Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 28.09.2022, Az.: 15 A 3633/19
Abstimmungsvereinbarung; Rahmenvorgabe
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 28.09.2022
- Aktenzeichen
- 15 A 3633/19
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2022, 59656
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 22 Abs 2 VerpackG
- § 22 Abs 2 S 1 Nr 1 VerpackG
- § 22 Abs 2 S 1 Nr 2 VerpackG
- § 22 Abs 2 S 1 Nr 3 VerpackG
Fundstelle
- AbfallR 2022, 332
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Die Anordnung der Mitbenutzung eines kommunalen Wertstoffhofs im Rahmen eines ergänzenden Bringsystems ist von § 22 Abs. 2 VerpackG gedeckt (entgegen VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 13. Oktober 2020 - 10 S 2820/20 - und vom 22. Dezember 2021 - 10 S 3427/20 -).
2. Die in § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VerpackG enthaltene Ermächtigung, durch Rahmenvorgabe Festlegungen hinsichtlich der Art der Sammelbehälter zu treffen, umfasst grundsätzlich auch die Möglichkeit, verschiedene Arten von Sammelbehältern (hier: Tonne und Sack) zu kombinieren.
3. Eine Kombination verschiedener Arten von Sammelbehältern darf grundsätzlich auch innerhalb desselben Gebietes festgelegt werden. Die in der Gesetzesbegründung genannte Möglichkeit, die Festlegungen nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VerpackG auch gebietsscharf auszugestalten, stellt keine Einschränkung, sondern eine zusätzliche Option dar.
4. Eine Festlegung, die einem von § 22 VerpackG nicht vorgesehenen Dritten (hier: dem jeweiligen Grundstückseigentümer) eine Wahlmöglichkeit über die konkrete Ausgestaltung des Sammelsystems überlässt, widerspricht dem Grundsatz, dass zwischen den Systemen und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ein Kooperationsgebot besteht, das durch konsensual abzustimmende Vereinbarungen ausgefüllt wird und nur in engen Grenzen einseitig durch Rahmenvorgabe durchbrochen werden kann. Die Entscheidung, wie die von § 22 Abs. 2 VerpackG verfolgten Ziele am besten erreicht werden können, kann allein der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger treffen, weil nur dieser dazu in der Lage ist, sich hinsichtlich der Effizienz der verschiedenen Sammel-systeme, ihrer konkreten Ausgestaltung, der ökologischen Auswirkungen und ihrer Kosten ein um-fassendes Bild zu verschaffen, die damit jeweils verbundenen Vor- und Nachteile in der gebotenen Objektivität abzuwägen und letztlich eine Entscheidung zu treffen, die der gesetzgeberischen Vor-gabe entspricht, eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sicherzustellen.
5. Eine Regelung, die die Entscheidung über die konkrete Ausgestaltung des Sammelsystems auf einen von § 22 VerpackG nicht vorgesehenen Dritten überträgt, kann allenfalls dann zulässig sein, wenn dessen möglicherweise abweichenden individuellen Entscheidungskriterien von vornherein unschädlich sind, weil entweder die auf dieser Grundlage getroffene Entscheidung die mit § 22 Abs. 2 VerpackG verfolgten Zielsetzungen von vornherein nicht berührt oder weil jede Entscheidung zugunsten eines Wechsels vom bisherigen zu dem zur Auswahl gestellten alternativen System, unabhängig davon, aus welchen subjektiven Gründen sie erfolgt, zur Erreichung dieser Ziele beiträgt und damit objektiv die einzig richtige Entscheidung darstellt. Beides ist bei einer dem Grundstückseigentümer überlassenen Entscheidung über die Art des Sammelsystems nicht der Fall.
Tenor:
Der Bescheid der Beklagten vom 25. November 2019 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen eine Rahmenvorgabe zur Sammlung restentleerter Kunststoff-, Metall- und Verbundverpackungen (sog. Leichtverpackungen - LVP -) bei privaten Haushaltungen.
Die Klägerin ist eines von mehreren bundesweit genehmigten dualen Systemen i.S.d. § 3 Abs. 16 des Gesetzes über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen (Verpackungsgesetz - VerpackG -), die beim privaten Endverbraucher als Abfall anfallende restentleerte Verkaufsverpackungen flächendeckend erfassen und einer Verwertung zuführen. Als solches kann sie den Herstellern von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen Beteiligungen an dem von ihr betriebenen System zur Erfassung der Leichtverpackungen vermitteln.
Der Beklagten obliegt gemäß § 20 Abs. 1 des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG -) i.V.m. § 6 Abs. 1 Niedersächsisches Abfallgesetz (NAbfG) als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger die Aufgabe der Sammlung und Entsorgung der in ihrem Gebiet anfallenden und ihr überlassenen Abfälle.
Die Sammlung von Restabfällen erfolgt im Bezirk der Beklagten mit 20.026 Restabfallbehältern 14-täglich und 661 40 l-Restabfallsäcken 4-wöchentlich, zusätzlich können bei vorübergehend verstärktem Restabfallanfall zusätzliche Restabfallsäcke bei 14-täglicher Abfuhr genutzt werden.
Mit der im Jahr 1992 erfolgten Einführung eines privatwirtschaftlichen Rücknahmesystems wurden die LVP-Abfälle im Bezirk der Beklagten in Abstimmung zwischen den Systemen und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger grundsätzlich 4-wöchentlich in Säcken abgeholt. In acht Stadtgebieten (Maadebogen, Coldewei, Sengwarden, Fedderwarden, Aldenburg, Schaar, Langewerth und Rundum) erfolgte die Erfassung in der Einfamilienhausbebauung nach Wahl des Grundstückseigentümers mit Müllgroßbehältern (MGB). In der Folge wurden dort bis heute rund 2.200 Haushalte mit Einfamilienhäusern, Doppelhaushälften und Reihenhäusern mit 240 l-MGB ausgestattet, was einer Anschlussquote von etwa 35 % entspricht, während die übrigen Haushalte den Gelben Wertstoffsack nutzen.
Am 31. Dezember 2012 lief die bisherige Abstimmungsvereinbarung aus. Die bisherige Form der Entsorgung wurde im Einvernehmen der Beteiligten weiter praktiziert. Die Sammlung der Säcke und die Leerung der Behälter wurde von den Systemen alle 3 Jahre auf der Basis der bisher gültigen Systembeschreibung neu ausgeschrieben und vergeben.
Im Hinblick auf das Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes zum 1. Januar 2019 beschloss der Rat der Stadt Wilhelmshaven am 14. Februar 2018, die Verwaltung zur neuen Abstimmungsvereinbarung mit den Dualen Systemen zu beauftragen. Dabei sollte im Wege der Rahmenvorgabe unter Beibehaltung des 4-wöchentlichen Abfuhrrhythmus die Einführung einer Verpackungstonne in Einfamilienhausgebieten und die Fortführung der Sammlung in Säcken im Mehrfamilienhausbereich umgesetzt werden. Die Ausgestaltung im Übrigen sollte, soweit erforderlich, entsprechend der in der Begründung der Beschlussvorlage aufgezeigten Eckpunkte Inhalt der Abstimmungsvereinbarung sein.
Daraufhin schlug die Beklagte den Systemen zunächst den Abschluss einer neuen Abstimmungsvereinbarung vor, nach der alle Einfamilienhausgebiete mit einer Gelben Tonne ausgestattet werden, die Bürger hierauf aber auch unter Beibehaltung des Gelben Sacks verzichten können. Unter Zugrundelegung der Daten aus dem Zensus vom 9. Mai 2011 und aus den Modellgebieten ging die Beklagte bei einer Anschlussquote von 35 % von 1.435 und bei einer Anschlussquote von 50 % von 2.057 neu aufzustellenden Tonnen aus.
Die Klägerin als seinerzeitige Ausschreibungsführerin und gemeinsame Vertreterin der Systembetreiber (§ 22 Abs. 7 VerpackG) lehnte den Abschluss der vorgeschlagenen Abstimmungsvereinbarung ab. Das Wahlsystem berge für den Entsorgungspartner kalkulatorische Risiken, da er zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe die Entwicklung des Behälterbestandes innerhalb der 3-jährigen Vertragslaufzeit nicht absehen könne. Ohne eine Deckelung der Ausweitung der Behältergestellung auf eine Behälteranzahl von ca. 2.400 MGB fehle den Bietern im Rahmen der Erfassungsausschreibung der notwendige Kalkulationsrahmen.
Daraufhin erließ die Beklagte nach vorangegangener Anhörung mit Bescheid vom 25. November 2019 gegenüber der Klägerin und den weiteren Systembetreibern eine Rahmenvorgabe nach § 22 Abs. 2 VerpackG mit folgendem Inhalt:
„1. Die Sammlung restentleerter Kunststoff-, Metall- und Verbundverpackungen bei privaten Haushaltungen (LVP) im Stadtgebiet Wilhelmshaven haben Sie ab dem 01.01.2021 wie folgt im Holsystem durchzuführen:
a. In der Mehrfamilienhausbebauung erfolgt die Sammlung im Holsystem mittels Gelbem Wertstoffsack mit 90 l Fassungsvolumen und Zugband. Die Gelben Säcke müssen in einer Mindestwandstärke von 15 μm (HDPE-Folie) oder 22 μm (LDPE-Folie) an die betroffenen Haushalte ausgegeben werden. Der Sammelrhythmus ist 14-täglich.
b. In der Einfamilienhausbebauung sind alternativ zu a. nach Wahl des Grundstückseigentümers Gelbe Wertstoffbehälter in einer Größe von 240 l kostenlos bereitzustellen. Doppelhaushälften bzw. Reihenhäuser stehen einem Einfamilienhaus gleich. Die eingesetzten 240 l Wertstoffbehälter (EURO-Norm DIN EN 840 ff) müssen aus gelbem oder schwarzem Kunststoff (Korpus) und gelben Deckeln bestehen. Der Sammelrhythmus ist 14-täglich. Die Ausweitung der Behältergestellung beträgt maximal 3.100 Wertstoffbehälter.
c. Bei Mehrfamilienhäusern mit mehr als 20 Personen sind Gelbe Wertstoffbehälter in einer Größe von 1.100 l (EURO-Norm DIN EN 840 ff) nach Vereinbarung kostenlos bereitzustellen. Der Sammelrhythmus ist 14-täglich (unter Beibehaltung der zuvor abgestimmten und praktizierten 4-wöchentlichen Entsorgung von ca. 218 Stück MGB 1.100 l).
d. Sofern Übermengen bei den Haushaltungen anfallen, die nicht über die Müllgroßbehälter gem. b. bzw. c. entsorgt werden können, sind Gelbe Säcke mit Zugband, 90 l Volumen und einer Mindestwandstärke von 15 μm (HDPE-Folie) oder 22 μm (LDPE-Folie) an die betroffenen Haushalte auszugeben und zu verwenden. Der Sammelrhythmus ist 14-täglich.
e. Es sind zwei Großraum-Abrollcontainer für Leichtverpackungen bedarfsweise (derzeit 1 x wöchentlich) zu entleeren, die im Entsorgungszentrum Wilhelmshaven, Zum Entsorgungszentrum 1, 26386 Wilhelmshaven bereitzustellen sind.
2. Sie haben die Kosten dieses Bescheids zu tragen. Über die Höhe der Kosten wird durch gesonderten Bescheid entschieden.“
Die in der Rahmenvorgabe getroffenen Festsetzungen seien von der Ermächtigungsgrundlage des § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG gedeckt. Insbesondere sei das vorgesehene Mischsystem auch im Rahmen des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VerpackG möglich. § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VerpackG sehe ausdrücklich die Variante einer „Kombination“ vor. Unabhängig davon erfordere es der Grundsatz der Gleichbehandlung, die bereits seit 27 Jahren in Teilen der Stadt abgestimmte und praktizierte Wahlmöglichkeit für Grundstückseigentümer in der Einfamilienhausbebauung allen Grundstückseigentümern dieser Gruppe zugänglich zu machen.
Die Vorgabe sei geeignet, um eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sicherzustellen. Das vorgesehene Volumen der Gelben Säcke betrage zwar 90 l, aufgrund des notwendigen Verschlusses durch das Zugband sei das Fassungsvermögen in der Praxis aber regelmäßig geringer. Durch die zur Wahl stehende Gelbe Tonne mit einem Volumen von 240 l könnten deutlich mehr Leichtverpackungen getrennt erfasst werden. Auch der Anteil der Fehlwürfe in den Restabfallstrom würde verringert, weil anders als bei einer LVP-Erfassung in Säcken kein Zerreißen mehr drohe. Die Bereitschaft zur korrekten Abfalltrennung werde gefördert, weil die Nutzer ihre Konservendosen oder Tetrapacks nicht mehr aus Sorge vor einem Zerreißen der Säcke in die Restabfalltonne werfen würden. Auch die zunehmend sperrigen und massereichen Verpackungen aus Metall und Kunststoff, die durch die Zunahme des Versand- und Onlinehandels anfielen und die Sackwände regelmäßig verletzten, sprächen für die Umstellung der Erfassungsbehälter. Kunststofftonnen böten aufgrund ihrer massiven Struktur und der erhöhten Wandstärke zudem einen stärkeren Schutz gegen Tierverbiss und vor Verwehungen. Übermengen, die in zusätzlichen Säcken zu erfassen wären, seien aufgrund des zur Verfügung stehenden Fassungsvolumens der Müllgroßbehälter die Ausnahme, eine Doppelnutzung sei nicht zu befürchten.
Die LVP-Erfassung über die Gelbe Tonne sei den Systemen bei der Erfüllung ihrer Aufgabe nach dem Verpackungsgesetz technisch möglich und werde bereits in acht Stadtgebieten zusammen mit Gelben Säcken praktiziert. Die Befolgung der Rahmenvorgabe sei ihnen auch nicht wirtschaftlich unzumutbar. In Anbetracht der mit dem vermehrten Einsatz von Tonnen verbundenen Verbesserungen von Umweltverträglichkeit und Effektivität seien die im Vergleich zur bestehenden Sacksammlung zu erwartenden Mehrkosten verhältnismäßig und daher wirtschaftlich zumutbar. Durch die Einführung der Tonne könnten zwar Anschaffungs- oder Mietkosten nebst Wartungskosten entstehen, allerdings würden sich die bisherigen regelmäßigen Anschaffungskosten für neue Gelbe Säcke entsprechend reduzieren. Auch der Gesetzgeber gehe davon aus, dass durch Rahmenvorgabe Tonnen eingeführt werden können, was für die Zumutbarkeit der Einführung spreche. Dass die beabsichtigte Rahmenvorgabe bereits in der Vergangenheit in acht Stadtgebieten praktiziert worden sei, spreche ebenfalls für eine wirtschaftliche Zumutbarkeit. Der Einsatz einer Gelben Tonne sei zudem nachhaltiger als der eines Gelben Sacks, der nach Gebrauch selbst zu Abfall werde.
Die Rahmenvorgabe gehe auch nicht über den Entsorgungsstandard hinaus, den die Beklagte als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger der in ihrer Verantwortung durchzuführenden Sammlung der gemischten Siedlungsabfälle aus privaten Haushalten zugrunde lege. Sowohl der festgesetzte 14-tägliche LVP- Entsorgungsrhythmus als auch das Mindestvolumen von 240 l entsprächen dem Entsorgungsstandard für Restabfall.
Aufgrund der Weigerung der Systembetreiber, für das gesamte Entsorgungsgebiet ein vereinheitlichtes Erfassungssystem einzuführen, das eine Wahlmöglichkeit des Grundstückseigentümers vorsehe, sei die gewählte Anordnung als Rahmenvorgabe das einzige geeignete Mittel gewesen. Der Erlass einer Rahmenvorgabe, die ab dem 1. Januar 2021 umzusetzen sei, sei zulässig, weil § 22 Abs. 3 Satz 3 VerpackG bei erstmaligem Erlass einer Rahmenvorgabe keine Anwendung finde.
Die Klägerin hat am 23. Dezember 2019 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus:
Der angefochtene Bescheid entspreche bereits nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 37 Abs. 1 VwVfG. Der Rahmenvorgabe sei nicht zu entnehmen, wie viele Gelbe Tonnen in welcher Größe im Stadtgebiet aufzustellen und wie viele Gelbe Säcke an den jeweiligen Ausgabestellen vorzuhalten seien. Aufgrund der angeordneten Wahlmöglichkeit für die Grundstückseigentümer stehe dies nicht fest und sei nicht vorhersehbar. Zudem verwende die Beklagte die Begriffe „Gelbe Tonne/ Gelber Sack“ und „Wertstoffbehälter/ Wertstoffsack“ inhaltsgleich, obwohl diese aus abfallwirtschaftlicher Sicht unterschiedliche Bedeutungen hätten.
Die Rahmenvorgabe erfülle auch nicht die Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 VerpackG.
Die Anordnung der Mitbenutzung des vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger eingerichteten Wertstoffhofs sei von § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VerpackG nicht gedeckt. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger könne zwar durch Rahmenvorgabe festlegen, dass die Erfassung von Leichtverpackungen auch über ein Bringsystem zu erfolgen habe, nicht dagegen die genaue Art dieses Bringsystems. Es sei allein den Systembetreibern überlassen, ob sie ein solches Bringsystem über Sammelbehälter an bestimmten Standorten oder über eine mit dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auszuhandelnde Mitbenutzung von Wertstoffhöfen gewährleisten wollen. Gegen die Möglichkeit zur einseitigen Anordnung der Benutzung von Wertstoffhöfen spreche auch, dass die hierfür zu entrichtenden Entgelte zwischen den Parteien vereinbart und, bei fehlender Einigung, durch den Systembetreiber eingeklagt werden müssten. Hätte der Gesetzgeber dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger eine einseitige Anordnung der Mitbenutzung der Wertstoffhöfe zugestanden, hätte er diesem auch die einseitige Bestimmung des Mitbenutzungsentgelts eingeräumt. Die Anordnung der Mitbenutzung des Wertstoffhofs überschreite zudem den eigenen Entsorgungsstandard der Beklagten, deren Abfallsatzung nicht die Möglichkeit vorsehe, entsprechende Restmüllsäcke an ihrem Wertstoffhof abzugeben.
Auch die Anordnung eines Mischsystems aus Gelber Tonne und Gelbem Sack innerhalb desselben Gebietes und nach Wahl des Grundstückseigentümers sei von § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG nicht gedeckt. Bereits der Begriff der Rahmenvorgabe lasse die Festlegung der konkreten Art und Weise einer Abfallsammlung nicht zu. Mit Festlegungen hinsichtlich der „Art des Sammelsystems“ in § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VerpackG sei nur die Grundentscheidung zwischen Hol- und Bringsystem oder einer Kombination dieser beiden Varianten gemeint. Nur in diesem eng verstandenen Sinn habe der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger durch Erlass einer Rahmenvorgabe Steuerungsmöglichkeiten gegenüber den Systemen. Vorgaben zur weiteren Ausgestaltung des gewählten Sammelsystems ermöglichten dann erst die eng beschränkten Anwendungsfälle der § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 VerpackG, die hier nicht einschlägig seien. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger habe die Befugnis zur Festlegung eines Sammelsystems, eine Auswahl der konkreten Ausgestaltung der Art des Sammelsystems durch den Abfallerzeuger im Sinne einer Letztentscheidungskompetenz sei nicht vorgesehen. Die Organisationsverantwortung für die Sammlung von LVP-Abfällen aus Privathaushalten sei den Systemen zugewiesen.
Eine Kombination aus Sack und Tonne sei gemäß der Gesetzesbegründung auch nur „gebietsscharf“, d.h. nach Abfuhrbezirken aufgeteilt zulässig.
Die Beklagte habe zudem weder geprüft noch dargelegt, dass die gewünschte Umstellung des bisherigen Erfassungssystems für Leichtverpackungen zu einer Verringerung von Umweltbelastungen führe. Säcke würden in der Regel nur dann zerreißen, wenn sie falsch befüllt würden, beispielsweise mit Nichtverpackungen, die schwerer als Leichtverpackungen seien . Zu Verwehungen der Säcke komme es vor allem dann, wenn diese zu früh, etwa am Vortag, zur Sammlung bereitgestellt würden. Eine Verschmutzungsproblematik sei lediglich behauptet, nicht aber belegt. Die Beklagte habe nicht geprüft, wie sich die Erfassung durch Tonnen statt Säcke und vor allem die Verkürzung des Abfuhrrhythmus von bisher 4 Wochen auf 14 Tage auf die Emissionsbelastung auswirke. Die Verdopplung des Abfuhrrhythmus und die Erhöhung der Anzahl der per Schüttung und damit zeitintensiver zu entleerenden Tonnen führe zu einem längeren Fahrzeugeinsatz und damit zu höheren Fahrzeugemissionen. Auch die den Privatpersonen eröffnete Möglichkeit, Leichtverpackungen am Wertstoffhof abzugeben, führe zu einem zusätzlichen vermeidbaren Schadstoffausstoß, da die Erfassungsmengen gering und die Aufwendungen für den Individualtransport per Pkw hoch seien. Im Falle einer Umstellung des Abholrhythmus auf 14-täglich würde der Nutzungsgrad des Wertstoffhofs zusätzlich reduziert.
Die Umsetzung der Rahmenvorgabe führe auch nicht zu einer Erhöhung der Verwertungsquoten. Eine Gelbe Tonne habe zwar ein größeres Fassungsvolumen als ein Gelber Sack, jedoch sei laut einer Analyse des Umweltbundesamtes auch von einer höheren Fehlwurfquote auszugehen. Durch die transparenten und nicht besonders reißfesten Gelben Säcke werde einer Fehlbefüllung entgegengewirkt. Auch würden bei der Tonnensammlung die LVP-Abfälle meist zunächst in einem Gelben Sack (vor-)gesammelt, um diesen anschließend in der Gelben Tonne mit zu entsorgen, was im Widerspruch zur angestrebten Ressourcenschonung stehe und zu überflüssigen Mehrkosten führe.
Die Anordnung eines Mischsystems aus Sack und Tonne überschreite zudem den Entsorgungsstandard der Beklagten. Die geplante LVP-Erfassung sehe für Bürger in der Einfamilienhausbebauung eine Wahl zwischen Sack und Tonne und zusätzlich auch die Erfassung per Sack für Übermengen vor. Dagegen ermögliche die Abfallsatzung der Beklagten allenfalls Einpersonenhaushalten eine zusätzliche Restabfallerfassung über Säcke.
Die Rahmenvorgabe wahre auch nicht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Sie sei bereits nicht geeignet, eines der beiden Ziele, eine effektive und umweltverträgliche Abfallerfassung sicherzustellen, zu erreichen, ohne das andere zu gefährden. Die Beklagte habe sich auch nicht für das mildeste Mittel entschieden. Zur Vermeidung unnötiger Doppelnutzungen von Sack und Tonne hätte sie auf ein Mischsystem verzichten müssen, auch hätte sie neben der Verkürzung des Abholrhythmus auf eine 14-tägliche Abfuhr nicht noch zusätzlich ein Bringsystem vorsehen dürfen. Weil eine LVP-Erfassung über die Gelbe Tonne keine erwiesenen Vorteile habe, sei die Rahmenvorgabe auch inhaltlich nicht angemessen und führe aufgrund der Unkalkulierbarkeit des Mischsystems bei den an einer Ausschreibung teilnehmenden Entsorgern zu einer Kostenunsicherheit, die in die Angebotspreise einkalkuliert würde. Dies führe letztlich auch zu höheren Entsorgungskosten für die Systeme, die durch eine klare Vorgabe von Sack- oder Tonnenerfassung vermeidbar wären. Hinzukämen die Probleme im Zusammenhang mit der zu erwartenden Auseinandersetzung über das angemessene Mitbenutzungsentgelt für den Wertstoffhof und die von der Klägerin insoweit aufzubringenden Personal-, Fahrzeug-, und Logistikkosten.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 25. November 2019 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Erlass der Rahmenvorgabe sei notwendig gewesen, weil die Beteiligten keine Einigung über die künftige Ausgestaltung der LVP-Erfassung hätten erzielen können.
Die Rahmenvorgabe sei inhaltlich hinreichend bestimmt. Die in § 14 Abs. 1 Satz 1 VerpackG geregelte Pflicht der Systembetreiber, eine flächendeckende LVP-Sammlung sicherzustellen, setze eine ausreichende Bemessung der Sammelstruktur voraus. Die Feststellung der hierfür nötigen Zahl von Tonnen und Säcken falle in den operativen Bereich der Systeme. Durch die vorgenommene Deckelung der Anzahl neu aufzustellender Tonnen, für die sich die Klägerin im vorgerichtlichen Verfahren eingesetzt habe, sei die maximale Ausweitung der Behältergestellung ersichtlich, die, soweit überhaupt erforderlich, für Ausschreibungen herangezogen werden könne. Der Begriff des Wertstoffbehälters umfasse als Oberbegriff auch die Gelbe Tonne und den Gelben Sack. Eine Sammlung stoffgleicher Nichtverpackungen, die durch eine Wertstofftonne erfolge, sei durch den Ratsbeschluss vom 22. Januar 2018 ausgeschlossen.
Die angeordnete bedarfsweise Leerung von zwei Großraum-Abrollcontainern im betriebseigenen Wertstoffhof sei von § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VerpackG gedeckt. Die Gesetzesbegründung sehe ausdrücklich auch die Möglichkeit der Kombination eines Bringsystems, zum Beispiel mittels Sammelbehältern oder über Wertstoffhöfe, und eines Holsystems vor. Das gelte auch für die Möglichkeit, die Mitbenutzung von Wertstoffhöfen einseitig durch Rahmenvorgabe anzuordnen, was zu einem grundsätzlichen Anspruch des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auf ein Mitbenutzungsentgelt führe. Unabhängig davon sei die Mitbenutzung des Wertstoffhofs seit Jahren gängige Praxis. Die Erhebung eines Mitbenutzungsentgeltes sei bisher nicht erfolgt und auch zukünftig nicht beabsichtigt. Weil eine Anlieferung von Restabfällen im Entsorgungszentrum Wilhelmshaven möglich sei, werde der kommunale Entsorgungsstandard nicht überschritten.
Die nur für die Grundstückseigentümer der Einfamilienhausbebauung bestehende Möglichkeit, alternativ zum Gelben Sack auch die Gelbe Tonne als Sammelbehälter zu wählen, werde seit Jahren in den acht Modellgebieten der Stadt Wilhelmshaven praktiziert. Der Grundsatz der Gleichbehandlung gebiete es, diese Wahlmöglichkeit allen Grundstückseigentümern dieser Gruppe zugänglich zu machen. Ohne sachlichen Grund dürfe eine Ungleichbehandlung nicht erfolgen. Es genüge nicht, dass ein Wahlsystem nach Angaben der Klägerin kostenintensiver wäre oder dass dieses System in den Modellgebieten mit beiderseitigem Einverständnis der Beteiligten praktiziert worden sei.
Die Einräumung eines Wahlrechts der Grundstückseigentümer in Bezug auf den Sammelbehälter verlagere die von § 22 Abs. 2 VerpackG geforderte Abwägungsentscheidung auch nicht unzulässig auf den Grundstückseigentümer, weil der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger diese Abwägung durch die Festlegung einer Kombination von Tonne und Sack, konkretisiert durch die Wahl der einzelnen Grundstückseigentümer, selbst vorgenommen habe. Die Auswahlentscheidung der Grundstückseigentümer erfolge nur innerhalb dieses Rahmens. Im Übrigen bestehe kein Anlass für die Annahme, dass die Grundstückseigentümer bei ihrer Entscheidung die Erwägungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers nicht teilten. Die Vorgabe stelle die Organisationsverantwortung der Systeme nicht infrage, da viele andere Organisationsbereiche, für die die Systeme zuständig seien, unberührt blieben.
Die Rahmenvorgabe gehe auch nicht über den kommunalen Entsorgungsstandard hinaus. Die Abfallsatzung enthalte eine grundsätzliche Pflicht zur Vorhaltung eines Restabfallbehälters, nur Einpersonenhaushalte könnten Restabfallsäcke nutzen. Demgegenüber sehe die Rahmenvorgabe bei Mehrfamilienhäusern bis 20 Personen eine Abfallerfassung mit Gelbem Sack vor, lediglich Grundstückseigentümern in der Einfamilienhausbebauung stehe ein Wahlrecht zu. Für vorübergehend anfallende Übermengen würden gemäß der Abfallsatzung Restabfallsäcke zur Verfügung gestellt.
Die Rahmenvorgabe sei schließlich verhältnismäßig. Sie sei geeignet, sowohl eine Erhöhung der wertstoffhaltigen Abfälle zu erreichen als auch durch die Sammlung regelmäßig verursachte Umweltbelastungen, zum Beispiel Emissionen oder Standortverschmutzungen, zu verringern. Aufgrund der geographischen Lage der Stadt an der Nordseeküste bestehe aufgrund des Reißens und Verwehens von Säcken eine Verschmutzungsproblematik, die durch die Einführung Gelber Tonnen und den verkürzten Abfuhrrhythmus verringert würde. Die damit kürzere Sammlungszeit gleiche einen ggf. längeren Fahrzeugeinsatz für die Erfassung der zusätzlichen Gelben Tonnen aus. Auch werde die Akzeptanz und demgemäß die Sammelmenge erhöht, weil die Bürger die gefüllten Säcke künftig nicht mehr einen Monat lang in ihrer Wohnung lagern müssten. Durch den Einsatz Gelber Tonnen werde der Bedarf an Gelben Säcken verringert und damit die mit deren Produktion verbundene Emissionsbelastung als ein Aspekt schädlicher Umweltbelastungen reduziert. Die Nutzungsdauer von Tonnen betrage im Schnitt ca. 15 Jahre, Gelbe Säcke würden dagegen selbst zu Müll. Obwohl das angeordnete System in acht Stadtgebieten praktiziert werde, habe die Klägerin ihre Behauptung nicht nachgewiesen, durch die Erfassung mittels Tonne erhöhe sich der Fehlwurfanteil. In Bezug auf die zitierte Analyse des Umweltbundesamtes bestünden Zweifel an der Repräsentativität, da diese aus dem Jahr 2018 und damit aus einer Zeit vor dem heutigen Verpackungsgesetz stamme. Abgesehen davon obliege es der Klägerin, die privaten Endverbraucher in angemessenem Umfang über Sinn und Zweck der getrennten Sammlung zu informieren und gegen Fehlwürfe vorzugehen.
Eine vollumfängliche Einführung einer Gelben Tonne hätte, selbst wenn diese noch geeigneter gewesen wäre, zu deutlich höheren Kosten geführt. Die Klägerin habe ihre Behauptung die Entsorgungskosten würden trotz der vorgenommenen Deckelung erheblich ansteigen, nicht belegt. Ihre fiskalischen Interessen müssten vor dem Hintergrund der höheren Umweltverträglichkeit ohnehin zurücktreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs ergänzend Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Die Rahmenvorgabe der Beklagten vom 25. November 2019 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Anordnungen der Rahmenvorgabe erweisen sich zunächst als formell rechtmäßig.
Die Beklagte war handelnd durch die Technischen Betriebe Wilhelmshaven nach § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG, § 17 Abs. 1, § 20 Abs. 1 KrWG, § 6 Abs. 1 NAbfG i.V.m. § 2 Abs. 1 der Betriebssatzung der Stadt Wilhelmshaven für den Eigenbetrieb „Technische Betriebe Wilhelmshaven (TBW)“ - Eigenbetriebssatzung - sachlich für den Erlass der Rahmenvorgabe zuständig, da die Befugnis hierzu dem Eigenbetrieb übertragen wurde. Gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 der Eigenbetriebssatzung ist zum Gegenstand des Eigenbetriebs u.a. die Sammlung, der Transport sowie die Sortierung und Behandlung von Abfällen und die Deponierung sowie die Durchführung weiterer abfallwirtschaftlicher Aufgaben für das Gebiet der Stadt Wilhelmshaven auf der Grundlage der jeweils geltenden abfallrechtlichen Bestimmungen. § 2 Abs. 2 der Satzung erlaubt es dem Eigenbetrieb, alle mit dem Betriebszweck zusammenhängenden Geschäfte zu betreiben und sich zur Erfüllung seiner Aufgaben anderer Einrichtungen oder Unternehmen zu bedienen. Hiervon erfasst ist auch die Durchführung hoheitlicher Tätigkeiten einschließlich des Erlasses von Bescheiden und aller weiteren Maßnahmen im öffentlich-rechtlichen Vollzug (vgl. BayVGH, Urteil vom 25. Januar 2010 - 20 B 09.1553 -, juris). Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 20 Abs. 1 KrWG i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 2 NAbfG.
Die nach § 28 Abs. 1 VwVfG, § 1 Abs. 2 NVwVfG vor Erlass der Rahmenvorgabe erforderliche Anhörung ist erfolgt.
Der angefochtene Bescheid erfüllt auch die Anforderungen des § 37 Abs. 1 VwVfG, § 1 Abs. 2 NVwVfG, wonach ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein muss. Das bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung für den Adressaten so vollständig, klar und unzweideutig sein muss, dass er erkennen kann, was genau von ihm gefordert bzw. was in der betreffenden Sache geregelt wird. Der Maßstab für die notwendige Bestimmtheit richtet sich nach dem Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes und den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts sowie nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Es ist nicht erforderlich, dass sich der Inhalt allein aus dem Anordnungssatz ergibt; vielmehr ist neben den bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen auch die dem Verwaltungsakt beigefügte Begründung heranzuziehen (Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 23. Auflage 2022, § 37 Rn. 6). Dem wird die Rahmenvorgabe gerecht.
Die Klägerin moniert, die Beklagte verwende die Begriffe Gelbe Tonne/ Gelber Sack und Wertstoffbehälter/ Wertstoffsack inhaltsgleich, obwohl insoweit aus abfallwirtschaftlicher Sicht Unterschiede bestünden, weil in Ersteren ausschließlich LVP, in Letzteren darüber hinaus auch stoffgleiche Nichtverpackungen gesammelt würden. Aus der Rahmenvorgabe ergibt sich allerdings, dass deren Regelungsbereich ausschließlich die LVP-Sammlung umfasst. Dort heißt es: „Die Sammlung restentleerter Kunststoff-, Metall- und Verbundverpackungen bei privaten Haushaltungen (LVP) … haben Sie … wie folgt … durchzuführen:“. Diese Formulierung schließt es aus, den Bescheid dahingehend zu verstehen, dass die Klägerin Behälter zur Sammlung stoffgleicher Nichtverpackungen aufstellen soll.
Dass zum Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes noch nicht feststand, wie viele und welche privaten Haushalte zukünftig eine Gelbe Tonne und welche einen Gelben Sack verwenden wollen, führt ebenfalls nicht zur Annahme einer fehlenden Bestimmtheit des Bescheides. Die in § 22 Abs. 1 und 2 VerpackG enthaltenen Regelungen, die für die Durchführung von LVP-Sammlungen einerseits einen zwischen den Beteiligten einvernehmlichen Abschluss einer Abstimmungsvereinbarung erfordern, andererseits aber auch dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zugestehen, den Systemen in einem eng begrenzten Bereich unter Durchbrechung des Kooperationsgebotes einseitig Vorgaben zu machen, schließen es typischerweise aus, dass die Vorgaben in der Rahmenvorgabe bereits abschließend und so konkret sind, dass ihr Inhalt allein auf dieser Grundlage vollstreckt werden könnte. Nähere Einzelheiten und Konkretisierungen sind der zwingend erforderlichen Abstimmungsvereinbarung vorbehalten, die die Rahmenvorgabe - soweit erforderlich - präzisiert. Das ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut des § 22 Abs. 1 VerpackG als auch bereits aus dem Begriff der Rahmenvorgabe selbst. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger kann in den Grenzen des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VerpackG einseitig einen „Rahmen“ abstecken, der im Übrigen zwischen den Beteiligten in Kooperation miteinander durch konsensual abgestimmte Vereinbarungen ausgefüllt wird. Dies ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung zu § 22 Abs. 2 VerpackG (BT-Drs. 18/11274, S. 109), nach der der Erlass von Rahmenvorgaben den Abschluss einer Abstimmungsvereinbarung keinesfalls ersetzen kann, weil die nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VerpackG zulässigen Vorgabepunkte für eine vollständige Abstimmung inhaltlich nicht ausreichten und weil die Systeme ohne Abschluss einer Abstimmungsvereinbarung überhaupt nicht genehmigt werden dürften, so dass bereits aus diesem Grund das Vorliegen einer wirksamen Abstimmungsvereinbarung unerlässlich sei. Für die von den Systemen durchzuführende LVP-Sammlung können die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger damit zunächst durch Rahmenvorgabe innerhalb des Regelungsbereichs des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VerpackG Teilregelungen erlassen, die durch eine bereits geschlossene oder noch zu schließende Abstimmungsvereinbarung konkretisiert bzw. ergänzt werden müssen. § 37 Abs. 1 VwVfG schließt die Möglichkeit von Teilregelungen nicht aus, sofern für die Betroffenen der Umstand erkennbar ist, dass die getroffene Regelung noch nicht abschließend ist (Kopp/ Ramsauer, VwVfG, § 37 Rn. 15). Dies ist bei den Beteiligten zweifellos der Fall.
Die Rahmenvorgabe ist allerdings in materieller Hinsicht zu beanstanden, da sich die Anordnung in Ziff. 1. b) als rechtswidrig erweist (vgl. dazu unter 2.) und die vorliegend einheitlich ergangene Ermessensentscheidung insgesamt als rechtswidrig anzusehen ist (vgl. dazu unter 3.). Die Anordnung in Ziff. 1. e) begegnet demgegenüber keinen rechtlichen Bedenken (vgl. dazu sogleich unter 1.).
1.
Die Anordnung in Ziff. 1. e) der Rahmenvorgabe, nach der „zwei Großraum-Abrollcontainer für Leichtverpackungen bedarfsweise (derzeit 1 x wöchentlich) zu entleeren“ sind, „die im Entsorgungszentrum Wilhelmshaven, Zum Entsorgungszentrum 1, 26386 Wilhelmshaven bereitzustellen sind“, ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu beanstanden.
§ 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VerpackG lässt Festlegungen hinsichtlich der Art des Sammelsystems, als Holsystem, Bringsystem oder eine Kombination aus beiden Sammelsystemen zu. Gemäß der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/11274, S. 110) kann ein Bringsystem zum Beispiel mittels Großsammelbehältern oder über Wertstoffhöfe durchgeführt werden. Dementsprechend kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger - wie hier - grundsätzlich eine Ergänzung eines Holsystems dergestalt anordnen, dass den Endverbrauchern die zusätzliche Möglichkeit eröffnet wird, den Abfall zu einer Sammelstelle „in der Nähe“ (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 VerpackG) zu bringen.
In Bezug auf die Frage der Zulässigkeit einer einseitigen Anordnung der Mitbenutzung kommunaler Wertstoffhöfe im Rahmen der Leichtverpackungsentsorgung durch Rahmenvorgabe werden in der Rechtsprechung und Literatur allerdings unterschiedliche Auffassungen vertreten (bejahend: VG Mainz, Beschluss vom 28. Juli 2020 - 4 L 316/20.MZ, - juris Rn. 34; offengelassen: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10. September 2020 - 8 B 10979/20.OVG, juris Rn. 22; verneinend: VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 13. Oktober 2020 - 10 S 2820/20 -, juris Leitsatz 1 und Rn. 12, und 22. Dezember 2021 - 10 S 3427/20 -, juris Leitsatz 2 und Rn. 50; VG Sigmaringen, Beschluss vom 21. Juli 2020 - 4 K 786/20 -, juris Rn. 31 ff.; VG Kassel, Beschluss vom 3. September 2020 - 4 L 826/20.KS -, juris Rn. 78; Gruneberg/ Wilden-Beck/ Bleicher, AbfR 2020, 273 (280)).
Die Kammer erachtet die Anordnung der Mitbenutzung eines vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger betriebenen Wertstoffhofs im Rahmen eines ergänzenden Bringsystems als zulässig. Dabei misst sie der vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Unterscheidung zwischen der Anordnung zur Mitbenutzung kommunaler Container und der hier streitigen Vorgabe, Container auf dem Wertstoffhof bereitzustellen und zu entleeren, die allein die Frage der Eigentumsverhältnisse der Container betrifft, in diesem Zusammenhang keine Bedeutung bei.
Für die Zulässigkeit einer entsprechenden Anordnung streitet die Begründung des Gesetzentwurfs zu § 22 Abs. 2 VerpackG (BT-Drs. 18/11274, S. 109, Unterstreichung durch das Gericht), nach der der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger den Systemen vorschreiben kann, dass die LVP-Sammlung „in einem bestimmten Holsystem, zum Beispiel mittels ‚Tonnen‘ oder ‚Säcken‘, in einem bestimmten Bringsystem, zum Beispiel mittels Großsammelbehältern oder über Wertstoffhöfe, oder in einer Kombination aus diesen beiden Sammelsystemen durchzuführen ist.“ Auch der in § 22 Abs. 3 VerpackG geregelte Anspruch auf ein Mitbenutzungsentgelt setzt voraus, dass die Durchführung einer LVP-Sammlung „an vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger eingerichteten Wertstoffhöfen“ möglich ist. Die Gesetzesbegründung zu § 22 Abs. 3 VerpackG (BT-Drs. 18/11274, S. 110 f., Unterstreichung durch das Gericht) stellt dabei klar, dass der Anspruch auf Mitbenutzungsentgelt unabhängig davon entsteht, ob die Systeme die von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern eingerichteten Wertstoffhöfe „aufgrund freiwilliger Vereinbarung oder einseitiger Rahmenvorgabe“ mitbenutzen.
Das von der Gegenauffassung hervorgehobene Erfordernis einer engen Auslegung der in § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VerpackG enthaltenen Ermächtigung ist zwar grundsätzlich zutreffend, in Bezug auf die streitgegenständliche Anordnung überzeugt es allerdings nicht. Weil die insoweit unmissverständlichen Ausführungen in der Gesetzesbegründung die Zulässigkeit einer solchen Vorgabe voraussetzen, kommt es letztlich nicht entscheidend darauf an, ob sich diese (allein) auf § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VerpackG stützen lässt, oder, was im konkreten Fall näherliegt, auf alle drei in der Vorschrift genannten Regelungsinhalte kumulativ, nämlich im Hinblick auf die Anordnung eines ergänzenden Bringsystems zum kommunalen Wertstoffhof in Kombination zum Holsystem auf Nr. 1, 3. Variante („Art des Sammelsystems“), hinsichtlich der festgesetzten zwei Großraum-Abrollcontainer für Leichtverpackungen auf Nr. 2 („Art und Größe der Sammelbehälter“) und für die „bedarfsweise“ Leerung auf Nr. 3 („Häufigkeit der Behälterleerungen“). Damit verfängt auch nicht das Argument, Nr. 2 und Nr. 3 der Vorschrift wären letztlich überflüssig, wenn § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VerpackG weit interpretiert und als Ermächtigungsgrundlage für jede Art von Steuerung der Sammlungsaktivitäten der Systeme verstanden würde (so aber VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Oktober 2020 - 10 S 2820/20 -, juris Rn. 12). Auch die in der vorgenannten Entscheidung enthaltene Erwägung, bei Zugrundelegung der Entwurfsbegründung bliebe immer noch offen, wie weit die Konkretisierungsbefugnis gehe und ob sie insbesondere auch Vorgaben zur Nutzung individuell bestimmter Einrichtungen wie beispielsweise kommunaler Wertstoffhöfe einschließe, worauf die gegebenen Regelungsbeispiele („mittels Tonnen oder Säcken“, „mittels Großsammelbehältern oder über Wertstoffhöfe“) nicht hindeuteten, überzeugt nicht, weil § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VerpackG dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sogar die Möglichkeit einräumt, den Systemen den Wochentag der Behälterleerung vorzugeben (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/11274, S. 110). Die Anordnung eines ergänzenden Bringsystems unter Mitbenutzung des kommunalen Wertstoffhofs gliedert die LVP-Sammlung in die bereits vorhandenen Sammelstrukturen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ein und ergänzt diese.
Ein dahingehendes Verständnis, § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG habe allein die Funktion, nachteilige Auswirkungen der Tätigkeit der Systeme auf die den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern verbliebenen Aufgaben, insbesondere bei der Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen, zu vermeiden oder zu vermindern (so VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Oktober 2020 - 10 S 2820/20 -, juris Rn. 13 a.E.), findet auch keine Stütze in der Gesetzesbegründung. Danach soll den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern durch die Rahmenvorgabe die Möglichkeit eingeräumt werden, Einfluss auf die tatsächliche Ausgestaltung der LVP-Sammlung durch die Systeme zu nehmen, um auf diese Weise sicherzustellen, dass sich die LVP-Sammlung optimal in die bestehenden kommunalen Sammelstrukturen und das allgemeine Entsorgungskonzept der Kommune einfügt und zugleich ökologische Aspekte ausreichend Berücksichtigung finden. Nach dem Verständnis der Kammer bedeutet das, dass - über ein bloßes „Nichtstörungsgebot“ in Bezug auf die kommunale Sammlung hinaus - auch ein Beitrag zur Sicherstellung einer möglichst effektiven und umweltverträglichen LVP-Sammlung als solche geleistet werden soll (vgl. BT-Drs. 18/11274, S. 108 ff.; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, BT-Drs. 18/11781, S. 15).
Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anordnung der Mitbenutzung des Wertstoffhofs ergeben sich auch nicht im Hinblick darauf, dass die Vorgabe gem. § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG geeignet sein muss, um eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sicherzustellen. Zwar kommt der Abschlussbericht des Umweltbundesamtes („Analyse der Effizienz und Vorschläge zur Optimierung von Sammelsystemen der haushaltsnahen Erfassung von Leichtverpackungen und stoffgleichen Nichtverpackungen auf der Grundlage vorhandener Daten“, ab S. 154, vgl. dazu auch ausführlich unter 2.) im Rahmen der Gesamtbewertung der Systeme im Vergleich zu dem Ergebnis, dass das System „Wertstoffhof“ am schlechtesten zu bewerten sei und sogar eine deutliche Klimabelastung aufweise, weil die Erfassungsmengen gering seien und der Individualtransport mit dem Pkw auch unter Berücksichtigung von Koppelfahrten, bspw. zum Einkaufen, ineffizient und kostenintensiv sei. Die durch das Umweltbundesamt vorgenommene Analyse bezieht sich allerdings ausschließlich auf den Wertstoffhof als Hauptsammelsystem und lässt die Sammlung von Leichtverpackung auf Wertstoffhöfen als Nebensammelsystem, wie sie die streitgegenständliche Rahmenvorgabe vorsieht, ausdrücklich unberücksichtigt (Bl. 20, 63 des Abschlussberichts). Im Hinblick auf die von der Beklagten erwartete nur sehr geringe Erfassungsmenge - vorgesehen sind zwei Großraum-Abrollcontainer, die „bedarfsweise (derzeit 1 x wöchentlich)“ zu leeren sind - erscheint es unter Berücksichtigung eines der Beklagten in dieser Frage zustehenden Einschätzungs- und Prognosespielraums vertretbar, die Voraussetzung der Geeignetheit dieser Festlegung zur effektiven und umweltverträglichen Abfallerfassung zu bejahen, zumal es auch zu einer höheren Akzeptanz der Abfallbesitzer beiträgt, wenn diesen ermöglicht wird, stark riechende LVP-Abfälle oder akute Übermengen (Styropor o.Ä.), die aufgrund der räumlichen Verhältnisse nicht getrennt gelagert werden können, bereits vor einer nur 4-wöchentlich durchgeführten LVP-Sammlung ordnungsgemäß entsorgen zu können, anstatt die hierfür nicht vorgesehene Restmülltonne mit zweiwöchentlicher Leerung zu nutzen (so im Ergebnis auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10. September 2020 - 8 B 10979/20.OVG -, juris Rn. 24),
Die Anordnung der Mitbenutzung des Wertstoffhofs verstößt auch nicht gegen den eigenen festgeschriebenen Entsorgungsstandard der Beklagten. Nach § 22 Abs. 2 Satz 2 VerpackG darf die Rahmenvorgabe nicht über den Entsorgungsstandard hinausgehen, welchen der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger der in seiner Verantwortung durchzuführenden Sammlung der gemischten Siedlungsabfälle aus privaten Haushaltungen zugrunde legt. Durch diese Einschränkung soll sichergestellt werden, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger den Systemen im Wege der Rahmenvorgabe bei der Verpackungsentsorgung keine höheren Anforderungen auferlegt als er selbst bereit und in der Lage ist, im Rahmen der ihm zugeordneten Abfallentsorgung zu erfüllen. Für eine Überschreitung des kommunalen Entsorgungsstandards spricht insbesondere, wenn die Erfüllung der Vorgaben für die Systeme mit höheren Kosten verbunden ist als dies bei einer inhaltsgenauen Kopie des kommunalen Entsorgungsstandards der Fall wäre (vgl. BT-Drs. 18/11274, S. 110).
Nach § 25 Abs. 2 der von der Beklagten erlassenen Satzung über die Abfallentsorgung in der Stadt Wilhelmshaven (Abfallsatzung) erfolgt die Einsammlung von Restmüll grundsätzlich durch ein Holsystem. § 26 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Abfallsatzung sehen aber die Möglichkeit vor, bestimmte Abfälle zu den von der Stadt betriebenen Abfallentsorgungsanlagen zu bringen. Hierzu zählen gem. § 2 Abs. 6 Nr. 1 der Abfallsatzung auch solche Abfälle, die nicht in zugelassenen Abfallbehältern oder -säcken gesammelt werden. Aufgrund des damit eingerichteten ergänzenden Bringsystems für Restmüll geht die Rahmenvorgabe über den Entsorgungsstandard der Beklagten nicht hinaus.
Dass dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger das Recht zur einseitigen Anordnung der Mitbenutzung kommunaler Wertstoffhöfe eingeräumt wird, die hierfür zu entrichtenden angemessenen Entgelte aber zwischen den Parteien vereinbart und im Falle fehlender Einigung durch den Systembetreiber eingeklagt werden müssten, mag aus Sicht der Klägerin als nicht praktikabel erscheinen, ist aber vom Gesetzgeber ausdrücklich so vorgesehen. In der Gesetzesbegründung zu § 22 Abs. 3 VerpackG (BT-Drs. 18/11274, S. 111) heißt es dazu: „Absatz 3 gewährt öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern einen Anspruch auf ein angemessenes Entgelt für den Fall, dass die Systeme – entweder aufgrund freiwilliger Vereinbarung oder einseitiger Rahmenvorgabe – von den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern eingerichtete Wertstoffhöfe zum Zwecke der Sammlung von restentleerten Leichtverpackungen mitbenutzen. Der Entgeltanspruch ist im Rahmen der Abstimmung geltend zu machen und berechtigt den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, von den Systemen die Aufnahme einer entsprechenden Entgeltregelung in die Abstimmungsvereinbarung zu verlangen. Die Einzelheiten der Entgeltgestaltung bedürfen somit weiterhin der Zustimmung der Vertragsparteien.“
2.
Die Festlegung in Ziff. 1. b) der Rahmenvorgabe, nach der in der Einfamilienhausbebauung alternativ nach Wahl des Grundstückseigentümers Gelbe Wertstoffbehälter bereitzustellen sind, erweist sich dagegen als rechtswidrig.
Gem. § 22 Abs. 1 VerpackG ist die Sammlung restentleerter Verpackungen nach § 14 VerpackG auf die vorhandenen Sammelstrukturen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, in deren Gebiet sie eingerichtet wird, abzustimmen. Die Abstimmung hat durch schriftliche Vereinbarung der Systeme mit dem jeweils zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu erfolgen (Abstimmungsvereinbarung). Dabei sind die Belange des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers besonders zu berücksichtigen und Rahmenvorgaben nach § 22 Abs. 2 VerpackG zwingend zu beachten.
Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG kann ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger durch schriftlichen Verwaltungsakt gegenüber den Systemen festlegen, wie die nach § 14 Abs. 1 VerpackG durchzuführende Sammlung der restentleerten Kunststoff-, Metall- und Verbundverpackungen bei privaten Haushaltungen hinsichtlich
1. der Art des Sammelsystems, entweder Holsystem, Bringsystem oder Kombination aus beiden Sammelsystemen,
2. der Art und Größe der Sammelbehälter, sofern es sich um Standard-Sammelbehälter handelt, sowie
3. der Häufigkeit und des Zeitraums der Behälterleerungen
auszugestalten ist, soweit eine solche Vorgabe geeignet ist, um eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sicherzustellen und soweit deren Befolgung den Systemen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz nicht technisch unmöglich oder wirtschaftlich unzumutbar ist (Rahmenvorgabe).
Ausgehend von dem dem Umweltrecht innewohnenden Kooperationsgebot und dessen Verankerung in § 22 Abs. 1 VerpackG stellt sich die Ermächtigungsgrundlage des § 22 Abs. 2 VerpackG zum Erlass einer Rahmenvorgabe als Ausnahme zu dieser Modellvorstellung der Kooperation dar. Die durch das Kooperationsgebot und § 22 Abs. 1 VerpackG konstituierte Gleichordnung der Systeme und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wird durchbrochen. Bis zum Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes zum 1. Januar 2019 beinhaltete die Verpackungsverordnung keine entsprechende einseitige Ermächtigungsgrundlage für die Behörde (hierzu Oexle, in: GK-KrWG, 2. Aufl. 2019, § 22 VerpackG Rn. 6 ff.). Aufgrund dieses Ausnahmecharakters gilt es, die Regelung eng auszulegen, um der gesetzlichen Vorstellung der Kooperation hinreichend Rechnung zu tragen (Nds. OVG, Beschluss vom 31. August 2020 - 7 ME 81/20 -, juris Rn. 11; VG Sigmaringen, Beschluss vom 21. Juli 2020 - 4 K 786/20 -, juris Rn. 28). Auch die Gesetzesbegründung macht deutlich, dass es sich bei der den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern mit der Rahmenvorgabe eingeräumten einseitigen hoheitlichen Steuerungsmöglichkeit um eine „eng begrenzte Ausnahme zum grundsätzlich geltenden Kooperationsprinzip“ handelt (BT-Drs. 18/11274, S. 108 f.). Weil die Rahmenvorgabe in die Grundrechte der Systeme eingreift und ihre unternehmerische Freiheit erheblich beschränkt (Art. 12, 14 GG), sind die mit ihrem Erlass einhergehenden Wirkungen verhältnismäßig auszugestalten (VG Sigmaringen, a.a.O.). Auch dies spricht für eine enge Auslegung der Befugnisnorm. Die Rahmenvorgabe stellt dabei kein Instrument dar, um im Falle des Scheiterns von Abstimmungsverhandlungen alle Forderungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers einseitig hoheitlich durchzusetzen. Außerhalb der abschließenden Ausnahmetatbestände des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VerpackG ist daher zwingend eine Abstimmungsvereinbarung zu treffen, die eine Einigung zwischen den Parteien voraussetzt (vgl. bereits oben sowie VG München, Beschluss vom 27. August 2020 - M 17 S 20.3110 -, juris Rn. 34; VG Würzburg, Beschluss vom 23. März 2021 - W 10 S 21.60 -, juris Rn. 72).
Die - von den Vorgaben des Rates der Stadt Wilhelmshaven in dessen Beschluss vom 14. Dezember 2018 abweichende - Anordnung in Ziff. 1. b) der Rahmenvorgabe, wonach in der Einfamilienhausbebauung sowie bei Doppelhaushälften und Reihenhäusern alternativ zu einer Sammlung mittels Gelbem Wertstoffsack nach Wahl des Grundstückseigentümers Gelbe Wertstoffbehälter in einer Größe von 240 l kostenlos bereitzustellen sind, ist von der Rechtsgrundlage des § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG nicht gedeckt.
Die Kammer hat bereits in seinem Beschluss vom 10. September 2020 (15 B 1475/20, juris) ausgeführt, dass einiges für die Annahme spricht, dass eine von der Entscheidung des jeweiligen Grundstückseigentümers abhängige Kombination von Tonnen- und Sacksystem von der Regelungsbefugnis des § 22 Abs. 2 VerpackG nicht umfasst ist. Hieran hält die Kammer auch nach erneuter Überprüfung fest.
§ 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VerpackG erlaubt dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die Ausgestaltung der Art des Sammelsystems, entweder als Holsystem, Bringsystem oder Kombination aus beiden Sammelsystemen. Die Kammer geht mit Blick auf den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift entgegen der teilweise in der Literatur vertretenen Ansicht (vgl. Wilden-Beck/ Roosen, AbfR 2019, 294 (297); Gruneberg/ Hartwig, AbfR 2019, 2 (13)) davon aus, dass sich das von der Beklagten vorgesehene Mischsystem von Säcken und Tonnen nicht auf § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VerpackG stützen lässt (so auch VG Potsdam, Beschluss vom 22. Juni 2020 - 14 L 365/20 -, juris Rn. 26). Die Vorschrift ermöglicht nur eine Festlegung der Art des Sammelsystems, nicht dagegen der Sammelbehälter. Festlegungen zur Art und der Größe der Sammelbehälter unterfallen nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut dem Regelungsgehalt des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VerpackG. Daran ändert auch die Gesetzesbegründung zu § 22 Abs. 2 VerpackG (BT-Drs. 18/11274, S. 110) nichts. Soweit es dort heißt: „Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger kann den Systemen vorschreiben, dass die Leichtverpackungssammlung in einem bestimmten Holsystem, zum Beispiel mittels ‚Tonnen‘ oder ‚Säcken‘, in einem bestimmten Bringsystem, zum Beispiel mittels Großsammelbehältern oder über Wertstoffhöfe, oder in einer Kombination aus diesen beiden Sammelsystemen durchzuführen ist“, misst die Kammer den dort genannten Behälterarten keine besondere Bedeutung bei, sondern geht davon aus, dass es sich lediglich um einen beispielhaften Rückgriff auf die typischerweise praktizierte Abfuhr jedweden Mülls handelt, um die in Nr. 1 der Vorschrift genannten Sammelsysteme Hol- und Bringsystem zu erläutern. Anderenfalls wäre die in Nr. 2 der Vorschrift geregelte Möglichkeit zur Festlegung der Art des Sammelbehälters überflüssig.
Gem. § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VerpackG kann der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger Festlegungen zur Art und Größe der Sammelbehälter treffen, sofern es sich um Standard-Sammelbehälter handelt. Bei den in der angefochtenen Rahmenvorgabe von der Beklagten als „Gelber Wertstoffsack“ bzw. „Gelbe Wertstoffbehälter“ bezeichneten Behältnissen handelt es sich ungeachtet der jeweiligen Gefäßart um Sammelbehälter i.S.d. § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VerpackG. Das Verpackungsgesetz enthält keine Legaldefinition für den Begriff des Sammelbehälters. Auch die näheren Angaben zum Fassungsvolumen, zur Materialbeschaffenheit und zur äußeren Gestaltung der Behälter sind vom Regelungsgehalt der Vorschrift gedeckt (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/11274, S. 110).
Die Beklagte durfte eine Kombination verschiedener Arten von Sammelbehältern (hier: Tonne und Sack) grundsätzlich auch innerhalb desselben Gebietes festlegen. Der Wortlaut des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VerpackG schließt eine Kombination von Sammelbehältern nicht aus. Auch der Gesetzesbegründung lässt sich nicht zwingend entnehmen, dass die Festlegungen in einer Rahmenvorgabe innerhalb der einzelnen Gebiete eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers einheitlich zu erfolgen haben. Dort heißt es zwar: „Die Festlegungen nach den Nummern 1 bis 3 können auch gebietsscharf erfolgen, so dass es einem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger möglich ist, je nach Art der baulichen Nutzung unterschiedliche Vorgaben für bestimmte Gebiete festzulegen“ (BT-Drs. 18/11274, S. 110). Die Kammer versteht die dort genannte Möglichkeit einer gebietsscharfen Festlegung aber nicht als Einschränkung, sondern als zusätzliche Option. Dies legt zunächst die in der Gesetzesbegründung verwendete Konjunktion „auch“ nahe, die sonst entbehrlich wäre. Für die Zulässigkeit verschiedener Festlegungen auch innerhalb desselben Gebietes spricht auch, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger anderenfalls ebenso daran gehindert wäre, innerhalb eines Gebietes unterschiedliche Größen von Sammelbehältern wie 240 l-MGB bzw. 1.100 l-MGB zuzulassen. Die innerhalb eines Gebietes häufig heterogenen Bauweisen, die neben Einfamilien- auch Mehrfamilienhäuser mit mehr als 20 Personen umfassen, lassen in diesen Fällen eine gebietsscharfe Festlegung kaum zu. Eine in diesem Fall allein denkbare Einteilung von Gebieten, deren Größe das Verpackungsgesetz nicht vorgibt und die demgemäß auch nur einzelne Straßenzüge oder sogar noch kleinteiligere Parzellierungen umfassen könnte, erscheint jedoch kaum praktikabel, zumal sie auch nachträgliche Änderungen in Bezug auf die Tonnengrößen faktisch ausschließen würde (vgl. zur Verwendung von Straßenlisten in der Rahmenvorgabe: VG Potsdam, Beschluss vom 22. Juni 2020 - 14 L 365/20 -, juris Rn. 26, und OVG D-Stadt-Bbg., Beschluss vom 7. September 2020 - OVG 11 S 62/20 -, juris Rn. 23 f.).
Die Zulässigkeit einer Kombination verschiedener Arten von Sammelbehältern innerhalb desselben Gebietes setzt allerdings voraus, dass diese Festlegung durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger selbst erfolgt. Dies ist bei der Umsetzung der streitgegenständlichen Rahmenvorgabe jedoch nicht der Fall, nach der die Bereitstellung Gelber Tonnen alternativ zu Gelben Säcken in der Einfamilienhausbebauung nach Wahl des Grundstückseigentümers zu erfolgen hat.
Eine dem Grundstückseigentümer überlassene Wahlmöglichkeit widerspricht dem dargestellten Grundsatz, dass zwischen den Systemen und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ein Kooperationsgebot besteht, das durch konsensual abzustimmende Vereinbarungen ausgefüllt wird und nur ausnahmsweise und in engen Grenzen einseitig durch Rahmenvorgabe durchbrochen werden kann. Mit dem in der Rahmenvorgabe vorgesehenen Wahlrecht entscheidet aber gerade nicht der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, ob die Abfuhr mittels Tonnen oder Säcken erfolgt, sondern der jeweilige Grundstückseigentümer. Die Letztentscheidung über die konkrete Ausgestaltung des Sammelsystems obliegt damit weder den Systemen noch dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, sondern einem von § 22 VerpackG nicht vorgesehenen Dritten, nämlich dem privaten Endverbraucher. Die Auswahl der konkreten Ausgestaltung der Art des Sammelsystems einseitig, d.h. ohne erforderliche Abstimmung mit den Systemen, in die Hände des Abfallerzeugers zu legen, anstatt sie dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu belassen, ist von der Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt (vgl. bereits Kammerbeschluss vom 10. September 2020 - 15 B 1475/20 -, juris Rn. 34; vgl. auch: Wilden-Beck/ Roosen, AbfR 2019, 294 (298); Gruneberg/ Hartwig, AbfR 2019, 2 (13)).
Gesetzgeberisches Ziel der Rahmenvorgabe ist es, sicherzustellen, dass sich die haushaltsnahe LVP-Sammlung optimal in die bestehenden kommunalen Sammlungsstrukturen und das allgemeine Entsorgungskonzept der Kommune einfügt (BT-Drs. 18/11274, S. 109). Die Entscheidung, wie dieses Ziel am besten erreicht werden kann, kann - außerhalb von Abstimmungsvereinbarungen, wie sie in der Vergangenheit zwischen den Beteiligten getroffen worden sind - nicht der Abfallerzeuger treffen, sondern nur der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger. Nur dieser ist in der Lage, sich hinsichtlich der Effizienz der verschiedenen Sammelsysteme bzw. ihrer konkreten Ausgestaltung, der ökologischen Auswirkungen und ihrer Kosten ein umfassendes Bild zu verschaffen, die damit jeweils verbundenen Vor- und Nachteile in der gebotenen Objektivität abzuwägen und letztlich eine Entscheidung zu treffen, die der gesetzgeberischen Vorgabe entspricht, eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sicherzustellen. Demgegenüber entscheidet sich ein vor die Wahl gestellter Grundstückseigentümer regelmäßig (zumindest auch) aufgrund individueller Vorlieben für die eine oder die andere Variante. Die von den Grundstückseigentümern anzustellenden Erwägungen mögen dabei zwar teilweise auch die von der Beklagten zugrunde zu legenden Aspekte beinhalten, jedenfalls soweit diese ohne Weiteres erkennbar und auf die eigene persönliche Situation übertragbar sind, wie dies etwa bei den mit einer Sacksammlung mitunter verbundenen Probleme von Verwehung und Tierverbiss der Fall ist. Davon abgesehen ist jedoch - allein schon wegen des bestehenden Informationsdefizites - davon auszugehen, dass ein Grundstückseigentümer vom Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen unabhängige Erwägungen anstellt und die von ihm zu treffende Entscheidung in entscheidendem Maße von seiner individuellen Wohn- und Lebenssituation abhängig macht, also die subjektive Praktikabilität der objektiven Effektivität und Umweltverträglichkeit vorzieht und insbesondere auch etwaige wirtschaftliche Auswirkungen für die Systeme unberücksichtigt lässt. Wäre dies anders und rechnete die Beklagte damit, dass die Grundstückseigentümer dieselben Kriterien anlegten und auch zur selben Einschätzung kämen wie sie selbst, dass die Vorteile einer Tonnensammlung gegenüber einer Sacksammlung überwiegen, hätte es der Eröffnung einer entsprechenden Wahlmöglichkeit gar nicht erst bedurft.
Die Annahme, dass die Erwägungen der Grundstückseigentümer von denen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers abweichen, hat der in der mündlichen Verhandlung anwesende Abteilungsleiter Abfallwirtschaft der Technischen Betriebe Wilhelmshaven bestätigt. Er führte aus, dass man mit den Wohnungsbaugesellschaften im Vorfeld Gespräche geführt habe, in denen diese dargelegt hätten, dass an einigen der Häuser aus Gründen des Denkmalschutzes keine Standplätze für Gelbe Tonnen errichtet werden könnten. Hinzu kämen für die Wohnungsbaugesellschaften nicht unerhebliche Kosten für die Errichtung zusätzlicher Standplätze, die man dann jeweils auf die Mieten umlegen müsste, was vermieden werden sollte. Laut Gesprächsvermerk vom 5. Dezember 2017 (Bl. 1 Beiakte) sprachen sich daher drei Wohnungsbaugesellschaften, die zusammen über 15.500 Wohneinheiten verfügen, gegen die Einführung einer Gelben Tonne aus. Wenngleich in dem Abstimmungsgespräch auch Bedenken im Hinblick auf Fehlbefüllungen von „geschlossenen“ Gelben Tonnen, insbesondere im Geschosswohnungsbau geäußert worden sind und damit Erwägungen, die auch vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger anzustellen wären, wurden als wesentlicher Grund die Errichtung notwendiger Behälterstandplätze nebst Zuwegungen und die damit einhergehenden Investitionen genannt, die nach der überschlägigen Berechnung einer Wohnungsbaugesellschaft für die von ihr betreuten 3.000 Wohnungen rund 1,7 Millionen Euro betragen würden. Der Aufwand und die Höhe der Kosten, die den Grundstückseigentümern für die Bereitstellung von Behälterstandplätzen entstünden, stellen indes keine Erwägungen dar, die im Rahmen einer nach § 22 Abs. 2 VerpackG zu treffenden Entscheidung zu berücksichtigen sind.
Eine Regelung, die die Entscheidung über die Ausgestaltung des Sammelsystems auf den Grundstückseigentümer überträgt, kann allenfalls dann zulässig sein, wenn dessen möglicherweise abweichenden individuellen Entscheidungskriterien von vornherein unschädlich sind, weil die auf dieser Grundlage getroffene Entscheidung die mit § 22 Abs. 2 VerpackG verfolgten Zielsetzungen von vornherein nicht berührt. Das ist etwa der Fall bei einer dem Grundstückseigentümer überlassenen Auswahl in Bezug auf die äußere Gestaltung des Sammelbehälters (z.B. komplett gelb oder alternativ schwarz mit gelbem Deckel), da eine vom Grundstückseigentümer in diesem Rahmen an seine individuellen Interessen angepasste Auswahlentscheidung die Harmonisierung der LVP-Sammlung und der bestehenden kommunalen Sammlungsstrukturen und das allgemeine Entsorgungskonzept der Kommune unberührt lässt und auch auf die Effizienz und die Umweltverträglichkeit der Sammlung keinen Einfluss hat. Dies dürfte auch bei einer allein in Bezug auf die Größe des Sammelbehälters (240 l oder 1.100 l) bestehenden Auswahlmöglichkeit zutreffen. Etwas anderes gilt jedoch für die hier den Grundstückseigentümern überlassene Wahl der Art des Sammelbehälters (Tonne oder Sack). Dass diese Entscheidung keinen Einfluss auf die Effizienz und die Umweltverträglichkeit einer LVP-Sammlung hat, nehmen auch die Beteiligten nicht an, vielmehr besteht zwischen ihnen Einigkeit darüber, dass sich die Wahl der Gelben Tonne bzw. des Gelben Sacks auf die Erfassungsqualität und -quantität der Sammlung auswirkt, uneinig sind sich die Beteiligten nur über das Wie.
Aber auch dann, wenn eine vom Grundstückseigentümer zu treffende und an seinen individuellen Interessen ausgerichtete Auswahlentscheidung Auswirkungen auf die mit § 22 Abs. 2 VerpackG verfolgten Zielsetzungen hat, kann eine entsprechende Regelung in der Rahmenvorgabe zulässig sein, wenn jede Entscheidung zugunsten eines Wechsels von dem bisherigen zu dem zur Auswahl gestellten alternativen System unabhängig davon, aus welchen Gründen sie erfolgt, zur Erreichung dieser Ziele beiträgt. Denn wenn nur eine Entscheidungsalternative objektiv die einzig richtige ist, kommt es nicht darauf an, aus welchen subjektiven Gründen sich der Grundstückseigentümer für diese entscheidet.
Konkret bedeutet das: Einem Grundstückseigentümer könnte die Entscheidung über einen Wechsel vom derzeitigen System des Gelben Sacks hin zur Verwendung einer Gelben Tonne nur dann überlassen werden, wenn eine Gelbe Tonne einem Gelben Sack im Hinblick auf die Effektivität und die Umweltverträglichkeit der Sammlung objektiv in einem solchen Maße überlegen wäre, dass jeder einzelne Grundstückseigentümer, der ungeachtet der von ihm dabei zugrunde gelegten Abwägungskriterien eine Entscheidung zugunsten einer Tonne trifft, im Sinne eines „Jede Tonne zählt!“ zu einer Annäherung an die mit § 22 Abs. 2 VerpackG verfolgten Ziele beitragen würde. Bei dieser Betrachtung sind auch die etwaigen Vor- oder Nachteile zu berücksichtigen, die mit einem Mischsystem aus Tonnen- und Sacksammlung bei beliebiger Anschlussquote verbunden sind, wie beispielsweise ein etwaiger logistischer Mehraufwand durch die zusätzliche Bereitstellung Gelber Säcke. Denn dieses Mischsystem entsteht zwangsläufig, weil es gemäß der Rahmenvorgabe bei der Mehrfamilienhausbebauung bei der Sammlung mittels Säcken bleibt und auch bei der den Grundstückseigentümern der Einfamilienhausbebauung eröffneten Wahlmöglichkeit zu erwarten ist, dass sich ein Teil für die Fortführung des bisherigen Systems der Sacksammlung entscheidet, zumal selbst in den Modellgebieten die Anschlussquote der Tonne nur bei 35 % lag.
Dass eine gebietsübergreifend im gesamten Entsorgungsgebiet der Stadt Wilhelmshaven durchgeführte reine Tonnensammlung bzw. ein Mischsystem aus Tonnen und Säcken einer reinen Sacksammlung, wie sie bisher außerhalb der Modellgebiete praktiziert worden ist, regelmäßig im vorgenannten Maße überlegen ist, hat die Beklagte nicht dargetan und ist für die Kammer nicht ersichtlich.
Weder dem Verwaltungsvorgang noch den Ausführungen im gerichtlichen Verfahren lassen sich solide, auf eine bestehende Datenlage gestützte Angaben entnehmen, die einen solchen Schluss zulassen. Dabei hätte es durchaus nahegelegen, dass die Beklagte über diese Daten verfügt und sie für die von ihr zu treffende Entscheidung über den Erlass einer Rahmenvorgabe heranzieht, weil bereits seit über 27 Jahren in acht Modellgebieten eine LVP-Erfassung im Mischsystem von Tonnen oder Säcken in der Weise praktiziert wird, wie es die angefochtene Rahmenvorgabe nun auch für das übrige Stadtgebiet vorsieht. Der Abteilungsleiter Abfallwirtschaft der Technischen Betriebe Wilhelmshaven hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass im Vorfeld der Entscheidung über die in der Rahmenvorgabe aufzunehmenden Festlegungen eigene Daten nicht erhoben worden seien. Lediglich im Rahmen der Einführung des Dualen Systems im Jahr 1992 sei eine Sortieranalyse durchgeführt worden.
Der vorgenannte Schluss lässt sich auch nicht aus dem Abschlussbericht des Umweltbundesamtes „Analyse der Effizienz und Vorschläge zur Optimierung von Sammelsystemen der haushaltsnahen Erfassung von Leichtverpackungen und stoffgleichen Nichtverpackungen auf der Grundlage vorhandener Daten“ aus Mai 2018 ableiten, den die Kammer im Rahmen ihre Entscheidungsfindung herangezogen hat. Diesem von der Klägerin im gerichtlichen Verfahren benannten Bericht liegt eine Untersuchung der unterschiedlichen Sammelsysteme für Leichtverpackungen und stoffgleiche Nichtverpackungen hinsichtlich ihrer Effizienz zugrunde. Zum Vergleich wurden die Sammelsysteme Wertstofftonne städtisch und ländlich, Gelbe Tonne städtisch und ländlich, Gelber Sack ländlich, Wertstoffsack ländlich, Depotcontainer und Wertstoffhof gewählt, die als Haupt- oder Nebensammelsysteme nahezu 100 % der in Deutschland genutzten Sammelsysteme für Leichtverpackungen bilden. Allein das Sammelsystem Gelber Sack städtisch wurde aufgrund der wenigen Referenzen im Rahmen der Untersuchung unberücksichtigt gelassen. Auf der Grundlage von Abstimmungsvereinbarungen aus 94 Vertragsgebieten, Abfallbilanzen der Bundesländer sowie Daten zur Bevölkerung und Fläche der Vertragsgebiete wurden bei den unterschiedlichen Sammelsystemen insbesondere die Quantität und Qualität der erfassten Wertstoffe, die ökologischen Auswirkungen und die jeweiligen Aufwendungen für die Erfassung und Verwertung analysiert und verglichen (vgl. zur Datengrundlage im Einzelnen S. 20, 21, 56, 60 des Abschlussberichts).
In dem Abschlussbericht des Umweltbundesamtes heißt es auszugsweise:
· Im Rahmen der „Gesamtbewertung“ (ab S. 128):
„8.1 Zusammenfassung der Erkenntnisse der Wertschöpfungskette Sammlung - Verwertung
8.1.1 Kostenbetrachtung
(…)
Die Systeme mit guter Erfassungsqualität und gleichzeitig hohen Erfassungsmengen (insbesondere gelber Sack und Wertstoffsack ländlich) sind deutlich kosteneffizienter als die anderen Systeme. (…)
8.1.2.2 Ergebnisse
(…)
Ein deutlicheres Bild des Einflusses der werkstofflichen Verwertung zeigt sich beim KEA (= kumulierter Energieaufwand), auch wenn hier die MVA (= Müllverbrennungsanlage) einen Betrag zur Nettogutschrift des KEA leistet. Der KEA wird insbesondere von der werkstofflichen Verwertung der Kunststoffe bestimmt, so dass auch hier der Wertstoffsack ländlich und zudem die Systeme Wertstofftonne ländlich und Gelber Sack ländlich im Vergleich zur Gelben Tonne ländlich trotz der geringeren Erfassungsmengen die höhere Nettogutschrift aufweisen (…).“
· Im Rahmen der „Konsequenzen und Empfehlungen“ (ab S. 149):
„9.1 Gesamtbewertung der Teilprozesse Individualtransport, Sammlung und Transport im Vergleich
9.1.1 Sammelmenge und Sammelqualität
(…) Problematisch ist, dass die Sammelsysteme Gelbe Tonne ländlich und städtisch über den höchsten Anteil an der Fraktion ‚Reste bzw. ungeeignetes Zusatzmaterial im LVP‘ verfügen.
Das Sammelsystem Wertstoffsack ländlich verfügt über eine vergleichbar hohe Sammelmenge wie die Wertstofftonne und innerhalb der Holsysteme über den geringsten Anteil an der Fraktion ‚Reste bzw. ungeeignetes Zusatzmaterial im LVP‘, ist aber aufgrund der geringen Datenbasis von zwei Datensätzen hier nicht abschließend bewertbar.
Der Gelbe Sack liegt bei der Sammelmenge im Vergleich mit den anderen ländlichen Sammelsystemen leicht unterhalb der anderen Holsysteme und hat einen geringen Anteil an der Fraktion ‚Reste bzw. ungeeignetes Zusatzmaterial im LVP‘. (…)
Die Störstoffe beeinträchtigen in üblichen Anteilen die Sammelqualität in der Regel nicht in der Form als dass die Ziel-Fraktionen verschmutzen oder verkleben und damit die Sortierung erschweren bzw. die Qualität des Sortieroutputs verringern. Unter dieser Maßgabe wirkt sich die Sammelmenge höher auf die Umweltentlastung aus als die Sammelqualität. (…)
9.3 Gesamtbewertung der Systeme im Vergleich
9.3.1 Schlussfolgerungen auf Basis der ökologischen Auswirkungen
Wie im Abschnitt 8.1.2 dargestellt sind für die ökologische Effizienz des Gesamtsystems die Sammelmenge, die Sammelqualität sowie die Aufwendungen für den Individualtransport ausschlaggebend. (…)
9.3.1.1 Klimaerwärmungspotenzial
Die höchsten Beiträge zur Senkung des Klimaerwärmungspotenzials weisen die Holsysteme im ländlichen Raum mit Werten zwischen -23.572 („Gelber Sack ländlich“) und -37.084 Mg CO2-Äq./1 Mio. Einwohner („Wertstoffsack ländlich“) auf. Ausschlaggebend sind hohe Erfassungsmengen an LVP und StNVP (= stoffgleiche Nichtverpackungen) verbunden mit guten Sammelqualitäten sowie der fehlende Individualtransport. Die städtischen Holsysteme mit ihren geringeren Sammelmengen weisen dagegen geringere Nettogutschriften von -11.469 (“Gelbe Tonne städtisch“) und -16.534 Mg CO2-Äq./1 Mio. Einwohner („Wertstofftonne städtisch“) auf.
(…).
9.3.2 Schlussfolgerungen auf Basis der Gesamtkosten
(…)
Am kostengünstigsten sind die Systeme, welche hohe Sammelmengen bei gleichzeitig guter Erfassungsqualität generieren. Dies sind vor allem die Sacksammlungen in den ländlichen Gebieten. Mit 1.077 EUR/Mg („Wertstoffsack ländlich“) bzw. 1.404 EUR/Mg (‚Gelber Sack ländlich‘) weisen diese Systeme die geringsten Kosten auf und sind somit sogar kostengünstiger als die ‚Gelbe Tonne ländlich‘ (1.604 EUR/Mg), welche die höchste Erfassungsmenge erzeugt.
Aus diesen Feststellungen lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen:
1. (…)
2. Kosteneffizient sind Systeme mit hohen Erfassungsmengen.
3. Eine gute Erfassungsqualität steigert die Ausbeute zur werkstofflichen Verwertung und führt somit zu einer hohen Kosteneffizienz auf der Rezyklatseite.“
Die Kammer kann dem Abschlussbericht des Umweltbundesamtes keine klare Aussage dahingehend entnehmen, dass der Wechsel von einer reinen Sacksammlung zu einer reinen Tonnensammlung bzw. zu einem Mischsystem aus Tonnen und Säcken regelmäßig und gebietsübergreifend zu einer Verbesserung der Effizienz und Umweltverträglichkeit der LVP-Erfassung führt. Der Bericht legt vielmehr nahe, dass es insoweit immer einer differenzierten Betrachtungsweise bedarf, weil die mit den unterschiedlichen Systemen einhergehenden Vor- bzw. Nachteile u.a. wesentlich von den örtlichen Verhältnissen der jeweiligen Erfassungsgebiete abhängen.
So heißt es im Rahmen der abschließenden Empfehlungen (Ziff. 9.4, S. 155 f.):
„Sacksammlungen besitzen gegenüber Behältersammlungen Vorteile bei der Erfassungsqualität. In ländlichen Gebieten kann deren Einsatz insofern sinnvoll sein und sollte unter Berücksichtigung der vorhandenen Nachteile (insbesondere Ortsbild, Verwehungen, Zerstörung von Säcken durch Tiere) abgewogen werden. Durch entsprechende Ausgestaltung der Erfassung (bspw. zentrale Sammelpunkte) sowie durch intensivierte Öffentlichkeitsarbeit (bspw. Sensibilisierung der Bevölkerung für den optimalen Zeitpunkt der Bereitstellung) können diese Nachteile minimiert werden.
Bei der Behältersammlung ist insbesondere in städtischen Gebieten durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit (ggf. auch durch Sanktionierung fehlbefüllter Behälter) auf eine Verbesserung der Erfassungsqualität hinzuwirken.“
Die seitens der Beklagten geäußerten Zweifel an der Repräsentativität der Analyse, die sie pauschal damit begründet, dass diese aus dem Jahr 2018 und damit aus einer Zeit vor dem heutigen Verpackungsgesetz stamme, teilt die Kammer nicht. Von der Beklagten ist nicht dargelegt und es ist auch nicht ersichtlich, weshalb es für die im Rahmen dieser Untersuchung in aller Breite erhobenen Daten (vgl. zu den Erhebungszeiträumen und Quellen im Einzelnen u.a. S. 56, 65 (mit Fn. 5), 67, 69, 71, 72, 74, 89, 91, 136 und 158 des Berichts) und die darauf gestützte Analyse erheblich ist, ob das Verpackungsgesetz bereits in Kraft getreten war oder nicht. Zwar heißt es in dem Bericht (S. 153), dass die erhöhten Verwertungsquoten im Verpackungsgesetz ab 2019 sowie die Berücksichtigung der Recyclingfähigkeit und der Verwendung von Rezyklaten bei der Bemessung der Beteiligungsentgelte für duale Systeme nach Auffassung der Gutachter weitere wirtschaftliche Impulse setzen könnten. Diese Aussage dürfte jedoch auf alle Sammelsysteme gleichermaßen zutreffen. Im Übrigen steht der Abschlussbericht nach wie vor auf der Internetseite des Umweltbundesamtes zum Abruf bereit (https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/analyse-der-effizienz-vorschlaege-zur-optimierung) und es wurde keine aktuellere Analyse veröffentlicht.
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger habe die im Rahmen von § 22 Abs. 2 VerpackG geforderte Abwägung bereits vor der Festlegung des Wahlsystems vorgenommen, sodass dem Grundstückseigentümer die Möglichkeit der Wahl auch nur innerhalb des abgewogenen Rahmens ermöglicht werde. Die damit getroffene Aussage, dass es für die Auswahl des Sammelbehälters, der eine möglichst effiziente und umweltverträgliche Abfallerfassung ermöglicht, weder auf die örtlichen Verhältnisse der jeweiligen Erfassungsgebiete noch auf die zu erwartende Anschlussquote ankommt, ist nach den obigen Ausführungen von den Ergebnissen des Abschlussberichts des Umweltbundesamtes nicht gedeckt.
Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass § 22 Abs. 2 Satz 1 VerpackG als Voraussetzung für den Erlass einer Rahmenvorgabe lediglich verlangt, dass eine solche Vorgabe „geeignet“ ist, um eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle aus privaten Haushaltungen sicherzustellen. Der im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehene „Erforderlichkeitsvorbehalt“ (BT-Drs. 18/11274, S. 24) wurde im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens durch einen „Geeignetheitsvorbehalt“ ersetzt, um den Erlass von Rahmenvorgaben in der Praxis besser handhabbar zu machen, „damit der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die haushaltsnahe Verpackungssammlung vor Ort sachgerecht und angemessen ausgestalten kann“ (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, BT-Drs. 18/11781, S. 15). Trotz der vorgenommenen Änderung verlangt die Vorschrift aber weiterhin, dass durch die getroffene Festlegung „eine möglichst effektive und umweltverträgliche Erfassung der Abfälle“ sicherzustellen ist. Das Adverb „möglichst“ bedeutet „das Beste im Rahmen der Möglichkeiten“, es muss also nicht nur irgendein, sondern das optimale Ziel erreicht werden. Zwar genügt ausweislich der Gesetzesbegründung auch die Förderung zumindest eines der beiden Ziele Effizienz bzw. Umweltverträglichkeit, dies darf jedoch nicht zu Lasten des jeweils anderen Ziels gehen (BT-Drs. 18/11274, S. 110 unten). Dass diese Voraussetzung erfüllt wird, ergibt sich, wie bereits ausgeführt, aus dem Abschlussbericht des Umweltbundesamtes nicht.
Nur vorsorglich weist die Kammer darauf hin, dass die vorstehenden Ausführungen nicht bedeuten, dass es - außerhalb einer Abstimmungsvereinbarung - unzulässig wäre, innerhalb des Entsorgungsgebietes der Beklagten oder in Teilen davon durch Rahmenvorgabe eine Kombination von Tonnen- und Sacksammlung festzulegen, sofern die Beklagte unter Berücksichtigung des ihr in dieser Frage zustehenden Einschätzungs- und Prognosespielraums nach entsprechender Prüfung zu dem Ergebnis käme, dass das jeweilige Erfassungsgebiet Anlass gibt, die Art des Sammelbehälters an die örtlichen Gegebenheiten anzupassen, um vorhandene Nachteile auszugleichen und auf diese Weise entsprechend den Vorgaben des § 22 Abs. 2 VerpackG eine möglichst effektive und umweltverträgliche LVP-Erfassung sicherzustellen. Die Entscheidung über das Ob und Wie obliegt allerdings ausschließlich der Beklagten als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger und nicht dem jeweiligen Grundstückseigentümer.
3.
Die streitgegenständliche Rahmenvorgabe ist darüber hinaus infolge von Ermessensfehlern rechtswidrig.
§ 22 Abs. 2 VerpackG räumt dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ein Ermessen hinsichtlich der Entscheidung ein, ob und welche Festlegungen er gegenüber den Systemen trifft, um die nach § 14 Absatz 1 durchzuführende LVP-Sammlung auszugestalten.
Gemäß § 114 Satz 1 VwGO prüft das Gericht, ob der Verwaltungsakt deswegen rechtwidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Dazu gehört auch die Feststellung, ob das Ermessen überhaupt betätigt wurde also kein sog. Ermessensausfall vorliegt. Hat die zuständige Behörde ihr Ermessen nicht ausgeübt oder die für die Ermessensentscheidung maßgebenden Gesichtspunkte nicht in der Begründung des Bescheides dargelegt oder, soweit zulässig, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 114 Satz 2 VwGO ergänzt, so führt allein dies zur Aufhebbarkeit des Bescheides.
Indem die Beklagte die Entscheidung über die Art der Sammelbehälter nicht anhand der in § 22 Abs. 2 VerpackG angelegten Kriterien durch die Rahmenvorgabe selbst trifft, sondern diese den jeweiligen Grundstückseigentümern anhand deren damit nicht deckungsgleichen individuellen und damit erwartbar sachfremden Erwägungen überlässt, begibt sie sich für die daraus folgende Ausgestaltung des LVP-Entsorgungskonzeptes der Einhaltung ihrer eigenen Entscheidungsmaßstäbe und -kriterien und überträgt diese auf am Verfahren nicht beteiligte Dritte. Die Entscheidung über die Art der zu verwendenden Sammelbehälter hat auch nicht nur eine in ihrer Wirkung vernachlässigbare Wirkung, sondern prägt das Abfallkonzept des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers über Jahre wesentlich.
Die getroffene Entscheidung ist darüber hinaus auch deshalb rechtsfehlerhaft, weil sich die Beklagte zu Unrecht als in ihrer Ermessensausübung eingeschränkt gesehen hat.
Zur Begründung ihrer Entscheidung hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid (Seite 6 f.) ausgeführt: „Unabhängig davon erfordert der Grundsatz der Gleichbehandlung der betroffenen Abfallbesitzer, die bereits seit 27 Jahren in Teilen der Stadt abgestimmte und praktizierte Praxis der Wahlmöglichkeit für Grundstückseigentümer in der Einfamilienhausbebauung allen Grundstückseigentümern dieser Gruppe zugänglich zu machen.“ Auch im gerichtlichen Verfahren hat die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 1. April 2020 (dort Seite 14 f., Bl. 137 f. Gerichtsakte) dargelegt, dass die in der Rahmenvorgabe aufgenommene Möglichkeit der Wahl des Sammelbehälters durch die Grundstückseigentümer der Einfamilienhausbebauung der 27-jährigen Praxis in den acht Modellgebieten entspreche, weshalb es bereits der Grundsatz der Gleichbehandlung der betroffenen Abfallbesitzer gebiete, diese Wahlmöglichkeit allen Grundstückseigentümern dieser Gruppe zugänglich zu machen. Zwingende Gründe, die eine Ungleichbehandlung dieser Gruppe von Abfallbesitzern rechtfertigen würden, seien nicht ersichtlich.
Tatsächlich liegt aber ein Fall des die Ermessensausübung der Beklagten einschränkenden Gleichbehandlungsgrundsatzes von Art. 3 Abs. 1 GG nicht vor. Die Grundstückseigentümer im Entsorgungsgebiet der Beklagten, denen im Rahmen der Abstimmungsvereinbarung ein Wahlrecht zugestanden worden ist, haben keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung der in der Vergangenheit praktizierten Abfallentsorgung (OVG Schleswig, Beschluss vom 9. Februar 2022 - 5 MB 42/21 -, juris Rn. 29; OVG D-Stadt-Bbg., Beschluss vom 26. Februar 2016 - OVG 9 N 179.13 -, juris Rn. 22, juris; Nds. OVG, Beschluss vom 17. März 2004 - 9 ME 1/04 -, juris Rn. 9). Weil die Beklagte aufgrund des insoweit nicht bestehenden Bestands- oder Vertrauensschutz nicht dazu verpflichtet ist, den Grundstückseigentümern in den acht Modellgebieten auch zukünftig eine Wahl der Art der Sammelbehälter zu ermöglichen, ist sie - jedenfalls unter diesem Aspekt - für eine davon abweichende Entscheidung, die alle Stadtteile betrifft, nicht durch den Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden.
Hinzukommt, dass die Anwendung des Gleichheitssatzes die rechtliche Zulässigkeit einer entsprechenden einseitigen Vorgabe durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger voraussetzt, die hier, wie bereits ausgeführt, nicht gegeben ist.
Die Möglichkeit, ein Mischsystem von Tonnen und Säcken entsprechend den Wünschen der Grundstückseigentümer auf der Grundlage einer zwischen den Beteiligten getroffenen Abstimmungsvereinbarung zu praktizieren, bleibt hiervon unberührt.
Abgesehen davon ist ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nur dann anzunehmen, wenn vergleichbare Normadressaten ungleich behandelt werden, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen können.
Gemäß der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/11274, S. 110) können die Festlegungen nach den Nummern 1 bis 3 auch gebietsscharf erfolgen, um je nach Art der baulichen Nutzung unterschiedliche Vorgaben für bestimmte Gebiete festzulegen. Ebenso müssen unterschiedliche Vorgaben dann möglich sein, wenn örtliche Besonderheiten diese zur Erreichung der in § 22 Abs. 2 VerpackG genannten Ziele erfordern, weil etwa die geographische Lage unmittelbar an der Küste oder in offenen ländlichen Gebieten die Problematik von Müllverwehungen oder Tierverbiss (insb. durch Möwen) verschärfen oder wenn - wie es der Abschlussbericht des Umweltbundesamtes aufzeigt - Unterschiede in Sammelmenge und -qualität darauf zurückzuführen sind, dass die Sammlungen in eher ländlichen oder städtischen Regionen durchgeführt werden. Folgte man der Rechtsauffassung der Beklagten wären aber insoweit differenzierende Vorgaben von vornherein ausgeschlossen. Der eigenen Rechtsauffassung der Beklagten widerspricht es zudem, dass sie zwar eine Gleichbehandlung der Grundstückseigentümer in der Bebauung mit Einfamilienhäusern, Doppelhaushälften und Reihenhäusern in sämtlichen Stadtteilen für erforderlich erachtet, nicht dagegen in der Mehrfamilienhausbebauung, bei der nach Ziff. 1. a) der angefochtenen Rahmenvorgabe die LVP-Sammlung wie bisher mittels Gelbem Sack erfolgen soll. Auch eine in Ziff. 1. b) der Rahmenvorgabe enthaltene Deckelung der Ausweitung der Behältergestellung auf „maximal 3.100 Wertstoffbehälter“ erscheint mit der Anwendung des Gleichheitsgrundsatzes kaum vereinbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO. Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Frage, ob § 22 Abs. 1 Satz 1 VerpackG es zulässt, dass ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger Entscheidungen über die konkrete Ausgestaltung des Sammelsystems nicht eigenständig trifft, sondern der freien Wahl der betroffenen Grundstückseigentümer überlässt. Ebenfalls von grundsätzlicher Bedeutung sind die Fragen der Anforderungen an die behördliche Prognoseentscheidung über die Geeignetheit von Vorgaben zur Sicherstellung der Effektivität und Umweltverträglichkeit der Abfallerfassung, der Reichweite der gerichtlichen Kontrolle behördlicher Entscheidungen zum Erlass von Rahmenvorgaben und der Zulässigkeit der einseitigen Anordnung der Mitbenutzung kommunaler Wertstoffhöfe im Rahmen der Leichtverpackungsentsorgung.