Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 22.10.2014, Az.: L 2 EG 10/13

Bezugszeitraum; Einkommensanrechnung; Elterngeld; modifiziertes Zuflussprinzip

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
22.10.2014
Aktenzeichen
L 2 EG 10/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 42430
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG - 28.08.2013 - AZ: S 13 EG 1/10

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Der tatsächlich im Leistungszeitraum in gewohnter Höhe fortgesetzte Bezug regelmäßiger Gehaltszahlungen ist bei der Bemessung des Elterngeldes auch dann zu berücksichtigen, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die entlohnte Arbeitsleistung bereits in früheren Zeiträumen erbracht worden sein mag.

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung ihm gewährten Elterngeldes.

Der Kläger ist Vater des am 13. Juni 2007 geborenen Kindes K. L. M.. Der Kläger arbeitet als Busfahrer für die Firma N. GmbH. Sein Bruttomonatslohn belief sich bis Februar 2008 auf 2.040 € und in der Folgezeit auf 2.101,20 € (jeweils zuzüglich vermögenswirksamer Leistungen und Leistungen an eine Pensionskasse). Als regelmäßige monatliche Arbeitszeit sind 206 Stunden vereinbart. Als Urlaub stehen dem Kläger nach der betrieblichen Übung nominal 36 Tage im Jahr zu, was einem Arbeitsstundenvolumen von 297 Stunden gleichgesetzt wird. Soweit der Kläger den Urlaub jedoch während der Schulferien in Anspruch nimmt, werden auf diese 297 Stunden je Urlaubstag nur 5,5 Stunden in Anrechnung gebracht, so dass er im Ergebnis 54 Tage Urlaub im Jahr nehmen kann, soweit er diesen während der Schulferien beansprucht (wobei dann allerdings je Urlaubstag nur 5,5 Stunden auf das Arbeitsstundenkonto angerechnet werden).

Der Kläger fertigt für seinen Arbeitgeber monatlich eine Aufstellung der von ihm (entsprechend der Schichteinteilung) erbrachten Arbeitsstunden. Soweit die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden das vertraglich vereinbarte Soll von 206 Stunden im Monat unterschreiten oder übersteigen, wird die Differenz auf den Folgemonat übertragen, so dass Überstunden im Ergebnis durch Freizeitausgleich abgegolten werden. Ggfs. kommt auch eine Verrechnung mit „zuviel gewährtem Urlaub“ in Betracht; der Kläger trägt vor, dass in der betrieblichen Praxis Überstunden und Urlaubstage „insoweit eine Einheit“ bilden würden, als sie „nach arbeitgeberseitiger Anordnung austauschbar“ seien.

Beispielsweise wies die Stundenaufstellung des Klägers für den Monat April 2008  239 Arbeitsstunden und 55 Minuten auf. Aufgrund der Differenz von 33 Stunden und 55 Minuten zur Sollstundenzahl von 206 erhöhte sich der Übertrag aus dem Vormonat in Höhe von 274 Stunden und 35 Minuten auf nunmehr 308 Stunden und 30 Minuten, die auf die Abrechnung für Mai 2008 übertragen wurden. Entsprechend stieg der Übertrag im Mai 2008 nach 256 Arbeitsstunden (und 45 Minuten) auf 359 Stunden und 15 Minuten.

Im Februar 2008 beantragte der Kläger, ihm für den 13. und 14. Lebensmonat seines Kindes Elterngeld zu gewähren. Dabei legte er eine Erklärung seines Arbeitgebers vor, wonach er vom 13. Juni bis 12. August 2008 „keine Erwerbstätigkeit“ ausüben werde.

Mit Bescheid vom 26. Februar 2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger für den Zeitraum 13. Juni bis 12. August 2008 Elterngeld in Höhe von monatlich 1.050,96 €, wobei sie zugleich darauf hinwies, dass die Bewilligung unter dem Vorbehalt des  Widerrufs für den Fall der Ausübung einer Erwerbstätigkeit während des Bezugszeitraums ergehe.

In der von ihm gefertigten Stundenaufstellung für den Monat Juni 2008 legte der Kläger dar, dass er vom 1. bis 13. Juni insgesamt 106 Stunden und 30 Minuten gearbeitet habe. Ausgehend von 206 Sollstunden hat sich ausweislich dieser Aufstellung der Überstundenvortrag von 359 Stunden und 15 Minuten in diesem Monat auf 259 Stunden und 45 Minuten reduziert.

In der vom Kläger für seinen Arbeitgeber erstellten Stundenaufstellung für den Monat Juli 2008 sind keine Arbeitsstunden ausgewiesen. Es ist lediglich vermerkt worden, dass sich ausgehend von 206 Sollstunden der Überstundenvortrag von 259 Stunden und 45 Minuten auf 53 Stunden und 45 Minuten vermindert habe. In der entsprechenden Aufstellung für August 2008 sind Arbeitszeiten in einem Gesamtumfang von 134 Stunden und 30 Minuten für den Zeitraum 13. bis 31. August 2008 ausgewiesen. Ferner hat der Kläger dargelegt, dass unter Berücksichtigung des Vortrages von 53 Überstunden und 45 Minuten sich unter Berücksichtigung der Sollstundenzahl von 206 am Monatsende ein Stundenminus von 17 Stunden und 45 Minuten ergeben habe.

In all diesen Monaten hat der Arbeitgeber regelmäßig das auch vorher gezahlte Gehalt von brutto 2.101,20 € an den Kläger überwiesen. Ergänzend teilte der Arbeitgeber in einer Bescheinigung vom 4. März 2009 mit, dass der Kläger im Zeitraum 13. Juni bis 12. August 2008 „durch Freizeit (für geleistete Überstunden) nicht gearbeitet“ habe.

Nachdem die Beklagte von der Lohnfortzahlung Kenntnis erhalten hatte, hob sie nach vorheriger Anhörung des Klägers den Elterngeldbewilligungsbescheid vom 26. Februar 2008 mit Bescheid vom 9. März 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2009 auf und forderte den Kläger zur Rückerstattung der gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 2.101,92 € auf. Zur Begründung stellte sie darauf ab, dass der Kläger auch im Leistungszeitraum eine volle Erwerbstätigkeit ausgeübt habe. Damit habe er nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 BEEG erfüllt.

Auf die daraufhin vom Kläger am 10. Januar 2010 erhobene Klage hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide mit Gerichtsbescheid vom 28. August 2013 aufgehoben, soweit der Kläger zur Erstattung eines höheren Betrages als 1.501,82 € herangezogen worden war, d.h. der Sache nach soweit dem Kläger das Elterngeld nicht einmal in Höhe des einkommensunabhängigen Grundbetrages von monatlich 300 € (entsprechend insgesamt für den streitbetroffenen zweimonatigen Bezugszeit: 600 € bzw. nach Maßgabe des angefochtenen Urteils im Ergebnis - offenbar aufgrund eines Übertragungsfehlers des Sozialgerichts - 600,10 €) belassen worden ist. Zur Begründung der Teilaufhebung der angefochtenen Bescheide hat es dargelegt, dass allein aus dem Bezug von Lohn nicht auf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit geschlossen werden dürfe. Bezüglich des über den Grundbetrag hinausgehenden einkommensabhängigen Elterngeldanteils habe die Beklagte hingegen zutreffend berücksichtigt, dass der Kläger nach Bewilligung des Elterngeldes leistungsschädliche Lohnzahlungen im Leistungszeitraum von Seiten seines Arbeitgebers bezogen habe.

Mit der am 25. September 2013 eingelegten Berufung verfolgt der Kläger das Ziel einer vollständigen Aufhebung des Rückforderungsbescheides. Es habe keine einseitige Dispositionsmöglichkeit bestanden.

Er beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 28. August 2013 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 10. März 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2009 insgesamt aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung, über die der Senat mit Zustimmung beider Beteiligter (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 1. Oktober 2014 und Schriftsatz der Beklagten vom 11. September 2014) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid vom 10. März 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2009, ist, soweit er unter Berücksichtigung der bereits erstinstanzlich zugunsten des Klägers vorgenommenen Teilaufhebung im Berufungsverfahren noch zur Überprüfung steht, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zutreffend hat die Beklagte ihn zur Rückerstattung des streitbetroffenen Betrages von 1.501,82 € verpflichtet.

Jedenfalls bezogen auf diesen noch streitbetroffenen Betrag hat die Beklagte den vorausgegangenen - entsprechend den Vorgaben des § 8 Abs. 2 BEEG aF  unter dem Vorbehalt des Widerrufs für den Fall einer Erzielung von Erwerbseinkommen im Bezugszeitraum ergangenen - Bewilligungsbescheid zutreffend gestützt insbesondere auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aufgehoben. Daraus folgt die Rückerstattungspflicht des Klägers (§ 50 Abs. 1 SGB X).

Nach § 1 Abs. 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr. 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr. 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr. 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr. 4). Im vorliegenden Fall steht zu Recht außer Streit, dass der in der Bundesrepublik lebende Kläger in den streitbetroffenen beiden Bezugsmonaten die vorstehend unter Ziffern 1. bis 3. aufgeführten Voraussetzungen aufgrund der persönlichen Betreuung und Erziehung seines K. L. in dem gemeinsamen Familienhaushalt erfüllt hat.

Dem Kläger stand im Bezugszeitraum aufgrund des zeitgleichen Bezuges von Erwerbseinkommen jedoch jedenfalls kein höheres Elterngeld zu als der ihm bereits nach Maßgabe des in erster Instanz erzielten Teilerfolges belassene Betrag von 600(,10) €. Dies gilt auch dann, wenn zugunsten des Klägers davon auszugehen ist, dass dem Bestehen eines Elterngeldanspruchs nicht bereits dem Grunde nach eine fortdauernde Ausübung einer vollen Erwerbstätigkeit im streitbetroffenen Anspruchszeitraum im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 6 BEEG entgegenstand. Das BSG hat diesbezüglich bislang lediglich geklärt, dass ein Bezug von Elterngeld in Fällen einer - bezahlten - endgültigen Freistellung von der Arbeitsleistung im Rahmen eines noch bestehenden Arbeitsverhältnisses oder während eines sog Sabbaticals im Sinne eines Langzeiturlaubs in Betracht kommt; hingegen hat es bislang offen gelassen, ob auch bei einem ansonsten uneingeschränkt fortgeführten vollschichtigen Arbeitsverhältnis schon die Inanspruchnahme von Erholungsurlaub oder anderweitig von einer kürzeren Freistellung von der Arbeitsleistung die Annahme der Nichtausübung einer vollen Erwerbstätigkeit zu begründen vermag (BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 10 EG 7/11 R –, SozR 4-7837 § 1 Nr 3).

Auch unter der Annahme der Nichtausübung einer vollen Erwerbstätigkeit im streitbetroffenen Zeitraum konnte der Kläger lediglich den monatlichen Grundbetrag von 300 € gemäß § 2 Abs. 5 BEEG a.F. (heute § 2 Abs. 4 BEEG) beanspruchen. Dieser Grundbetrag bleibt ihm bereits aufgrund der erstinstanzlich ausgesprochenen Teilaufhebung des Aufhebungsbescheides belassen. Ein darüber hinausgehender Elterngeldanspruch scheitert an dem Fehlen eines betreuungsbedingten Einkommensnachteils im Sinne von § 2 Abs. 3 BEEG, da der Kläger auch während des Bezugszeitraums das gewohnte Gehalt weiterhin von seinem Arbeitgeber in ungekürzter Höhe ausgezahlt bekommen hat. In dem zweimonatigen Bezugszeitraum hat er jedenfalls kein geringeres Arbeitsentgelt erhalten als in dem nach § 2 Abs. 1 BEEG aF als Bemessungszeitraum maßgeblichen zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes.

Das Sozialgericht hat auch zutreffend dargelegt, dass der Kläger damit nach Erlass des Bewilligungsbescheides Einkommen im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X erzielt hat, das zur Minderung des Anspruchs geführt hat.

Vergeblich macht der Kläger geltend, dass unter Heranziehung des sog. modifizierten Zuflussprinzips diese tatsächlich auch im Bezugszeitraum erhaltenen Lohnzahlungen in der bereits vor diesem Zeitraum gewohnten monatlichen Höhe von brutto 2.101,20 € brutto nicht zu berücksichtigen seien, da er diesen Lohn nicht im Bezugszeitraum, sondern in vorausgegangenen Zeiträumen insbesondere in Form der Erbringung von Überstunden erarbeitet habe, die ihm erst nachträglich im Bezugszeitraum in Form der bezahlten Freistellung honoriert worden seien.

Nach der Rechtsprechung des BSG hat das modifizierte Zuflussprinzip zur Folge, dass für die Bemessung des Elterngeldes als erzielt nicht nur das dem Berechtigten im Bemessungszeitraum tatsächlich zugeflossene, sondern auch das darin erarbeitete und erst nach dessen Ablauf infolge nachträglicher Vertragserfüllung gezahlte Arbeitsentgelt zugrunde zu legen ist (BSG, Urteil vom 18. August 2011 – B 10 EG 5/11 R –, SozR 4-7837 § 2 Nr 11). Unter Heranziehung dieses Prinzips ist mithin jedenfalls zunächst das tatsächlich zugeflossene Arbeitsentgelt zu berücksichtigen, dieses kann aufgrund seiner lediglich unter den in der BSG-Rechtsprechung (zu § 2 BEEG a.F.) entwickelten Voraussetzungen zu erhöhen sein. Es würde auch einen im Alltag der Massenverwaltung gar nicht zu bewältigenden Aufwand bedeuten, wenn bei jeder tatsächlich zugeflossenen Lohnzahlung zu hinterfragen wäre, an welchen Tagen der Lohn tatsächlich erarbeitet worden ist und ob beispielsweise im Lohnzahlungszeitraum Tage oder auch nur Stunden der Arbeitsunfähigkeit, der bezahlten Freistellung oder des Urlaubs vorgelegen haben könnten, aufgrund derer der Lohnzahlungszeitraum vom Lohnerarbeitungszeitraum abweichen könnte. Dies gilt umso mehr, als vielen Lohnbestandteilen ohnehin kein eindeutiger „Erarbeitungszeitraum“ zugeordnet werden kann. Besonders deutlich wird dies beispielsweise bei einer Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Dementsprechend hat auch das BSG bereits klargestellt, dass bei einem Elternteil, der nach der Geburt des Kindes einen Resturlaub hat, das während eines (solchen) Resturlaubes gezahlte Arbeitsentgelt bzw. eine Urlaubsabgeltung im Rahmen des § 2 Abs. 3 BEEG zu berücksichtigen ist (BSG, U.v. 17. Februar 2011 - B 10 EG 20/09 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 8, Juris-Rz 79). Ferner hat das BSG bereits ausdrücklich klargestellt, das während des Elterngeldbezugszeitraumes von Seiten des Arbeitgebers gezahlte (regelmäßig zu erbringende) Provisionen auch dann auf das Elterngeld anzurechnen sind, wenn die ihnen jeweils zugrunde liegende Arbeitsleistung außerhalb des Bezugszeitraums liegt. Insoweit könne für die Berücksichtigung von Provisionen als regelmäßiges Entgelt im Bezugszeitraum nichts anderes gelten als für ihre Berücksichtigung als regelmäßiges Arbeitsentgelt im Bemessungszeitraum (BSG, Urteil vom 26. März 2014 – B 10 EG 14/13 R –,SozR 4-7837 § 2 Nr 25). Auch damit hat das BSG verdeutlicht, dass der tatsächliche Bezug regelmäßiger Gehaltszahlungen nicht mit dem Argument gewissermaßen als nicht geschehen behandelt werden kann, dass bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die entlohnte Arbeitsleistung bereits in früheren Zeiträumen erbracht worden sei.

Die Frage des Verschuldens oder Nichtverschuldens spielt bezogen auf die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 SGB X keine Rolle. Allerdings kommt ausnahmsweise die Annahme eines die Notwendigkeit einer Ermessensausübung begründenden atypischen Falls in Betracht, wenn der Berechtigte die zu Unrecht gezahlte Leistung und das zugeflossene Einkommen in der gerechtfertigten Annahme ausgegeben hat, einer Erstattungsforderung nicht ausgesetzt zu sein, so dass ihm für die Rückzahlung nur die laufenden Bezüge zur Verfügung stehen (BSG, Urteil vom 11. Januar 1989 – 10 RKg 12/87 –, SozR 1300 § 48 Nr 53).

Auch soweit der Kläger die ihm zugeflossenen streitbetroffenen Elterngeldzahlungen verbraucht haben mag, ist im vorliegenden Zusammenhang im Ergebnis kein Raum für die Annahme eines atypischen Falls im vorstehend erläuterten Rechtssinn. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob in Fällen der vorliegenden Art bereits der dem Bewilligungsbescheid entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des § 8 Abs. 2 BEEG aF beigefügte Widerrufsvorbehalt der Schutzwürdigkeit eines etwaigen Vertrauens entgegensteht.

Eine etwaige Erwartung des Klägers, einer Erstattungsforderung nicht ausgesetzt zu sein, kann auch unabhängig davon im Ergebnis jedenfalls nicht als gerechtfertigt im Sinne der erläuterten Rechtsprechung qualifiziert werden.

Der Kläger ist bei der Beantragung von Elterngeld ausdrücklich danach befragt worden, ob im Bezugszeitraum eine Erzielung von Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit zu erwarten sei; er hat diese Frage seinerzeit verneint. Wenn er gleichwohl im Bezugszeitraum neben den Elterngeldzahlungen weiterhin die gewohnten monatlichen Gehaltszahlungen seines Arbeitgebers erhalten hat, dann durfte er nicht darauf vertrauen, dass er beide Geldleistungen nebeneinander behalten dürfe. Bei pflichtgemäßer Sorgfalt war auch für den Kläger klar zu erkennen gewesen, dass die Beklagte aufgrund seiner im Antragsverfahren erteilten Angaben von einem Ausbleiben der Gehaltszahlungen des Arbeitgebers ausging. Wenn der Arbeitgeber nachfolgend tatsächlich weiterhin die monatlichen Gehaltszahlungen erbrachte, dann war auch für den Kläger unschwer erkennbar, dass jedenfalls die Möglichkeit eines damit verbundenen Wegfalls oder zumindest einer Minderung seines Elterngeldanspruchs bestehen konnte. Dies gilt umso mehr, als auch den betroffenen Eltern die grundlegende Zielrichtung des Elterngeldes im Sinne eines (Teils-)Ausgleichs der durch die Kinderziehung im Bezugszeitraum bewirkten Erwerbseinkommensverluste bekannt ist (und auch durch die im Antragsverfahren abgefragten Angaben verdeutlicht wird). Auch für den Kläger war augenscheinlich, dass es im Bezugszeitraum angesichts der fortgesetzten monatlichen Gehaltszahlungen des Arbeitgebers gerade an einer entsprechenden wirtschaftlichen Einbuße mangelte.

Wenn er sich bei dieser Ausgangslage ohne zielgerichtete Rücksprache mit der Beklagten dazu entschlossen haben mag, die Elterngeldleistungen (neben den Gehaltszahlungen) zu verbrauchen, dann handelte er letztlich auf eigenes Risiko.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.