Landgericht Aurich
Urt. v. 16.01.2023, Az.: 12 Ns 8512 Js 44853/20 (87/22)

Fehlerhafte Bildung der Gesamtstrafe in einem Verfahren wegen der Verbreitung kinderpornographischen Schriften

Bibliographie

Gericht
LG Aurich
Datum
16.01.2023
Aktenzeichen
12 Ns 8512 Js 44853/20 (87/22)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 24677
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGAURIC:2023:0116.12NS8512JS44853.2.00

Verfahrensgang

vorgehend
AG Norden - 31.05.2022 - AZ: 8b Ds 30/22
nachfolgend
OLG Oldenburg - 03.05.2023 - AZ: 1 ORs 85/23

In der Strafsache
gegen
den M. O.,
geboren am 1991 in N.,
wohnhaft W., G.,
ledig, Staatsangehörigkeit: deutsch,
Verteidiger:
Rechtsanwalt A. S., J. Str., A.
wegen Verbreitens kinderpornographischer Schriften u.a.
hat das Landgericht Aurich - 1. Kleine Strafkammer (BSR) - in der öffentlichen Sitzung vom 16.01.2023, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Landgericht B.
als Vorsitzende
Herr H. E.
Frau H. H.
als Schöffen
Staatsanwältin L.
als Beamt. der Staatsanwaltschaft
Rechtsanwalt A. S.
als Verteidiger
Justizangestellte C.-F.
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Norden vom 31.05.2022 dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Verbreitens von kinderpornografischen Dateien in zwei Fällen unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Norden vom 15.11.2017 (310 Js 13223/17) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften in Tateinheit mit Besitz jugendpornografischer Schriften zu einer weiteren Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt wird.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Die Strafrichterin in Norden hat den Angeklagten am 31.05.2022 wegen Verbreitens kinderpornographischer Schriften in zwei Fällen und wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften in Tateinheit mit Besitz jugendpornographischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, verurteilt. Darüber hinaus hat die Strafrichterin die Einziehung von 3 Smartphones, einer Spielekonsole und eines PC angeordnet. Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft Hannover - Zentralstelle zur Bekämpfung gewaltdarstellender, pornografischer oder sonst jugendgefährdender Schriften - unter dem 03.06.2022 (eingegangen am selben Tag, Bl. 65 Bd. III d.A.) form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese dahin begründet, dass eine höhere Strafe und der Wegfall der Strafaussetzung zur Bewährung bezweckt werde. In der Berufungshauptverhandlung hat die Staatsanwaltschaft die Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch und innerhalb desselben auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung beschränkt. Das Rechtsmittel ist erfolgreich.

II.

Der inzwischen 31jährige Angeklagte ist ledig und hat keine Kinder. Er hat nach Erwerb des Realschulabschlusses den Beruf des Hotelfachmanns erlernt. Nachdem er in dem Beruf zeitweise auch gearbeitet hat, ist er in anderen Berufsfeldern tätig gewesen. Seit ca. 2016 arbeitete er im Baubereich und ist seit 1 1/2 Jahren im Bautenschutz angestellt. Er erzielt ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 1.500 € und hat eine Festanstellung. Sein Privatinsolvenzverfahren ist im Dezember 2022 mit der Erteilung der Restschuldbefreiung abgeschlossen worden. Er hat eine 39jährige Freundin seit ca. 1/2 Jahr.

Nach Ablauf der für ein Jahr im Jahr 2019 verhängten Therapieweisung im Hinblick auf seine sexuellen Neigungen, wollte der Angeklagte seine Gespräche mit Herrn Dr. H. von sich aus fortsetzen und erklärt sich auch heute nochmals ausdrücklich mit einer Fortsetzung der Behandlung einverstanden. Er habe Termine wahrgenommen am 08.10.2019, 20.01.2020 und 02.03.2020, wobei der Arzt ihn jeweils nach seien aktuellen Neigungen fragte und er selbst einen Anamnesebogen ausfüllte. Danach sind keine neuen Termine zustande gekommen. Infolge der Pandemie wurden zunächst alle Termine aufgehoben. Dann war ein Termin am 01.06.2020 angesetzt, Herr Dr. H. jedoch nicht anwesend. Den Folgetermin am 09.07.2020 hat Dr. H. abgesagt und den nächsten Termin musste der Angeklagte absagen, da er einen Arbeitsunfall gehabt hatte. Weitere Termine wurden aus Kostengründen nicht mehr vereinbart. Er habe die Behandlung selbst zahlen müssen, aufgrund der ihm im Rahmen der Privatinsolvenz verbleibenden nur geringen Mittel, so der Angeklagte, sei ihm dies nicht mehr möglich gewesen.

Strafrechtlich ist der Angeklagte vielfach in Erscheinung getreten, ausweislich der Auskunft des Bundesamts für Justiz wie folgt:

1. Am 07.03.2008 sah die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung eines Vergehens gegen das BtmG ab.

2. Am 04.03.2009 sah die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung eines vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis ab.

3. Am 08.06.2010 erkannte das Jugendgericht Norden wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis auf eine Geldauflage neben einer Verwarnung und einem Fahrverbot.

4. Am 03.01.2011 - rechtskräftig am 21.01.2011 - verhängte das Jugendgericht Norden im Wege eines Strafbefehls gem. § 408a eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen und 2 Monate Fahrverbot wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Die Tat hatte der Angeklagte am 05.05.2011 begangen.

5. Am 08.10.2014 - rechtskräftig am 23.10.2014 - verhängte das Amtsgericht Norden im Wege des Strafbefehls wegen versuchter Nötigung in 4 Fällen und sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung gegen den Angeklagten.

Dem lag zugrunde, dass der Angeklagte unter der vorgetäuschten Identität einer "X. Y." über Facebook Kontakt zu Kindern und Jugendlichen aufnahm, um jene zur Anfertigung und Übersendung von Nacktbildern von sich zu veranlassen, wobei ihm das Alter der Kinder bzw. Jugendlichen jeweils bekannt war. So übermittelte er am 28.08.2013 einer 11-Jährigen zunächst eine pornografische Aufnahme einer unbekannten Person, um das Kind zu ähnlichen Aufnahmen zu veranlassen. An dasselbe Kind wurde später eine weitere pornografische Handlungen zeigende Aufnahme übersandt. Am selben Tag drohte er dem Kind an, ein Bild, das es ihm geschickt hatte und auf dem es nur mit BH bekleidet posierte, nunmehr zu veröffentlichen, wenn es ihm keine Nacktbilder von sich sende. Das Mädchen nahm die Drohung ernst, wandte sich aber an ihre Mutter und übermittelte keine weiteren Bilder. Am 31.10.2013 drohte er einem anderen 11-jährigen Mädchen, Nacktbilder von dessen Schwester über das Internet zu veröffentlichen, wenn das Kind ihm keine Nacktbilder von sich fertige und übersende. Das Kind vertraute sich der Schwester an und unterließ die Übersendung. Ebenfalls im Oktober 2013 drohte er einer 18-Jährigen mit der Veröffentlichung von Nacktbildern von ihr, sollte sie ihm keine weiteren Nacktbilder übersenden. Er erhielt keine weiteren Bilder. Schließlich drohte er am 04.11.2013 einer 16-Jährigen mit der Versendung von Unterwäsche-Bildern, die er erlangt hatte, an ihren Freundeskreis, falls sie ihm keine Nacktbilder schicke. Auch sie kam der Forderung, obwohl sie die Drohung ernst nahm, nicht nach.

Die zweijährige Bewährungszeit wurde dreimal jeweils um 1 Jahr verlängert und dauerte bis zum 22.10.2019 an, bevor sie mit Wirkung vom 11.11.2019 erlassen wurde.

6. Am 30.10.2014 verhängte das Amtsgericht Recklinghausen gegen den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen eine Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen und eine Sperre für die Fahrerlaubnis bis zum 03.07.2016. Der Angeklagte war am 08.10.2014 um 19.05 Uhr und um 22.15 Uhr in Herten zweimal mit dem PKW gefahren, obwohl er weiterhin keine Fahrerlaubnis hatte.

7. Am 27.08.2015 - rechtskräftig am selben Tag - verhängte das Amtsgericht Recklinghausen wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen unter Einbeziehung der Geldstrafen aus der vorgenannten Entscheidung zu Nr. 6 BZR eine Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen unter Aufrechterhaltung der Sperrfrist. Die letzte Tat hatte der Angeklagte am 29.10.2014 begangen.

8. Am 29.09.2016 - rechtskräftig seit dem 07.10.2016 - verurteilte ihn das Amtsgericht Norden wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen, Nötigung in drei Fällen und Besitzes kinderpornografischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und 4 Monaten und setzte diese erneut zur Bewährung aus.

Dem lag zugrunde, dass der Angeklagte im Sommer 2015 an ein 13-jähriges Mädchen über einen Messenger in Verbindung trat und ihr mit der Kenntnis von ihrem Wohnort drohte, um sie zu finden und dadurch bewirkte, dass sie ihm wie verlangt Bilder von ihrer unbekleideten Brust und Scheide schickte. Aufgrund eines neuen Entschlusses drohte er später, diese Bilder zu veröffentlichen, falls sie ihm nicht weitere schicke oder mit ihm Geschlechtsverkehr habe. Das Kind versandte weitere Nacktbilder. Unter Erneuerung der Drohungen veranlasste er die 13-Jährige schließlich am 13.09.2015 für ihn zwei Videosequenzen von sich zu fertigen und ihm zu schicken, auf denen sie sich selbst befriedigte. Ferner versandte er an das Kind Nacktbilder von sich selbst und Aufnahmen von seinem Penis. Anschließend versandte er ein Video, auf dem er onanierend zu sehen war an die 13-Jährige. Schließlich ließ sich der Angeklagte bis zum 04.02.2016 insgesamt 324 kinderpornografische Dateien von anderen Internetnutzern übermitteln, welche auf seinen Datenspeichern festgestellt wurden. Zur Strafaussetzung führte das Amtsgericht aus:

"Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe war vorliegend zur Bewährung auszusetzen. Zwar stand der Angeklagte wegen gleich gelagerter Fälle bei Tatbegehung unter laufender Bewährung. Seit den Taten ist der Angeklagte jedoch ersichtlich bemüht, sich künftig straffrei zu verhalten. Er befindet sich in einem festen Beschäftigungsverhältnis. Zudem ist seine Freundin im 7. Monat schwanger. Die Sozialprognose ist demnach positiv. Das Gericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass bereits die nochmalige Verhängung einer Bewährungsstrafe den Angeklagten bereits von der Begehung weiterer Straftaten abhalten wird und er künftig keine Straftaten mehr begehen wird."

Im Bewährungsbeschluss wurde er angewiesen, an einer zur Behandlung und Therapierung seiner pädophilen Neigungen medizinisch bzw. psychologisch notwendige Therapie teilzunehmen. und die Behandlung nicht eigenmächtig oder gegen den Rat der Ärzte und Therapeuten zu beenden.

Die auf 3 Jahre lautende Bewährungszeit wurde später um ein Jahr bis zum 06.10.2020 verlängert und die Strafe ist noch nicht erlassen.

9. Grund der Verlängerung dürfte die Entscheidung des Amtsgerichts Norden vom 15.11.2017 in der Fassung des Urteils des Landgerichts Aurich vom 24.01.2019, - welche aufgrund Rücknahme der Revision seit dem 13.09.2019 rechtskräftig ist - gewesen sein, durch welche der Angeklagte wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt wurde.

In den Urteilsgründen des Landgerichts heißt es u.a. wie folgt:

Zunächst aus den Gründen des Urteils des Amtsgerichts Norden vom 15.11.2017 zitierend:

"Am 11.04.2017 gegen 17:00 Uhr begaben sich der Zeuge F. als Vermieter und der Zeuge D. als Hausmeister in die von dem Angeklagten genutzte Wohnung, um Mängel, welche der Angeklagte zuvor angezeigt hatte, zu begutachten und gegebenenfalls zu beheben. Der Zeuge F. betrat gemeinsam mit dem Angeklagten das Badezimmer und monierte den hygienischen Zustand des dort befindlichen Katzenklos. Er fertigte zudem Lichtbilder von diesem. Der Angeklagte forderte den Zeugen F. unvermittelt und lautstark auf, die Wohnung zu verlassen. Als der Zeuge erklärte, ihm sei nicht klar, was nun los sei und der Aufforderung des Angeklagten zunächst nicht nachkam, packte der Angeklagte den Zeugen F. mit beiden Händen an dem Kragen der Oberbekleidung, schrie "Du fliegst hier achtkant raus!" und schubste ihn kraftvoll durch die Badezimmertür hindurch in den Flur. Dort schlug der Zeuge F. - während der Angeklagte ihn weiter an dem Kragen gefasst hatte - mit dem Rücken gegen die Wand. Hierdurch erlitt der Zeuge F. Schmerzen, was der Angeklagte jedenfalls billigend in Kauf nahm. Der Angeklagte hielt den Zeugen F. weiterhin an dem Kragen gefasst, drückte ihn gegen die Wand und äußerte erneut energisch, dieser solle sofort seine Wohnung verlassen. Der Zeuge erklärte, er würde nun gehen. Der Angeklagte ließ den Zeugen los, welcher unmittelbar die Wohnung verließ.

Der Geschädigte F. erlitt hierdurch derart erhebliche Schmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule zwischen den Schulterblättern beim Bewegen und bei tiefer Atmung sowie im Bereich der Lendenwirbelsäule in Höhe des Wirbels L4 ein dauerhaftes, über das normale Maß hinausgehende Druckgefühl, dass er sich nach Rückkehr an seinen Heimatort am 13.04.2017 in ärztliche Behandlung begab. Der behandelnde Arzt stellte eine Rückenprellung fest und verabreichte dem Geschädigten F. durch einmalige Behandlung mehrere Schmerzspritzen.

Der Geschädigte F. stellte am 11.04.2017 schriftlich bei der Polizeiinspektion Aurich/Wittmund Strafantrag gegen den Angeklagten (Blatt 5 d. A.).

...

Der § 223 StGB sieht einen Strafrahmen von Geldstrafe bis 5 Jahren Freiheitsstrafe vor.

Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umständen hält das Gericht eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten für tat- und schuldangemessen.

Zulasten des Angeklagten war dabei zu berücksichtigen, dass er bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, wobei die Verurteilungen vom 08.10.2014 sowie 29.09.2016 ebenfalls wegen Straftaten gegen die Unversehrtheit von Personen erfolgten.

Zugunsten des Angeklagten war zu berücksichtigen, dass er sich zum Sachverhalt eingelassen hat. Ferner war zu berücksichtigen, dass er sich nach seiner Wahrnehmung in einer Bedrohungssituation befunden hat und die Stimmung angespannt war.

Das Gericht hielt gemäß § 47 l StGB die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe für unerlässlich. Insofern konnte auch unter Berücksichtigung des Übermaßverbotes nicht auf die Verhängung einer Freiheitsstrafe verzichtet werden. Im Hinblick auf die Persönlichkeit des Angeklagten, insbesondere dessen schon erhebliches strafrechtliches Vorleben, war nicht zu erwarten, dass er sich durch die Verhängung einer Geldstrafe hinreichend beeindrucken ließe. Dies ergibt sich insbesondere bei Berücksichtigung der bereits ergangenen Vorverurteilungen.

Die Strafaussetzung zur Bewährung kann dem Angeklagten nicht gewährt werden. Die Sozialprognose ist ungünstig. Dass der Angeklagte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird, kann nicht erwartet werden. Diese prognostische Zukunftsbeurteilung ist auf der Grundlage einer umfassenden Gesamtbewertung von Tat und Täterpersönlichkeit vorgenommen worden, unter Berücksichtigung aller oben im Einzelnen bereits geschilderten Umstände die zugunsten und zulasten des Angeklagten ins Gewicht fallen und die auch für die Sozialprognose erheblich sind.

Denn nicht zu übersehen ist, dass die bisherigen Ahndungen nicht nachhaltig auf den Angeklagten eingewirkt haben und zu dem gewünschten Ergebnis geführt haben. Vielmehr der Angeklagte erneut schwerwiegende Straftaten begeht, obwohl er wusste, dass er bereits zweifach unter laufender Bewährung steht. Dies lässt in der Gesamtbetrachtung eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung nicht mehr zu."

Das Berufungsgericht führte darüber hinaus in seinen Urteilsgründen aus:

"Die Strafkammer hatte von der rechtskräftig feststehenden Freiheitsstrafe von 5 Monaten auszugeben und nur noch darüber zu befinden, ob die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden konnte.

Im Rahmen ihrer Prüfung, ob es wahrscheinlicher erscheint, daß der Angeklagte in Zukunft keine Straftaten mehr begeht, als daß er neuerlich straffällig wird, ist die Strafkammer davon ausgegangen, daß die Begehung selbst einer einschlägigen neuen Straftat innerhalb einer Bewährungszeit eine erneute eine erneute Bewährung dann nicht ausschließt, wenn besondere Umstände in Betracht zu ziehen sind, die nunmehr eine günstige Prognose erlauben können (vergleiche BGH, NStZ 1983, 454).

Zunächst einmal hat die Kammer nicht verkannt, daß der Angeklagte zur Tatzeit aus den Verurteilungen des Amtsgerichts Norden vom 8. 10. 2014 und 29. 9. 2016 zweifach unterlaufender Bewährung stand und in der Zeit seit der Verurteilung des Amtsgerichts Norden vom 8. 10. 2014 immerhin zu vierten Mal straffällig geworden ist. Die Strafkammer hat auch nicht verkannt, daß sich bereits hieraus ein gewichtiges Indiz dafür ergibt, daß auch in der Zukunft eine neuerliche Straffälligkeit des Angeklagten nicht fernliegt.

Indessen hat die Strafkammer auch gesehen, daß sämtliche Vorstrafen des Angeklagten nicht einschlägig gewesen sind, und seit der Tatbegehung inzwischen 1 Jahr und 9 Monate vergangen sind, in denen sich der Angeklagte straffrei geführt hat. Insbesondere aber hatte die Kammer bei ihrer Prognoseentscheidung zu berücksichtigen, daß der Angeklagte seine Tat glaubhaft bereut und die Tatmotivation als unsinnig erkannt hat. Darüber hinaus war nicht zu übersehen, daß der Angeklagte diese Reue und Einsicht nicht nur verbal geäußert hat, sondern daß er seine Worte durch Taten unterstrichen und bekräftigt hat, indem er mit dem Tatopfer einen Täter-Opfer-Ausgleich herbeigeführt, sich bei dem Geschädigten entschuldigt und so eine Aussöhnung erreicht hat.

Vor diesem Hintergrund hat es die Strafkammer für weniger wahrscheinlich gehalten, daß künftig neue Straftaten begeht als daß er sich seiner Einsicht folgend künftig straffrei führen wird. Infolgedessen hat sie die Vollstreckung der erkannten Freiheitsstrafe noch einmal zur Bewährung ausgesetzt."

Die Bewährungszeit dauert noch an. Die Strafe ist noch nicht vollstreckt.

III.

Aufgrund der wirksamen Beschränkung des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft auf die Rechtsfolgen und innerhalb der Rechtsfolgen auf die Strafaussetzung zur Bewährung stehen folgende Tatsachen und die verhängten Einzelstrafen fest und sind einer erneuten Prüfung durch das Berufungsgericht entzogen. Dabei hat das Gericht zur Wirksamkeit der Beschränkung geprüft, ob die Feststellungen zum Schuldspruch, den Unrechts- und Schuldgehalt der Taten, insbesondere den Schuldumfang zumindest in groben Zügen erkennen lassen und eine hinreichende Grundlage für die Strafzumessung ergeben.

Gebunden für das weitere Verfahren ist das Berufungsgericht damit auch an die dem rechtskräftigen Schuldspruch zugrundeliegenden Feststellungen des Amtsgerichts die das Tatgeschehen, im Sinne eines geschichtlichen Vorgangs, näher beschreiben, d. h. auch an die geschilderten Umstände, die der Tatausführung das entscheidende Gepräge gegeben haben, wie den Tatablauf, die Beteiligung einzelner Personen und die Entstehung des Tatentschlusses. Aufgrund der Beschränkung innerhalb des Straffolgenausspruchs auf die Strafaussetzung zur Bewährung, welche grundsätzlich von der des verhängten Strafmaßes getrennt werden kann, sind auch die Feststellungen zu einzelnen Strafen bindend für das Berufungsgericht.

Der Prüfung unterliegt das Ersturteil nur noch hinsichtlich der Frage der Strafaussetzung zur Bewährung.

Somit ist von folgenden Feststellungen zur Schuld und zu den Einzelstrafen auszugehen:

"1.

Mit Hilfe seines Mobiltelefons oder Computers lud der Angeklagte am 11.07.2017 um 23:34 Uhr in G. eine Bilddatei, in der ein teilweise unbekleidetes Kind in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung und in sexuell aufreizender Weise das unbekleidete Geschlechtsteil des Kindes dargestellt ist, bei Facebook hoch, so dass andere Nutzer darauf Zugriff nehmen konnten.

2.

Mit Hilfe seines Mobiltelefons versende der Angeklagte am 16.07.2018 um 10:48 Uhr in G. eine Bilddatei, in der ein unbekleidetes Kind in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung und in sexuell aufreizender Weise das unbekleidete Geschlechtsteil und das Gesäß des Kindes dargestellt ist, über WhatsApp an den gesondert verfolgten R. B..

3.

Der Angeklagte ließ sich in G. zwischen dem 11.07.2017 und dem 02.07.2020 mit Hilfe seines Computers oder Mobiltelefons

a.

Dateien mit Bildern, auf denen sexuelle Handlungen von, an oder vor unter 14 Jahre alten Mädchen oder Jungen, ein zumindest teilweise unbekleidetes Kind in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung oder in sexuell aufreizender Weise das unbekleidete Geschlechtsteil bzw. Gesäß eines Kindes dargestellt ist,

b.

Dateien mit Bildern, auf denen in grob anreißerische (pornographische) Weise sexuelle Handlungen von, an oder vor Mädchen oder Jungen zwischen der Vollendung des 14. Und 18. Lebensjahres oder zumindest teilweise unbekleidete Jugendliche in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung dargestellt sind, von anderen Internetnutzern übermitteln oder lud solche Dateien aus dem Internet herunter und speicherte diese auf verschiedene Datenträger, so dass anlässlich einer Durchsuchung am 02.07.2020 bei ihm dort insgesamt bis zu 458 kinderpornographische Dateien und bis zu 871 jugendpornographische Dateien aufgefunden werden konnten.

(...)

IV.

Der Angeklagte ist somit gemäß §§ 184b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, 184c Abs. 3, Abs. 6, 52, 53 StGB wegen Verbreitens kinderpornographischer Schriften in zwei Fällen und wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften in Tateinheit mit Besitz jugendpornographischer Schriften schuldig.

Bei der Strafzumessung ist das Gericht gemäß den Grundsätzen der §§ 46 ff. StGB von der Schuld des Angeklagten ausgegangen und hat die Wirkungen, die von der Strafe für sein zukünftiges Leben in der Gesellschaft zu erwarten sind, berücksichtigt.

Hierbei ist es für die Taten zu 1. und 2. vom ungemilderten Strafrahmen des § 184b Abs. 1 StGB (in der vom 01.07.2017 bis zum 31. 12.2020 geltenden Fassung) und für die Tat zu Ziffer 3. vom ungemilderten Strafrahmen des § 184b Abs. 3 StGB (in der vom 01.07.2017 bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung) ausgegangen.

Zugunsten des Angeklagten sprach, dass dieser sich vollumfänglich geständig einließ, sodass auf eine Vernehmung der Zeugen verzichtet werden konnte. Darüber hinaus zeigte sich der Angeklagte glaubhaft reuig. Zugunsten des Angeklagten wurde ferner berücksichtigt, dass er die Therapie bei Herrn Dr. H. freiwillig fortführt. Zu seinen Lasten musste jedoch berücksichtigt werden, dass er u.a. einschlägig vorbestraft ist sowie unter einschlägiger laufender Bewährung stand. Zudem wurde zulasten des Angeklagten hinsichtlich der Tat zu Ziffer 3. berücksichtigt, dass es sich um eine Vielzahl von Bildern handelte.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Strafzumessungserwägungen erschien für die Taten zu Ziffer 1. und 2. jeweils eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten und für die Tat zu Ziffer 3. von 8 Monaten als tat- und schuldangemessen.

Unter nochmaliger Berücksichtigung der oben einzeln geschilderten Strafzumessungserwägungen, denen auch bei der Bildung der Gesamtstrafe wesentliche Bedeutung zukommt und auf die verwiesen wird, hält das Gericht gemäß § 54 Abs. 1 und Abs. 2 StGB durch Erhöhung der höchsten Einzelstrafe eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten für tat- und schuldangemessen. Diese Gesamtstrafe wird dem Gesamtgewicht der begangenen Taten, ihrem Verhältnis zueinander und dem Ausmaß der Verfehlungen des Angeklagten gerecht, wobei nicht die Summe der Einzelstrafen im Vordergrund stand, sondern die Persönlichkeit des Angeklagten sowie die Auswirkungen der Strafe auf sein Leben. Bei der Bildung der Gesamtstrafe sind im Übrigen die oben im einzelnen geschilderten Strafzumessungserwägungen, auf die verwiesen wird, erneut berücksichtigt worden."

IV.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten, zu seinen Therapiebemühungen sowie zu seinen Vorstrafen beruhen auf den glaubhaften Angaben des Angeklagten, soweit ihnen gefolgt werden konnte, auf der verlesenen Auskunft des Bundesamts für Justiz vom 19.12.2022 sowie den mindestens im zitierten Umfang im Rahmen der Hauptverhandlung verlesenen früheren Entscheidungen.

Die Feststellungen zur Sache beruhen auf der Verlesung des Urteils erster Instanz im zitierten Umfang in der Hauptverhandlung. Hinsichtlich der Einzelstrafen und der diesbezüglichen Strafzumessung wurde die Entscheidung ebenfalls verlesen.

V.

Im Rahmen der Gesamtstrafenbildung konnte die erstinstanzlich gebildete Gesamtstrafe trotz der Beschränkung des Rechtsmittels keinen Bestand haben, nachdem vor Vollendung der dritten Tat, die letzte Hauptverhandlung zur Sache in dem Verfahren BZR Nr. 9 (310 Js 13223/17) am 24.01.2019 vor dem Landgericht Aurich als Berufungsgericht stattfand und insoweit eine unerledigte Verurteilung im Sinne des § 55 StGB vorliegt, welche mit den Strafen zu den ersten beiden hier zur Entscheidung stehenden Taten vom 11.07.2017 und 16.07.2018 in eine erste gem. §§ 53, 54 StGB zu bildende Gesamtstrafe einzugehen hat. Hingegen ist für die dritte Tat, welche bis zur Sicherstellung der Datenträger am 02.07.2020 andauerte, eine selbständige weitere Strafe zu verhängen, da sie nicht vor der letzten Verhandlung zur Sache im Verfahren 310 Js 13223/17 am 24.01.2019 beendet war, sondern darüber hinaus andauerte.

Bei der Bildung der Gesamtstrafe aus den hier durch das Amtsgericht bindend für die Berufungskammer verhängten Einzelstrafen von jeweils 10 Monaten für die Taten zu 1. und 2. und der aus der Entscheidung vom 15.11.2017/24.01.2019 einzubeziehenden Freiheitsstrafe von 5 Monaten hat die Kammer unter Erhöhung der Einsatzstrafe von 10 Monaten und bei großzügiger Zurückführung der Einzelstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr als tat- und schuldangemessen festgesetzt. Dabei hat sie neben den durch das Amtsgericht Norden in den jeweiligen Entscheidungen zugrunde gelegten und oben zitierten Strafzumessungserwägungen, auf die ausdrücklich Bezug genommen wird, besonders berücksichtigt, dass der Angeklagte alle Taten - spätestens durch die Nichtanfechtung des hier zur Prüfung stehenden Urteils - eingeräumt hat und diese inzwischen 5 bzw fast 6 Jahre zurückliegen. Angesichts der Verschiedenheit der Tatvorwürfe (§ 184 b StGB bzw. 223 StGB) erschien hingegen ein noch strafferer Zusammenzug nicht möglich.

VI.

Die beiden Strafen von 1 Jahr Gesamtfreiheitsstrafe und 8 Monaten Freiheitsstrafe hat die Kammer nicht gem. § 56 Abs. 1 und Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt.

Hinsichtlich der zweiten Strafe wäre es ausreichend gewesen, hätte die Kammer eine positive Sozialprognose feststellen können, ohne dass die Verteidigung der Rechtsordnung gem. § 56 Abs. 3 StGB die Vollstreckung der Strafe geböte.

Bereits eine positive Sozialprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB sieht sich die Kammer jedoch nicht in der Lage festzustellen. Eine Erwartung, der Angeklagte werde sich allein die Verurteilung zur ausreichenden Warnung dienen lassen und auch ohne den Vollzug der Strafe, künftig keine Straftaten mehr begehen, kann aufgrund der Erkenntnisse aus der Hauptverhandlung nicht begründet werden. Diese prognostische Zukunftsbeurteilung ist auf der Grundlage einer umfassenden Gesamtbewertung von Tat und Täterpersönlichkeit vorgenommen worden, unter Berücksichtigung aller oben im Einzelnen bereits geschilderten Umstände, die zu Gunsten und zu Lasten des Angeklagten ins Gewicht fallen, auf die verwiesen wird, und die auch für die Sozialprognose erheblich sind. Hierbei hat die Kammer berücksichtigt, dass die Tatsache, dass der Angeklagte seit einem halben Jahr eine neue Lebensgefährtin hat, durchaus stabilisierend auf ihn wirken dürfte. Jedoch ist andererseits festzustellen, dass es der Angeklagte in den Jahren 2021 und 2022 nicht unternommen hat, sich weiter mit seiner sexuellen Präferenz für Kinder und der Bekämpfung des Auslebens derselben im Internet und durch den Konsum von Bildern auseinanderzusetzen, obwohl insbesondere die im Rahmen der Durchsuchung im Sommer 2020 gesicherten Bilder angesichts seiner früheren Verurteilungen hierzu hinreichenden Anlass gegeben hätten.

Bedacht wurde insbesondere dabei, dass eine günstige Sozialprognose nicht allein deshalb verneint werden darf, weil der Angeklagte vorbestraft und ein Bewährungsversager ist. Hier stand der Angeklagte aus der Entscheidung Nr. 8 während aller Taten einschlägig unter Bewährung - nachdem die Bewährungszeit bis zum 06.10.2019 andauerte und nachträglich bis zum 06.10.2020 wegen der Entscheidung zu Nr. 9 verlängert wurde. Hier ist auch zu berücksichtigen, dass ein früherer Straferlass betreffend die der Verurteilung vom 08.10.2014 zugrunde liegenden Taten erfolgte, nach dreimaliger Verlängerung der ursprünglich für 2 Jahre festgesetzten Bewährungszeit um jeweils ein Jahr. Ins Gewicht gegen eine erneute Strafaussetzung fällt insoweit aber, dass die ersten hier zugrunde liegenden Taten noch während der dort andauernden Bewährungszeit begangen wurden und wiederum einschlägig im Hinblick auf sexuellen Missbrauch im Zusammenhang mit pornografischen Darstellungen von Kindern waren. Der Angeklagte stand folglich nicht nur einmal sondern doppelt wegen einschlägiger Taten unter Bewährung als er die Taten zu 1. und 2. beging. Beides und selbst die drohende Vollstreckung von 11 Monaten Freiheitsstrafe (aus Nr. 5 BZR) und weiteren 1 Jahr und 4 Monaten Freiheitsstrafe (aus Nr. 8 BZR) genügte nicht, um den Angeklagten von der Begehung der hier abzuurteilenden Taten abzuhalten. Nicht übersehen werden kann überdies dass der Angeklagte nicht nur einschlägig zu Freiheitsstrafen, sondern daneben wegen anderer Delikte noch zu Geld- und Freiheitsstrafen im Zeitraum der früheren Bewährungszeiten verurteilt wurde, ohne, dass dies für ihn Anlass gewesen wäre, sein Verhalten zu ändern.

Zwar liegen die Taten inzwischen längere Zeit zurück, jedoch hat der Angeklagte seitdem (Sommer 2020) gerade nicht mehr an seiner pädophilen Neigung zum Konsum von Kinderpornografie gearbeitet. Insoweit bekundete er zwar einen seit der Absage des letzten Termins im Sommer 2020 wegen des Unfalls fortbestehenden Therapiewillen, setzte diesen aber in keiner Weise mehr aus eigener Initiative um. Sicherlich hätte der Bewährungshelfer bei ernsthaftem Therapiewillen bezüglich der finanziellen Problematik Lösungsvorschläge machen können oder wenigstens die Teilnahme an Selbsthilfegruppen vermitteln können.

Auch hat die Kammer erwogen, ob mithilfe einer Therapieweisung - mit der der Angeklagte sich ausdrücklich einverstanden erklärt hat - eine Erwartung künftiger Straffreiheit begründet werden kann, um eine Vollstreckung zu vermeiden und eine Aussetzung zu rechtfertigen. Insoweit ist schon ersichtlich, dass im Rahmen der im Jahr 2016 (Nr. 8 BZR) erteilten Weisung keine Erfolge erzielt wurden, da die Taten zu 1. und 2. genau in den Zeitraum des Weisungslaufs fielen und die bis zum Sommer 2020 begangene Tat zu 3. zeigt, dass es sich auch nicht nur um einmalige Rückfälle handelte, sondern der Angeklagte die Dateien mit den Bildern vielmehr weiter vorhielt und gerade nicht unverzüglich vernichtete, als er sie von seiner Cloud wiederhergestellt hatte. Nach alldem erscheint selbst bei Ausschöpfung aller zulässigen und nicht in Strafvollzug bestehenden Sanktionen die Wahrscheinlichkeit künftigen straffreien Verhaltens bei dem Angeklagten nicht höher als diejenige neuer Straftaten. Es ist nicht zu übersehen, dass die früheren Strafaussetzungen nicht nachhaltig auf den Angeklagten eingewirkt haben und die bisherigen Ahndungen nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt haben. Eine erneut zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe hätte bei dem Angeklagten nicht die erforderliche Warnfunktion und würde von ihm nur als für ihn im Wesentlichen erneute folgenlose Sanktion sowie als Nachgiebigkeit der Justiz ihm gegenüber missverstanden und als Ermunterung zur Begehung weiterer Straftaten betrachtet werden.

Besondere Umstände, die gemäß § 56 Abs. 2 StGB darüber hinaus eine Strafaussetzung der ersten Freiheitsstrafe von einem Jahr zur Bewährung rechtfertigen, liegen ferner nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Angeklagten nicht vor. Die Bedeutung der oben im Einzelnen geschilderten Strafmilderungsgründe ist in ihrer Gesamtheit dabei nicht verkannt worden. Bedacht worden ist vor allem, dass es für das Vorliegen besonderer Umstände genügt, wenn Milderungsgründe gegeben sind, die im Vergleich mit gewöhnlichen, durchschnittlichen und einfachen Milderungsgründen ein besonderes Gewicht haben und eine Strafaussetzung als "nicht unangebracht" und den allgemeinen vom Strafrecht geschützten Interessen nicht zuwiderlaufend erscheinen lassen sowie dass einzelne Umstände, die für sich betrachtet nur einfache, durchschnittliche Zumessungsgründe sind, durch ihr Zusammentreffen ein besonderes Gewicht i.S.v. § 56 Abs. 2 StGB entfalten können. Insofern wird auf die bereits aufgeführten strafmildernden Aspekte - insbesondere auf die erhebliche Verfahrensdauer und den Zeitablauf seit den Taten zu 1. und 2. - verwiesen.

Demgegenüber fällt hier entscheidend zu Lasten des Angeklagten ins Gewicht, dass keine positive Sozialprognose besteht, die ein bedeutsamer Gesichtspunkt für das Vorliegen oder Fehlen "besonderer Umstände" ist.

Trotz sämtlicher Umstände, die für den Angeklagten sprechen, ist der Unrechts- und Schuldgehalt der Taten noch so groß, dass eine Strafaussetzung zur Bewährung unangebracht erscheint.

Schließlich gebietet die Verteidigung der Rechtsordnung bei dem mehrfach einschlägig in Erscheinung getretenen und zu Bewährungsstrafen verurteilten Angeklagten, der während der laufenden Bewährungszeit einschlägig wieder straffällig geworden ist, die Vollstreckung der beiden Strafen gem. § 56 Abs. 3 StGB. Es wäre dem wohlinformierten rechtstreuen Bürger in Kenntnis der Umstände des vorliegenden Falles nicht ohne erheblichen Verlust von Vertrauen in die Durchsetzungsfähigkeit des Rechtsstaats zu vermittelten, dass diesem Angeklagten erneut eine Bewährungschance zugebilligt wird. Dies würde vielmehr als unsicheres Zurückweichen der Justiz vor der kriminellen Energie des Angeklagten verstanden werden und das Vertrauen erheblich schädigen.

VII.

Die vom Berufungsangriff ausgenommenen Einziehungsentscheidungen betreffend die gesicherten Datenträger und Elektrogeräte hat die Kammer aufrecht erhalten, ohne dies ausdrücklich in den Tenor der Entscheidung aufzunehmen. Sie beruhen auf §§ 184c Abs. 6, 184b Abs. 6 und 74 StGB in den zur Tatzeit geltenden Fassungen (s.o.).

VIII.

Da die Berufung der Staatsanwaltschaft erfolgreich ist, hat der Angeklagte auch die insoweit entstandenen Kosten des Verfahrens gem. §§ 465 StPO zu tragen.