Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 22.06.2015, Az.: L 13 AS 107/15 B ER

Förderunterricht; Leistungsniveau; Lernziel; Schule; Versetzung

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
22.06.2015
Aktenzeichen
L 13 AS 107/15 B ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 44848
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG - 20.03.2015 - AZ: S 17 AS 35/15 ER

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Nicht allein die Versetzung, sondern auch ein ausreichendes Leistungsniveau ist ein wesentliches Lernziel i. S. des § 28 Abs. 5 SGB 2.

Die Annahme, eine erforderliche Lernförderung sei regelmäßig auf kurze Zeiträume beschränkt, wird den Realitäten des Schulalltags nicht gerecht.

Zur Prognose der Eignung und Erforderlichkeit im Einzelfall.

Tenor:

Der Beschluss des Sozialgerichts Stade – S 17 AS 35/15 ER – vom 20. März 2015 wird abgeändert.

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, für den Antragsteller die Kursgebühr für die Lernförderung am Lehrinstitut für Orthographie und Sprachkompetenz für den Zeitraum von März 2015 bis einschließlich Juli 2015 i. H. von monatlich 103,60 € vorläufig zu übernehmen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Gründe

Die am 22. April 2015 eingelegte Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Stade – S 17 AS 35/15 ER – vom 20. März 2015 ist gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Der Antragsteller macht monatliche Leistungen i. H. von 190,60 € geltend, die noch bis in das Jahr 2016 hinein anfallen (Ausnahme: August 2015) und die den für die Zulässigkeit der Beschwerde maßgeblichen Schwellenwert i. H. von 750,00 € bei einer Gesamtbetrachtung des Streitgegenstandes übersteigen, unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass laufende Bewilligungszeiträume nach § 41 Abs. 1 Satz 4 Sozialgesetzbuch (SGB), Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitsuchende – regelmäßig sechs Monate umfassen.

Die Beschwerde ist auch teilweise begründet. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Voraussetzungen hat das SG den am 4. März 2015 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht vollständig abgelehnt, denn der Beschwerdeführer hat einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund im Hinblick auf die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II teilweise glaubhaft gemacht, hier in Gestalt eines Anspruchs auf Lernförderung nach § 28 Abs. 5 SGB II im Zeitraum ab Anbringung des Eilantrags bis zum Schuljahresende im Umfang von 1 ½ Stunden wöchentlich. Die darüber hinaus gehende Beschwerde ist nicht begründet.

Bei Schülerinnen und Schülern wird nach § 28 Abs. 5 SGB II eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen.

1. Eine Förderung, die über den Umfang von 1 ½ Stunden bis zum Schuljahresende hinausgeht, kommt nicht in Betracht, da insoweit die Eignung und Erforderlichkeit zur Erreichung der wesentlichen Lernziele – wie immer diese definiert werden – i. S. des § 28 Abs. 5 SGB II nicht glaubhaft gemacht ist.

Der Antragsteller, der zuvor über einen längeren Zeitraum Lernförderung im LOS im Umfang von 1 ½ Stunden wöchentlich erhalten hatte, hat gemäß Vertragsschluss seiner Mutter als seiner gesetzlicher Vertreterin vom 18. Dezember 2014 diese Lernförderung  in ihrem Umfang aufgestockt. Diesen erhöhten Umfang sieht der Senat aufgrund der schulischen Gesamtleistungen des Antragstellers und seiner bereits erheblichen Belastung mit Förderunterricht und Nachhilfe als nicht gerechtfertigt an, zumal auch seitens der Lehrkräfte der vom Antragsteller besuchten Schule, der IGS H., unter dem 9. März 2015 lediglich ausgeführt ist, sie sähen „eine weitere additive Förderung“ im Fach Deutsch als hilfreich an und würden die Fortführung begrüßen. Die Stellungnahme des LOS vom 30. März 2015 überzeugt den Senat nicht unmittelbar von der Notwendigkeit der Intensivierung der Förderung, zumal sie von wirtschaftlichen Erwägungen getragen sein mag. Das Zusammenkommen von regulärem Unterricht, Förderunterricht in mehreren Fächern und 1 ½-stündiger zusätzlicher Nachhilfe in Deutsch nebst der Notwendigkeit jeweiliger Nacharbeitung führt bei einem durchschnittlichen Schüler regelmäßig zu einer Vollbelastung mit Schulstoff in einer Weise, dass eine weitere Intensivierung nicht sinnvoll erscheint. Warum dies beim Antragsteller anders sein sollte, ist nicht dargetan. Im Gegenteil weist dieser gemäß dem jüngsten Lernentwicklungsbericht vom 30. Januar 2015 bei der Konzentrationsfähigkeit in Bezug auf Zeiteinteilung und Ausdauer deutliche Defizite auf. Die Ausweitung der Förderung auf den doppelten Zeitrahmen könnte vor diesem Hintergrund eine Maßnahme aus der Verzweiflung heraus sein, dass der vorherige Förderumfang sich als ineffektiv gezeigt hat, was aber vielfältige Ursachen haben kann – eine nicht auszuschließende, wenn nicht sogar wahrscheinliche Ursache aufgrund der Einschätzungen des Lernentwicklungsberichts könnte mangelnde Mitarbeit des Antragstellers sein. Dies aber kann nicht dazu führen, dass eine Verdopplung der Unterrichtszeiten als erforderlich oder auch nur als sinnvoll angesehen werden könnte. Dass die Mutter des Antragstellers mit erfolgtem Vertragsschluss insoweit Fakten geschaffen hat, und dies sogar über das Schuljahresende hinaus, ändert an der Einschätzung nichts.

2. Demgegenüber erscheint dem Senat die Fortführung des bisherigen Lernförderumfangs, zunächst jedenfalls bis zum Schuljahresende, zur Erreichung der Lernziele zweckmäßig und erforderlich. Auf die zusätzliche Lernförderung besteht ein Rechtsanspruch, ein Ermessen ist der Verwaltung nicht eingeräumt (Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 28, Rdn. 158).

a) Lernziel ist hierbei nicht allein die Versetzung. Auch ein ausreichendes Leistungsniveau ist ein wesentliches Lernziel, und gerade die Fähigkeit des Schreibens wirkt sich auf die Leistung in allen Schulfächern und vor allem auch in wesentlichen Lebensbereichen aus (so bereits Landessozialgericht - LSG - Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28. Februar 2012 – L 7 AS 43/12 B ER – juris Rdn. 21). Dies gilt auch für die spätere Erlangung eines Ausbildungsplatzes, die weitere Entwicklung im Beruf und damit die Fähigkeit, den Lebensunterhalt aus eigenen Kräften bestreiten zu können (LSG Niedersachsen-Bremen, a. a. O.).

b) Eine Maßnahme ist geeignet, wenn mit dieser der gewünschte Erfolg zumindest gefördert werden kann. Danach kann eine Eignung der Lernförderung bejaht werden, wenn die Maßnahme nach der zu stellenden Prognose die Aussichten, dass der betroffene Schüler das wesentliche Lernziel erreicht, verbessert. Zusätzlich muss es nach der zu stellenden Prognose möglich erscheinen, dass der Schüler - auch durch die geplante Lernförderung - in die Lage versetzt wird, das wesentliche Lernziel zu erreichen (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28. März 2013 – L 15 AS 62/13 B ER – juris Rdn. 5, mit Verweis auf O. Loose, in: GK-SGB II, § 28 Rdn. 106; Herold-Tews, in: Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl. 2011, § 28 Rdn. 16).

Soweit nach der Gesetzesbegründung Lernförderung in der Regel nur kurzzeitig notwendig sein soll, um vorübergehende Lernschwächen mit Blick auf das Versetzungsziel in die nächste Schulklasse zu beheben (Luik, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 28 Rdn. 42, m. w. Nachw.; SG Berlin, Urteil vom 12. Juni 2012 – S 172 AS 3565/11 – juris Rdn. 90), so hat dies im Gesetzeswortlaut keinen hinreichenden Ausdruck gefunden (so zutreffend SG Dortmund, Urteil vom 20. Dezember 2013 – S 19 AS 1036/12 – juris Rdn. 33, mit Verweis auf SG Marburg, Beschluss vom 1. November 2012 – S 5 AS 213/12 ER und SG Itzehoe, Beschluss vom 22. August 2013 – S 10 AS 156/13 ER; kritisch auch Thommes, in: Gagel, SGB II, § 28 Rdn. 33).

Der Wortlaut erfordert allein die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Lernförderung, eine zeitliche Grenze lässt sich ihm nicht entnehmen. Zwar ist bei der Auslegung von Gesetzen auch der – verobjektivierte – Wille des Gesetzgebers maßgebend, nach den anerkannten Auslegungskriterien sind daneben jedoch auch der Sinn und Zweck des Gesetzes sowie der Wortlaut (welcher zugleich die Grenze der möglichen Auslegung bildet) bei der Auslegung zu berücksichtigen.

Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung war die Umsetzung eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09, 3/09, 4/09, Rdn. 192, 197), wonach es für die vollständige Gewährleistung des Existenzminimums eines Schulkindes erforderlich ist, auch einen durch den Schulbesuch entstehenden zusätzlichen Bedarf hinreichend abzudecken, weil ohne die Deckung dieses Bedarfs der Ausschluss von Lebenschancen droht. Ohne hinreichende staatliche Leistungen bestehe die Gefahr, dass Schulkinder aufgrund des Bezugs von Leistungen zur Grundsicherung in ihren Möglichkeiten eingeschränkt werden, später ihren Lebensunterhalt aus eigenen Kräften bestreiten zu können (BVerfG, a.a.O, Rdn. 192, 197). Durch eine pauschale Begrenzung des Anspruchs würde jedoch die Verwirklichung dieser Chancengerechtigkeit gerade nicht erreicht werden. Dies hat bereits das SG Dortmund im genannten Urteil vom 20. Dezember 2013 – a. a. O. – überzeugend dargelegt. Auch macht entgegen der Ansicht des SG Stade in dem angefochtenen Beschluss die Zuständigkeit der Länder für das Schul- und Bildungswesen die fürsorgerechtliche Berücksichtigung eines längerfristigeren Nachhilfebedarfs nicht entbehrlich, solange und soweit entsprechende landesrechtliche Ansprüche auf kostenlose Nachhilfe nicht bestehen (vgl. BVerfG a. a. O. Rdn. 197).

Die Annahme, eine erforderliche Lernförderung in einem Schulfach sei regelmäßig auf kurze Zeiträume von wenigen Wochen oder Monaten beschränkt, wird den Realitäten des Schulalltags nicht gerecht und ist wenig lebensnah (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28. März 2013 – L 15 AS 62/13 B ER – juris Rdn. 5). Dies zeigt auch der Fall der Erforderlichkeit der Behebung einer Rechtschreibschwäche besonders eindrucksvoll, die in wenigen Wochen nicht zielführend erledigt werden kann. Wenn auch der Gesetzgeber davon ausgehen mag, dass eine zusätzliche Lernförderung regelmäßig nur kurzfristig notwendig ist, um vorübergehende Lernschwächen zu beheben, so findet sich eine nähere Begründung für diese Auffassung in der Gesetzesbegründung nicht, und Lernschwächen, insbesondere auch von Schülerinnen und Schülern aus einkommensschwachen Haushalten, beruhen nach den Erfahrungen der Schulpraxis häufig auf Defiziten, die gerade nicht kurzfristig beseitigt werden können. Der Gesetzeswortlaut selbst enthält zudem kein Tatbestandsmerkmal, welches den Anspruch auf Lernförderung generell und ausdrücklich in zeitlicher Hinsicht einschränkt (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28. März 2013 – a. a. O. – unter Hinweis auf Leopold, in: jurisPK-SGB II, § 28 Rdn. 110).

Eine unter Umständen sogar mehrjährige Lernförderung hält vor diesem Hintergrund das Sächsische LSG für möglich (Beschluss vom 18. Dezember 2014 – L 2 AS 1285/14 B ER – juris Rdn. 26 f.; Leopold, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 28, Rdn. 157.1), und der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Überzeugend hat das Sächsische LSG (a. a. O. – juris Rdn. 27) dargelegt, gegen eine generell nur kurzzeitig mögliche Förderung spreche auch der Sinn der Vorschrift, bezogen auf den Nachhaltigkeitsaspekt sowie den Zusammenhang zwischen Bildung und Armutsbekämpfung (mit Hinweis auf BT-Drucks. 17/3404, S. 45). Dem Grundsicherungsträger bleibe es zwar unbenommen, wegen der immer wieder zu aktualisierenden Prognose die Leistungen nach § 28 Abs. 5 SGB II für kürzere Zeiträume (z. B. halbjahresweise) zu bewilligen; er könne jedoch nicht bei im Einzelfall bestehender Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Leistungen diese allein unter Verweis auf die etwaige, schon seit längerem erbrachte Leistungen ablehnen.

Mit ähnlicher Aussagerichtung hat  etwa  das SG Itzehoe (Beschluss vom  22.  August  2013  – S 10 AS 156/13 ER – juris Rdn. 24) dargelegt, der Hinweis in der Gesetzesbegründung auf einen bloß vorübergehenden Bedarf solle nur verdeutlichen, dass bei strukturellen Defiziten, die auf eine Überforderung des Schülers beim Besuch einer höheren Schule hindeuten, kein Anspruch auf Lernförderung besteht. In diesem Fall sei vielmehr die Schulform zu wechseln; auch diesen Ausführungen schließt sich der Senat an.

c) Auch hinsichtlich der Prognose der Eignung und Erforderlichkeit ist zwar in die Betrachtung mit einzubeziehen, dass der Antragsteller gemäß dem jüngsten Lernentwicklungsbericht vom 30. Januar 2015 mittlerweile in vielen Schulfächern erhebliche Schwächen aufweist, neben Deutsch insbesondere auch in Mathematik und Englisch, und er neben Defiziten in Arbeitsorganisation und Konzentration offenbar auch Schwierigkeiten hat, sich an die Regeln der Schule zu halten. Der Lernentwicklungsbericht zeichnet ein Bild eines nicht besonders motivierten und in seinen Leistungen mäßigen Schülers, so dass die Zweckmäßigkeit einer Fortführung kostenintensiver außerschulischer Förderung im konkreten Einzelfall nach Ablauf des laufenden Schuljahres durchaus hinterfragt werden kann.

Bislang ist nicht belegt, dass der Antragsteller in der zusätzlichen Lernförderung nicht nur konzentriert und motiviert mitarbeitet, sondern dass er diese auch nacharbeitet und dass die Förderung nach alledem effektiv ist.

Jedoch ändert dies nichts an der Einschätzung, dass der Antragsteller glaubhaft gemacht hat, dass die Fortführung der Lernförderung bis zum Abschluss des Schuljahres geeignet und erforderlich sein kann, da sie in der Vergangenheit Nutzen gezeigt hat und die Feststellung, dies habe sich mittlerweile geändert, dem Senat nach der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung der prognostischen Weiterentwicklung der schulischen Kompetenzen des Klägers nicht mit ausreichender Sicherheit möglich ist. Zwar ist im Bereich der Leistungen nach dem SGB II die Erfolgsaussicht der Hauptsache grundsätzlich nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05 zitiert nach Juris). Ist dem Gericht im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sachlage – wie hier bei einer komplexen Prognose – indes nicht möglich, so muss anhand einer Folgenabwägung entschieden werden, wobei die grundrechtlichen Belange des Antragstellers einzubeziehen sind (Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 21. Dezember 2011 – L 6 AS 190/11 B ER –, juris Rdn. 33). Dies führt zur Bejahung der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs jedenfalls bis zu den Sommerferien, dies in eingeschränktem Umfang von 1 ½ Stunden wöchentlich.

3. Soweit der Antragsteller mit seinem Eilantrag u. a. auch noch Leistungen für die Vergangenheit geltend machen sollte, fehlt es – anders als hinsichtlich der laufenden Nachhilfekosten - bereits an einem Anordnungsgrund. In Bezug auf Zeiträume vor Eingang des Eilantrages bei Gericht kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (s. z. B. Beschl. vom 22. August 2011 - L 13 AS 232/11 B ER - m. w. Nachw.) der Erlass einer einstweiligen Anordnung im Grundsicherungsrecht nur in wenigen Ausnahmefällen in Betracht. Die Befriedigung eines vergangenen Bedarfs kann zulässigerweise im einstweiligen Rechtsschutzverfahren in aller Regel nicht mit Erfolg durchgesetzt werden, weil das sozialgerichtliche Eilverfahren nur der Behebung einer aktuellen Notlage dienen soll. Eine solche aktuelle Notlage muss die Qualität erreichen, dass die gegenwärtige Lebenssituation vor dem Hintergrund der Wahrung der Menschenwürde sofortige Abhilfe erforderlich macht; anderenfalls kann ein vergangener Bedarf im Eilverfahren nicht nachträglich Berücksichtigung finden. Die bloße Belastung mit Verbindlichkeiten aufgrund vergangener Lebenssachverhalte, die gegenwärtig mangels verfügbarer Mittel nicht gezahlt werden können, genügt regelmäßig nicht, um ein entsprechendes Eilbedürfnis zu begründen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).