Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 30.11.2007, Az.: 1 B 228/07

Rechtmäßigkeit der Einziehung einer ausgestellten Wählbarkeitsbescheinigung

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
30.11.2007
Aktenzeichen
1 B 228/07
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 54677
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2007:1130.1B228.07.0A

Verfahrensgegenstand

Europa-, Bundestags- u. Landtagswahlrecht
vorläufiger Rechtsschutz

In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 1. Kammer -
am 30. November 2007
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen, hat der Antragsteller zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

1

Der am 29.11.2007 gestellte Hauptantrag festzustellen, dass die am selben Tag erhobene Klage (1 A 229/07) gegen die von der Antragsgegnerin verfügte "Einziehung" der von ihr zunächst ausgestellten Wählbarkeitsbescheinigungen vom 27.09.2007 und 16.11.2007 aufschiebende Wirkung entfaltet, muss ebenso ohne Erfolg bleiben, wie der hilfsweise gestellte Antrag, im Wege der einstweiligen Anordnung nach §123 VwGO festzustellen, dass der Antragsteller für die Wahl zum niedersächsischen Landtag am 27. Januar 2008 Wählbar im Sinne des §6 Abs. 1 Nr. 2 des Niedersächsischen Wahlgesetzes (NLWG) ist.

2

Sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag des Antragstellers sind gemäß §51 Satz 2 NLWG nicht statthaft. Nach dieser Vorschrift können Entscheidungen und Maßnahmen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren beziehen, nur mit den im Niedersächsischen Landeswahlgesetz und in der Niedersächsischen Landeswahlordnung vorgesehenen Rechtsbehelfen sowie im Wahlprüfungsverfahren angefochten werden. Das ist hier der Fall.

3

Bei den beiden Wählbarkeitsbescheinigungen, die die Antragsgegnerin dem Antragsteller sowohl mit Blick auf dessen Kandidatur für den Landeswahlvorschlag der NPD als auch als Direktkandidat dieser Partei im Landkreis Goslar zunächst ausgestellt und schließlich in der Annahme, der Antragsteller habe nur vorgetäuscht, die letzten sechs Monate seinen Hauptwohnsitz in Niedersachsen gehabt zu haben, "eingezogen" hat, handelt es sich um Bescheinigungen, die ausschließlich für das Wahlverfahren ausgestellt werden und denen eine weitergehende Bedeutung nicht zukommt. Sowohl für den Kreis- als auch für den Landeswahlvorschlag muss für jeden Bewerber u.a. eine solche Bescheinigung seiner Gemeinde beigefügt werden, aus der sich ergibt, ob der Bewerber wählbar ist, wozu auch gehört, dass er in den letzten 6 Monaten seinen Wohnsitz im Land gehabt hat; diese Bescheinigung ist auf einem bestimmten Vordruck (Muster 9 gemäß §79 NLWO) einzureichen, §§27 Abs. 5 Nr. 2 bzw. 33 Abs. 3 Nr. 2 NLWO.

4

Eingereichte Kreiswahlvorschläge sind zunächst von den jeweiligen Wahlleitern und im Anschluss daran von den zuständigen Wahlausschüssen (Kreis- bzw. Landeswahlausschuss) daraufhin zu überprüfen, ob sie den gesetzlichen Erfordernissen entsprechen (§§21,22 NLWG, §§29, 30, 33-35 NLWO). Gegen die Entscheidung des Kreiswahlausschusses kann nach Maßgabe des §22 Abs. 7 NKWG binnen 3 Tagen Beschwerde an den Landeswahlausschuss eingelegt werden. Die Entscheidungen des Landeswahlausschusses unterliegen einer Nachprüfung im Wahlprüfungsverfahren, können ansonsten aber nicht Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Überprüfung sein und sind in diesem Sinne "endgültig", §§31 Abs. 4, 35 Abs. 2 NLWO.

5

Die Ausstellung und damit auch die Verweigerung einer Wählbarkeitsbescheinigung betrifft das Wahlverfahren sowohl unmittelbar als auch ausschließlich im Sinne des §51 Satz 2 NLWG, da damit keine dem Wahlverfahren vorgelagerte oder sonst für dieses bindende Entscheidung der Gemeinde verbunden ist. Die Frage der Wählbarkeit ist eine zentrale Frage des Wahlrechts und muss den dafür geschaffenen besonderen Regelungen auch hinsichtlich der Rechtschutzgewährleistung unterliegen. Demgemäß ist auch die Frage, ob eine ordnungsgemäße Wählbarkeitsbescheinigung vorliegt oder zu Unrecht verweigert worden ist, von den jeweiligen Wahlausschüssen erforderlichenfalls auch inhaltlich zu überprüfen. Die Wahlausschüsse haben sicherzustellen, dass die Wahl ordnungsgemäß durchgeführt wird. Dazu zählt auch, dass sich niemand bei einer Wahl soll bewerben dürfen, der nicht wählbar ist. Die einschlägigen Regelungen des niedersächsischen Wahlrechts sehen keine Ausnahme von der diesbezüglichen Überprüfungs- und Entscheidungskompetenz der Wahlausschüsse vor und hätten es ausdrücklich regeln müssen, wenn die Wahlausschüsse (ausgerechnet) bei der Überprüfung der Wählbarkeit eines Bewerbers auf eine lediglich formale Überprüfung beschränkt wären.

6

Der Antragsteller ist damit auf die genannten Rechtsbehelfe beschränkt und im Übrigen auf das Verfahren der Wahlprüfung nach dem Gesetz über die Prüfung der Wahl zum Niedersächsischen Landtag verwiesen (zur ähnl. Rechtslage in Sachsen ebenso Sächs. OVG, Beschl. vom 02.06.1999 - 3 S 249/99 -, SächsVBl 1999, 210).

7

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.

8

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§53 Abs. 1, 52 Abs. 2 VwGO.

9

Rechtsmittelbelehrung

10

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg statthaft.

11

...

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