Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 14.12.2015, Az.: 13 Verg 9/15

Ausschließung eines Angebots wegen unzureichender Angaben über die Erbringung von Teilleistungen durch Nachunternehmer

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
14.12.2015
Aktenzeichen
13 Verg 9/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 37437
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2015:1214.13VERG9.15.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VK Lüneburg - 11.11.2015 - AZ: VgK-41/2015

Fundstellen

  • AbfallR 2016, 114
  • VS 2016, 15
  • ZfBR 2016, 309-312

Amtlicher Leitsatz

Zur Auslegung von Angebotserklärungen, insbesondere betreffend den vorgesehenen Einsatz von Nachunternehmern.

Zur Rechtsfolge, wenn nach Angebotsabgabe angeforderte Erklärungen nicht fristgerecht vorgelegt werden.

Redaktioneller Leitsatz

1. Ergibt sich aus dem Angebot insgesamt, dass ein Bieter Teilleistungen unter Inanspruchnahme der Fähigkeiten anderer Unternehmer erbringen wolle und in dem Angebot eine Verpflichtungserklärung des Nachunternehmers beigefügt ist, so ist das Angebot nicht deshalb auszuschließen, weil in einem von mehreren Formblättern angegeben ist, dass kein Nachunternehmer eingesetzt werde und das Formblatt unausgefüllt abgegeben wurde. Insbesondere ist das Angebot auch nicht deshalb auszuschließen, weil die entsprechende Erklärung nicht auf einem bestimmten Formblatt, sondern formfrei abgegeben wird.

2. In einer Nachunternehmererklärung genügt eine schlagwortartige Bezeichnung der Leistungsbereiche generell aus, wenn dadurch eine bestimmte Zuordnung zu den in der Leistungsbeschreibung aufgeführten Leistungen möglich ist, soweit nicht ausdrücklich detaillierte Angaben verlangt werden. Ein Bezug zu bestimmten Positionen des Leistungsverzeichnisses ist ohne ausdrückliche Forderung des Auftraggebers nur dann herzustellen, wenn eine solche eindeutige Zuordnung nicht möglich ist.

3. Dass Unterlagen nicht innerhalb einer von der Vergabestelle gesetzten Frist nachgereicht werden, führt jedenfalls dann nicht zum Ausschluss des Angebots, wenn die Frist (hier: sechs Tage) unzureichend kurz war.

Tenor:

1. Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der gegen den Beschluss der Vergabekammer Niedersachsen beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Lüneburg vom 11. November 2015 (VgK-41/2015) gerichteten sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung über diese Beschwerde zu verlängern, wird zurückgewiesen.

2. Termin zur mündlichen Verhandlung über die sofortige Beschwerde wird bestimmt auf:

Dienstag, 26. Januar 2016, 12:00 Uhr, Saal 153, im Oberlandesgericht Celle, Schlossplatz 2.

Gründe

Der gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde zu verlängern, ist unbegründet. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat voraussichtlich keinen Erfolg. In einem solchen Fall ist dem Antragsteller eine Verlängerung des Zuschlagsverbots ungeachtet dessen zu versagen, ob das Interesse der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens das Interesse des Antragstellers an einer Erlangung des Auftrags überwiegt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2. August 2010 - Verg 32/10, juris Tz. 1).

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Sie dürfte aber unbegründet sein. Die erstplatzierte Beigeladene zu 1 dürfte nicht mit ihrem Angebot auszuschließen sein. Ob die zweitplatzierte Beigeladene zu 2 auszuschließen ist, kann daher offen bleiben.

I.

Der Nachprüfungsantrag war aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung der Vergabekammer, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, zulässig.

Insbesondere waren die vorliegend im Beschwerdeverfahren noch streitgegenständlichen Rügen betreffend einen möglicherweise vorzunehmenden Ausschluss der Beigeladenen zu 1 nach § 107 Abs. 3 GWB zulässig, weil die Antragstellerin Kenntnis von den maßgeblichen Umständen erst im Zuge des Nachprüfungsverfahrens erlangt hat, namentlich durch Vorlage der weiteren Nachforderung von Unterlagen mit Schreiben der E. Architekten AG vom 29. Oktober 2015 (Bl. 224 ff. VA).

II.

Die Beschwerde dürfte aber unbegründet sein. Die im Beschwerdeverfahren zu prüfenden Rügen der Antragstellerin gegen die beabsichtigte Erteilung des Zuschlags an die Beteiligte zu 1 dürften nicht durchgreifen.

1. Der Prüfung des Senats unterliegen nur die von der Antragstellerin in der Beschwerdeschrift vorgebrachten Gründe für einen Ausschluss der Beigeladenen zu 1 und 2. Weitere mögliche Ausschlussgründe - insbesondere die im Nachprüfungsverfahren noch gegenständliche Auskömmlichkeit der angebotenen Preise - sind nicht zu prüfen. Der Umfang des Beschwerdegegenstandes richtet sich allein nach dem Inhalt der Beschwerdebegründung (Summa in: jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl., § 123 GWB Rdnrn. 10 ff. m. w. N.; Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 3. Aufl., § 123 Rn. 5 f. m. w. N.; OLG Brandenburg, Beschluss vom 12. Januar 2010 - Verg W 5/09, juris Tz. 97; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. April 2009 - Verg 92/08, juris Tz. 13; einschränkend: Hunger in: Kulartz/Kus/Portz, § 117 GWB Rn. 45 ff.).

2. Die Beigeladene zu 1 ist voraussichtlich nicht deshalb auszuschließen, weil sie mit ihrem Angebot im Formblatt ... angegeben hatte, keinen Nachunternehmer einzusetzen, das Formblatt ... unausgefüllt abgegeben hatte, auch auf die Nachforderung von Erklärungen und Unterlagen durch Schreiben der E. Architekten AG vom 21. August 2015 die Formblätter ... oder ... nicht erneut entsprechend ausgefüllt nachgereicht hat und zudem auf diese Nachforderung hin im Angebotsschreiben die zunächst offengelassene Erklärung zu Punkt 7 dahin klargestellt hatte, alle Leistungen im eigenen Betrieb ausführen zu werden, obwohl sie tatsächlich für den Leistungsbereich der Entsorgung - näher konkretisiert durch die Beschreibung der Teilleistungen "Entsorgung Bauabfälle/Schadstoffe, Containergestellung und Transporte" eine Ausführung durch die T. Entsorgung Niedersachsen GmbH & Co. KG (im Folgenden: T. GmbH & Co. KG) vorgesehen und auch bereits mit dem Angebot auf dem Formblatt ... deren Verpflichtungserklärung vorgelegt hatte.

a) Das Angebot der Beigeladenen zu 1 dürfte nicht bereits deshalb auszuschließen sein, weil diese - wie zuvor dargestellt - in dem Formblatt ... erklärt hatte, keinen Nachunternehmer einzusetzen, unter Punkt 7 im Angebotsschreiben (nachgereicht) erklärt hatte, alle Leistungen im eigenen Betrieb ausführen zu werden, und zudem das Formblatt ..., in dem Art und Umfang der Leistungen anzugeben waren, für die sich der Bieter der Fähigkeit anderer Unternehmen bedienen wollte, unausgefüllt eingereicht hatte, obwohl sie tatsächlich beabsichtigte, Entsorgungsleistungen durch ein drittes Unternehmen erbringen zu lassen, was sie schließlich im Nachprüfungsverfahren auch ausdrücklich durch Eintragungen in dem dort nachgereichten Formblatt ... erklärt hat. Sie hat dadurch entgegen der Auffassung der Antragstellerin den Inhalt ihres Angebotes nicht in unzulässiger Weise verändert (vgl. allgemein zur Unzulässigkeit einer Nachreichung der Erklärung über den Einsatz von Nachunternehmern: Schranner in: Ingenstau/Korbion, VOB, 19. Aufl., § 2 VOB/A, Rn. 13).

Vielmehr war bereits ihr ursprüngliches Angebot aufgrund der mit dem Angebot im Formblatt ... vorgelegten Verpflichtungserklärung der T. GmbH & Co. KG dahingehend auszulegen, dass die in Frage stehenden Teilleistungen unter Inanspruchnahme der Fähigkeiten anderer Unternehmen erbracht werden sollten. Ihre Angaben waren hiernach zweifelsfrei dahin zu verstehen, dass die Beigeladene zu 1 beabsichtigte, für die in der Verpflichtungserklärung beschriebenen Teilleistungen das dort benannte Unternehmen als Nachunternehmerin einzusetzen und nur im Übrigen die Leistungen selbst zu erbringen. Die Verpflichtungserklärung, die grundsätzlich zu diesem Zeitpunkt ohnehin noch nicht hätte vorgelegt werden müssen, würde bei anderer Auslegung der Erklärung der Beigeladenen zu 1, die isoliert nur die in dem vorgelegten Formblatt ... enthaltenen und in der nachgereichten Erklärung zu Punkt 7 des Angebotsschreibens gemachten Angaben berücksichtigte, keinen Sinn ergeben. Die Antragsgegnerin hat die Erklärung der Beigeladenen zu 1 auch in diesem Sinne verstanden, wie die Vergabekammer zutreffend erkannt hat (Beschlussumdruck S. 10 o.).

b) Die Beigeladene zu 1 dürfte weiter auch nicht deshalb nach § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A auszuschließen sein, weil sie insbesondere die auf dem Formblatt ... geforderte Erklärung der Art und des Umfangs der Leistungen, für die sie sich der Fähigkeit anderer Unternehmen bedienen werde, weder mit ihrem Angebot noch auf die Nachforderung vom 21. August 2015 hin auf diesem Formblatt abgegeben hatte.

Die Vergabekammer hat zutreffend erkannt, dass die Verwendung eines vorgegebenen Formulars nicht zwingend erforderlich ist, wenn an dessen Stelle vorgelegte Erklärungen die geforderten Angaben in gleicher Weise enthalten (Senat, Beschluss vom 24. April 2014 - 13 Verg 2/14, juris Tz. 75 m. w. N.), jedenfalls wenn die maßgebliche Erklärung für den Auftraggeber unschwer aufzufinden und in ihrem Erklärungsgehalt für die vorzunehmende Wertung zu erfassen ist (so in der Sache auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. September 2007 - Verg 28/07, juris Tz. 23). Soweit insbesondere aus Gründen der Transparenz und der Gleichbehandlung der Bieter Erklärungen als fehlend gewertet wurden, die sich an anderer Stelle als gefordert befanden, bezog sich dies entweder auf Preisnachlässe, für die § 13 Abs. 4 VOB/A dies ausdrücklich fordert (zur Vorgängervorschrift: BGH, Urteil vom 20. Januar 2009 - X ZR 113/07, juris Tz. 11 f.) oder auf Fälle, in denen maßgebliche Angaben insbesondere bei umfangreichen Angeboten mit zahlreichen Form- und Datenblättern, Listen und Anlagen selbst aus sich nicht aufdrängenden Stellen des Angebots zusammengesucht werden müssten (so: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18. November 2009 - Verg 19/09, juris Tz. 57; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23. März 2011 - 15 Verg 2/11, juris Tz. 23; OLG Frankfurt, Beschluss vom 08. Februar 2005 - 11 Verg 24/04, juris Tz. 110; OLG Jena, Beschluss vom 20. Juni 2005 - 9 Verg 3/05, juris Tz. 38; Dittmann aaO. § 16 VOB/A Rdnr. 157; ders. in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, 3. Aufl., § 19 EG Rdnr. 34; Müller-Wrede in: ders., VOL/A, 4. Aufl., § 19 EG Rdnr. 91).

Vorliegend hingen die fraglichen Formblätter aber unmittelbar thematisch zusammen und waren inhaltlich - sofern hier von Bedeutung - identisch. Die in dem Formular ... tabellarisch abgefragten Angaben entsprachen den in die Tabelle des Formulars ... - das lediglich zu diesem Zeitpunkt noch nicht zwingend einzureichen gewesen wäre - einzutragenden Angaben. Die in dem Formular ... getätigten Angaben, die zwar unmittelbar durch die T. GmbH & Co. KG erfolgten, aber durch die Beigeladene zu 1 vorgelegt und ihr daher insoweit zuzurechnen waren, ersetzten daher in der Sache die in dem Formular ... vorzunehmenden Angaben. Sie waren für die Antragsgegnerin auch unschwer aufzufinden.

c) Die Beigeladene zu 1 dürfte weiter auch nicht deshalb auszuschließen sein, weil die auf dem Formblatt ... getätigten Angaben inhaltlich unzureichend gewesen wären (vgl. zur Ausschlussfolge näher: etwa OLG Koblenz, Beschluss vom 13. Februar 2006 - 1 Verg 1/06, juris Tz. 29 ff. m. w. N.). Die Beteiligte zu 1 hat zwar in der vorgenommenen Erklärung nicht die jeweiligen Positionen des Leistungsverzeichnisses bezeichnet, die ganz oder zum Teil unter Inanspruchnahme der Leistungen der T. GmbH & Co. KG erbracht werden sollten. Dies war aber auch nicht wirksam zwingend gefordert. Die vorgenommene Erklärung genügte den sich aus den Vergabeunterlagen ergebenden Anforderungen.

Allgemein genügt in einer Nachunternehmererklärung eine schlagwortartige Bezeichnung der Leistungsbereiche, wenn dadurch eine bestimmte Zuordnung zu den in der Leistungsbeschreibung aufgeführten Leistungen möglich ist, soweit nicht ausdrücklich detailliertere Angaben verlangt werden; nur sofern eine solche eindeutige Zuordnung nicht möglich ist, ist auch ohne ausdrückliche Forderung des Auftraggebers ein Bezug zu bestimmten Positionen des Leistungsverzeichnisses herzustellen (OLG Schleswig, Beschluss vom 8. Dezember 2005 - 6 Verg12/05, juris Tz. 23; BayObLG, Beschluss vom 27. Juli 2004 - Verg 14/04, juris Tz. 17 ff., 26; Summa, aaO., § 16 VOB/A, Rn. 203; Schranner, aaO., Rn. 19; a.A. Weyand, ibr-online-Kommentar Vergaberecht [Stand: 14. September 2015] § 16 VOB/A Rdnr. 429 m. w. N.).

Vorliegend ermöglichte die Beschreibung der Teilleistungen, für die ein weiteres Unternehmen hinzugezogen werden sollte, eine hinreichend genaue Zuordnung zu den in der Leistungsbeschreibung aufgeführten Leistungen. Die bezeichneten Teilleistungen finden sich jeweils entweder in den Überschriften der betroffenen einzelnen Positionen des - übersichtlichen - Leistungsverzeichnisses oder in den darunter enthaltenen konkreten Leistungsbeschreibungen wieder. Eine darüber hinausgehende Angabe der jeweiligen Positionen des Leistungsverzeichnisses war nach der vorzitierten Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichtes trotz der geforderten Angabe von Ordnungszahlen schon nicht geboten.

Darüber hinaus ist ein Angebotsausschluss wegen inhaltlich unzureichender Angaben ohnehin nur dann zulässig, wenn aus den Vergabeunterlagen für die Bieter eindeutig und unmissverständlich hervorgeht, welche Erklärungen von ihnen verlangt werden (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - X ZR 78/07, juris Tz. 10; Urteil vom 3. April 2012 - ZR 130/10, juris Tz. 9 f.). Vorliegend ergab sich, ausgehend von dem objektiven Empfängerhorizont eines potentiellen Bieters, nicht unmissverständlich, dass in jedem Fall die einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses in der Nachunternehmererklärung anzugeben wären. In der ersten Spalte des für die Nachunternehmererklärung vorgesehenen Formulars waren Eintragungen unter der Überschrift "OZ/Leistungsbereich" gefordert. Einerseits erscheint es schon zweifelhaft, ob für den durchschnittlichen Bieter die Abkürzung "OZ" ohne weiteres verständlich ist, zumal das Leistungsverzeichnis diesen Begriff selbst nicht verwendet, sondern vielmehr den Begriff der "Position" enthält. Darüber hinaus legte die bezeichnete Überschrift nahe, dass Ordnungszahlen bzw. Positionen des Leistungsverzeichnisses nur fakultativ zu bezeichnen waren und auch die Angabe von Leistungsbereichen genügte.

3. Die Beigeladene zu 1 dürfte schließlich auch nicht deshalb auszuschließen sein, weil sie die Eigenerklärung zur Eignung auf dem Formblatt ... für die Nachunternehmerin T. GmbH & Co. KG erst im laufenden Vergabeverfahren auf die zweite Aufforderung vom 29. Oktober 2015 hin (Bl. 225 f. VA) mit E-Mail vom 30. Oktober 2015 (Bl. 274, 409 VA) übersandt.

a) Die Eigenerklärung des Nachunternehmers auf diesem Formblatt war - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - nicht bereits mit dem Angebot vorzulegen. Die Vorlage einer Eigenerklärung auf diesem Formblatt war vielmehr nach Nr. 8.1 der Bewerbungsbedingungen (Formblatt ...) nur für den jeweiligen Bieter vorgesehen. Bei Einsatz von anderen Unternehmen war diese Eigenerklärung nach diesen Bewerbungsbedingungen nur auf gesondertes Verlangen der Vergabestelle auch für diese abzugeben. Dass die Antragstellerin diese Eigenerklärung der T. GmbH & Co. KG nicht bereits mit dem Angebot vorgelegt hatte, ist daher jedenfalls unschädlich.

b) Die Antragsgegnerin hat der Beigeladenen zu 1 die Vorlage dieser Eigenerklärung für die T. GmbH & Co. KG erstmals mit Schreiben vom 21. August 2015 aufgegeben. Dass die Beigeladene zu 1 diese Eigenerklärung nicht innerhalb der gesetzten Frist bis zum 27. August 2015 eingereicht hatte, rechtfertigt ihren Ausschluss aber nicht. Welche Rechtsfolge es hat, wenn nach Angebotsabgabe angeforderte weitere Unterlagen nicht rechtzeitig vorgelegt werden, ist zwar umstritten; letztlich kommt vorliegend aber ein Angebotsausschluss unter Berücksichtigung keiner der vertretenen Auffassungen in Betracht:

aa) Teilweise wird vertreten, dass auch in einem solchen Fall nach § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A die Möglichkeit besteht, diese nicht fristgerecht vorgelegten Unterlagen unter Setzung einer Nachfrist nachzufordern (so: Senat, Beschluss vom 16. Juni 2011 - 13 Verg 3/11, juris Tz. 27; OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Februar 2012 - 11 Verg 11/11, juris Tz. 51, weitere Nachw. bei Dittmann in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOB/A, 2. Aufl., § 16 EG, Rn. 164 Fn. 253, 254 und Rn. 214 Fn. 385). Nach dieser Auffassung konnte die Antragsgegnerin daher diese Erklärung noch im laufenden Nachprüfungsverfahren mit Schreiben vom 29. Oktober 2015 unter Setzung einer Nachfrist wirksam nachfordern; diese Entscheidung war aus den nachfolgend genannten Gründen auch frei von Ermessensfehlern. Die Beigeladene zu 1 hat diese Erklärung daraufhin innerhalb der gesetzten Nachfrist nachgereicht. Diese Erklärung wäre hiernach mithin zu berücksichtigen.

bb) Soweit demgegenüber vertreten wird, die Regelung des § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A erfasse nur solche Erklärungen und Nachweise, deren Vorlage zugleich mit dem Angebot, d. h. innerhalb der Angebotsfrist, verlangt wurde (so: OLG Naumburg, Beschluss vom 23. Februar 2012 - 2 Verg 15/11, juris Tz. 43; OLG Koblenz, Beschluss vom 19. Januar 2015 - Verg 6/14, juris Tz. 64; Dittmann, aaO., Rn. 164 m. w. N.), wird teilweise vertreten, dass für diesen Fall im geltenden Recht ein geregelter Ausschlussgrund fehlt, sodass es jedenfalls dann im Ermessen des Auftraggebers liegen könne, wie er - unter Beachtung vergaberechtlicher Grundprinzipien - weiter verfahre, wenn die Anforderung noch nicht mit einer Ausschlussandrohung verbunden war (OLG Koblenz, aaO.).

Danach wäre vorliegend ein Angebotsausschluss deshalb, weil diese Erklärung nicht innerhalb der mit Schreiben vom 21. August 2015 gesetzten Frist bis zum 27. August 2015 eingereicht wurde, jedenfalls nicht zwingend. Der Angebotsausschluss wurde in diesem Schreiben für den Fall der Fristversäumung nicht eindeutig angedroht. Am Ende dieses Schreibens war zwar der Hinweis enthalten, dass das Angebot "nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/B ausgeschlossen" werde (...), wenn die zuvor benannten Unterlagen nicht fristgerecht eingegangen sein sollten. Ein Ausschluss nach dieser Vorschrift (gemeint war ersichtlich § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A) kam hier - ausgehend von der vorzitierten Auffassung - aber nicht in Betracht. Es blieb daher bei dem allgemeinen Vorbehalt, der sowohl im zweiten Absatz dieses Schreibens als auch am Ende unter Bezugnahme auf § 15 Abs. 2 VOB/A formuliert war, dass das Angebot im Falle einer nicht fristgerechten Einreichung von Unterlagen unberücksichtigt bleiben könne. Hiernach hätte der Antragsgegnerin mithin ein Ermessen bezüglich des weiteren Verfahrens zugestanden. Ihre Entscheidung, die bezeichnete Erklärung im laufenden Nachprüfungsverfahren nachzufordern, wäre nicht ermessensfehlerhaft gewesen, weil insbesondere die mit dem Schreiben vom 21. August 2015 gesetzte Frist betreffend die Vorlage der hier in Frage stehenden Erklärung unangemessen kurz war (vgl. dazu unten).

cc) Auch soweit die Auffassung vertreten wird, dass die Versäumung einer Frist, innerhalb derer Erklärungen nach Ablauf der Angebotsfrist angefordert wurde, dazu führe, dass Angebote nach § 15 EG Abs. 2 VOB/A (vgl. dazu etwa VK Münster, Beschluss vom 21. Juli 2011 - VK 9/11, juris Tz. 62 ff.) oder mangels zu prüfender Eignung des Bieters nach § 16 EG Abs. 2 VOB/A auszuschließen sind (so: Summa, aaO., § 16 VOB/A, Rn. 191.1), ist ein solcher Angebotsausschluss vorliegend nicht gerechtfertigt, weil die in dem Schreiben vom 21. August 2015 gesetzte Frist bis zum 27. August 2015 für die Vorlage dieser Eigenerklärung der T. GmbH & Co. KG unangemessen kurz war.

Die gesetzte Frist von sechs Kalendertagen orientierte sich ersichtlich an § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A. Diese Regelung war vorliegend für die Forderung dieser Erklärung aber nicht einschlägig, weil diese Erklärung mit Schreiben vom 21. August 2015 erstmals angefordert und nicht nachgefordert wurde, sodass auch eine andere Vorlagefrist gesetzt werden konnte (vgl. Dittmann, aaO., Rn. 164 a. E.). Für die Frage der Angemessenheit ist auf Bedeutung und Umfang der Aufklärung abzustellen. Eine Antwortfrist von weniger als einer Woche ist schon allgemein i. d. R. unzumutbar. Müssen sich Bieter darüber hinaus etwa noch erstmals geforderte Nachweise beschaffen, hat der Auftraggeber die hierfür erforderliche Beschaffungsdauer zu berücksichtigen. Denn anders als im Fall des § 16 EG Abs. 1 Nr. 3 VOB/A, in dem diese schon mit dem Angebot hätten abgegeben werden müssen und der Bieter durch die Nachforderung lediglich eine letzte Möglichkeit zur Nachreichung erhält, wird er in Fällen der vorliegenden Art erstmals mit der Anforderung konfrontiert (VK Münster, Beschluss vom 21. Juli 2011 - VK 9/11, juris-Tz. 71 ff.; Zeise in: Kulartz/Marx/Portz/Prieß, § 15 VOB/A, Rn. 30; Horn in: jurisPK-Vergaberecht, § 15 VOB/A, Rn. 71). Vorliegend hatte sich die Antragsgegnerin in Nr. 8.1 der Bewerbungsbedingungen zwar bereits die Anforderung von Eigenerklärungen beim Einsatz anderer Unternehmen vorbehalten. Ein solcher Vorbehalt erforderte aber für sich genommen nicht, dass ein Bieter sich entsprechende Erklärungen schon vor der Anforderung besorgt und bereithält (OLG München, Beschluss vom 21. August 2008 - 13 Verg 13/08, juris Tz. 36).

Unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls war die gesetzte Frist hier unzureichend kurz. Das Schreiben vom 21. August 2015 wurde der Beigeladenen zu 1 per Fax am selben Tag - einem Freitag - um 16:13 Uhr übersandt. Die Beigeladene zu 1 konnte daher unter Berücksichtigung üblicher Geschäftsabläufe ihrerseits diese Eigenerklärung bei der T. GmbH & Co. KG erst am darauffolgenden Montag anfordern. In der Sache standen ihr daher für die Erlangung dieser Erklärung weniger als vier Werktage zur Verfügung. Auch unter Berücksichtigung des Beschleunigungsinteresses der Antragsgegnerin war dies unangemessen kurz.

Aus Gründen der Rechtsklarheit setzt eine - wie hier - unangemessen kurze Frist im Vergaberecht auch nicht eine angemessene Frist in Gang - die von der Beigeladenen zu 1 hier versäumt worden wäre. Hierfür spricht auch der Wortlaut von § 15 EG Abs. 2 VOB/A, wonach die "gesetzte" angemessene Frist maßgeblich ist. Vielmehr hätte die Antragsgegnerin dadurch reagieren können, dass sie später eine noch angemessene Frist setzte (vgl. etwa VK Münster, aaO., Tz. 80), die hier letztlich - wenn auch spät - mit Schreiben vom 29. Oktober 2015 im laufenden Nachprüfungsverfahren gesetzt wurde.

Auch hiernach war die im laufenden Nachprüfungsverfahren nachgereichte Erklärung daher zu berücksichtigen.

III.

Eine Entscheidung über die Kosten des Verfahrens gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB ist nicht veranlasst; diese ergeht zusammen mit der Entscheidung in der Hauptsache.