Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.06.2022, Az.: 10 K 129/19
Zerlegung von Gewerbesteuermessbeträgen durch Unterhalten von Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden im Erhebungszeitraum
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 09.06.2022
- Aktenzeichen
- 10 K 129/19
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2022, 40813
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlage
- § 28 GewStG
Fundstellen
- DStR 2023, 8
- DStRE 2023, 788-792
- GmbH-StB 2023, 21
Tatbestand
Streitig ist die Zerlegung von Gewerbesteuermessbeträgen.
Die Klägerin ist zum 31. Mai 2016 im Wege der Verschmelzung aus den in den Jahren 1995/1996 gegründeten rechtlich selbständigen Firmen A GmbH (A) und B GmbH (B) hervorgegangen. Gesellschafter zu je 50% und jeweils alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der A wie auch der B waren in den Streitjahren KS sowie CK.
Das Stammhaus des Unternehmens der Klägerin und der Vorgängerfirmen befindet sich in X. Eigentümer der Immobilie war bis Oktober 2005 CK, danach und auch in den Streitjahren eine KG mit CK als Komplementär und Familienangehörigen als Kommanditisten.
In den Streitjahren lag das operative Geschäft (Betrieb der Fachmärkte an den einzelnen Standorten) bei der A. Diese beschäftigte an den verschiedenen Standorten rd. 1.000 Mitarbeiter.
Die B beschäftigte in den Streitjahren einen ebenfalls alleinvertretungsberechtigten dritten Geschäftsführer (W), außerdem einen weiteren Arbeitnehmer (S).
Im Prüfungszeitraum befanden sich im Eigentum der B an die A vermietete Grundstücke, auf denen diese ihre Fachmärkte betrieb. Die B erbrachte zudem Dienstleistungen an die A im Rahmen eines Franchise-Vertrages vom 1. Mai 1996 (GA I Bl. 193ff). Die Vergütung der verschiedenen Dienstleistungen richtet sich nach der Dienstleistungsliste DL 2 (GA I Bl. 207f.).
Die B erzielte Erlöse in zweistelliger Millionenhöhe, insbesondere aus der Vermietung der Grundstücke sowie aus dem Franchisevertrag (Übersicht Erträge GA I Bl. 166f.). In den Erlösen ist zudem ein monatlicher Betrag von 13.500 €/netto (jährlich 162.000 €) enthalten, den die B der A für Arbeiten in der Finanzbuchhaltung/Rechnungswesen pauschal in Rechnung stellte (vgl. Abrechnung für Dezember 2009, GA II Bl. 96).
Die B zahlte in den Streitjahren Geschäftsführergehälter an KS und CK i.H.v. zusammen rd. 603.000 € (2009 und 2010) bzw. 463.000 € (2011). W erhielt in den Streitjahren ein Gehalt i.H.v. jährlich rd. 110.000 €, S i.H.v. rd. 70.000 €. Von der A bezog CK nur in 2011 ein Gehalt i.H.v. rd. 247.000€, KS erhielt ein Gehalt von jährlich rd. 214.000 bis rd. 248.000 €. W und S bezogen von der A kein Gehalt (Aufstellung Gehaltszahlen Ermittlungsakte KS Band I Bl. 231).
Die B hatte ihren eingetragenen Sitz bis 2007 in X.
Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 8. Januar 2008 verlegte die B ihren Sitz von X in die 50 km entfernte Gemeinde Y. Der dort erhobene Gewerbesteuersatz lag um 150 Prozentpunkte unter dem der Gemeinde X.
Der B standen in Y angemietete Räumlichkeiten im Betriebsgebäude eines langjährigen Geschäftspartners zur Verfügung, konkret ein Büroraum von 12 qm, den die B mit Vertrag vom 18. Dezember 2007 für eine monatliche Miete von 94 €/netto angemietet hatte.
Infolge der Sitzverlegung gab der Beklagte die Bearbeitung an das örtlich zuständige FA Z ab. Auf Rückfrage erteilte die B dem FA die Auskunft, dass die bisherige Betriebsstätte in X mit der Sitzverlegung aufgegeben worden sei. Die B wurde für die Veranlagungszeiträume 2008 bis 2013 dementsprechend beim FA Z geführt. Die Beteiligten gingen von einer alleinigen Hebeberechtigung der Gemeinde Y aus, die die Gewerbesteuer auf Grundlage der Gewerbesteuermessbescheide festsetzte.
Für 2009 erließ das seinerzeit zuständige FA Z einen Gewerbesteuermessbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung vom 20. September 2010. Nach einer Betriebsprüfung des Prüfungszeitraums 2006 bis 2009 erging ein Änderungsbescheid vom 3. April 2012, mit dem der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde. Für 2010 und 2011 ergingen ebenfalls Erstbescheide unter Vorbehalt der Nachprüfung. In den Bescheiden war jeweils die Gemeinde Y als hebeberechtigte Gemeinde ausgewiesen.
Durch Gesellschafterbeschluss vom 6. August 2015 gab die Klägerin die Betriebsstätte in Y auf und verlegte den Sitz der B nach X zurück.
Zuvor hatte das örtlich zuständige Finanzamt für Fahndung und Strafsachen (FAFuSt) am 25. März 2015 gegen KS sowie am 14. April 2015 gegen CK steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet wegen des Verdachts der Hinterziehung von Gewerbesteuer 2008 bis 2013 zugunsten der B durch unzutreffende Angaben bezüglich der tatsächlich unterhaltenen Betriebsstätten der B. Das Strafverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Im Zuge der Ermittlungen wie auch der Ermittlungen im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung gelangte der Beklagte zu der Einschätzung, dass die B seit 2008 zwei Betriebsstätten, eine in Y sowie eine in X, unterhalten habe und dementsprechend eine Zerlegung der Gewerbesteuermessbeträge zu erfolgen habe.
Unter Berücksichtigung der Räumlichkeiten sowie der Tätigkeitszeiten der verschiedenen Arbeitnehmer seien die Löhne überwiegend der Betriebsstätte in X zuzurechnen. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass die Gesellschafter in den Streitjahren ausschließlich in X tätig gewesen seien. W und S hätten sich zudem nur selten in Y aufgehalten.
Auf der Grundlage der Feststellungen der Betriebsprüfung erließ der Beklagte am 9. März 2017 für die Streitjahre geänderte Gewerbesteuermessbescheide sowie erstmalige Zerlegungsbescheide.
Für 2009 beruhte die Änderung des Gewerbesteuermessbescheides auf § 173 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 AO. Die Erhöhung des Messbetrages um 395 € ergab sich durch den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung an KS. KS hatte nach den Feststellungen der Steuerfahndung in einem 2013 geführten und 2014 gem. § 153a StPO eingestellten Ermittlungsverfahren Gegenstände für seine privaten Zwecke über die Klägerin eingekauft und von der Klägerin bezahlen lassen und insoweit eine vorsätzliche Steuerhinterziehung begangen.
Mit den erstmaligen Zerlegungsbescheiden rechnete der Beklagte der Betriebsstätte in Y Arbeitslohn lediglich i.H.v. 1.000 € zu und im Übrigen der angenommenen Betriebsstätte in X. Die Berechnung ergab einen Zerlegungsanteil für die Gemeinde Y von knapp 1 % und basierte auf einem von den Vertretern der B erarbeiteten Vorschlag (vgl. GA I Bl. 49). Den Arbeitslohn für W und S berücksichtigten die Beteiligten unter Kürzung des der A für Finanzbuchhaltung/Rechnungswesen in Rechnung gestellten Betrages von 162.000 €/Jahr. Zudem gingen die Beteiligten von einem Umfang der Tätigkeiten von W und S in Y von anteilig 20 % (2009), 10 % (2010) und 5 % (2011) aus (Ermittlung Einspruchsentscheidung S. 10, GA Bl. 50).
Die betroffenen Gemeinden erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Gemeinde Y wendete sich gegen die Zerlegungsbescheide zunächst im Einspruchsverfahren und vertrat zu 2009 die Auffassung, die Zerlegungssperre des § 189 Satz 3 AO sei anzuwenden. Letztlich nahm sie den Einspruch zurück und änderte die Gewerbesteuerbescheide entsprechend den Zerlegungsbescheiden.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage gegen die Zerlegungsbescheide.
Sie hielt entsprechend ihrem Vorbringen im Einspruchsverfahren zunächst daran fest, dass in den Streitjahren eine Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrages nicht habe stattfinden dürfen, weil sich in X weder der Ort der Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte nach § 12 Satz 1 AO befunden habe. Zur Begründung stellte sie darauf ab, dass die B in den Räumen der A keine eigenen Büroräume unterhalten habe. Indem sie mit ihrem Personal von lediglich 4 Personen gelegentlich auf die bestehende, aus ihrer Sicht fremde Geschäftseinrichtung der A zurückgreifen musste, verwandele sich die Geschäftseinrichtung der A nicht in eine eigene der B. Vielmehr habe A mit ihrer Geschäftseinrichtung der B gedient, ohne hierdurch diese oder die Verfügungsmacht abzugeben. B sei auf eine Geschäftseinrichtung in X auch nicht angewiesen gewesen, weil sie in den Streitjahren über eine voll ausgestattete Betriebsstätte in Y verfügt habe. Die Anwesenheit in X beruhe im Übrigen darauf, dass das Personal der B ganz überwiegend zusätzlich für die A tätig gewesen sei.
An dieser Auffassung hält die Klägerin inzwischen nicht mehr fest. Aber auch bei Annahme einer zusätzlichen Betriebsstätte in X seien die angefochtenen Bescheide rechtswidrig.
Betreffend 2009 stehe einer Zerlegung die erhöhte Bestandskraft nach § 173 Abs. 2 AO entgegen.
Die vorangegangene Betriebsprüfung habe ausdrücklich die Gewerbesteuer 2009 und dabei auch die Zerlegung der Gewerbesteuer umfasst. Der BP-Bericht enthalte die Feststellung, dass eine Änderung der Zerlegungsmaßstäbe nicht erfolge. Der Bestandsschutz umfasse mithin die im Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag konkrete uneingeschränkte Aussage zur hebeberechtigten Gemeinde Y. Der Bescheid über den Messbetrag enthalte aus der relevanten Empfängersicht die eigenständige Feststellung der Gemeinde Y als hebeberechtigter Gemeinde.
Dementsprechend berechtige die lediglich geringfügige Änderung des Messbetrages den Beklagten nicht dazu, eine vollständige Zerlegung nachzuholen. Die erhöhte Bestandskraft sei isoliert nur für die angesetzten verdeckten Gewinnausschüttungen durchbrochen worden. Hierdurch könne die Zerlegungssperre des § 189 Satz 3 AO nicht umgangen werden, allenfalls könne der Mehrbetrag i.H.v. 395 € erstmalig zerlegt werden.
Zudem sei die Jahresfrist des § 189 Satz 3 AO ein Jahr nach Erlass des Änderungsbescheides aus April 2012 im Mai 2013 abgelaufen und die Gemeinde Y habe - vorbehaltlich außergewöhnlicher Umstände - sicher sein können, die ihr zugewiesene Gewerbesteuer behalten zu dürfen.
Die Gemeinde X ihrerseits habe es unterlassen, nachdem sich ihr Anhaltspunkte für eine Hebeberechtigung ergaben, binnen Monatsfrist des § 110 AO Antrag auf Wiedereinsetzung in die Jahresfrist des § 189 Satz 3 AO zu stellen.
Sachgerecht sei vor diesem Hintergrund allein die Zuweisung eines Zerlegungsanteils bezogen auf den Erhöhungsbetrag von 395 €. Insoweit genieße Y keinen Bestandsschutz.
Diese Auslegung korrespondiere mit dem "soweit" in § 173 Abs. 2 AO. § 189 Satz 3 AO sei im Ergebnis teleologisch zu reduzieren dahingehend, dass die Änderung oder Nachholung der Zerlegung unterbleibt, wenn ein Jahr vergangen ist, seitdem und soweit der Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.
Der Rechtsprechung des BFH, wonach es für die Nachholung der Zerlegung unbeachtlich ist, dass der unanfechtbar gewordene Steuerbescheid ein Änderungsbescheid ist, sei nicht zu entnehmen, dass eine ursprünglich bereits abgelaufene Ausschlussfrist bei einer zweiten Änderung des Messbetrages ein zweites Mal in Gang gesetzt werde, insbesondere bei einem nur marginal geänderten erhöht bestandskräftigen Bescheid.
Soweit der BFH geäußert habe, dass § 189 Satz 3 AO nicht nach dem Umfang der Änderung differenziere, stehe dies einer teleologischen Auslegung der Vorschrift nicht entgegen. Schon bei einer erstmaligen Änderung eines Bescheides sei die Auffassung fragwürdig. Jedenfalls sei es systemwidrig, ließe man bei einer zweiten Änderung die Ausschlussfrist des § 189 Satz 3 AO ein zweites Mal beginnen. Ein erneuter Lauf der Ausschlussfrist in § 189 Satz 3 AO aufgrund einer zweiten Änderung des Messbescheides sei vom Wortlaut der Norm nicht umfasst und widerspreche auch dem Sinn und Zweck, Rechtssicherheit für die ursprünglich hebeberechtigte Gemeinde zu schaffen. Dieser Zweck würde verfehlt, würde die Ausschlussfrist bei jeder geringfügigen Änderung eines erhöht bestandskräftigen Bescheides neu beginnen.
Zum Zerlegungsmaßstab vertritt die Klägerin die Auffassung, dass der Gemeinde Y für sämtliche Streitjahre ein höherer Zerlegungsanteil als bisher 1 % zuzurechnen sei.
Unbeachtlich sei, dass die durchgeführte Zerlegung auf einem klägerischen Vorschlag beruhe. Seinerzeit sei es vorrangig darum gegangen, die Fahndungs-/Betriebsprüfung zu einem Abschluss zu bringen und die Bedenken gegen die Rechtsauffassung des Beklagten im Rechtsbehelfsverfahren vorbringen zu können.
Nach zwischenzeitlich abweichenden Berechnungen vertritt die Klägerin inzwischen die Auffassung, dass die Lohnsumme für die 4 Mitarbeiter der B unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze des § 31 Abs. 4 GewStG mit jeweils 50.000 € und insgesamt mit 200.000 € anzusetzen sei. Die Gehälter für CK und KS seien in voller Höhe (100.000 €) X zuzuordnen. Die Anteile für W und S von zusammen 100.000 € seien im Schätzungswege aufzuteilen. Insoweit seien die der bisherigen Berechnung zugrundeliegenden Anteile für die Gemeinde Y von 20 v.H. (2009), 10 v.H. (2010) und 5% (2011) sachgerecht.
Die zunächst auch gegen die Gewerbesteuermessbescheide 2009 bis 2011 erhobene Klage nahm die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zurück.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide für 2009, 2010 und 2011 über die Zerlegung des Gewerbesteuermessbescheides jeweils vom 9. März 2017 in Form der Einspruchsentscheidung vom 21. März 2019 dahingehend abzuändern,
dass für 2009 Gegenstand der Zerlegung zwischen X und Y nur ein Messbetrag i.H.v. 395 € ist, im Übrigen allein die Y hebeberechtigt ist,
dass bei der Ermittlung der Arbeitslöhne zur Zerlegung für 4 Arbeitnehmer jeweils gekappte Arbeitslöhne von 50.000 € berücksichtigt werden,
dass der Betriebsstätte in Y in 2009 20 v.H., in 2010 10 v.H. und in 2011 5 v.H. des Lohnanteils für die Arbeitnehmer W und S zugeordnet und im Übrigen der Betriebsstätte in X zugeordnet werden und die Zerlegungsanteile entsprechend festgesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entsprechend der Begründung der Einspruchsentscheidung verweist der Beklagte darauf, dass sich der Ort der Geschäftsleitung der B in X befunden habe. Zudem habe sich in X auch eine Betriebsstätte der B durch das Vorhandensein einer festen und nachhaltigen Geschäftseinrichtung, die Verfügungsmacht über die Einrichtung sowie die Zuordnung zur Unternehmenstätigkeit befunden.
Die Räumlichkeiten in X hätten nach der Sitzverlegung weiterhin dem Unternehmen der B gedient, indem dort gewerbliche Tätigkeiten für das Unternehmen ausgeübt worden seien. Sowohl die GGF als auch W und S hätten in X ihre Büros unterhalten.
Unbeachtlich sei, dass in den Streitjahren zwischen A und B keine Mietverträge über die Büroräume geschlossen waren und der B keine Räume exklusiv zugeordnet waren. Eine rechtliche Absicherung der Verfügungsmacht oder eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung seien nicht erforderlich. Indes genüge eine rein tatsächliche Verfügungsmacht, die ohne Mitwirkung des Unternehmens weder entzogen noch verändert werden kann. Dies sei bei Berücksichtigung der Eigentumsverhältnisse gegeben, die GGF hätten aus einer "nach allen Seiten sicheren" Rechtsposition der B eine faktische "Mitverfügungsmacht" an den Büroräumen gewährt.
Auch in Y habe nach den Erkenntnissen des Beklagten eine Betriebsstätte vorgelegen. Die Räumlichkeiten seien recht einfach eingerichtet gewesen. Auf dem Computer sei eine Datenfernverbindung zur zentralen Datenverarbeitungszentrale eingerichtet gewesen. Der Telefonanschluss sei nach X umgeleitet worden. In den Schränken hätten sich Buchführungsunterlagen aus den Jahren 2003 bis 2006 befunden.
Für die Berechnung der Zerlegungsanteile vertritt der Beklagte ebenfalls abweichend von der Berechnung in den angefochtenen Bescheiden die Auffassung, dass bei der Ermittlung der Arbeitslöhne für alle Mitarbeiter der gekappte Betrag von jeweils 50.000 €, mithin eine Lohnsumme von 200.000 €, anzusetzen sei. Die zunächst angenommene teilweise Weiterberechnung der Löhne für S und W an die A habe nicht vorgelegen, sondern A habe aus dem Franchisevertrag erbrachte Dienstleistungen bezahlt.
Die Aufteilung richte sich nach dem zeitlichen Umfang der Tätigkeit an der jeweiligen Betriebsstätte. Dabei komme es nicht darauf an, welchem Unternehmen die Tätigkeit des Arbeitnehmers zu Gute komme. Mangels konkreter Aufzeichnungen sei, nur betreffend W und S, eine Schätzung unter Würdigung der bekannten Tatsachen vorzunehmen.
Nachdem der Beklagte bei der Schätzung des zeitlichen Umfangs zunächst noch danach differenzierte, in welchem Umfang W und S Tätigkeiten für die B bzw. die A erbracht haben, hielt sie die auch von der Klägerin letztlich beantragte anteilige Zuordnung der Lohnanteile für W und S zur Gemeinde Y von 20 v.H. (2009), 10 v.H. (2010) und 5 v.H. (2011) bezogen auf 100.000 € für eine sachgerechte Schätzung.
Im Verhandlungstermin vertrat der Beklagte allerdings erstmals die Auffassung, eine Zerlegung sei unter Berücksichtigung der sich danach für die Gemeinde Y ergebenden Zerlegungsanteile von 10 v.H. (2009), 5 v.H. (2010) und 2,5 v.H. (2011) wegen Geringfügigkeit nicht vorzunehmen. Der gesamte Messbetrag sei indes X zuzuordnen. Zur Begründung verwies der Beklagte auf die Rechtsprechung des BFH im Urteil vom 22. Juli 1988 (III R 286/84 BFH/NV 1990, 648).
Zur Anwendung der §§ 173 Abs. 2, 189 AO im Streitjahr 2009 vertritt der Beklagte die Auffassung, dass mit dem geänderten Gewerbesteuermessbescheid nach der Betriebsprüfung aus 2012 keine bindende Feststellung der hebeberechtigten Gemeinde verbunden gewesen sei und es dementsprechend keinen Verwaltungsakt gebe, aus dem sich hinsichtlich der Gewerbesteuerzerlegung eine erhöhte Bestandskraft i.S.d. § 173 Abs. 2 ergebe. Indes handele es sich auch bei dem Zerlegungsbescheid 2009 um einen erstmaligen Zerlegungsbescheid.
Die Zerlegungssperre nach § 189 Satz 3 AO greife nicht ein, da der Gewerbesteuermessbescheid 2009 auch unter Berücksichtigung der erhöhten Bestandskraft wegen Steuerhinterziehung habe geändert werden dürfen. Auf einen Antrag der Gemeinde X komme es nicht an, da dieser nur notwendig und rechtserheblich gewesen wäre, wenn das FA den Zerlegungsbescheid nicht innerhalb eines Jahres erlassen hätte.
Für die Auffassung der Klägerin, eine Zerlegung könne nur insoweit erfolgen, soweit die Änderung des Gewerbesteuermessbetrags reiche, fehle es an einer rechtlichen Grundlage. Indes differenziere § 189 Abs. 3 AO weder zwischen Erst- und Änderungsbescheiden, noch nach dem Rechtsgrund oder dem Umfang der Änderung des Steuermessbescheids. Die Rechtsprechung des BFH sei eindeutig, auch eine Differenzierung bei mehreren Änderungsbescheiden sei nicht vorgesehen.
Die an der Zerlegung beteiligten Gemeinden Y und X sind gem. § 60 Abs. 3 AO zum Verfahren beigeladen worden.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist teilweise begründet. Die Zerlegungsanteile sind abweichend festzusetzen. Darüber hinaus ist die Klage unbegründet.
1. Für die Streitjahre ist der Gewerbesteuermessbetrag gem. § 28 GewStG zu zerlegen, da die B sowohl in X als auch in Y Betriebsstätten unterhalten hat.
a) Gem. § 28 Abs. 1 GewStG findet eine Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrages statt, wenn im Erhebungszeitraum Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten werden.
Der Begriff der Betriebsstätte richtet sich nach § 12 AO. Gem. § 12 Satz 1 AO ist Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Betriebsstätte ist gem. § 12 Satz 2 Nr. 1 AO insbesondere die Stätte der Geschäftsleitung.
b) Ob Ort der Geschäftsleitung in Y oder in X war, kann dahinstehen, weil die B in den Streitjahren in X jedenfalls eine Betriebsstätte i.S.d. § 12 Satz 1 AO unterhalten hat.
aa) Das Vorliegen einer Betriebsstätte nach § 12 Satz 1 AO erfordert eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit fester Beziehung zur Erdoberfläche, die von gewisser Dauer ist und die der Tätigkeit des Unternehmens dient. Die Geschäftseinrichtung dient der Tätigkeit des Unternehmens, wenn das Unternehmen dort eine eigene gewerbliche Tätigkeit ausübt, wobei es sich um Haupt- oder Hilfstätigkeiten, wesentliche oder unwesentliche Tätigkeiten handeln kann.
Über die Räumlichkeiten muss der Unternehmer/das Unternehmen eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht innehaben. Für die Annahme einer nicht nur vorübergehenden Verfügungsmacht über eine feste Geschäftseinrichtung genügt eine unentgeltliche Überlassung. In diesem Fall muss dem nutzenden Unternehmen eine Rechtsposition eingeräumt werden, die ihm ohne seine Mitwirkung nicht mehr ohne weiteres entzogen oder die ohne seine Mitwirkung nicht ohne weiteres verändert werden kann. Diese Rechtsposition muss jedoch nicht ausdrücklich vereinbart worden sein, aus der tatsächlichen Gestaltung, insbesondere bei dauerhafter Nutzung, kann sich auch eine konkludente Gewährung ergeben. Die ausschließliche Verfügungsgewalt ist ebenso wenig Voraussetzung wie die Zuordnung konkreter Räumlichkeiten. So kann eine Betriebsstätte auch innerhalb eines fremden Unternehmens bestehen (vgl. dazu Koenig in Koenig AO § 12 Rz.11 ff. m.w.N.).
Das bloße Tätigwerden in Räumlichkeiten des Auftraggebers oder Geschäftspartners, die der Unternehmer beispielsweise zum Zwecke der Beratung aufsucht, begründet allerdings für sich genommen keine Betriebsstätte (z.B. BFH-Urteil vom 4. Juni 2008, I R 30/07, BStBl II 2008, 922).
bb) Danach unterhielt die B in den Räumlichkeiten der A im Stammhaus in X eine Betriebsstätte.
Die Geschäftsführer und Mitarbeiter der B nutzten die Räumlichkeiten in X einschließlich der Infrastruktur auch nach Sitzverlegung durchgehend und mit Einverständnis der A in gewissem (unterschiedlichen) Umfang für Tätigkeiten der B. Dies ergibt sich bereits aus dem Vortrag der Klägerin selbst sowie aus dem Inhalt der Verwaltungsakten.
Die Nutzung der Räumlichkeiten in X durch W und S wird zudem bestätigt durch die Angaben des W im Rahmen seiner Vernehmung durch die Steuerfahndung (Niederschrift über die Anhörung vom 14. April 2015, Ermittlungsakte KS Bd. I Bl. 85): Danach stand W nach der Sitzverlegung ein Büro in X sowie das Büro in Y zur Verfügung. Die anfallenden Arbeiten für die B und die A seien jeweils durchgeführt worden, wo er gerade saß. Von beiden Arbeitsplätzen habe Zugriff auf die Buchführung beider Gesellschaften bestanden. Ebenso gab S an, sowohl von Y als auch von X aus mit Buchhaltungsarbeiten für A sowie B tätig geworden zu sein und dabei frei in der Arbeitsorganisation gewesen zu sein (Ermittlungsakte KS Bd. I Bl. 76ff).
Die tatsächliche Nutzung der Räumlichkeiten der A geschah mit Wissen und Billigung der A und vermittelte der B eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht. Die Nutzung ist bei der gebotenen Gesamtwürdigung nicht gleichzusetzen mit der bloßen Nutzung der Geschäftsräume eines Geschäftspartners.
Zwar war die B über Franchise- und Mietverträge mit der A rechtsgeschäftlich verbunden. Gleichwohl ist nicht ersichtlich, dass die Verwaltung dieser Verträge ein Tätigwerden in den Räumen der A als Vertragspartner bedingt hätte. Dagegen spricht bereits der klägerische Vortrag, dass die Tätigkeiten der B an jedem beliebigen Ort hätten ausgeübt werden können. Jedenfalls im Zusammenhang mit der Vermietungstätigkeit ist ein entsprechendes Erfordernis weder ersichtlich noch vorgetragen.
Überdies unterscheidet sich die Nutzung der Räume von der bloßen Nutzung der Geschäftsräume eines Geschäftspartners durch die sachliche und personelle Verflechtung der B mit der A. Der Umstand, dass die Geschäftsführer der A auch Geschäftsführer der B waren, spricht für eine zumindest konkludent eingeräumte Verfügungsmacht. Infolge der personellen sowie sachlichen Verflechtung über die Mietverträge und den Franchisevertrag war die A der B in einer Weise verbunden, die eine einseitige Auflösung der Berechtigung nicht erwarten ließ und eine ausdrückliche Vereinbarung entbehrlich machte.
Die dauerhafte Nutzung der Geschäftsräume anderer Gesellschaften begründet zudem im Falle personenidentischer Organe selbst bei fehlendem eigenen Nutzungsrecht eine Betriebsstätte (vgl. Blümich GewStG § 2 Rz. 322 m.w.N.; BFH-Urteil vom 23. Februar 2011, I R 52/10, BFH/NV 2011, 1354 Tz. 35, 36).
c) Die B unterhielt in den Streitjahren in Y in den angemieteten Räumlichkeiten eine weitere Betriebsstätte. Die Einrichtung als Büro und zeitweise Tätigkeit der Mitarbeiter S und W für die B von diesem Büro aus ist zwischen den Beteiligten unstreitig und ergibt sich aus den Akten wie unter bb) dargelegt.
2. Der Zerlegung der Gewerbesteuermessbeträge stehen für sämtliche Streitjahre keine verfahrensrechtlichen Hindernisse entgegen.
a) Die Änderung der der Zerlegung zugrundeliegenden Gewerbesteuermessbescheide beruht auf § 164 Abs. 2 AO (2010 und 2011) bzw. auf § 173 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 AO (2009). Nachdem die Klägerin die Klage insoweit zurückgenommen hat, sind die Gewerbesteuermessbescheide bestandskräftig geworden.
b) Die zuvor unterbliebene Zerlegung war gem. § 189 Satz 1 AO nachzuholen, weil der Beklagte den Anspruch der Gemeinde X auf einen Anteil am Steuermessbetrag zuvor weder berücksichtigt noch zurückgewiesen hatte.
c) Die Zerlegung ist nicht gem. § 189 Satz 2 AO auf den Änderungsbetrag begrenzt. § 189 Satz 2 AO regelt eine entsprechende Einschränkung für die Änderung unanfechtbarer Zerlegungsbescheide.
Für die Streitjahre waren zuvor keine Zerlegungsbescheide erlassen worden. In der in den Gewerbesteuermessbescheiden enthaltene Benennung der Gemeinde Y als hebeberechtigter Gemeinde ist weder ein Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid zugunsten der Gemeinde Y zu sehen, noch ergibt sich daraus die bindende Feststellung, dass eine Zerlegung nicht stattfindet.
Bei der Benennung der hebeberechtigten Gemeinde handelt es sich indes um eine nachrichtliche Mitteilung, die keine Bindungswirkung entfaltet. Gewerbesteuermessbescheide sind in Bezug auf die Bestimmung der Steuerberechtigten keine Grundlagenbescheide. Bindungswirkung entfalten sie nur im Hinblick auf die Festsetzung der Gewerbesteuermessbeträge (vgl. BFH-Urteil vom 28. Juni 2000, I R 84/98, BStBl II 2001, 1; FG München Urteil vom 14. September 2017, 13 K 3144/15, EFG 2019, 1610).
Eine bindende Regelung findet indes, sofern die Voraussetzungen für eine Zerlegung gegeben sind, im Rahmen des Zerlegungsverfahrens statt, ansonsten durch die Gemeinde beim Erlass des Gewerbesteuerbescheides oder, wenn Streit darüber besteht, welchem Steuerberechtigten der Steuermessbetrag zusteht, im Rahmen des Zuteilungsverfahrens gem. § 190 AO (vgl. BFH Beschluss vom 9. Januar 2013, IV B 64/11, BFH/NV 2013, 512; FG München Urteil vom 14. September 2017, 13 K 3144/15, a.a.O.).
Dementsprechend kommt auch der im BP-Bericht der vorangegangenen Betriebsprüfung enthaltenen Aussage zur unveränderten Zerlegung keine Bindungswirkung zu. Diese bezog sich zudem bei verständiger Würdigung auf die tatsächlich für die in den Veranlagungszeiträumen 2006 und 2007 durchgeführte Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrages auf Betriebsstätten der B in X und H.
d) Die erstmaligen Zerlegungsbescheide sind innerhalb der Frist des § 189 Satz 3 AO ergangen.
Gem. § 189 Satz 3 FGO unterbleibt eine Nachholung der Zerlegung, wenn ein Jahr vergangen ist, seitdem der Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist, es sei denn, dass der übergangene Berechtigte die Nachholung der Zerlegung vor Ablauf des Jahres beantragt hat.
Bei der Jahresfrist handelt es sich um eine Ausschlussfrist. Eines Antrags der übergangenen Gemeinde bedarf es allerdings nicht, wenn das Finanzamt wie in § 189 Satz 1 AO vorgesehen und im vorliegenden Fall geschehen von Amts wegen den Zerlegungsbescheid innerhalb der Ausschlussfrist des § 189 Satz 3 erlassen hat.
Die angefochtenen Zerlegungsbescheide wurden zeitgleich mit den Änderungsbescheiden und dementsprechend innerhalb der Jahresfrist erlassen.
Die Regelungen über die Festsetzungsverjährung gem. §§ 169 ff. AO sind im Kontext des § 189 AO nicht zu prüfen, § 189 Satz 3 AO geht für die in § 189 AO geregelten Fälle der Regelung des § 169 Abs. 1 Satz 1 AO als lex specialis vor (vgl. BFH Urteil vom 28. Juni 2000 I R 84/98, a.a.O.). Die Ausschlussfrist des § 189 Satz 3 AO war auch für 2009 nicht mangels rechtzeitigem Antrags der Gemeinde abgelaufen.
e) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist bei der Berechnung der Frist gem. § 189 Satz 3 AO auch für das Streitjahr 2009 auf den gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 AO geänderten Gewerbesteuermessbescheid nach Betriebsprüfung abzustellen.
§ 189 Satz 3 stellt auf die Unanfechtbarkeit des Steuermessbescheides ab und differenziert insoweit nicht zwischen Erst- und Änderungsbescheiden und dem Umfang eines Änderungsbescheides (vgl. BFH Urteil vom 28. Juni 2000, I R 84/98, BStBl. II 2001, 1). Auch in dem dem zitierten Urteil zugrundeliegenden Fall wurde die Zerlegung geändert, nachdem der Messbescheid zwischenzeitlich mehrfach gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert und die fehlerhafte Zerlegung mehrfach nicht bemerkt worden war.
Die Ausschlussfrist beginnt demzufolge mit jedem Änderungsbescheid erneut zu laufen, vorliegend mit Erlass des Änderungsbescheides nach Betriebsprüfung am 9. März 2017 (vgl. ausdrücklich BFH Urteil vom 28. Juni 2000, I R 84/98, a.a.O. Rz. 13; a.A soweit ersichtlich nur Güroff in Glanegger Güroff GewStG § 28 Rz. 14, der auf den ersten unanfechtbaren Bescheid abstellt).
f) Die von der Klägerin geforderte Erweiterung des Satz 3 um eine Einschränkung des Umfangs entsprechend Satz 2 kommt nicht in Betracht. Sie widerspräche dem Wortlaut und der Systematik des § 189 AO. Ebenso widerspräche eine entsprechende Ausdehnung des § 189 Satz 2 AO dem eindeutigen Wortlaut.
Eine entsprechende Auslegung lässt sich nicht losgelöst mit dem Zweck der Zerlegungssperre rechtfertigen.
Dieser liegt darin, innerhalb eines Jahres nach Bestandskraft eines Messbescheides Klarheit darüber zu erlangen, ob noch weitere Steuerberechtigte einen Zerlegungsanteil beanspruchen. Ein entsprechendes Bedürfnis besteht auch bei bestandskräftigen Bescheiden, die nur noch partiell geändert werden können und besonders im Fall der erhöhten Bestandskraft wie vorliegend im Streitjahr 2009.
Allerdings können auch das in § 189 Satz 1 AO zum Ausdruck kommende Interesse der übergangenen Gemeinde an der zutreffenden Beteiligung an der Gewerbesteuer und der Grundsatz der Rechtmäßigkeit der Besteuerung nicht unberücksichtigt bleiben. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bewusst eine weitere Einschränkung nicht vorgesehen hat, sondern für die erstmalige Zerlegung lediglich eine zeitliche Grenze setzen wollte.
3. Der bisher zugrunde gelegte Zerlegungsmaßstab ist allerdings nicht sachgerecht ermittelt und dementsprechend zu ändern.
a) Zerlegungsmaßstab ist nach § 29 Abs. 1 GewStG das Verhältnis, in dem die Summe der Arbeitslöhne, die im Erhebungszeitraum an die bei allen Betriebsstätten beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind, zu den Arbeitslöhnen steht, die im selben Zeitraum an die bei den Betriebsstätten der einzelnen Gemeinden beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind.
Vergütungen für einzelne Arbeitnehmer, die den Betrag von 50.000 € übersteigen, sind gem. § 31 Abs. 4 GewStG nicht anzusetzen.
b) Die maßgebliche Lohnsumme i.S.d. § 29 GewStG beträgt im vorliegenden Fall 200.000 €.
Sämtliche Arbeitnehmer der B (KS, CK, S und W) haben in den Streitjahren den Betrag von 50.000 € übersteigende Gehälter erhalten.
Auch für S und W sind entgegen der bisherigen Berechnung der Beteiligten die insgesamt von B gezahlten Löhne zu berücksichtigen. Diese Löhne können nicht i.H.v. 162.000 € der A zugeordnet werden. Eine Weiterbelastung, wie sie von den Beteiligten zunächst angenommen wurde, hat tatsächlich nicht stattgefunden. Indes wurden der A pauschal monatlich von W und S erbrachte Dienstleistungen im Bereich Finanzbuchhaltung und Rechnungswesen entsprechend einer den Franchisevertrag ergänzenden Vereinbarung in Rechnung gestellt.
A hat damit nicht wirtschaftlich den von B gezahlten Arbeitslohn getragen, sondern eine pauschal festgelegte Vergütung für Dienstleistungen erbracht. Diese Dienstleistungen haben W und S als Arbeitnehmer der B in deren Interesse erbracht.
c) Die an die verschiedenen Arbeitnehmer gezahlten Arbeitslöhne sind auf die Betriebsstätten in Y und in X aufzuteilen.
aa) Maßgebend für die Zuordnung ist die Beschäftigung des Arbeitnehmers in dieser Betriebsstätte.
Beschäftigt ist ein Arbeitnehmer in der Betriebsstätte, in der er seine Tätigkeit ganz oder wesentlich ausübt. Der Arbeitslohn von Arbeitnehmern, die in mehreren Betriebsstätten beschäftigt sind, d.h. die in mehreren Betriebsstätten einen wesentlichen Teil ihrer Arbeitsleistung erbringen, ist grundsätzlich nicht allein einer dieser Betriebsstätten zuzuordnen, sondern auf die Betriebsstätten nach Maßgabe des jeweiligen Umfangs der Beschäftigung aufzuteilen (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juli 1988, III R 286/84, BFH/NV 1990, 56).
Eine Aufteilung des Arbeitslohns unterbleibt ausnahmsweise, wenn ein Arbeitnehmer in einer anderen Betriebsstätte nur gelegentlich und in unbedeutendem Umfang, also "unwesentlich" tätig wird (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juli 1988, III R 286/84, a.a.O.) oder dort lediglich unbedeutende Arbeiten ausübt (vgl. BFH-Urteil vom 26. August 1987, I R 376/83, BStBl II 1988, 201).
bb) Danach sind die Löhne für die KS und CK (zusammen 100.000 €) allein der Betriebsstätte in X zuzuordnen. Denn die GGF sind nahezu ausschließlich in der Betriebsstätte in X tätig geworden und haben die Räumlichkeiten in Y allenfalls sehr selten aufgesucht. Einen festen Arbeitsplatz hatten in Y lediglich S und W.
cc) Die an W und S gezahlten Löhne sind aufzuteilen, weil sie in beiden Betriebsstätten regelmäßig tätig geworden sind.
Die Zuordnung richtet sich nach dem zeitlichen Umfang der Tätigkeiten in der jeweiligen Betriebsstätte. Dabei ist auf die gesamte Tätigkeit von W und S abzustellen. Eine Differenzierung nach Tätigkeiten für die B und für die A, wie es die Beteiligten in ihren Berechnungen teilweise vorgenommen haben, ist nicht vorzunehmen. S und W haben ein Gehalt allein von B erhalten. Soweit W und S für die A tätig wurden, so lag dies gleichwohl im Interesse der B und beruhte auf den entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen, beispielsweise im Franchisevertrag.
In ihrem Zerlegungsvorschlag ging die Klägerin von einer anteiligen Tätigkeit von W uns S in Y in 2009 von 20 %, 2010 von 10 % und ab 2011 von 5 % aus (Ermittlungsakte I Bl. 118, EE S. 9), den der Beklagte unter Berücksichtigung der Ermittlungsergebnisse grundsätzlich für zutreffend hielt und den die Beteiligten weiterhin für anwendbar erachten. Der Senat hat ebenfalls keine Bedenken gegen diese Aufteilung. Diese berücksichtigt, dass die Anwesenheit in Y bei S und W zunächst stärker ausgeprägt war und dann tendenziell zurückging.
dd) Eine Beteiligung der Gemeinde Y unterbleibt nicht wegen Geringfügigkeit. Eine lediglich unwesentliche Tätigkeit in der Betriebsstätte in Y, die es ausnahmsweise rechtfertigen würde, auch die Arbeitslöhne für W und S allein der Betriebsstätte in X zuzuordnen, lag in den Streitjahren nicht vor.
W und S waren jedenfalls regelmäßig, wenn auch rückläufig, in der Betriebsstätte in Y tätig. Diese war räumlich und technisch auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter ausgerichtet und stand den Mitarbeitern zur jederzeitigen Nutzung zur Verfügung. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass W und S in Y lediglich untergeordnete Tätigkeiten ausgeübt hätten. Daher sieht der Senat auch für 2011 keinen Anlass, die Tätigkeit als geringfügig einzuordnen. Der vom Beklagten angeführten Entscheidung des BFH vom 22. Juli 1988 (III R 286/84, a.a.O.) lässt sich keine absolute Untergrenze entnehmen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Aufteilung nach dem zeitlichen Umfang der Tätigkeit der Regelfall ist und nur unter besonderen Umständen unterbleibt, die im zu entscheidenden Fall nicht vorliegen.
d) Danach sind die Arbeitslöhne auf die Gemeinden Y und X wie folgt aufzuteilen und ergeben sich folgende Zerlegungsanteile:
Arbeitslohn Y | Arbeitslohn X | Zerlegungsanteil Y | Zerlegungsanteil X | |
---|---|---|---|---|
2009 | 20.000 € | 180.000 € | 10 v.H. | 90 v.H. |
2010 | 10.000 € | 190.000 € | 5 v.H. | 95 v.H. |
2011 | 5.000 € | 195.000 € | 2,5 v.H. | 97,5 v.H. |
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
III. Die Revision wird zugelassen im Hinblick auf das vom BFH zugelassene und unter dem Aktenzeichen IV R 3/19 anhängige Revisionsverfahren gegen das Urteil des FG München vom 14. September 2017, 13 K 3144/15, EFG 2019, 1610.
IV. Der Streitwert wird auf 644.311 € festgesetzt.