Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 02.06.2022, Az.: 2 B 51/22

Kontrollkraft; Kontrollperson; Lieferkette, sichere; Safety; Security; Tätigkeitsuntersagung

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
02.06.2022
Aktenzeichen
2 B 51/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 59606
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • RdW 2022, 683-684
  • TranspR 2023, 396-404

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Zu den Maßnahmen, die das Luftfahrt-Bundesamt nach § 3 Abs. 1 LuftSiG zur Gefahrenabwehr treffen darf, gehört auch die Untersagung der Tätigkeit als Kontrollkraft für Fracht und Post.

2. Hat eine Kontrollperson bereits gegen Sorgfaltspflichten bei der Sicherheitskontrolle von Fracht oder Post verstoßen, ist ihr fortgesetzter Einsatz als Kontrollkraft für Fracht und Post nur dann hinzunehmen, wenn auszuschließen ist, dass sich das Fehlverhalten in Zukunft wiederholen wird. Dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn es sich um einen schwerwiegenden Sorgfaltsverstoß handelt, der grundlegende Zweifel an der Sorgfalt der Kontrollperson und damit an der Verlässlichkeit der von ihr vorzunehmenden Kontrollen und Dokumentationen begründet.

3. Für eine Tätigkeitsuntersagung nach § 3 Abs. 1 LuftSiG ist nicht zwingend erforderlich, dass die Kontrollkraft wiederholt Sorgfaltsverstöße begangen hat. Ein einmaliger schwerwiegender Sorgfaltsverstoß kann ausreichen.

4. Vergibt die Kontrollkraft den Sicherheitsstatus SPX by XRY ohne eigene Sicherheitskontrolle, liegt ein schwerwiegender Sorgfaltsverstoß vor, der eine Tätigkeitsuntersagung rechtfertigen kann.

5. Das Luftfahrt-Bundesamt muss eine Tätigkeitsuntersagung grundsätzlich nicht befristen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz dagegen, dass das für die Antragsgegnerin handelnde Luftfahrt-Bundesamt (LBA) ihr die Tätigkeit als Kontrollkraft für Post und Fracht untersagt hat.

Die Antragstellerin erhielt im April 2014 erstmals die Zertifizierung als Luftsicherheitskontrollkraft für Frachtkontrollen. Eine Rezertifizierung im Jahr 2017 verweigerte ihr das LBA, weil sie nicht alle Fortbildungen fristgerecht nachweisen konnte. Nach erfolgreicher erneuter Prüfung erhielt die Antragstellerin unter dem 26. Mai 2017 einen neuen Zertifizierungsnachweis als Kontrollkraft für Fracht und Post vom LBA. Nach Ablauf dieser Zertifizierung unterzog sie sich erneut einer Schulung und legte am 24. Januar 2022 eine Prüfung ab. Mit Bescheid vom 25. Januar 2022 zertifizierte das LBA die Antragstellerin daraufhin erneut als Kontrollperson für Fracht und Post. In diesem Bescheid heißt es weiter, die Zertifizierung werde unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt. Die zuständige Luftsicherheitsbehörde könne den Bescheid widerrufen, „wenn schwerwiegende Zweifel an der Befähigung der Kontrollperson entstehen“. Solche Zweifel seien „insbesondere begründet, wenn schwere oder wiederholte Mängel bei der Aufgabenerfüllung auftreten, die gewichtig auf eine unzureichende Ausbildung hindeuten oder wenn sonstige Umstände bekannt werden, die die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs gefährden könnten“.

Zuletzt war die Antragstellerin als Kontrollkraft für Fracht und Post bei dem reglementierten Beauftragten E. in Düsseldorf beschäftigt.

Im Rahmen einer Inspektion durch das LBA am 4. Februar 2022 bei dem Arbeitgeber der Antragstellerin stellten die Auditoren des LBA nach der vorliegenden Ergebnismitteilung „schwerwiegende Mängel“ fest, weil die Vorschriften nicht eingehalten worden seien. Sie machten geltend, die Kontrollperson habe eine Frachtsendung nicht ordnungsgemäß kontrolliert, die zur Verladung auf dem Flughafen Düsseldorf für einen Flug nach Tianjin/China bestimmt war und aus acht Holzkisten mit einem Gesamtgewicht von 9.904 kg bestand. In den Kisten befanden sich Zahnräder aus Stahl. Die Antragstellerin hatte auf dem AWB (Air Waybill/Luftfrachtbrief) zu der Ladung einen von ihr unterschriebenen Stempel angebracht, mit dem der Sicherheitsstatus „SPX“ (sicher für Passagierflugzeuge, Nurfrachtflugzeuge und Nurpostflugzeuge) vergeben wird und auf dem als Kontrollmethode die Buchstabenkombination „XRY“ (Röntgengerät) angekreuzt ist. Bei einer von den Auditoren veranlassten erneuten Kontrolle der Sendung auf der Röntgenkontrollanlage des reglementierten Beauftragten zeigten sich größere schwarze Flächen. Dazu wird auf die vorliegenden Fotos verwiesen (Bl. 40 ff. Beiakte 001). Die Auditoren stellten fest, daraus ergebe sich, dass die Lieferung nicht mit Röntgenstrahlen durchdrungen werden konnte. Sie hätte daher nicht den Status „SPX by XRAY“ erhalten dürfen. Die Antragstellerin habe die Sendung auch nicht zurückgewiesen oder bis zu einem zufriedenstellenden Ergebnis erneut kontrolliert. Verbotene Gegenstände fanden die Auditoren in der fraglichen Sendung nicht. Weil sie von einem schweren Vergehen ausgingen, untersagten die Auditoren der Antragstellerin bereits vor Ort mündlich mit sofortiger Wirkung, weiter Kontrollen von Fracht und Post durchzuführen.

Nachträglich ermittelte das LBA, dass die Röntgenkontrolle der beanstandeten Sendung von der Kontrollperson F. durchgeführt worden war.

Unter dem 5. Februar 2022 äußerte sich die Antragstellerin schriftlich zu den Vorwürfen. Sie führte aus, Herr F. habe die besagte Fracht geröntgt, leider habe sie nicht gemerkt, dass sie den AWB zu der Fracht unterschrieben habe. Sie habe nur ihre AWBs mitgenommen zum Schreibtisch und wisse nicht, wie der AWB zu der besagten Fracht unter die AWBs geraten sei, die sie abgestempelt habe. Weiter heißt es in der Stellungnahme der Antragstellerin wörtlich: „Zudem bin ich mir bewusst das ich die AWB nochmals hätte überprüfen sollen und dies ein Fehler von mir war der nicht mehr vorkommen wird.“

Herr F. führte in einer E-Mail vom 6. Februar 2022 aus, er habe die Sendung nur geröntgt, sie aber nicht freigegeben; das habe die Antragstellerin „ausgeführt“, den Sicherheitsstatus habe sie vergeben.

Mit Bescheid vom 15. Februar 2022 untersagte das LBA der Antragstellerin die Tätigkeit als Kontrollkraft für Fracht und Post und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Maßnahme an. Zur Begründung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, nach den unionsrechtlichen Vorschriften müsse die Begleitdokumentation zu einer Luftfrachtlieferung den Namen der Person enthalten, die den Sicherheitsstatus erteilt habe. Demzufolge hätte Herr F. den Sicherheitsstatus mit seiner Unterschrift auf der Begleitdokumentation bestätigen müssen. Dieser sei aber von der Antragstellerin gesetzt und unterschrieben worden, ohne eine Kontrolle durchgeführt zu haben. Sie habe damit ihre Pflichten grob fahrlässig vernachlässigt. Dies begründe erhebliche Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit. Die möglichen Konsequenzen ihres Verhaltens seien ihr bewusst gewesen, eine Gefährdung der Luftsicherheit und damit zahlreicher Menschen habe sie dennoch in Kauf genommen. Die Untersagungsverfügung sei unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Luftsicherheitsgesetzes und der entsprechenden EU-Verordnungen verhältnismäßig. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Bescheid verwiesen.

Auch Herrn F. untersagte das LBA unter dem 15. Februar 2022 die Tätigkeit als Kontrollkraft für Fracht und Post.

Mit Schreiben vom 22. Februar 2022 legte die Antragstellerin Widerspruch gegen den sie betreffenden Bescheid ein, über den das LBA noch nicht entschieden hat.

Am 23. Februar 2022 hat die Antragstellerin beim erkennenden Gericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung macht sie sie im Wesentlichen geltend: Es bestünden erhebliche Zweifel am Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 LuftSiG, der vom LBA herangezogenen Ermächtigungsgrundlage, und an der Zuständigkeit des LBA. Die Vorschrift diene nicht der allgemeinen Gefahrenabwehr, diese obliege den Polizeibehörden. Das Luftsicherheitsgesetz sei vielmehr auf die äußere Sicherheit fokussiert, die Luftsicherheitsbehörden seien daher nicht zuständig, betriebsbezogene Gefahren für die innere Sicherheit abzuwehren. Außerdem verlange die Vorschrift eine konkrete Gefahr, die hier nicht gegeben sei. Der Eintritt eines konkreten Schadens habe hier durch das ihr vorgeworfene Verhalten zu keinem Zeitpunkt gedroht. Die Sendungen seien tatsächlich geprüft und als sicher befunden worden. Damit liege allenfalls eine abstrakte Gefahr vor. Die Untersagungsverfügung sei zudem nicht verhältnismäßig und verstoße gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit. Die Maßnahmen seien nicht erforderlich, weil eine Ermahnung bzw. Abmahnung oder das Auferlegen einer Nachschulung sie gleichermaßen sensibilisiert und künftig zur Überprüfung der von ihr unterzeichneten Begleitdokumentation angehalten hätten. Ferner übe sie ihren Beruf als Kontrollkraft bereits seit Jahren aus, ohne dabei negativ in Erscheinung getreten zu sein. Ihr könne nicht wegen eines einmaligen Verstoßes, der unwissentlich und unwillentlich geschehen sei, die Zuverlässigkeit in Gänze abgestritten werden, zumal auch die Rolle ihres Kollegen F. nicht abschließend geklärt worden sei. Sie könne sich nach wie vor nicht erklären, wie es dazu gekommen sei, dass sie den AWB für die fragliche Fracht unterschrieben habe. Sie habe ihre AWB kontrolliert, bevor sie diese an ihren Schreibtisch mitgenommen habe. Möglicherweise habe ihr Kollege F., mit dem sie an dem Tag einen Konflikt gehabt habe, in einem unbemerkten Moment seine AWB unter ihre AWB mit eingebracht, um ihr zu schaden. Für sie habe kein Anlass bestanden, daran zu zweifeln, dass es sich bei den von ihr unterschriebenen Unterlagen ausschließlich um solche handele, die zuvor von ihr selbst kontrollierte Fracht betroffen haben. Die Frage nach der richtigen Kontrollmethode habe sich für sie nicht gestellt, weil sie die Fracht gar nicht kontrolliert habe. Ihr Arbeitgeber habe ihr gekündigt. Um sich im Bereich der Luftsicherheit für Fracht und Post bewerben zu können, sei sie dringend auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung angewiesen. Derzeit könne sie sich nur als Luftsicherheitskontrollkraft für Personal und Warenkontrolle bewerben; dieser Bereich sei sehr eingegrenzt, Bewerbungen seien gescheitert. Sie habe deswegen nunmehr auch eine Schulung für die Bewachung der Bundeswehr absolviert. Darüber hinaus hänge vom Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits auch der Ausgang des arbeitsgerichtlichen Verfahrens gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber ab.

Die Antragstellerin beantragt,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 22. Februar 2022 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. Februar 2022 wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie macht geltend, auch die hier in Rede stehende Gefahr stelle eine äußere, also nicht vom Betrieb des Flugzeugs ausgehende Gefahr dar. Für die Abwehr einer solchen Gefahr seien die Luftsicherheitsbehörden zuständig. Hier sei von einer konkreten Gefährdung des zivilen Luftverkehrs durch das Verhalten der Antragstellerin auszugehen. Sie hätte bereits bei der Wahl der richtigen Kontrollmethode berechtigte Zweifel daran entwickeln müssen, dass eine Röntgenkontrolle überhaupt geeignet ist, mehr als neun Tonnen Stahl verteilt auf acht Kisten zu prüfen. Außerdem sei es zwingend erforderlich, dass die Kontrollperson vor dem Abstempeln des AWB überprüft, ob eine Kontrolle tatsächlich stattgefunden hat. Die angegriffene Entscheidung sei auch verhältnismäßig. Die Anordnung einer Nachschulung sei kein gleich geeignetes Mittel. Auch eine Ermahnung oder Abmahnung bzw. Verwarnung komme nicht als Alternative in Betracht. Ein entsprechender ordnungsrechtlicher Tatbestand existiere nicht; im Übrigen könne nicht davon ausgegangen werden, dass solche Maßnahmen zu einer Änderung des Verhaltensmusters führen. Der Eingriff in die Berufsfreiheit der Antragstellerin sei zum Schutz gewichtiger Allgemeingüter gerechtfertigt. Die Verfehlungen von Herrn F. könnten das Fehlverhalten der Antragstellerin nicht bereinigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin hinsichtlich der Antragstellerin und Herrn F. verwiesen.

II.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber nicht begründet.

Hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrags bestehen keine Bedenken. Die Kammer geht davon aus, dass das für den gestellten Eilantrag erforderliche spezielle, auf die Verhinderung nachteiliger Veränderungen bis zur endgültigen Klärung der Rechtslage gerichtete Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin besteht. Dies wäre nur dann zu verneinen, wenn die beantragte Entscheidung der Antragstellerin keinerlei Vorteil bringen würde. Das ist jedoch nicht der Fall. Ihr bisheriger Arbeitgeber hat zwar das Arbeitsverhältnis mit ihr im Hinblick auf die Untersagungsverfügung der Antragsgegnerin gekündigt. Die Antragstellerin führt nach eigenen Angaben insoweit aber einen arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit und hat vor, sich bei anderen Arbeitgebern als Kontrollkraft zu bewerben. Die von ihr beantragte Eilentscheidung würde ihr die (vorübergehende) Fortsetzung ihrer Kontrolltätigkeit im Fracht- und Postbereich bei einem anderen Arbeitgeber ermöglichen und ihre Position im arbeitsgerichtlichen Verfahren jedenfalls stärken.

Der Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs ist aber nicht begründet. Das LBA hat die sofortige Vollziehung der Untersagungsverfügung rechtmäßig angeordnet.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell ordnungsgemäß erfolgt. Das LBA hat in ausreichender Weise schriftlich begründet, warum es das besondere Interesse an dem Sofortvollzug als gegeben erachtet (vgl. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Der Bescheid vom 15. Februar 2022 enthält eine gesonderte Begründung für die Anordnung sofortiger Vollziehung und beschränkt sich nicht auf die Begründung der Untersagungsverfügung. Dass die Begründung der Vollzugsanordnung ebenso wie die Ausführungen zur Untersagungsverfügung im Ergebnis auf die Gefahren abstellen, die durch das Verhalten der Antragstellerin für Leib und Leben zahlreicher Menschen entstehen, ist rechtlich nicht zu beanstanden, weil das öffentliche Interesse am Erlass des Verwaltungsakts und das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung hier zusammenfallen (vgl. VG Braunschweig, Beschluss vom 11.01.2022 - 2 B 266/21 -, juris Rn. 28; Külpmann in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl., Rn. 746, jeweils m.w.N.).

Auch aus materiell-rechtlichen Gründen besteht keine Veranlassung, die aufschiebende Wirkung des gegen die Untersagungsverfügung eingelegten Widerspruchs wiederherzustellen.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs nach Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Behörde auf Antrag ganz oder teilweise wiederherstellen. Dies setzt voraus, dass das Interesse des Antragstellers das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Maßnahme überwiegt. Dabei ist zunächst auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzustellen. Das Interesse des Antragstellers daran, von den Folgen des Vollzugs einstweilen verschont zu bleiben, überwiegt, wenn sich der angefochtene Bescheid als voraussichtlich rechtswidrig erweist. Erweist sich der angegriffene Verwaltungsakt dagegen als voraussichtlich rechtmäßig, ist darüber hinaus zu prüfen, ob ein besonderes öffentliches Interesse daran besteht, den Verwaltungsakt schon vor Eintritt der Bestandskraft zu vollziehen. Das besondere öffentliche Interesse muss in der Regel über jenes Interesse hinausgehen, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt. Es liegt nur vor, wenn die Anordnung durch gewichtige konkrete Gefahren oder andere gewichtige öffentliche Interessen bzw. Belange anderer Beteiligter gerechtfertigt ist, die das Aufschubinteresse des Betroffenen überwiegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.04.2005 - 1 BvR 223/05 -, juris Rn. 31; Nds. OVG, Beschluss vom 29.06.2016 - 11 ME 100/16 -, juris Rn. 19; VG Braunschweig, Beschluss vom 11.01.2022 - 2 B 266/21 -, juris Rn. 31). Da das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vornehmlich der Verhinderung von Rechtsnachteilen und Rechtsverlusten bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens dient, dieses aber nicht ersetzen soll, ist grundsätzlich nur eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten möglich. Ist danach der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, hat das Gericht über den Eilantrag auf der Grundlage einer Interessenabwägung zu entscheiden, also danach, wessen Interesse für die Dauer des Hauptsacheverfahrens der Vorrang einzuräumen ist. Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hier nicht erfüllt.

Nach der hier nur möglichen summarischen Prüfung der Sachlage ist die Untersagungsverfügung voraussichtlich rechtmäßig.

Das LBA hat die Untersagung der Tätigkeit als Kontrollkraft für Fracht und Post zu Recht auf die Regelung in § 3 Abs. 1 des Luftsicherheitsgesetzes (LuftSiG) gestützt. Danach trifft die Luftsicherheitsbehörde die notwendigen Maßnahmen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs abzuwehren, soweit nicht dieses Gesetz ihre Befugnisse besonders regelt. Die Vorschrift enthält die luftsicherheitsrechtliche Generalklausel, also einen Auffangtatbestand. Die Luftsicherheitsbehörden dürfen die Regelung nur dann heranziehen, um Maßnahmen zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs zu treffen, wenn keine spezielle Regelung des Luftsicherheitsgesetzes zu einer solchen Maßnahme ermächtigt. Zu den „Maßnahmen“, zu denen die Regelung die Luftsicherheitsbehörde ermächtigt, gehört grundsätzlich auch die Untersagung von Tätigkeiten. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift, die insoweit keine generellen Einschränkungen enthält, und aus dem Zweck des Luftsicherheitsgesetztes, das den effektiven Schutz des zivilen Luftverkehrs gewährleisten soll (vgl. dazu § 1 LuftSiG und die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, Bundestags-Drucksache 15/2361, S. 14).

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 LuftSiG sind hier nach summarischer Prüfung erfüllt.

Eine spezielle Regelung, die das LBA zu der angegriffenen Untersagungsverfügung berechtigt und vorrangig anzuwenden wäre, enthält das Luftsicherheitsgesetz nicht. Insbesondere sehen die besonderen Eingriffsbefugnisse, die in § 5 LuftSiG geregelt sind, Untersagungsverfügungen des LBA nicht vor. Auch die Vorschriften über die Zuverlässigkeitsprüfung (§ 7 LuftSiG) enthalten keine vorrangigen Regelungen. Diese Bestimmungen ermächtigen die Behörden nur zu Feststellungen über die Zuverlässigkeit von Personen, die für die Luftsicherheit relevante Tätigkeiten ausführen, sie berechtigen aber nicht zu Untersagungsverfügungen; darüber hinaus sind für diese Prüfung die Landesbehörden zuständig (vgl. § 16 Abs. 2 ff. LuftSiG; s. zu allem auch van Schyndel in: Giemulla/van Schyndel, LuftSiG, Stand: März 2021, § 7 Rn. 77 und 5). Schließlich sehen auch die Vorschriften in § 9a LuftSiG über Sicherheitsmaßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Lieferkette keine Untersagungsverfügungen vor.

Das LBA durfte auch eine Untersagungsverfügung nach dem Luftsicherheitsgesetz erlassen und musste stattdessen nicht die mit Bescheid vom 25. Januar 2022 erfolgte Zertifizierung auf der Grundlage des dort verfügten Widerrufsvorbehalts widerrufen. Die Untersagung der Tätigkeit als Kontrollperson nach dem Luftsicherheitsgesetz reicht weiter als der Widerruf der Zertifizierung. Mit der Zertifizierung wird bescheinigt, dass die betreffende Kontrollkraft eine nach den rechtlichen Vorgaben erfolgte Prüfung erfolgreich abgeschlossen und die unionsrechtlichen Vorgaben für Luftsicherheitskontrollkräfte in dem jeweiligen Tätigkeitsbereich (hier für die Kontrolle von Fracht und Post) erfüllt (vgl. Nr. 11.3.1 i.V.m. Nr. 11.2.3.2 des Anhangs zur Durchführungsverordnung (EU) 2015/1998 der Kommission vom 05.11.2015, ABl. L 299 S. 1 - im Folgenden: Anhang zur DVO -). Mit dem Widerruf der Zertifizierung wird also unmittelbar lediglich die Bescheinigung aufgehoben, während die vom LBA erlassene Untersagungsverfügung auf die Tätigkeit der Kontrollkraft durchgreift und ein unmittelbares Tätigkeitsverbot nach sich zieht. Ein echtes Konkurrenzverhältnis besteht zwischen den beiden Maßnahmen daher nicht. Die unmittelbar auf die Tätigkeit der Kontrollkraft zielende und damit weiter reichende Maßnahme zu erlassen, entspricht dem Grundsatz der Rechtsklarheit. Unabhängig davon ist die Regelung in § 3 Abs. 1 LuftSiG auch als speziellere und damit den im Verwaltungsverfahrensgesetz enthaltenen allgemeinen Bestimmungen zur Aufhebung von Verwaltungsakten vorrangige Regelung anzusehen. Das Luftsicherheitsgesetz enthält die Regelungen zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs (vgl. § 1 LuftSiG). Wegen der Tragweite derartiger Angriffe auf den Luftverkehr, insbesondere wegen der durch solche Angriffe hervorgerufenen Gefahren für eine Vielzahl von Menschen, verlangt die sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) ableitende Schutzpflicht des Staates spezielle Regelungen, die insbesondere auch die Sicherheit beim Umgang mit der Ladung von Luftfahrzeugen möglichst weitgehend gewährleisten. Dies wäre nicht der Fall, wenn für Gefahrenabwehrmaßnahmen der Luftsicherheitsbehörde generell die für einen Widerruf in den allgemeinen Vorschriften vorgesehenen Einschränkungen gelten würden, insbesondere feste Fristen zu beachten wären (vgl. § 49 Abs. 2 Satz 2 VwVfG i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG).

Der Tatbestand des § 3 Abs. 1 LuftSiG verlangt für eine auf diese Vorschrift gestützte Maßnahme, dass eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs vorliegt. Dies ist hier der Fall.

Eine Gefahr im Sinne des § 3 LuftSiG liegt nur vor, wenn im konkreten Einzelfall die äußere Sicherheit des zivilen Luftverkehrs gefährdet ist. Das Luftsicherheitsgesetz und damit auch die luftsicherheitsrechtliche Generalklausel nach § 3 LuftSiG dienen dem Schutz vor äußeren Gefahren (englisch: safety), nicht der Abwehr betriebsbedingter Gefahren für die innere Sicherheit (englisch: security; vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, Bundestags-Drucksache 15/2361, S. 14 und 23 sowie BVerwG, Beschluss vom 14.09.2017 - 3 C 4.16 -, juris Rn. 10; Giemulla in: Giemulla/van Schyndel, LuftSiG, Stand: März 2021, § 1 Rn. 3; Giemulla/van Schyndel in: Giemulla/von Schyndel, a.a.O., Einleitung Rn. 12 f.). Äußere Gefahren sind Gefahrensituationen, die ihren Ursprung nicht im Luftverkehr selbst haben, sondern durch äußere, nicht luftfahrtspezifische Einwirkungen entstehen (Giemulla in: Giemulla/von Schyndel, a.a.O., § 3 Rn. 3). Die Abwehr betriebsbedingter Gefahren für den zivilen Luftverkehr ist dagegen im Luftverkehrsgesetz (LuftVG) geregelt, insbesondere in § 29 dieses Gesetzes. Betriebsbedingt im Sinne von § 29 LuftVG ist eine Gefahr dann, wenn sie im Zusammenhang mit den betriebstechnischen Abläufen des Luftverkehrs steht, wenn sie also betriebsbezogen ist; es handelt sich um dem Luftverkehr immanente Gefahren, also um Gefahren, die durch den Flugbetrieb entstehen (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 11; Giemulla/Kortas, ZLW 2015, 431, 440). Der Begriff der äußeren Gefahren, deren Abwehr das Luftsicherheitsgesetz dienen soll, ist dabei nicht rein räumlich zu verstehen: Gefahrenlagen sind nicht schon deswegen als äußere Gefahren zu qualifizieren, weil sie von außen auf ein Luftfahrzeug einwirken. Von außen einwirkende Gefahren, die das jeweilige Betriebsmedium des Luftfahrzeugs (den Luftraum oder die Betriebsflächen am Boden) beeinträchtigen bzw. dessen Eignung für die Benutzung durch Luftfahrzeuge mindern, sind vielmehr als betriebsbedingte Gefahren anzusehen. Beispiele dafür sind Gefahren für den Flugbetrieb, die durch Vogelschlag entstehen oder durch Rauch- und Aschewolken nach einem Vulkanausbruch (vgl. BVerwG, a.a.O, Rn. 12 und 15). Äußere Gefahren im Sinne des Luftsicherheitsgesetzes sind dagegen Gefahren, die nicht im Zusammenhang mit den betriebstechnischen – also typischen und spezifischen – Abläufen des Luftverkehrs stehen, sondern durch außerhalb dieses Risikobereichs liegende Gefahrenlagen hervorgerufen werden (vgl. Giemulla, a.a.O., § 3 Rn. 3; Hercher, ZLW 2019, 181, 183 f.). Das Luftsicherheitsgesetz nennt in seinem § 1 als Beispiele für solche Einwirkungen Flugzeugentführungen, Sabotageakte und terroristische Anschläge. Die Gefahr eines durch einen terroristischen Anschlag herbeigeführten Flugzeugabsturzes ist danach keine betriebsbedingte Gefahr im Sinne des § 29 LuftVG, sondern eine äußere Gefahr im Sinne des § 3 LuftSiG (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.06.2014 - 4 C 3.13 -, juris Rn. 14 = BVerwGE 150, 114).

Nach diesen Maßstäben dient die angegriffene Untersagungsverfügung der Abwehr einer Gefahr für die äußere Sicherheit (safety). Das LBA wirft der Antragstellerin vor, als Kontrollperson für Fracht und Post eine Frachtsendung freigegeben zu haben, obwohl sie selbst nicht die Sicherheitsüberprüfung durchgeführt hat. Die Antragstellerin war als Kontrollperson, die bei einem reglementierten Beauftragten beschäftigt war und zur Verladung auf ein Luftfahrzeug bestimmtes Post- und Frachtgut zu überprüfen hatte, bei der ihr vorgeworfenen Handlung Beteiligte an der „sicheren Lieferkette“; sie hatte als solche unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit des Luftverkehrs (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LuftSiG). Die Maßnahme dient der Abwehr von Gefahren, die sich aus der Verletzung der sicheren Lieferkette ergeben. Die Vorschriften über die sichere Lieferkette sollen verhindern, dass „verbotene Gegenstände“ wie beispielsweise Sprengsätze im Zuge eines Terror-, Sabotage- oder sonstigen Angriffsaktes gegen den Luftverkehr in ein Luftfahrzeug gelangen, die dessen Absturz oder Zerstörung am Boden herbeiführen können (vgl. Nr. 6.2.1.1 Buchst. b Anhang zur DVO). Dabei handelt es sich um Gefahren, die nicht durch den Flugbetrieb entstehen, also nicht betriebsimmanent sind, sondern den außerhalb dieses Gefahrenbereichs liegenden Risiken zuzuordnen sind.

Für die Auslegung des Gefahrenbegriffs in § 3 Abs. 1 LuftSiG ist im Übrigen auf die Regelungen des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts zurückzugreifen, deren Begrifflichkeit die luftsicherheitsrechtliche Generalklausel übernommen hat (vgl. Giemulla in: Giemulla/van Schyndel, a.a.O., § 3 Rn. 7; Giemulla/Kortas, ZLW 2015, 431, 447; Buchberger in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl., § 3 LuftSiG Rn. 3). Eine „im Einzelfall bestehende Gefahr für die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs“ setzt danach eine konkrete Gefahr für eines der Schutzgüter der Luftverkehrssicherheit voraus. Eine solche Gefahr ist nach der hier nur möglichen summarischen Prüfung der Sachlage gegeben.

Eine konkrete Gefahr liegt vor, wenn im einzelnen Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens in absehbarer Zeit ein Schaden für eines der Schutzgüter eintreten wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.09.2017 - 3 C 4.16 -, juris Rn. 19 - zu dem insoweit inhaltsgleichen § 29 LuftVG - sowie VG Braunschweig, Urteil vom 09.07.2014 - 2 A 1482/13 -; Giemulla in: Giemulla/van Schyndel, a.a.O., § 3 Rn. 17; Buchberger, a.a.O., § 3 Rn. 3). Die Wahrscheinlichkeitsprognose muss sich auf Tatsachen gründen. Vage Anhaltspunkte oder bloße Vermutungen ohne greifbaren, auf den Einzelfall bezogenen Anlass reichen nicht aus (BVerwG, Beschluss vom 14.09.2017, a.a.O., Rn. 19). Je größer der drohende Schaden ist und je gewichtiger das bedrohte Rechtsgut ist, desto geringere Anforderungen sind allerdings an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts zu stellen (vgl. Giemulla, a.a.O., § 3 Rn. 21 f.; Buchberger, a.a.O., § 3 Rn. 3; Graulich in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 7. Aufl., Kap. E Rn. 129). An die Wahrscheinlichkeit eines terroristischen Anschlags dürfen keine übersteigerten Anforderungen gestellt werden. Eine hinreichende Schadenswahrscheinlichkeit ist bereits dann anzunehmen, wenn ein Angriff nicht mit genügender Sicherheit ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.09.2017, a.a.O., Rn. 20; Giemulla, a.a.O., § 3 Rn. 22). Dies ergibt sich schon aus der Bedeutung des Schadens, der in einem solchen Fall eintreten würde, und aus der nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG bestehenden Pflicht des Staates zum Schutz von Leib und Leben. Ob eine konkrete Gefahr vorliegt, ist aus Gründen der Effektivität der Gefahrenabwehr aus der Sicht der Luftsicherheitsbehörde zum Zeitpunkt des Einschreitens („ex ante“) anhand objektiver Anhaltspunkte zu beurteilen (vgl. Graulich, a.a.O., Rn. 128; Buchberger, a.a.O., § 3 Rn. 3). Bei summarischer Prüfung der Sachlage ist das LBA hier zutreffend von einer konkreten Gefahr ausgegangen.

Die Antragstellerin hat durch ihr Fehlverhalten die strengen Sorgfaltsanforderungen verletzt, die für Beteiligte an der zum Schutz vor Terrorakten und anderen Angriffen auf den Flugverkehr normierten „sicheren Lieferkette“ gelten. Nach den Bestimmungen zur „sicheren Lieferkette“ sind alle Fracht- und Postsendungen vor der Verladung in ein Luftfahrzeug grundsätzlich von einem reglementierten Beauftragten zu kontrollieren (Nr. 6.1.1 Anhang zur DVO), der von der Luftsicherheitsbehörde zuzulassen ist (Nr. 6.3.1.2 Anhang zur DVO und § 9a LuftSiG). Bei den Sicherheitskontrollen, die von dem reglementierten Beauftragten durchzuführen sind, sind die „am besten geeigneten Mittel oder Verfahren anzuwenden“, um sicherzustellen, dass sich in der Fracht keine verbotenen Gegenstände befinden (Nr. 6.2.1 Anhang zur DVO). Nach Durchführung der Sicherheitskontrollen hat der reglementierte Beauftragten dafür zu sorgen, dass Sendungen, die von ihm z.B. an ein Luftfahrtunternehmen weitergegeben werden, mit Begleitdokumenten versehen werden, die unter anderem den Sicherheitsstatus enthalten (s. Nrn. 6.3.2.5 f. Anhang zur DVO) und jedenfalls auch den Namen der Person, die den Sicherheitsstatus erteilt hat (Nr. 6.3.2.6 Buchst. f Anhang zur DVO). Mitarbeiter des reglementierten Beauftragten, die Sicherheitskontrollen durchführen, haben ihre Qualifikation nachzuweisen und sind in Sicherheitsfragen zu schulen (vgl. Nr. 11 und Nr. 6.3.2.9 Anhang zur DVO). Die Regelungen zur „sicheren Lieferkette“ über den reglementierten Beauftragten und die von ihm beschäftigten Kontrollkräfte sollen eine dokumentierte und damit nachvollziehbare lückenlose Sicherheitskontrolle von Fracht und Post bis zur Verladung in das Luftfahrzeug gewährleisten, um auszuschließen, dass sich in der Ladung Sprengsätze oder andere verbotene Gegenstände befinden, die für einen Terrorakt oder einen anderen Angriff auf den Luftverkehr verwendet werden können. In dieser „sicheren Lieferkette“ kommt den Beschäftigten des reglementierten Beauftragten, die Sicherheitskontrollen durchführen, eine besonders bedeutsame Stellung zu: Dieser Personenkreis, zu dem auch die Antragstellerin gehört hat, vergibt den in der Begleitdokumentation festzuhaltenden Sicherheitsstatus und gibt die Frachtsendung damit unmittelbar zur Verladung in das Luftfahrzeug frei, je nach Sicherheitsstatus auch für Passagierflugzeuge (vgl. Nr. 6.3.2.6 Buchst. b Anhang zur DVO, Status „SPX“). An die Sorgfalt der von den Kontrollkräften vorzunehmenden Sicherheitskontrollen und Dokumentationen in den Begleitpapieren sind daher besonders strenge Anforderungen zu stellen. Sonst wäre die „sichere Lieferkette“ nicht mehr gewährleistet, das damit verfolgte Ziel der effektiven Abwehr von Angriffen auf den zivilen Luftverkehr wäre nicht zu erreichen. Die Kontrollperson hat sich vor der Vergabe des Sicherheitsstatus und der Dokumentation dieses Aktes insbesondere in jedem einzelnen Fall selbst zu vergewissern, dass die zu überprüfende Sendung tatsächlich derart sicher ist, dass sie freigegeben werden kann. Dies verlangt, dass die Kontrollperson die Sicherheitskontrolle unter Anwendung der dafür „am besten geeigneten Mittel oder Verfahren“ selbst – in eigener Person – durchführt und in der Begleitdokumentation erst dann die Sicherheitsfreigabe erteilt, wenn sie „mit ausreichender Sicherheit“, also ohne Zweifel festgestellt hat, dass die Sendung keine verbotenen Gegenstände enthält (vgl. Nr. 6.2.1 Anhang zur DVO).

Diese für die Funktion der „sicheren Lieferkette“ essenzielle Sorgfaltsregel hat die Antragstellerin verletzt. Sie hat für eine Sendung aus acht Holzkisten mit Zahnrädern aus Stahl und einem Gewicht von insgesamt nahezu zehn Tonnen den Sicherheitsstatus „SPX“ erteilt (d.h. gem. Nr. 6.3.2.6 Buchst. d Anhang zur DVO „sicher für Passagierflugzeuge, Nurfrachtflugzeuge und Nurpostflugzeuge“) und als Kontrollverfahren „XRY“ vermerkt (d.h. nach Nr. 6.3.2.6 Buchst. e Unternr. iv „mit Röntgengerät“). Eine Sicherheitskontrolle hatte sie selbst zuvor jedoch nicht durchgeführt.

Dieses Fehlverhalten begründet bei summarischer Prüfung aus der maßgeblichen Sicht des LBA bei Erlass der Untersagungsverfügung („ex ante“) die Annahme, dass bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens in absehbarer Zeit ein Schaden für die Luftsicherheit eintreten wird.

Durch das Fehlverhalten der Antragstellerin ist es im konkreten Fall zwar nicht dazu gekommen, dass eine Fracht mit verbotenen Gegenständen in ein Luftfahrzeug verladen wurde. Dass ein solcher Schaden bereits eingetreten ist, ist allerdings für Maßnahmen der Luftsicherheitsbehörde gegen eine Kontrollperson nach § 3 Abs. 1 LuftSiG nicht erforderlich. Die Regelung dient der Gefahrenabwehr und verlangt von der Luftsicherheitsbehörde daher nicht, erst einzuschreiten, wenn es bereits zu einem Schaden gekommen ist.

Das Fehlverhalten einer Kontrollperson begründet jedenfalls dann die Annahme, dass bei fortgesetzter Tätigkeit in absehbarer Zeit ein Schaden eintreten wird, wenn die Prognose ergibt, dass auch in Zukunft Verstöße dieser Person gegen die bei Sicherheitskontrollen von Fracht und Post im Rahmen der „sicheren Lieferkette“ einzuhaltenden strengen Sorgfaltspflichten zu befürchten sind. Im Rahmen der zukunftsbezogenen Beurteilung ist anhand des bisherigen Verhaltens zu prüfen, ob sorgfältige Sicherheitskontrollen durch die betreffende Person gewährleistet sind. Bei der auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen vorzunehmenden Prognose ist auch der allgemeine Zweck des Luftsicherheitsgesetzes und der Regelungen über die „sichere Lieferkette“ zu berücksichtigen, die Allgemeinheit vor den schweren Folgen zu bewahren, die bei Verladung unsicherer Fracht in ein Luftfahrzeug entstehen können. Die Risiken, die mit der Übertragung von Kontrolltätigkeiten im Bereich der „sicheren Lieferkette“ verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, deren Verhalten das Vertrauen rechtfertigt, dass sie die Kontrollen und die Dokumentation dazu in jeder Hinsicht sorgfältig ausführen. Hat eine Kontrollperson bereits gegen Sorgfaltspflichten bei der Sicherheitskontrolle von Fracht oder Post verstoßen, ist ihr fortgesetzter Einsatz als Kontrollkraft für Fracht und Post nur dann hinzunehmen, wenn auszuschließen ist, dass sich das Fehlverhalten in Zukunft wiederholen wird. Eine Wiederholung ist insbesondere dann nicht auszuschließen, wenn es sich um einen schwerwiegenden Sorgfaltsverstoß handelt, der grundlegende Zweifel an der Sorgfalt der Kontrollperson und damit an der Verlässlichkeit der von ihr vorzunehmenden Kontrollen und Dokumentationen begründet. Für solche grundlegenden Zweifel an der Sorgfalt und Verlässlichkeit ist nicht zwingend erforderlich, dass die Kontrollkraft wiederholt Sorgfaltsverstöße begangen hat. Sie können sich auch aus einem einmaligen schwerwiegenden Sorgfaltsverstoß ergeben.

Nach diesen Maßstäben durfte das LBA zu dem Ergebnis kommen, dass auch in Zukunft Verstöße der Antragstellerin gegen die Sorgfaltsregeln bei Sicherheitskontrollen nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschießen sind. Die Antragstellerin hat in dem konkreten Fall grundlegende Sorgfaltsregeln für Kontrollkräfte verletzt, indem sie den Sicherheitsstatus „SPX“ ohne vorherige eigene Sicherheitskontrolle („blind“) erteilt hat. Darin liegt ein besonders schwerwiegender Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten von Kontrollpersonen in der „sicheren Lieferkette“, weil der vergebene Sicherheitsstatus nicht auf eigener Prüfung beruhte und die mit den Regelungen zur „sicheren Lieferkette“ intendierte lückenlose Überwachung der in ein Flugzeug zu verladenden Gegenstände damit nicht gewährleistet war. Darüber hinaus hat sie als Grund für die Erteilung des Sicherheitsstatus in der Begleitdokumentation angegeben, die Kontrolle sei mittels „XRY“ (Röntgengerät) erfolgt, ohne die fragliche Sendung selbst kontrolliert zu haben. Das Fehlverhalten begründet grundlegende Zweifel an der Verlässlichkeit der Antragstellerin und der Aussagekraft des von ihr als Kontrollkraft zu vergebenden Sicherheitsstaus in den Begleitdokumenten von Fracht- und Postsendungen. Schon deswegen kann gegenwärtig nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragstellerin in Zukunft weitere Sorgfaltsverstöße bei Sicherheitskontrollen und deren Dokumentation begehen wird. Hinzu kommt hier, dass es sich um eine besonders auffällige Fracht – bestehend aus acht Kisten mit nahezu zehn Tonnen Gewicht – gehandelt hat und sich dies ohne Weiteres den Angaben auf dem AWB entnehmen ließ, auf dem die Antragstellerin die Sicherheitsfreigabe erteilt hat (s. die Spalten „No. of pieces“ und „Weight“ auf dem AWB, Bl. 37 Beiakte 001). Darüber hinaus spricht gegen die Antragstellerin, dass sie erst wenige Wochen vor dem Vorfall zum wiederholten Mal ein vollständiges Schulungs- und Prüfungsprogramm für Kontrollkräfte durchlaufen und dies nicht ausgereicht hat, sie zu der erforderlichen Sorgfalt bei ihrer Kontrolltätigkeit anzuhalten.

Die Einlassung der Antragstellerin, es habe sich um ein Versehen gehandelt, steht der Annahme, dass sie einen schwerwiegenden Sorgfaltsverstoß begangen hat, nicht entgegen. Im Rahmen der Sicherheitskontrollen von Fracht- und Postsendungen, die zur Verladung in ein Luftfahrzeug bestimmt sind, müssen versehentlich entstehende Fehler wegen der drohenden schwerwiegenden Folgen für eine Vielzahl von Menschen jederzeit ausgeschlossen sein. Dass dies hier der Fall ist, ist nach den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich. Die Antragstellerin selbst hat im gerichtlichen Verfahren vorgetragen, sie könne sich nicht erklären, wie es dazu gekommen ist, dass sie den AWB im konkreten Fall unterschrieben hat.

Soweit sie vorgetragen hat, sie habe sich vergewissert, nur „ihre“ Air Waybills mit zu ihrem Schreibtisch genommen zu haben, rechtfertigt dies keine günstigere Prognose. Die Kammer kann für die Entscheidung im vorliegenden Eilverfahren offenlassen, ob diese Einlassung glaubhaft ist. In einem derart für Risiken anfälligen Bereich wie der Frachtkontrolle reicht es jedenfalls nicht aus, die Begleitdokumentation irgendwann vor der Vergabe des Sicherheitsstatus zu überprüfen, sondern es muss im Zeitpunkt der Statusvergabe sichergestellt sein, dass die Dokumentation das Ergebnis der zuvor in eigener Person durchgeführten Sicherheitskontrolle wiedergibt.

Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass ein anderer Mitarbeiter ihres ehemaligen Arbeitgebers der Antragstellerin den fraglichen AWB untergeschoben hat, um ihr nach einem Streit zu schaden, ergeben sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht. Die Antragstellerin selbst bezeichnet diesen Ablauf lediglich als möglich, ohne dazu konkretere Angaben zu machen. Selbst wenn dies aber der Fall gewesen wäre, bliebe es bei einem schwerwiegenden Sorgfaltsverstoß der Antragstellerin, weil sie vor der Vergabe des Sicherheitsstatus auf dem AWB das Dokument nicht überprüft hat.

Schließlich ist für die Entscheidung im vorliegenden Fall unerheblich, dass sich ein weiterer Mitarbeiter bei der Überprüfung der fraglichen Frachtsendung nach den Feststellungen des LBA fehlerhaft verhalten hat. Das LBA wirft diesem Mitarbeiter vor, die Kisten geröntgt und danach mit den dafür seitens seines Arbeitgebers vorgesehenen Labels (intern) als gesichert („secured“) bezeichnet zu haben, obwohl die Sicherheit der Sendung aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht mittels Röntgenkontrolle habe festgestellt werden können (zum sog. Dunkelalarm bei Röntgenkontrollen s. auch das Luftfracht-Sicherheitsprogramm des ehemaligen Arbeitgebers der Antragstellerin - LFSP -, Kap. 10.2.1 S. 45 - Bl. 112 Beiakte 001 -). Dies ändert nichts an dem gravierenden eigenen Fehlverhalten der Antragstellerin, das darin bestanden hat, den Sicherheitsstatus ohne eigene Prüfung durch den auf dem AWB angebrachten Stempel zu erteilen. Der mit dem Stempel und der Sicherheitsbescheinigung versehene AWB ist im Übrigen das Dokument, das der Luftfrachtsendung beigefügt sowie dem Auftraggeber zur Verfügung gestellt wird und den Sicherheitsstatus damit auch nach außen dokumentiert (s. dazu auch das LFSP, Kap. 9.6 und 10.2 - Bl. 102 f. und 109 Beiakte 001 -).

Im Hinblick auf die Bedeutung und den Stellenwert der bei einem terroristischen Anschlag oder sonstigen Angriff auf den Luftverkehr bedrohten Rechtsgüter – nämlich insbesondere von Leib und Leben der in dem Luftfahrzeug befindlichen und bei einer Explosion oder einem Absturz am Boden bedrohten Menschen – ist die bei fortgesetzter Tätigkeit der Antragstellerin als Kontrollperson eintretende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts auch hinreichend.

Da das Leben und die Gesundheit von Menschen bedroht sind, besteht die konkrete Gefahr auch für ein Schutzgut der Luftsicherheit. Zu diesen Schutzgütern zählen neben der Funktionsfähigkeit des Staates und der objektiven Rechtsordnung auch die Individualrechtsgüter der Einzelnen wie Leben, Gesundheit und Eigentum (vgl. Giemulla in: Giemulla/van Schyndel, a.a.O., § 3 Rn. 8 ff.; Kaienburg, JA 2019, 119, 120).

Die Ermessensentscheidung des LBA ist nach den vorliegenden Unterlagen rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

§ 3 Abs. 1 LuftSiG räumt der Luftsicherheitsbehörde zwar nicht ausdrücklich Ermessen ein. Dass es sich um eine Ermessensvorschrift handelt, ergibt sich aber jedenfalls aus der Entstehungsgeschichte und dem Zweck der Regelung, die den allgemeinen polizei- und ordnungsrechtlichen Regelungen nachgebildet ist. Auch die polizei- und ordnungsrechtlichen Generalklauseln sehen eine Ermessensentscheidung der Gefahrenabwehrbehörden vor. Darüber hinaus wäre die Regelung nicht verfassungskonform, wenn sie die Behörden stets ohne Prüfung der im Einzelfall betroffenen Interessen des Adressaten zwingend zum Einschreiten verpflichten würde (im Ergebnis wie hier Faust/Leininger in: Kölner Kompendium Luftrecht, Köln 2009, Band 2, Teil II A Rn. 68; Giemulla in: Giemulla/van Schyndel, a.a.O., § 3 Rn. 34; Buchberger, a.a.O., § 3 Rn. 4).

Die Luftsicherheitsbehörde hat ihr Ermessen entsprechend dem Zweck des § 3 Abs. 1 LuftSiG und unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen auszuüben (§ 40 VwVfG). Das Gericht hat ihre Ermessensentscheidung nur darauf zu überprüfen, ob sie diesen rechtlichen Rahmen eingehalten hat (§ 114 Satz 1 VwGO). Rechtsfehler sind danach hier nicht ersichtlich. Insbesondere liegt nach den vorliegenden Unterlagen kein unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht der Antragstellerin auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) vor.

Die Kammer kann offenlassen, ob die verfügte Tätigkeitsuntersagung als (subjektive) Beschränkung der Berufswahl oder – weil die untersagte Tätigkeit keinem tradierten Berufsbild zuzuordnen ist bzw. sich wesensmäßig nicht von der Tätigkeit in anderen Luftsicherheits-Kontrollberufen unterscheidet – als Beschränkung der Berufsausübung anzusehen ist. Denn selbst die weiterreichenden, für Eingriffe in die Freiheit der Berufswahl geltenden verfassungsrechtlichen Anforderungen sind erfüllt. Die Tätigkeitsuntersagung dient der Abwehr von Gefahren für Leib und Leben, die von in Flugzeugen deponierten Sprengsätzen oder sonstigen verbotenen Gegenständen ausgehen. Damit bezweckt die Maßnahme die Wahrung besonders wichtiger Schutzgüter, die der Freiheit des Einzelnen vorgehen.

Der Eingriff in die Berufsfreiheit der Antragstellerin ist mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. § 4 LuftSiG) vereinbar. Bei der Tätigkeitsuntersagung handelt es sich um die geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme, um auf das Fehlverhalten der Antragstellerin zu reagieren.

Die Tätigkeitsuntersagung ist die zur Gefahrenabwehr geeignete Maßnahme, weil sie dazu führt, dass die Antragstellerin nicht mehr als Kontrollkraft für Fracht und Post arbeiten darf und die aufgrund ihres schwerwiegenden Fehlverhaltens bei einer Fortsetzung der Tätigkeit zu befürchtenden Gefahren für Leib und Leben sich damit nicht verwirklichen können.

Die Untersagungsverfügung ist auch erforderlich. Gleich wirksame, aber weniger in die Rechte der Antragstellerin eingreifende Maßnahmen sind nicht ersichtlich. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin hätte das LBA nicht zunächst eine Nachschulung anordnen müssen. Dabei handelt es sich um keine gleich wirksame Maßnahme. Das LBA weist zutreffend darauf hin, dass die Antragstellerin erst wenige Wochen vor dem Vorfall am 3. Februar 2022 für ihre Zertifizierung als Kontrollperson ein Schulungs- und Prüfungsverfahren durchlaufen hatte, das mit der Prüfung vom 24. Januar 2022 abgeschlossen worden ist. Dies hat ihr Fehlverhalten nicht verhindern können. Daher ist nicht mit hinreichender Sicherheit zu erwarten gewesen, dass eine Nachschulung sorgfaltswidriges Verhalten der Antragstellerin künftig würde verhindern können. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin grundlegende Sorgfaltsregeln missachtet hat und dies auf eine grundsätzlich nicht hinreichend sorgfältige Kontrolltätigkeit der Antragstellerin hindeutet; die damit nicht auszuschließenden Risiken für die Luftsicherheit können wegen der drohenden schwerwiegenden Schäden nicht – und jedenfalls gegenwärtig auch nicht für eine Übergangszeit – hingenommen werden (s. oben). Auch eine bloße Abmahnung der Antragstellerin durch das LBA, die ebenfalls nicht den gleichen Schutz vor den Risiken wie eine Untersagungsverfügung bieten würde, kommt daher nicht in Betracht. Darüber hinaus ist fraglich, ob es für eine solche Abmahnung eine Rechtsgrundlage gäbe. Dies kann die Kammer aber für die Entscheidung im vorliegenden Eilverfahren offenlassen.

Die Tätigkeitsuntersagung ist auch die im konkreten Fall angemessene Maßnahme. Die insoweit erforderliche Interessenabwägung ergibt, dass das mit der Maßnahme verfolgte öffentliche Interesse die Interessen der Antragstellerin überwiegt. Mit der Tätigkeitsuntersagung sollen Gefahren für Leib und Leben verhindert werden, die sich im Falle einer Weiterbeschäftigung der Antragstellerin als Kontrollkraft für Fracht und Post aus ihrem schwerwiegenden Sorgfaltsverstoß ergeben (s. oben). Das LBA kommt mit der Maßnahme seiner sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitenden Schutzpflicht nach. Angesichts der erheblichen Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs, die aus dem Fehlverhalten der Antragstellerin resultieren, muss sie die mit der Tätigkeitsuntersagung verbundenen Beeinträchtigungen hinnehmen. Hinzu kommt im konkreten Fall, dass die Untersagungsverfügung sich nur auf die Tätigkeit als Kontrollkraft für Fracht und Post bezieht und der Antragstellerin damit nicht etwa die Tätigkeit als Kontrollkraft generell untersagt ist. Nach eigenen Angaben hat sie die Schulung und Prüfung für Personal- und Warenkontrollen absolviert sowie eine Schulung für Bewachungsaufgaben bei der Bundeswehr. Die Untersagungsverfügung hindert sie nicht daran, eine Tätigkeit in diesen Berufsbereichen aufzunehmen.

Die Tätigkeitsuntersagung ist auch nicht etwa deswegen unangemessen, weil das LBA die Untersagung nicht befristet hat. Denkbar ist zwar, dass die Untersagungsverfügung zu einem späteren Zeitpunkt unverhältnismäßig wird, weil die mit der Beschäftigung der Antragstellerin als Kontrollkraft verbundenen konkreten Gefahren aufgrund veränderter Verhältnisse nicht mehr festzustellen sind (vgl. § 4 Abs. 3 LuftSiG). Wann dies der Fall sein wird, ist gegenwärtig und war im Übrigen auch im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch nicht hinreichend sicher zu erkennen. Dafür ist eine Einzelfallprüfung notwendig, die die Entwicklungen nach der Tätigkeitsuntersagung berücksichtigt und zu bewerten hat, ob sich veränderte, für die Gefahrenprognose relevante Umstände ergeben haben. Solche Umstände können zum Beispiel vorliegen, wenn die Antragstellerin sich über einen ausreichend langen Zeitraum, der eine sichere Einschätzung ermöglicht, in einer Tätigkeit mit vergleichbarer persönlicher Verantwortung und vergleichbaren Risiken für die Allgemeinheit bewährt hat. Wegen der gegenwärtig aber vorliegenden Gefahrenlage und der Unsicherheiten darüber, in welchem Zeitraum sich prognoserelevante Änderungen ergeben könnten, bestand für das LBA keine Veranlassung, die Untersagungsverfügung schon jetzt zu befristen. Die Antragstellerin kann relevante Änderungen hinreichend durch einen späteren Antrag beim LBA auf Aufhebung der Untersagungsverfügung geltend machen.

Auch gegen die formelle Rechtmäßigkeit der angegriffenen Untersagungsverfügung bestehen keine Bedenken. Insbesondere ist das LBA die gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 LuftSiG für die ausgesprochene Untersagung zuständige Behörde. Nach dieser Vorschrift ist das LBA unter anderem zuständig für die Aufgaben nach § 9a LuftSiG einschließlich der Überwachung der Einhaltung der diesbezüglichen luftsicherheitsrechtlichen Verpflichtungen der Luftfahrtunternehmen und der Beteiligten an der sicheren Lieferkette. Die Antragstellerin ist als Kontrollkraft für Fracht und Post und in dieser Funktion als Angestellte eines reglementierten Beauftragten Beteiligte an der „sicheren Lieferkette“ mit eigenen luftsicherheitsrechtlichen Verpflichtungen gewesen (s. oben). Die Aufgabe der „Überwachung“ der sicheren Lieferkette umfasst auch den Erlass der nach § 3 Abs. 1 LuftSiG in diesem Zusammenhang notwendig werdenden Maßnahmen. Dies ergibt sich schon aus dem Zweck dieser und der übrigen Zuständigkeitsvorschriften des Luftsicherheitsgesetzes, die klare Zuständigkeiten mit effizienten Informations- und Entscheidungsstrukturen schaffen und dadurch die Sicherheit vor äußeren Angriffen auf den Luftverkehr erhöhen sollen (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, Bundestags-Drucksache 15/2361, S. 14). Die allgemeinen Polizei- und Ordnungsbehörden sind nach den Regelungen des Luftsicherheitsgesetzes nur dann für Gefahrenabwehrmaßnahmen zuständig, wenn das rechtzeitige Einschreiten der Luftsicherheitsbehörden nicht möglich ist (vgl. Giemulla in: Giemulla/von Schyndel, a.a.O., § 3 Rn. 55 und Kaienburg, JA 2019, 119, 120 - dieser zu der insoweit gleich zu beurteilenden Rechtslage nach § 29 LuftVG -). Ein solcher Sachverhalt lag hier nicht vor.

Es besteht auch ein besonderes öffentliches Interesse daran, die nach allem voraussichtlich rechtmäßige Tätigkeitsuntersagung schon vor Eintritt der Bestandskraft zu vollziehen. Aus den dargelegten Gründen ist der Antragstellerin wegen des von ihr ohne eigene Kontrolle erteilten Sicherheitsstatus ein besonders schwerwiegendes Fehlverhalten vorzuwerfen. Dieses Fehlverhalten begründet gegenwärtig die konkrete Gefahr, dass bei einem Einsatz der Antragstellerin als Kontrollperson verbotene Gegenstände an Bord eines Luftfahrzeugs gelangen und so gravierende Schäden insbesondere für Leib und Leben – unter anderem von Fluggästen, Crew und Flughafenpersonal – entstehen. Ein sofortiges Einschreiten war daher zwingend geboten.

Selbst wenn man die Entscheidung im Hauptsacheverfahren als offen ansehen würde, ergäbe sich bei der dann vom Gericht im Eilverfahren vorzunehmende Interessen- und Folgenabwägung kein anderes Ergebnis. Wegen der erheblichen Gefahren für den Luftverkehr, die bei fehlerhafter Vergabe des Sicherheitsstatus für Frachtsendungen entstehen, überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung das Interesse der Antragstellerin an einer Weiterbeschäftigung als Kontrollkraft für Fracht und Post.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus der Anwendung des § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG. Die Kammer hat sich dabei an der Regelung in Nr. 26.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert (NVwZ-Beilage 2013, 57). Im Hinblick auf die Vorläufigkeit der Entscheidung, die in einem Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ergeht, hat die Kammer diesen Betrag für das vorliegende Verfahren halbiert (vgl. Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, a.a.O.).