Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 18.01.2007, Az.: L 6 U 96/06 ZVW
Aufbau von Partyzelten als Zeltbauer im gewerberechtlichen Sinn; Änderung der Veranlagung des Unternehmens des Klägers zur Gesetzlichen Unfallversicherung nach dem Gefahrtarif; Zeltbauer bei einem gelegentlichen Aufbau von Zelten; Arbeiten in großen Montagehöhen und Bestehen eines erheblichen Absturzrisikos als Charakteristika des Zeltbaugewerbes; Bestehen einer Absturzgefahr bei einer maximalen Montagehöhe von 2,40 m
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 18.01.2007
- Aktenzeichen
- L 6 U 96/06 ZVW
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 49834
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2007:0118.L6U96.06ZVW.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - 28.11.2002 - AZ: S 36 U 11/02
Rechtsgrundlage
- § 159 Abs. 1 S 1 SGB VII
Tenor:
- 1.
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 28. November 2002 und der Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2001 aufgehoben.
- 2.
Der Bescheid der Beklagten vom 9. April 1999 wird insoweit aufgehoben, als das Unternehmen des Klägers zu der Gefahrklasse 10,5 veranlagt worden ist. Die Beklagte wird verurteilt, insoweit das Unternehmen des Klägers für die Tarifzeit des Gefahrtarifs 1999 zu der Gefahrklasse 3,5 in der Tarifstelle 09 (lfd Nr. 26) zu veranlagen.
- 3.
Die Beklagte trägt die gesamten Kosten des Verfahrens.
- 4.
Der Streitwert wird auf 11.780,99,- EUR festgesetzt.
- 5.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Änderung der Veranlagung des Unternehmens des Klägers zur Gesetzlichen Unfallversicherung nach dem Gefahrtarif 1999. Der Kläger war bis 1991 im (Zeltbau)betrieb seines Vaters tätig. Seit 1991 betreibt er in Einzelfirma ausschließlich das Unternehmen mit dem Verleih von Partyzelten, Geschirr, Möbeln und Zubehör. Partyzelte werden von seinem Unternehmen auch auf- und abgebaut. Mit Bescheid vom 9. April 1999 hatte die Beklagte das Unternehmen ab 1. Januar 1999 zu der Tarifstelle 02 lfd Nr. 11 (Zimmererarbeiten, Ingenieurholzbau, Tribünenbau, Zeltbau) mit der Gefahrklasse 10,5 veranlagt.
Am 14. Juni 2001 beantragte der Kläger die Gefahrklasse herabzusetzen. Denn anders als bei Zimmerern und Tätigkeiten im Ingenieurholzbau würden in seinem Betrieb keine Arbeiten in großer Höhe verrichtet, sondern nur Transportarbeiten und Montagetätigkeiten im Bereich von bis zu zwei Metern Höhe. Mit Bescheid vom 26. Juni 2001 lehnte die Beklagte die Änderung der Veranlagung mit der Begründung ab, der Kläger sei zutreffend veranlagt, da er Zeltbau betreibe (bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2001).
Die dagegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) Hannover mit Urteil vom 28. November 2002 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Änderung der Veranlagung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII, weil er nicht zu einer zu hohen Gefahrklasse veranlagt worden sei. Eine andere Veranlagung sei nicht möglich. Denn das Unternehmen unterfalle zum einen dem Wortlaut der Aufzählung in der Gefahrtarifstelle, zum anderen führe der Kläger auch tatsächlich Zeltbau aus.
Gegen dieses am 10. Dezember 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 2. Januar 2003 Berufung eingelegt. Die Beklagte hat den Bericht des Technischen Aufsichtsbeamten F. vom 9. November 2004 eingereicht. Im vorbereitenden Verfahren ergänzte der Aufsichtsbeamte F. im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes mit den Beteiligten am 9. Mai 2005 seine Angaben. Der erkennende Senat hob mit Urteil vom 16. Juni 2005 die Entscheidung des SG sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Dezember 2001 auf. Außerdem hob er den Bescheid der Beklagten vom 9. April 1999 insoweit auf, als das Unternehmen des Klägers zu der Gefahrklasse 10,5 veranlagt worden ist und verurteilte die Beklagte, insoweit das Unternehmen des Klägers für die Tarifzeit des Gefahrtarifs 1999 zu der Gefahrklasse 3,5 in der Tarifstelle 09 (lfd Nr. 26) zu veranlagen. Zur Begründung führte er im Einzelnen aus: Die Beklagte sei gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII verpflichtet, den bestandskräftigen Veranlagungsbescheid vom 9. April 1999 mit Wirkung für die Vergangenheit zu ändern, weil sie den Kläger aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen zu einer zu hohen Gefahrklasse veranlagt habe. Denn die Zuordnung der Tätigkeit des Klägers als Zeltbau i.S.d. Gefahrtarifstelle 02 lfd Nr. 11 sei nicht gerechtfertigt. Der Kläger beschäftige sich zwar auch mit dem Auf- und Abbau von Zelten. Er werde dadurch jedoch nicht zum Zeltbauer i.S. dieser Tarifstelle, denn mit dem dortigen Begriff des Zeltbauers sei eine anders gelagerte Tätigkeit gemeint. Dies ergebe sich aus dem systematischen Vergleich mit den übrigen bei der Gefahrtarifstelle 02 genannten Unternehmen, bei denen wegen der Arbeiten in großen Montagehöhen ein erhebliches Absturzrisiko bestehe. Dagegen seien Beschäftigte beim - vom Kläger ausschließlich betriebenen - Auf- und Abbau von Partyzelten einem solchen gewerbetypischen Risiko nicht ausgesetzt. Der Kläger habe einen Anspruch darauf, dass sein Unternehmen zu der Tarifstelle 09 lfd Nr. 26 mit der Gefahrklasse 3,5 veranlagt werde. Diese Tarifstelle umfasse Dekorationsarbeiten, die durchweg nicht in großen Höhen ausgeführt werden, u.a. Schaufensterdekorationen, Schaufenstergestaltung, Gebrauchswerbung, Raumausstattung, Messe-, Ausstellungsbau. Der Kläger lasse sich mit seiner Tätigkeit zwanglos in die Reihe der genannten Unternehmensarten einordnen, und es stehe nach den sachkundigen Ausführungen des Aufsichtsbeamten F. fest, dass der Gewerbezweig Partyzeltbau ein annähernd gleiches Unfallrisiko zu den übrigen in der Tarifstelle 09 genannten Gewerbezweigen aufweise. Insbesondere bestehe eine deutliche sachliche Nähe zu dem dort genannten Messe- und Ausstellungsbau.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat das BSG das Urteil des erkennenden Senats aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Senat habe die Beklagte - verfahrensfehlerhaft - verurteilt, den Kläger mit der Gefahrklasse 3,5 zu veranlagen. Denn der Kläger habe schriftsätzlich die Einstufung in die Gefahrklasse 5,0 beantragt. Ob weitere von der Beklagten gerügte Verfahrensverstöße vorlägen und ob die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz gegeben seien, könne auf sich beruhen. In dem wieder eröffneten Berufungsverfahren sei auch zu prüfen, ob die weitere Voraussetzung des § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII erfüllt sei, dass das Unternehmen selbst die fehlerhafte Veranlagung nicht zu vertreten habe.
Nach der Zurückverweisung durch das BSG trägt der Kläger vor, er habe nach der Übernahme des Betriebes von seinem Vater nur noch Partyzelte vermietet und zunächst nicht auf die Höhe der Beiträge geachtet. Erst als es für ihn wirtschaftlich eng geworden sei, habe er seine Kosten überprüft und festgestellt, dass er in einer viel zu hohen Gefahrklasse sei.
Der Kläger beantragt,
- 1.
das Urteil des SG Hannover vom 28. November 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 26. Juni 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2001 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 9. April 1999 zu ändern,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, sein Unternehmen für die Tarifzeit des Gefahrtarifs 1999 zu der Gefahrklasse 3,5 zu veranlagen
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 28. November 2002 zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt ergänzend vor, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger die - unterstellte - fehlerhafte Veranlagung nicht zu vertreten habe. Denn ihm sei bereits durch vorangegangene Veranlagungsbescheide bekannt gewesen, dass sein Unternehmen in die Gefahrtarifstelle "Zeltbau" eingestuft sei. Er habe es versäumt, gegen den Veranlagungsbescheid Widerspruch einzulegen. Da eine höchstrichterliche Rechtsprechung zur Auslegung dieses Tatbestandsmerkmales (vom Unternehmer nicht zu vertreten) fehle, sei die Revision zuzulassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakte Bezug genommen. Der Entscheidungsfindung haben die Verwaltungsakten der Beklagten zu Grunde gelegen.
Entscheidungsgründe
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und damit zulässig. Sie ist auch begründet. Die Beklagte ist gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII verpflichtet, den bestandskräftigen Veranlagungsbescheid vom 9. April 1999 mit Wirkung für die Vergangenheit zu ändern, weil sie den Kläger aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen zu einer zu hohen Gefahrklasse veranlagt hat. Denn das Unternehmen des Klägers unterfällt nicht dem Gewerbezweig "Zeltbau". Der Kläger hat außerdem einen Anspruch darauf, statt zu der Gefahrklasse 10,5 (Tarifstelle 02 lfd Nr. 11) zu der Gefahrklasse 3,5 (Tarifstelle 09 lfd Nr. 26) veranlagt zu werden
Rechtsgrundlage für den bestandskräftigen Veranlagungsbescheid ist § 159 Abs. 1 S 1 SGB VII, nach dem der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu Gefahrklassen veranlagt. Der Gefahrtarif wird nach Tarifstellen gegliedert, in denen Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden (§ 157 Abs. 2 S 1 SGB VII). Das bedeutet, dass bei einem Gefahrtarif, der - wie hier - nach Gewerbezweigen gegliedert ist, Gewerbezweige mit annähernd gleichem Unfallrisiko zu Tarifstellen zusammengefasst werden sollen (BSGE 91, 128 [BSG 24.06.2003 - B 2 U 21/02 R]). Dabei sind in erster Linie die tatsächlichen Gefahren maßgebend (BSGE 55, 26, 28) [BSG 22.03.1983 - 2 RU 27/81].
Unter dem somit entscheidenden Gesichtspunkt der Unfallgefährdung ist die Zuordnung des Betriebes des Klägers als Zeltbau i.S.d. Gefahrtarifstelle 02 lfd Nr. 11 nicht gerechtfertigt. Zwar unterfällt das Unternehmen nach dem Wortlaut ("Hinrichs Zelte") der Tarifstelle. Der Kläger baut auch "zum Teil" (vgl. Schreiben vom 21. März 1991) Zelte auf. Bei lebensnaher Betrachtung ist er jedoch kein Zeltbauer i.S. dieser Tarifstelle, denn mit dem dortigen Begriff des Zeltbauers ist eine anders gelagerte Tätigkeit gemeint. Dies ergibt sich aus dem systematischen Vergleich mit den übrigen bei der Gefahrtarifstelle 02 genannten Unternehmensartbeschreibungen. Denn dort sind außer dem Zeltbau die Unternehmenszweige Dacharbeiten, Gerüstbau und -verleih, Zimmererarbeiten, Ingenieurholzbau und Tribünenbau genannt. Dabei handelt es sich um Gewerbezweige, die durch Arbeiten in großen Montagehöhen geprägt sind und bei denen deshalb ein erhebliches Absturzrisiko besteht. Folglich lässt sich unter "Zeltbau" nur ein Unternehmen fassen, bei dem - wenigstens für einen Teil der Arbeiten - das für die Tarifstelle charakteristische hohe Gefährdungsrisiko besteht.
In diesem hier zu beurteilenden Einzelfall hat die Prüfung indes ergeben, dass die Beschäftigten beim Auf- und Abbau der vom Kläger verliehenen Partyzelte einem solchen gewerbetypischen Risiko nicht ausgesetzt sind. Dies steht aufgrund der sachkundigen Stellungnahme des technischen Aufsichtsbeamten F. vom 9. November 2004 fest. Dieser hat nach einer Besichtigung des Betriebes des Klägers festgestellt, dass sich der Aufbau dieser Zelte mit überschaubarer Absturzgefahr praktizieren lässt: Das gesamte Zeltgerüst wird vom Boden aus erstellt. Auch die Plane wird vom Boden aus über Zugseile über die Rahmen gezogen, so dass während des gesamten Zeltbaus keine Person auf die Dachkonstruktion steigen muss. Abgesehen von der Giebelplane beträgt die maximale Montagehöhe 2,40 m und ist von der 2. bis 3. Leitersprosse zu erreichen. Allenfalls beim Zuknöpfen des Stoßes in Giebelmitte kann eine maximale theoretische Absturzhöhe von 2,25 m erreicht werden für eine extrem kurze Zeitdauer. Dagegen sind beim Schützenzeltbau Absturzhöhen von 10 bis 15 m zu verzeichnen. Außerdem müssen Beschäftigte dort tatsächlich auf den Zeltdächern arbeiten, so dass sie über einen zeitlich nennenswerten Zeitraum in erheblicher Höhe der Gefahr des Abstürzens ausgesetzt sind. Abschließend hat der technische Aufsichtsbeamte ausdrücklich festgehalten, dass der von dem Betrieb des Klägers praktizierte Partyzeltbau mit dem klassischen Auf- und Abbau von Schützenfestzelten überhaupt nichts zu tun hat.
Die Änderung der Veranlagung des Unternehmens des Klägers ist auch zulässig, weil der Gefahrtarif der Beklagten mit der Tarifstelle 09 lfd. Nr. 26 mit der Gefahrklasse 3,5 eine Tarifstelle enthält, der das Unternehmen des Klägers nach Art und Gegenstand zuzurechnen ist (vgl. dazu BSG Urteil vom 28. November 2006 - B 2 U 10/05 R). Diese Tarifstelle umfasst Dekorationsarbeiten, die durchweg nicht in großen Höhen ausgeführt werden, u.a. Schaufensterdekorationen, Schaufenstergestaltung, Gebrauchswerbung, Raumausstattung, Messe-, Ausstellungsbau. Die Tätigkeit des Klägers als Betreiber eines Partyzeltbaus wird zwar im Wortlaut der Unternehmensartbeschreibung der Tarifstelle 09 nicht ausdrücklich genannt. Die Aufzählung dort ist jedoch nicht abschließend, wie sich insbesondere aus der Bezeichnung "ua" ergibt. Der Kläger lässt sich mit seiner Tätigkeit zwanglos in die Reihe der genannten Unternehmensarten einordnen, und es steht nach den sachkundigen Ausführungen des Aufsichtsbeamten F. fest, dass der Betrieb des Klägers ein annähernd gleiches Unfallrisiko zu den übrigen in der Tarifstelle 09 genannten Gewerbezweigen aufweist. Insbesondere besteht eine deutliche sachliche Nähe zu dem dort genannten Messe- und Ausstellungsbau. Danach handelt es sich jeweils um temporäre Konstruktionen, die ständig auf- und abgebaut werden, auch wenn Unterschiede in den einzelnen Materialien bestehen.
Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger die Veranlagung zu der zu hohen Gefahrklasse zu vertreten hat. Dies ergibt sich nicht allein aus dem Umstand, dass der Kläger die Veranlagungsbescheide vom 8. April 1991 und 9. April 1999 hat bestandskräftig werden lassen. Denn § 160 SGB VII ist überhaupt erst anwendbar, wenn ein Veranlagungsbescheid bestandskräftig ist und erfordert die zusätzliche Prüfung, wer eine unrichtige Veranlagung zu vertreten hat. Der Senat teilt auch nicht die Ansicht der Beklagten, wonach nur der Unternehmer geschützt ist, "der bei aller Sorgfalt eine rechtszeitige Klärung der Veranlagung nicht erreichen konnte". Denn das würde bedeuten, dass der Unternehmer jede Einzelheit des Veranlagungsbescheides nachprüfen müsste und würde voraussetzen, dass er sich in der komplizierten Materie des Beitragsrechts zumindest so gut auskennt wie die Mitarbeiter der Beklagten. Dies kann von einem Unternehmer nicht verlangt werden. Der Senat folgt vielmehr der übereinstimmenden Meinung in der Kommentarliteratur zu § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII, wonach der Unternehmer die unrichtige Veranlagung nicht zu vertreten hat, wenn er richtige und vollständige Angaben gemacht hat und es - wie im vorliegenden Fall - zu einer Fehlbeurteilung durch den Unfallversicherungsträger gekommen ist (vgl. Ricke in KassKomm, RN 5; Platz in Lauterbach, Unfallversicherung, RN 8; Freischmidt in Hauck/Noftz, RN 8; Bereiter/Hahn-Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, RN 7 wohl auch, Brackmann/Burchardt § 160 RN 17). Diese Interpretation ist insbesondere vor dem Hintergrund überzeugend, dass der ungekehrte Fall - die Änderung der Veranlagung zu einer zu niedrigen Gefahrklasse - gemäß Abs. 2 Nr. 1 der Vorschrift voraussetzt, dass ein Unternehmer seinen Mitteilungspflichten nicht rechtzeitig nachgekommen ist oder seine Angaben unrichtig oder unvollständig waren. Im vorliegenden Fall können dem Kläger keine unrichtigen Angaben vorgeworfen werden: Er hat seinen eigenen Betrieb 1991 ordnungsgemäß angemeldet, am 6. März 1991 die Fragen im Betriebsfragebogen beantwortet und auf Rückfrage der Beklagten mitgeteilt, dass er die Partyzelte auch teilweise aufbaut (Schreiben vom 20. März 1991).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Streitwert für das Verfahren ist nach § 197 a SGG i.V.m. § 13 GKG in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung (vgl § 72 GKG) nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Im vorliegenden Verfahren lag das wirtschaftliche Interesse des Klägers darin, im Tarifzeitraum 1999 bis 2005 geringere Beiträge zu zahlen. Der Streitwert ergibt sich deshalb aus der Differenz zwischen den von der Beklagten geforderten Beiträgen, die unter Zugrundelegung der Gefahrklasse 10,5 berechnet sind und den Beiträgen unter Zugrundelegung der Gefahrklasse 3,5.
Es hat keine Veranlassung bestanden, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG). Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache, wenn sie eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Art aufwirft, die bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist. Die Rechtssache muss aber allgemeine Bedeutung haben und über den Einzelfall hinausgehen, d.h. sie muss das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung und Fortentwicklung des Rechts berühren. Es muss zu erwarten sein, dass die Entscheidung dazu führen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder eine Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Das kann der Fall sein, wenn die Klärung einer Zweifelsfrage mit Rücksicht auf die Wiederholung ähnlicher Fälle erwünscht ist, wenn von einer derzeitigen Unsicherheit eine nicht unbeträchtliche Personenzahl betroffen ist, aber auch, wenn tatsächliche, z.B. wirtschaftliche Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit eng berühren (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage 2005, § 160 RN 6). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor. Denn die von der Beklagten aufgeworfene Frage nach der Auslegung des § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII wird - wie dargestellt - in der Kommentarliteratur einhellig beantwortet, so dass eine Zweifelsfrage nicht vorliegt.