Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 03.06.2015, Az.: L 2 EG 4/15

Elterngeld trotz fehlender Aufenthaltserlaubnis; Maßgeblichkeit der Entscheidung der Ausländerbehörde; Rückwirkende Aufhebung einer Aufenthaltserlaubnis; Kein Anspruch auf Elterngeld auch bei rückwirkender Aufhebung einer zunächst erteilten Aufenthaltsgenehmigung

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
03.06.2015
Aktenzeichen
L 2 EG 4/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 22297
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2015:0603.L2EG4.15.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Braunschweig - AZ: S 7 EG 2/14

Redaktioneller Leitsatz

1. Erforderlich für den Bezug von Elterngeld ist ein für die Bezugszeit geltender Verwaltungsakt der Ausländerbehörde; das Aufenthaltsrecht muss also durch die Ausländerbehörde bereits zu Beginn des Leistungszeitraumes förmlich festgestellt sein.

2. Nicht ausreichend ist hingegen ein materiell-rechtlicher Anspruch auf einen entsprechenden Aufenthaltstitel; es ist nicht Aufgabe der für die Bewilligung von Elterngeld zuständigen Behörden, darüber zu entscheiden, ob einem Ausländer ein zum Leistungsbezug berechtigender Titel zusteht.

3. Hat die Ausländerbehörde eine zunächst erteilte Aufenthaltserlaubnis nachfolgend rückwirkend ab dem Zeitpunkt ihrer Erteilung bestandskräftig aufgehoben, dann ist diese auch unter dem Gesichtspunkt eines Elterngeldanspruchs als nicht erteilt zu betrachten.

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Elterngeld für die Betreuung ihres am 25. Mai 2013 geborenen Kindes G ...

Die am 1. April 1987 geborene Klägerin ist syrische Staatsangehörige. Im September 2006 beantragte sie die Erteilung eines Visums für die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland und legte eine Heiratsurkunde des syrischen Standesamtes H./I. vom 31. August 2006 vor, wonach die Klägerin dort im August 2006 mit einem irakischen Staatsangehörigen J. K. die Ehe geschlossen hatte. Beigefügt war ferner eine die Heirat bestätigende Bescheinigung des Schariaagerichts in I ... Der Klägerin wurde zunächst eine Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Abs. 1 AufenthG erteilt; diese wurde in der Folgezeit mehrfach verlängert.

Der geltend gemachte Ehemann war im Mai 2000 unter dem Namen J. K. in das Bundesgebiet eingereist und hatte sich als irakischer Staatsangehöriger ausgegeben. Im Asylverfahren wurden seinerzeit bezogen auf den Herkunftsstaat Irak die Voraussetzungen eines sog. kleinen Asyls nach § 51 Abs. 1 des damaligen AuslG festgestellt. Er erhielt daraufhin zunächst eine Aufenthaltsbefugnis nach dem AuslG und später eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG und schließlich im Juli 2007 eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG.

Im Zuge eines im Oktober 2008 eingeleiteten Einbürgerungsverfahrens legte er irakische Personaldokumente vor, welche bei nachfolgend eingeleiteten kriminalpolizeilichen Ermittlungen als Fälschungen eingestuft wurden. Daraufhin räumte der Betroffene ein, dass er gar nicht aus dem Irak stamme, sondern dass er der syrische Staatsangehörige J. L. sei.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nahm daraufhin die zuvor getroffene Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich des Iraks bezogen auf J. L. alias J. K. zurück.

Mit Bescheid vom 20. Oktober 2011 nahm ferner die Ausländerbehörde gestützt auf § 48 VwVfG gegenüber der Klägerin alle ihr erteilten Aufenthaltstitel rückwirkend ab dem 26. Oktober 2006 zurück. Zugleich wurden auch gegenüber ihrem Partner alle erteilten Aufenthaltstitel zurückgenommen, und zwar rückwirkend ab dem 28. Juni 2000. Zur Begründung erläuterte die Ausländerbehörde u.a., dass die von der Klägerin im Rahmen der Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis vorgelegte Heiratsurkunde einschließlich der beigefügten Bestätigung des Schariaagerichts als Totalfälschungen anzusehen seien. Der Bescheid vom 20. Oktober 2011 ist bestandskräftig geworden.

Mit diesem Bescheid wurden die Klägerin und ihr Partner formal zugleich aufgefordert, binnen drei Monaten das Bundesgebiet zu verlassen; zugleich hielt die Behörde jedoch fest, dass der Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen infolge einer Zusicherung nicht geplant sei. Unter dem Datum vom 27. Oktober 2011 wurde der Klägerin eine Aussetzung der Abschiebung (Duldung) ausgesprochen. Am 28. November 2011 erteilte die Ausländerbehörde eine zunächst bis zum 27. Mai 2012 befristete und nachfolgend wiederholt verlängerte Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG wurde der Klägerin am 4. November 2013 erteilt.

Nachdem ihre beiden älteren Kinder M. am 11. November 2009 und N. am 7. Oktober 2011 im Bundesgebiet geboren waren, erfolgte am 25. Mai 2013 die Geburt des jüngsten Kindes G ...

Am 4. Juni 2013 beantragte die Klägerin die Gewährung von Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate ihres Kindes G ...

Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Juni 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2014 mit der Begründung ab, dass die Klägerin sich angesichts der 2011 rückwirkend ausgesprochenen Aufhebung aller vorausgegangenen Aufenthaltstitel nicht in der von § 1 Abs. 7 Nr. 3 BEEG geforderten Weise seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufgehalten habe.

In einem weiteren Rechtsstreit der Klägerin (S 7 EG 2/12) hat die Beklagte hingegen in der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2014 vor dem Sozialgericht Braunschweig den Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Elterngeld für die Betreuung ihres am 7. Oktober 2011 geborenen Kindes N. anerkannt.

Mit der am 15. April 2014 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin dieses Begehren auch für ihr am 25. Mai 2013 geborenes Kind G. weiter.

Mit Gerichtsbescheid vom 16. Januar 2015, der Klägerin zugestellt am 21. Januar 2015, hat das Sozialgericht Braunschweig die Klage abgewiesen. Auch nach Auffassung des Sozialgerichts hatte die Klägerin im streitbetroffenen Zeitraum noch nicht den nach § 1 Abs. 7 Nr. 3 BEEG erforderlichen mindestens dreijährigen rechtmäßigen, gestatteten oder geduldeten Aufenthalt im Bundesgebiet zurückgelegt.

Zur Begründung ihrer am 12. Februar 2015 eingelegten Berufung verweist die Klägerin auf den Beschluss des BVerfG vom 10. Juli 2012 sowie auf die Gewährung von Elterngeld für ihr zweites Kind N ... Eine abweichende Beurteilung des Elterngeldanspruchs bezogen auf ihr jüngstes Kind G. komme schon angesichts des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG nicht in Betracht.

Die Klägerin beantragt,

1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Braunschweig vom 16. Januar 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 12. Juni 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2014 aufzuheben und

2. die Beklagte zur Gewährung von Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate ihres Kindes G. zu verpflichten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass das Anerkenntnis eines Elterngeldanspruchs bezogen auf das ältere Kind N. irrtümlich "in Unkenntnis der tatsächlichen Rechtslage" abgegeben worden sei. Da die Klägerin nicht die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen erfülle, komme eine Gewährung des im vorliegenden Verfahren streitigen Elterngeldes für das jüngste Kind G. nicht in Betracht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Elterngeld für die Betreuung ihres jüngsten Kindes N. in den ersten zwölf Lebensmonaten, da sie seinerzeit (ebenso wie auch in den beiden nachfolgenden - grundsätzlich ebenfalls nach § 4 Abs. 1 BEEG als Bezugszeitraum in Betracht kommenden - Lebensmonaten des Kindes, d.h. im 13. und 14. Monat) nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen solchen Anspruch erfüllt hat.

Allerdings hatte die Klägerin im streitbetroffenen Zeitraum ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, sie lebte mit ihren drei Kindern und insbesondere auch mit dem jüngsten Kind Lamar in einem Haushalt und hat insbesondere auch dieses Kind selbst betreut und erzogen und jedenfalls keine volle Erwerbstätigkeit ausgeübt (vgl. dazu § 1 Abs. 1 BEEG).

Die Klägerin erfüllt jedoch nicht die weiteren in § 1 Abs. 7 BEEG geforderten Voraussetzungen. Nach dieser Vorschrift ist ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin nur anspruchsberechtigt, wenn diese Person (Nr. 1) eine Niederlassungserlaubnis besitzt, (Nr. 2) eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde (a) nach § 16 oder § 17 des Aufenthaltsgesetzes erteilt, (b) nach § 18 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes erteilt und die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit darf nach der Beschäftigungsverordnung nur für einen bestimmten Höchstzeitraum erteilt werden, (c) nach § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in ihrem Heimatland oder nach den §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt, (d) nach § 104a des Aufenthaltsgesetzes erteilt oder (Nr. 3) eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und (a) sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält ...

Der von der Klägerin herangezogene Beschluss des BVerfG vom 10. Juli 2012 (- 1 BvL 2/10, 1 BvL 3/10, 1 BvL 4/10, 1 BvL 3/11 -, BVerfGE 132, 72) hat dieses gesetzliche Erfordernis eines mindestens dreijährigen Aufenthalts nach § 1 Abs. 7 Nr. 3 Buchstabe a BEEG nicht modifiziert; das BVerfG hat ausdrücklich klargestellt, dass lediglich der im Gesetz vorgesehene Ausschluss ausländischer Staatsangehöriger, denen der Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erlaubt ist und die keines der in (§ 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 und) § 1 Abs. 7 Nr. 3 Buchstabe b BEEG genannten Merkmale der Arbeitsmarktintegration erfüllen, vom Bundeserziehungsgeld und vom Bundeselterngeld gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verstößt; die vorstehend erläuterte Regelung des § 1 Abs. 7 Nr. 3 Buchstabe a BEEG wird davon nicht erfasst.

Als syrische Staatsangehörige zählt die Klägerin zu den nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländern. Im streitbetroffenen Zeitraum verfügte sie über eine Aufenthaltserlaubnis, welche anfänglich nach § 25 Abs. 5 AufenthG und ab November 2013 nach § 25 Abs. 3 AufenthG erteilt worden war.

Solche Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 3 bzw. 5 AufenthG begründen nach den erläuterten gesetzlichen Vorgaben nicht als solche einen Anspruch auf Gewährung von Elterngeld, sondern nur dann (Nr. 3a) wenn sich der Inhaber seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält.

An dem Erfordernis eines vorausgegangenen mindestens dreijährigen rechtmäßigen, gestatteten oder geduldeten Aufenthalts fehlt es im vorliegenden Zusammenhang.

Erforderlich für den Bezug von Elterngeld ist ein für die Bezugszeit geltender Verwaltungsakt der Ausländerbehörde. Das Aufenthaltsrecht muss also durch die Ausländerbehörde bereits zu Beginn des Leistungszeitraumes förmlich festgestellt sein. Nicht ausreichend ist hingegen ein materiell-rechtlicher Anspruch auf einen entsprechenden Aufenthaltstitel. Es ist nicht Aufgabe der für die Bewilligung von Elterngeld (entsprechend wie bei dem früher in Betracht kommenden Erziehungsgeld) zuständigen Behörden, darüber zu entscheiden, ob einem Ausländer ein zum Leistungsbezug berechtigender Titel zusteht. Insoweit kommt der Entscheidung der Ausländerbehörde Tatbestandswirkung zu. Die Erteilung eines solchen Titels entfaltet bezogen auf einen Anspruch auf Erziehungs- bzw. Elterngeld selbst dann keine rückwirkende Kraft, wenn der Beginn der Geltungsdauer des Titels auf einen Zeitpunkt vor seiner tatsächlichen Erteilung zurückreicht (BSG, Teilurteil vom 30. September 2010 - B 10 EG 9/09 R -, BSGE 107, 1 = SozR 4-7837 § 1 Nr 2).

Auch eine (verwaltungsrechtlich grundsätzlich in Betracht kommende rückwirkende Aufhebung eines zuvor erteilten Aufenthaltstitels in Anwendung des § 48 VwVfG; vgl. BVerwG, Urteil vom 05.09. 2006 - 1 C 20/05 - NVwZ 2007, 470 [BVerwG 05.09.2006 - 1 C-(3) 20/05]) nimmt an dieser Tatbestandswirkung teil. Hat die Ausländerbehörde eine zunächst erteilte Aufenthaltserlaubnis nachfolgend rückwirkend ab dem Zeitpunkt ihrer Erteilung bestandskräftig aufgehoben, dann ist diese auch unter dem Gesichtspunkt eines Elterngeldanspruchs als nicht erteilt zu betrachten. Auch in diesem Zusammenhang hat nicht die für die Bewilligung von Elterngeld zuständige Behörde eine eigene inhaltliche Entscheidung darüber zu treffen, ob die von der Ausländerbehörde ausgesprochene rückwirkende Aufhebung eines zuvor erteilten Aufenthaltstitels zu Recht oder zu Unrecht erfolgt ist. Die Elterngeldbehörde hat die in der Sache getroffene Entscheidung der Ausländerbehörde lediglich umzusetzen, nicht aber inhaltlich zu überprüfen.

Dies bedeutet für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes, dass der Betroffene mögliche Einwände gegen die ausländerbehördliche Entscheidung gegenüber der dafür zuständigen Behörde durch Anfechtung der auf § 48 VwVfG gestützten Aufhebungsentscheidung vorbringen muss. In einem Rechtsstreit mit der Elterngeldstelle ist hingegen die Tatbestandswirkung eben dieser ausländerbehördlichen Regelung zu beachten ist, solange diese nicht aufgrund einer entsprechenden Anfechtung durch den/die Betroffene(n) im Rechtsbehelfsverfahren aufgehoben wird. Hat die Betroffene, wie im vorliegenden Fall, hingegen die von der Ausländerbehörde ausgesprochene rückwirkende Rücknahme eines zuvor erteilten Aufenthaltstitels bestandskräftig werden lassen, dann eröffnet der Rechtsstreit gegen die Elterngeldstelle keine Möglichkeiten zur inhaltlichen Überprüfung der ausländerbehördlichen Entscheidung. Dementsprechend ist im vorliegenden Verfahren nicht weiter zu hinterfragen, ob die Ausländerbehörde bei der Entscheidung vom 20. Oktober 2011 hinreichend deren Auswirkungen etwa auf Elterngeldansprüche im Rahmen der Ermessensabwägung berücksichtigt hat (vgl. zu dieser verwaltungsrechtlichen Problematik BVerwG, Urteil vom 05.09.2006 - 1 C 20/05 - NVwZ 2007, 470 [BVerwG 05.09.2006 - 1 C-(3) 20/05]).

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin jedoch gerade von einer Anfechtung der rückwirkenden Rücknahme der ihr seit 2006 zunächst erteilten Aufenthaltserlaubnis abgesehen. Diese damit bestandskräftig gewordene ausländerbehördliche Entscheidung ist aufgrund ihrer Tatbestandswirkung der Prüfung des Elterngeldanspruchs mit der Maßgabe zugrunde zu legen, dass im Ergebnis die Klägerin im Zeitraum vor dem 20. Oktober 2011 über keinen rechtsgültigen Aufenthaltstitel verfügt hat, und zwar auch nicht im Sinne einer rechtsgültigen Duldung oder Gestattung ihres damaligen Aufenthaltes. Damit verbleibt ausländerrechtlich lediglich ein tatsächlicher Aufenthalt im Bundesgebiet seit 2006; dieser kann jedoch auch elterngeldrechtlich mangels einer entsprechenden fortbestehenden ausländerbehördlichen Regelung nicht als rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Sinne des § 1 Abs. 7 Nr. 3 Buchstabe a BEEG gewertet werden.

Schutzwürdige verfassungsrechtliche Belange der Klägerin werden dadurch nicht berührt. Es ist letztlich dem eigenen Verantwortungsbereich der Klägerin zuzuschreiben, wenn diese 2006 die deutschen Behörden durch die Vorlage von Heiratsdokumenten getäuscht hat, mit denen die deutschen Behörden - sofern nicht ohnehin von einer Totalfälschung auszugehen sein sollte - jedenfalls über die Identität ihres Ehemanns in die Irre geführt werden sollten. Damit hat die Klägerin selbst die maßgebliche Ursache dafür gesetzt, dass nicht schon 2006 eine umfassende Würdigung möglicher Aufenthaltsbefugnisse auf der Grundlage der tatsächlichen Gegebenheiten erfolgen konnte, sondern lediglich auf der Basis der zu Täuschungszwecken übermittelten Angaben zur Identität des Ehemanns eine Entscheidung im Sinne der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Abs. 1 AufenthG getroffen wurde, welche nach Aufdeckung der Täuschung rückwirkend aufgehoben worden ist.

Überdies war es auch die eigene Entscheidung der Klägerin, von einer Anfechtung der ausländerbehördlichen Rücknahmeentscheidung auch insoweit abzusehen, wie sich diese eine Rückwirkung beigemessen hat.

Entsprechend dem Grundsatz "keine Gleichheit im Unrecht" (BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 1979 - 1 BvL 25/77 -, BVerfGE 50, 142) kann sich die Klägerin im vorliegenden Verfahren, in dem lediglich der Elterngeldanspruch bezogen auf die Betreuung ihres jüngsten Kindes G. zu beurteilen ist, auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte (im Ergebnis rechtsirrtümlich) bezogen auf die Betreuung ihres älteren Kindes N.und damit bezogen auf einen anderen Streitgegenstand - einen Elterngeldanspruch anerkannt hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.