Amtsgericht Göttingen
Beschl. v. 27.04.2015, Az.: 74 IN 56/13

Bibliographie

Gericht
AG Göttingen
Datum
27.04.2015
Aktenzeichen
74 IN 56/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 44916
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Zur Stellung von Versagungsanträgen sind nur Insolvenzgläubiger befugt.
2. Ein Verhalten des Schuldners in Bezug auf erst nach Verfahrenseröffnung entstandene Vermögensansprüche genügt nicht.

Tenor:

Der Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Gläubiger.

Gründe

I. Über das Vermögen des Schuldners ist auch aufgrund Eigenantrages unter Bewilligung von Stundung am 26.03. 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Mit Beschluss vom 17.2.2015 hat der Rechtspfleger die Beibehaltung des schriftlichen Verfahrens angeordnet und u. a. zur Antragstellung auf Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 InsO eine Frist bis zum 10.4.2015 gesetzt. Mit Faxschreiben vom 9.4.2015 hat der Landkreis U. (Gläubiger Nr. 13) Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO beantragt. Zur Begründung führt er aus, der Schuldner komme seiner Unterhaltspflicht seit September 2014 nicht nach, so dass derzeit eine Neuverschuldung i.H.v. 4.586 € gegenüber der minderjährigen Tochter bestehe. Zudem sei der Schuldner seiner Verpflichtung zur Darlegung/Nachweisführung seiner Einkommensverhältnisse nicht nachgekommen.

II. Die Voraussetzungen für eine Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 InsO liegen nicht vor. Da der Antrag bereits unzulässig bzw. unbegründet  ist, kann über ihn sofort entschieden werden ohne vorherige Anhörung des Schuldners.

Die versagungsantragstellende Gläubigerin ist nicht Insolvenzgläubigerin im Sinne des § 290 Abs. 1 InsO. Sie hat zwar eine Forderung zur Tabelle angemeldet wegen Unterhaltsvorschussrückforderungen in Höhe von 9.069,89 €  für den Zeitraum vom 1.12.2006 bis 31.7.2012, die am 8.7.2013 zur Tabelle festgestellt worden ist. Insolvenzgläubiger sind aber nur die persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben, § 38 InsO. Die versagungsantragstellende Gläubigerin bezieht sich für Ihren Versagungsantrag aber auf mögliche Verstöße des Schuldners im Hinblick auf nach Eröffnung entstandene Unterhaltsansprüche, denen der Schuldner seit September 2014 nicht nachgekommen sein soll.

So ist im Rahmen des § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO anerkannt, dass Verbindlichkeiten, die dem Schuldner erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen, keine Versagung rechtfertigen. Solche Verbindlichkeiten sind Neuverbindlichkeiten, die von dem Insolvenzverfahren unberührt bleiben. Die Gläubiger von Neuverbindlichkeiten sind keine Insolvenzgläubiger. Neuverbindlichkeiten verbleiben dem Schuldner auch nach einer eventuellen Erteilung der Restschuldbefreiung (AG Oldenburg, Beschl. v. 29.05.2007 - 60 IK 11/05, ZVI 2007, 328; LG Göttingen, Beschl. v. 08.08.2011 – 10 T 53/11, ZInsO 2011, 1798 = NZI 2011, 775; AG Göttingen, Beschl. v.29.09.2009 - 74 IN 410/02, ZInsO 2009, 2304 im Rahmen eines Versagungsantrages gem. §§ 300,  295 InsO).

Weiter bezieht sich die versagungsantragstellende Gläubigerin darauf, der Schuldner komme der Aufforderung/Nachweisführung seiner Einkommensverhältnisse nicht nach. Mit Schreiben vom 26.08.2014 wurde der Schuldner zur Auskunft für den Zeitraum vom 1.8.2013 bis 31.7.2014 aufgefordert. Ein Verstoß gegen die Auskunfts- und Mitwirkungspflicht im eröffneten Verfahren kann zwar eine Versagung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO begründen. Allerdings besteht die Verpflichtung gemäß § 97 InsO nur gegenüber dem Insolvenzgericht, dem Insolvenzverwalter, dem Gläubigerausschuss und auf Anordnung des Gerichtes gegenüber der Gläubigerversammlung. Ein Auskunftsverlangen eines einzelnen Schuldners fällt nicht darunter.

Folglich ist der Antrag zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 4 InsO i.V.m § 91 ZPO.