Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 29.08.2022, Az.: 3 Ws 194/22 (StrVollz)
Pflicht zum Anbieten zielführender Betreuungsangebote in der Sicherungsverwahrung; Berechnung des Prüfzeitraumes nach § 119a StVollzG; Zulässigkeit standardisierter Betreuungsangebote; Keine gesetzliche Frist für Durchführung der Behandlungsuntersuchung; Höchstdauer einer Behandlungsuntersuchung; Pflicht zur ständigen Fortschreibung des Vollzugsplans; Verlegung in Sozialtherapie bei fehlender Erfolgsaussicht für Maßregel nach § 64 StGB
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 29.08.2022
- Aktenzeichen
- 3 Ws 194/22 (StrVollz)
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 69142
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Lüneburg - 21.02.2022 - AZ: 17b StVK 25/21
Rechtsgrundlagen
- NJVollzG § 9 Abs. 2
- § 64 StGB
- § 66c StGB
- § 473 Abs. 4 StPO
- § 119a StVollzG
Redaktioneller Leitsatz
1. Dem Gefangenen wurde in den näher bezeichneten Prüfungszeiträumen keine Behandlung angeboten, die den gesetzlichen Anforderungen nach § 66c Abs. 2 i.V. mit Abs. 1 Nr. 1 StGB entspricht.
2. Der Prüfungszeitraum erstreckt sich auf zwei Jahre und beginnt mit der Rechtskraft der die Sicherungsverwahrung anordnenden Entscheidung.
3. Die Unterbreitung standardisierter Angebote ist zulässig, soweit dies die Mitwirkungsbereitschaft des Gefangenen fördert und individuell bezogen auch geeignet ist. Denn oberstes Ziel ist die Verringerung der Gefährlichkeit des Gefangenen für die Allgemeinheit.
4. Ein gesetzeskonformes Betreuungsangebot setzt eine umfassende Behandlungsuntersuchung voraus. Eine gesetzliche Frist für deren Durchführung besteht allerdings nicht.
5. Es besteht die Pflicht, den individuell für den Gefangenen entwickelten Vollzugsplan regelmäßig fortzuschreiben.
6. Die Höchstdauer für die eigentliche Untersuchung und die Gutachtenerstattung im Rahmen der Behandlungsuntersuchung beträgt zwei Monate.
Tenor:
- 1.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben,
a) soweit festgestellt wurde, dass die dem Gefangenen von der Vollzugsbehörde auch für den Zeitraum 20. Dezember 2019 bis 28. Juni 2020 sowie 7. September 2020 bis 1. Dezember 2020 angebotene Betreuung den Anforderungen nach § 66c Abs. 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches entsprochen hat,
b) sowie soweit die Strafvollstreckungskammer die gerichtliche Kontrolle des Behandlungsangebotes auf den 19. Dezember 2019 und über den 19. Dezember 2021 hinaus erstreckt hat.
- 2.
Es wird festgestellt, dass die dem Betroffenen von der Vollzugsbehörde in den unter 1. a) aufgeführten Zeiträumen angebotene Betreuung den Vorgaben des § 66c Abs. 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches nicht entsprochen hat.
- 3.
Im Übrigen wird die Beschwerde verworfen.
- 4.
Die Kosten der Beschwerde fallen dem Beschwerdeführer zur Last, jedoch wird die Gerichtsgebühr um 50% ermäßigt, in diesem Umfang trägt die Landeskasse die dem Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.
- 5.
Der Gegenstandswert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Gefangene wurde durch Urteil des Landgerichts Göttingen vom 12. November 2018 (Az.: 1 KLs 21 Js 919/19 (9/18)) wegen "besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, schwerem Raub und vorsätzlicher Körperverletzung" zu einer Freiheitsstrafe von 10 Jahren verurteilt. Außerdem wurde die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Dem Urteil des Landgerichts Göttingen liegt ein Überfall auf eine Sparkasse zugrunde. Diesen beging der Gefangene unter anderem mit einem Mitangeklagten, mit dem er bereits im Rahmen eines vorangegangenen Vollzugs einer Unterbringung in einer Maßregeleinrichtung, der Klinik für forensische Psychiatrie in H., während eines Freigangs einen Überfall auf eine Bank begangen hatte. Zu dem Sachverhalt im Einzelnen und den der Anordnung der Sicherungsverwahrung zugrundeliegenden Erwägungen siehe unten II.
Die Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Göttingen vom 12. November 2018 wird seit Eintritt der Rechtskraft am 20. Dezember 2019 vollstreckt. Zuvor befand sich der Beschwerdeführer seit dem 31. Januar 2018 bis zum 19. Dezember 2019 in der Sache in Untersuchungshaft. Der Zweidritteltermin ist auf den 20. Oktober 2024 notiert. Hieran schließt sich die Vollstreckung eines Strafrestes von 54 Tagen aus dem Urteil des Landgerichts Hanau vom 14. November 2000 an. Das Strafende ist auf den 14. April 2028 notiert, anschließend ist die Vollstreckung der angeordneten Sicherungsverwahrung vorgesehen.
Die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg mit Sitz in Celle hat anlässlich der erstmalig strafvollzugsbegleitenden gerichtlichen Kontrolle bei angeordneter Sicherungsverwahrung mit Beschluss vom 21. Februar 2022 für den zurückliegenden Zeitraum seit dem 19. Dezember 2019 festgestellt, dass die dem Gefangenen von der Justizvollzugsanstalt angebotene Betreuung den gesetzlichen Anforderungen entsprach. Dabei erachtete die Kammer es als erforderlich vor einer Überweisung in eine andere Maßregel oder Sozialtherapie niederschwellige Maßnahmen durchzuführen, damit die spätere Maßnahme erfolgreich durchlaufen werden kann. Entsprechende, geeignete Maßnahmen seien dem Gefangenen angeboten worden.
Gegen diesen - dem beigeordneten Rechtsanwalt am 28. Februar 2022 zugestellten - Beschluss hat der Gefangene am 28. März 2022 mittels Schriftsatz seines beigeordneten Rechtsanwalts eine zunächst nicht näher begründete Beschwerde eingelegt.
Der Zentrale Juristische Dienst für den niedersächsischen Justizvollzug und die Generalstaatsanwaltschaft Celle haben in ihren Stellungnahmen jeweils beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
Der Senat hat mit Verfügungen vom 31. Mai 2022 und 5. Juli 2022 ergänzende Stellungnahmen der JVA C. sowie der JVA H. eingeholt und weitere Unterlagen erfordert, nämlich u.a. das Gutachten des Diagnoseverfahrens und alle Vollzugspläne des Prüfungszeitraums. Die ergänzende Stellungnahme der JVA C. nebst Anlagen vom 20. Juni 2022 ist am 30. Juni 2022, die Stellungnahme der JVA H. vom 13. Juli 2022 am 18. Juli 2022 eingegangen.
Der beigeordnete Rechtsanwalt des Gefangenen hat hierzu mit Schreiben vom 8. August 2022 Stellung genommen. Er führt insbesondere aus, dass nicht nachvollziehbar sei, weswegen nach wie vor eine Überweisung in eine Maßregel nach § 64 StGB als verfrüht erachte werde, zumal nicht auf den Endstrafenzeitpunkt abgestellt werden dürfe. Des Weiteren sei offensichtlich in der Zeit bis zur Verlegung in die JVA Celle im März 2020 keinerlei Behandlung erfolgt.
II.
1.
Dem die Sicherungsverwahrung anordnendem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Um sich finanzielle Mittel zu verschaffen entschlossen sich der Mitangeklagte L. sowie der Gefangene erneut ein Geldinstitut zu überfallen. Der Gefangene und der Mitangeklagte begaben sich hierzu am 5. Januar 2018 nach G., um dort eine Sparkassenfiliale zu überfallen. Der Gefangene und der Mitangeklagte L. begaben sich zur Sparkassenfiliale, ein weiterer Beteiligte, der Mitangeklagte H., wartete absprachegemäß am Steuer des Fluchtwagens in einiger Entfernung. Beim Betreten der Filiale führte der Gefangene entsprechend der zuvor mit dem beiden Mitangeklagten getroffenen Abrede eine täuschend echt aussehende Spielzeugpistole bei sich. Diese sollte dem gemeinsamen Plan entsprechend zur Bedrohung der Bankangestellten und etwaiger Kunden eingesetzt werden, um sie in Schach zu halten und den anwesenden Mitarbeiter der Bank durch Vorhalt der vermeintlich scharfen Waffe zur Herausgabe oder Preisgabe des erhofften, vorzufinden Bargeldes zu zwingen. Beim Betreten der Bank durch den Angeklagten L. und den Gefangenen, der die Spielzeugpistole offen in der rechten Hand hielt, war der Schalterraum mit der Filialleiterin, der Zeugin und Nebenklägerin S. M., besetzt, in der Bank befand sich eine Kundin. Die beiden Angeklagten betraten vermummt die Bank. Der Gefangene schrie mit der Pistole in der Hand: "Überfall, kein Alarm!". Der Mitangeklagte L. forderte die Kundin auf sich hinzulegen. Als sie dem nicht nachkam, schubste er sie heftig im Bereich der rechten Schulter, sodass sie Zeugin hinfiel und eingeschüchtert auf dem Boden liegen blieb. Der Verurteilte forderte Geld von der Filialleiterin. Er entnahm schließlich aus einer Schublade unter dem Tresen, in der sich loses und gewolltes Münzgeld befand, dieses Geld. Die Bankfiliale verfügte, was den Angeklagten nicht bekannt war, lediglich über Münzgeld für ansässige Geschäftskunden. Der übrige Geldverkehr wurde über den Geldausgabeautomaten abgewickelt, an dem sich Scheingeld ein - und auszahlen ließ und zu dem die Mitarbeiter keinen Zugang haben. Währenddessen entnahm der Mitangeklagte L. aus der Geldbörse der am Boden liegenden Kundin den von ihr abgehobenen Geldbetrag von 200 € sowie diverse Karten und fünf Euro Kleingeld. Der Gefangene entdeckte einen verschlossenen Tresor, in dem er mehr Geld vermutete, weshalb er von der Filialleiterin forderte, dass sie den Tresor öffnen solle. Um der Forderung Nachdruck zu verleihen, stieß er den Lauf der Waffe mehrfach heftig gegen den Oberkörper der Filialleiterin. Die Filialleiterin hatte jedoch keinen Schlüssel zu dem Tresor, was sie dem Gefangenen auch mitteilte. Daraufhin schlug der Gefangene der Filialleiterin, die inzwischen auf die Knie gegangen war, von oben herab die Pistole auf den Kopf, wodurch sie eine Schürfwunde, eine Schädelprellung und eine blutende Wunde am Zeigefinger erlitt. Schließlich verließen der Gefangene und der Mitangeklagte die Bankfiliale unter Mitnahme von 2187,01 €. Sie begaben sich zu ihrem Fluchtfahrzeug, welches in der Nähe geparkt war. Dort wartete bereits der Mitangeklagte H. Sie fuhren nach H., wo der Verurteilte und der Mitangeklagte H. unter Mitnahme der Beute in das Auto des Mitangeklagten H. umgestiegen. Der frühere Mitangeklagte L. setzte sich an das Steuer des Pkw Opel Vectra, dem Fluchtfahrzeug. Sie trennten sich für die weitere Flucht. Es war geplant, die Beute später untereinander aufzuteilen, wozu es jedoch nicht mehr kam. Der Verurteilte und der Mitangeklagte H. lieferten sich eine Verfolgungsfahrt mit einem Streifenwagen, wobei der Gefangene eine Kollision mit diesem oder mit anderen Verkehrsbeteiligten, billigend in Kauf nahm, um seine Flucht zu ermöglichen. Es kam zu einer Kollision zwischen den beiden Fahrzeugen. Durch diese verlor der Gefangene die Kontrolle über seinen Wagen und verunfallte.
Nach den Feststellungen des Landgerichts Göttingen war die Schuldfähigkeit des Gefangene zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Tat nicht forensisch relevant beeinträchtigt. Das Landgericht wurde sachverständig beraten durch den Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie sowie Oberarzt am Maßregelvollzugszentrum Niedersachsen B. R. Dr. med. R.. Ausweislich der Feststellungen hat der Sachverständige zusammenfassend ausgeführt, der Gefangene habe ihm gegenüber angegeben, seit 1992 zunehmend regelmäßig Kokain und später hinzukommend auch Heroin nasal konsumiert zu haben. Insgesamt bestünden aufgrund der kriminellen Vorgeschichte keine Zweifel an einer Heroin - und Kokainabhängigkeit. Diese Suchtmittelabhängigkeit habe aber keinen unmittelbaren kausalen Zusammenhang mit den früheren Straftaten. So sei es bei dem Überfall auf eine Bank aus dem Maßregelvollzug heraus um die Begleichung von Schulden aus dem kriminellen Milieu gegangen. Insgesamt sei im heutigen Rückblick eine Kriminalität wegen der Suchtmittelabhängigkeit nicht zu bejahen. Auch aktuell ergebe sich kein Hinweis auf eine wesentliche Suchtmittelintoxikation. Vorliegend bestünden Kriminalität und Suchtmittelabhängigkeit nebeneinander. Der Gefangene weise eine von dem Substanzkonsum unabhängige dissoziale Verhaltensbereitschaft auf. Diagnostisch liege eine dissoziale Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F60.2) vor. Zu den vorangegangenen Aufenthalten im Maßregelvollzug führte der Sachverständige aus, dass der Gefangene beide Male den Eindruck erweckt habe, therapeutisch mitzuarbeiten und Lockerungen erhalten habe. Bei seinem ersten Aufenthalt in einer Entziehungsanstalt [Anmerkung des Senats: im Jahr 1997 vgl. unten 2. a)] habe er eine Pistole erworben und nach den vorhandenen Aktenunterlagen kein Verständnis dafür gezeigt, dass diese Handlung therapeutisch als antisozial angesehen wurde. In der zweiten Maßregelvollzugstherapie [Anmerkung des Senats: in den Jahren 2000/2001, vgl. unten 2. b)] habe er einen Banküberfall geplant und mit demselben Menschen ausgeführt, mit dem er den ihm jetzt vorgeworfenen Überfall auf die Sparkasse mutmaßlich begangen habe. Die Begehung einer schweren Straftat während man sich in Therapie befinde, Einzel- und Gruppengespräche führe und Lockerungen zur Erprobung des bisher therapeutischen Erreichten erhalte, belege die antisoziale Haltung des Angeklagten und das Ausnutzen von Therapien, um Vergünstigungen und Lockerungen zu erhalten. Er zeige eine deutliche und andauernde Verantwortungslosigkeit und Missachtung sozialer Normen, Regeln und Verpflichtungen, indem er immer wieder schwere Straftaten begehe, zweimal nach dem er erst wenige Wochen zuvor aus dem Vollzug entlassen worden sei und aus einer laufenden intensiven Therapie heraus. Ein Einlassen auf eine Therapie könne nicht festgestellt werden. Der Gefangene habe vielmehr im Maßregelvollzug vollzügliche Vorteile gesucht, erlangt und für deliquentes Verhalten genutzt. Sein durchgehend kriminelles Verhalten bestehe neben dem polyvalenten Suchtmittelkonsum. Er scheint eine ausgeprägte Unfähigkeit zum Erleben von Schuldbewusstsein und zum Lernen aus Erfahrung, insbesondere Bestrafung zu haben. Er weise eine ausgeprägte Neigung auf, vordergründige Rationalisierung für das eigene Verhalten anzubieten, wie Suchtmitteldruck, Angst um die bedrohte Familie, Suchtmittelrückfälle aufgrund psychosozialen Druckes oder einfach Verführung durch andere. Die Kriterien der dissozialen Persönlichkeitsstörung seien erfüllt. Zudem habe der Gefangene in der Psychopathy-Checkliste mit 30 einen hohen Wert erreicht, der das Vorliegen des untersuchten Kriteriums Psychopathie und damit der Diagnose der Dissozialität stütze. Darüber hinaus sei keine relevante psychische Störung feststellbar. Im Vordergrund stehe daher die dissoziale Persönlichkeitsstörung. Diese sei nicht als schwere andere seelische Abartigkeit einzuordnen. Unter Zugrundelegung der insofern erarbeiteten Kriterien sei bezüglich des Gefangenen festzustellen, dass seine Verhaltensspielräume weitgehend erhalten geblieben seien, was sich unter anderem daran zeige, dass er vordergründig in der Therapie des Maßregelvollzugs mitgewirkt habe, im Grunde aber an seinem kriminellen Denkstil festgehalten habe und er zweckgerichtet Beziehung habe eingehen können. Bis zum Erwachsenenalter habe er eine altersentsprechende biografische Entwicklung in Form von Schulbesuch, Ausbildung und Ehe durchgemacht. Er zeige eine intakte Realitätskontrolle und reife Abwehrmechanismen im Sinne von Verleugnung. Auch hätten sich keine Auffälligkeiten in der affektiven Ansprechbarkeit ergeben. Insgesamt sei die bei dem Gefangenen vorliegende dissoziale Persönlichkeitsstörung nicht krankhaft, sondern Ausprägung seines kriminellen Verhaltensstils im Sinne einer chronischen kriminellen Entwicklung. Die Eingangsmerkmale der § 20, 21 StGB seien aus medizinischer Sicht nicht erfüllt. Die Kammer des Landgerichts Göttingen hat sich diesen Ausführungen des Sachverständigen nach eigener kritischer Würdigung angeschlossen.
Die Kammer hat in ihrem Urteil auch Ausführungen zu den Voraussetzungen einer Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB getätigt und dies im Ergebnis verneint. Der Sachverständige habe mit nachvollziehbaren Ausführungen für die Vergangenheit einen Hang des Gefangenen, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, bejaht allerdings ausreichende Anknüpfungspunkte für einen fortbestehenden Hang verneint. Zudem sei ein Zusammenhang zwischen dem vorgeworfenen Banküberfall und einem etwaigen Hang nicht wahrscheinlich. Zwar werde der Gefangene seinem Wunsch, Kokain und Heroin zu konsumieren, wahrscheinlich auch mit dem erbeuteten Geld befriedigen. Die Bereitschaft zu Straftaten - auch den früheren - sei aus Sicht des Sachverständigen nicht aus dem Druck heraus, sich Geld zu besorgen zu müssen, um Entzugssymptomen vorzubeugen, sondern aufgrund einer dissozialen kriminellen Handlungsbereitschaft entstanden. Zudem fehle es auch an einer hinreichend konkreten Aussicht auf einen Behandlungserfolg. Zuletzt habe der Angeklagte 2012 - 2013 eine Gruppentherapie in der JVA absolviert und auch dort seinen Abstinenz- und Veränderungswillen betont, obwohl er während der Therapiezeit mit Heroin rückfällig geworden sei. Nach seiner Entlassung aus der Haft sei er mit einer ähnlichen Tat, die in den letzten 21 Jahren nunmehr zum vierten Mal begangen habe, auffällig geworden. Eine Verhaltensänderung bzw. eine Veränderung seines kriminellen Denkstils sei nicht festzustellen. Empirisch seien die anhaltenden schweren Straftaten, die dissoziale Persönlichkeitsstörung, der kriminelle Verhaltensstil und der Suchtmittelmissbrauch, der zumindest in der Vergangenheit eine Rolle gespielt habe, ungünstige Faktoren für eine ausreichende Aussicht auf Erfolg einer Entziehungsbehandlung. Aufgrund der zugrundeliegenden Persönlichkeitsstruktur des Gefangenen sei keine Veränderungsbereitschaft zu erkennen. Eine Suchtmitteltherapie habe auf die kriminelle Verhaltensbereitschaft keinen Einfluss. Diesen überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen hat sich die Kammer des Landgerichts Göttingen nach eigener kritischer Würdigung angeschlossen. Die Kammer führte zu der Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung aus, dass die Kriterien eines Hanges im Sinne des § 66 StGB vorliegen. Die Kammer schloss sich auch insoweit den Ausführungen des Sachverständigen an. Bei dem Gefangenen zeige sich zwar eine nicht ich-fremd wirkende Haltung zu den vorgeworfenen Straftaten. Er habe diese in der Vergangenheit mit drohenden Entzugssymptomen oder Schulden im kriminellen Milieu begründet. Zwar habe er immer wieder psychosoziale Auslösefaktoren oder begünstigende Konflikte genannt. Diese seien aber bei seinen sonstigen Fähigkeiten zur Lebensbewältigung nicht nachvollziehbar. Die Phasen der Delinquenz würden nur unterbrochen von mehr oder weniger langen Aufenthalt im Gefängnis oder Maßregelvollzug. Die Rückfallneigung sei schon vor 21 Jahren sehr hoch gewesen. Der Gefangene habe häufig Auflagen missachtet. Er habe die Tatumstände und die Taten sehr aktiv gestaltet bzw. geplant und im Vorfeld ausführlich mit seinen Mittätern besprochen, Autos organisiert und Tatorte ausgekundschaftet. Ähnlich habe es sich, ginge man von der Richtigkeit des Tatvorwurfs aus, auch im Rahmen der jetzigen Tat verhalten. Der Gefangene habe sich eindeutig auf einen bestimmten Deliktstyp, nämlich räuberische Erpressung bzw. Überfälle auf Banken, früher auch Tankstellen, spezialisiert. Es deute viel darauf hin, dass er Zeit seines Erwachsenenlebens und auch noch aktuell in einer kriminellen Subkultur verwurzelt sei. Das Kriterium der "Psychopathy" nach Hare sei erfüllt. Reizhunger zeige sich zum Beispiel in der Neigung zu Kokain und "dem unverbundenen Stil in verschiedenen Ehen". Deutlich sei sein antisozialer Denkstil unter anderem im Rahmen der Maßregelvollzugsbehandlung, die er teilweise genutzt habe, um vor ihrem Hintergrund neue Taten zu begehen. Aus forensisch-psychiatrischer Sicht handele es sich bei dem Gefangenen um einen Hangtäter mit hohem Wiederholungsrisiko für der aktuell vorgeworfenen tatähnlichen Taten. Auch diesen Ausführungen hat sich die Kammer des Landgerichts Göttingen angeschlossen und neue vergleichbare Taten vor dem Hintergrund der Rückfallgeschwindigkeit mit einer Steigerung der Intensität, dass nach wie vor bestehenden Kontakt zum kriminellen Milieu, der Wirkungslosigkeit erlittener Freiheitsstrafe und vollzogener Maßregeln sowie der dissozialen Persönlichkeit des Gefangenen in einem sehr hohen Maße als wahrscheinlich erachtet. Zur Abwendung dieser Gefahr bedürfe es aus Sicht der Kammer der Sicherungsverwahrung.
2.
Der Gefangene ist - neben dieser Verurteilung - bereits vielfach, auch einschlägig strafrechtlich vorbelastet. Der erste Eintrag datiert aus dem Jahr 1984. Er verbüßte bereits zahlreiche Freiheitsstrafen. Er ist haft- und maßregelerfahren. Gewährte Strafaussetzungen zur Bewährung mussten widerrufen werden. Vor der Freiheitsentziehung in dieser Sache befand sich der Gefangene zuletzt seit dem 27. April 2000 bis zum 1. September 2015 durchgehend in freiheitsentziehenden Maßnahmen. Bereits zweimal wurde gegen ihn eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vollzogen, nämlich aufgrund der Urteile des Landgerichts Hanau vom 2. Mai 1997 (a) und 14. November 2000 (b).
a) Das Landgericht Hanau verurteilte den Gefangenen am 2. Mai 1997 wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und ordnete seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Gefangene, um sich finanzielle Mittel zu verschaffen, u.a. für den Erwerb von Betäubungsmitteln, versuchte, mit einer geladenen Gaspistole eine Tankstelle zu überfallen.
Der Gefangene, der bei der Tatbegehung die Gaspistole abfeuerte, wurde jedoch von dem Tankstellenbetreiber und dessen Schwiegersohn überwältigt. Der Freiheitsentzug aufgrund des Urteils des Landgericht Hanau vom 2. Mai 1997 wurde gegen den Gefangenen seit dem 6. Januar 1997 vollstreckt. Ab dem 12. Juni 1997 befand er sich im Maßregelvollzug des Psychiatriekrankenhauses Hadamar. Mit Beschluss vom 27. Mai 1998 des Landgerichts Limburg an der Lahn wurde angeordnet, dass die mit Urteil des Landgerichts Hanau 2. Mai 1997 angeordnete Unterbringung in einer Entziehungsanstalt aus Gründen, die in der Person des Verurteilten liegen, nicht weiter zu vollziehen ist. Hintergrund war, dass der Verurteilte, der sich in der "Clean-Phase" befand, bei einem genehmigten Ausgang mit einer Gaspistole nebst entsprechender Munition aufgegriffen wurde. Sein ihn begleitender Mitpatient führte eine scharfe Waffe nebst Munition mit sich, wovon der Gefangene Kenntnis hatte. Dieses Verhalten wurde als massiver Rückfall in alte Gewohnheiten gewertet und seine Therapiemotivation dahin interpretiert, dass es ihm vordergründig um den Genuss von Vollzugslockerungen gehe. Die Entscheidung wurde am 24. Juli 1998 rechtskräftig. Mit Beschluss des Landgerichts Kassel vom 24. Februar 2000 wurde die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe für die Dauer von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt. Der Angeklagte wurde am 6. April 2000 aus der JVA K. entlassen. Diese Vollstreckungsaussetzung wurde später widerrufen. Die Strafvollstreckung war am 23. Januar 2008 erledigt.
b) Am 14. November 2000 verurteilte das Landgericht Hanau den Angeklagten, unter seinem Geburtsnamen K., wegen schwerer räuberischer Erpressung sowie wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten und ordnete seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Dem Urteil lag zugrunde, dass der Gefangene nur kurze Zeit nach seiner Entlassung aus der Strafhaft gemeinsam mit einem Mitangeklagten eine Raiffeisenfiliale überfiel. Bei der Tatbegehung verwendete der Gefangene eine ungeladene Waffe. Der Gefangene nutzte seinen Anteil der Tatbeute, um sich mit Betäubungsmitteln zu bevorraten. Nach den Feststellungen der Kammer lag bei dem Gefangenen zum Zeitpunkt der Tat eine schwere Abhängigkeit von Kokain und Heroin vor. Die Kammer ging aufgrund der Abhängigkeitserkrankung sowie einem gleichfalls zu diesem Zeitpunkt vorliegenden akuten Entzugssyndrom von einer Verminderung der Steuerungsfähigkeit bzw. Einsichtsfähigkeit aus.
Seit dem 27. April 2000 befand der Verurteilte sich in der Sache im Freiheitsentzug. Zunächst auf der Basis von § 126a StPO erneut in einem Maßregelvollzug in der Klinik für Forensische Psychiatrie in H. Mit Beschluss des Landgerichts Limburg an der Lahn vom 1. November 2001 wurde angeordnet, dass die Unterbringung aus Gründen, die in der Person des Verurteilten liegen, nicht weiter zu vollziehen ist und dieser nach Rechtskraft der Entscheidung zur weiteren Verbüßung der verhängten Freiheitsstrafe in eine JVA überstellt werde. Hintergrund war, dass gegen den Gefangenen der dringende Tatverdacht bestand, am 21. September 2001 eine Sparkassenfiliale überfallen zu haben (vgl. hierzu unten c). In dem Beschluss wird u.a. ausgeführt, dass es dem Verurteilten an der Fähigkeit einer nachhaltigen Verhaltensänderung fehle und damit eine hinreichend konkrete Aussicht, ihn von der Sucht zu heilen oder für eine gewisse Zeitspanne vor dem Rückfall in die akute Sucht zu bewahren, nicht bestehe. Seit dem 7. Februar 2002 verbüßte der Gefangene Strafhaft in dieser Sache. Der noch offene Rest der Gesamtbreitestrafe von fünf Jahren und sechs Monaten wurde schließlich durch Beschluss des Landgerichts Kiel vom 27. August 2015 zum 1. September 2015 zur Bewährung ausgesetzt. Die Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung wurde wiederrufen. Die Vollstreckung des Strafrestes ist im aktuellen Vollstreckungsplan ab dem 21. Oktober 2024 notiert. Das Strafende ist für den 13. Dezember 2024 vorgesehen.
c) Wegen des Vorfalls, der zu der Beendigung der Maßregel mit Beschluss vom 1. November 2001 (siehe oben b) geführt hat, verurteilte das Landgericht Hanau den Gefangenen, ebenfalls unter seinem Geburtsnamen K., gemeinsam mit dem Mitangeklagten L. am 7. Februar 2002 wegen gemeinschaftlicher schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von jeweils acht Jahren. Bei dem Mitangeklagten L. handelt es sich um dieselbe Person, mit dem der der Gefangene auch die der Anordnung der Sicherungsverwahrung zugrundeliegende Tat begangen hat. Der Verurteilung vom 7. Februar 2002 lag erneut ein Überfall auf eine Bank, nämlich eine Sparkassenfiliale zugrunde. Die beiden Angeklagten befanden sich gemeinsam in der Klinik für forensische Psychiatrie in H. Im Rahmen eines Freigangs entwendeten sie zunächst gemeinsam einen Pkw, welchen sie sodann bei einem weiteren Freigang als Fluchtfahrzeug für den geplanten und durchgeführten Überfall auf eine Sparkasse nutzten. Der Gefangene setzte bei dieser Tat entsprechend des gemeinsamen Tatplans eine Schreckschusspistole ein. Die Schuldfähigkeit der Angeklagten war nach den getroffenen Feststellungen zum Zeitpunkt der Tat weder ausgeschlossen noch vermindert. Die Tat stand danach in keinem Zusammenhang mit einer Suchterkrankung der Angeklagten.
III.
In vorliegender Sache befindet sich der Gefangene seit dem 23. Februar 2020 in der Justizvollzugsanstalt C. Zuvor befand er sich in der Justizvollzugsanstalt H., in welcher vom 31. Januar 2018 bis 19. Dezember 2019 auch die Untersuchungshaft vollstreckt wurde.
Die Justizvollzugsanstalt C. erstellte aufgrund der Vollzugsplankonferenz vom 6. Mai 2020 erstmals einen Vollzugsplan für den Gefangenen. Der hierauf ergangene Vollzugsplan vom 25. Mai 2020 führt unter I. 2. aus, dass derzeit eine realistische Einschätzung des voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt nicht möglich sei und die Frage, ob die Sicherungsverwahrung vermieden werden könne, insbesondere vom Verlauf und Erfolg empfohlener Behandlungsmaßnahmen abhänge. Entsprechende Maßnahmen könnten noch nicht empfohlen werden, da die erste gutachterliche Stellungnahme zur Behandlungsuntersuchung noch ausstehe. Während im Übrigen konkrete Behandlungsmaßnahmen mit Hinweis auf das ausstehende Ergebnis der Behandlungsuntersuchung nicht empfohlen werden, ergibt sich unter IV. 2., dass Gespräche mit dem psychologischen Dienst zur Aufrechterhaltung der Veränderungs- und Behandlungsmotivation vorgesehen sind, wobei der Gefangene bereits Kontakt aufgenommen habe. Zudem wurde der Kontakt zum Suchtberatungsdienst empfohlen.
Die Anmeldung zum Behandlungszentrum bei dem Prognosezentrum erfolgte am 4. Mai 2020. Während die JVA C. in ihrer ergänzenden Stellungnahme auf Nachfrage ausführt, dass der Beginn der Auftragsaufnahme nicht bekannt sei, folgt aus der seitens des Senats eingeholten Stellungnahme der JVA H. - Prognosezentrum -, dass der Gefangene erst am 4. Mai 2020 von der JVA C. beim Prognosezentrum des niedersächsischen Justizvollzug bei der JVA H. für die Erstellung eines Gutachtens als diagnostisches Verfahren gemäß § 9 Abs. 2 NJVollzG bei Strafgefangenen mit angeordneter oder vorbehaltenen Sicherungsverwahrung angemeldet worden ist.
Die Exploration im mit der Behandlungsuntersuchung befassten Prognosezentrum wurde in der Zeit vom 29. Juli bis zum 6. August 2020 durchgeführt. Die hiermit befasste Sachverständige M. kam in ihrem Gutachten vom 21. Oktober 2020 zu dem Ergebnis, dass aufgrund einer deutlich ungünstigen Legalprognose für einschlägige Delikte (hier Eigentums- und Raubdelikte) eindeutig eine Behandlungsbedürftigkeit gegeben sei und der Gefangene sich behandlungsmotiviert zeige. Frau Psychologieoberrätin M. diagnostizierte eine Störung durch multiplen Substanzgebrauch (ICD 10: F. 19.2). Neben der Suchtmittelabhängigkeit und mit dieser engverwoben stellt sie zudem die Diagnose einer dissozialen Persönlichkeitsstörung, wobei sie diese einschränkend diagnostizierte.
Dies deckt sich im Ergebnis teilweise mit der gutachterlichen Einschätzung aus dem Erkenntnisverfahren. Der dort tätige Sachverständige Dr. R. gelangte zu dem Ergebnis einer bestehenden Suchtmittelabhängigkeit sowie einer (sicheren) dissozialen Persönlichkeitsstörung bei Bejahung des Kriteriums "Psychopathy" (siehe oben II. 1.). In dem Gutachten vom 21. Oktober 2020 von Frau Psychologieoberrätin M. wird hingegen Psychopathie nicht bejaht, entgegen der Vorbegutachtung erreichte der Gefangene hier den sogenannten "Cut off" Wert nicht. Sie sieht zudem eine engere Verbindung zwischen Sucht und Straftatbegehung. Die Sachverständige M. hat in ihrem Gutachten aufgrund der deutlich ungünstigen Legalprognose für einschlägige Delikte eine Behandlungsbedürftigkeit eindeutig bejaht, wobei sich der Gefangene als behandlungsmotiviert zeige, wenn auch sicherlich extrinsische Anteile in die Motivationslage einflößen.
Die Sachverständige M. führt aus, dass die Persönlichkeit des Gefangenen durch eine Mehrzahl psychosozialer Belastungsfaktoren in der frühen Entwicklung beeinträchtigt sei, insbesondere die tiefgreifende Selbstwertproblematik, Beziehungsproblematik sowie Defizite in den Bereichen der Affektregulation und Empathiefähigkeit, die er auf unterschiedlichem Wege, im Schwerpunkt mit Suchtmitteln (und in Verbindung dessen mit dissozialen Verhaltensmustern), zu kompensieren suchte. Führend sei unzweifelhaft die Diagnose einer Störung durch multiplen Substanzgebrauch (ICD 10: F 60.2). Inwieweit der Gefangene tatsächlich aktuell in beschützender Umgebung Suchtmittel abstinent lebe, ließe sich nicht zweifelsfrei feststellen.
Soweit im Vorgutachten die Diagnose einer dissozialen Persönlichkeitsstörung gestellt worden sei, könne sich die Gutachterin dem diagnostisch nicht in vollem Umfang anschließen. Es lägen zwar einige persönlichkeitsimmanente dissozialen Charakteristika wie eine andauernde Verantwortungslosigkeit und Missachtung sozialer Normen, Regeln und Verpflichtung, eine eher geringe Frustrationstoleranz und eine eher niedrige Schwelle für aggressives, gewalttätiges Verhalten, einer Unfähigkeit zum Lernen aus Erfahrung, besonders aus Bestrafung, und einer Neigung, vordergründige Rationalisierung für das eigene (Sucht-) Verhalten vor, jedoch nach Einschätzung der Sachverständigen nicht in der für eine dissoziale Persönlichkeitsstörung erforderlichen Qualität; die Eingangskriterien für das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung seien hinsichtlich des Beginns, der Intensität und Zeitstabilität der auffälligen Verhaltensmuster verbunden mit erkennbaren Einschränkungen im sozialen bzw. beruflichen Bereich und subjektiven Leidensdruck als nicht hinreichend erfüllt anzusehen. Psychopathische Bezüge lägen jedoch vor, entgegen dem Ergebnis des Vorgutachtens jedoch nicht im Vollbild.
Es sei grundsätzliche eine Indikation für eine Sozialtherapie zu stellen. Vor dem Hintergrund der Suchtproblematik, deren Aufarbeitung von der Sozialtherapie nicht umfasst werde, sei jedoch vorrangig für den Fall, dass sich der Gefangene bewähre, dringlich eine erneute Unterbringung in einer Maßregel nach § 64 StGB zu prüfen. Das dortige Setting erscheine aus Sicht der Sachverständigen aufgrund der Kombination von intensiver sucht- und therapeutischer Arbeit als am besten geeignet zur Förderung der Resozialisierung. Um seine tatsächliche Motivation unter Beweis zu stellen und seine Eigenverantwortung zu fördern, sollte nach Ergebnis des Gutachtens zunächst niedrigschwellige suchtbehandlerische sowie auf die Förderung der Sozialkompetenzen abzielende Maßnahmen (z.B. Reasoning & Rehabilitation; ACT) genutzt werden, zudem seien psychologische Einzelgespräche indiziert. Sofern sich der Gefangene in dem beschriebenen Rahmen bewähre und seine Eigenmotivation weiter ausgebaut habe, solle eine erneute Unterbringung Maßregelvollzug nach § 64 StGB dringlich geprüft werden. Letztlich müsse der tiefergehenden Verankerung der schwerwiegenden Suchtmittelproblematik (in negativverstärkende Kombination mit seiner Dissozialität) Rechnung getragen werden. Grundsätzlich erscheine dieses therapeutische Setting für den Gefangenen aufgrund der Kombination von intensiver sucht - und psychotherapeutische Arbeit als das am besten geeignete Mittel zur Förderung der Resozialisierung. Erweise sich dies als nicht umsetzbar, sollte zu einem geeigneten Zeitpunkt eine Verlegung in eine Sozialtherapie erfolgen. Im Zuge dessen gelte es, suchtbehandlerische Interventionen in die sozialtherapeutische Behandlung zu integrieren und gegebenenfalls bedarfsorientiert und bei entsprechender Behandlungsentwicklung eine ambulante bzw. stationäre Suchtbehandlungsmaßnahme im Anschluss zu forcieren.
Der Vollzugsplan vom 2. Dezember 2020, ergangen aufgrund der Vollzugsplankonferenz vom 11. November 2020, führt aus, dass eine realistische Einschätzung zum voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt derzeit nicht möglich sei; ob eine Sicherungsverwahrung vermieden werden könne, hänge von dem Verlauf und Erfolg der empfohlenen Behandlungsmaßnahmen ab. Der Vollzugsplan führt unter IV. zu den Maßnahmen zur Erreichung der Vollzugsziele aus, dass psychiatrische sowie psychotherapeutische Behandlungsmaßnahmen nicht angezeigt seien. Zwar seien laut dem Diagnoseverfahren gemäß § 9 Abs. 2 NJVollzG psychotherapeutische Maßnahmen im Sinne einer Heilbehandlung akuter psychischer Störungsbilder nach formalen Kriterien grundsätzlich indiziert, da eine dissoziale Persönlichkeitsstörung sowie eine ausgeprägte Suchtmittelabhängigkeit bestehe, jedoch greife eine isolierte psychotherapeutische Einzelmaßnahme zu kurz und sei nicht hinreichend erfolgversprechend, sodass die Indikation einer Psychotherapie allenfalls als Vorbereitung für oder ergänzend zu einem umfassenderen, Suchtarbeit implizierenden Therapieangebot gestellt werden müsste. Ebenfalls seien sozialtherapeutische Behandlungsmaßnahmen nicht angezeigt, da diese in Anbetracht der den Delikten zugrundeliegenden individuellen Problematik weder ausreichend noch geeignet seien. Unter 2. heißt es sodann, dass sich der Gefangene zunächst um niedrigschwellige, suchtbehandlerische wie auch auf die Förderung sozialer Kompetenzen abzielenden Maßnahmen bewerben und diese für sich nutzen solle (zum Beispiel Reasoning&Rehabilitation, ACT = Akzeptanz und Commitment-Theraphie). Zudem seien psychologische Einzelgespräche indiziert, um den Gefangenen motivational zu unterstützen und sein Selbstmanagement zu stärken. Unter Ziffer 3. heißt es schließlich, dass eine Verlegung in die Sozialtherapie das zweite Mittel der Wahl sei, sofern eine Überweisung in den Vollzug einer anderen Maßregel scheitere. Bei einer Sozialtherapie sei von einer längeren Behandlungsdauer (3 - 4 Jahre) auszugehen. Hinsichtlich der Maßnahmen zur Förderung der Behandlungsmotivation führt der Vollzugsplan aus, dass der Gefangene Behandlungsmotivation und eine grundsätzliche Vorstellung, wie er den Vollzug für sich sinnvoll nutzen möchte, äußere, dieser an Behandlungsmaßnahmen interessiert sei und Angeboten offen gegenüberstehe, er jedoch als nicht hinreichend stabil erlebt werde. Zur Aufrechterhaltung und Stärkung der Motivation des Durchhaltevermögens würden Gespräche mit dem psychologischen Dienst empfohlen. Hinsichtlich der Freizeitveranstaltung ergibt sich aus dem Vollzugsplan, dass dem Gefangenen die Teilnahme bzw. der Antrag auf Teilnahme an Freizeitangeboten je nach Interesse freistehe.
Der Vollzugsplan der Justizvollzugsanstalt C. vom 2. Juli 2021, der aufgrund der Vollzugsplankonferenz vom 12. Mai 2021 ergangen ist, führt unter I. 2. erneut aus, dass es insbesondere vom Verlauf und Erfolg empfohlener Behandlungsmaßnahmen abhänge, ob die Sicherungsverwahrung vermieden werden könne. Unter IV. werden die Ausführungen des vorangegangenen Vollzugsplan wiederholt und erneut dieselben niederschwelligen Maßnahmen angeboten sowie psychologische Einzelgespräche als indiziert erachtet. Zudem führt der Vollzugsplan aus, dass der Gefangene seit dem 8. April 2021 zuverlässig an der Maßnahme ACT teilnehme. Im Anschluss an die Maßnahme oder bereits zuvor könne mit einzeltherapeutischen Gesprächen begonnen werden. Eine Verlegung in eine Sozialtherapie wird weiter als das Mittel der zweiten Wahl erachtet, sofern eine Überweisung in den Vollzug einer anderen Maßregel scheitere.
Auch in dem aufgrund der Vollzugsplankonferenz vom 24. November 2021 ergangenen Vollzugsplan vom 27. Januar 2022 heißt es unter I 2., dass eine realistische Einschätzung zum voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt derzeit nicht möglich sei und ob die Sicherungsverwahrung vermieden werden könne, vom Erfolg der empfohlenen Behandlungsmaßnahmen abhänge. Unter IV. des Vollzugsplan folgen die Ausführungen, wie in dem vorangegangenen Vollzugsplan. Der Gefangene nehme weiter zuverlässig an der Maßnahme ACT und seit dem 20. August 2021 an regelmäßigen psychologischen Einzelgesprächen teil, in denen er als veränderungsmotiviert wahrgenommen werde. Weiter folgt aus dem Vollzugplan, dass der Gefangene die Teilnahme an der suchtspezifischen Ohrakupunktur (NADA Gruppe) beantragt habe, aber zu Maßnahme nicht erschienen sei. Auch in diesem Vollzugsplan wird die Verlegung einer in eine sozialtherapeutische Anstalt oder Abteilung mit gleichbleibender Begründung abgelehnt.
Aus der ergänzenden Stellungnahme der JVA C. ergibt sich zudem, dass der Angeklagte seit dem 21. September 2021 an die Suchtgruppe inklusive Suchtsport angeschlossen ist. Von September 2021 bis Juni 2022 habe er an 17 Terminen teilgenommen, 22 weitere Termine habe er unentschuldigt versäumt. In den Überprüfungszeitraum nahm er ab dem 28. September 2021 an sieben Terminen teil. Die Suchtgruppe beinhaltet bei Bedarf auch einen Einzelkontakt mit dem Suchtberater. Ausweislich der ergänzenden Stellungnahme der JVA Celle nahm der Gefangene in der Zeit vom 20. August 2021 bis 12. November 2021 an sechs psychologischen Einzelgesprächen (14tägiger Rhythmus) teil, sodann habe er pausiert. Ab dem 27. Januar 2022 und damit außerhalb des Überprüfungszeitraums habe der Gefangene die Einzelgespräche wiederaufgenommen, welche ihm nunmehr überwiegend wöchentlich angeboten würden. Die ebenfalls beispielhaft aufgeführte Maßnahme Reasoning & Rehabilitation wurde offenbar nicht konkret durch die Vollzugsbehörde angeboten. Dies folgt aus der ergänzenden Stellungahme der JVA C. Der Senat hatte erfragt, an welchen konkret angebotenen Maßnahmen der Gefangene nicht teilgenommen bzw. welche dieser vorzeitig abgebrochen habe. Ausführungen zu der Maßnahme Reasoning & Rehabilitation finden sich hier nicht, woraus folgt, dass diese Maßnahme nicht konkret angeboten wurde.
Im Rahmen des bisherigen Vollzugs der Freiheitsstrafe wurde der Gefangene disziplinarisch belangt, so konnte im Oktober 2020 sowie im Januar 2021 der Konsum von Spice durch positive Urinkontrolle nachgewiesen werden, zudem manipulierte bzw. verweigerte der Gefangene Urinkontrollen. Es besteht außerdem der Verdacht, dass der Gefangene durch seine Ehefrau mit neuen psychogenen Stoffen getränktes Papier erhält, u.a. um dieses in der JVA weiterzugeben bzw. zu verkaufen. Die JVA C. hat diesbezüglich Strafanzeige gestellt.
IV.
Die gemäß § 119a Abs. 5 StVollzG statthafte Beschwerde ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Die angefochtene Entscheidung kann bereits insoweit keinen Bestand haben, soweit die Strafvollstreckungskammer ihre Prüfung auf den 19. Dezember 2020 und den Zeitraum nach dem 19. Dezember 2021 erstreckt hat (1.).
Die Vollzugsbehörde hat dem Gefangenen in dem hier zugrunde zu legenden Prüfungszeitraum vom 20. Dezember 2019 bis zum 19. Dezember 2021 in den Zeiträumen 20. Dezember 2019 bis 28. Juli 2020 sowie 7. September 2020 bis 1. Dezember 2020 eine Betreuung angeboten hat, die den gesetzlichen Anforderungen gemäß § 66 c Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht entspricht, im Übrigen ist die angebotene Betreuung nicht zu beanstanden (2.ff.).
1.
Soweit die Strafvollstreckungskammer den Prüfungszeitraum auf den 19. Dezember 2019 erstreckt und ihn über den 19. Dezember 2021 hinaus bis zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung ausgedehnt hat, hält dies rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Kammer ist von einem falschen Überprüfungszeitraum ausgegangen. Maßgeblicher Überprüfungszeitraum ist der Zeitraum vom 20. Dezember 2019 bis zum 19. Dezember 2021. Die Frist von zwei Jahren für die erstmalige Entscheidung von Amts wegen beginnt gemäß § 119a Abs. 3 StVollzG mit dem Vollzug der Freiheitsstrafe zu laufen, sofern zu diesem Zeitpunkt die sich an die Strafvollstreckung anschließende Sicherungsverwahrung rechtskräftig angeordnet oder vorbehalten ist (vgl. Senatsbeschluss vom 19. April 2021, 3 Ws 8/21 (StVollz) - beckonline mwN; BeckOK Strafvollzug Bund/Euler StVollzG § 119a Rn. 6). Rechtskraft der anordnenden Entscheidung ist am 20. Dezember 2019 eingetreten. Ab diesem Tag wird gegen den Gefangenen die Strafhaft vollzogen. Der Überprüfungszeitrum beträgt, sofern gemäß § 119 a Abs. 3 S. 2 StVollzG nichts Abweichendes bestimmt ist, jeweils zwei Jahre, endet mithin für die vorliegende Überprüfung am 19. Dezember 2021. Nach § 119a Abs. 3 Satz 1 StVollzG sind Entscheidungen betreffend die strafvollzugsbegleitende gerichtliche Kontrolle bei angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung von Amts wegen alle zwei Jahre zu treffen. Nach insoweit einhelliger obergerichtlicher - und von der Literatur geteilter und (soweit ersichtlich) auch nicht kritisierter - Rechtsprechung wird hieraus hergeleitet, dass der maßgebliche Überprüfungszeitraum grundsätzlich zwei Jahre umfasst und nicht bis zur abschließenden Entscheidung erster Instanz verlängert wird (OLG Hamm, Beschluss vom 25. August 2015, Az.: 1 Vollz (Ws) 175/15, juris; OLG Nürnberg, Beschluss vom 22. Februar 2016, NStZ-RR 2016, 391 [OLG Nürnberg 22.02.2016 - 1 Ws 6/16]; OLG Dresden, Beschluss vom 5. Januar 2018 [den Antragsteller betreffend], Az.: 2 Ws 252/17, juris, OLG Koblenz, Beschluss vom 2. Juli 2019, Az.: 2 Ws 342/19, BeckRS 2019, 24221; auch Senatsbeschluss vom 12. September 2019, Az.: 3 Ws 222/19; Arloth/Krä, StVollzG, 5. Aufl., § 116a Rn. 6; BeckOK Strafvollzug Bund/Euler StVollzG § 119a Rn. 6). Zur Begründung wird übereinstimmend ausgeführt, dass nach § 119a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 StVollzG Feststellungen zu einem zurückliegenden Zeitraum getroffen werden sollen, der zwei Jahre umfasst. Denn anderenfalls wäre, etwa bei einer Verlängerung dieses Zeitraums bis zur formalen Einleitung des Prüfungsverfahrens oder nach zwei Rechtsmittelverfahren bis zur abschließenden Entscheidung erster Instanz, die Strafvollstreckungskammer gehalten, bis zuletzt den aktuellen Sachstand zu ermitteln, wofür indes kein Bedürfnis bestehe. Hieraus wird gefolgert, dass das feststellende und damit notwendigerweise rückblickende Verfahren nach § 119a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 StVollzG der jeweils "abschichtenden" Klärung von bestimmten Fragestellungen dient, die im späteren Verfahren nach § 67c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB relevant werden und deshalb ein in der Vergangenheit abgeschlossener Zeitraum beurteilt und keine in die Zukunft gerichtete Prognose getroffen wird, die auch neuere Entwicklungen berücksichtigen müsse. Der maßgebliche Zwei-Jahres-Zeitraum sei hiernach formal zu betrachten. Eine Lücke im Überprüfungszeitraum trete hierdurch nicht ein, weil es im Rahmen des Systems der rückblickenden Gesamtbetrachtung geboten sei, die Zeit seit dem Ablauf des vorangegangenen Überprüfungszeitraums mit in die Bewertung einzubeziehen - was aber nicht zu einer Verlängerung des Überprüfungszeitraum führe (vgl. OLG Hamm, OLG Nürnberg OLG Dresden, OLG Koblenz a.a.O.). Eine Ausdehnung des gesetzlich vorgesehenen, vorliegend auch nicht nach § 119a Abs. 3 Satz 2 StVollzG verlängerten Überprüfungszeitraums über zwei Jahre hinaus somit nicht in Betracht (vgl. hierzu insgesamt Senat, Beschluss vom 17. August 2022, 3 Ws 204/22).
Eine Zurückverweisung des Verfahrens soweit es den Zeitraum ab dem 20. Dezember 2021 betrifft kam nicht in Betracht. Dieser Zeitraum ist im Hinblick auf die in § 119a Abs. 3 Satz 1 StVollzG gesetzlich bestimmte Frist - wie sich aus dem Vorstehenden ergibt - nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
2.
Dem Gefangenen ist gemäß § 66c Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB auf der Grundlage einer umfassenden Behandlungsuntersuchung und eines regelmäßig fortzuschreibenden Vollzugsplans eine Betreuung anzubieten, die individuell und intensiv sowie geeignet ist, seine Mitwirkungsbereitschaft zu wecken und zu fördern. Veranlasst sind psychiatrische, psycho- oder sozialtherapeutische Behandlungen, die auf den Gefangenen zugeschnitten sein müssen, soweit standardisierte Angebote nicht Erfolg versprechend sind. Die Behandlung muss zum Ziel haben, die Gefährlichkeit des Täters für die Allgemeinheit so zu mindern, dass bereits der Beginn der Vollstreckung der Sicherungsverwahrung nach § 67c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB bzw. die Anordnung einer zunächst nur vorbehaltenen Sicherungsverwahrung (§ 66a Abs. 3 StGB) möglichst entbehrlich wird (vgl. BT-Drucks. 17/9874, S. 18). Gegenstand der Überprüfung nach § 119a Abs. 1 Nr. 1 StVollzG ist, ob das Behandlungsangebot bei retrospektiver Betrachtung diesen gesetzlichen Anforderungen entspricht. Die Annahme des Angebots durch den Gefangenen oder der Erfolg der angebotenen Betreuung sind dagegen für eine positive oder negative Feststellung nicht maßgeblich (vgl. BT-Drucks. 17/9874, S. 28; siehe auch Senatsbeschluss vom 19. April 2021, 3 Ws 8/21 (StVollz), beckonline Rn 15; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. Dezember 2017 - 1 Ws 31/17 -, juris). Es ist mithin allein darauf abzustellen, ob dem Gefangenen auf seine individuelle Behandlungsbedürftigkeit ausgerichtete, geeignete und indizierte Betreuungsmaßnahmen angeboten worden sind.
Dabei können grundsätzlich auch "standardisierte Angebote", also Angebote der Arbeits-, Gesprächs- und Sozialtherapie, die auf eine Vielzahl von Personen auf der Grundlage von Erfahrungen zugeschnitten sind, den Anforderungen des § 66c StGB genügen. Wenn solche standardisierten Angebote im Einzelfall keinen Erfolg zeigen oder versprechen, sind jedoch individuelle Angebote zu entwickeln, die auf den Gefangenen zugeschnitten sind (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, 62. Aufl., StPO, § 66c Rn. 9).
Die erstmalige strafvollzugsbegleitende gerichtliche Kontrolle bei angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung beinhaltet damit auch die Prüfung, ob die umfassende Behandlungsuntersuchung als Grundlage der Betreuung rechtzeitig erfolgt ist (Senat, Beschluss vom 19. April 2021 - 3 Ws 8/21, beckonline).
3.
Gemessen an diesem Maßstab erweist sich die vorliegend im Prüfungszeitraum angebotene Betreuung in den Zeiträumen 20. Dezember 2019 bis 28. Juni 2020 sowie 7. September bis 1. Dezember 2020 als nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend.
a) Zeitraum vom 20. Dezember 2019 bis 21. Oktober 2020 (Rechtskraft der Anordnung/Beginn Vollzug der Freiheitsstrafe bis Vorliegen des Behandlungsgutachtens)
Ab dem Zeitpunkt des Vollzugs der Freiheitsstrafe bis zum Zeitpunkt des Vorliegens des Behandlungsgutachtens entsprach die angebotene Betreuung in den Zeiträumen vom 20. Dezember 2019 bis 28. Juni 2020 sowie 7. September 2020 bis 21. Oktober 2020 nicht den gesetzlichen Anforderungen.
aa) Zeitraum vom 20. Dezember 2019 bis 23. März 2020 (JVA H.)
In der Zeit vom 20. Dezember 2019 bis zum 23. März 2020, mithin von Rechtskraft des die Sicherungsverwahrung anordnenden Urteils bis zur Verlegung in die nach Vollzugsplan zuständige JVA C., sind keinerlei Behandlungsmaßnahmen durchgeführt worden. Aus der Stellungnahme der JVA H. ergibt sich insoweit, dass Hintergrund der nicht erfolgten Behandlung gewesen sei, dass eine vollständige Durchführung derselben nicht habe gewährleistet werden können, weil auf die Verlegung in die zuständige JVA C. gewartet worden sei. Zwar ist der Vollzugsbehörde ein gewisser Organisationszeitraum zuzubilligen. Insoweit erachtet das Oberlandesgericht Hamm etwa einen Zeitraum von vier Wochen (OLG Hamm, Beschl. vom 26. August 2020 - 1 Vollz (WS) 231/20 - beckonline; so auch MüKoStGB/Morgenstern/Drenkhahn StGB § 66c Rn. 33) bzw. im Rahmen des Einweisungsverfahrens eine Dauer von 10 Wochen als angemessen, wobei sechs für die Durchführung der Exploration und weitere vier Wochen für die Abfassung des Gutachtens als angemessen erachtet werden (OLG Hamm Beschl. v. 6.7.2017 - 1 Vollz (Ws) 21/17, BeckRS 2017, 141971). Einen solchen behandlungsfreien Zeitraum als notwendigen Organisationszeitraum zu betrachten, setzt jedoch voraus, dass überhaupt organisatorische Schritte bezüglich der Behandlung getroffen werden. Ein behandlungsfreier Zeitraum von drei Monaten, der auch nicht für vorbereitende Maßnahmen, wie beispielsweise die Anmeldung zum Prognosezentrum genutzt wurde, begegnet durchgreifenden Bedenken. Gründe für den verzögerten Beginn ergeben sich auch nicht aus den ergänzend eingeholten Stellungnahmen. Anhaltspunkte dafür, dass die Verzögerungen der Sphäre des Gefangenen zuzuordnen sind, ergeben sich nicht. Insoweit gilt der verfassungsrechtlich verbürgte Grundsatz, dass der Staat sich auf verzögernde Umstände, die in seinem eigenen Verantwortungsbereich liegen, nicht zulasten des Rechtsschutzsuchenden mit rechtfertigender Wirkung berufen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. September 2013 - 2 BvR 1582/13, NStZ-RR 2013, 389 [BGH 27.08.2013 - 2 ARs 267/13; 2 AR 206/13]; Senat, Beschluss vom 14. Februar 2019 - 3 Ws 10/19 (StrVollz), Nds. Rpfl. 2019, 373; zu alledem auch Senat, Beschluss vom 19. April 2021, aaO, Rn 17).
Mit Eintritt der Rechtskraft erwächst der Anspruch des Gefangenen, dass ihm geeignete Betreuungsmaßnahmen angeboten werden. Ein betreuungsloser Zustand von drei Monaten in einem zu überprüfenden Zeitraum von 24 Monaten, der nicht für organisatorische Vorbereitungen der Behandlung genutzt wurde, ist mithin zu beanstanden.
bb) Zeitraum vom 23. März 2020 bis 21. Oktober 2020 (JVA Celle/Prognosezentrum)
Die verspätete Anmeldung und Durchführung der Behandlungsuntersuchung führen dazu, dass auch der weitere Zeitraum teilweise zu beanstanden ist. Die Anmeldung zum Prognosezentrum zwecks Behandlungsuntersuchung erfolgte erst am 4. Mai 2020. Die Exploration begann erst am 29. Juli 2020.
Eine Frist für die Durchführung der Behandlungsuntersuchung ist gesetzlich nicht festgeschrieben. Es ist jedoch geboten, eine zeitnahe Behandlungsuntersuchung durchzuführen. Nach den Gesetzmaterialien zu § 9 NJVollzG muss die Behandlungsuntersuchung "frühzeitig nach der Aufnahme" erfolgen (LT-Drucks. 15/3565 S. 99). Gemäß § 109 Abs. 1 NJVollzG sind Strafgefangenen die erforderlichen Behandlungsmaßnahmen unverzüglich anzubieten, wobei in der Literatur überwiegend davon ausgegangen wird, dass zwischen Aufnahme in den Strafvollzug und Behandlungsuntersuchung nicht mehr als zwei Monate liegen dürfen (Arloth/Krä, StVollzG, 5. Aufl., § 6 Rn 1; leicht einschränkend BeckOK Strafvollzug Nds/Gescher/Tebben NJVollzG § 109 Rn. 2). Unabhängig davon, dass nach der niedersächsischen Vollstreckungsordnung auch ein (förmliches) Aufnahmeersuchen alsbald zu erfolgen hat, folgt bereits aus dem verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf Resozialisierung und den sich aus dem Abstandsgebot ergebenden Anforderungen, dass in den Fällen, in denen Untersuchungshaft mit Eintritt der Rechtskraft in Strafhaft übergeht und gleichzeitig die Anordnung der Sicherungsverwahrung rechtskräftig ist, frühzeitig ab Beginn der Strafhaft die Behandlungsuntersuchung zu erfolgen hat. Gleiches bedingt das Ultima-Ratio-Prinzip der Sicherungsverwahrung. Hierzu hat das Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 4. Mai 2011 zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Sicherungsverwahrung (BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09, 740/10, 2333/08, 1152/10, 571/10 - juris) ausgeführt, dass aus dem Ultima-Ratio Prinzips der Sicherungsverwahrung folgt, dass schon während des Strafvollzugs alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssen, um die Gefährlichkeit des Verurteilten zu reduzieren und insbesondere gewährleistet sein muss, dass etwa erforderliche psychiatrische, psycho- oder sozialtherapeutische Behandlungen, die oftmals auch bei günstigem Verlauf mehrere Jahre in Anspruch nehmen, zeitig beginnen, mit der gebotenen hohen Intensität durchgeführt und möglichst vor dem Strafende abgeschlossen werden (BVerfG, aaO, Rn 112 - juris). Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen kann jedoch nur entsprochen werden, wenn die Behandlungsuntersuchung zügig durchgeführt wird. Hinsichtlich der zeitlichen Umsetzung sind mithin noch strengere Maßstäbe als im Strafvollzug ohne anschließende Sicherungsverwahrung anzulegen.
Nach dem vorstehend Ausgeführten ist die erst fast 6 Monate nach Rechtskraft der anordnenden Entscheidung und Beginn des Vollzugs der Freiheitsstrafe erfolgte Anmeldung für das Prognosezentrum des niedersächsischen Justizvollzugs bei der JVA H. für die Erstellung eines Gutachtens als diagnostisches Verfahren gemäß § 9 Abs. 2 NJVollzG als verspätet zu beanstanden.
Der weitere Zeitraum ist differenziert zu betrachten. Die zur Feststellung der geeigneten Behandlungen erforderliche Begutachtung stellt einen notwendigen vorhergehenden Part und damit den ersten Schritt der Behandlung dar (vgl. BeckOK, StVollzG, § 9 NJVollzG Rn 19). Mithin ist jedenfalls in dem Zeitraum 29. Juli bis 6. August 2020 (Durchführung der Exploration) ein hinreichendes Betreuungsangebot im Sinne des § 66c StGB erfolgt.
Der Vollstreckungsbehörde ist ein angemessener Zeitraum für die Behandlungsuntersuchung und deren Organisation zuzubilligen. Insbesondere die organisatorische Vorbereitung sowie die Abfassung des Gutachtens sind notwendiger Bestandteil der Behandlungsuntersuchung. Die Vorbereitung und Durchführung dieser erforderlichen Behandlungsuntersuchung nimmt naturgemäß einen gewissen Zeitraum in Anspruch.
Für die Höchstdauer der Behandlungsuntersuchung selbst ergibt sich ein Anhalt aus § 19 Abs. 3 Nr. 1 NJVollzG, der in Anlehnung an § 17 Abs. 3 Nr. 2 StVollzG regelt, dass die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit bis zu einer Dauer von zwei Monaten während der Erhebung und Untersuchung nach § 9 Abs. 2 eingeschränkt werden darf (vgl. Wischke in Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG 6. Aufl. § 6 Rn. 9; Arloth StVollzG 5. Aufl. § 6 Rn. 1).
Mit Blick auf die vorstehend dargelegte überzeugende Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm und der sich aus dem Ultima-Ratio-Prinzip ergebenden besonderen Anforderungen bei angeordneter Sicherungsverwahrung geht der Senat davon aus, dass eine Vorlaufzeit von einem Monat bis zur Exploration sowie ein Zeitraum von einem Monat für die Abfassung des Gutachtens regelmäßig angemessen, aber auch ausreichend ist. Gründe, warum im vorliegenden Fall diese Zeiträume unzureichend wären, sind nicht ersichtlich.
Nach alledem ist in dem Zeitraum 29. Juni 2020 - ein Monat vor der Exploration - bis 6. September 2020 - ein Monat nach Abschluss der Exploration - die angebotene Betreuung nicht zu beanstanden.
Etwaigen Verzögerungen wurden auch nicht mit anderen Maßnahmen begegnet. So hätten mit dem Gefangenen bereits psychologische Einzelgespräche geführt werden können, auch eine Anbindung an eine Suchtgruppe wäre möglich gewesen. Anknüpfungspunkte hierfür haben sich aus den Gründen des der Anordnung der Sicherungsverwahrung zugrundliegenden Urteil ergeben, welches bereits am 12. November 2018 erging.
Soweit der Vollzugsplan vom 25. Mai 2020 bereits die Empfehlung von psychologischen Einzelgesprächen sowie eine Anbindung an die Suchtgruppe vorgesehen hat, ist dies offenbar nicht umgesetzt worden. Das erste psychologische Einzelgespräch wurde erst am 20. August 2021 geführt. Eine Teilnahme an der Suchtgruppe erfolgte erst ab September 2021. Aufgrund der eingeholten Stellungnahmen vermag der Senat nicht festzustellen, dass vor September 2021 ein konkretes Angebot an den Gefangenen erfolgt ist. Der Senat hat - auch mit Blick auf die sich hier gezeigte Behandlungslücke - die JVA C. um Stellungnahme gebeten, welche von ihr konkret angebotenen Maßnahmen der Gefangene nicht angenommen bzw. abgebrochen hat.
Es ist insoweit nicht ausreichend, lediglich Behandlungsmaßnahmen in dem Vollzugsplan zu benennen, um den Anforderungen des § 66c Abs.2 iVm Abs. 1 Nr. 1 StGB zu genügen, diese müssen vielmehr auch zügig und konsequent umgesetzt werden (vgl. BVerfG, aaO; OLG Hamm, Beschluss vom 27. Mai 2020 - 1 Vollz (WS) 615/19). Insoweit folgt aus den gesetzlichen Vorgaben eine Art "Bringschuld"; es ist Aufgabe der Vollzugsbehörde, dem Verurteilten konkrete Behandlungsmaßnahmen anzubieten und ihn zu deren Wahrnehmung zu motivieren, sofern nicht jeglicher Motivationsanreiz fehlt (OLG Hamm, Beschluss vom 26. August 2020 - 1 Vollz (WS) 231/20). Ausweislich der Behandlungsuntersuchung ist der Gefangene grundsätzlich therapiebereit, so dass nicht von einem Fehlen jeglichen Motivationsanreizes auszugehen ist.
Mithin hat die in den Zeiträumen vom 20. Dezember 2019 bis zum 28. Juni 2020 und vom 7. September 2020 bis 21. Oktober 2020 angebotene Betreuung nicht den Vorgaben des § 66 c Abs.2 iVm Abs. 1 Nr. 1 StGB entsprochen.
b) 22. Oktober 2020 bis 1. Dezember 2020 (Vorliegen Behandlungsgutachten bis Vollzugsplan 2. Dezember 2020)
Das Ergebnis der Behandlungsuntersuchung lag am 21. Oktober 2020, zehn Monate nach Rechtskraft der Entscheidung vor. Der auf der Grundlage dieses Gutachtens erstellte Vollzugsplan datiert erst vom 2. Dezember 2020, fast ein Jahr nach Rechtskraft des Urteils. Mit diesem Vollzugsplan wurde dem Gefangenen erstmals ein an dem Ergebnis der Behandlungsuntersuchung orientiertes Behandlungsangebot unterbreitet.
Eine mehr als vier Wochen umfassende Umsetzungszeit, ohne dass in dieser Zeit jedenfalls erste individuelle Maßnahmen wie psychologische Einzelgespräche konkret angeboten und deren Wahrnehmung gefördert wurden, entspricht auch mit Blick auf die bereits insgesamt seit Beginn des Strafvollzugs verstrichene Zeit nicht den gesetzlichen Anforderungen an die anzubietende Betreuung.
c) Zeitraum 2. Dezember 2020 bis 19. Dezember 2021
Die mit Vollzugsplan vom 2. Dezember 2020 angebotenen Maßnahmen entsprechen den vorgeschlagenen Maßnahmen aus der Behandlungsuntersuchung. Der Vollzugsplan war damit geeignet, dem Gefangenen das erforderliche Angebot intensiver und individueller Betreuung im Sinne des § 66c StGB zu unterbreiten.
Nicht zu beanstanden ist insoweit, dass dem Gefangenen von den beiden beispielhaft genannten niederschwelligen Gruppenmaßnahmen konkret nur die Maßnahme ACT und nicht die Maßnahme R&R angeboten wurden. Die beispielhafte Aufzählung hat keinen verbindlichen Charakter, zumal die Maßnahmen ersichtlich nicht kumulativ als notwendig erachtet wurden.
Inhalt der Maßnahme ACT ist u. a. das Training von Akzeptanz und Achtsamkeit zur erfolgreichen Regulierung unangenehmer Gedanken, Gefühle und Empfindungen sowie eine Lebenszielanalyse, die Erarbeitung und Förderung individueller sozialer Lebenskonzepte, Stärken und Ressourcen. In den weiter angebotenen 14-tägigen Einzelgesprächen bestand die Möglichkeit individuell auf die Persönlichkeit des Gefangenen einzugehen.
Es ist nicht zu beanstanden, dass dem Gefangenen vor der aus Sachverständigensicht angezeigten möglichen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zunächst niederschwellige Behandlungsangebote zur Vorbereitung auf die in dieser Maßregel stattfindende intensive Therapie gemacht wurden. Dies entspricht bereits den nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen Melcher. Zudem erschließt sich die Notwendigkeit derartiger Maßnahmen ohne weiteres aus dem bisherigen strafrechtlichen und vollzuglichen Vorleben des Gefangenen. In der Vergangenheit mussten Maßregeln jeweils aus Gründen, die in der Person des Gefangenen lagen, für erledigt und damit gescheitert erklärt werden. Besonders schwer wiegt insoweit, dass der Gefangene während seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt eine relevante, nicht unerhebliche Straftat beging, wozu er gewährte Lockerungen missbrauchte. Vor diesem Hintergrund sprechen durchaus gewichtige Punkte für die Annahme des Sachverständigen Dr. R., dass bei dem Gefangenen eine antisoziale Haltung gegeben ist und dieser Therapien ausnutzt, um Vergünstigungen zu erhalten, ohne sich indes auf eine Therapie einzulassen. Das im Rahmen der Behandlungsuntersuchung erstellte Gutachten bejaht nunmehr eine noch zu fördernde Behandlungsmotivation. Vor diesem Hintergrund sind niederschwellige Maßnahmen zur Vorbereitung eines neuerlichen Therapieversuchs in einer Entziehungsanstalt angezeigt. Ohne solche Maßnahmen sind die Aussichten auf eine erfolgreiche Therapie in einer Entziehungsanstalt gering. Das Erfordernis dieser vorbereitenden Maßnahmen bestätigt sich auch in den Regelverstößen im Zusammenhang mit verbotenen Substanzen sowie in der unregelmäßigen Teilnahme des Gefangenen an der Suchtberatungsgruppe. Es ist daher zu erwarten, dass die vorbereitenden Maßnahmen die intrinsische Motivation wecken und die notwendige Einstellungsänderung positiv beeinflussen können.
Die durchgeführten Maßnahmen als solche können mithin nicht als objektiv ungeeignet erachtet werden. Insoweit kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass die (verspätet) angebotenen Behandlungsmaßnahmen angezeigt und auf die individuelle Behandlungsbedürftigkeit des Gefangenen ausgerichtet sowie geeignet und indiziert gewesen sind.
Die zuletzt durchgeführten Behandlungsmaßnahmen entsprachen mithin den gesetzlichen Anforderungen und zwar unabhängig davon, ob sich zukünftig eine Unterbringung in eine Entziehungsanstalt bzw. die Überweisung in die Sozialtherapie anschließt.
4.
Es war daher gemäß § 119 a Abs.1 Nr. 2 StVollzG festzustellen, die angebotene Betreuung mit Ausnahme der Zeiträume vom 20. Dezember 2019 bis 28. Juni 2020 sowie 7. September 2020 bis 1. Dezember 2020 den Anforderungen nach § 66c Abs. 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nummer 1 StGB entsprochen hat.
Eine Feststellung nach § 119a Abs. 1 Nr. 2 StVollzG, welche bestimmten Maßnahmen die Vollzugsbehörde dem Gefangenen bei sich nicht wesentlich ändernder Sachlage künftig anzubieten hat, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen, war nicht veranlasst. Dies wäre dann geboten, wenn die Betreuung auch aktuell den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht. Vorliegend ergibt sich die Beanstandung jedoch im Wesentlichen aus der verspäteten Behandlungsuntersuchung. Die Sachlage hat sich sodann mit Ablauf des Prüfungszeitraumes insoweit in tatsächlicher Hinsicht maßgeblich verändert, als mit der notwendigen Behandlung begonnen wurde und diese in dem Prüfungszeitraum (bis Dezember 2021) noch nicht abgeschlossen war.
Mit Blick auf den im Juli 2022 eingetretenen Abschluss der Maßnahme ACT, die Dauer der bereits erfolgten Vollstreckung, die nach Einschätzung der Sachverständigen nicht unerhebliche Therapiedauer und die regelmäßig nicht unerhebliche Vorlaufzeit für die Aufnahme in eine Entziehungsanstalt weist der Senat für den sich anschließenden Prüfungszeitraum darauf hin, dass durch die Vollzugsbehörde zeitnah zu prüfen sein dürfte, ob der Gefangenen infolge der Absolvierung der vorgeschlagenen Behandlungsmaßnahmen nunmehr die Voraussetzungen für einen Wechsel in eine andere Maßregel (§ 64 StGB) erfüllt. In diesem Fall wäre die Sache über die Vollstreckungsbehörde der Strafvollstreckungskammer zur Prüfung gemäß § 67a Abs. 2 StGB vorzulegen. Sollten die Voraussetzungen für eine Überweisung in eine Entziehungsanstalt verneint werden, wird sich die Frage stellen, wie die Voraussetzungen für eine solche Maßregel mit individuell abgestimmten Maßnahmen zeitnah erreicht werden können.
Ein etwaiger Gutachter bzw. eine sachkundige Stelle dürfte sich insbesondere auch mit der sich aus den vorliegenden Gutachten ergebenden Diskrepanz zu befassen haben, inwieweit eine Maßregel nach § 64 StGB die Resozialisierung des Gefangenen fördern kann. Voraussetzungen für eine Überweisung in eine andere Maßregel, hier Unterbringung in eine Entziehungsanstalt, sind das Vorliegen einer Suchtmittelproblematik und das Bestehen einer begründeten Aussicht, dass der Maßregelvollzug nach § 64 StGB Erfolg verspricht (Sch./Schr.; StGB, § 67a Rn 6). Nach Sicht des Sachverständigen Dr. R. ist die dissoziale Persönlichkeitsstörung und nicht etwa die Suchterkrankung wesentliche Ursache seiner Straftaten. Für diese Annahme finden sich jedenfalls in der Deliquenzgeschichte und den Vorstrafen jedenfalls Anhaltspunkte.
Sofern sich keine konkrete, zeitnahe Perspektive für eine mit Erfolgsaussichten auszuführende Maßregel nach § 64 StGB ergibt, wird zu prüfen sein, ob dem Gefangenen eine Verlegung in die Sozialtherapie anzudienen ist. Abschließend weist der Senat darauf hin, dass für eine Überweisung in eine andere Maßregel das Ende der Freiheitsstrafe nicht absehbar sein muss.
V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 4 StVollzG i.V.m. § 473 Abs. 4 StPO.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts erfolgte gemäß §§ 65 Satz 1, 60, 52 Abs. 1 GKG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§§ 119a Abs. 6 Satz 3, 119 Abs. 5 StVollzG).