Verwaltungsgericht Hannover
v. 21.12.2011, Az.: 6 A 3975/10

Fortsetzungsfeststellungsinteresse; Ordnungsmaßnahme; Fortsetzungsfeststellungsklage; Parallelklasse; Überweisung; Rehabilitationsinteresse

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
21.12.2011
Aktenzeichen
6 A 3975/10
Entscheidungsform
Gerichtsbescheid
Referenz
WKRS 2011, 45260
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Erledigt sich die Überweisung in eine Parallelklasse schon während des Widerspruchsverfahrens, weil der Schüler die Schule wechselt, besteht in der Regel kein rechtlich geschütztes Interesse an der gerichtlichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ordnungsmaßnahme.

Tatbestand:

Der Kläger besuchte im Schuljahr 2009/2010 den 4. Jahrgang der Beklagten, einer Grundschule in Hannover. Am 20. Mai 2010 war er an einer körperlichen Auseinandersetzung im Klassenraum seiner Klasse 4d beteiligt.

Der sich daran anschließenden Absicht der Schulleiterin der Beklagten, den Kläger zum 26. Mai 2010 angesichts der sich bei ihm häufenden Schwierigkeiten sich an Regeln der Klassen- und Schulordnung zu halten, in die Parallelklasse 4a umzusetzen, widersprachen die Eltern des Klägers schriftlich. In der ergänzenden Stellungnahmen ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 28. Mai 2010 heißt es dazu unter anderem, der Vorfall vom 20. Mai 2010 habe eine intensive innerfamiliäre Auseinandersetzung zur Folge gehabt. Die Voraussetzungen einer Ordnungsmaßnahme seien nicht gegeben, einem angemessenen Erziehungsmittel stehe der Kläger aber aufgeschlossen gegenüber.

Die Klassenkonferenz der Klasse 4d der Beklagten beschloss am 4. Juni 2010, den Kläger bis zum Ende des laufenden Schuljahres in die Klasse 4a zu überweisen und die sofortige Vollziehung der Ordnungsmaßnahme anzuordnen.

Gegen den entsprechenden Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 2010 erhob der Kläger mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 23. Juni 2010 Widerspruch. Diesen begründete er am 11. August 2010 damit, dass er gegen die Schulleiterin der Beklagten und den Klassenlehrer der Klasse 4d schon vor der Klassenkonferenz Befangenheitsanträge gestellt habe und diese bisher nicht beschieden worden seien. Im Übrigen griff der Kläger die der Konferenzentscheidung zugrunde liegenden Tatsachenfeststellungen der Schule an.

Mit Nachricht vom 25. August 2010 teilte die Niedersächsische Landesschulbehörde dem Kläger mit, dass sie das Widerspruchsverfahren eingestellt habe, weil sich der Widerspruch gegen die angefochtene Ordnungsmaßnahme mit dem Übergang des Klägers in eine Realschule sachlich erledigt habe.

Mit der am 15. September 2010 erhobenen Klage beansprucht der Kläger die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des ursprünglich angefochtenen Bescheids der Beklagten vom 7. Juni 2010 über seine Überweisung in die Parallelklasse.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass der Bescheid der Beklagten rechtswidrig gewesen ist. An der Klassenkonferenz hätten die Schulleiterin und der Klassenlehrer teilgenommen, obwohl beide von ihm als befangen abgelehnt worden seien und eine überprüfbare Entscheidung der Landesschulbehörde über die Ablehnungsgesuche nicht vorliege. Auch die Lehrerin H. habe an der Klassenkonferenz teilgenommen, obwohl für diese ein Mitwirkungsverbot bestanden habe, denn auch sie habe sich bei dem Vorfall vom 20. Mai 2010 von ihm bedroht gefühlt. Auch der Ablauf der Klassenkonferenz sei rechtlich zu beanstanden. Ihm selbst habe man die Teilnahme nicht gestattet und seinem Vater habe man nicht erlaubt, sich zum bisherigen Verfahrensgang und zur rechtlichen Würdigung der Vorgänge zu äußern.

Fehlerhaft seien schließlich auch die zugrunde gelegten Tatsachen über den Vorfall am 20. Mai 2010. So habe sich keines der von seinem Vater nachträglich befragten Kinder von ihm bedroht gefühlt. Zu bestanden seien ferner die Annahme eines von ihm ausgehenden Gefährdungspotenzials, die Berücksichtigung zweier weiterer Vorfälle nach dem 20. Mai 2010 und die mit der Ordnungsmaßnahme getroffene Abwägung, welche den Versöhnungsgedanken gänzlich unerwähnt und unberücksichtigt lasse.

Das Feststellungsinteresse ergebe sich aus der Notwendigkeit seiner Rehabilitation. Für ihn sei es von Interesse, gegenüber der jetzt besuchten Schule nachweisen zu können, dass die ihn vorbelastende Überweisung in die Parallelklasse rechtswidrig gewesen sei. Daneben zähle die Überweisung in die Parallelklasse zur Fallgruppe der sich typischerweise kurzfristig erledigenden Verwaltungsakte, bei denen sich das Feststellungsinteresse aus der institutionellen Garantie des Rechtsschutzes durch Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz ergebe. Die Möglichkeit des vorläufigen Rechtsschutzes reiche insoweit nicht aus.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 2010 rechtswidrig gewesen ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

Die Beklagte trägt vor, dass die am Tag vor der Konferenz gestellten Befangenheitsanträge gegen ihre Schulleiterin und den Klassenlehrer vor der Konferenz von der Schulbehörde überprüft worden seien. Die Schulbehörde habe entschieden, dass die Konferenz wie geplant stattfinden könne. Der Vater des Klägers habe sich in die Konferenz ausreichend einbringen können. Es seien insoweit auch keine unliebsamen Äußerungen unterbunden worden, vielmehr habe der Vater eine Erörterung der bereits geprüften Befangenheitsanträge voranstellen wollen. Im Übrigen verweist die Beklagte hinsichtlich des Fehlverhaltens des Klägers auf die Begründung des Bescheids über die Ordnungsmaßnahme. Ergänzend legt die Beklagte hinsichtlich des Vorgehens ihrer Schulleitung und des Klassenlehrers bis zur Klassenkonferenz sowie wegen der Tatsachengrundlagen ihrer Konferenzentscheidung ergänzende schriftliche Stellungnahmen der Schulleiterin sowie des Klassenlehrers vom 13. Oktober 2010 vor. Zu den Ermessenerwägungen der Klassenkonferenz trägt die Beklagte vor, dass angesichts der Situation am 20. Mai 2010 eine angemessene Reaktion zur Beruhigung der Lage in der Schule angezeigt gewesen sei. Ein befristeter Ausschluss vom Unterricht oder dessen Androhung wäre pädagogisch nicht sinnvoll gewesen. Die in den Wochen bis zum Unterrichtsende am 23. Juni 2010 noch anstehenden Projekte und Unterrichtsgänge hätten einen befristeten Ausschluss vom Unterricht nicht zugelassen. Die Überweisung in eine Parallelklasse sei ein geeignetes Mittel gewesen, wobei A. unter Eingliederung in das neue Klassengefüge ein gemeinschaftsförderliches Verhalten habe lernen können. Außerdem sei diese Maßnahme erforderlich gewesen, um den Klassenfrieden bei den anstehenden Projekten in der Klasse 4d zu wahren. Lerntechnisch habe die Entscheidung des Klassenwechsels keine Probleme bereitet, weil die Zeugnisse seinerzeit bereits erteilt worden seien und kein wesentlicher Unterrichtsstoff habe versäumt werden können. Für A. sei dies das mildeste Mittel gewesen, weil es ihm einen Neustart ermöglicht habe, ohne von den anstehenden Projekten ausgeschlossen zu werden. Insoweit habe sich die Klassenkonferenz eine Teilnahme am Zirkusprojekt nur unter Wechsel in eine neue Lerngruppe vorstellen können. Dagegen hätte der Ausschluss von diesem Projekt für den Schüler angesichts der langen Planung, der pädagogisch ausgebildeten Zirkusmitarbeiter und der damit verbundenen Gelegenheit zur Förderung und Erweiterung seiner Sozialkompetenz eine unverhältnismäßige Härte bedeutet.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakte A) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Nach erfolgter Anhörung der Beteiligten kann das Verwaltungsgericht über die vorliegende Klage gemäß § 84 Abs. 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden.

Die Klage, die auf eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der mit dem Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 2010 bekannt gegebenen Überweisung des Klägers in eine Parallelklasse gerichtet ist, ist unzulässig.

Hat sich ein Verwaltungsakt schon vor Klageerhebung sachlich erledigt, so dass von ihm keine unmittelbaren Rechtsfolgen ausgehen, kann dieser nicht mehr zum Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) gemacht werden. Die Klagearten sind in der Verwaltungsgerichtsordnung abschließend geregelt. Sachurteilsvoraussetzung der gerichtlichen Anfechtung eines Verwaltungsakts ist nach § 42 Abs. 2 VwGO, dass dessen unmittelbare Rechtsfolgen den Kläger (noch) in seinen Rechten verletzen können. Das ist in Bezug auf die Überweisung des Klägers in eine Parallelklasse seit dem Ende des Unterrichts des Schuljahres 2009/2010 am 23. Juni 2010 nicht mehr der Fall. Mit Beginn der Sommerferien am 24. Juni 2010 ruhte der Schulbetrieb auch für den Kläger, so dass sich auch seine Zuweisung zur Parallelklasse 4a mit dem letzten Unterrichtstags des Schuljahres in tatsächlicher Hinsicht erledigt hatte.

Die Klage ist entgegen der von dem Kläger vertretenen Ansicht auch nicht als sog. Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig.

Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn sich der angefochtene Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Zwar ist diese besondere Zulässigkeitsregelung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf die Fälle entsprechend anzuwenden, in denen sich ein Verwaltungsakt - wie vorliegend - bereits vor der Klagerhebung erledigt hat (BVerwG, Urt. vom 14.7.1999, BVerwGE 109, 203 ff. = NVwZ 2000 S. 63, 64, m.w.N.), wobei sich das prozessuale Erfordernis eines Feststellungsinteresses aus § 43 Abs. 1 VwGO ergibt. Auch ist eine Fortsetzungsfeststellungsklage nicht an die Fristen der §§ 74 Abs. 1 bzw. 58 Abs. 2 VwGO gebunden (BVerwG, Urt. vom 14.7.1999, a.a.O., NVwZ 2000 S. 64 [BVerwG 14.07.1999 - BVerwG 6 C 7/98]), wenn sich ein Verwaltungsakt vor Eintritt seiner Bestandskraft erledigt hat.

Allerdings ist auch bei entsprechenden Anwendung der Grundsätze der Fortsetzungsfeststellungsklage zu beachten, dass § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO die Fortsetzungsfeststellungsklage nur ermöglicht, um einen Kläger nicht ohne Not um die Früchte seiner bisher zulässigen Klage zu bringen. Deshalb muss die Inanspruchnahme der Hilfe des Gerichts auch in diesem Fall dem effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) des Klägers dienen. Dagegen dient der gerichtliche Rechtsschutz auch im Fall der Fortsetzungsfeststellungsklage nicht dazu, dass sich ein Kläger nachträglich die Richtigkeit seiner Rechtsauffassungen oder Tatsachenbehauptungen bestätigen lassen kann. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist daher nur zulässig, wenn ein Urteil des Verwaltungsgerichts trotz eingetretener Erledigung des Klageanspruchs die Stellung des Klägers in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Hinsicht noch konkret verbessern könnte, wenn der Kläger also mit dem angestrebten Urteil „in der Sache“ noch etwas anfangen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.10.1989 - BVerwG 7 B 108.89 -, NVwZ 1990 S. 360, 361 m.w.N.).

Ein so verstandenes berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides der Beklagten vom 7. Juni 2010 hat der Kläger nicht:

In rechtlicher Hinsicht könnte eine gerichtliche Überprüfung der Rechtsmäßigkeit der Überweisung in eine Parallelklasse die Position des Klägers nicht mehr verbessern. Mit dem Aufrücken in den 5. Jahrgang einer Schule des Sekundarbereichs I ist das schulrechtliche Verhältnis des Klägers zur Beklagten beendet. Im Übrigen lag das (Schuljahres-) Zeugnis mit der darin enthaltenen Beurteilung des Sozialverhaltens des Klägers bereits vor, als die Konferenz die Ordnungsmaßnahme beschloss. Die von dem Kläger seit seinem Wechsel in die Realschule besuchte I. -Schule hat auch nicht ihrerseits auf neue Pflichtverletzungen des Schülers in einem Verfahren nach § 61 NSchG reagiert und dabei die von der Grundschule ergriffene Ordnungsmaßnahme zum Teil ihrer Entscheidungsgrundlage gemacht. Vielmehr trägt der Kläger selbst vor, dass es bisher in der I. -Schule keinen diesbezüglichen Vorfall gegeben habe. Weitere rechtliche Auswirkungen auf den weiteren Bildungsweg, die von der Ordnungsmaßnahme einer Versetzung in die Parallelklasse ausgelöst werden könnten, sind weder ersichtlich noch denkbar.

Aus ideellen Gründen, nämlich zum Zweck der Rehabilitation für eine erlittene Verletzung eigener Rechte, kann der Kläger ein Feststellungsinteresse ebenfalls nicht herleiten.

Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG gebietet es nicht, das jeder belastende Verwaltungsakt, von dem nach seiner sachlichen Erledigung keine belastenden Rechtswirkungen mehr ausgehen, allein aus Gründen der Rehabilitation in einem gerichtlichen Verfahren nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auf seine Rechtmäßigkeit überprüft werden müsste. So kann allein eine erledigte Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit noch kein berechtigtes (Rehabilitations-) Interesse nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO begründen. Andernfalls liefe diese Sachurteilsvoraussetzung leer, denn jeder nach § 42 Abs. 1 VwGO anfechtbare Verwaltungsakt greift in das allgemeine Freiheitsrecht seines Adressaten aus Art. 2 Abs. 1 GG ein. Aus diesem Grund kann ein Rehabilitationsinteresse nur dann zur Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO führen, wenn der vor Klageerhebung erledigte Verwaltungsakt nicht nur allgemein, sondern weitreichend in die Grundrechte des Betroffenen eingegriffen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.3.1999 - BVerwG 1 C 12.97 -, NVwZ 1999 S. 991; Beschluss vom 30.04.1999 - BVerwG 1 B 36.99 -, Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 6; Urt. der Kammer vom 19.07.2011 - 6 A 4944/10 -, http://www.dbovg.niedersachsen.de; jeweils m.w.N.), was beispielsweise für die Fälle eines Eingriffs des Staates in die Privatsphäre eines Betroffenen angenommen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.1997 - BVerwG 1 C 2.95 -, NJW 1997 S. 2534 ff.).

Demzufolge hat das Verwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung ein rechtlich geschütztes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit erledigter Ordnungsmaßnahmen nur dann angenommen, wenn es sich dabei um Maßnahmen der in § 61 Abs. 3 Nr. 2 bis 6 des Niedersächsischen Schulgesetzes in seiner bis zum 31. Juli 2011 geltenden Fassung (i.d.F. vom 03.03.1998, Nds. GVBl. S. 137) - NSchG a.F. - genannten Art gehandelt hat, also um die Überweisung an eine andere Schule, der Ausschluss vom Unterricht oder dessen Androhung sowie die Verweisung von allen Schulen oder deren Androhung (vgl. Urt. vom 15.03.2007 - 6 A 8697/06 -; juris Langtext). Ein Unterrichtsausschluss kann naturgemäß den Erfolg des individuellen Bildungswegs eines Kindes oder Jugendlichen beeinflussen, die übrigen genannten Ordnungsmaßnahmen regeln unmittelbar und auf Dauer den persönlichen Bildungsweg der Betroffenen. Diese Ordnungsmaßnahmen gehen somit stets mit Eingriffen der Schule in die Grundrechte von Schülerinnen und Schülern und ihrer sorgeberechtigten Eltern einher, nämlich in das aus Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete und in Art. 4 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung verankerte Recht der Schülerinnen und Schüler auf Bildung (§ 54 Abs. 1 NSchG) sowie in das Bildungsbestimmungsrecht ihrer Erziehungsberechtigten aus Art. 6 Abs. 2 GG (§ 59 Abs. 1 NSchG).

Das gilt für die Überweisung in eine Parallelklasse nach § 61 Abs. 3 Nr. 1 NSchG a.F. aber nicht. Die Überweisung einer Schülerin oder eines Schülers in eine Parallelklasse berührt weder das Recht des Schulkindes auf Bildung noch das Recht seiner Erziehungsberechtigten, auf die entscheidenden Schritte in der Schullaufbahn ihres Kindes Einfluss nehmen zu können. Insbesondere vermitteln weder das Recht auf Bildung noch das Erziehungsrecht der Eltern einen Anspruch darauf, dass eine Schülerin oder ein Schüler unter mehreren eingerichteten Schulklassen einer Jahrgangsstufe eine bestimmte (Parallel-) Klasse besucht. Das gilt auch im vorliegenden Fall.

Die von der Klassenkonferenz der Klasse 4b am 4. Juni 2010 beschlossene Überweisung des Klägers in die Parallelklasse 4a konnte sich nach ihrem Wirksamwerden durch Bekanntgabe des Bescheids der Schule vom 7. Juni 2010 nur noch auf einen Zeitraum des Schulbetriebs von etwa 10 Unterrichtstagen auswirken. Da zu diesem Zeitpunkt die Zeugnisse und die Schullaufbahnempfehlungen bereits erteilt worden waren und nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten im Wesentlichen nur noch Projekte und Unterrichtsgänge der 4. Klassen stattfanden, hat die Ordnungsmaßnahme nur die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) des Klägers berührt, indem sie ihm die Möglichkeit genommen hat, an den vorgesehenen Unterrichts- und sonstigen Veranstaltungen zusammen mit den gewohnten Lehrkräften und Mitschülerinnen und Mitschülern sowie in dem bisherigen Klassenraum teilzunehmen. Zugleich musste er durch seine Eltern vertreten in wichtigen schulischen Angelegenheiten für die wenigen noch verbleibenden Unterrichtstage den Kontakt zu anderen Lehrkräften suchen. Schließlich kann sich der Kläger auch auf keine fortwirkende Verletzung seines Persönlichkeitsrechts berufen, denn die für die Verwaltung der Schulen geltenden Vorschriften über die Aufbewahrung von Schriftgut in Schulen und Löschung personenbezogener Daten (RdErl. des MK vom 10.11.2005, SVBl. S. 7) bestimmen in Nr. 3.1.8 für die bei der Beklagten entstandenen Aktenvorgänge mit dem Schriftgut über die Pflichtwidrigkeit des Klägers und die darauf folgende Ordnungsmaßnahme, soweit sie nicht noch Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens sind, eine Aufbewahrungs- und Löschungsfrist von einem Jahr nach Verlassen der Grundschule. Im Übrigen ist weder ersichtlich noch von dem Kläger dargetan, in welcher Hinsicht sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch eine Beeinträchtigung seiner Persönlichkeit etwa in Gestalt eines Ansehensverlusts manifestieren könnte. Insbesondere trägt der Kläger gerade nicht vor, dass die jetzt von ihm besuchte Realschule einen inneren Zusammenhang mit der Ordnungsmaßnahme der Beklagten und seinem Verhalten in der weiterführenden Schule sieht. Im Übrigen ist es nicht streitig, dass der Kläger am 20. Mai 2010 an einer körperlichen Auseinandersetzung im Klassenraum seiner Klasse 4d beteiligt war, und die weiteren Umstände, die zu dem Konferenzbeschluss vom 4. Juni 2010 geführt haben, sind nicht Gegenstand der vorliegenden Klage. Somit Verbleiben als „Nachwirkungen“ des Bescheides vom 7. Juni 2010 nur die mit der Ordnungsmaßnahme verbundenen geringfügigen Einschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit des Klägers für wenige Schultage. Diese lassen sich nicht mit weitreichenden Eingriffen in Grundrechte von Schülerinnen und Schülern sowie ihrer Erziehungsberechtigten gleichsetzen, wie dieses beispielweise bei einer Nichtversetzung der Fall ist (vgl. VG Hannover, Urt. vom 23.04.2003 - 6 A 5808/02 -; juris Langtext, m.w.N.).