war es den planenden Gebietskörperschaften nicht zuzumuten, das Inkrafttreten des Flächennutzungsplans abzuwarten. Im Nachhinein betrachtet hätte ein Zuwarten jede planerische Entwicklung auf Jahre hin verzögert, weil der Flächennutzungsplan für das betreffende Gebiet erst im Jahr 1980 in Kraft getreten ist. Auch scheint der genaue Inhalt der Flächennutzungsplanung zu Beginn der 1970er Jahre noch im Fluss gewesen zu sein. Zwar bezog sich der Landkreis in seinem Schreiben vom 26.05.1970 auf Bedenken von Trägern öffentlicher Belange gegenüber einer Wohnbebauung entlang der O.. Im Jahr 1971 erwähnte der Landkreis derartige Bedenken hingegen nicht mehr. Daher lässt sich nicht ersehen, dass der Bebauungsplan Nr. 12/28 der zukünftigen Flächennutzungsplanung entgegengestanden hätte. Angesichts der Äußerung des Ortsplaners T. im Erörterungstermin unter dem 28.10.1971 ist jedoch eindeutig, dass mit dem Bebauungsplan Nr. 12/28 auf die Investitionsabsichten eines privaten Unternehmers reagiert worden ist. Auch die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung, wonach zu Beginn der 1970er Jahre eine Entwicklungsgesellschaft zwecks gewerblicher Ansiedlung entlang der L Q. gegründet worden war, bestätigen diesen Befund. Genau dies ist nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits ein ausreichend zwingender Grund i.S.v.§ 8 Abs. 2 Satz 3 BBauG 1960. Ist der Zeitpunkt des Inkrafttretens eines Flächennutzungsplans nicht absehbar, kann es einer Gemeinde im Sinne einer geordneten städtebaulichen Entwicklung gerade nicht verwehrt sein, auf sich bietende Chancen, die selbstverständlich auch von der Bereitschaft privater Investoren abhängen, auf unabsehbare Zeit zu verzichten. Dass es im Nachhinein betrachtet nicht zu der geplanten Gewerbeansiedlung gekommen ist, spielt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Bebauungsplans Nr. 12/28 keine Rolle.
In einem späteren Urteil aus dem Jahr 1984 hat das Bundesverwaltungsgericht zur Frage der vorgezogenen Bebauungsplanung ausgeführt, dass maßgebend sein muss, ob eine geordnete städtebauliche Entwicklung eher durch das Abwarten auf den Flächennutzungsplan für das Gemeindegebiet als durch eine vorzeitige - verbindliche - Teilplanung gefährdet wird. Lässt sich allerdings absehen, dass die anstehenden städtebaulichen Maßnahmen überhaupt oder an dem konkreten Standort nicht in die mit dem künftigen Flächennutzungsplan noch anzustrebende Grundkonzeption für das gesamte Gemeindegebiet passen werden, dann erfordern nicht "zwingende Gründe" im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 3 BBauG 1960 den Bebauungsplan. Je sicherer dagegen vorhergesagt werden kann, dass die mit einem vorzeitigen Bebauungsplan verfolgten städtebaulichen Maßnahmen mit der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung für das ganze Gemeindegebiet vereinbar sind, um so geringere Anforderungen sind im Einzelfall an die "zwingenden" oder "dringenden" Gründe als besondere Rechtfertigung für die Vorzeitigkeit des Bebauungsplans - über die "Erforderlichkeit" gemäß § 2 Abs. 1 BBauG 1960 hinaus - zu stellen (BVerwG, Urt. v. 14.12.1984 - 4 C 54/81 - BRS 42 Nr. 17).
Auch bei Zugrundelegung dieses MaßstAbs. 1assen sich zwingende Gründe i.S.v. § 8 Abs. 2 Satz 3 BBauG 1960 vorliegend bejahen, da jedenfalls bei Erlass des Bebauungsplans Nr. 12/28 keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die dadurch vorgenommene städtebauliche Entwicklung des Gebiets mit der künftigen Flächennutzungsplanung unvereinbar sein würde. Auch an der Erforderlichkeit des Bebauungsplans Nr. 12/28 im Jahr 1972 bestehen nach Aktenlage keine Zweifel. Wenn die Beigeladene in ihrem Schriftsatz vom 10.03.2010 vorträgt, dass kein vordringlicher Bedarf in L. auf Ausweisung von Gewerbeflächen bestand und dass L. jederzeit eine planerische Grundkonzeption hätte vorantreiben können, so entsprechen diese Anforderungen nicht denen des BBauG 1960. Danach war eine Planung erst dann nicht erforderlich i.S.v. § 2 Abs. 1 BauGB 1960, wenn sie von keiner den Grundsätzen des § 1 Abs. 4 und 5 BBauG 1960 entsprechenden Konzeption getragen wurde (Schütz/Frohberg, a.a.O., § 2 Anm. I.1.; Schrödter, Bundesbaugesetz, Kommentar, 3. Aufl. 1973, § 2 Rn. 2). Das ist vorliegend gerade nicht erkennbar, zumal immerhin zwei Gebietskörperschaften mit ihren Selbstverwaltungsgremien am Erlass des Bebauungsplans Nr. 12/28 beteiligt waren, was zumindest für eine gewisse planerische Abstimmung und damit auch für eine ausreichende Grundkonzeption spricht. Zudem ist den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 12/28, welcher möglichen Konflikten zwischen Wohn- und Gewerbenutzung durch die Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebiets planerisch Rechnung trägt, das Bestreben nach einem Ausgleich der Wohn- und Wirtschaftsbedürfnisse gemäß § 1 Abs. 4 und 5 BBauG 1960 anzusehen. Ferner spricht auch die andere vor Inkrafttreten des Flächennutzungsplans 1980 vorgenommene Bebauungsplanung, wie etwa der Bebauungsplan Nr. 16 "Gewerbegebiet Y. " aus dem Jahr 1973, für eine damals beabsichtigte gewerbliche Nutzung der Flächen entlang der L Q.. Der vom Beklagten und von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vertretene Standpunkt, dass es sich bei der Festsetzung der Gewerbeflächen im Bebauungsplan Nr. 12/28 angesichts des auf diesen Flächen vorhandenen Baumbewuchses gleichsam um einen städtebaulichen Irrtum gehandelt habe, wird angesichts der zahlreichen Anhaltspunkte für eine bewusste und gewollte Ansiedlung von Gewerbe nördlich der L Q. in den Planungsakten nicht geteilt. Dass ein privates Unternehmen Anlass für die Festsetzungen eines eingeschränkten Gewerbegebiets im Bebauungsplan Nr. 12/28 gegeben hat, spricht ebenfalls nicht gegen deren Erforderlichkeit. Wie bereits ausgeführt, gehört es gerade zu einer geordneten städtebaulichen Entwicklung, sich bietende Investitionsmöglichkeiten auch wahrzunehmen. Dafür, dass es sich im Jahr 1972 um eine reine "Gefälligkeitsplanung" gehandelt hat, spricht nach Aktenlage nichts. Auch die Ausführungen des Klägers, wonach die Gemeinde selbst an der Entwicklungsgesellschaft beteiligt war, lassen auf eine geordnete städtebauliche Entwicklung aus damaliger Perspektive schließen.
2.
Der Bebauungsplan Nr. 12/28 ist nicht durch die Satzung zur Aufhebung des Bebauungsplans Nr. 28 "M. " der Ortschaft G. zugleich Bebauungsplan Nr. 12 "M. " der Ortschaft L. aus dem Jahr 2002 (im Folgenden Aufhebungssatzung 2002) außer Kraft getreten. Die Aufhebungssatzung 2002 enthält mehrere Rechtsfehler, von denen jedenfalls zwei aus selbständig tragenden Gründen zu ihrer Nichtigkeit führen.
a)
In formeller Hinsicht leidet die Aufhebungssatzung 2002 an einem Bekanntgabefehler. Denn der Ausfertigungsvermerk auf der Aufhebungssatzung 2002 datiert auf den 14.03.2002 und damit auf einen Zeitpunkt nach Bekanntgabe der Satzung.
Es ist rechtsstaatlich geboten, Bebauungspläne auszufertigen. Durch die Ausfertigung soll sichergestellt werden, dass der Inhalt des als Satzung beschlossenen Bebauungsplans mit dem Willen des gemeindlichen Beschlussorgans übereinstimmt. Durch die förmliche und amtliche Veröffentlichung dagegen soll es dem Normadressaten ermöglicht werden, vom Erlass und Inhalt des Bebauungsplans Kenntnis zu nehmen. Aus § 10 Abs. 1 und 3 des bei Erlass der Aufhebungssatzung 2002 gültigen Baugesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 08.12.1986, BGBl. I S. 2253, geändert durchArt. 1 des Bau- und Raumordnungsgesetzes 1998 vom 18.08.1997, BGBl. I S. 2081 (BauGB 1998) i.V.m. § 6 Abs. 3 Satz 1 der damals gültigen Niedersächsischen Gemeindeordnung in der Fassung vom 22.08.1996, Nds. GVBl. S. 382 (NGO 1996) ergibt sich die zeitliche Abfolge von Ausfertigung und Verkündung. Die Ausfertigung erweist sich danach als ein Verfahrensschritt, der der Bekanntmachung vorauszugehen hat, vgl. § 6 Abs. 3 Satz 1 NGO 1996. Die Verkündung bildet den Schlusspunkt des Rechtssetzungsvorgangs. Denn sie stellt den für die Hervorbringung der Norm notwendigen letzten Akt dar (zum Ganzen Wefelmeier, in: Kommunalverfassungsrecht Niedersachen, Kommentar, Stand: September 2006, § 6 NGO Rn. 30a m.w.N.). Nach § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB 1998 tritt der Bebauungsplan unbeschadet des Erfordernisses, dass er in der Folgezeit zu jedermanns Einsicht bereitgehalten wird, mit der Bekanntmachung in Kraft. Es versteht sich von selbst, dass er die ihm durch diese Vorschrift vermittelte rechtliche Verbindlichkeit nur erlangen kann, wenn sämtliche formellen Gültigkeitsbedingungen, die sich aus dem Bundes- und Landesrecht ergeben, bis zu diesem Zeitpunkt erfüllt worden sind (BVerwG, Beschl. v. 09.05.1996 - 4 B 60/96 - NVwZ-RR 1996, 630; OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urt. v. 17.03.2005 - 2 K 122/02, zit. nach [...]; Bayerischer VGH, Urt. v. 04.04.2003 - 1 N 01.2240 - NVwZ-RR 2003, 669; Löhr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, Kommentar, 11. Aufl. 2009, § 10 Rn. 34).
Hier sollte die Aufhebungssatzung 2002, die nach § 2 Abs. 4 BauGB 1998 - heute § 1 Abs. 8 BauGB 2004 - einem Bebauungsplan rechtlich gleichsteht, am 06.03.2002 durch ihre Bekanntmachung im Amtsblatt für den Landkreis U. in Kraft treten. Der nach § 6 Abs. 3 Satz 1 NGO vom Bürgermeister vorzunehmende Ausfertigungsvermerk datiert allerdings vom 14.03.2002. Damit liegt die Ausfertigung jedenfalls ausweislich der Angaben im Plandokument der Verkündung zeitlich nach. Da nach Aktenlage keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Ausfertigung tatsächlich eher erfolgt ist, liegt ein Ausfertigungsfehler vor.
Dieser Ausfertigungsfehler gehört nicht zu den Fehlern, deren Beachtlich- bzw. Unbeachtlichkeit in § 214 BauGB 2004, der nach § 233 Abs. 2 Satz 1 BauGB 2004 auch auf Altsatzungen anzuwenden ist, geregelt ist. Es handelt sich vielmehr um einen sonstigen Verfahrens- und Formfehler nach Landesrecht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.05.1989 - 4 NB 10/89 - BRS 49 Nr. 25). Auch die Fehlerfolgen sind nach Landesrecht zu beurteilen, hier nach § 6 Abs. 4 NGO 1996. Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 NGO 1996 sind Verletzungen von Verfahrens- und Formvorschriften, die in diesem Gesetz enthalten oder auf Grund dieses Gesetzes erlassen worden sind, unbeachtlich, sofern sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung der Satzung gerügt worden sind. § 6 Abs. 4 Satz 2 NGO 1996 nimmt die Verletzung von Vorschriften über die Bekanntmachung von Satzungen von dieser Unbeachtlichkeitsfolge aus, weil es sich hierbei um eine verfassungsrechtlich gebotene und damit unverzichtbare Anforderung handelt. Gleiches gilt für Ausfertigungsfehler, weil es sich bei der Ausfertigung bzw. Unterzeichnung einer Satzung durch den Bürgermeister ebenfalls um eine aus verfassungsrechtlichen Gründen unverzichtbare Anforderung handelt (Wefelmeier, a.a.O., § 6 NGO Rn. 58). Somit besteht keine Rügefrist für diesen Fehler.
Der hierin liegende Verfahrensverstoß wäre allerdings einer rückwirkenden Heilung im ergänzenden Verfahren zugänglich gewesen (Löhr, a.a.O., § 10 Rn. 34). Allerdings leidet die Aufhebungssatzung 2002 an materiellen Fehlern, die nicht durch Heilung im ergänzenden Verfahren behoben werden konnten. Daher ist der im Jahr 2010 von der Beigeladenen unternommene Heilungsversuch insgesamt fehlgeschlagen, so dass es auf eine grundsätzlich mögliche Heilung des formellen Ausfertigungsverstoßes nicht mehr ankommt.
b)
Die Aufhebungssatzung 2002 verstößt in materieller Hinsicht zum Ersten gegen das Entwicklungsgebot, § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB 1998, und zum Zweiten gegen das Abwägungsgebot, § 1 Abs. 6 BauGB 1998. Bei beiden Verstößen handelt es sich um einen beachtlichen Fehler, der nicht im ergänzenden Verfahren geheilt werden kann.
aa) Gemäß des bis heute unveränderten § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB 1998 sind Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. Dieses Gebot beinhaltet, dass Darstellungen des Flächennutzungsplans im Bebauungsplan konkreter ausgestaltet und damit zugleich verdeutlicht werden. Dabei ist in einer ersten Prüfungsstufe zu untersuchen, ob die Darstellungen des Flächennutzungsplans für den engeren Bereich des Bebauungsplans eingehalten worden sind, wobei dem prognostischen Charakter des Flächennutzungsplans Rechnung zu tragen ist und die Bauleitplanung als Akt der konkreten Ausgestaltung und damit Wahrnehmung planerischer Gestaltungsfreiheit zu berücksichtigen ist (BVerwG, Urt. v. 26.02.1999 - 4 CN 6/98 - BRS 62 Nr. 48; Nds. OVG, Urt. v. 12.10.2002 - 1 KN 1599/01; Löhr, a.a.O., § 8 Rn. 3). Abweichungen des Bebauungsplans gegenüber dem Flächennutzungsplan sind in diesem Rahmen zwar grundsätzlich möglich, jedoch nur zulässig, wenn sie durch den Übergang in die konkrete Planungsstufe gerechtfertigt sind, etwa weil die Detailplanung zwar eine Korrektur der dem Flächennutzungsplan zugrunde liegenden Prognosen erfordert, die Grundkonzeption des Flächennutzungsplanes jedoch gleichwohl unberührt bleibt. Im Planbereich muss die Grundkonzeption des Flächennutzungsplanes erhalten bleiben (BVerwG, Urt. v. 26.02.1999 - 4 CN 6/98 - BRS 62 Nr. 48; Nds. OVG, Urt. v. 12.10.2002 - 1 KN 1599/01).
Im Jahr 2002 war noch der 1980 in Kraft getretene Flächennutzungsplan im Gebiet des aufgehobenen Bebauungsplans Nr. 12/28 unverändert gültig. Dieser sah im durch die Aufhebungssatzung 2002 geregelten Gebiet ein Dorfgebiet und - u.a. auf dem Grundstück des Klägers - ein eingeschränktes Gewerbegebiet vor. Durch die Aufhebungssatzung 2002 sollte der als eingeschränktes Gewerbegebiet dargestellte, bislang aber unbebaute Bereich in den Außenbereich überführt und damit einer gewerblichen Nutzung gerade entzogen werden. Dieses von der Beigeladenen ausdrücklich beabsichtigte Vorgehen widerspricht nicht nur der Darstellung, sondern auch der Grundkonzeption des Flächennutzungsplans.
Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 BauGB 1998 haben nicht vorgelegen. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 BauGB 1998 kann mit der Aufhebung eines Bebauungsplans gleichzeitig auch der Flächennutzungsplan geändert werden (Parallelverfahren).§ 8 Abs. 3 Satz 2 BauGB 1998 sieht vor, dass der Bebauungsplan vor dem Flächennutzungsplan bekanntgemacht werden kann, wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der Bebauungsplan aus den künftigen Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt sein wird. Angesichts der Grundvorschrift des § 8 Abs. 2 BauGB 1998, wonach sichergestellt werden soll, dass der Inhalt des Bebauungsplans dem des Flächennutzungsplans im Sinne des Entwicklungsgebots entspricht, ist es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht erforderlich, dass das Flächennutzungsplanverfahren durchgehend einen zeitlichen Vorlauf hat oder dass beide Verfahren durchgehend zeitgleich miteinander ablaufen. Weil der Flächennutzungsplan das ganze Gemeindegebiet umfasst, umfasst er Bereiche unterschiedlicher Planungsproblematik. Es wird im allgemeinen Bereiche geben, für die der Inhalt der Darstellung bis in ein spätes Stadium des Planaufstellungsverfahrens umstritten oder gar offen ist, während in anderen Bereichen die Planung von Anfang an oder von einem bestimmten Planungsstand an unproblematisch oder entschieden ist und sich absehen lässt, dass sich im weiteren Verfahren an den vorgesehenen Darstellungen für diesen Bereich nichts mehr ändern wird, auch nicht dadurch, dass in anderen - bis zuletzt offenen - Bereichen Veränderungen der Konzeption gegenüber dem bisherigen Stand vorgenommen werden. Wenn das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans in einer solchen, für seinen Geltungsbereich geklärten Situation seinen Fortgang nimmt, während für das Flächennutzungsplanverfahren wegen anderer Probleme in anderen Bereichen Verzögerungen eintreten, dann lässt sich jedenfalls für den Bebauungsplan sagen, dass sein Inhalt aus dem Flächennutzungsplan sogar im Sinne einer Gleichzeitigkeit des Planens als Tätigkeit entwickelt ist; der Begriff und der Sinn des "Parallelverfahrens" sind in diesem Bereich erfüllt. Erst wenn größere zeitliche Differenzen zwischen den einzelnen Verfahrensabschnitten liegen, dann mag das ein Indiz dafür sein, dass beide Pläne nicht mehr in inhaltlicher Abstimmung aufeinander (parallel) aufgestellt worden sind; zwingend ist das jedoch nicht (BVerwG, Beschl. v. 03.10.1984 - 4 N 4/84 - BVerwGE 70, 171).
Zwar hat die Beigeladene gleichzeitig mit der Bekanntmachung des Beschlusses zur Aufhebung des Bebauungsplans Nr. 12/28 auch den Beschluss zur Änderung der 58. Flächennutzungsplanänderung bekannt gemacht. In dem Entwurf der 58. Flächennutzungsplanänderung war allerdings für das von der Aufhebungssatzung betroffene Gebiet ein Wohn- und Mischgebiet vorgesehen, so dass eine Überführung dieser Flächen in den Außenbereich bereits nicht als eine Entwicklung aus den künftigen Darstellungen des erst in Entwurfsfassung vorhandenen 58. Flächennutzungsplans angesehen werden kann. Die zunächst parallel verfolgte Planung war also von Anfang an nicht inhaltlich aufeinander abgestimmt. Daran ändert auch der Einwand der Beigeladenen nichts, dass die Aufhebungssatzung der kurzfristigen Sicherung des eigenen Planungswillens dienen sollte und dass jedenfalls in der ersten Hälfte des Jahres 2000 noch geplant war, eine der 58. Flächennutzungsplanänderung entsprechende (positive) Bebauungsplanung zeitnah vorzunehmen. Die Beigeladene muss sich entgegenhalten lassen, dass die Aufhebung eines bestehenden Bebauungsplans keine Rückkehr in den "rechtlichen Urzustand" bedeutet, sondern ebenso wie der Erlass eines Bebauungsplans mit positiven planerischen Festsetzungen einen Akt der Planung darstellt, der sich an den Vorschriften des Baugesetzbuches messen lassen muss. Daher erklärt § 2 Abs. 4 BauGB 1998 - heute § 1 Abs. 8 BauGB 2004 - die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen auch für ihre Aufhebung für anwendbar. Somit ist die durch die Aufhebung des Bebauungsplanes Nr. 12/28 geschaffene Außenbereichssituation für das Grundstück des Klägers an den Darstellungen der parallelen Flächennutzungsplanänderung zu messen, die für dieses Gebiet Wohnnutzung vorsah. Zu bedenken gibt das Gericht weiterhin, dass das im Baugesetzbuch vorgesehene Instrument zur kurzfristigen Planungssicherung nicht die Aufhebung der bestehenden Planung, sondern der Erlass einer Veränderungssperre nach §§ 14 ff. BauGB 2004 ist. Eine solche hat die Beigeladene im Jahr 2000 auch zunächst erlassen. Daher bestand zwecks Sicherung etwaiger Planungsabsichten im Jahr 2002 keine Notwendigkeit, den Bebauungsplan Nr. 12/28 per Satzung aufzuheben, zumal die Veränderungssperre noch um über zwei weitere Jahre hätte verlängert werden können.
Weiterhin hat die Beigeladene bereits am 28.05.2001 in der 130. Sitzung des Verwaltungsausschusses beschlossen, dass eine Entscheidung über den Fortgang der 58. Flächennutzungsplanänderung zurückgestellt werden solle. Dieser Zeitpunkt liegt deutlich vor Beschluss und Bekanntmachung der Aufhebungssatzung 2002 am 27.02. bzw. 06.03.2002. Damit war aber die nach § 8 Abs. 3 BauGB 1998 erforderliche inhaltliche Grundlage des eingeleiteten Parallelverfahrens entfallen, weil nicht mehr von einer zeitlichen Verzögerung unterschiedlicher Verfahrensschritte zwischen Flächennutzungs- und Bebauungsplanung ausgegangen werden konnte, sondern die 58. Flächennutzungsplanung insgesamt - auch inhaltlich - zurückgestellt worden war.
Liegt ein Verstoß gegen das Entwicklungsgebot vor, so ist in einer zweiten Stufe zu prüfen, ob dieser Verstoß als Beeinträchtigung einer sich aus dem Flächennutzungsplan ergebenden geordneten städtebaulichen Entwicklung beachtlich ist gemäß § 214 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. 233 Abs. 2 Satz 1 BauGB 2004 (Löhr, a.a.O., § 8 Rn. 6). Um dies festzustellen, muss die planerische Konzeption des Flächennutzungsplans für einen größeren Bereich, also für das gesamte Gemeindegebiet oder den ganzen Stadtteil, in den Blick genommen werden (BVerwG, Urt. v. 26.02.1999 - 4 CN 6/98 - BRS 62 Nr. 48; Hessischer VGH, Beschl. v. 24.01.1989 - IV N 8/82 - BRS 49 Nr. 8). Dabei ist zu berücksichtigen, welches Gewicht der planerischen Abweichung vom Flächennutzungsplan im Rahmen der Gesamtkonzeption des Flächennutzungsplanes zukommt und ob der Flächennutzungsplan seine Bedeutung als Instrument der Steuerung der städtebaulichen Entwicklung "im Großen und Ganzen" behalten hat (BVerwG, Urt. v. 26.02.1999 - 4 CN 6/98 - BRS 62 Nr. 48; Nds. OVG, Urt. v. 12.10.2002 - 1 KN 1599/01).
Hier ergibt die planerische Gesamtkonzeption für die Ortschaft L. als planerisch zusammenhängenden größeren Bereich im Gebiet der Beigeladenen, dass nordwestlich entlang der L Q. anschließend an die bereits vorhandene Wohnbebauung eine gewerbliche Nutzung im Flächennutzungsplan von 1980 dargestellt ist. Die Flächen für den Gemeinbedarf beginnen in diesem Bereich erst jenseits der L Q., die sich damit in der noch immer gültigen Flächennutzungsplanung aus dem Jahr 1980 als das entscheidende trennende Element erweist. Das "Herausschneiden" eines Teiles der nordwestlich der L Q. gelegenen, von Wohnbebauung umgebenen Fläche und die Überführung dieses Teiles in den Außenbereich mittels der Aufhebungssatzung 2002 erweist sich als Verstoß gegen die sich aus dem Flächennutzungsplan 1980 ergebenden geordneten städtebaulichen Entwicklung, weil die geschlossene Siedlungsstruktur gerade bis an die L Q. heranreichen sollte.
Im Übrigen ist zu beachten, dass Zweck der Unbeachtlichkeitsklausel ist, Bebauungspläne von der Unwirksamkeitsfolge einer (unvorsätzlichen) Fehlbeurteilung im Zusammenhang mit dem Entwicklungsgebot zu schützen. § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB erfasst nicht den Fall, dass eine Gemeinde sich bewusst über die Darstellungen des Flächennutzungsplans hinwegsetzt (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.09.2009 - 10 D 8/08.NE, zit. nach [...]; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 14.04.2010 - 4 B 78/09 - NVwZ 2010, 1026). Gerade dies hat die Beigeladene aber vorliegend getan, indem sie einen zum Zeitpunkt des Beschlusses des Bebauungsplans gültigen Flächennutzungsplan, nämlich den von 1980, nicht beachtet hat.
Der nach § 214 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. 233 Abs. 2 Satz 1 BauGB 2004 beachtliche Verstoß gegen das Entwicklungsgebot ist auch nicht deshalb unbeachtlich geworden, weil er nicht rechtzeitig vom Kläger gerügt worden ist. Nach dem gemäß § 233 Abs. 2 Satz 1 BauGB 2004 grundsätzlich auch für ältere Satzungen gültigen § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB 2004 müssen beachtliche Verstöße gegen das Entwicklungsgebot zwar innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung schriftlich geltend gemacht werden. Gemäß § 215 Abs. 2 BauGB 2004 gilt dies jedoch nur, wenn auf diese Rechtsfolge bei Inkraftsetzung der Satzung hingewiesen worden ist. Dieser Hinweis fehlt naturgemäß bei einer Satzung wie der Aufhebungssatzung 2002, die vor dem Inkrafttreten des BauGB 2004 erlassen worden ist (dazu Lemmel, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., Stand: Dezember 2008, § 233 Rn. 9).
Eine rückwirkende Heilung dieses Verstoßes durch die im ergänzenden Verfahren zur Aufhebung des Bebauungsplans Nr. 12/28 am 18.03.2010 bekanntgemachte Aufhebungssatzung (im Folgenden Aufhebungssatzung 2010) nach §§ 214 Abs. 4 i.V.m. 233 Abs. 2 Satz 1 BauGB 2004 kommt schon im Ansatz nicht Betracht. In § 215a Abs. 1 BauGB 1998 war eine Heilung von Verstößen gegen das Entwicklungsgebot im ergänzenden Verfahren gar nicht vorgesehen. Zwar hat § 214 Abs. 4 BauGB 2004 die Heilungsmöglichkeiten inhaltlich erweitert. Allerdings ist die Behebbarkeit von schweren Mängeln im ergänzenden Verfahren nach wie vor ausgeschlossen (Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl. 2009, § 214 Rn. 23 m.w.N.). Als Faustregel gilt, dass ein ergänzendes Verfahren - zumal mit Rückwirkung - dann ausgeschlossen ist, wenn der Plan so oder mit ähnlichem Inhalt nicht hätte erlassen werden dürfen, weil durch den Mangel die Grundzüge der Planung berührt sind (Lemmel, a.a.O., § 214 Rn. 76). Für beachtliche Verstöße gegen das Entwicklungsgebot ist dies regelmäßig anzunehmen (vgl. Schmidt, NVwZ 2000, 977, 980). Ansonsten liefe das Entwicklungsgebot, welches gerade der Sicherung einer mehrstufigen Steuerung der Bauleitplanung durch Planung in größeren und in kleineren Gebietseinheiten dient, vollständig leer. Allein die Tatsache, dass die Beigeladene im Jahr 2004 im Gebiet des Bebauungsplans Nr. 12/28 eine Änderung des Flächennutzungsplans vorgenommen hat, führt nicht dazu, dass vorangegangene Verstöße gegen das Entwicklungsgebot geheilt werden können. Denn entscheidend für die Beurteilung der Entwicklung des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan ist vorbehaltlich der Bestimmung des § 8 Abs. 3 BauGB 1998, dessen Voraussetzungen vorliegend gerade nicht gegeben sind, der im Zeitpunkt des Bebauungsplanbeschlusses gültige Flächennutzungsplan. Daher ist die im Jahr 2004 in Kraft getretene 114. Flächennutzungsplanänderung, wonach für das Grundstück des Klägers ein Waldgebiet dargestellt ist, für die Beurteilung der Einhaltung des Entwicklungsgebots entgegen der im nicht rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts Stade vom 15.05.2006 - 1 A 979/05 - getätigten Hilfserwägung nicht relevant.
bb)
Der als selbständig tragender Nichtigkeitsgrund neben den Verstoß gegen das Entwicklungsgebot tretende Abwägungsmangel hat seinen Ursprung in der irrigen Annahme der Beigeladenen, zur Aufhebung des Bebauungsplanes Nr. 12/28 wegen seines Verstoßes gegen das Entwicklungsgebot verpflichtet gewesen zu sein. Abgesehen davon, dass ein solcher Verstoß - wie unter 1. dargelegt - gar nicht vorliegt, geht die Beigeladene von einer fehlerhaften Lesart des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.11.1986 - 4 C 22/83 - aus, auf das sie sich zur Begründung der Aufhebungssatzung 2002 gestützt hat.
Nach dem im Jahr 2002 gültigen § 1 Abs. 6 BauGB 1998 - heute § 1 Abs. 7 BauGB 2004 - sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot verlangt, dass eine Abwägung überhaupt stattfindet (kein Abwägungsausfall), dass in diese Abwägung alle Belange eingestellt werden, die nach Lage der Dinge eingestellt werden müssen (kein Abwägungsdefizit), dass Ausmaß und Bedeutung der betreffenden Belange tatsächlich und rechtlich nicht verkannt worden sind (keine Abwägungsfehleinschätzung) und dass der Ausgleich zwischen diesen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange nicht außer Verhältnis steht (keine Abwägungsdisproportionalität) (vgl. grundlegend BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301). Nach § 2 Abs. 4 BauGB 1998 - heute § 1 Abs. 8 BauGB 2004 - findet das Abwägungsgebot nicht nur auf die Aufstellung neuer, sondern auch auf die Aufhebung bestehender Bauleitpläne Anwendung.
Aus der von der Beigeladenen in Anspruch genommenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts folgt keine Pflicht zur Aufhebung fehlerhafter Bebauungspläne, ohne in eine planerische Abwägung einzutreten. Aus diesem Urteil ergibt sich lediglich der Grundsatz, einmal in Kraft gesetzte Normen nur in dem für die Normsetzung geltenden Verfahren wieder außer Kraft zu setzen. Das gebietet die Rechtssicherheit; denn mit dem Erlass und der Verkündung eines Bebauungsplans tut der Satzungsgeber der Öffentlichkeit kund, dass die von ihm beschlossene Satzung Geltung beansprucht. Leidet die Satzung an einem Fehler, so ist dies im Allgemeinen nicht für jedermann erkennbar, an den sich die Satzung richtet. Der durch Normgebung gesetzte Rechtsschein ist deshalb durch einen Gegenakt der Normsetzung, d.h. beim fehlerhaften Bebauungsplan durch dessen förmliche Aufhebung, zu beseitigen, wenn der Fehler nicht "geheilt" oder "heilbar" ist. Das ist für Bebauungspläne, die eine geordnete städtebauliche Entwicklung gewährleisten sollen, auch deshalb unumgänglich, weil mit deren Aufhebung im Allgemeinen zugleich darüber zu entscheiden ist, welche Ordnung an die Stelle der mit dem fehlerhaften Plan beabsichtigten Ordnung treten soll. Denn die mit dem Fortfall eines Bebauungsplans an dessen Stelle tretenden §§ 34 und 35 BauGB können zur Zulässigkeit von Vorhaben führen, die einer geordneten städtebaulichen Entwicklung gerade zuwider laufen (so BVerwG, Urt. v. 21.11.1986 - 4 C 22/83 - BVerwGE 75, 142). Aus den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts wird deutlich, dass die Verpflichtung sich lediglich auf das einzuhaltende Verfahren bezieht, dass jedoch in materieller Hinsicht vielmehr eine Abwägung stattfinden muss, da eine inhaltliche Entscheidung über die mit dem Bebauungsplan bewirkte städtebauliche Ordnung getroffen wird. Dies gilt im zu entscheidenden Fall umso mehr, als sich die Beigeladene auf einen Verstoß gegen das Entwicklungsgebot und damit auf eine materielle, der Gewährleistung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung gerade dienenden Vorschrift berufen hat. Insofern unterscheidet sich dieser Fall von der vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht entschiedenen Konstellation, wo sich eine Gemeinde auf ihre Pflicht zur Aufhebung eines an einem formellen Mangel leidenden Bebauungsplans berufen hat. In dieser Entscheidung hat das Oberverwaltungsgericht den von der Gemeinde angenommenen formellen Mangel inzident überprüft mit der Begründung, dass die Annahme der Ungültigkeit des Planes nicht "abwägungsneutral" ist, wenn sich herausstellt, dass der Bebauungsplan in Wahrheit rechtsgültig war (Nds. OVG, Urt. v. 09.12.1994 - 1 K 4722/93 - NVwZ 1995, 911). Aus diesen Ausführungen kann im Umkehrschluss gefolgert werden, dass ein in Wahrheit rechtsungültiger, also nichtiger, Bebauungsplan ohne weitere Abwägung aufgehoben werden darf. Dieser Schluss gilt aber jedenfalls dann nicht, wenn die Gemeinde sich auf eine Ungültigkeit aus materiellen Gründen beruft. Denn daraus ergibt sich gerade die Notwendigkeit einer anders gearteten städtebaulichen Ordnung, welche planerisch unter Beachtung des Abwägungsgebots zu entwickeln ist.
Indem die Beigeladene diesen Zusammenhang nicht beachtet hat, hat sie gegen das Abwägungsgebot verstoßen. Es ist bereits von einem Abwägungsausfall auszugehen, der auch seit dem EAG Bau 2004, dessen Heilungsvorschriften nach § 233 Abs. 2 BauGB 2004 grundsätzlich auf Altsatzungen anwendbar sind, als "sonstiger Mangel im Abwägungsvorgang" nach §§ 214 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 i.V.m. 233 Abs. 2 Satz 1 BauGB 2004 zu behandeln ist (Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar, Stand: Mai 2007, § 214 Rn. 139; offen gelassen vom VGH Mannheim, Urt. v. 18.11.2010 - 5 S 782/09, zit. nach [...]). Die Beigeladene hat sich nach eigenem Bekunden ohne weitere Abwägung zur Aufhebung des vermeintlich als materiell fehlerhaft erkannten Bebauungsplans verpflichtet gesehen. Hierbei handelt es sich um einen erheblichen Mangel im Abwägungsvorgang, weil er offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist. Denn wenn die Beigeladene sich bewusst gemacht hätte, dass die Belange der von der Aufhebungssatzung betroffenen Grundstückseigentümer zu berücksichtigen waren, ist nicht auszuschließen dass sie - zumal im Lichte des im Zeitpunkt des Beschlusses über die Aufhebungssatzung noch immer gültigen Flächennutzungsplans von 1980 - zu einem anderen Abwägungsergebnis gekommen wäre als dazu, vormals als Gewerbegebiet festgesetzte Flächen durch Aufhebung der Satzung in den Außenbereich nach § 35 BauGB zu überführen. Jedenfalls liegt aber ein Abwägungsdefizit vor, weil die Beigeladene das Interesse des Klägers an der baulichen Nutzbarkeit seines Grundstücks überhaupt nicht in ihre Erwägungen eingestellt hat. Der Abwägungsmangel ist innerhalb der nach § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB 1998, der gemäß § 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB 2004 bei Altsatzungen fortgilt, maßgeblichen 7-Jahres-Frist durch den Kläger gerügt worden, so dass er nicht wegen Fristablauf unbeachtlich geworden ist. Er betrifft das Grundgerüst der Abwägung und ist daher gemäß der vorangegangenen Ausführungen zum Verstoß gegen das Entwicklungsgebot nicht im ergänzenden Verfahren nach §§ 214 Abs. 4 i.V.m. 233 Abs. 2 Satz 1 BauGB 2004 heilbar.
3.
Der Bebauungsplan Nr. 12/28 ist nicht durch die Aufhebungssatzung 2010 - betrachtet als selbständige Satzung - ab dem Zeitpunkt ihrer Bekanntmachung am 18.03.2010 außer Kraft gesetzt worden. Denn die Aufhebungssatzung 2010, für die nach § 1 Abs. 8 BauGB 2004 dieselben Vorschriften wie für die Aufstellung von Bebauungsplänen gelten, leidet an einem beachtlichen Bewertungsfehler i.S.v. §§ 2 Abs. 3, 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB 2004.
Nach § 2 Abs. 3 BauGB 2004, der den vom Europarechtsanpassungsgesetz Bau vom 24.06. 2004, BGBl. I S. 1359 (EAG Bau 2004) eingeleiteten "Wechsel vom materiellrechtlichen Abwägungsvorgang zu den verfahrensrechtlichen Elementen des Ermittelns und Bewertens" nachvollzieht (vgl. etwa VGH Mannheim, Urt. v. 18.11.2010 - 5 S 782/09, zit. nach [...]), sind bei der Aufstellung der Bebauungspläne die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten. § 1 Abs. 7 BauGB 2004 fordert bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die gerechte Abwägung der öffentlichen und privaten Belange gegen- und untereinander. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich dabei auf die bereits unter 2. beschriebenen Mängel des Abwägungsausfalls, Abwägungsdefizits, der Abwägungsfehleinschätzung und der Abwägungsdisproportionalität. Hat die Gemeinde diese Anforderungen an ihre Planungstätigkeit beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301).
Hier ist das Eigentumsgrundrecht des Klägers nicht mit dem ihm zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt worden, was eine Abwägungsfehleinschätzung begründet, die wiederum auf einer unrichtigen Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials beruht. Die Beigeladene hat das Eigentümerinteresse des Klägers an einer baulichen Ausnutzbarkeit seines Grundstücks zwar erkannt, dessen Bewertung aber maßgeblich damit begründet, dass der Kläger bzw. seine Voreigentümer die Möglichkeit der Bebauung von 1972 bis 1999 nicht in Anspruch genommen haben und dass Entschädigungsansprüche weder nach § 42 BauGB noch nach § 39 BauGB bestehen (Punkte 2.6 und 2.9 der Aufhebungssatzung 2010, S. 12 und 13 f.). Nach einem neueren Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg genügt ein solches Vorgehen bei der ersatzlosen Aufhebung einer Gewerbegebietsfestsetzung gerade nicht den Anforderungen an die Abwägung. Vielmehr muss das selbständige Interesse eines Grundstückseigentümers an baulicher Ausnutzung und Verwertung seines Grundstücks unabhängig vom Bestehen etwaiger Entschädigungsansprüche in die Abwägung einfließen (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 18.11.2010 - 5 S 782/09 -, zit. nach [...]; Stüer, DVBl. 2011, S. 381, 384). Dies gilt umso mehr, wenn - wie im vorliegenden Fall - intensive Verhandlungen zwischen dem Grundstückseigentümer und der planenden Gemeinde über eine bauliche Nutzung des Grundstücks der Bebauungsplanung vorangegangen sind und der Grundstückseigentümer allem Anschein nach über einen längeren Zeitraum im Glauben gelassen wurde, dass eine seinem Interesse an der baulichen Ausnutzbarkeit des Grundstücks entsprechende Planung verfolgt werde.
Bei dem genannten Bewertungsfehler handelt es sich um einen wesentlichen Punkt i.S.v. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB 2004, denn er war in der konkreten Planungssituation für die Abwägung von Bedeutung. Der Bewertungsfehler ist auch nach§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB 2004 offensichtlich, denn er ergibt sich aus den Planungsakten. Schließlich war der Mangel gemäß § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB 2004 auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss. Dies ist der Fall, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre (Lemmel, a.a.O., § 214 Rn. 26, 64).
Diese Möglichkeit kann hier nicht in Abrede gestellt werden. Zwar hat die Beigeladene durch die auf dem Ende 2002 beschlossenen Ortsentwicklungskonzept fußende 114. Flächennutzungsplanänderung aus dem Jahr 2004, in deren Erläuterungsbericht die Belange des Klägers im Übrigen gänzlich unerwähnt geblieben sind, dokumentiert, dass eine wie auch immer geartete bauliche Nutzung des klägerischen Grundstücks derzeit unerwünscht ist. Abgesehen davon, dass der die Aufhebungssatzung 2010 betreffende Abwägungsmangel ebenfalls in der 114. Flächennutzungsplanänderung zu verzeichnen ist, kann die Beigeladene aus dieser Planung, auch wenn der ihr anhaftende Abwägungsfehler aufgrund des Ablaufs der einjährigen Rügefrist aus § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB 2004 unbeachtlich geworden ist, keine Bindungswirkung für das Ergebnis nachfolgender Bebauungsplanung herleiten. Zwar ist der Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. Allerdings folgt aus dem Entwicklungsgebot nicht, dass ein dem Flächennutzungsplan anhaftender Rechtsfehler sich im Bebauungsplan fortsetzen muss. Dies gebietet bereits das Gebot rechtsstaatlicher Planung. Das in § 8 Abs. 3 BauGB vorgesehene Parallelverfahren gibt der planenden Gemeinde überdies die Möglichkeit, bei Aufstellung und Erlass eines neuen Bebauungsplans gleichzeitig die Flächennutzungsplanung zu ändern. Das Abwägungsergebnis als konkrete Möglichkeit einer anderen Planung ist somit am Maßstab einer rechtmäßigen Planung und Abwägung zu beurteilen. Angesichts der sich aufdrängenden Bedeutung der baulichen Nutzbarkeit eines Grundstücks für den Eigentümer ist davon auszugehen, dass hier ein anderes Planungsergebnis konkret möglich war, wenn die über den Bebauungsplan beschließenden Ratsmitglieder der Beigeladenen diesen Belang mit dem ihm gebührenden Gewicht in die Abwägung eingestellt hätten. Zu berücksichtigen ist insbesondere, dass das Ortsentwicklungskonzept, auf das sich die Beigeladene maßgeblich beruft, nach § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB 2004 nur einer von zahlreichen in die Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB 2004 einfließenden Belangen ist, sich also im Ergebnis nicht durchsetzen muss. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass in der Vergangenheit bereits intensiv über andere Nutzungsmöglichkeiten des klägerischen Grundstückes diskutiert worden ist, was darauf schließen lässt, dass eine andersartige Nutzung jedenfalls planerisch denkbar ist. Herauszustellen ist jedoch, dass die Planungshoheit allein bei der Beigeladenen liegt und der Kläger nach § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB 2004 keinen Anspruch auf die Aufstellung eines Bebauungsplanes und schon gar nicht auf bestimmte für ihn günstige Festsetzungen hat.
Der Bewertungsfehler ist nicht nach § 215 Abs. 1 Nr. 1 BauGB 2004 unbeachtlich geworden. Denn er ist rechtzeitig geltend gemacht worden. Hierfür genügt es, wenn der Mangel in einem Gerichtsverfahren, an dem die Gemeinde als Beigeladene beteiligt ist, gerügt wird (Battis, a.a.O., § 215 Rn. 6). Der Kläger hat in seinem Schriftsatz vom 17.06.2010 unter Darlegung des Sachverhalts aufgezeigt, wieso die Aufhebungssatzung 2010 seiner Ansicht nach fehlerhaft ist. Dieser SchriftSatz 1iegt innerhalb der Jahresfrist seit Bekanntmachung der Aufhebungssatzung 2010 am 18.03.2010.
Ob die im ergänzenden Verfahren erlassene Aufhebungssatzung 2010 bei Beachtung aller nach dem BauGB und sonstigen Gesetzen erforderlichen formellen und materiellen Anforderungen als eigenständige Aufhebungssatzung mit dem Tag ihrer Bekanntmachung in Kraft treten konnte, obwohl die Beigeladene sowohl in den Planungsunterlagen als auch in der Bekanntmachung zum Ausdruck gebracht hat, dass es ihr um eine rückwirkende Inkraftsetzung der ursprünglichen Aufhebungssatzung 2002 ging, braucht angesichts des auf jeden Fall bestehenden beachtlichen Abwägungsmangels der Aufhebungssatzung 2010 nicht entschieden zu werden.
II.
Wegen des erfolgreichen Hauptantrags braucht über den Hilfsantrag nicht entschieden zu werden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Beigeladene hat einen eigenen Antrag gestellt und ist daher gleichermaßen als unterliegender Teil an den Kosten zu beteiligen. Wegen des Unterliegens der Beigeladenen bestehen keine Gründe, ihre außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären, vgl. § 163 Abs. 3 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.