Landgericht Oldenburg
Urt. v. 28.11.2002, Az.: 9 S 538/02
Darlegungspflicht bezüglich der Preiskalkulation bei der Beauftragung des Wärmelieferungsunternehmens; Beweispflicht für Pflichtverletzung bei Kostenumlegung des Vermieters
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 28.11.2002
- Aktenzeichen
- 9 S 538/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 29968
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:2002:1128.9S538.02.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Delmenhorst - 17.05.2002 - AZ: 4 C 4416/01 (IV)
Rechtsgrundlage
- § 20 NMV 1970
Fundstelle
- WuM 2003, 566-567 (Volltext mit amtl. LS)
In der Rechtsstreit
hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 31.10.2002
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ...
den Richter ... und
den Richter am Landgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Delmenhorst vom 17.05.2002 - 4 C 4416/01 (IV) - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin macht Ansprüche aus abgetretenem Recht geltend. Sie hat u.a. das Mietobjekt ... zum 01.01.2001 von der Vermieterin und Wohnungseigentümerin - ... - gepachtet und sich sämtliche Forderungen und/oder Rechte aus den zugrundeliegenden Mietverträgen abtreten lassen.
Die Verpächterin wiederum hatte am 03.06.1997 einen Mietvertrag mit der Beklagten über die im ersten Geschoss des genannten Mietobjekts belegene 3-Zimmer-Wohnung abgeschlossen. Ab 01.07.1997 hatte sie die Versorgung der Wohnung mit Wärme für Heizung und Warmwasser der ... in Hannover übertragen und die Heizungen in den Wohnungen modernisieren lassen. Der Geschäftsführer der Klägerin ist Vorsitzender des Aufsichtsrates dieser Gesellschaft.
Die Klägerin macht rückständige Mieten in Höhe von 1.134,08 DM sowie aus den Heizkosten/Warmwasserabrechnungen 1997/98, 1998/99 und der Betriebskostenabrechnung 1998 Nachzahlungen geltend. Insgesamt errechnet die Klägerin nach Abzug verschiedener Guthaben eine Restforderung von 2.211,91 DM, die sie mit der Klage geltend macht. Die Beklagte verweigert die Bezahlung mit der Begründung, es liege eine unberechtigte Nebenkostenerhöhung vor, zu der sie keine Zustimmung erteilt habe. Die Abrechnungen seien nicht nachvollziehbar, eine etwaige Umlage hätte vereinbart werden müssen. Auch hätten eventuelle Modernisierungsanteile ihrer Zustimmung bedurft. Des weiteren sei nicht dargelegt, dass die ... Hannover im Vergleich zu anderen Unternehmen - z.B. den ... - am kostengünstigsten sei; entsprechende Angebote anderer Wärmelieferanten seien nicht eingeholt worden.
Das Amtsgericht hat die Klage bis auf einen inzwischen unstreitigen Betrag in Höhe von 6,99 DM aus der Betriebskostenabrechnung 1998 abgewiesen.
Gegen dieses ihr am 30.05.2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24.06.2002 Berufung eingelegt und am 28.08.2002 fristgerecht begründet.
Die Klägerin wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts Delmenhorst vom 17.05.2002 abzuändern die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 1.127,36 EUR (2.204,92 DM) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17.03.2000 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie keinen Erfolg.
Die Kammer ist mit dem Amtsgericht der Ansicht, dass die Klägerin nicht damit gehört werden kann, eine Darlegungspflicht bezüglich der Preiskalkulation bei der Beauftragung des Wärmelieferungsunternehmens in Hannover sei ihrerseits nicht gegeben. Im vorliegenden Fall besteht zum einen die Besonderheit, dass der Geschäftsführer der Klägerin gleichzeitig der Vorsitzende des Aufsichtsrates des Wärmelieferungsunternehmens ist und aufgrund dieser Tatsache von einer wirtschaftlichen Verflechtung auszugehen ist. Zum anderen obliegt dem Vermieter nach § 20 NMV 1970 die Pflicht, nur solche Kosten umzulegen, die bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände und ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt waren. Für eine Verletzung dieser Pflichten ist zwar die Beklagte beweispflichtig. Insoweit ist jedoch zu beachten, dass der Beweis für die Beklagte letztlich mangels Kenntnis der Einzelheiten nicht möglich ist, so dass in einem solchen Fall ein substantiiertes Bestreiten von der Gegenpartei verlangt werden kann, weil diese allein alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihr daher zumutbar ist, nähere Angaben zu machen bzw. die für ihr Vorgehen entscheidenden Umstände darzulegen.
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin bzw. ihre Verpächterin ohne Beteiligung der Mieter ein Unternehmen in Hannover mit der Wärmelieferung beauftragt. Sie allein kennt die Einzelheiten des Vertragsabschlusses und kann darlegen, ob z.B. Vergleichsangebote eingeholt worden sind, wozu sie bzw. ihre Vorgängerin im Rahmen des § 20 NMV 1970 verpflichtet waren. Erst nach Darlegung dieser Einzelheiten wäre die Beklagte in der Lage gewesen, die einzelnen Abrechnungen auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen und unter Umständen eine Verletzung der Vermieterpflichten darzulegen und zu beweisen. Solange diese Einzelheiten nicht offengelegt sind, steht der Klägerin jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Anspruch im Zusammenhang mit erhöhten Betriebskosten nicht zu. Die Klage ist daher zur Zeit unbegründet.
Die Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Behauptung der Klägerin, ein ortsansässiger Drittlieferant hätte die Wärmelieferung nicht kostengünstiger erbracht, kam schon deswegen nicht in Betracht, weil die Klägerin dann alle Einzelheiten der Verträge mit dem Wärmeunternehmen in Hannover offenbaren müsste, was sie gerade verweigert.
Von einer weiteren Darstellung der Sach- und Rechtslage wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Kammer hat die Revision zugelassen, weil der Rechtsstreit wegen der. Frage der Offenbarungspflicht des Vermieters grundsätzliche Bedeutung hat, eine Vielzahl von Beteiligten betroffen ist und damit auch erhebliche wirtschaftliche Interessen berührt sind.