Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 30.05.2007, Az.: 14 U 277/01
Verpflichtung zur Weiterzahlung von Dienstbezügen eines Beamten bei Dienstunfähigkeit; Gerichtliche Überprüfbarkeit der behördlichen Entscheidung über die Dienstunfähigkeit eines Beamten; Vorliegen eines Erwerbsschadens in Folge eines unverschuldeten Unfalls; Reichweite der Überprüfbarkeit der adäquaten Ursächlichkeit eines Unfalls für eine Pensionierung; Mitverschulden eines Geschädigten wegen Nichtbekämpfung seiner Pensionierung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 30.05.2007
- Aktenzeichen
- 14 U 277/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2007, 36866
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2007:0530.14U277.01.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 07.09.2001 - AZ: 8 O 1003/00
Rechtsgrundlagen
- § 95 BGB
- § 7 StVG
- § 3 PflVG
- § 242 BGB
Fundstellen
- OLGReport Gerichtsort 2007, 805-809
- SVR 2007, 462-463
- VRR 2008, 66-67 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Im Falle der vorzeitigen Pensionierung eines Beamten nach einem Verkehrsunfall sind die ordentlichen Gerichte im Zivilrechtsstreit mit dem Schädiger bzw. dessen Versicherer an die Feststellung der Dienstunfähigkeit durch die zuständige Verwaltungsbehörde gebunden. Zu prüfen ist aber, ob die Pensionierung eine adäquate Folge des Unfalls war. Hierbei kommt es allerdings nicht darauf an, ob die Zurruhesetzung aufgrund der unfallbedingten Verletzungen sachlich geboten war, denn dies betrifft die der Beurteilung der Zivilgerichte entzogene Richtigkeit des Pensionierungsbescheides.
- 2.
Zu den Einwendungen des Schädigers gegen den Rückgriffsanspruch des Dienstherrn, der den verletzten Beamten in den Ruhestand versetzt hat.
In dem Rechtsstreit
...
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 8. Mai 2007
durch
die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ...,
die Richterin am Oberlandesgericht ... und
den Richter am ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin gegen das am 7. September 2001 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 69 % und die Beklagte 31 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsgläubiger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1fachen des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,1fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Wert der Beschwer
für die Beklagte: 49.052 EUR
für die Klägerin: 111.000 EUR.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird wie folgt festgesetzt:
bis 30. Dezember 2004: 49.052 EUR
ab 31. Dezember 2004: 160.052 EUR.
A. Tatbestand
Die Klägerin macht - teilweise im eigenen Namen aus übergegangenem Recht und im Übrigen als Prozessstandschafterin für die Niedersächsische Versorgungskasse und den Geschädigten - Ansprüche auf Ersatz eines Erwerbsschadens ihres ehemaligen Beamten D. B. geltend.
Die Klägerin war Dienstherrin des am 24. Juli 1953 geborenen Herrn B., der bei ihr das Amt eines Stadtamtmannes (Besoldungsgruppe A 11 BBesO) bekleidete und zuletzt einen Dienstposten als stellvertretender Stadtamtsleiter wahrnahm. Am 25. Mai 1997 wurde Herr B. bei einem Unfall mit seinem Motorrad durch das alleinige Verschulden des Versicherungsnehmers der Beklagten schwer verletzt. Er zog sich ein stumpfes Thoraxtrauma mit Aortendissektion und Bluterguss in die Brusthöhle, eine traumatische Eröffnung der rechten Bursa (d. h. eine Verletzung des Schleimbeutels vor der rechten Kniescheibe), eine Riss-Quetschwunde am linken Schienbein, eine Luxaktion der rechten Hüfte mit Fraktur der Hüftpfanne, eine Ruptur des hinteren Kreuzbandes des rechten Kniegelenks, eine Trümmerfraktur des 5. Mittelhandknochens der rechten Hand und einen Seitenband und Kapselausriss am Daumengrundgelenk der linken Hand zu. Die Erstbehandlung erfolgte in der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses D. Wegen der komplexen Verletzungen erfolgte dann eine Verlegung an die Universitätsklinik G., wo mehrere Operationen durchgeführt wurden. Schon vor dem Unfall war bei Herrn B. ein Bluthochdrucksleiden diagnostiziert worden. 1994 hatte er eine Achillessehnenruptur erlitten, und 1996 hatte er sich einer Arthroskopie am Meniskus des rechten Knies unterzogen. Die Auswirkungen dieser sowie das Bestehen und die Auswirkungen weiterer Vorerkrankungen sind zwischen den Parteien streitig.
Die volle Haftung der Beklagten für die Unfallfolgen ist zwischen den Parteien unstreitig. Daher erstattete die Beklagte zunächst wegen des Fernbleibens des Herrn B. vom Dienst die von der Klägerin an diesen gezahlten Bruttobezüge bis einschließlich Dezember 1998. Über eine fortbestehende Dienstunfähigkeit des Herrn B. seit Januar 1999 herrscht zwischen den Parteien Streit.
Die Klägerin holte zur Frage der Dienstunfähigkeit des Herrn B. mehrere amtsärztliche Gutachten ein. Im ersten Gutachten vom 25. November 1997 (Anlage K 3, Bl. 21 ff. d. A.) wurde im Hinblick auf noch ausstehende unfallbedingte Operationen eine fortbestehende Dienstunfähigkeit bejaht. Das zweite Gutachten vom 8. Juli 1998 (Anlage K 4, Bl. 26 ff. d. A.) führte aus, Herr B. habe nach wie vor seine volle Dienstfähigkeit noch nicht erreicht; die von den behandelnden Chirurgen vorgeschlagene Wiederaufnahme der Arbeit mit reduzierter Stundenzahl (4 Stunden pro Tag bis 31. Oktober 1998) sei aber aus amtsärztlicher Sicht als sinnvolle Maßnahme zur Wiedereingliederung in das Arbeitsleben zu beurteilen.
Herr B. unternahm dementsprechend in der Zeit vom 22. Juni bis 17. Juli und vom 8. September bis 28. Oktober 1998 zwei Arbeitsversuche mit eingeschränktem Aufgabenbereich, die ihm nach seinem Empfinden jedoch erhebliche gesundheitliche Probleme bereiteten und deshalb jeweils vorzeitig abgebrochen wurden. Das kurz vor Beendigung des zweiten Arbeitsversuchs unter dem 26. Oktober 1998 (Anlage K 6, Bl. 31 ff. d. A.) erstattete dritte amtsärztliche Gutachten schloss mit der Beurteilung, die Arbeitsversuche hätten nicht die gewünschte Wiedereingliederung in den Beruf gebracht. Es bestünden erhebliche Leistungseinschränkungen sowohl im körperlichen als auch im kognitiven Bereich. Diese könnten auch durch eine weitere Reduktion der Arbeitszeit wahrscheinlich nicht aufgefangen werden. Auch in Zukunft sei mit erheblichen Fehlzeiten zu rechnen. Eine Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit sei zur Zeit nicht absehbar. Deshalb sei Herr B. als dienstunfähig anzusehen. Die gesundheitliche Eignung für eine anderweitige Verwendung liege zur Zeit nicht vor. Deshalb sei eine Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand aus amtsärztlicher Sicht unumgänglich.
Die Klägerin schrieb daraufhin die Stelle des Herrn B. amtsintern aus (vgl. Bl. 438 d. A.) und teilte ihrem Beamten mit, sie beabsichtige seine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit gemäß § 56 i. V. m. § 54 NBG. Da sich Herr B. nicht äußerte, ordnete die Klägerin mit Bescheid vom 26. Februar 1999 (Anlage K 7, Bl. 33 d. A.) die Inruhestandversetzung mit Ablauf des 31. Mai 1999 an. Dagegen erhob Herr B. mit Schreiben vom 23. März 1999 (Anlage K 8, Bl. 35 d. A.) Widerspruch. In dem Schreiben heißt es:
"Zur Begründung verweise ich auf das von der [Beklagten] in Auftrag gegebene Gutachten. Dieses ist zwar in fast allen Punkten unzutreffend, der Widerspruch ist aber zur Rechtswahrung angezeigt."
In dem von Herrn B. in Bezug genommenen Gutachten des Leitenden Arztes Dr. H. der Abteilung für Unfall und Wiederherstellungschirurgie des Allgemeinen Krankenhauses H. vom 24. Februar 1999 (Anlage B 2, Bl. 68 ff. d. A.) ist im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Als wesentliche Unfallfolgen seien weiterhin eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung im rechten Hüftgelenk mit posttraumatischer Verschleißreaktion, eine Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks mit Insuffizienz des hinteren Kreuzbandes, eine ausgedehnte Narbenbildung am rechten Bein, eine chronische Umfangvermehrung der Weichteile am rechten Kniegelenk sowie eine Minderbeschwielung der rechten Fußsohle festzustellen, die zu einer dauernden Beeinträchtigung des Beins von 60 % im Vergleich zu einem gesunden führe. Ferner sei der linke Daumen mit einem Grad von 20 % im Vergleich zu einem gesunden unfallbedingt geschädigt. Funktionelle Beeinträchtigungen durch Narbenbildungen am Brustkorb und an der rechten Hand seien nicht feststellbar. Ein Zusammenhang zwischen funktionellen Schäden der Halswirbelsäule und dem Unfall bestehe nicht. Der Verdacht auf eine diffuse Hirnschädigung sei nicht nachvollziehbar; die hirnfunktionelle Leistung des Klägers sei regelgerecht. Unter Berücksichtigung der Dienstaufgaben des Klägers sei eine Dienstunfähigkeit ab dem Ende des ersten Jahres nach dem Unfall nicht ableitbar.
Über ein parallel beim Versorgungsamt B. anhängiges Verfahren zur Feststellung einer Schwerbehinderung, in dem im Sommer 1999 ein Grad der Behinderung von 60 % festgestellt wurde, unterrichtete Herr B. die Klägerin während des Widerspruchsverfahrens nicht.
Nachdem sie ein weiteres amtsärztliches Gutachten vom 4. April 1999 (Anlage K 9, Bl. 36 ff. d. A.) eingeholt hatte, welches auch unter Würdigung des Gutachtens Dr. H. sowie unter Berücksichtigung einer von der Klägerin unter dem 31. März 1999 abgegebenen Stellungnahme zum Ergebnis der Arbeitsversuche des Beamten (Anlage K 5, Bl. 29 f. d. A.) an der Einschätzung einer nicht vollen Dienstfähigkeit des Herrn B. festhielt, wies die Klägerin mit Bescheid vom 4. Mai 1999 (Anlage K 10, Bl. 38 d. A.) den Widerspruch zurück. Die dagegen gerichtete Klage des Herrn B., die auf einen Verfahrensfehler wegen fehlender Anhörung der Hauptfürsorgestelle nach § 50 Abs. 2 des Schwerbehindertengesetzes gestützt war, wurde vom Verwaltungsgericht Göttingen mit Urteil vom 30. Januar 2001 (Bl. 149 ff. d. A.) zurückgewiesen. Dieses Urteil wurde am 2. März 2001 rechtskräftig, weil Herr B. kein Rechtsmittel einlegte.
Die Beklagte hatte bereits mit Schreiben vom 28. Juli 1999 (Anlage K 13, Bl. 45 f. d. A.) unter Berufung auf das Gutachten Dr. H. erklärt, eine über den 31. Dezember 1998 hinausgehende Dienstunfähigkeit des Herrn B. erkenne sie nicht mehr als Unfallfolge an; Zahlungen auf Erwerbsschäden hatte sie deshalb ab 1. Januar 1999 eingestellt.
Im Sommer 2001 wurde der Schwerbehindertengrad des Herrn B. auf 80 % heraufgesetzt. Dieser Grad der Beeinträchtigung wurde vom Medizinischen Dienst unter dem 10. Januar 2005 weiterhin für zutreffend erachtet (vgl. Stellungnahme Dr. S., Bl. 674 d. A.).
Mit ihrer bereits während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im März 2000 erhobenen Klage hat die Klägerin Erstattung von 95.937,37 DM nebst gestaffelter Verzugszinsen verlangt. Dabei handelt es sich um die vollen monatlichen Bruttobezüge des Herrn B. auf der Basis dessen weiterer (fiktiver) aktiver Tätigkeit im Dienst für den Zeitraum von Januar 1999 bis März 2000. Wegen der Beträge ab Juni 1999 hat die Klägerin sich dabei auf Ermächtigungserklärungen der Niedersächsischen Versorgungskasse (als zahlungspflichtiger Behörde für die Ruhegehaltsbezüge) vom 8. August 2001 (Bl. 185 d. A.) sowie des Herrn B. vom 15. August 2001 (Bl. 186 d. A.) gestützt. Unstreitig hat die Klägerin bis einschließlich März 2000 ihrem Beamten die vollen Dienstbezüge weitergezahlt.
Zur Begründung ihres Klaganspruchs hat die Klägerin vorgetragen, Herr B. sei infolge des Unfalls dienstunfähig geworden. Das folge aus den verschiedenen amtsärztlichen Gutachten, den fehlgeschlagenen Arbeitsversuchen und aus der Anerkennung einer Schwerbehinderung von anfangs 60 % und dann 80 % durch das Versorgungsamt B. Vorerkrankungen seien für die Dienstunfähigkeit nicht ausschlaggebend gewesen, da der Bluthochdruck zum Unfallzeitpunkt infolge medikamentöser Einstellung im Normbereich gelegen habe und die Achillessehnenruptur und der Innenmeniskusschaden ausgeheilt gewesen seien. Weitere Vorerkrankungen hätten nicht bestanden.
Über eine einsetzbare Restarbeitskraft verfüge Herr B. nicht. Die gutachterlichen Schlussfolgerungen des Dr. H. seien unzutreffend, da sie den Bewertungen sowohl des Amtsarztes als auch der behandelnden Ärzte an der Uniklinik G. widersprächen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 95.937,37 DM nebst 4 % Zinsen
- aus 29.312,15 DM seit dem 1. Juli 1999,
- aus 42.176,29 DM seit dem 28. Juli 1999,
- aus 48.208,36 DM seit dem 1. August 1999,
- aus 54.240,43 DM seit dem 1. September 1999,
- aus 60.272,50 DM seit dem 1. Oktober 1999,
- aus 66.304,57 DM seit dem 1. November 1999,
- aus 77.841,16 DM seit dem 1. Dezember 1999,
- aus 83.873,23 DM seit dem 1. Januar 2000,
- aus 89.905,30 DM seit dem 1. Februar 2000 und
- aus 95.937,37 DM seit dem 1. März 2000 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
Sie hat die Aktivlegitimation der Klägerin in Frage gestellt, soweit in der Klagforderung Versorgungsleistungen der Niedersächsischen Versorgungskasse und Verdienstausfallansprüche des Herrn B. enthalten seien. Im Übrigen hat sie unter Berufung auf das Gutachten Dr. H. die Dienstunfähigkeit des Herrn B. bestritten und dazu vorgetragen: Unfallbedingte kognitive Defizite des Herrn B. bestünden nicht. Die beklagten Wirbelsäulenbeschwerden beruhten ebenfalls nicht auf dem Unfall, sondern hätten degenerative Ursachen. Sie seien im Übrigen ebenso wie die hierauf zurückzuführenden vermeintlichen Sensibilitätsstörungen an den Händen und die vom Amtsarzt festgestellten orthopädischen Probleme an Hüfte und Knie zur Begründung einer Dienstunfähigkeit nicht ausreichend, da Herr B. eine überwiegend sitzende Tätigkeit ausübe und bei seiner konkreten Berufsausübung durch diese Beschwerden nicht beeinträchtigt werde. Eine Bindung an den Verwaltungsakt der Inruhestandversetzung bestehe insoweit nicht. Außerdem habe als weitere Vorerkrankung eine beginnende Gonarthrose in beiden Knien bestanden; auch ein nach dem Unfall festgestellter Rigor im rechten Arm (d. h. eine Bewegungsverarmung in der Motorik, die unter Umständen auf eine beginnende parkinsonsche Erkrankung hinweisen kann) sei nicht unfallursächlich. Die hierauf beruhenden Beschwerden könnten deshalb - soweit sie auf die Feststellung der Dienstunfähigkeit von Einfluss gewesen seien - nicht zu ihrem - der Beklagten - Nachteil zur Begründung einer zivilrechtlichen Schadensersatzpflicht herangezogen werden.
Ferner müsse sich die Klägerin entgegenhalten lassen, dass der Geschädigte B. gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil kein Rechtsmittel eingelegt habe, obwohl er dies zunächst gegenüber einem Mitarbeiter der Beklagten zugesagt habe und wegen unterlassener Beweisaufnahme des Verwaltungsgerichts auch gute Erfolgsaussichten bestanden hätten. Ferner müsse sich die Klägerin auf einen etwaigen übergegangenen Ersatzanspruch anrechnen lassen, dass Herr B. mit seiner vorhandenen erheblichen Restarbeitskraft ohne weiteres ein monatliches Einkommen von 5.000 DM erzielen könne, er aber gleichwohl keinerlei Bemühungen entfaltet habe, eine entsprechende anderweitige Arbeit zu finden.
Mit am 7. September 2001 verkündetem Urteil, auf das der Senat zur weiteren Sachdarstellung Bezug nimmt, hat das Landgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat ausgeführt: Die Klage sei, soweit die Klägerin die geltend gemachten Bezüge selbst gezahlt habe, aus § 95 NBG begründet. Im Übrigen sei die Klägerin aufgrund gewillkürter Prozessstandschaft zur Geltendmachung der Klagforderung berechtigt.
In der Sache sei die vom Verwaltungsgericht festgestellte Dienstunfähigkeit des Herrn B. für die Zivilgerichte bindend. Eine erneute Nachprüfung der Voraussetzungen der Dienstunfähigkeit könne nicht erfolgen. Auch der Einwand der Beklagten, die Dienstunfähigkeit beruhe nicht auf den Folgen des Verkehrsunfalls, greife nicht. Weil der Beamte vor dem Unfall ohne Einschränkungen gearbeitet habe, hätten die von der Beklagten aufgezeigten Vorerkrankungen bis dahin keinerlei Auswirkungen auf die Dienstfähigkeit gehabt. Aus den amtsärztlichen Stellungnahmen ergebe sich darüber hinaus, dass die Dienstunfähigkeit allein auf den Folgen des Verkehrsunfalls beruhe. Anhaltspunkte dafür, dass alle Unfallfolgen völlig ausgeheilt seien und sich stattdessen die Vorerkrankungen in ganz erheblichem Maße verschlechtert hätten, seien nicht erkennbar. Sie ergäben sich namentlich auch nicht aus dem Gutachten des Dr. H., denn auch dieser stelle fest, dass noch erhebliche Unfallfolgen vorhanden seien.
Die Höhe der Klagforderung sei von der Beklagten nicht substantiiert bestritten worden. Ein Mitverschulden aufgrund unterlassener Anfechtung des verwaltungsgerichtlichen Urteils treffe den Geschädigten B. nicht, weil dieser berechtigt gewesen sei, der Einschätzung seiner Anwälte über eine fehlende Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels zu folgen. Der Einwand einer Verdienstmöglichkeit des Herrn B. durch Verwertung seiner bestehenden Restarbeitskraft sei ohne ausreichende Substanz.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung, mit der sie ihr Ziel der Klagabweisung weiterverfolgt. Die Beklagte rügt im Wesentlichen Folgendes:
Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei die vom Verwaltungsgericht festgestellte Dienstunfähigkeit des Beamten B. im Zivilprozess nicht bindend. Die Annahme einer dahingehenden Bindungswirkung sei als Maßnahme zu Lasten Dritter unzulässig. Dementsprechend habe die Klägerin die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches beweisen müssen. Dazu gehöre zunächst ein innerer Zusammenhang zwischen der Versetzung des Herrn B. in den Ruhestand und den Unfallverletzungen. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass sowohl die von der Klägerin als auch die von der Beklagten vorgelegten ärztlichen Gutachten erhebliche, auffallende Divergenzen aufwiesen, weswegen das Landgericht selbst hätte Beweis erheben müssen. Dann hätte sich ergeben, dass die Konzentrationsstörungen, gelegentlichen Kopfschmerzen sowie eine vorzeitige Ermüdbarkeit nicht mit dem Unfallgeschehen in Zusammenhang gebracht werden könnten. Unfallbedingt sei lediglich eine allgemeine Minderung der Erwerbsfähigkeit von maximal 40 % aufgrund der Folgen der Hüftluxaktion, die aber gemessen an den konkreten Arbeitsplatzanforderungen nicht zu Einschränkungen der Dienstfähigkeit des Herrn B. führten.
Außerdem sprächen die zahlreichen vorliegenden Hinweise auf Anlageerkrankungen dagegen, dass die Inruhestandversetzung auf den Unfallverletzungen beruhe. Denn diese Vorerkrankungen (insbesondere der Bluthochdruck, die ausgeprägten Verschleißerscheinungen der Halswirbelsäule, die Gonarthrose beider Kniegelenke und der deutliche Rigor beider Arme als Hinweis auf eine parkinsonsche Erkrankung) seien schon für sich geeignet gewesen, eine vorzeitige Beendigung der dienstlichen Tätigkeit zu rechtfertigen.
Die Klägerin müsse sich ferner gemäß §§ 242, 254 BGB entgegenhalten lassen, dass sie eine gänzlich unzureichende und oberflächliche medizinische Begutachtung ihres Amtsarztes hingenommen habe, zumindest was den fachneurologischen Bereich betreffe.
Des Weiteren müsse sie sich entgegenhalten lassen, dass Herr B. seine Pensionierung nicht ernsthaft bekämpft, sondern stattdessen unter Vorspiegelung nicht vorhandener kognitiver Unfallfolgen aktiv auf eine Inruhestandsetzung hingewirkt habe. Zugleich entstehe der Eindruck, dass auch die Klägerin selbst an einer Pensionierung ihres Beamten interessiert gewesen sei, weil dieser offensichtlich überzählig gewesen sei. Das folge daraus, dass er vor dem Unfall langjährig zur Wahrnehmung von Aufgaben bei der Landesgartenschau abgeordnet gewesen sei.
Schließlich müsse sich die Klägerin auf einen etwaigen Schadensersatzanspruch - wie schon in erster Instanz entgegen der Auffassung des Landgerichts mit ausreichend Substanz vorgetragen - die möglichen, aber vorwerfbar nicht erzielten Einkünfte des Herrn B. aus einer anderweitigen Tätigkeit in Höhe von 5.000 DM monatlich anrechnen lassen. Ein weitergehender Vortrag müsse von ihrer - der Beklagten - Seite aus hierzu nicht erfolgen, da zunächst die Klägerin hierzu eine erweiterte Darlegungslast treffe. Die Klägerin müsse vortragen, welche unfallbedingten Schäden auch Alternativtätigkeiten des Herrn B. behinderten und in welchem Umfang dieser sich um ihm zumutbare Ersatztätigkeiten bemüht habe.
Einwendungen gegen die Prozessführungsbefugnis und Aktivlegitimation der Klägerin erhebt die Beklagte im Berufungsverfahren dagegen nicht mehr.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ferner hat sie im Wege der Anschlussberufung den Antrag angekündigt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr alle weiteren Aufwendungen zu ersetzen, die sie nach § 95 NBG ihrem (ehemaligen) Bediensteten D. B. aus Anlass des Verkehrsunfalls vom 25. Mai 1997 auf der B 446 erbringen muss.
Diesen Antrag hat die Klägerin in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat nach Erörterung der Rechtslage jedoch nicht gestellt, allerdings auch keine Antragsrücknahme erklärt.
Gegenüber dem Berufungsvorbringen der Beklagten verteidigt die Klägerin das angefochtene Urteil. Zur Begründung ihres Feststellungsbegehrens führt die Klägerin aus:
Sie verfolge nunmehr zum Zwecke der Rechtsklarheit vorsorglich auch die weiteren Schadensersatzansprüche aus übergegangenem Recht nach § 95 NBG selbst weiter, die aus Anlass des Unfallgeschehens über die bisher mit der vorliegenden Klage bezifferten Ansprüche hinaus entstünden. Diese Ansprüche habe Herr B. bisher selbst in einem gegen die Beklagte beim Landgericht Göttingen (2 O 272/01) anhängigen Rechtsstreit verfolgt, indem er dort mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2001 (Bl. 569 ff. d. A.) einen Feststellungsantrag hinsichtlich sämtlicher materieller und immaterieller Schäden aufgrund des Unfalls gestellt habe.
Die Beklagte beantragt,
durch Versäumnisurteil die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie erhebt insoweit die Einrede der Verjährung und trägt vor, der Geschädigte B. sei zur Geltendmachung von auf die Klägerin übergegangenen Ansprüchen weder legitimiert gewesen noch habe er solche Ansprüche geltend gemacht. Vielmehr ergebe sich aus dem Schriftsatz des Herrn B. vom 14. Dezember 2001 (vgl. insoweit Bl. 575 f. d. A.), dass Gegenstand der Klage des Herrn B. vor dem Landgericht Göttingen lediglich dessen eigener Verdienstausfallschaden in Form der Differenz zwischen dem bezogenen Ruhegehalt und den früheren Dienstbezügen sei.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung von Gutachten (u. a.) zu den unfallbedingten Gesundheitsbeeinträchtigungen des Herrn B. gemäß den Beschlüssen vom 12. September 2002 (Bl. 363 ff. d. A.), 24. Februar 2003 (Bl. 418 ff. d. A.), 3. April 2003 (Bl. 432 ff. d. A.), 25. Februar 2004 (Bl. 471 ff. d. A.), 9. Juli 2004 (Bl. 523 d. A.) und 30. Oktober 2006 (Bl. 691 ff. d. A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das unfallchirurgische Fachgutachten des Leitenden Oberarztes Dr. S. vom 4. November 2003, das neurologische Gutachten des Oberarztes Prof. Dr. M.V. vom 23. Februar 2005 nebst ergänzender Stellungnahme vom 4. Dezember 2006 sowie dessen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 8. Mai 2007 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Die verwaltungsgerichtliche Akte 3 A 3187/99 - Verwaltungsgericht Göttingen - lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
B. Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet (s. nachfolgend unter 1.). Die Anschlussberufung der Klägerin war ebenfalls zurückzuweisen (2.).
1.
Das Landgericht hat die Beklagte mit Recht zur Zahlung der von der Klägerin mit der ursprünglichen Klage geltend gemachten 95.937,37 DM (= 49.052 EUR) nebst Verzugszinsen verurteilt, sodass die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten keinen Erfolg hat.
a)
Die Klage ist zulässig.
aa)
Hinsichtlich der bis zur Inruhestandversetzung des Herrn B. (31. Mai 1999) gezahlten Dienstbezüge macht die Klägerin gemäß § 95 Satz 1 NBG auf sie selbst übergegangene Ansprüche geltend. Insoweit unterliegt deshalb ihre Prozessführungsbefugnis keinem Zweifel.
bb)
Ab 1. Juni 1999 war die Niedersächsische Versorgungskasse zur Gewährung von Ruhegehaltsbezügen wegen der mit Ablauf des 31. Mai 1999 wirksam gewordenen Pensionierung verpflichtet. Der gesetzliche Forderungsübergang aufgrund der an den Geschädigten B. erbrachten Leistungen erfolgte gemäß § 95 Satz 2 BGB daher auf sie, auch wenn die Klägerin - wie unstreitig ist - wegen des schwebenden Verwaltungsrechtsstreits zunächst weiterhin selbst die Dienstbezüge zahlte. Aufgrund der Ermächtigung der Niedersächsischen Versorgungskasse vom 8. August 2001 (Bl. 185 d. A.) ist die Klägerin aber zur Geltendmachung auch dieser Ansprüche im eigenen Namen berechtigt. Das erforderliche schutzwürdige Eigeninteresse der Klägerin (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., vor § 50 Rn. 44) an der Prozessführung im eigenen Namen liegt vor. Es folgt daraus, dass die Klägerin zunächst selbst für die Versorgungskasse durch eigene Zahlungen in Vorlage getreten ist.
Entsprechendes gilt aufgrund der Erklärung vom 15. August 2001 (Bl. 186 d. A.), soweit in den für die Zeit ab 1. Juni 1999 von der Klägerin geltend gemachten Zahlbeträgen Verdienstausfallansprüche des Geschädigten B. enthalten sind.
Beide Erklärungen (der Niedersächsischen Versorgungskasse und des Geschädigten B.) sind zudem vom Landgericht zutreffend dahingehend ausgelegt worden, dass die Klägerin darin nicht nur zur Prozessführung im eigenen Namen, sondern auch zur Geltendmachung einer Zahlung an sich selbst ermächtigt worden ist. Dem ist die Beklagte im Berufungsverfahren auch nicht weiter entgegengetreten.
b)
Die Anspruchshöhe wird von der Beklagten im Berufungsverfahren nicht angegriffen.
c)
Auch die sonstigen Anspruchsvoraussetzungen sind erfüllt.
aa)
Die Voraussetzungen für eine Zahlungspflicht der Klägerin bzw. der Niedersächsischen Versorgungskasse nach § 95 Satz 1, 2 NBG liegen vor. Da der Geschädigte B. nach den amtsärztlichen Gutachten vom 26. Oktober 1998 und 7. April 1999 im Jahr 1999 bis zum Zeitpunkt seiner Inruhestandsetzung mit Ablauf des 31. Mai 1999 dienstunfähig war, war die Klägerin aufgrund der beamtenrechtlichen Bestimmungen zur Weiterzahlung seiner Dienstbezüge verpflichtet. Ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Pensionierung traf aufgrund des bestandskräftig gewordenen Pensionierungsbescheides die Niedersächsische Versorgungskasse eine Pflicht zur Zahlung von Ruhegehalt. Da dieses hinter den aktiven Dienstbezügen zurückbleibt, liegt in Höhe des Differenzbetrages ferner ein Schaden des Geschädigten B. selbst vor, den die Klägerin aufgrund von dessen prozessualer Ermächtigung geltend machen darf.
An die Feststellung der Dienstunfähigkeit durch die Klägerin ist der Senat insoweit gebunden. Diese Entscheidung, die von der Klägerin als der hierfür zuständigen Behörde im Verwaltungswege zu treffen war, ist von den ordentlichen Gerichten nicht nachzuprüfen. Das gilt auch dann, wenn die Beurteilung zur Dienstunfähigkeit objektiv unrichtig gewesen sein sollte. Denn dies reicht grundsätzlich für die Annahme eines wegen Willkürs nichtigen Verwaltungsaktes nicht aus (vgl. BGH, VersR 1969, 538/538 unten, 539 oben).
bb)
Ferner besteht ein übergangsfähiger Ersatzanspruch des vom Versicherungsnehmer der Beklagten geschädigten Herrn B. gegen die Beklagte.
(1)
Es ist unstreitig, dass der Versicherungsnehmer der Beklagten den zugrundeliegenden Unfall, bei dem Herr B. die im Tatbestand des Urteils angegebenen Verletzungen erlitten hat, allein schuldhaft verursacht hat, sodass die Beklagte gemäß § 7 StVG i. V. m. § 3 PflVersG dem Geschädigten dem Grunde nach in vollem Umfang schadensersatzpflichtig ist.
(2)
Herr B. hat einen Erwerbsschaden erlitten, da er wegen seiner unfallbedingten Verletzungen zunächst krankgeschrieben und später pensioniert worden ist. Der Erwerbsschaden ist als adäquate Folge des Unfalls zu bewerten. Diese Frage hat der Senat - worauf die Beklagte zutreffend hinweist - selbständig zu entscheiden (vgl. BGH, VersR 1963, 1207/1208; BGH, VersR 1969, 538/539; OLG Koblenz, VersR 1997, 1288/1289). Sie ist zu bejahen, da es in Anbetracht der im Tatbestand wiedergegebenen und zwischen den Parteien insoweit unstreitigen schweren körperlichen Verletzungen im chirurgischen und orthopädischen Bereich, die sich der Geschädigte B. bei dem Unfall zugezogen hatte, nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit lag, dass der Geschädigte längere Zeit dienstunfähig erkranken und in der Folgezeit wegen verbleibender gesundheitlicher Beeinträchtigungen in Ruhestand versetzt werden könnte; vielmehr hat das Unfallgeschehen die Möglichkeit einer solchen Reaktion des Dienstherrn nicht unerheblich erhöht.
Bei der Bewertung der adäquaten Ursächlichkeit des Unfalls für die Pensionierung kommt es dagegen nicht darauf an, ob die Zurruhesetzung aufgrund der unfallbedingten Verletzungen sachlich geboten war, denn dies betrifft die der Beurteilung der Zivilgerichte entzogene Richtigkeit des Pensionierungsbescheides (vgl. BGH, VersR 1969, 539 unter III. im 2. Abs. und OLG Koblenz, VersR 1997, 1289 [OLG Koblenz 14.01.1996 - 5 U 1751/95]/1290). Es ist in diesem Zusammenhang lediglich zu prüfen, ob der verletzte Beamte tatsächlich wegen unfallbedingter körperlicher Beeinträchtigungen zur Ruhe gesetzt worden ist und die Zurruhesetzung nicht auf anderen Gründen - etwa auf der Absicht des Dienstherrn, sich eines unliebsamen Beamten zu entledigen - beruhte oder nur wegen anderweitiger, z. B. anlagebedingter Leiden erfolgt ist (vgl. BGH, VersR 1969, 538/539; OLG Koblenz, a. a. O.).
(a)
Aus dem Inhalt der amtsärztlichen Gutachten, auf die die Klägerin ihren Pensionierungsbescheid gestützt hat, ergibt sich, dass der Amtsarzt seine Beurteilung einer langfristigen Dienstunfähigkeit des Herrn B. allein auf von ihm als gegeben erachtete schwerwiegende Unfallfolgen gestützt hat. Dies hat der gerichtlich bestellte Sachverständige Prof. Dr. M.V. in seinem vom Senat eingeholten Ergänzungsgutachten vom 4. Dezember 2006 (dort S. 6) ausdrücklich bestätigt. Darauf, dass nach Einschätzung des Sachverständigen die Beurteilung des Amtsarztes zum Teil - nämlich hinsichtlich der angenommenen kognitiven Beeinträchtigungen des Klägers - fehlerhaft gewesen sei, kommt es in diesem Zusammenhang nach den oben stehenden Ausführungen nicht an.
(b)
Der Vortrag der Beklagten, die Klägerin habe in Wahrheit lediglich versucht, sich eines längst überflüssig gewordenen Beamten zu entledigen, ist ohne Substanz. Unstreitig hatte Herr B. nach der Beendigung seiner Abordnung zur Wahrnehmung von Aufgaben bei der Landesgartenschau bereits einige Zeit vor dem Unfall seine tatsächliche Tätigkeit als stellvertretender Amtsleiter im städtischen Hauptamt der Klägerin wieder aufgenommen; seine Stelle ist später wieder besetzt (und nicht etwa wegrationalisiert) worden, wobei die Neuausschreibung aber andererseits erst mehr als ein Jahr nach dem Unfall und nach Vorliegen des amtsärztlichen Gutachtens vom 26. Oktober 1998 erfolgt ist.
(c)
Die adäquate Ursächlichkeit des Verkehrsunfalls für die Pensionierung des Herrn B. entfällt auch nicht deswegen, weil der gerichtlich bestellte Sachverständige Prof. Dr. M.V. in seinen beiden Gutachten im Gegensatz zu dem von der Klägerin hinzugezogenen Amtsarzt zu dem Ergebnis gelangt ist, es gebe keinen verwertbaren Beleg für eine unfallbedingte oder unfallunabhängige substantielle Hirnschädigung oder sonstige bedeutsame neurologische Schäden. Zwar fehlte es von vornherein an den Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs im Verhältnis zwischen dem geschädigten Herrn B. und der Beklagten (mit der Folge, dass dann auch kein Anspruch auf die Klägerin bzw. die Niedersächsische Versorgungskasse übergehen könnte), wenn der Unfall überhaupt nicht zu einer körperlichen Beeinträchtigung des Herrn B. geführt hätte. Das wäre auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. M.V. gegebenenfalls dann zu erwägen, wenn hier ausschließlich kognitive Beeinträchtigungen des Herrn B. als Unfallfolgen im Raume stünden. Im vorliegenden Fall bestehen jedoch unstreitig erhebliche weitere Verletzungen im orthopädischen Bereich (Hüfte und rechtes Kniegelenk sowie linker Daumen). Die Pensionierung war zwar nicht allein, aber jedenfalls auch hierauf gestützt. Das ergibt sich zweifelsfrei aus dem Text des amtsärztlichen Gutachtens vom 26. Oktober 1998 ("... derzeit erhebliche Leistungseinschränkungen sowohl im körperlichen als auch im kognitiven Bereich ...") als auch aus dem Bericht über das Ergebnis der Arbeitsversuche im Jahr 1998 (Klagen des Beamten u. a. über Schmerzen beim Sitzen, Aufstehen und bei längerem Stehen). Ob diese Beschwerden bei objektiver Beurteilung für sich allein die Annahme einer Dienstunfähigkeit gerechtfertigt hätten, betrifft wiederum die inhaltliche Überprüfung des Pensionierungsbescheids und ist daher unter Zugrundelegung der eingangs zitierten Rechtsprechung des BGH der Beurteilungskompetenz des Senats entzogen.
In diesem Zusammenhang bedarf es daher weder einer weiteren Fortführung der Beweisaufnahme hinsichtlich der Einwendungen gegen das erste Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M.V. noch einer ergänzenden Beweisaufnahme dazu, ob die Unfallfolgen auf orthopädischem und internistischem Gebiet für sich genommen eine Inruhestandsetzung des Herrn B. objektiv gerechtfertigt hätten.
(d)
Dass allein anlagebedingte Leiden des Geschädigten ohnehin zu einer Pensionierung in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis 30. März 2000 geführt hätten, lässt sich mit der erforderlichen hinreichenden Gewissheit nicht feststellen. Die Achillessehnenruptur und der Meniskusschaden waren vor dem Unfall ausgeheilt. Etwaige Arthroseerscheinungen in den Kniegelenken rechtfertigten nach dem eigenen ausdrücklichen Vorbringen der Beklagten im Hinblick auf die überwiegend sitzende Tätigkeit des Herrn B. keine Pensionierung; gleiches gilt für die von der Beklagten auf degenerative Wirbelsäulenschäden zurückgeführten Sensibilitätsstörungen in den Händen. Der Bluthochdruck wurde vor dem Unfall medikamentös behandelt und beeinträchtigte Herrn B. bei der Dienstausübung bis zum Unfall nicht. Dass sich dieses Leiden nach dem Unfall richtunggebend verschlechtert hätte, trägt die Beklagte nicht mit Substanz vor. Hinsichtlich der nach Ansicht der Beklagten auf degenerative Vorschädigungen zurückzuführenden Wirbelsäulenbeschwerden ist der Beklagten das von ihr selbst zur Begründung ihres Vorbringens herangezogene Gutachten Dr. H. entgegenzuhalten, wonach jedenfalls im Februar 1999 noch keine signifikanten funktionellen Beeinträchtigungen der Wirbelsäulen und Armfunktionen festgestellt werden konnten (vgl. dessen Gutachten S. 14, Bl. 81 d. A.). Hinweise für eine deutliche Verschlechterung dieses Zustandes bis März 2000 hat die Beklagte nicht vorgetragen. Auch der Rigor in den Armen hätte nach den von der Beklagten nicht angegriffenen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M.V. im ersten Gutachten vom 23. Februar 2005 (S. 74) selbst zu jenem Zeitpunkt noch keine Zurruhesetzung gerechtfertigt.
(e)
Dass mittlerweile möglicherweise neben unfallbedingten orthopädischen Folgebeschwerden auch anlagebedingte Leiden die aktuelle gesundheitliche Situation des Geschädigten mitbestimmen, entlastet die Beklagte ebenfalls nicht von ihrer Schadensersatzpflicht. Vielmehr hat der Schädiger auch für solche Schäden aufzukommen, die durch das Zusammenwirken von anlagebedingten Leiden und Unfallfolgen eingetreten sind (vgl. Drees, VersR 1987, 739/744 m. w. N. in Fußnote 133).
cc)
Die Klägerin ist auch nicht gehindert, sich gegenüber der Beklagten wegen eigenen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens gemäß § 242 BGB auf die Zurruhesetzung ihres Beamten B. zu berufen. Hierfür hat die Beklagte keine ausreichenden Anhaltspunkte dargelegt. Angesichts der gravierenden Unfallfolgen allein im orthopädischen Bereich, der sich anschließenden Krankschreibungen durch Fachärzte, der Stellungnahmen des Amtsarztes, welcher im Übrigen auch nach Würdigung des von der Beklagten vorgelegten Gutachtens Dr. H. an seiner Einschätzung einer Dienstunfähigkeit des Herrn B. wegen körperlicher und kognitiver Beeinträchtigungen festgehalten hatte, und in Anbetracht des die Rechtmäßigkeit der Inruhestandsetzung bestätigenden verwaltungsgerichtlichen Urteils kann die Pensionierung des Herrn B. durch die Klägerin und ihre darauf gestützte Inanspruchnahme der Beklagten nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, selbst wenn die Feststellungen des Amtsarztes und eines universitären Facharztes (auf die sich der Amtsarzt bezogen hat) zu den kognitiven Beeinträchtigungen des Herrn B. sich nunmehr im Nachhinein bei erneuter sachverständiger Bewertung als unrichtig erweisen sollten (vgl. OLG Koblenz, a. a. O.). Die Klägerin durfte sich auf die durch eine fachärztliche Stellungnahme gestützte Einschätzung des Amtsarztes verlassen, zumal Dr. H. seine gegenteilige Annahme nicht auf einschlägiges fachärztliches Wissen stützen konnte, weshalb immerhin später der gerichtliche Sachverständige Dr. S. in seinem Gutachten vom 4. November 2003 (S. 14 unten) vorgeschlagen hat, die Bewertungen Dr. H. im fachneurologisch/fachpsychiatrischen Bereich zu verwerfen.
Mangels ausreichender eigener medizinischer Fachkenntnisse hatte die Klägerin selbst - jedenfalls im hier zu beurteilenden Zeitraum bis März 2000 - keinen Anlass, die bis zur Pensionierung vorliegenden sonstigen ärztlichen Stellungnahmen der behandelnden Ärzte einer eigenen kritischen Analyse zu unterziehen, bei der sich dann - wie der Sachverständige Prof. Dr. M.V. im Ergänzungsgutachten vom 4. Dezember 2006 (S. 6) ausgeführt hat - die Fehlerhaftigkeit der amtsärztlichen Bewertung und der dieser Bewertung zugrundeliegenden fachärztlichen Stellungnahme aufgedrängt hätte.
Auch der Amtsarzt hatte eine erneute Nachuntersuchung erst nach dem Ablauf von 2 bis 3 Jahren vorgeschlagen (vgl. Gutachten vom 26. Oktober 1998). Ob der Klägerin inzwischen vorgehalten werden könnte, die Dienstunfähigkeit des Herrn B. keiner erneuten Prüfung unterzogen zu haben, bedarf im vorliegenden Rechtsstreit keiner Entscheidung.
dd)
Der Klaganspruch ist schließlich nicht wegen einer Verletzung der Schadensminderungspflicht des Herrn B. selbst, welche sich auch die Klägerin und das Niedersächsische Versorgungsamt als Legalzessionäre entgegenhalten lassen müssten, zu kürzen.
(1)
Ein Mitverschuldenseinwand lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht daraus herleiten, dass der geschädigte Herr B. seine Pensionierung nicht ernsthaft bekämpft habe. Zwar hat er seinen Widerspruch lediglich mit dem von ihm gleichzeitig für unrichtig erklärten Gutachten Dr. H. begründet. Es bestehen jedoch keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür, dass Herr B. nicht jedenfalls subjektiv vom Bestehen seiner beklagten Beschwerden (auch im kognitiven Bereich) überzeugt war und diese auch auf den Unfall zurückführte, zumal er unstreitig vorher unter vergleichbaren Beeinträchtigungen nicht gelitten hatte. Aus einem möglicherweise verbesserten Gesundheitszustand im August 2002 (als Herr B. unstreitig zumindest vorübergehend wieder Motorrad fuhr), kann für den hier in Frage stehenden Zeitraum nichts anderes abgeleitet werden. Unter den dargelegten Umständen kann aber von einem Geschädigten nicht mehr verlangt werden, als Herr B. hier getan hat, nämlich die Bedenken gegen seine Dienstunfähigkeit, die der Schädiger ihm gegenüber geltend gemacht hat, an seinen Dienstherrn zur fachlichen Überprüfung weiterzuleiten und an einer ergänzenden amtsärztlichen Begutachtung unter subjektiv wahrheitsgemäßer Darstellung seiner Beschwerden mitzuwirken.
Dass der Geschädigte dann später gegen das die Rechtmäßigkeit der Inruhestandsetzung bestätigende verwaltungsgerichtliche Urteil kein Rechtsmittel mehr eingelegt hat, begründet ebenfalls keinen Mitverschuldenseinwand. Die Beklagte legt nicht mit Substanz dar, weshalb sich dem Geschädigten in Anbetracht des sorgfältig begründeten Urteils des Verwaltungsgerichts ein Erfolg eines solchen Vorgehens habe aufdrängen müssen.
(2)
Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Geschädigte B. unter bewusster Vorspiegelung nicht vorhandener kognitiver Unfallfolgen aktiv auf eine Inruhestandversetzung hingewirkt habe, hat die Beklagte nicht dargelegt.
Zwar mag es - worauf die Beklagte in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 14. Mai 2007 hingewiesen hat - Fallgestaltungen geben, bei denen ein ansonsten gesunder Unfallverletzter die Gelegenheit des Versuchs wahrnimmt, die Mühe der täglichen Arbeit bei weiterlaufenden gleich hohen Bezügen hinter sich zu lassen. Hierfür gibt es jedoch im vorliegenden Fall keine ausreichenden Hinweise. Soweit ersichtlich, ist in keinem der ärztlichen Berichte auf erkennbare Aggravationstendenzen des Geschädigten verwiesen worden; diese wären von den medizinisch erfahrenen behandelnden Ärzten andererseits wohl kaum unbemerkt und unerwähnt geblieben. Im Übrigen erfolgten erste Klagen des Geschädigten über "kognitive" Probleme im weitesten Sinne schon sehr frühzeitig, als eine Pensionierung noch gar nicht konkret im Raum stand. So klagte Herr B. beispielsweise noch während der stationären Behandlung in der Uniklinik G. Ende Juni 1997 über unspezifische Lesebeschwerden. Diese ließen sich bei einer Untersuchung durch Prof. V. zwar aus augenmedizinischer Sicht nicht erklären; schon Prof. V. zog aber seinerzeit die Möglichkeit einer Konzentrationsschwäche in Betracht (vgl. Zitat im Gutachten von Prof. Dr. M.V. vom 23. Februar 2005, S. 14). Die aus Anlass der ersten amtsärztlichen Untersuchung am 13. November 1997 (vgl. Zitat im Gutachten von Prof. Dr. M.V. vom 23. Februar 2005, S. 19) mitgeteilten Beschwerden in Form "chronischer linksparietaler Kopfschmerzen" sowie (wiederum) "Konzentrationsstörungen" wurden ebenfalls schon zu einem Zeitpunkt namhaft gemacht, als wegen noch ausstehender unfallbedingter Operationen die fortbestehende Dienstunfähigkeit ohnehin nicht in Frage gestellt war und die behandelnden Ärzte auch noch keine Wiedereingliederungsversuche in die berufliche Tätigkeit vorgeschlagen hatten (dies erfolgte erst mehrere Monate später). Selbst wenn nunmehr aufgrund der Begutachtung Prof. Dr. M.V. davon ausgegangen würde, dass die Beschwerden ihre Ursache nicht in unfallbedingten Hirn oder Nervenschädigungen haben können (was der Senat allerdings mangels Entscheidungserheblichkeit nicht abschließend zu entscheiden hat), erlaubt dies jedoch noch nicht im Umkehrschluss die Feststellung, dann müsse Herr B. sie bewusst wahrheitswidrig - quasi von langer Hand geplant und (wie die Beklagte im nicht nachgelassenen Schriftsatz offenbar behaupten will) im kollusiven Zusammenwirken mit dem das Vorhaben durchschauenden Universitätsprofessor Dr. B. - zur Vorbereitung seiner späteren Pensionierung vorgespiegelt haben, obwohl er sich auch subjektiv völlig gesund fühlte. Für eine derartige Überzeugungsbildung fehlt dem Senat vielmehr ein hinreichend tragfähiger Anhaltspunkt.
Dass Herr B. alsdann im Jahr 1999 die behandelnden Ärzte vermehrt um Ausstellung von Bescheinigungen über seine unfallbedingten Verletzungen bat, erklärt sich ohne weiteres daraus, dass die Beklagte inzwischen die Unfallursächlichkeit der von ihm geklagten Folgebeschwerden bestritt. Der Senat sieht deshalb keinen Anlass, den erstmals im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 14. Mai 2007 benannten Zeugen Dr. D. zu vernehmen. Dass dieser den Geschädigten als schwierigen Patienten empfand, sich von dessen wiederholten Vorsprachen "genervt" fühlte und den Eindruck gewonnen hatte, Herr B. wolle "nicht unbedingt" wieder zurück in das Arbeitsleben (so der Vortrag in dem Schriftsatz aus dem Parallelprozess vor dem Landgericht Göttingen, auf den sich die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 20. April 2007 [Bl. 758 unten d. A.] inhaltlich bezogen hatte [allerdings ohne die darin enthaltenen Beweise auch im vorliegenden Rechtstreit anzutreten]), lässt ebenfalls keinen hinreichend sicheren Rückschluss darauf zu, Herr B. habe die von ihm geklagten Beschwerden bewusst wahrheitswidrig vorgetäuscht. Abgesehen davon war, nachdem im Schriftsatz vom 20. April 2007 noch kein Zeugenbeweis angetreten war, die erstmals in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 14. Mai 2007 erfolgte Benennung des Zeugen D. ohnehin verspätet.
Auch im Übrigen gibt der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 14. Mai 2007 dem Senat keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
(3)
Die Beklagte macht darüber hinaus - insoweit grundsätzlich mit Recht - geltend, dass sie nicht zur Erstattung der Aufwendungen der Klägerin bzw. des Niedersächsischen Versorgungsamtes verpflichtet ist, soweit der verletzte Herr B. seinen Erwerbsschaden in zumutbarer Weise durch Verwertung einer ihm verbliebenen Arbeitskraft hätte mindern können (vgl. dazu z. B. BGH, VersR 1969, 538/539).
Dass der Geschädigte vorwerfbar gegen seine Verpflichtung aus § 254 Abs. 2 BGB, eine mögliche und zumutbare Ersatztätigkeit aufzunehmen, verstoßen hat, muss grundsätzlich die Beklagte als Anspruchsverpflichtete beweisen (vgl. Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 8. Aufl., Rn. 57 m. w. N.). Zwar trifft den Anspruchsteller zunächst eine sekundäre Darlegungslast für die ihm zumutbaren Arbeitsmöglichkeiten und seine dahingehenden Bemühungen (vgl. Küppersbusch, a. a. O.). Diesen Anforderungen hat aber hier die Klägerin durch ihr gesamtes Klagvorbringen einschließlich der dazu vorgelegten Unterlagen hinreichend Genüge getan. Zunächst geht die Beklagte selbst in der Berufungsbegründung von einer allgemeinen Minderung der Erwerbsfähigkeit des Herrn B. wegen der Hüftverletzung in einer Größenordnung bis 40 % aus. Schon daraus ergibt sich, dass Tätigkeiten, die mit körperlicher Belastung verbunden sind, dem Geschädigten nicht zumutbar sind. Die Klägerin hat ferner dargelegt, dass bei dem Arbeitsversuch des Herrn B. im Jahr 1998 wegen der orthopädischen Verletzungen auch Probleme beim Sitzen, Aufstehen und bei längerem Stehen aufgetreten sind. Sie hat außerdem auf Halswirbelsäulen-Beschwerden des Geschädigten B. verwiesen, die in dem Gutachten der Versorgungsstelle B. vom 5. Mai 1999 bestätigt worden sind und nach der Einschätzung des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. S. (vgl. dessen Gutachten vom 4. November 2003, S. 14) durchaus bei monotoner sitzender Tätigkeit Leistungseinschränkungen nach sich ziehen können. Auch wenn diese HWS-Beschwerden nicht unfallursächlich sein sollten, sondern - wie die Beklagte behauptet - degenerative Ursachen hätten, wäre es gleichwohl der Beklagten zuzurechnen, wenn Herr B. aus diesem Grund wegen der zusätzlichen unfallbedingten Hüftschäden nun nicht mehr beschwerdefrei sitzende Tätigkeiten ausüben könnte. Denn sie haftet auch für Folgen, für die der Unfall nur mitursächlich ist.
Auf der Basis dieses Vortrags bestanden für die Beklagte keine unangemessenen Schwierigkeiten, ihren Vortrag zu den fortbestehenden Arbeitsmöglichkeiten zu substantiieren. Sie hat aber nicht dargelegt, welche Art der beruflichen Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes Herr B. bei einem derart eingeschränkten gesundheitlichen Zustand dennoch ausführen könnte. Deshalb war die Klägerin auch nicht verpflichtet, näher zu entsprechenden konkreten Arbeitsbemühungen des Geschädigten vorzutragen, weil die Beklagte ihrem Vorbringen, es gebe keine auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwertbare Restarbeitsfähigkeit des Geschädigten, nicht ausreichend entgegengetreten ist.
Unabhängig davon könnte hier nach Auffassung des Senats selbst bei objektiv zu bejahender Restarbeitsfähigkeit dem Geschädigten - zumindest in dem hier in Frage stehenden Zeitraum zwischen Januar 1999 und März 2000 - nicht vorgeworfen werden, sich nicht von sich aus um eine anderweitige Tätigkeit bemüht zu haben. Denn grundsätzlich durfte er aufgrund der amtsärztlichen Atteste und der Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft mit 60 % (und ab 2001 sogar 80 %) zunächst ohne Verletzung eigener Obliegenheiten davon ausgehen, zu einer Arbeitstätigkeit nicht verpflichtet zu sein (vgl. dazu BGH, BGHZ 149, 63 - jurisRn. 12 a. E.).
2.
Das im Wege der gemäß § 521 ZPO a. F. zulässigen Anschlussberufung im Berufungsverfahren in den Rechtsstreit eingefügte Feststellungsbegehren der Klägerin war ebenfalls zurückzuweisen.
a)
Wie die Klägerin in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat bei der - der (unterbliebenen) Antragstellung vorangegangenen - Erörterung des Feststellungsbegehrens erklärt hat, stützt sie ihr Begehren in erster Linie auf weitere Erwerbsschadensansprüche des Geschädigten wegen dessen Pensionierung. Insoweit ist der Feststellungsantrag jedoch unzulässig, was zur Zurückweisung der Anschlussberufung mit ihrer Hauptbegründung führt, wobei hierbei ein sog. unechtes Versäumnisurteil vorliegt, weil die Entscheidung diesbezüglich nicht auf der durch das Nichtverhandeln entstandenen Säumnis der Klägerin, sondern dem Fehlen einer Prozessvoraussetzung beruht.
Weitere Erwerbsschadensansprüche aus dem Zeitraum ab April 2000 sind - da jetzt die Pensionierung bestandskräftig war - nicht bei der Klägerin, sondern nur beim Geschädigten B. selbst (hinsichtlich der Differenz zwischen dem Ruhegehalt und seinen früheren Dienstbezügen) sowie gemäß § 95 Satz 2 NBG bei der Niedersächsischen Versorgungskasse entstanden. Anders als bei den bezifferten Ansprüchen ist insoweit jedoch ein eigenes rechtliches Interesse der Klägerin an der Geltendmachung fremder Ansprüche nicht dargetan. Denn ab April 2000 ist die Klägerin nicht mehr mit Zahlungen in Vorlage getreten. Es ist daher nicht erkennbar und von der Klägerin auch nicht vorgetragen, inwieweit die Entscheidung über die Ersatzpflicht der Beklagten für künftige unfallbedingte Erwerbsschäden auf die eigene Rechtslage der Klägerin von Einfluss sein könnte. Mögliche Interessen der Prozesswirtschaftlichkeit genügen allein nicht, um eine zulässige Prozessstandschaft anzunehmen (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., vor § 50 Rn. 44 m. w. N.). Außerdem sind derartige prozesswirtschaftliche Gesichtspunkte ebenfalls nicht von der Klägerin dargelegt oder sonst erkennbar.
Abgesehen davon waren die eigenen Erwerbsschadensansprüche des Herrn B. bereits vor Erhebung der Anschlussberufung der Klägerin im Parallelrechtsstreit vor dem Landgericht Göttingen von diesem selbst geltend gemacht worden (vgl. Bl. 574 ff. d. A.). Insoweit steht der mit der Anschlussberufung anhängig gemachten Klagerweiterung auch der Einwand der anderweitigen Rechtskraft entgegen.
b)
Allenfalls bei einer eventuellen künftigen Wiederindienstsetzung des Beamten und dann auftretenden erneuten unfallbedingten Fehlzeiten ist ein eigener Schaden der Klägerin denkbar. Soweit die Klägerin in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, hilfsweise auch hierauf ihren Feststellungsantrag stützen zu wollen, war das insoweit zulässige Feststellungsbegehren auf den von der Beklagten gestellten Antrag ohne weitere Sachprüfung durch Versäumnisurteil zurückzuweisen (§ 542 Abs. 1 ZPO a. F.).
II.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91, § 92 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Einer Revisionszulassung bedurfte es hinsichtlich beider Parteien nicht (§ 545 Abs. 1, § 546 ZPO a. F.).
Streitwertbeschluss:
Bei der Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren für die Zeit ab 31. Dezember 2004 hat der Senat den Wert der Anschlussberufung der Klägerin in Anlehnung an § 17 Abs. 2 GKG a. F. mit 111.000 EUR (= [12 x 5 x 6.032,07 DM] x 60 % wegen bloßer Feststellung) berücksichtigt.
Wert der Beschwer
für die Beklagte: 49.052 EUR
für die Klägerin: 111.000 EUR.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird wie folgt festgesetzt:
bis 30. Dezember 2004: 49.052 EUR
ab 31. Dezember 2004: 160.052 EUR.