Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 17.12.2003, Az.: 3 A 775/03
Anspruch auf Einweisung in eine Planstelle und Ernennung zum Realschulrektor A 15
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 17.12.2003
- Aktenzeichen
- 3 A 775/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 25104
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2003:1217.3A775.03.0A
Rechtsgrundlagen
- § 6 Abs. 2 Bes.NLVO
- § 17 Abs. 1 Bes.NLVO
Amtlicher Leitsatz
Zur Sicherheit der Prognose der Schwellenwertüberschreitung nach Vorbemerkung Nr. 6 zu NBauO A und B Auswirkung der Abschaffung der Orientierungsstufe auf Schülerzahlen einer "Haupt- und Realschule mit Orientierungsstufe" -Schwellenwert 180 für Realschulzweig.
Keine Planstelleneinweisung oder Ernennung (A 15) ohne vorhandene Planstelle.
Redaktioneller Leitsatz
Ein Verpflichtungsbegehren auf Einweisung in eine Planstelle und Ernennung zum Realschulrektor A 15 kann solange keinen Erfolg haben, wie eine entsprechende und damit besetzbare Planstelle der betreffenden Schule nicht zugewiesen worden ist.
Tatbestand
Der 1944 geborene Kläger hat die Laufbahnbefähigung als Lehrer an Grund- und Hauptschulen erworben und ist seit 1976 im niedersächsischen Schuldienst tätig. Er ist Leiter der Haupt- und Realschule mit Orientierungsstufe {G.}(bisher im Amt Rektor an Grund- und Hauptschulen besoldet mit A 14). Am 12. Oktober 2000 wurde dem Kläger antragsgemäß Altersteilzeit im Blockmodell bewilligt, und zwar ab 01. Februar 2001 bis zum Ablauf des 31. Januar 2007. Die Freistellungsphase beginnt am 01. Februar 2004. Der Kläger begehrt mit seiner Klage vom 15. Mai 2003 die Anhebung seiner Planstelle auf A 15 und damit seine Ernennung zum Realschulrektor.
Schon einmal hatte der Kläger das aus dem innegehabten Amt heraus beantragt, was die Beklagte aber mit Bescheid vom 27. März 2000 abgelehnte, weil er seinerzeit die Laufbahnvoraussetzungen für das Amt des Realschulrektors nicht erfüllte. Nach derÄnderung der Besonderen Niedersächsischen Laufbahnverordnung (§ 6 Abs. 2 Bes.NLVO) dahingehend, dass künftig mit der Befähigung für die Laufbahn des Lehramtes an Grund- und Hauptschulen auch die Befähigung für die Laufbahn des Lehramts an Realschulen verbunden ist und mit der entsprechenden Überleitungsvorschrift für die Lehrkräfte, die sich am 31. Oktober 2001 in der Laufbahn des Lehramts für Grund- und Hauptschulen befanden (jetzt § 17 Abs. 1 Bes.NLVO) und nachdem im Realschulzweig seiner Schule ab 01. August 2002 die für die Eingruppierung des Rektoramtes in A 15 nach der Vorbemerkung zum Niedersächsischen Besoldungsgesetz (NBesO) erforderliche Realschulschüleranzahl ("Schwellenwert") von 180 Schülern erreicht und mit 189 überschritten worden war, wiederholte der Kläger seinen Antrag am 02. September 2002, den die Beklagte mit Bescheid vom 26. September 2002 erneut ablehnte: An einer zusammengefassten Schule mit Realschulzweig mit einer Schülerzahl von mehr als 180 Schülern (an der Realschule) und einer Gesamtschülerzahl von 540 (diese Schwellenwertüberschreitung ist seit Jahren unstreitig, ebenso die entsprechende Prognose für die drei Folgejahre) könnte dem Schulleiter das Amt des Realschulrektors der Besoldungsgruppe A 15 NBesO übertragen werden, sofern die Schülerzahl bereits seit einem Jahr vorhanden war und mit hinlänglicher Sicherheit davon ausgegangen werden könne, dass diese weitere drei Jahre erreicht werde. Schon an der ersten Voraussetzung fehle es, denn im Schuljahr 2001/02 seien es nur 170 Schüler gewesen und 189 erst ab 01. August 2002 (Schuljahrsbeginn 2002/03). Vor dem Hintergrund solcher Schwankungen in der Vergangenheit sei die Prognose für die Schwellenwertüberschreitung in den Folgejahren ungewiss. Zudem seien für die Haushaltsjahre 2002 und 2003 entsprechende Planstellen nicht zugewiesen worden. Auch eine Planstelle Realschulrektor A 14 + Amtszulage nach Fußnote 2 NBesO sei zwar " als baldmöglichst angefordert", aber für die entsprechenden Haushaltsjahre nicht bewilligt worden, sodass frühestens für 2004 damit gerechnet werden könne. Schließlich sei die Zuordnung des Rektorenamtes zu A 15 an einer Kooperativen Haupt- und Realschule mit mehr als 540 Schülern vorgesehen, und die entsprechenden Beschlussfassungen zur Umwandlung der zusammengefassten Schule in diese Schulform lägen vor, nicht aber die erforderliche schulaufsichtliche Genehmigung.
Dem widersprach der Kläger: Schon anlässlich seines Erstantrages im Jahr 2000 habe die Beklagte ihm mitgeteilt, dass der Schwellenwert für ein Jahrüberschritten wurde und von der Drei-Jahres-Prognose her die Stellenübertragung A 15 in Betracht komme, wenn er die Laufbahnvoraussetzungen erfüllte. Mit Wirkung vom 20. Oktober 2000 sei im Übrigen die Realschullehrerin {H.} zur zweiten Realschulkonrektorin ernannt worden (A 14), und zwar auf Grund derselben Schüleranzahl und Prognose. Von daher sei das Schuljahr 2001/02 mit nur 170 Realschülern ein "Ausreißer", der, nachdem im Schuljahr 2000/01 die Schülerzahl von 180 wieder erreicht worden war, zu vernachlässigen sei. Es sei willkürlich, seine Vertreterin, {I.}und ihn unterschiedlich zu behandeln.
Im Widerspruchsverfahren prognostizierte die Beklagte die Realschulschülerzahlen für die Schuljahre 02/03 bis 05/06 auf 192, 192 und 204. Im Zusammenhang mit dem erneuten Antrag vom 29. Januar 2003, die Umwandlung der Haupt- und Realschule mit Orientierungsstufe zur Kooperativen Haupt- und Realschule zu genehmigen, hatte die Beklagte dem Schulträger - der Gemeinde {J.}- vorsorglich mitgeteilt, dass mit Änderungen des Niedersächsischen Schulgesetzes möglicherweise diese Schulform wieder zur Disposition stünde.
Mit Bescheid vom 14. April 2003 wies die Beklagte sodann den Widerspruch zurück: Die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen erfülle der Kläger erst seit Rechtsänderung im Jahre 2001. Von daher müsse das Schuljahr 2000/01 (erstmaliges Erreichen des Schwellenwertes von 180) außer Betracht bleiben. Nach dem Rückgang im Schuljahr 2001/02 auf 170 Schüler sei der Schwellenwert erstmals für den nun "beförderungsfähigen" Kläger wieder im Schuljahr 2002/03 erreicht worden. Daraus folge die früheste Einweisungsmöglichkeit - nach einem Jahr entsprechender Tätigkeit - zum 01. August 2003. Die im Verfahren abgegebene Prognose für die Entwicklung der Realschüler- und Gesamtschülerzahlen sei inzwischen schon deswegen nicht mehr sicher, weil noch unklar sei, wie sich die beschlossene Abschaffung der Orientierungsstufe auf die Gesamtschülerzahl der Schule und auf die Zahl der Übergänge zur Hauptschule oder Realschule auswirken werde.
Einen Beförderungsanspruch habe der Kläger nach§ 14 Abs. 5 NBG ohnehin nicht. Nach der Rechtsprechung könne sich allenfalls die Fürsorgeverpflichtung des Dienstherrn nach 5 Jahren Tätigkeit in der höherwertigen Funktion anspruchsbegründend verdichten. Auch daran fehle es.
Mit der Klage trägt der Kläger vor: Lediglich formale Gründe hätten im Jahre 2000 seine Ernennung zum Realschulrektor verhindert. Insgesamt habe er 5 Jahre die höherwertige Funktion bei erforderlicherÜberschreitung der jeweiligen Schwellenwerte für die Schülerzahl ausgefüllt. Von daher sei er nunmehr amtsangemessen und funktionsgerecht zu besolden.
Die Ausschreibung "seiner" Schulleiterstelle zum 01. Februar 2004 als A 14 oder A 15- Stelle bestätige seine Auffassung, dass von einem dauerhaften Überschreiten der streitigen Schwellenwerte ausgegangen werde. Der Zusatz, dass eine Planstelle A 15 "derzeit nicht zur Verfügung stehe", sei allein "verfahrensbedingt" und solle verhindern, dass er noch vor Beginn seiner Freistellungsphase im Blockmodell (Altersteilzeit) in die entsprechende Stelle eingewiesen werden müsse.
Im Übrigen sei bei einer - kleineren - Haupt- und Realschule in Freiburg/Elbe die nächst höhere Planstelle (dort A 14) zugewiesen und der Stelleninhaber, der die Laufbahnvoraussetzungen über§ 17 a BesNLVO erfüllte, schon 2002 befördert worden. Das müsse auch für ihn gelten.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, den Kläger in die Planstelle Realschulrektor (A 15) einzuweisen und ihn zum Realschulrektor A 15 an der Haupt- und Realschule mit Orientierungsstufe in {K.} zu ernennen sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. September 2002 und deren Widerspruchsbescheid vom 14. April 2003 aufzuheben, soweit diese dem entgegenstehen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
und verweist auf die Ablehnungsbegründungen im vorliegenden Verfahren und dem früheren Antragsverfahren. Sie ergänzt: Auf den Fall der Konrektorin {H.} könne sich der Kläger nicht berufen, weil diese die Laufbahnvoraussetzungen im Gegensatz zum Kläger schon zum Zeitpunkt der ersten Schwellenwertüberschreitung erfüllt habe und das von Ihr erlangte statusrechtliche Amt ihr nicht deswegen wieder entzogen werden könne, weil sich die Prognose für ein Folgejahr als falsch erwiesen habe. Aus der Stellenausschreibung mit A 14 oder A 15 im Schulverwaltungsblatt 6/2003, die sich auf die Planstelle des Klägers bezieht, die ab 01. Februar 2004 mit Beginn seiner Freistellungsphase im Blockmodell für Altersteilzeit frei wird, sei ebenfalls nichts herzuleiten. Derzeit gäbe die tatsächliche Schülerzahl einem Bewerber die Chance ein Jahr die von daher höherwertige Stelle auszufüllen und dann von A 14 nach A 15 befördert zu werden, wenn zudem die Prognose der Schwellenwertüberschreitung nachhaltig und sicher sei. Das könne gleichwohl erst dann geschehen, wenn der Schule die höhere Planstelle zugewiesen werde. Der Zusatz in der Stellenausschreibung, dass derzeit keine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 zur Verfügung steht, diene damit lediglich der Klarheit für die Bewerber und schütze diese vor falschen Erwartungen und Enttäuschungen.
Für das weitere Vorbringen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die (ablehnenden) Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Auch zur Vermeidung von Wiederholungen sieht das Gericht von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, weil es der Begründung des Widerspruchsbescheides folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Der Klagevortrag rechtfertigt keine andere Entscheidung. Denn der Kläger verkennt damit weiterhin, dass das Verpflichtungsbegehren (Einweisung in die Planstelle und Ernennung zum Realschulrektor A 15) solange keinen Erfolg haben kann, wie eine entsprechende und damit besetzbare Planstelle der Schule des Klägers nicht zugewiesen worden ist. Maßgeblich bei Verpflichtungsbegehren ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, nach deren Ergebnis auch für das Haushaltsjahr 2004 eine Stellenzuweisung zwar beantragt sein mag, aber nicht bewilligt wurde. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob der Kläger die übrigen - objektiven und subjektiven - Beförderungsbedingungen erfüllt.
Unterstellt, der vom Kläger angesprochene Fall des Rektors an der Freiburger Schule sei in jeder Weise vergleichbar und dessen Ernennung zum Realschulrektor (dort A 14) sei rechtmäßig, so begründet dieses im vorliegenden Verfahren dennoch keinen eigenen Ernennungsanspruch des Klägers und zwar wiederum mangels hier vorhandener und zugewiesener Planstelle. Allenfalls könnte der Kläger Schadensersatz begehren. Dieses aber in einem selbständigen Verfahren (einschließlich des vorgeschalteten Vorverfahrens), wenn ein verschuldetes und fürsorgewidriges Nichtbereitstellen einer Planstelle auch für die Schule des Klägers erweislich sein sollte.
Sollten die Voraussetzungen für den Rektor in Freiburg für die Einweisung in die höhere Planstelle und damit für seine Ernennung nicht vorgelegen haben, sich diese Maßnahmen also als rechtwidrig herausstellen, so kann der Kläger daraus erstrecht nichts herleiten (keine Gleichheit im Unrecht).
Auf den Fall - seiner Konrektorin - M. kann sich der Kläger ebenso wenig berufen. Hier fehlt es offenkundig an der Vergleichbarkeit. Denn diese war früher "beförderungsfähig" und erfüllte schon seinerzeit die Laufbahnvoraussetzungen im Gegensatz zum Kläger. Dass sich die Schwellenwertprognose für das Folgejahr nach der Ernennung von Frau {H.} als falsch herausstellte, kann nicht einmal zur Rücknahme von deren Ernennung führen. Andererseits folgt aus diesem Verlauf gerade, dass an die Prognose strengste Anforderungen zu stellen sind. Das bedeutet: Für den Kläger hat laufbahnrechtlich und damit beförderungsfähig erst am 01. August 2003 "die für die Einstufung in eine höhere Planstelle maßgebliche Schülerzahl bereits ein Jahr" vorgelegen (vgl. Vorbemerkung Nr. 6 zu NBesO A und B). Und zeitlich daran anschließend muss "mit hinlänglicher Sicherheit davon ausgegangen werden können, dass die maßgebliche Schülerzahl mindestens drei weitere Jahre erreicht wird", also für die Schuljahre 2003/04, 2004/05 und 2005/06. Auch daran müsste das Verpflichtungsbegehren scheitern, wenn man für die Prognose wiederum auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abstellt. Denn die für die genannten Schuljahre mitgeteilten Schülerzahlen (am Realschulzweig) von 192, 192 und 204 stehen unter dem Vorbehalt der Änderungen durch die Abschaffung der Orientierungsstufe. Deren Auswirkung auf die Zahl der Übergänge von der Grundschule auf die Hauptschule, die Realschule oder das Gymnasium nach dem vierten Grundschuljahr ist derzeit nicht abschätzbar, worauf die Beklagte zutreffend hinweist. Eine Prognose ist von daher nicht "hinlänglich sicher".
Dem oben wieder gegebenen Vortrag der Beklagten zur Ausschreibung der Stelle des Klägers ab 01. Februar 2004 als A 14 oder A 15 Stelle folgt das Gericht. Dem ist nichts hinzufügen.