Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 23.10.2014, Az.: L 1/4 KR 570/12 KL
Berechtigung der Versicherungsaufsicht zur Anmahnung von Rechtsfehlern bei einem Versicherungsträger
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 23.10.2014
- Aktenzeichen
- L 1/4 KR 570/12 KL
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2014, 27948
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2014:1023.L1.4KR570.12KL.0A
Rechtsgrundlagen
- § 30 SGB IV
- § 89 Abs. 1 S. 1 SGB IV
- § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V
Fundstelle
- NZS 2015, 187-191
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Eine aufsichtsbehördliche Maßnahme nach § 89 SGB IV setzt eine Rechtsverletzung voraus.
- 2.
Mit dem Angebot eines umfassenden weltweiten Auslandskrankenversicherungsschutzes erfüllt eine gesetzliche Krankenversicherung keine gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben und verletzt damit das Recht.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 660.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen einen Verpflichtungsbescheid nach § 89 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV).
Die Klägerin als Versicherungsnehmerin schloss mit der K. Krankenversicherung a.G. am 15. Oktober 2007 eine Vereinbarung über einen Auslandsreisekrankenversicherungsschutz für urlaubs- und berufsbedingte Reisen ihrer Mitglieder sowie deren Familienangehörige. Nach § 1 des Vertrages sind alle Mitglieder des Versicherungsnehmers sowie deren Familienangehörige, die nach § 10 SGB V einen Anspruch auf Familienversicherung haben, versichert. Die K. bietet gemäß § 3 des Vertrages bei urlaubs- und beruflich bedingten Reisen im Ausland Versicherungsschutz für Krankheiten, Unfälle und andere im Vertrag genannten Ereignisse an und ersetzt die dort entstandenen Aufwendungen für Heilbehandlung und sonstige vereinbarte Leistungen. Der private Auslandskrankenversicherungsschutz besteht weltweit. § 5 der Vereinbarung legt den Umfang der Leistungsverpflichtung der K. fest und sieht eine Erstattung der Aufwendungen zu 100 % vor. Die für das jeweilige Versicherungsjahr fälligen Beiträge zahlt die Klägerin als Versicherungsnehmerin an die K. (§ 9) (je versicherte Person pro Versicherungsjahr 4,00 EUR). Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag Bl. 7 ff VA verwiesen.
Die Klägerin hatte zuvor ihre Absicht, eine Auslandskrankenversicherung für ihre Versicherten abzuschließen, der Beklagten im Mai 2007 angezeigt. Nach einem Schriftwechsel (vgl. Schreiben vom 12. Juli, 11. und 14. September 2007), in dem die Beklagte u.a. darauf hingewiesen hatte, dass die Ausführungen zur Prüfung der Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes ungenügend und mit rechtlichen Grundlagen nicht vereinbar seien, teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 18. September 2007 mit, dass sie die vorgesehene Kooperation mit der K. Krankenversicherung a.G. über die Durchführung der Auslandsreisekrankenversicherung bis auf Weiteres hinnehmen würde. Mit Schreiben vom 23. März 2009 machte die Beklagte die Klägerin darauf aufmerksam, dass ein Verstoß gegen § 30 SGB IV vorliegen würde, da eine gesetzliche Krankenkasse ihre Beitragseinnahmen nicht zur Finanzierung einer privaten Auslandsreiskrankenversicherung für ihre Versicherten ausgeben dürfte. Eine aufsichtsrechtliche Tolerierung könne nur unter sehr engen Voraussetzungen, zu denen zuvorderst die Wirtschaftlichkeit der Verfahrensweise gehöre, erfolgen.
Mit Schreiben vom 08. Juni 2009 informierte die Klägerin die Beklagte darüber, dass sie in der Zeit vom 01. Dezember 2007 bis 30. November 2008 eine Gesamtprämie in Höhe von 237.900,00 Euro für die obligatorische Auslands-PKV aufgewendet habe. Dem Aufwand stünden geschätzte Einsparungen (z.B. durch Wegfall von Verwaltungsarbeit bei den Auslandsabrechnungen) in Höhe von 238.500,00 Euro gegenüber.
Mit Schreiben vom 07. September 2009 teilte die Beklagte abermals mit, dass sie die Durchführung der Auslandsreisekrankenversicherung bis auf Weiteres hinnehme. Dies stehe unter dem Vorbehalt, dass die Klägerin durch ein ständiges Vertragscontrolling fortwährend die Wirtschaftlichkeit der Kooperation überwache und beim Bundesversicherungsamt (BVA) jährlich Nachweise über die Wirtschaftlichkeit bis spätestens zum 30. Juni eines Kalenderjahres einreiche. Entsprechende Mitteilungen machte die Klägerin unter dem 21. Mai 2010 und 01. April 2011. Mit Schreiben vom 2. Juli 2010 teilte die Beklagte wiederum mit, dass sie das Verhalten der Klägerin bis auf Weiteres hinnehme.
Unter dem 12. September 2011 forderte die Beklagte die Klägerin auf, ihre Kooperation mit der K. Krankenversicherung bis spätestens zum 31. Dezember 2012 einzustellen. Eine gesetzliche Krankenkasse dürfe ihre Beitragseinnahmen nicht zur Finanzierung einer privaten Auslandskrankenversicherung für ihre Versicherten verwenden. Das BVA habe diesen Rechtsverstoß gegen § 30 SGB IV bislang aber unter sehr engen Voraussetzungen toleriert. So hätte die Wirtschaftlichkeit der Kooperation mit dem privaten Versicherungsunternehmen sichergestellt sein und von der Krankenkasse durch ein ständiges Vertragscontrolling überwacht werden müssen. Die Wirtschaftlichkeit sei jährlich gegenüber dem BVA nachzuweisen. Die Verwaltungspraxis habe gezeigt, dass der von den Krankenkassen zu führende Nachweis der Wirtschaftlichkeit regelmäßig mit Unsicherheiten sowohl hinsichtlich der Methodik als auch hinsichtlich der Validität des vorgelegten Zahlenmaterials behaftet sei. Die Beklagte werde die bisherige Duldungspraxis deshalb nicht fortführen. Ein gleichgerichtetes Schreiben erhielten alle der Aufsicht unterliegenden Krankenkassen, die ein entsprechendes beitragsfinanziertes Angebot vorhielten.
Die Krankenkassen hätten die Möglichkeit, in ihren Satzungen Wahltarife für Kostenerstattung nach § 53 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) vorzusehen. Der Kostenerstattungswahltarif decke allerdings nur diejenigen Leistungen ab, die im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung vorgesehen seien, da auch nur deren Kosten von der gesetzlichen Krankenversicherung zu übernehmen seien. Eine Leistungserweiterung sei nicht möglich. Eine umfassende Leistungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenversicherung im Ausland lasse sich mit einem Wahltarif Kostenerstattung nicht herstellen. Vielmehr ruhe gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V der Anspruch auf Leistungen bei einem Auslandsaufenthalt, es sei denn, Abweichendes ergebe sich aus dem inner-, über- oder zwischenstaatlichem Recht. Eine solche Regelung enthalte § 13 Abs. 4 bis 5 SGB V, die den Versicherten ermögliche, sich im Bereich der EU, des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweiz anstelle der Sachleistungen medizinische Leistungen gegen Kostenerstattung selbst zu beschaffen. Unter engen Voraussetzungen bestehe darüber hinaus ein Anspruch auf Kostenerstattung nach über- oder zwischenstaatlichem Recht. Für das vertragslose Ausland (Kanada, USA, Australien) verbleibe es bei dem Ruhensgrundsatz des § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, mit der Folge, dass auch ein Kostenerstattungsanspruch der Versicherten für als Privatpatienten beschaffte medizinische Leistungen ausgeschlossen sei. Darüber hinaus könnten Krankenkassen über eine entsprechende Kooperation mit einem privaten Krankenversicherungsunternehmen nach § 194 Abs. 1a SGB V ihren Versicherten den Abschluss eines zusätzlichen privaten Auslandsreisekrankenversicherungsvertrages vermitteln.
Unter dem 08. Dezember 2011 forderte die Beklagte die Klägerin auf, eine Bestätigung über die spätestens zum 31. Dezember 2012 zu erfolgende Einstellung ihrer Kooperation bis zum 23. Dezember 2011 abzugeben.
Die Klägerin beendete (email vom 14. Dezember 2011) zum 31. Dezember 2012 den Gruppenversicherungsvertrag mit der K. Versicherung, nahm jedoch unter dem 08. August 2012 die Kündigung wieder zurück.
Daraufhin erließ die Beklagte unter dem 26. September 2012 eine aufsichtsrechtliche Beratung nach § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB IV und forderte die Klägerin auf, innerhalb von drei Wochen nach Erhalt dieses Schreibens schriftlich zu bestätigen, dass sie geeignete Maßnahmen ergreife, um ihre rechtswidrige Kooperation mit der K. Krankenversicherung a.G. spätestens zum 31. Dezember 2012 zu beenden. Es sei beabsichtigt, anderenfalls einen Verpflichtungsbescheid gemäß § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB IV zu erlassen.
Am 15. November 2012 erging der hier streitige Verpflichtungsbescheid der Beklagten, in dem die Klägerin gemäß § 89 Abs. 1 Satz 2, § 90 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verpflichtet wird, die Vereinbarung mit der K. Krankenversicherung a.G. über einen Auslands-krankenversicherungsschutz spätestens zum 31. Dezember 2012 zu beenden. Es liege ein Rechtsverstoß vor, der ein aufsichtsrechtliches Einschreiten nach § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB IV zur Folge habe. Die Begründung und Durchführung eines weltweiten privaten Auslandsreise-krankenversicherungsschutzes für alle Versicherten der Klägerin im Rahmen der zwischen der Klägerin und der Barmenia geschlossenen Vereinbarung und die Finanzierung des privaten Auslandsreisekrankenversicherungsschutzes ihrer Versicherten sei mit § 30 SGB IV nicht zu vereinbaren. Danach dürften Sozialversicherungsträger ausschließlich Geschäfte zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen und ihre Mittel nur für diese Aufgaben sowie die Verwaltungskosten verwenden. Den Versicherungsträgern sei untersagt, andere als die im Rahmen ihres Aufgabenbereichs liegende Geschäfte zu führen. Unter Geschäfte seien nicht nur Rechtsgeschäfte zu verstehen, sondern Aktivitäten aller Art mit und ohne Außenwirkung auf Dritte. Geschäfte, die den Aufgabenbereich des Sozialversicherungsträgers überschritten, seien nicht zulässig. Eine Leistungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenkassen bei einer Erkrankung während eines vorübergehenden Aufenthalts im Ausland sehe das SGB V nur ausnahmsweise (§ 13 Abs. 4 bis 6 SGB V) sowie das über- oder zwischenstaatliche Recht unter den dort genannten Voraussetzungen vor. In allen anderen Fällen, insbesondere bei Urlaubsreisen im vertragslosen Ausland, verbleibe es bei dem allgemeinen Ruhensgrundsatz des § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Die versicherungsmäßige Absicherung der über die Leistungsverpflichtung der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehenden Kosten und damit der verbleibenden Deckungslücken bei Auslandsbehandlungen liege in der Eigenverantwortung der einzelnen Versicherten. Für die auf der zwischen der Klägerin und der K. abgeschlossenen Vereinbarung beruhende Begründung und Durchführung einer kostenlosen privaten Auslandsreise-Krankenversicherung für alle Versicherten des Krankenversicherungsträgers fehle, selbst wenn eine solche Versicherung auch Vorteile für den Krankenversicherungsträger biete, eine gesetzliche Grundlage. Sie stelle sich vielmehr als eine unzulässige Erweiterung des gesetzlichen Aufgabenbereichs eines gesetzlichen Krankenversicherungsträgers dar und verstoße gegen § 30 Abs. 1 1. HS SGB IV.
Die Kooperation sei kein zulässiges Outsourcing im Sinne des § 197b SGB V. Nach § 197b SGB V sei die Aufgabenerledigung durch Dritte unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, solange es sich nicht um wesentliche Aufgaben zur Versorgung der Versicherten handele. Die Leistungsgewährung im Ausland im Rahmen des über-, zwischen- oder innerstaatlichen Rechts gehöre zu den Kernaufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung und dürfe daher nach § 197b Satz 2 SGB V nicht auf private Dritte übertragen werden. Unzulässig sei somit, wenn sich eine Krankenkasse der ihr obliegenden Aufgaben der Leistungsgewährung im Ausland im Rahmen des über-, zwischen- oder innerstaatlichen Rechts im Wege des Outsourcing entledige und sie vollständig auf ein privates Versicherungsunternehmen übertrage. Die Zusammenarbeit der Klägerin mit der K. im Bereich der Auslandsreisekrankenversicherung sei jedoch so ausgestaltet, dass den Versicherten in jedem Fall die gesetzlichen Ansprüche gegen die Klägerin erhalten blieben und somit der gesetzlichen Krankenversicherungsschutz auch während der Durchführung der Kooperation in vollem Umfang über die L. B. sichergestellt sei. Eine Übertragung des von der L. B. zu gewährleistenden gesetzlichen Krankenversicherungsschutzes im Ausland auf die K., die im Übrigen einen Verstoß gegen § 197b Satz 2 SGB V darstellen würde, finde gerade nicht statt.
Die von der Klägerin mit der K. geschlossene Vereinbarung sei keine zulässige Vermittlungstätigkeit im Sinne von § 194 Abs. 1a SGB V. Die Klägerin werde bei ihrer Kooperation mit der K. nicht als Vermittler einer privaten Zusatzversicherung im Sinne von § 194 Abs. 1a SGB V tätig, sondern sei selbst Vertragspartner. Nach der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der K. sei der Versicherte am Vertragsschluss der Auslandsreise-Krankenversicherung nicht beteiligt. Vielmehr habe die L. B. als Versicherungsnehmerin für ihre Versicherten eine private Auslandsreisekrankenversicherung mit der K. als Versicherer geschlossen. Für die Versicherten trete der ergänzende Auslandsreisekrankenversichungsschutz automatisch aufgrund der zwischen der L. B. und der K. geschlossenen Vereinbarung ein. Die Vereinbarung sei daher selbst ein Versicherungsvertrag zwischen der L. B. und der K. und regele nicht den Rahmen für die Anbahnung und den Abschluss von Versicherungsverträgen zwischen Versicherten und privaten Versicherungsunternehmen. So sei die Klägerin auch als Versicherungsnehmerin gemäß § 9 Abs. 2 der Vereinbarung Zahlungsverpflichtete für die Versicherungsprämie und erhalte auch die über den GKV-Spitzenverband - M. - abgerechneten Kosten der von ihren Versicherten über die EHIC (European Insurance Card) in Anspruch genommenen Behandlungen erstattet. Die Kooperation mit der Barmenia gehe über die Grenzen einer zulässigen Vermittlungstätigkeit hinaus. Die Klägerin sei aktiv in die Leistungsabwicklung des privaten Versicherungsunternehmens eingebunden. Sie übersende die Rechnungen mit einem Leistungsantrag, der u.a. die Bestätigung des Bestehens der Versicherung bei der L. B. als Versicherungsnehmerin mit Angabe der Mitgliedschaftsnummer enthalte. Eine Leistungsgewährung im Rahmen der privaten Auslandreisekrankenversicherung sei ohne aktives Mitwirken der L. B. an der Durchführung der Kooperation nicht möglich.
Durch die Finanzierung des von der Klägerin für ihre Versicherten begründeten weltweiten privaten Auslandreisekrankenversicherungsschutzes liege auch ein Verstoß gegen § 30 Abs. 1 2 HS SGB IV vor. Für gesetzlich nicht vorgeschriebene oder zugelassene Aufgaben dürften die Krankenkassen keine Mittel verwenden. Für die Begründung und das zur Verfügung stellen eines weltweiten privaten Auslandreise-Krankenversicherungsschutzes für alle Versicherten einer Krankenkasse im Rahmen einer Kooperation zwischen gesetzlichem Krankenversicherungsträger und einem privaten Versicherungsunternehmen fehle eine Ermächtigungsgrundlage, so dass es sich um keine gesetzlich vorgeschriebene oder zugelassene Aufgabe handele und die L. B. mit der Zahlung der Versicherungsprämie für die private Auslandskrankenversicherung ihrer Versicherten ihre Mittel unzulässig verwende. Das BMG teile die Auffassung, dass es sich bei der kostenlosen Gewährung einer Auslandskrankenversicherung durch eine gesetzliche Krankenkasse um eine Leistung handele, die außerhalb des Leistungskataloges des SGB V liege, und insoweit eine unzulässige Verwendung der Beitragsmittel nach § 30 Abs. 1 SGB IV vorliege.
Der Erlass des Verpflichtungsbescheides sei notwendig und verhältnismäßig, um die Rechtsverletzung abzustellen und künftige Wiederholungen zu vermeiden. Dem BVA sei in § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB IV Ermessen eingeräumt, welches im Kontext zu den Regelungen nach §§ 87 ff. SGB IV betrachtet werden müsse. Das öffentliche Interesse an einer Verpflichtung der L. bestehe darin, dass diese ausschließlich im Rahmen der bestehenden Gesetze verfahre und nicht durch ihr Handeln bzw. Unterlassen das Recht verletze. Nur für die Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen und zugelassenen Aufgaben dürften die überlassenen Mittel, die sich vor allem aus Beitragszahlungen der Mitglieder und Arbeitgeber sowie staatlichen Beteiligungen begründeten, verwendet werden. Durch das rechtswidrige Angebot einer für die Versicherten kostenlosen weltweiten Auslandsreisekrankenversicherung im Rahmen der Kooperation mit der K. über den 31. Dezember 2012 hinaus unter kassenseitiger Mittelverwendung entstehe zu Lasten der rechtskonform handelnden Krankenkassen ein Nachteil im Mitgliederwettbewerb. Dem öffentlichen Interesse stehe das Interesse der L. B. gegenüber, weiterhin im Mitgliederwettbewerb zwischen den Krankenkassen aufzutreten und somit Mitglieder zu halten oder neue Mitglieder zu gewinnen. Die Beklagte bewerte das öffentliche Interesse insbesondere mit Blick auf die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Systems als überwiegend im Vergleich zu dem Einzelinteresse der Klägerin.
Bei der Entscheidung habe sich die Beklagte davon leiten lassen, in ihrem Aufsichtsbereich ein einheitliches Verhalten der Krankenkassen ab 01. Januar 2013 sicherzustellen. Ihre in der Vergangenheit praktizierte aufsichtsrechtliche Tolerierungspraxis gebe die Beklagten zum 01. Januar 2013 auf. Die Verwaltung sei stets befugt, ihre ermessensbindende Verwaltungspraxis zur Gegensteuerung von Fehlentwicklungen zu ändern und bei zwischenzeitlich erkannten Rechtsverstößen sogar zur Änderung ihrer Praxis verpflichtet. Insbesondere ergebe sich eine Pflicht zum Einschreiten der Aufsichtsbehörde, wenn der Versicherungsträger Mittel der Versichertengemeinschaft zu einem gesetzlich nicht zugelassenen Zweck verwende. Bei der Sicherstellung einer kostenlosen Auslandreisekrankenversicherung durch eine gesetzliche Krankenkasse handele es sich um eine Leistung, die außerhalb des Leistungskataloges des SGB V liege und insoweit eine unzulässige Verwendung von Beitragsmitteln nach § 30 Abs. 1 SGB IV beinhalte. Der Klägerin habe zur Abwicklung der Beendigung ihrer Kooperation ein Zeitraum von mehr als 15 Monaten zur Verfügung gestanden. Die Klägerin habe keine Bereitschaft erkennen lassen, einen rechtmäßigen Zustand herzustellen. Die Beendigung der aufsichtsbehördlichen Tolerierungspraxis beruhe auf sachgerechten Erwägungen. Für die Abkehr von der bisherigen Praxis seien die gesetzlich verschärften Anforderungen an den Nachweis der Wirtschaftlichkeit für die Wahltarife unter Berücksichtigung des mit Unsicherheiten behafteten bisherigen Nachweises zur Wirtschaftlichkeit sowie hinsichtlich der Methodik als auch der Validität des vorgelegten Zahlenmaterials maßgeblich gewesen. Eine realistische Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sei bislang für das jeweils zu betrachtende Jahr schon deshalb nicht möglich, weil die über den GKG-Spitzenverband abgerechneten tatsächlichen Aufwendungen für Sachleistungsaushilfen von den ausländischen Trägern vielfach erst Jahre später in Rechnung gestellt würden und die im betrachteten Jahr berücksichtigte Höhe der Erstattungen für Leistungsfälle im Ausland zu zufälligen Ergebnissen führe.
Die zum 01. Januar 2011 in Kraft getretene Neuregelung des § 53 Abs. 9 Satz 3 SGB V mache es erforderlich, das Verbot der Quersubventionierung von Wahltarifen auch nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu überwachen und zum Nachweis regelmäßig ein entsprechendes Gutachten vorzulegen. Die bisherigen Regelungen, die der Aufsichtsbehörde noch einen bestimmten Spielraum eröffnet hätten, würden nicht mehr gelten. Krankenkassen, die in rechtmäßiger Weise Tarife aus dem Sektor der privaten Krankenversicherung anbieten möchten, müssten sehr strenge Voraussetzungen einhalten. Die Forderung eines sachgerechten Wirtschaftlichkeitsnachweises durch versicherungsmathematische Gutachten hätte dazu geführt, dass die grundlegende Voraussetzung für die aufsichtsbehördliche Tolerierung des vorliegenden Rechtsverstoßes gegen § 30 SGB IV bei den durch Krankenkassen finanzierten (rechtswidrigen) Kooperationen mit privaten Versicherungsunternehmen im Bereich der Auslandskrankenversicherung nur durch einzelne große bundesunmittelbare Krankenkassen erfüllt werden könnten.
Es bestehe auch kein Vertrauensschutz in die Aufrechterhaltung der aufsichtsrechtlichen Tolerierungspraxis. Es fehle an dem für einen Vertrauensschutz erforderlichen Umstands- und Zeitelement. Die Beklagte habe stets auf die Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden Kooperationen hingewiesen und darauf, dass sie rechtswidrige Kooperationen im Hinblick auf die Vorteilhaftigkeit für die Versicherten lediglich bis auf Weiteres toleriere. Dies sei der Klägerin aus den Schreiben vom 11. September 2007 und 23. März 2009 bekannt gewesen, sodass kein Vertrauen am Fortbestand der bisherigen aufsichtsbehördlichen Verwaltungspraxis bestehe bzw. ein solches nicht schutzwürdig sei. Auch das notwendige Zeitelement sei nicht gegeben. Ein mit der "Selbstbindung der Verwaltung" einhergehender Vertrauensschutz sei außerdem auch nicht zwingend auf Dauer festgeschrieben. Der Verpflichtungsbescheid sei auch verhältnismäßig, da die gesetzlichen Ansprüche der Versicherten im Rahmen des inner-, zwischen- und überstaatlichen Rechts gegen die Krankenkasse weiter bestünden. Eine Anpassung der Vereinbarung mit der K. scheide aus, da der vertraglich den Versicherten automatisch durch die Klägerin eingeräumte kostenlose weltweite private Auslandsreisekrankenversicherungsschutz als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung prinzipiell ausgeschlossen sei. Ein milderes Mittel zur Behebung des rechtswidrigen Zustandes komme nicht in Betracht. Mit der Einräumung einer Übergangsfrist bis 31. Dezember 2012 zur Beendigung der rechtswidrigen Kooperation sei zugleich die Möglichkeit zur Aufklärung der Versicherten nach § 13 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) über die Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch durch Printmedien gewährleistet. Zudem sei durch die vorgenannte Übergangsfrist der Klägerin die Möglichkeit gegeben worden, ihren entsprechenden Vertrag mit dem privaten Versicherungsunternehmen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen vertraglichen Kündigungsfristen in ordentlicher Weise fristgerecht zu kündigen und zu beenden.
Gegen den am 16. November 2012 zugestellten Bescheid hat die Klägerin am 07. Dezember 2012 Klage vor dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen erhoben und vorgetragen: Der angefochtene Verpflichtungsbescheid sei rechtswidrig. Er überschreite das Aufsichtsrecht der Beklagten, da der mit der angeordneten Verpflichtung zu beendende Auslandskrankenversicherungsschutz, den die Klägerin mit der K. Krankenversicherung vereinbart habe, nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstoße. Ein Verstoß gegen § 30 Abs. 1 SGB IV liege nicht vor. Die Klägerin führe mit der K. nur "Geschäfte zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben" durch. Der Umfang der gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben würde durch § 1 und 2 SGB V konkretisiert. Diese Vorschrift biete eine eigenständige Rechtsgrundlage für Aufklärung, Beratung und Leistung insbesondere in den Bereichen Ernährung, gesundheitsfördernde Betätigung und Freizeitverhalten. Die in §§ 2, 11 ff. SGB V stehenden Leistungen seien nicht abschließend. Sie könnten vielmehr durch Leistungen nach § 1 SGB V ergänzt werden, die versichertenbezogen die Aufgabe hätten, den Gesundheitszustand der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu verbessern. Zu den nach § 1 Satz 3 SGB V gesetzlich legitimierten Leistungen gehörten selbstverständlich auch Leistungen, die in Erweiterung u.a. des § 13 SGB V den Versicherten im Bereich des Auslandskrankenschutzes weitergehend unterstützten, jedenfalls zumindest dann, wenn dadurch weder Kosten noch andere Nachteile für die Versichertengemeinschaft entstünden. Durch die streitige Vereinbarung mit der K. würden letztlich nur die versicherungsrechtlichen Grundlagen dafür geschaffen, die dem Versicherten selber die Inanspruchnahme von weiteren Leistungen über die K. ermöglichten.
Für den Fall, dass sich eine Rechtsgrundlage nicht aus § 1 Satz 3 SGB V herleiten lassen solle, werde vorgetragen, dass es sich hier um eine Annextätigkeit im Bereich der öffentlichen Verwaltung bzw. Zusatzleistung i.S. einer Annextätigkeit handeln würde. Die Rechte und Pflichte der Klägerin gegenüber den Versicherten aus §§ 11 ff. SGB V blieben unangetastet. Es würden keinerlei Rechte der Versicherten eingeschränkt oder aus dem SGB V abzuleitende Zuständigkeiten abgegeben werden. Der im Rahmen des § 13 Abs. 4 - 6 SGB V von der Klägerin zu gewährende Leistungsumfang sei nach wie vor sichergestellt. Der Versicherte wende sich in einem konkreten Erstattungsfall an die Klägerin und entscheide in diesem Zusammenhang, ob er den umfangreichen Versicherungsschutz der K. beanspruchen wolle oder nicht. Allerdings werde sich der Versicherte regelmäßig für das leistungsumfassendere Angebot entscheiden. Die Vereinbarung stelle den Versicherten hinsichtlich der Zahlung der Versichertenprämie letztlich sogar noch günstiger als er aufgrund eines nach zulässiger Vermittlung (§ 194a SGB V) selber vereinbarten Auslandsreisekrankenversicherungsschutz stehen würde. Die Vereinbarung sei wirtschaftlich und führe zu keinen weiteren Kosten. Es komme vielmehr zu Einsparungen.
Zudem habe die Beklagte das Verhalten der Klägerin bisher geduldet (Schreiben vom 18. September 2007 und 2. Juli 2010). Ein formaler Rücknahmebescheid hinsichtlich der vorausgegangenen Duldungsverfügungen sei bislang jedenfalls zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Eine Nebenbestimmung i.S. eines Widerrufsvorbehalts nach § 32 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) sei aus der unbestimmten Formulierung "bis auf Weiteres" ebenfalls nicht abzulesen. Die Formulierung, dass die Entscheidung unter dem Vorbehalt des Wirtschaftlichkeitsnachweises bis spätestens zum 30. Juni eines Kalenderjahres" stehe, sei wohl eher als "Auflage" zu interpretieren, der die Klägerin auch immer rechtzeitig nachgekommen sei. Die Duldungsverfügungen seien nach § 44 SGB X zu keiner Zeit zurückgenommen, widerrufen oder anderweitig aufgehoben worden. Auch dem Verpflichtungsbescheid sei keine formale Rücknahme bzw. Widerruf der Duldungsverfügung zu entnehmen. Da sich ein Verwaltungsakt (hier Duldung der Auslandsreisekrankenversicherung) nur durch einen entsprechenden Verwaltungsakt i.S. eines actus contrarius beseitigen lasse, fehle bereits insoweit eine rechtliche Grundvoraussetzung für den angefochtenen Verpflichtungsbescheid.
Überdies bestehe eine Ermessensreduzierung auf Null. Leistungsansprüche der Versicherten würden nicht unterlaufen, neben den gesetzlichen Ansprüchen bekämen die Versicherten ohne weitere Zusatzkosten einen umfassenden obligatorischen Auslandsreisekrankenversicherungsschutz, die Verfahrensweise sei ausweislich der Wirtschaftlichkeitsberechnung für die Klägerin günstiger als wenn sie selbst die Leistungsansprüche bearbeiten würde. Durch die Verfahrensweise würden die erheblichen Defizite der Abrechnung nach Sozialversicherungsabkommen und der EHIC nicht zum Tragen kommen, so dass die Verfahrensweise sowohl für die Versichertengemeinschaft als auch für die einzelnen Versicherten nur wirtschaftliche Vorteile und keinen einzigen Nachteil biete. Zudem dürfe die Verwaltung nicht ohne rechtfertigenden Grund von ständiger Verwaltungspraxis abweichen. Ein solcher rechtfertigender Grund sei eindeutig nicht gegeben.
Die Klägerin beantragt,
den Verpflichtungsbescheid der Beklagten vom 15. November 2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid aus den darin aufgeführten Gründen für zutreffend. Der Verpflichtungsbescheid sei formell und materiell rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Vereinbarung über einen Auslandsreisekrankenversicherungsschutz verstoße gegen geltendes Recht. Es bestehe keine Rechtsgrundlage, insbesondere ergebe sich ein Recht auf den eigenständigen Abschluss einer Vereinbarung über eine Auslandsreisekrankenversicherung nicht aus § 1 Satz 3 SGB V, § 2 SGB V. Bei § 1 SGB V handele es sich um eine bloße Einweisungsvorschrift, die weder einen konkreten Tatbestand noch eine konkrete Rechtsfolge umschreibe. Sie beinhalte eine eigenständige Rechtsgrundlage lediglich für den Bereich der Aufklärung und Beratung, nicht aber für die Leistungsgewährung. § 2 SGB V konkretisiere den Umfang der gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben, erweitere sie aber nicht. Die Berechtigung der Klägerin für die über ihre Kooperation mit der Barmenia zur Verfügung gestellte Auslandskrankenversicherung lasse sich auch nicht als sogenannte Annextätigkeit herleiten. Es fehle an der für die Annahme einer Annextätigkeit erforderlichen, auf einer Rechtsgrundlage gestützten Haupttätigkeit, als deren "Randbereich" sich die Annextätigkeit darstelle. Die Bereitstellung eines weltweit geltenden Auslandsreisekrankenversicherungsschutzes sei gerade gesetzlich nicht vorgesehen. Ein Outsourcing gem. § 197b SGB V liege gerade nicht vor. Auch die Voraussetzungen des § 194 Abs. 1a SGB V seien nicht erfüllt. Eine Vermittlungstätigkeit, die den rechtlichen Vorgaben des § 194 Abs. 1a SGB V genüge, werde nicht ausgeführt. Die Klägerin trete bei der Kooperation mit der Barmenia nicht als Vermittler einer privaten Zusatzversicherung i.S.d. § 194 Abs. 1a SGB V auf, sondern sei selbst Vertragspartner. Die Kooperation würde auch die Grenzen einer zulässigen Vermittlungstätigkeit überschreiten, da die Klägerin aktiv in die Leistungsabwicklung des privaten Versicherungsunternehmens eingebunden sei. Die Klägerin übersehe, dass ihr Kooperationsvertrag mit der K. weit über die Grenzen eines nach § 194 Abs. 1a SGB V zulässigen Rahmenvertrages hinausgehe. Der Kooperationsvertrag regele nicht nur den Rahmen für die Anbahnung und den Abschluss von Versicherungsverträgen, sondern sei vielmehr selbst ein Versicherungsvertrag zwischen der Klägerin und der K., der keiner Ausfüllung durch weitere Verträge des Versicherungsunternehmens mit den einzelnen Versicherten bedürfe. Der Einwand, dass der Versicherte sich günstiger stünde, als er aufgrund einer nach zulässiger Vermittlung selbst vereinbarten Auslandsreisekrankenversicherung stehen würde, sei unbeachtlich.
Der Verpflichtungsbescheid sei ermessensfehlerfrei. Der Hinweis auf die Wirtschaftlichkeit sei für die rechtliche Zulässigkeit nicht relevant. Die Wirtschaftlichkeit eines Verwaltungsverfahrens könne keinen Anspruch auf einen Vertragsschluss begründen und ersetze keine Rechtsgrundlage, sondern setze diese vielmehr voraus. Die bisherige Tolerierungspraxis stelle keinen Ermessensfehler dar. Sie begründe keinen Anspruch auf eine Fortführung der bisher durchgeführten Auslandskrankenversicherung.
Die an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 18. September 2007, 7. September 2009 und 2. Juli 2010 seien keine Verwaltungsakte mit Dauerwirkung, bei deren Rücknahme die Voraussetzungen des § 45 ff SGB X zu prüfen gewesen wären. Eine verbindliche Regelung, dass die von der Klägerin eingegangene Kooperation mit der K. über die Durchführung der Auslandsreisekrankenversicherung verbindlich auf Dauer hingenommen werde, enthielten die Schreiben nicht. Mangels Verwaltungsaktcharakters habe es auch keiner formalen Rücknahme oder eines Widerrufs bedurft. Auch der Erlass von Nebenbestimmungen setze die Existenz eines - hier nicht vorliegenden - Verwaltungsaktes voraus.
Einem Anspruch auf Beibehaltung der Tolerierungspraxis stehe auch nicht der Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung entgegen. Im Rahmen des aufsichtsrechtlichen Verfahrens sei ausführlich dargelegt worden, aus welchen sachgerechten Überlegungen und Gründen die Aufgabe der aufsichtsrechtlichen Tolerierung erfolgt sei. Aus einer bloßen Duldung eines Sachverhalts könne keine Selbstbindung der Verwaltung entstehen. Eine Ermessensreduzierung auf Null liege nicht vor. Die von der Klägerin behauptete Fallkonstellation, die der Beklagten im Rahmen ihrer Ermessensausübung nur die Fortführung der Auslandsreisekrankenversicherung als einzig mögliche Entscheidung offen ließe, habe gerade nicht vorgelegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakte Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung geworden.
Entscheidungsgründe
I.
Die gemäß §§ 87 ff Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Das Landessozialgericht ist sachlich zuständig. Landessozialgerichte entscheiden im ersten Rechtszug über Klagen in Aufsichtsangelegenheiten gegenüber Trägern der Sozialversicherung (§ 29 Abs. 2 Nr. 2 SGG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des SGG und des ArbGG - SGGArbGGÄndG- v. 26. März 2008, BGBl I 444).
II.
Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Verpflichtungsbescheid der Beklagten vom 15. November 2012 ist nicht zu beanstanden. Der Verpflichtungsbescheid ist formell und materiell rechtmäßig.
1.) Nach § 87 Abs. 1 SGB IV unterliegen die Versicherungsträger der staatlichen Aufsicht. Sie erstreckt sich auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht, das für die Versicherungsträger maßgebend ist. Dabei kann die Aufsichtsbehörde die Geschäfts- und Rechnungsführung des Versicherungsträgers prüfen (§ 88 Abs. 1 SGB IV).
Die Klägerin ist als gesetzliche Krankenkasse ein Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Die Beklagte ist zuständige Aufsichtsbehörde. Gem. § 90 Abs. 1 Satz 1 SGB IV führt das Bundesversicherungsamt die Aufsicht über die Versicherungsträger, deren Zuständigkeit sich - wie hier- über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt (bundesunmittelbare Versicherungsträger).
2.) Die Voraussetzungen für ein Aufsichtsmittel nach § 89 SGB IV sind im vorliegenden Fall erfüllt. § 89 Abs. 1 Sätze 1-3 SGB IV lauten: Wird durch das Handeln oder Unterlassen eines Versicherungsträgers das Recht verletzt, soll die Aufsichtsbehörde zunächst beratend darauf hinwirken, dass der Versicherungsträger die Rechtsverletzung behebt. Kommt der Versicherungsträger dem innerhalb angemessener Frist nicht nach, kann die Aufsichtsbehörde den Versicherungsträger verpflichten, die Rechtsverletzung zu beheben. Die Verpflichtung kann mit den Mitteln des Verwaltungsvollstreckungsrechts durchgesetzt werden, wenn ihre sofortige Vollziehung angeordnet oder sie unanfechtbar geworden ist.
a.) Die Voraussetzungen von § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind vorliegend erfüllt, denn durch das Handeln der Klägerin wird das Recht verletzt.
Die aufsichtsbehördliche Maßnahme setzt zunächst eine Rechtsverletzung voraus (Baier, in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Stand: Mai 2014, § 89 SGB IV, Rdnr. 3). Eine Rechtsverletzung liegt dann vor, wenn der Versicherungsträger gegen zwingende Vorschriften für ihn maßgeblicher Gesetze oder sonstiges Recht verstößt, diese also fehlerhaft angewandt oder nicht beachtet hat (Engelhard, in [...]PK-SGB IV, 2. Auflage 2011, § 89 Rdnr. 17). Keine Rechtsverletzung ist gegeben, wenn die Aufsichtsbehörde nur eine andere Rechtanwendung vertritt, die Rechtsanwendung durch den Versicherungsträger jedoch zumindest vertretbar ist (BSG, Urteil vom 22. März 2005 - B 1 A1/03 R = BSGE 94, 221 = SozR4-2400 § 89 Nr. 3).
Die Klägerin hat im vorliegenden Fall das Recht verletzt. Die Kooperation zwischen der L. B. und der K. Krankenversicherung über einen kostenlosen privaten Auslandskrankenversicherungsschutz für gesetzlich Krankenversicherte durch die gesetzliche Krankenversicherung ist nicht rechtmäßig. Es gibt keine Rechtsgrundlage, die ein Recht auf einen solchen Vertragsabschluss begründet; es handelt sich dabei nicht um eine Aufgabe aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung, vielmehr sollte die Vereinbarung den Versicherten gesetzesfremde Leistungen ermöglichen.
aa.) Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 SGB IV dürfen Versicherungsträger nur Geschäfte zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen und ihre Mittel nur für diese Aufgaben sowie die Verwaltungskosten verwenden. Die gesetzlich vorgeschriebenen und zugelassenen Aufgaben sind in den §§ 13-15, 21-23 SGB I sowie in den einzelnen Sozialgesetzbüchern aufgeführt (vgl. Pohl, in Kreikebohm, SGB IV, 1. Auflage, 2008, § 30 Rdnr. 2). Die Sicherstellung einer umfassenden weltweiten Auslandskrankenversicherung ist kein Geschäft zur Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für das sie ihre Mittel verwenden darf. Die Begründung und Durchführung eines weltweiten privaten Auslandsreisekrankenversicherungsschutzes für alle Versicherten der Klägerin im Rahmen des zwischen der Klägerin und der K. geschlossenen Vertrages stellt eine unzulässige Erweiterung des gesetzlichen Aufgabenbereichs des gesetzlichen Krankenversicherungsträgers und damit eine Rechtsverletzung dar. Die Durchführung einer weltweiten Auslandsreisekrankenversicherung für ihre Versicherten und deren familienversicherte Familienangehörigen ist keine Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung.
Das SGB V sieht eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen bei einer im Ausland stattfindenden Krankenbehandlung nur ausnahmsweise vor (BSG, Urteil vom 24. Mai 2007 - B 1 KR 18/06 R Rdnr. 12 = BSGE 98, 257 ff [BSG 24.05.2007 - B 1 KR 18/06 R]= SozR4-6928 Allg Nr. 1). Der Anspruch auf Leistungen gegen die gesetzlichen Krankenkassen generell und speziell auf Krankenbehandlung (§ 27 SGB V) ruht gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V, solange der Versicherte sich im Ausland aufhält, und zwar auch dann, wenn er dort während eines vorübergehenden Aufenthalts erkrankt, soweit in diesem Gesetzbuch nichts Abweichendes bestimmt ist. Sachleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung können also grundsätzlich nur im Inland erbracht werden (vgl. BT-Drs. 11/2237 S. 164, 165; Peters, Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Bd. 1, Stand: Juni 2014, § 16 Rdnr. 7). Auch eine Kostenerstattung bei Erkrankungen während des Auslandsaufenthaltes ist grundsätzlich ausgeschlossen. Dass der Umstand, dass ein Versicherter, der sich vorübergehend im vertragslosen Ausland aufhält, keinen allgemeinen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bei Behandlungen vor Ort hat, nicht gegen die Verfassung verstößt, hat das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden (BSG, Urteil vom 24. September 1996, DOK 1997, 236; BSG, Beschluss vom 20. Juni 2006 - B 1 KR 29/06-; Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen: BVerfG, Beschluss vom 26. September 2006 - 1 BvR 2239/06). Für eine vom Ruhensgrundsatz des § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V abweichende Handlungsweise der Krankenkassen muss eine ausdrückliche gesetzliche Regelung existieren (BSG, Urteil vom 28. September 2010 - B 1 KR 2/10 R Rdnr. 21 = SozR 4-2500 § 17 Nr. 3). Ausnahmen davon sind in §§ 17, 18, § 13 Abs. 4 - 6 SGB V gesetzlich geregelt (BSG, Urteil vom 28. September 2010 - B 1 KR 2/10 R Rdnr. 24). Das nationale Recht kann dabei durch vorrangige Regelungen des inter- oder supranationalen Rechts verdrängt, überlagert oder ergänzt werden (BSG, Urteil vom 24. Mai 2007- B1 KR 18/06 R Rdnr. 13 ff mwN; BSG, Urteil vom 20. April 2010 - B 1/3 KR 22/08 R Rdnr. 18). Solche Regelungen können dem EG- Primärrecht, auf dem die Kostenerstattungsansprüche des § 13 Abs. 4 SGB V beruhen, oder dem EG- Sekundärrecht entstammen, das grundsätzlich Sach- oder Dienstleistungen im Wege der Leistungsaushilfe bereit hält (BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 22/08 Rdnr 13= BSGE 104, 1ff [BSG 30.06.2009 - B 1 KR 24/08 R]; zum Ganzen, Brandts, Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Band 1, Stand: Juni 2014, § 13 SGB V Rdnr. 100 ff).
(1) Das nationale Recht räumt Versicherten in § 18 Abs. 1 SGB V einen Anspruch auf Auslandskrankenbehandlung und Kostenerstattung im Nicht-EG Ausland nur ein, wenn eine dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung nur außerhalb Deutschlands und außerhalb des Geltungsbereiches des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich ist. Dies ist nur in eng begrenzten Ausnahmefällen gegeben. Nach § 18 SGB V werden Auslandsbehandlungen nur in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen, wenn eine inländische Versorgungslücke besteht (Wagner, in Krauskopf, aaO., § 18 SGB V Rdnr. 5). Nach § 18 Abs. 3 SGB V hat die Krankenkasse die Kosten einer erforderlichen unverzüglichen Behandlung während eines vorübergehenden Aufenthalts im vertragslosen Ausland, die auch im Inland möglich wäre, nur insoweit zu übernehmen, als Versicherte sich hierfür wegen einer Vorerkrankung oder ihres Lebensalters nachweislich nicht versichern können und die Krankenkasse dies vor Beginn des Auslandsaufenthalts festgestellt hat.
(2) Nach § 13 Abs. 4 SGB V sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in anderen Staaten, in denen die Verordnung EWG-Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden ist (ab 29. Juni 2011: Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und der Schweiz), anstelle der Sach- und Dienstleistungen im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen.
(3) Das nationale Recht kann auch durch Regelungen internationalen Rechts überlagert oder ergänzt werden, wie es das BSG bereits zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik über Soziale Sicherheit (DTSVA) entschieden hat (BSG, Urteil vom 24. Mai 2007 - B 1 KR 18/06 R = BSGE 98, 257= SozR 4-6928 Allg Nr. 1; BSG, Urteil vom 11. September 2012 - B 1 KR 21/11 R= SozR 4-6928 Allg Nr. 2).
In allen anderen Fällen, insbesondere bei Urlaubsreisen im vertragslosen Ausland, verbleibt es bei dem allgemeinen Ruhensgrundsatz des § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Der Gesetzgeber hat dabei den Abschluss von privaten Auslandskrankenversicherungen für zumutbar gehalten (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 28. September 2010 - B 1 KR 2/10 R Rdnr. 24). Mit dem Angebot eines umfassenden weltweiten Auslandskrankenversicherungsschutzes erfüllt die Klägerin also keine gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben.
bb.) Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich die Voraussetzung des § 30 Abs. 1 Satz 1 SGB IV "Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben" auch nicht aus § 1 Satz 3, § 2 SGB V herleiten. Nach § 1 SGB V hat die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern. Die Versicherten sind für ihre Gesundheit mitverantwortlich; sie sollen durch eine gesundheitsbewusste Lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen sowie durch aktive Mitwirkung an Krankenbehandlung und Rehabilitation dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden. Die Krankenkassen haben den Versicherten dabei durch Aufklärung, Beratung und Leistungen zu helfen und auf gesunde Lebensverhältnisse hinzuwirken.
Aus § 1 Satz 3 SGB V lässt sich keine Aufgabenerweiterung herleiten. Es handelt sich um eine bloße Einweisungsvorschrift, die weder einen konkreten Tatbestand noch eine konkrete Rechtsfolge umschreibt (Peters, Kasseler Kommentar, Band 1, § 1 Rdnrn. 1, 2; BT-Drs. 11/2237 S. 157). Sie enthält allgemeine Regelungen über Art und Weise der Leistungserbringung und der Finanzierung. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann § 1 Satz 3 SGB V nicht als Rechtsgrundlage herangezogen werden, um den Versicherten zusätzliche Leistungen anzubieten, die vom Leitungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erfasst sind bzw. für eine Erweiterung des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenversicherung über die in den §§ 11 ff. SGB V aufgeführten Leistungen hinaus - ausdrücklich entgegen § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Auch von Verfasssungs wegen sind die gesetzlichen Krankenkassen nicht gehalten, alles zu leisten, was im Inland und Ausland an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (BVerfG, Beschluss vom 5. März 1997 - 1 BvR 107/95; BSG, Urteil vom 28. September 2010 - B 1 KR 2/10 R Rdnr. 27 mit Hinweis auf BVerfGE 115, 25, 46 = SozR4-2500 § 27 Nr. 5 Rdnr. 27).
cc.) Eine Ermächtigung ergibt sich auch nicht aus § 2 SGB V. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB V stellen die Krankenkassen den Versicherten die im 3. Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Damit weist § 2 lediglich auf die übrigen Vorschriften des 3. Kapitels und das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V hin, erweitert das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung jedoch nicht. Aus den von der Klägerin genannten Vorschriften ergibt sich keine Rechtsgrundlage zur Ausweitung des Leistungsauftrages der Klägerin.
dd.) Es ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht ersichtlich, dass sich die Berechtigung der Klägerin zur Gewährung einer umfassenden Auslandskrankenversicherung aus einer Annexkompetenz herleiten lassen kann. Eine solche liegt vor, wenn zwischen der konkreten Tätigkeit und dem eigentlichen Aufgabengebiet ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, der so eng ist, dass die Wahrnehmung der eigentlichen Aufgabe ohne Annextätigkeit unmöglich oder unangemessen erschwert ist. Darüber hinaus muss es sich bei der zusätzlichen Tätigkeit um eine den Zwecken des Hauptgeschäfts dienende Nebentätigkeit handeln (BSG SozR 3-1300 § 13 Nr. 4 S. 16; BSGE 83, 100, 103 [BSG 05.11.1998 - B 11 AL 31/98 R] = SozR 3-1300 § 13 Nr. 5; BSG SozR 3-1300 § 13 Nr. 7 Rdnr. 31).
Die Auslandsreisekrankenversicherung kann nicht als Annextätigkeit der Haupttätigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung angesehen werden. Dem stehen schon die ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen in §§ 16, 13, 17, 18 SGB V, in denen der Umfang der gesetzlichen Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen für Auslandsbehandlungen ihrer Versicherten geregelt ist, entgegen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Klägerin die Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben wesentlich erschwert oder unmöglich gemacht wird, wenn sie ihren Versicherten eine Auslandskrankenversicherung über die K. nicht anbietet.
ee.) Eben so wenig liegen die Voraussetzungen des § 197b SGB V vor - wie auch die Klägerin selbst einräumt. Nach dem zum 1. April 2007 (durch GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG- vom 26. März 2007, BGBl I 378) eingefügten § 179 b SGB V können Krankenkassen ihnen obliegende Aufgaben u.a. durch Dritte mit deren Zustimmung wahrnehmen lassen, wenn die Aufgabenwahrnehmung durch den Dritten wirtschaftlicher ist, es im wohlverstandenen Interesse der Betroffenen liegt und die Rechte der Versicherten nicht beeinträchtigt werden. Wesentliche Aufgaben der Versorgung der Versicherten dürfen nicht in Auftrag gegeben werden.
Zum einen ist eine uneingeschränkte Auslandskrankenversicherung der Versicherten keine der Krankenkasse obliegende Aufgabe, da der Anspruch der Versicherten auf Leistungen gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ruht, solange sich Versicherte im Ausland aufhalten. (s.o.)
Zum anderer stellt die Klägerin nach der vertraglichen Ausgestaltung der Zusammenarbeit mit der K. den Krankenversicherungsschutz in vollem Umfang selbst sicher, so dass auch kein Aufgabenübertragung an Dritte iSd § 197 b SGB V vorliegt. Nach den vertraglichen Regelungen bietet die K. bei urlaubs- und beruflich bedingten Reisen im Ausland Versicherungsschutz für Krankheiten, Unfälle und andere im Vertrag genannte Ereignisse an und ersetzt die dort entstandenen Aufwendungen für Heilbehandlungen. § 5 legt den Umfang der Leistungsverpflichtung der K. fest und sieht eine Erstattung der Aufwendungen zu 100 % vor. Eine Beschränkung auf bestimmte Staaten besteht nicht. Der private Auslandskrankenversicherungsschutz besteht weltweit und zu 100 % und wird gem. § 9 der Vereinbarung allein von der gesetzlichen Krankenkasse finanziert.
ff. Auch eine Kooperation i.S.d. § 194 Abs. 1a SGB V liegt nicht vor. Nach § 194 Abs. 1a SGB V (eingefügt mit Wirkung zum 1. Januar 2004 durch das GKV- Modernisierungsgesetz -GMG- vom 14. November 2003, BGBl I 2190) kann die Satzung der Krankenkasse eine Bestimmung enthalten, nach der die Krankenkasse den Abschluss privater Zusatzversicherungsverträge zwischen ihren Versicherten und einem privaten Versicherungsunternehmer vermitteln kann. Gegenstand dieser Verträge konnten nach der bis zum 1. Januar 2011 geltenden Fassung (geändert durch GKV-Finanzierungsgesetz -GKV FnG- vom 22. Dezember 2010, BGBl. I 2309) des § 194 Abs. 1 a Satz 2 SGB V die Wahlarztbehandlung und der Ein- und Zweibettzuschlag im Krankenhaus sowie eine Auslandsreisekrankenversicherung sein. Mit dieser Regelung wurde den gesetzlichen Krankenkassen die zuvor als wettbewerbswidrig angesehene Kooperation mit privaten Krankenversicherungsunternehmen ermöglicht. Vertragspartner der Versicherungen sollten nicht die Krankenkassen, sondern die privaten Versicherungsunternehmer und die Versicherten selbst werden, die von der Vermittlung insbesondere dann profitieren, wenn die Krankenkassen für sie günstige Gruppentarife aushandeln (Peter, Kasseler Kommentar, § 194 SGB V Rdnr. 16, 17).
Nach der vorliegenden Ausgestaltung des Verhältnisses der Klägerin zu der K. ist die Voraussetzung "Vermitteln des Abschlusses privater Zusatzversicherungsverträge" nicht erfüllt. Vermitteln iS dieser Vorschrift bedeutet "herbeiführen" oder "zustande bringen". Die Klägerin vermittelt jedoch keine private Zusatzversicherung, sondern ist selbst Vertragspartner der K ... Sie ist selbst in die Leistungsabwicklung des privaten Versicherungsunternehmens eingebunden. Der Versicherte selbst wird nicht Versicherungsnehmer. Der Kooperationsvertrag überschreitet zudem die Grenzen eines nach § 194 Abs. 1a SGB V zulässigen Rahmenvertrages. Der Abschluss eines Versicherungsvertrages zwischen dem Versicherten und den privaten Versicherungsunternehmen (hier: der K.) ist nicht erforderlich; die Versicherten selbst werden nicht die Vertragspartner der K., sondern sie sind vielmehr nur begünstigte Dritte. Damit handelt es sich nicht um einen Rahmenvertrag, sondern um einen Versicherungsvertrag zwischen der Klägerin und der K ...
b. Auch die übrigen Voraussetzungen des § 89 SGB IV sind erfüllt.
aa. Der Erlass eines Aufsichtsbescheides hat in einem abgestuften Verfahren zu erfolgen, dabei ist die Durchführung einer Beratung grundsätzlich Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Verpflichtungsanordnung. Eine Beratung hat zudem Vorrang vor Erlass des Verpflichtungsbescheides (BSG, Urteil vom 20. Juni 1990 - 1 RR 4/89 = BSGE 67, 85 = SozR3-2400 § 89 Nr. 1). Sie erfordert die Darlegung der dem Versicherungsträger möglichen Maßnahmen, mit denen er in rechtlich zulässiger Weise die nach Meinung der Aufsichtsbehörde vorliegende Rechtsverletzung beheben kann, und sie ist Ausdruck des Bemühens um partnerschaftliche Kooperation zwischen Selbstverwaltung und Aufsicht (BSG, Urteil vom 11. Dezember 2003- B 10 A 1/02 R = SozR4-2400 § 89 Nr. 2).
Diese Anforderungen hat die Beklagte hier erfüllt. Sie hat die Klägerin vor Erlass des Verpflichtungsbescheides mehrfach auf ihre Rechtsverletzung hingewiesen und ihr mit Schreiben vom 12. September 2011 eine angemessene Übergangsfrist (bis 31. Dezember 2012) zur Beendigung ihres Verhaltens und der vertraglichen Beziehungen mit der K. gesetzt, wobei sie auch die vertraglichen Kündigungsfristen der Vereinbarung mit der K. in ihre Erwägungen mit einbezogen hat. Nachdem die Klägerin die zunächst im Dezember 2011 ausgesprochene Kündigung ihres Vertrages mit der K. mit Schreiben vom 8. August 2012 wieder zurückgenommen hatte, hat die Beklagte am 26. September 2012 eine Beratungsverfügung entsprechend § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB IV erlassen. Sie hat der Klägerin entsprechend § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB IV auch eine angemessene Frist von drei Wochen gesetzt und ihr Gelegenheit gegeben, innerhalb dieser Frist geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Kooperation mit der K. Krankenversicherungs a.G zu beenden. Innerhalb dieser Frist ist es ebenfalls nicht zur Behebung der Rechtsverletzung durch die Klägerin gekommen.
bb. Nach § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB IV wird der Beklagten ein Ermessen eingeräumt. Danach kann die Aufsichtsbehörde den Versicherungsträger verpflichten, die Rechtsverletzung zu beheben. Die Begründung der Ermessenentscheidung muss die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist (§ 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X). Der Begründung muss deshalb zu entnehmen sein, dass sich die Aufsichtsbehörde ihrer Befugnis und Pflicht zur Ermessenausübung bewusst war, dass sie die Möglichkeit erwogen hat, von der Durchführung abzusehen und welche Gründe dafür entscheidend waren, dem Verpflichtungsbescheid den Vorzug zu geben (Schütte-Geffers, in Kreikebohm, SGB IV, aaO., § 89 Rdnr. 13).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Beklagte hat in dem angefochtenen Verpflichtungsbescheid umfangreiche Ermessenserwägungen angestellt (siehe Bl. 9 ff des Bescheides vom 15. November 2012). Auch Ermessensfehler sind hier nicht erkennbar. Die Beklagte hat rechtsfehlerfrei eingehend begründet, dass das öffentliche Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung insbesondere in Hinblick auf die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Systems das wirtschaftliche Interesse der Klägerin bei weitem überwiegt.
Darüber hinaus hat die Beklagte auch dargelegt, mit welchen möglichen Maßnahmen der Versicherungsträger die Rechtsverletzung beheben kann.
cc.) Der Verpflichtungsbescheid ist auch verhältnismäßig. Ein milderes Mittel war angesichts des Verhaltens der Beklagten, die die bereits ausgesprochene Kündigung der Vereinbarung mit der K. wieder zurückgenommen hatte und auf die Beratung nicht reagiert hat, nicht ersichtlich.
dd.) Die Klägerin kann aus der bisherigen Tolerierungspraxis ihres rechtswidrigen Verhaltens durch die Beklagte in den Schreiben vom 18. September 2007, 7. September 2009 und 2. Juli 2010 keinen Anspruch auf Beibehaltung der Tolerierungspraxis herleiten.
Entgegen der Auffassung der Klägerin lag ein vorangegangenes Verhalten der Beklagten, das ein schützenswertes Vertrauen begründen könnte, nicht vor. Das Vertrauen in den Fortbestand eines bestimmten Verhaltens der Verwaltung war nicht in einer Weise verlässlich begründet, als das Verhalten nicht geändert werden könnte; dies ergibt sich insbesondere nicht aus der jahrelangen Tolerierung.
Es ist bereits zweifelhaft, ob eine Verwaltungspraxis überhaupt ein schützenswertes Vertrauen begründen kann, das bei einer Änderung der Verwaltungspraxis außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle des Vertrauensschutzes und den Fällen der administrativen Selbstbindung ein Eigenwert zukommt (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2013 - B 12 R 2/11 Rdnr. 28), denn die Beklagte hat ersichtlich immer wieder nur von einer "Hinnahme" bzw. "Duldung" des Verhaltens der Beklagten gesprochen.
Im Übrigen wäre ein solches Vertrauen nicht schützenswert. Die Rechtslage war gerade auch in Hinblick auf die mit Schreiben vom 11., 14., 18. September 2007, 7. September 2009 und 2. Juli 2010 seitens der Beklagten immer wieder geäußerten Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht so eindeutig, als dass die Klägerin darauf ohne Weiteres für die Zukunft hätte vertrauen dürfen. Mit Schreiben vom 23. März 2009 hatte die Beklagte ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass ein Verstoß gegen § 30 SGB IV vorliege, da Krankenkassen ihre Beitragseinnahmen nicht zur Finanzierung einer privaten Auslandsreisekrankenversicherung ausgeben dürften. Darüber hinaus hat die Beklagte ihre Neubewertung auch darauf gestützt, dass die zum 1. Januar 2011 in Kraft getretene Neuregelung des § 53 Abs. 9 Satz 3 SGB V durch das GKV-Finanzierungsgesetz vom 22. Dezember 2010 die gesetzlichen Anforderungen an den Nachweis der Wirtschaftlichkeit für Wahltarife insoweit verschärft hat, als jetzt die Vorlage versicherungsmathematischer Gutachten gefordert wird, und die bisherigen Schwierigkeiten der Feststellung und des Nachweises der Wirtschaftlichkeit der Vereinbarung der Klägerin mit der K. (die sich aus den verschiedenen Schreiben in der Verwaltungsakte der Beklagten und den unterschiedlichen Prognosen und Bewertungen des Verwaltungsaufwandes, der ersparten Aufwendungen und des zu erwartenden Überschusses ergeben aufgrund der Vereinbarung mit der K.) eine andere Bewertung erforderten. Dies ist nicht zu beanstanden.
Zudem gibt es eine Selbstbindung der Verwaltung an eine rechtswidrige Verwaltungspraxis nicht (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage, 2013, § 40 Rdnr. 42 mwN), so dass aus einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis kein Vertrauensschutz für die Zukunft hergeleitet werden kann. Aus den zitierten Schreiben der Beklagten ergibt sich lediglich die vorübergehende Hinnahme durch die Beklagte bis auf Weiteres.
c.) Dem Verpflichtungsbescheid stehen auch keine Verwaltungsakte mit Dauerwirkung entgegen, die zunächst gem. §§ 45 ff. SGB X zurückzunehmen oder zu widerrufen gewesen wären. Bei den an die Klägerin gerichteten Schreiben der Beklagten vom 18. September 2007, 7. September 2009 und 2. Juli 2010 handelt es sich nicht um Verwaltungsakte. Gem. § 31 SGB X ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Ein Verwaltungsakt trifft eine Regelung, wenn er darauf gerichtet ist, eine Rechtsfolge zu setzen, wenn er ein subjektives Recht feststellt, beseitigt oder eine Pflicht begründet (vgl. BSGE 97, 63 [BSG 05.09.2006 - B 4 R 71/06 R]). Der Verwaltungsakt muss erkennen lassen, dass eine endgültige Regelung getroffen worden ist und welchen Inhalt sie hat (Mutschler, Kasseler Kommentar, Band 2, Stand: Juni 2014, § 31 SGB X Rdnr. 14, § 33 SGB X Rdnr. 4).
Die Schreiben der Beklagten vom 18. September 2007, 7. September 2009 und 2. Juli 2010 haben keinen Regelungscharakter i.S. einer verbindlichen, dauerhaften Genehmigung des Verhaltens der Klägerin, zumal eine gesetzliche Genehmigungspflicht nicht bestand, sondern wegen der beabsichtigten Zusammenarbeit mit Dritten und der Nutzung von Sozialdaten lediglich eine Anzeigepflicht nach §§ 97 Abs. 1 Satz 3, 80 Abs. 3 SGB X, § 88 Abs. SGB IV. Die oben genannten Schreiben der Beklagten enthalten vielmehr neben der wiederholten Nennung der bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Bedenken lediglich die Mitteilung, dass die Beklagte die Fortführung der Kooperation der Klägerin mit der K. bis auf Weiteres hinnehmen werde.
Nach allem ist der Verpflichtungsbescheid der Beklagten nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 2, 63 Gerichtskostengesetz (GKG). Nach § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Nur wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwertes keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist der Auffangstreitwert von 5000,00 EUR anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG).
Für die Bedeutung der Sache kommt es auf das objektive Interesse des Klägers an der Sache an, das regelmäßig vom wirtschaftlichen Inhalt der angestrebten Regelung geprägt ist (vgl. Dörndörfer in Binz/Dörndörfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 2. Aufl., 2009, Rdnr. 3 ff). Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin zielt hier auf die weitere Durchführung der Vereinbarung mit der K ... Unter Berücksichtigung der von der Klägerin an die K. in den Jahren 2007 bis 2010 gezahlten Versicherungsprämien in Höhe von 232.000 EUR, 238.270 EUR, 236.068 EUR und 213.717 EUR hat der Senat hier das wirtschaftliche Interesse der Klägerin mit durchschnittlich 220.000,00 EUR bezogen auf drei Jahre angenommen.
Es hat kein gesetzlicher Grund vorgelegen, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG). Das Urteil weicht nicht von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG aufgeführten Gerichte ab. Das Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung iS des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG ist von der Klägerin nicht substantiiert geltend gemacht worden.