Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 19.12.2022, Az.: 18 A 4471/21

Beleidigung; Disziplinarrecht; Hingabepflicht; Mäßigungsgebot; Fahrlässige Erfassung von Fahrtzeiten als Dienstzeit; politische Äußerungen in sozialen Netzwerken und unkorrektes dienstliches Verhalten gegenüber Kollegen

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
19.12.2022
Aktenzeichen
18 A 4471/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 61236
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2022:1219.18A4471.21.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Lassen sich zu Unrecht als Dienstzeiten erfasste Fahrtzeiten nicht mehr bestimmen, weil sie vom Beamten mit tatsächlichen Dienstzeiten gemeinsamt erfasst wurden, kann ein Mindestschaden berechnet werden.

  2. 2.

    Zur Verletzung des Mäßigungsgebotes bei der Kommentierung von Medienberichten auf sozialen Netzwerken.

  3. 3.

    Unkollegiales Verhalten gegenüber Kollegen kann, auch wenn dies im einzelnenn Fall die Schwelle disziplinarrechtlicher Erheblichkeit nicht erreicht, in der Gesamtschau kumulativ ein Dienstvergehen begründen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine Disziplinarverfügung, mit der das beklagte Landesamt (im Folgenden: der Beklagte) dem Kläger für die Dauer von 18 Monaten die Dienstbezüge in Höhe von fünf Prozent gekürzt hat.

Der Kläger ist als Beamter, zuletzt im Amt eines Kriminalhauptkommissars, bei dem Beklagten tätig und nahm dort seit 2013 die Funktion des Ländervertreters im "Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum" (GETZ) im Bundeskriminalamt (BKA) in Meckenheim bzw. seit 2015 im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in E. für das Land Niedersachsen wahr. Dort steht den Ländervertretern ein eigener Arbeitsplatz zur Verfügung. Die Tätigkeit des Klägers war eine sachbearbeitende, für die er Zugriff auf seinen Datenbestand bei dem Beklagten hatte und benötigte. Die Anwesenheit vor Ort beschränkte sich je nach Anlass regelmäßig auf die Tage Dienstag bis Donnerstag bzw. Mittwoch bis Donnerstag.

Bei den hierfür erforderlichen Dienstreisen buchte sich der Kläger über das ZEUS Terminal - bei ZEUS handelt es sich um die von dem Beklagten verwendete Zeiterfassungssoftware - ein bzw. am Ende der Dienstreise aus. Die Dienstzeiten vor Ort wurden mittels Buchungskorrekturanträgen erfasst. Bei mehrtägigen Dienstreisen erfolgte eine Übernachtung in der Regel im Hotel "F." in E..

Nachdem dem damaligen Dezernatsleiter des Klägers anhand eines Protokolls einer GETZ-Sitzung aufgefallen war, dass der Kläger an einer vom ihm als wichtig erachteten Sitzung nicht teilgenommen hatte, obwohl er sich ausweislich der ZEUS-Daten in E. aufgehalten hatte, stellte der Beklagte weitere Nachforschungen an.

Zu diesem Zweck ließ der Beklagte sich die Zugangszeiten des Klägers seit seiner dortigen Tätigkeit übersenden. Das BfV hatte diese mittels einer elektronischen Zugangskontrolle zu seiner Dienststelle (FLAT), erhoben und gespeichert. Hierbei stellte der Beklagte Abweichungen zwischen den erfassten Zugangszeiten und den in ZEUS erfassten Zeiten fest. Hinzu traten nach Auffassung des Beklagten weitere Anhaltspunkte für Dienstvergehen, namentlich das dienstliche Verhalten des Klägers gegenüber Kollegen.

Deshalb leitete der Beklagte ein Disziplinarverfahren ein und setzte den Kläger hiervon in Kenntnis. Der Beklagte dehnte das Disziplinarverfahren in der Folge auf den Vorwurf der Nichtmeldung eines Pfändungsbeschlusses sowie übermäßiger Internetnutzung und Verstößen gegen das Mäßigungsgebot wegen Äußerungen auf Facebook, aus.

Nachdem der Beklagte Beweise durch die Vernehmung verschiedener Kollegen des Klägers als Zeugen erhoben hatte, übersandte er dem Kläger den Abschlussbericht und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme, wovon der Kläger Gebrauch machte.

Mit Bescheid vom 04. Juni 2021 verhängte der Beklagte gegen den Kläger wegen eines schuldhaft begangenen Dienstvergehens als Disziplinarmaßnahme die Kürzung seiner Dienstbezüge in Höhe von fünf Hundertstel für die Dauer von 18 Monaten. Zur Begründung führte er aus, dass der Kläger gegen die Pflicht zur vollen persönliche Hingabe gemäß § 34 Satz 1 BeamtStG verstoßen habe. Er habe bei der Dienstzeiterfassung während seiner Dienstreisen zum GETZ in den Jahren 2016 und 2017 in umfassendem Rahmen fortgesetzt bewusst getäuscht:

- Bei zweitägigen Dienstreisen ergäben sich Abweichungen zwischen den ZEUS-Buchungen und der Zutrittserfassung des BfV. Da Dienstort das Dienstgebäude des BfV sei, ergäben sich insoweit für die Jahre 2016 und 2017 Abweichungen von insgesamt 83 Stunden und 7 Minuten an insgesamt 68 Tagen bei 34 zweitägigen Dienstreisen (S. 21 bis 23 der Disziplinarverfügung).

- Bei drei- oder viertägigen Dienstreisen ergäben sich Abweichungen zwischen den ZEUS-Buchungen und der Zutrittserfassung des BfV in Höhe von insgesamt 53 Stunden und 4 Minuten an insgesamt 99 Tagen bei 46 mehrtägigen Dienstreisen (S. 25 bis 28 der Disziplinarverfügung).

Tage, an denen keine Zutritte zum Dienstgebäude des BfV erfolgt seien, habe der Beklagte nicht berücksichtigt, weil der Kläger an diesen Tagen in Meckenheim Dienst geleistet haben könne und das Gegenteil nicht bewiesen sei.

Gemäß der Verfügung Nr. 02/2015 sei die Reisezeit vom Hotel zur Dienstelle keine Arbeitszeit und werde somit nicht vergütet. Dienstbeginn sei demgemäß das Betreten des Dienstgebäudes. Soweit der Kläger sich darauf berufe, auch außerhalb des Dienstgebäudes Dienst geleistet zu haben, entlaste ihn dies nicht. Denn sein Vorgesetzter, KOR G., habe als Dienstort das Dienstgebäude des BfV bestimmt und angeordnet, dass der Kläger dort seinen Dienst zu verrichten habe.

Durch die fehlerhaften Angaben habe der Kläger gegen die Pflicht zu vollem persönlichem Einsatz (§ 34 Satz 1 BeamtStG) und gegen die Pflicht zur uneigennützigen, gewissenhaften Dienstführung verstoßen (§ 34 Satz 2 BeamtStG). Zudem habe der Kläger hierdurch gegen die Wohlverhaltenspflicht gemäß § 34 Satz 3 BeamtStG verstoßen. Die Wahrnehmung der Tätigkeit als Ländervertreter Niedersachsens im GETZ beim BfV sei von besonderem Vertrauen in die Person des Klägers und die ordnungsgemäße Dienstführung vor Ort geprägt. Eine Dienstzeitkontrolle sei den Vorgesetzten nicht ohne weiteres möglich. Die Tätigkeit beruhe deshalb auf einem besonderen Vertrauensvorschuss. Der Kläger habe in ZEUS bewusst falsche Dienstzeiten gebucht, sodass für ihn nicht korrekte Dienstbeginn- und Dienstendezeiten in das System übernommen worden seien und ihm somit Dienstzeit gutgeschrieben worden sei, die er tatsächlich nicht abgeleistet habe. Dies sei eine vorsätzliche Täuschungshandlung am Zeiterfassungssystem und habe zugleich einen massiven Verlust des Vertrauens der Vorgesetzten des Klägers in seine Integrität und Zuverlässigkeit zur Folge gehabt.

Hierdurch habe der Kläger auch gegen die Pflicht, Weisungen zu befolgen (§ 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG) verstoßen. Gemäß der gültigen Arbeitszeitrichtlinie des Beklagten vom 01. Dezember 2009 habe ein Beamter des LKA Niedersachsen 40 Wochenarbeitsstunden abzuleisten. Die Dienstzeiterfassung habe er ordnungsgemäß über ZEUS zu dokumentieren. Hiergegen und gegen Pkt. 4 der Verfügung Nr. 02/2015 - Arbeitszeitberechnung bei mehrtägigen Dienstreisen, habe der Kläger verstoßen.

Soweit der Kläger vortrage, dass sich die Abweichungen aus Fahrzeiten und der Arbeit außerhalb der Dienststelle, z.B. am Laptop im Hotel oder in Gestalt von Gesprächen außerhalb des Dienstortes, ergebe, könne das den Kläger nicht entlasten. Denn er sei von seinem Dienstvorgesetzten, KOR G., angewiesen worden, Dienst in der Dienststelle des BfV zu leisten. Fahrtzeiten jenseits des An- und Abreisetages seien bei mehrtägigen Dienstreisen ausweislich der Verfügung 02/2015 keine Dienstzeit.

Der Kläger habe zudem gegen seine Pflicht aus § 34 Satz 1 BeamtStG verstoßen, indem er am 06. April 202 seinen Dienst beendet habe, ohne die ihm übertragenen Aufgaben erledigt zu haben. Hierin liege auch ein Verstoß gegen die Pflicht zur Befolgung von Weisungen. Zudem habe er die Zusammenarbeit mit dem für ihn eingesetzten, temporären GETZ-Vertreter verweigert und ihm fehlende Kompetenz vorgeworfen.

Des Weiteren habe er eine Besprechung ohne hinreichende Begründung verlassen. Dies und die fehlende Unterstützung seines Nachfolgers als Ländervertreter im GETZ begründe einen Verstoß gegen § 34 Satz 2 BeamtStG.

Ferner habe der Kläger gegen die Wohlverhaltenspflicht verstoßen, indem er einen Kollegen gegenüber einem Kollegen aus der PD H. in einer E-Mail als Autisten bezeichnet habe. Den entsprechenden E-Mail-Verlauf habe der Kläger zudem an eine Mitarbeiterin des BKA versandt.

Zudem habe der Kläger gegen seine beamtenrechtlichen Pflichten verstoßen, indem er das dienstliche Internet während der Dienstzeit privat genutzt habe.

Soweit der Kläger vorgetragen habe, dass diese Tätigkeit teilweise Teil seines Dienstes gewesen sei, sei dies eine Schutzbehauptung. Ebenso wenig überzeugend sei, dass sie während der Pausen stattgefunden habe.

Weiterhin habe der Kläger gegen das Mäßigungsgebot und die Wohlverhaltenspflicht verstoßen, indem er auf Facebook der Politikerin I. die Unterstützung von Linksextremisten vorgeworfen habe. Der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten habe er im Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie öffentlich das Führen einer Diktatur vorgeworfen. Aus den Bildern auf seinem Facebook-Konto werde deutlich, dass es sich bei dem Kläger um einen Polizeivollzugsbeamten handele.

Schließlich habe der Kläger gegen die Pflicht zur Befolgung von Weisungen verstoßen, indem er einen Pfändungsbeschluss des Amtsgerichts J. vorschriftswidrig nicht angezeigt habe.

Der Kläger habe vorsätzlich gehandelt, da ihm die Verfügungslage bekannt gewesen sei. Bei der Bemessung der Maßnahme sei zu berücksichtigen, dass der Kläger schwere Verstöße gegen Gleitzeitregelungen begangen habe. Insgesamt seien ihm gut 116 Stunden Arbeitszeit zu viel gutgeschrieben worden. Der Kläger habe das besondere Vertrauen seines Dienstherrn systematisch missbraucht. Es sei auch zu berücksichtigen, dass er den Betriebsfrieden erheblich gestört und sich weder einsichtig noch reumütig gezeigt habe.

Hiergegen hat der Kläger am 08. Juli 2021 Klage erhoben. Zur Begründung bezieht er sich auf seine Einlassungen im Disziplinarverfahren und macht geltend, dass der Vortrag im Disziplinarverfahren nicht hinreichend gewürdigt worden sei. Mittagspausen habe der Kläger stets durchgearbeitet. An wichtigen Sitzungen habe er teilgenommen. Eine dienstliche Tätigkeit außerhalb der Dienststelle sei ihm nicht verboten worden. Der Arbeitsumfang habe es nicht zugelassen, die Aufgaben in der Zeit von 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr zu erledigen. Am 16. und 17. November 2016 sei er ebenfalls beim GETZ anwesend gewesen. Er rüge die Auswertung und Verwendung der Zugangsdaten des GETZ. Soweit er Kritik an Kollegen und Vorgesetzten geäußert habe, sie dies in sachlicher Form geschehen und disziplinarrechtlich unbeachtlich. Die Internetnutzung sei Teil des Dienstes gewesen oder in den Pausen erfolgt. Es gehöre zur Tätigkeit des Klägers, eine glaubhafte Internetpräsenz zu haben. Die Disziplinarmaßnahme sei zudem zu hoch bemessen.

Der Kläger beantragt,

die Disziplinarverfügung zum Aktenzeichen K. vom 04. Juni 2021 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Bescheid. Der Kläger habe durch die unwahren Angaben in ZEUS einen Verstoß gegen die beamtenrechtliche Wahrheitspflicht im Sinne eines Arbeitszeitbetruges in mindestens 76 Fällen begangen. Darin liege eine grobe Verletzung des Vertrauens, das der Dienstherr mit der Einrichtung der gleitenden Arbeitszeit seinen Beschäftigten entgegenbringe. Zudem habe er die Folgepflicht gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG verletzt, indem er Anweisungen zur Arbeitszeiterfassung nicht befolgt habe. Soweit der Kläger geltend mache, bereits vor dem Eintreffen beim GETZ im Hotel gearbeitet zu haben, sei dies unbeachtlich. Ihm sei mehrfach mitgeteilt worden, dass er seinen Dienst ausschließlich in dem gesondert dafür ausgestatteten Büro im GETZ mit gesichertem Laptop auszuüben habe. Es sei ihm nicht gestattet gewesen, im Hotel mit einer ungesicherten Internetverbindung zu arbeiten. Daher werde dies als bloße Schutzbehauptung gewertet. Unabhängig davon sei auch die Fahrtzeit vom Hotel zum GETZ nicht bei ZEUS ausgetragen. Soweit der Kläger meine, dies sei Dienstzeit, sei er auf die Verfügung 02/2015 zu verweisen, die ihm auch bekannt gewesen sei. Dies sei außerhalb des Anreisetages auch nicht ungerecht, da der Anfahrtsweg außerhalb von Dienstreisen ebenfalls nicht als Dienstzeit gelte. Der Kläger sei hierauf auch immer wieder hingewiesen worden. Soweit der Kläger behaupte, am 16. und 17. Februar 2016 beim GETZ anwesend gewesen zu sein, werde dies bestritten. Der Dienstreiseantrag und die Hotelrechnung belegten dies keinesfalls. Ein Beweis könne allenfalls durch die Buchungserfassung beim GETZ erbracht werden, die für diese Tage nicht existiere. Sofern der Kläger behaupte, dass er sich, wie andere Kollegen, abends mit Kollegen getroffen und über dienstliche Angelegenheiten gesprochen habe, sei es unüblich, dies als Dienstzeit anrechnen zu lassen. Darüber hinaus liege hierin ein weiterer Verstoß gegen beamtenrechtliche Pflichten, wenn hochsensible und verfassungsschutzrechtlich brisante Angelegenheiten in einer öffentlichen Kneipe beim Bier besprochen würden. Gegen die von dem Kläger behauptete Notwendigkeit, im Hotel zu arbeiten, spreche, dass er grundsätzlich zum Teil deutlich weniger als acht Stunden in dem für die Arbeit vorgesehenen Büro im GETZ anwesend gewesen sei.

Die Rechtswidrigkeit der Speicherung der Daten des Klägers durch das Bundesamt für Verfassungsschutz sei nicht ersichtlich. Sie seien rechtmäßig erfasst und für die Dauer von 24 Monaten gespeichert worden, wie der Bundesbeauftragte für den Datenschutz bestätigt habe. Die Daten haben für das Disziplinarverfahren verwendet werden dürfen, da der Dienstherr bei der Gestattung von Gleitzeitregelungen dazu berechtigt sei, deren Einhaltung zu kontrollieren. Die Übermittlung der Daten an den Beklagten und die Nutzung durch diesen sei rechtmäßig (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2, Nr. 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 bzw. Abs. 2 Nr. 4 BDSG, § 11 Abs. 1 in Verbindung mit § 10 Abs. 3 bzw. § 10 Abs. 2 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Nr. 3 NDSG).

Der Kläger habe das dienstliche Internet zu privaten Zwecken genutzt. Auch bei weitläufiger Betrachtung könne kein dienstlicher Bezug der aufgerufenen Seiten erkannt werden. Der Beklagte habe angesichts des gravierenden Vertrauensbruchs eine sehr milde Disziplinarmaßnahme gewählt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen G.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist teilweise begründet und hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Disziplinarverfügung des Beklagten vom 04. Juni 2021 ist nicht recht- und zweckmäßig, soweit gegen den Kläger eine Kürzung der Dienstbezüge um fünf Hundertstel für die Dauer von 18 Monaten ausgesprochen worden ist. Vielmehr ist als Disziplinarmaßnahme für das von dem Kläger schuldhaft begangene Dienstvergehen die durch das Gericht ausgesprochene Geldbuße in Höhe von 2.000,- EUR recht- und zweckmäßig.

II. Die formell rechtmäßige Disziplinarverfügung ist materiell nur teilweise recht- und zweckmäßig und deswegen wie tenoriert zu ändern.

Das Gericht prüft nach § 55 Abs. 3 Satz 1 Niedersächsisches Disziplinargesetz - NDiszG - neben der Rechtmäßigkeit auch die Zweckmäßigkeit der angefochtenen Disziplinarentscheidung. Das Gericht kann die Klage abweisen (§ 55 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 NDiszG), die Disziplinarmaßnahme durch eine Disziplinarmaßnahme von geringerem Gewicht ersetzen (§ 55 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 NDiszG) oder die Disziplinarverfügung aufheben (§ 55 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 NDiszG). Maßgeblich ist die Sach- und Rechtslage zur Tatzeit, soweit nicht gemäß dem Rechtsgedanken des § 2 Abs. 3 StGB für den Beamten materiell-rechtlich günstigeres neues Recht gilt (BVerwG, Urteil vom 25. August 2009 - 1 D 1/08 -, juris Rn. 33 m.w.N.). Die zwischenzeitlich erfolgten Änderungen der hier maßgeblichen §§ 47 Abs. 1, 34 Sätze 1 bis 3 BeamtStG sind für die hier zu entscheidende Klage nicht entscheidungserheblich.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist der Klage insoweit stattzugeben, als das Gericht die von dem Beklagten gewählte Disziplinarmaßnahme durch eine andere Disziplinarmaßnahme ersetzt, der ein geringeres Gewicht zukommt. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen

Der Kläger hat in dem von der Disziplinarverfügung umfassten Zeitraum vom 06. Januar 2016 bis zum 28. Dezember 2017 ein einheitliches Dienstvergehen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 NDiszG in Verbindung mit § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen, indem er mit den ihm unter Ziff. 2.2 der Disziplinarverfügung vorgeworfenen Handlungen im Zeiterfassungssystem ZEUS Fahrtzeiten als Dienstzeiten angegeben hat, obwohl sie nicht als Dienstzeit galten (dazu 1.). Soweit dem Kläger vorgeworfen wird, Zeiten zu Unrecht erfasst zu haben, die nicht rechtmäßig Dienstzeiten waren, weil sie weder als solche zu behandelnde Fahrzeiten waren noch sich der Kläger innerhalb der Dienstgebäude des Bundesamtes für Verfassungsschutz aufhielt, hat der Kläger hingegen kein Dienstvergehen begangen (dazu 2.). Der Kläger hat weiterhin Dienstpflichten verletzt, indem er seinen Kollegen KHK L. als "Autisten" bezeichnet hat (dazu 3.), durch das ihm vorgeworfene weitere innerdienstliche Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzen (dazu 4.) sowie durch die ihm unter Ziffer 1.3 der Disziplinarverfügung vorgeworfene Nutzung des Internets während der Dienstzeit (dazu 5.). Auch die Nichtanzeige des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses war dienstpflichtwidrig (dazu 6.). Seine Äußerungen auf Facebook hingegen (dazu 7.) waren nicht pflichtwidrig.

Die Pflichtverletzungen des Klägers begründen ein einheitliches Dienstvergehen, das der Kläger schuldhaft begangen hat (dazu 8.). Als Disziplinarmaßnahme ist die Verhängung einer Geldbuße in Höhe von 2000,- EUR recht- und zweckmäßig (dazu 9.).

1. Der Kläger hat durch eine gegen die innerbehördlichen Vorschriften zur Arbeitszeiterfassung verstoßende Abrechnung von Fahrtzeiten als Arbeitszeiten gegen die Folgepflicht aus § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG verstoßen. Hiernach sind Beamte verpflichtet, die dienstlichen Anordnungen ihrer Vorgesetzten auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen.

Die Kammer sieht es in tatsächlicher Hinsicht als erwiesen an, dass der Kläger im Zeitraum zwischen dem 06. Januar 2016 und dem 28. Dezember 2017 Fahrtzeiten zwischen dem Bundesamt für Verfassungsschutz und dem Hotel, in dem der Kläger untergebracht war, von insgesamt 18,75 Stunden als Dienstzeiten verbucht hat (a.). Der Kläger hat diese Fahrtzeiten - entgegen der dienstrechtlichen Vorschriften - zu Unrecht als Dienstzeiten geltend gemacht (b.)

Ob ein Dienstvergehen in tatsächlicher Hinsicht erwiesen ist, entscheidet das Gericht gemäß § 4 NDiszG i. V. m. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Aufgrund der gesamten Beweislage hat das Gericht zu prüfen, ob es von der Tat und der Schuld des Beamten voll überzeugt ist. Die Beweislast trägt die verfolgende Behörde. Die Mitglieder des Gerichts dürfen keine vernünftigen Zweifel an der Schuld haben. Anderenfalls gilt der Grundsatz "in dubio pro reo". Zwar ist zur Überführung eines angeschuldigten Beamten keine "mathematische" Gewissheit erforderlich, denn der Begriff der Überzeugung schließt die Möglichkeit eines anderen, auch gegenteiligen Geschehensablaufes nicht aus, weil im Bereich der vom Gericht zu würdigenden Tatsachen der menschlichen Erkenntnis ein absolut sicheres Wissen über den Tathergang, demgegenüber andere Möglichkeiten seines Ablaufs unter allen Umständen ausscheiden müssten, verschlossen ist. Der Beweis muss jedoch mit lückenlosen, nachvollziehbaren logischen Argumenten geführt sein und die Beweiswürdigung muss auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsichtigen Tatsachengrundlage beruhen und erschöpfend sein. Die erforderliche persönliche Gewissheit des Gerichts setzt demnach ein nach der Lebenserfahrung solches Maß an Sicherheit voraus, demgegenüber vernünftige Zweifel nicht mehr aufkommen. Wegen des Grundsatzes der Unschuldsvermutung ("in dubio pro reo") zugunsten des Betroffenen können auch geringe Zweifel der Feststellung eines Dienstvergehens entgegenstehen. Demgemäß fehlt es an dem Nachweis eines Dienstvergehens schon dann, wenn zwar ein mehr oder weniger starker Verdacht gegen den Beamten bestehen bleibt, die Begehung des Dienstvergehens sich aber nicht mit hinreichender Sicherheit nachweisen lässt. Dies bedeutet, dass die dem Beamten günstigste Tatsachengestaltung zugrunde gelegt werden muss, wenn nach erschöpfender Sachverhaltsaufklärung hinreichende Anhaltspunkte für ihre Richtigkeit vorhanden sind. (vgl. zu Vorstehendem BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2011 - 2 A 5/09 -, juris Rn. 14; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. August 2019 - 3d A 1533/15.O -, juris Rn. 171 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 08. März 2016 - 20 LD 5/15 -, n.v.; Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: Nov. 2020, § 60 BDG Rn. 17a).

a.) Die erkennende Kammer ist nach den vorstehenden Maßstäben davon überzeugt, dass der Kläger im Zeitraum zwischen dem 06. Januar 2016 und dem 28. Dezember 2017 insgesamt mindestens 18,75 Stunden Fahrtzeiten zwischen seinem Dienstort und dem Hotel als Fahrtzeiten im ZEUS-System des Beklagten gebucht hat. Dies ergibt sich aus den ZEUS-Journalen und der Auswertung des Zugangskontrollsystem FLAT beim Bundesamt für Verfassungsschutz durch den Beklagten. Die vorliegenden ZEUS-Eintragungen des Klägers weisen die Fahrtzeiten und die nach Angaben des Klägers im Hotel geleisteten Dienstzeiten nicht getrennt aus. Die Kammer legt dem Kläger daher die genannten Zeiten als Mindestfahrtzeiten zur Last (Zur Zulässigkeit der Bezifferung eines Mindestschadens im Strafrecht vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2017 - 4 StR 88/17 -, juris Rn. 25; Duttge, in: Dölling/Duttge/Rössner, Gesamtes Strafrecht, 5. Auflage 2022, § 263 Rn. 62). Dabei geht das Gericht zugunsten des Klägers davon aus, dass dieser die Dienststelle des Bundesamtes für Verfassungsschutz in der M. in N. stets auf kürzestem Wege aufgesucht hat und es keine verkehrsbedingten Verzögerungen gab. Ausweislich im Internet verfügbarer Routenplaner beträgt die Fahrtzeit von dem vom Kläger genutzten Hotel "O.", P., in der Mittagszeit 13 Minuten. Hierzu addiert die Kammer die Zeit, die der Kläger auf dem Weg vom Hotel zur Dienststelle notwendigerweise gebraucht haben muss, um von seinem Hotelzimmer zu seinem PKW zu gehen, angekommen beim Bundesamt für Verfassungsschutz auszusteigen und das Gebäude zu erreichen. Die gleiche Zeit addiert die Kammer für das Erreichen des PKW bzw. Hotels bei Fahrten von der Dienststelle zum Hotel.

Zugunsten des Klägers veranschlagt die Kammer hier eine Zeit von insgesamt zwei Minuten pro Fahrt. Längere Fahrtzeiten an bestimmten Tagen, z.B., weil der Kläger ein weiter entferntes Hotel oder öffentliche Verkehrsmittel (reine Fahrtzeit auf kürzestem Wege von der nächstgelegenen S-Bahn Haltestellte Q. bis N. elf Minuten zzgl. Fußwege) genutzt hat, lässt das Gericht zugunsten des Klägers außer Betracht.

Daraus ergeben sich im Einzelnen folgende verbuchte Fahrtzeiten, soweit hier von Belang:

Bei zweitägigen Dienstreisen ergeben sich die Fahrten am Anreisetag vom Bundesamt für Verfassungsschutz zum Hotel und am Abreisetag vom Hotel zum Bundesamt für Verfassungsschutz aus der Tabelle auf S. 21 und 22 der angefochtenen Verfügung, auf die die Kammer insoweit Bezug nimmt, sowie der Dienstreise am 06./07. Januar 2016. Ausgenommen hiervon sind der 14. April 2016, der 11. August 2016, der 20. Oktober 2016, der 15. Dezember 2016, der 16. März 2017, der 12. April 2017, der 10. Mai 2017, der 27. und 28. September 2017 und der 26.Oktober 2017. An diesen Tagen besteht zwischen den FLAT-Daten und der Buchung des Klägers entweder keine Abweichung oder eine Abweichung von weniger als 30 Minuten, die die Kammer zugunsten des Klägers unberücksichtigt lässt. Die so ermittelten Mindestfahrtzeiten betragen an den verbleibenden 57 Tagen 855 Minuten bzw. 14,25 Stunden (57 x 15 = 855, geteilt durch 60 = 14,25).

Bei mindestens dreitägigen Dienstreisen ergeben sich folgende Mindestfahrtzeiten:

18. Mai 201630 Minuten
14. Juni 201630 Minuten
15. Juni 201630 Minuten
16. Juni 201630 Minuten
14. September 201630 Minuten
02. November 201630 Minuten
01. März 201730 Minuten
17. Mai 201730 Minuten
31. Mai 201715 Minuten (Rückfahrt)
09. August 201715 Minuten (Rückfahrt)

Abweichungen von unter 30 Minuten pro Fahrt lässt die Kammer zugunsten des Klägers wiederum unberücksichtigt, so dass die hier relevanten, als Dienstzeiten gebuchten Fahrtzeiten an mindestens dreitägigen Dienstreisen insgesamt mindestens 270 Minuten oder 4,5 Stunden betragen. Den Dienstreisetag des 17. Februar 2016 lässt die Kammer ebenfalls unberücksichtigt, weil der Kläger bei dieser Dienstreise in einem anderen Hotel übernachtet hat und die Daten an diesem Tage insgesamt keinen Schluss darauf zulassen, ob, wann oder wo der Kläger Dienst geleistet hat und ob dies korrekt gebucht wurde. Der Beklagte gibt in der angefochtenen Verfügung insoweit an, dass die Fahrtzeit zum Hotel ca. 50 bis 60 Minuten betrage. Die Differenz zwischen Verlassen des BfV und der ZEUS-Buchung am 17. Februar 2016 beträgt jedoch nur 30 Minuten.

Insgesamt hat der Kläger somit mindestens 1125 Minuten oder 18,75 Stunden Fahrtzeit als Dienstzeit verbucht.

Die zur Bestimmung der Ankunfts- und Abreisezeiten des Klägers beim BfV erhobenen FLAT-Daten des Bundesamtes für Verfassungsschutz unterliegen keinem Verwertungsverbot. Der diesbezügliche Einwand des Klägers ist unbegründet. Die Erhebung und Speicherung der Daten durch das Bundesamt für Verfassungsschutz wurde für den hier maßgeblichen Zeitraum vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit nicht beanstandet; hiergegen hat der Kläger nichts vorgetragen. Unabhängig davon war die Datenerhebung durch den Beklagten rechtmäßig. Sie ließ sich auf § 88 Niedersächsisches Beamtengesetz (NBG) a.F. stützen; die soweit hier einschlägig unverändert gebliebene Fassung des § 88 NBG ist auch nach Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) taugliche Rechtsgrundlage für die Speicherung und Verarbeitung der FLAT-Daten des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Die Voraussetzungen des § 88 NBG liegen vor, denn die Erhebung und Speicherung der Daten war zur Durchführung des Dienstverhältnisses, hier des Disziplinarverfahrens, erforderlich. Die Datenerhebung und -verarbeitung war insbesondere verhältnismäßig, weil das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung insoweit nur geringfügig betroffen wird. Die Daten betreffen ausschließlich den dienstlichen Bereich und beschränken sich auf die Nutzung von Ein- und Ausgangsportalen des Bundesamtes für Verfassungsschutz, hingegen keine die Dienstausübung inhaltlich betreffenden Daten. Dass der Kläger nicht von der Speicherung der Zugangsdaten ausgegangen sei, während er der Vertraulichkeit der Anlagen und Räumlichkeiten des Bundesamtes für Verfassungsschutz insgesamt skeptisch gegenüberstand und Gespräche deshalb teilweise außerhalb des Dienstgebäudes geführt hat, hält die Kammer für unglaubhaft.

Aufgrund der Offenkundigkeit der Speicherung für den Kläger und des geringen Eingriffs in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung unterlägen die erhoben Daten auch im Falle der Rechtswidrigkeit der Erhebung und Verarbeitung jedenfalls keinem Verwertungsverbot.

b.) Die genannten 18,75 Stunden Mindestfahrtzeit hat der Kläger zu Unrecht als Dienstzeiten verbucht. Fahrtzeiten sind im Beamtenrecht grundsätzlich keine Dienstzeiten (vgl. VG Lüneburg, Urteil vom 07. Januar 2009 - 1 A 127/06 -, juris). Für mehrtägige Dienstreisen hat der Beklagte eine teilweise abweichende, seine Beamten begünstigende Regelung getroffen. Gemäß Nr. 4. der Verfügung Nr. 02/2015, die die "Dienstvereinbarung gem. § 78 i.V.m. § 66 Nds. PersVG zwischen dem Direktor des Landeskriminalamtes Niedersachsen und dem Personalrat des Landeskriminalamtes Niedersachsen über die Neuregelung der Arbeitszeit vom 01.02.2009" (im Folgenden: Dienstvereinbarung) unter Bezugnahme auf diese konkretisiert, wird bei mehrtägigen Dienstreisen am Anreisetag die Zeit von der Aufnahme der Dienstreise bzw. von der Aufnahme des Dienstgeschäftes bis zum Ende des Dienstgeschäftes am auswärtigen Dienstort als Dienstzeit berechnet. Am Abreisetag gilt als Dienstzeit die Zeit von der Aufnahme des Dienstgeschäftes am auswärtigen Dienstort bis zum Ende des Dienstgeschäfts bzw. bis zum Ende der Dienstreise. Daraus folgt, dass an Anreisetagen nur die Fahrtzeit bis zum auswärtigen Dienstort, hier also nach E., und am Abreisetag die Fahrtzeit vom auswärtigen Dienstort nach R. Dienstzeit ist. Die Fahrtzeit vom Bundesamt für Verfassungsschutz zum Hotel am Anreisetag bzw. vom Hotel zum Bundesamt für Verfassungsschutz ist hingegen nach allgemeinen Grundsätzen keine Dienstzeit. An Tagen einer mehrtätigen Dienstreise ohne Reisezeiten, also vorliegend anderen als An- und Abreisetagen bei (mindestens) dreitägigen Dienstreisen, gilt gemäß Nr. 4 der Verfügung Nr. 02/2015, dass die Zeit der dienstlichen Inanspruchnahme, mindestens aber die Sollarbeitszeit als Dienstzeit gerechnet wird. Daraus folgt, dass die Fahrtzeiten an diesen Tagen vom Hotel zur Dienststelle und zurück nach allgemeinen Grundsätzen keine Dienstzeiten sind. Die Regelungen der Verfügung Nr. 02/2015 stellen die Bediensteten des Beklagten bei Dienstreisen damit insoweit besser, als regelmäßig längere An- und Abreisezeiten vom Dienstort zum auswärtigen Geschäft Dienstzeiten sind, die - auch am Heimatdienstort ganz regelmäßig anfallende - Fahrt vom auswärtigen Dienstort zur Unterkunft dort hingegen keine Dienstzeit, sofern die dienstliche Inanspruchnahme nicht ohnehin weniger als die Sollarbeitszeit betragen hat.

2. Soweit der Kläger über die Mindestfahrtzeiten hinaus Arbeitszeiten angegeben hat, ist ihm ein Fehlverhalten nicht nachzuweisen. Der Kläger hat hierzu angegeben, regelmäßig über den Dienstlaptop des Beklagten vom Hotelzimmer aus gearbeitet zu haben. Die Sitzungen im GETZ haben vor- und nachbereitet werden müssen. Der Kläger hat insoweit auch plausibel dargelegt, dass gewisse Tätigkeiten nicht von seinem Arbeitsplatz im Bundesamt für Verfassungsschutz, sondern nur von dem dienstlichen Laptop des Beklagten aus haben durchgeführt werden können. Der Zeuge G. hat bestätigt, dass es durchaus zulässig gewesen sei, außerhalb des GETZ mit dem Laptop vom Hotelzimmer aus zu arbeiten. Es sei durchaus nachvollziehbar, dass vom Hotelzimmer aus dienstliche E-Mails gelesen oder Kollegen aus anderen Bundesländern kontaktiert würden. Wenngleich der Zeuge G. angegeben hat, dass es sich nach seiner Einschätzung eher nicht um stundenlanges Arbeiten im Hotel gehandelt haben kann, ist das Gegenteil nicht bewiesen; genaue Zeiten, in denen der Kläger Dienst verrichtet oder auch nicht gearbeitet haben kann, lassen sich nicht mehr rekonstruieren. Angesichts der grundsätzlich plausiblen Darstellung, auch außerhalb des GETZ Dienst geleistet zu haben und der Tatsache, dass die Dienstleistung des Klägers, mit Ausnahme der mangelnden vollständigen Teilnahme an einer Sitzung, von seinem Dienstherrn nicht beanstandet wurde, steht nicht fest, dass oder zu welchen Zeiten der Kläger Dienstzeiten angegeben, diese Zeiten aber nicht abgeleistet haben kann. Nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" ist deshalb davon auszugehen, dass der Kläger während der von ihm angegebenen Zeiten - mit Ausnahme der oben erwähnten Fahrtzeiten - außerhalb des GETZ Dienst geleistet hat.

Die Dienstleistung außerhalb der Dienststelle war nicht dienstpflichtwidrig. Denn gemäß Nr. 4.4.1 der Dienstvereinbarung ist bei Dienstreisen die Zeit der Erledigung von Dienstgeschäften außerhalb des Dienstgebäudes Arbeitszeit. Eine abweichende Anordnung hat der Beklagte nicht getroffen. Der Zeuge G. hat insoweit angegeben, dass dieses Thema nicht speziell thematisiert worden und er davon ausgegangen sei, dass die Verfügungslage gelte. Wie bereits ausgeführt ist der Zeuge zudem davon ausgegangen, dass die Dienstverrichtung außerhalb des GETZ zulässig sein könne, was der geltenden Verfügungslage entspricht.

3. Der Kläger hat sich weiterhin dienstpflichtwidrig verhalten, indem er einen Kollegen, KOK L., in einer E-Mail als Autisten bezeichnet hat. Autismus ist eine psychische Störung in Gestalt einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung mit Krankheitswert (ICD 10 F84.0 und F84.1). Typische Kennzeichen einer autistischen Erkrankung sind hiernach qualitative Abweichungen in den wechselseitigen sozialen Interaktionen und Kommunikationsmustern und ein eingeschränktes, stereotypes, sich wiederholendes Repertoire von Interessen und Aktivitäten. Die Bezeichnung des gesunden Kollegen als Autist unterstellt ihm somit kommunikative Defizite mit Krankheitswert. Damit hat der Kläger die Pflicht zu achtungs- und vertrauensvollem Verhalten gemäß § 34 Satz 3 BeamtStG a.F. verletzt (vgl. zur Äußerung in unangemessener Art und Weise gegenüber Kollegen und Vorgesetzten OVG NRW, Beschluss vom 21. Dezember 2022 - 31 A 496/20.BDG -, juris Rn. 96). Dass der Kläger meint, das Wort "Autist" nicht in einen ausdrücklichen Zusammenhang mit KOK L. gebracht, den Namen jedenfalls nicht genannt zu haben, entlastet ihn dies nicht. Auch wenn der Name nicht explizit genannt war, war den Beteiligten aus dem Zusammenhang und den Zuständigkeiten bekannt, dass es sich um KOK L. handeln musste. Hiervon sind die Beteiligten auch in den in der Folgezeit durchgeführten Gesprächen ausgegangen. Die Beteiligten des E-Mail-Verkehrs kannten sich offenbar und duzten sich, so dass KOK L. bekannt gewesen sein dürfte.

4. Der Kläger hat zudem durch sein dienstliches Verhalten im Dezernat 42 gegen die Pflicht verstoßen, sich mit vollem persönlichem Einsatz seinem Beruf zu widmen (§ 34 Satz 1 BeamtStG a.F.). In der als hergebrachtem Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG überlieferten Hingabepflicht (vgl. BVerfGE 9, 268 (286) = NJW 1959, 1171 [BVerfG 27.04.1959 - 2 BvF 2/58]; BVerfGE 21, 329 (345) = NJW 1967, 1851 [BVerfG 11.04.1967 - 2 BvL 3/62]; BVerfGE 55, 207 (241) = NJW 1981, 971; BVerfGE 71, 39 (61) = NVwZ 1986, 735 [BVerfG 15.10.1985 - 2 BvL 4/83]) kommt neben der reinen Arbeitspflicht die verfassungsrechtliche Konzeption des Beamtenverhältnisses als "Lebensberuf" zum Ausdruck, der die bestmögliche Erledigung der Aufgaben und ein ständiges Bemühen erfordert (Werres, in: Brinktrine/Schollendorf, BeckOK Beamtenrecht Bund, 28. Edition Februar 2022, § 34 BeamtStG Rn. 10). Der volle persönliche Einsatz erfordert, zumindest in verantwortlichen Positionen, in die man nur aufgrund erwiesener Tüchtigkeit und Leistung gelangt - den individuell optimalen und nicht nur einen generell durchschnittlichen dienstlichen Einsatz (vgl. BVerwG NJW 1981, 1283; Nds. OVG, Urteil vom 28. Januar 2014 - 20 LD 10/13 -, juris). Das dem Kläger vorgeworfene Verhalten bei der Erstellung eines Lagebildes am 06. April 2020 erweist sich als dienstpflichtwidrige Leistungsverweigerung. Unabhängig davon, dass der Kläger die ihm aufgetragenen Tätigkeiten am Nachmittag des 06. April 2020 nicht mehr erfüllt hat und ungeachtet der Frage, ob dies an diesem Tage zwingend erforderlich gewesen wäre, hat der Kläger mit seiner E-Mail vom 14. April 2020 klargestellt, dass er an der Erstellung des Lageberichts nicht mehr mitzuwirken bereit war. Der Vorfall fügte sich insoweit in eine Reihe von Vorkommnissen (Verlassen einer Besprechung, mangelnde Kooperation mit KOK S., Vorwürfe mangelnder Kompetenz), die in ihrer Gesamtschau ein den Anforderungen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG nicht genügendes Verhalten offenbaren. Auch bei hoher Arbeitsbelastung, der die Kollegen des Klägers ebenso ausgesetzt waren wie er, gehört zu vollem persönlichem Einsatz ein respektvolles und konstruktives Verhalten bei der Wahrnehmung der Dienstgeschäfte. Die Kollegen des Klägers hatten aufgrund seines Verhaltens bei Gesprächen angegeben, dass das Arbeitsklima durch das Verhalten des Klägers außerordentlich gestört gewesen sei. Sie hätten versucht, den Kläger zu einer Verhaltensänderung zu bewegen, dies sei jedoch erfolglos geblieben. Er habe Weisungen immer wieder nicht befolgt und Kollegen diskreditiert. Sie fühlten sich von dem Kläger zwar nicht gemobbt, nähmen in jedoch auch nicht mehr ernst.

5. Durch die private Nutzung des Internets hat der Kläger gegen die Folgepflicht (§ 35 Abs. 1 BeamtStG) und die Pflicht zu vollem persönlichem Einsatz (§ 34 Satz 1 BeamtStG a.F.) verstoßen. Die private Nutzung des Internets ist bei dem Beklagten während der Dienstzeit nicht gestattet. Der Kläger hat das Internet an den von dem Beklagten stichpunktartig ausgewerteten Tagen (09. und 10. November 2020) in einem Maße privat genutzt, das eine ordnungsgemäße Dienstausübung während dieser Zeit als ausgeschlossen erscheinen lässt. Am 09. November 2020 postete der Kläger in der Dienstzeit zwischen 06:24 Uhr und 15:22 Uhr in den sozialen Medien insgesamt 21 Beiträge. Am 10. November 2020 postete er in der Dienstzeit zwischen 07:07 Uhr und 16:06 Uhr auf seiner Facebook-Seite Beiträge zu 34 Zeitpunkten. Soweit der Kläger hierzu vorgetragen hat, in dieser Zeit von dienstlichen Aufgaben faktisch freigestellt gewesen zu sein, vermag ihn dies nicht zu entlasten. An den beiden ausgewerteten und dem Kläger vorgeworfenen Tattagen steht dies zudem nicht in Einklang damit, dass sich der Kläger ausweislich der Zeiterfassung am 09. am 10. November 2020 jeweils fast neun Stunden (08 Stunden und 58 Minuten am 09. November 2020 und 08 Stunden und 59 Minuten am 11. November 2020) abzüglich 30 Minuten Mittagspause also jeweils 28 bzw. 29 Minuten länger als die regelmäßige Arbeitszeit, im Dienst befand. Dass die Internetnutzung des Klägers dienstlichen Bezug gehabt haben und der Pflege einer authentischen Social-Media Nutzung gedient haben könnte, wie der Kläger insinuiert, schließt die Kammer aus. Es handelte sich zumeist um Kochrezepte, Musikvideos oder Reisethemen.

6. Durch die Nichtanzeige des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hat der Kläger gegen die Pflicht zur Befolgung von Weisungen und allgemeiner Richtlinien verstoßen, § 35 Abs. 1 BeamtStG in Verbindung mit dem Runderlass des MF vom 08. April 2009 - 26 - 34 14/10 und § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 Nds. SÜG.

7. Durch die Beiträge auf Facebook mit Bezug zu der Politikerin I. und zu den Maßnahmen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie hat der Kläger kein Dienstvergehen begangen

Gemäß § 33 Abs. 2 BeamtStG hat der Beamte bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus seiner Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten seines Amtes ergibt. Die Pflicht zur Mäßigung besteht innerdienstlich wie außerdienstlich. Außerdienstlich ist das Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG von besonderem Gewicht. Meinungsäußerungen eines Beamten in der Öffentlichkeit sind danach verfassungsrechtlich nur dann durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützt, wenn sie nicht mit der aus der Stellung des Beamten folgenden, durch Art. 33 Abs. 5 GG, § 33 Abs. 2 BeamtStG gebotenen Pflicht zur Mäßigung, unvereinbar sind. Jedes Verhalten, das als politische Meinungsäußerung gewertet werden kann, ist danach nur dann verfassungsrechtlich durch Art. 5 GG gedeckt, wenn es nicht unvereinbar ist mit der in Art. 33 Abs. 5 GG geforderten politischen Treuepflicht des Beamten (BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 -, juris Rn. 96). Dabei ist jeweils im konkreten Fall die Vereinbarkeit einer Äußerung des Beamten mit seinen Dienstpflichten nach dem Grundsatz, dass rechtlich durch § 33 Abs. 2 GG begründete Grenzen des Art. 5 GG im Lichte des durch sie begrenzten Grundrechts auszulegen sind, zu entscheiden (BVerfG, NJW 1983, 2691 [BVerfG 30.08.1983 - 2 BvR 1334/82]).

Nach diesen Maßstäben hält die Kammer die beiden von dem Kläger auf Facebook getätigten Aussagen für gerade noch nicht dienstpflichtwidrig. Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität und Rechtstreue von Polizeibeamten von hohem Gewicht ist. Dies gilt insbesondere für Beamte die, wie der Kläger, im Bereich der politisch motivierten Kriminalität polizeilich tätig sind. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, in welchem Kontext die Aussagen getroffen wurden und ob der Beamte dabei Bezug auf sein Amt nimmt.

Hinsichtlich des Beitrages, mit dem der Kläger Medienberichte über die "Querdenken"-Demonstration in Leipzig und die nachfolgenden Ausschreitungen in Leipzig kommentierte, hat der Kläger seine Kritik zwar in drastischen Worten geäußert, die Kritik ist jedoch im Kontext der Ereignisse zu sehen und entbehrt nicht objektiver Anknüpfungspunkte. Denn nach der "Querdenken"-Demonstration kam es im Leipziger Stadtteil Connewitz zu erheblichen Ausschreitungen. Bereits zuvor kam es in dem Stadtteil, der in den Medien als "linksalternativ geprägt" beschrieben wird, häufiger zu Angriffen aus dem linksextremistischen Milieu (vgl. https://www.spiegel.de/panorama/leipzig-connewitz-erneuter-angriff-auf-polizeiwachen-a-16347d74-24a5-4920-911d-bab7d7fa848c, zuletzt abgerufen am 26. Januar 2023). Die seinerzeitige Bundestagsabgeordnete und Parteivorsitzende der Partei "Die Linke" I., hatte der sächsischen Polizeiführung nach der "Querdenken"-Demonstration "absolutes Versagen" vorgeworfen (https://www.focus.de/panorama/welt/krawallnacht-in-leipzig-erst-eskaliert-querdenken-demo-dann-brennt-connewitz_id_12634508.html, zuletzt abgerufen am 26. Januar 2023). Der Bezug der Äußerung des Klägers ist bei verständiger Würdigung seiner Aussage darin zu sehen, dass I. sich öffentlich zu ihrer Mitgliedschaft in dem Verein "Roten Hilfe e.V." bekannt hat (https://www.die-linke.de/start/nachrichten/detail/solidaritaet-muss-organisiert-werden/). Im Verfassungsschutzbericht des Landes Baden-Württemberg des Jahres 2021 heißt es hierzu: "Die "Rote Hilfe e. V." (RH) wendet sich primär an linke Aktivisten, die mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert sind. Damit dient sie besonders Personen aus dem linksextremistischen Spektrum als Anlaufstelle. Als Unterstützung bietet die RH sowohl ideelle als auch materielle Hilfe an. Unter anderem übernimmt sie Anwalts- und Gerichtskosten und leistet Unterstützung in Form von Solidaritätsbekundungen und einer gezielten Öffentlichkeitsarbeit zugunsten der Inhaftierten. Durch dieses Vorgehen ist die RH ein zentraler Akteur bei der Legitimierung linksextremistischer Straf- und Gewalttaten. Indem der Verein im Zusammenhang mit Maßnahmen der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr außerdem von "politischer Verfolgung" spricht, unterstellt er Staat und Justiz politische Willkür. Damit zweifelt die RH die Rechtsstaatlichkeit in Deutschland an" (Baden-Württemberg, Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen (Hrsg.), Verfassungsschutzbericht 2021, S. 103, abrufbar unter https://www.verfassungsschutz-bw.de/site/pbs-bw-lfv-root/get/documents_E467342853/IV.Dachmandant/LfV_Datenquelle_neu/Publikationen/Jahresberichte/Verfassungsschutzbericht%20Baden-W%C3%BCrttemberg%202021.pdf, zuletzt abgerufen am 26. Januar 2023). Der Kläger hat vor dem Hintergrund dieser öffentlich bekannten Tatsachen I. als prominente Vertreterin der politischen Linken in überspitzter Form dazu aufgefordert, Einfluss auf linke Straftäter zu nehmen. In der Gesamtschau stellt sich der Beitrag des Klägers damit als eine Reaktion auf die Ereignisse um die eskalierte "Querdenker"-Demonstration in Leipzig dar. Soweit der Beklagte dem Kläger im Schwerpunkt vorwirft, dass er seinerseits einer deutschen Politikerin öffentlich die Unterstützung von Linksextremisten vorwerfe, ergibt sich dies aus der Aussage des Klägers nicht. Soweit sein überspitzt und pointiert formulierter Beitrag Bezug auf die Unterstützung linksextremistischer Kreise durch diese Politikerin nimmt, entspricht dies öffentlich bekannten Tatsachen und ist als Teil des öffentlichen Meinungskampfes im Zuge der Aussagen zu den Ausschreitungen in Leipzig zu sehen.

Soweit der Kläger einen Journalistischen Beitrag zur Pandemiebekämpfung aus dem November 2020 mit dem Kommentar "1A Diktatur..." versehen hat, interpretiert die Kammer die Aussage des Klägers zu seinen Gunsten dahingehend, dass er damit die drastischen, im Rückblick nicht ohne Kritik gebliebenen, aus verfassungsrechtlicher Sicht umstrittenen, auch für die Advents- und Weihnachtszeit 2020 geplanten und letztlich umgesetzten Maßnahmen, kritisieren wollte. Wenngleich die Bezeichnung "Diktatur" geeignet ist, Zweifel an der politischen Treue des Beamten zu säen, lässt sich der Beitrag des Klägers als unbedachter, polemisch-überspitzter Kommentar der Maßnahmen lesen. Das Gericht berücksichtigt dabei maßgeblich, dass die Bekämpfung der COVID-19-Pandemie zu Maßnahmen ungeahnter Qualität mit Auswirkungen auf den privaten Lebensbereich geführt hat und sich die, hier nur schlagwortartig geäußerte, Kritik des Klägers dahingehend interpretieren lässt, dass er damit auf das bei der Pandemiebekämpfung teilweise erkennbare "Primat der Exekutive" und eine nach Auffassung des Klägers möglicherweise nicht hinreichende parlamentarische Kontrolle in scharfer Form hinweisen wollte. Vor dem Hintergrund der einmaligen Verwendung des Begriffes und der Tatsache, dass an der politischen Treuepflicht des Klägers im Übrigen, auch seitens des Beklagten, keine Zweifel bestehen, erachtet die Kammer die Äußerung des Klägers insoweit für gerade noch nicht pflichtwidrig. Hinzu tritt, dass der Kläger die Äußerungen privat getätigt hat. Er hat auf sein Facebook-Profil zwar auch zwei Fotos in Uniform eingestellt, dieses stehen jedoch in keinem Bezug zu den ihm vorgeworfenen Beiträgen und hätten von einem Leser aktiv im Profil des Klägers gesucht werden müssen.

8. Durch die vorgenannten Pflichtverletzungen hat der Kläger ein einheitliches, innerdienstliches Dienstvergehen schuldhaft begangen. Verschuldensformen sind Vorsatz und Fahrlässigkeit (Grigoleit, in: Battis, Bundesbeamtengesetz, 5. Auflage, § 77 Rn. 17; Hermann, in: Hermann/Sandkuhl (Hrsg.), Beamtendisziplinarrecht, Beamtenstrafrecht, 2. Auflage, § 4 Rn. 98 ff; Thomsen, in: Brinktrinke/Schollendorf (Hrsg.), BeckOK Beamtenrecht Bund, 24. Edition, § 47 BeamtStG Rn. 5; Reich, Beamtenstatusgesetz, 3. Auflage, § 47 Rn. 4). Dem Kläger fällt, anders als der Beklagte meint, schwerpunktmäßig Fahrlässigkeit zur Last (zum Maßstab vgl. Nds. OVG, Urt. v. 11. Juni 2013 - 6 LD 1/13 -, juris Rn, 47 mit zahlreichen Nachweisen). Ihm fällt nur hinsichtlich der privaten Internetnutzung Vorsatz, im Übrigen Fahrlässigkeit zur Last. Dass der Kläger Fahrtzeiten vorsätzlich falsch als Arbeitszeit erfasst hat, ist ihm nicht nachzuweisen. Sein Verhalten - auch während des gerichtlichen Verfahrens - deutet eher darauf hin, dass ihm die Vorschriften insoweit nicht geläufig waren. Dies begründet jedoch den Vorwurf des fahrlässig schuldhaften Handelns. Es ist nicht ersichtlich, dass sich der Kläger in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum (vgl. § 17 StGB) befand.

9. Die Kammer hält eine Geldbuße in Höhe von 2.000,- EUR für angemessen, um die aufgezeigte Pflichtwidrigkeit zu ahnden.

Grundlage der Bemessung ist § 14 NDiszG. Danach ergeht die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 NDiszG). Sie ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 NDiszG). Das Persönlichkeitsbild des Beamten einschließlich des bisherigen dienstlichen Verhaltens ist angemessen zu berücksichtigen (§ 14 Abs. 1 Satz 3 NDiszG). Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat (§ 14 Abs. 1 Satz 4 NDiszG). Für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens richtungsweisend. Hierbei ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Bestimmend sein können dabei objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z. B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, besondere Umstände der Tatbegehung, z. B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte, z. B. materieller Schaden (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 -, BVerwGE 124, 252; Urteil vom 28. Juli 2011, - 2 C 16.10 -, juris; Nds. OVG, Urteil vom 21. Januar 2017 - 3 LD 2/17 -, juris). Das Bemessungskriterium "Persönlichkeitsbild des Beamten" im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 3 NDiszG erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tat. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten entspricht oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. Das Bemessungskriterium "Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit" gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 NDiszG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seiner konkret ausgeübten Funktion.

Aus den gesetzlichen Vorgaben des § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 NDiszG folgt die Verpflichtung, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer auch prognostischen Gesamtwürdigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als eines Mittels der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (zum Vorstehenden: BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 -, juris, BVerwGE 124, 252; Urteil vom 03. Mai 2007 - 2 C 9.06 -, juris; Nds. OVG, Urteil vom 01. Dezember 2014 - 6 LD 5/13 -, juris m.w.N.).

Mit Rücksicht auf alle Umstände, die der Bemessung zu Grunde zu legen sind, hält die Kammer hier die Verhängung einer Geldbuße gemäß § 8 NDiszG für ausreichend, im Hinblick auf die Verletzung gewichtiger beamtenrechtlicher Pflichten aber auch für erforderlich, um dem Kläger sein dienstpflichtwidriges Verhalten vor Augen zu führen und ihn dazu anzuhalten, in Zukunft seine Dienstpflichten gewissenhaft zu erfüllen.

Der mit der Disziplinarverfügung verhängten Kürzung der Dienstbezüge bedarf es insoweit nicht, sie ist nicht angemessen, weswegen die Disziplinarverfügung wie tenoriert zu ändern war.

Der Kläger ist disziplinarisch unbescholten und bislang dienstlich nicht negativ in Erscheinung getreten.

Erheblich zu Gunsten des Klägers wirkt sich aus, dass sich der Vorwurf der unrichtigen Angabe von Arbeitszeiten nur zu einem verhältnismäßig geringen Anteil bestätigt hat und auch die Beiträge des Klägers in sozialen Netzwerken nicht dienstpflichtwidrig waren.

Die übrigen Verfehlungen sind allerdings von einigem Gewicht. Dabei berücksichtigt die Kammer insbesondere die häufige Fehlabrechnung von Fahrtzeiten, obwohl die Modalitäten von Dienstreisen mehrfach Thema zwischen dem Kläger und seinem Vorgesetzten waren. Die Pflicht zur Dienstleistung ist wie die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Berechnung der Dienstzeiten gegenüber dem Dienstherrn eine elementare Pflicht eines Beamten. Sie ist Ausfluss des Dienst- und Treuegedankens, wie er auf der Grundlage des Art. 33 Abs. 4 und 5 GG im Begriff des Beamtenverhältnisses als eines öffentlichen Dienst- und Treueverhältnisses normativ verankert ist. Durch den sorglosen - und im Ergebnis rechtswidrigen - Umgang mit Fahrtzeiten hat der Kläger das in ihn gesetzte Vertrauen bezüglich der sehr freien Arbeitszeiterfassung und Arbeitseinteilung als Vertreter im GETZ enttäuscht. Die Einhaltung der Dienstzeiten kann bei einer solchen Regelung nicht lückenlos kontrolliert werden. Für ihr Funktionieren kommt es vielmehr entscheidend auf das Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein der Bediensteten an (vgl. auch VG Osnabrück, Urteil vom 11. November 2008 - 10 A 3/07 -, n.v.).

Als relativ schwerwiegend betrachtet die Kammer das Verhalten des Klägers gegenüber seinen Kollegen, insbesondere die ehrabschneidende Äußerung gegenüber KOK L.. Der Kläger hat insoweit auch in der mündlichen Verhandlung keine Einsicht gezeigt und die Aussagen mit dem Argument, den Gemeinten nicht namentlich benannt zu haben, herunterzuspielen versucht. Bezüglich des weiteren Fehlverhaltens, insbesondere mangelnder Dienstleistungsbereitschaft bis hin zu Arbeitsverweigerung, hat der Kläger ebenfalls keine nennenswerte Einsicht gezeigt und sich selbst eher als Opfer dargestellt. Sein insoweit vorgebrachtes Argument, überobligatorisch Dienst geleistet und sogar auf Mittagspausen verzichtet zu haben, widerspricht der teilweise erheblichen privaten Internetnutzung am Arbeitsplatz. Sollte in dem fraglichen Zeitraum zudem, wie der Kläger meint, wenig Arbeit zu erledigen gewesen sein, ist dies nicht mit der Geltendmachung von mehr als der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit über das ZEUS-Terminal zu vereinbaren.

In der Abwägung aller Umstände hält die Kammer die Verhängung einer Geldbuße als einer grundsätzlich eher milden, aber mit einer Höhe von 2.000,- EUR im oberen Bereich des bis zu 2.500,- EUR reichenden Rahmens liegenden Maßnahme, für erforderlich und geboten.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 69 Abs. 1 NDiszG i.V. mit § 155 Abs. 1 VwGO. Den Anteil des jeweiligen Obsiegens bemisst die Kammer jeweils mit der Hälfte, weil dem Kläger ein Dienstvergehen nachgewiesen ist, sich die mit der angefochtenen Disziplinarverfügung erhobenen Vorwurf aber nur zum Teil bestätigt haben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 4 NDiszG i.V. mit § 167 VwGO i.V. mit § 708 Nr. 11 ZPO.