Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 13.03.2003, Az.: 6 A 3092/01

Elterliche Wohnung; Lebensbedarf; Mietbeihilfe; Unterhaltssicherungsgesetz; Wohnraum; Zivildienstleistender

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
13.03.2003
Aktenzeichen
6 A 3092/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 47957
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Dass ein Dienstleistender die Mietzinszahlungen für eine von seinen Eltern gemietete Wohnung nur aus dem ihm von seinen Eltern als Geldrente gezahlten Barunterhalt bestreiten kann, reicht nicht aus, um nach Nr.7a.4 Abs. 2 der Hinweise des BMVg anzunehmen, er wäre nicht Mieter von Wohnraum im Sinne von § 7a Abs. 1 USG (Im Anschluss an die Urteile des BFH vom 19.10.1999 - IX R 39/99 - [NJW 2000 S. 758] und - IX R 30/98 - [NJW 2000 S. 760]).

Tatbestand:

1

Der am 10. Juli 1980 geborene Kläger schloss im Jahre 2000 seine Schulausbildung in Hannover mit dem Abitur ab. Daran anschließend wurde er mit Bescheid vom 8. August 2000 zur Ableistung seines Zivildienstes in Hannover in der Zeit vom 4. Oktober 2000 bis zum 31. August 2001 einberufen.

2

Aus diesem Anlass beantragte der Kläger am 28. Januar 2001 bei der Beklagten die Gewährung einer Mietbeihilfe. Er legte einen mit seiner Mutter F. B. als Eigentümerin des Hausgrundstücks C.-Straße 38, Hannover, am 4. März 2000 geschlossenen Mietvertrag vor, in dem diese ihrem Sohn in dem Haus C.-Straße 38 beginnend ab 1. April 2000 zwei möblierte Zimmer im Dachgeschoss mit einer Wohnfläche von insgesamt 22 m2 vermietet hat. Als Mietzins sind monatlich 430 DM zuzüglich 170 DM Nebenkosten vereinbart. Dem Kläger wird in dem Vertrag das Recht eingeräumt, neben seiner Schwester G. B. die im Erdgeschoss des Hauses gelegene Küche, die Diele und den Garderobenflur sowie die Kelleräume und einen Fahrrad- und Geräteschuppen mitzubenutzen. Die Eltern des Klägers wohnen auf dem angrenzenden Grundstück in dem Wohnhaus C.-Straße 36, das ebenfalls im Eigentum der Mutter des Klägers steht. Der Kläger legte ferner eine Abrechnung der Mietnebenkosten für das Jahr 2000 vor, die mit einer Erstattung vom 61,92 DM schloss. Des Weiteren legte der Kläger Ablichtungen der Kontoauszüge seines Girokontos aus der Zeit von April 2000 bis Januar 2001 vor, die regelmäßige Lastschriften zu Gunsten des Kontos seiner Mutter in Höhe der monatlichen Mietzinszahlungen ausweisen. Auch legte er Ablichtungen der Kontoauszüge des Girokontos seiner Mutter vor, in denen regelmäßige Lastschriften wegen der Überweisung eines monatlichen Geldbetrags von 1.200 DM auf das Girokonto des Klägers aufgeführt sind.

3

Mit Bescheid vom 13. Februar 2001 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Mietbeihilfe ab, weil der Kläger nicht Mieter von Wohnraum sei: Ein Vertrag, mit dem Eltern einem Dienstpflichtigen Wohnraum gegen Entgelt überließen, sei nicht als Mietvertrag, sondern als Unterhaltsvereinbarung zu werten, solange der Dienstpflichtige nicht über eigene, regelmäßig wiederkehrende Einkünfte verfüge, aus denen er die laufenden Mietzahlungen bestreiten könne. Die Unterhaltszahlungen der Eltern des Klägers könnten nicht als dessen eigene Einkünfte angesehen werden.

4

Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Bezirksregierung Hannover mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2001 als unbegründet zurück.

5

Der Kläger hat am 6. August 2001 Klage erhoben. Er macht geltend, er erfülle die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Mietbeihilfe, weil er allein stehend und Mieter von Wohnraum im Sinne von § 7a Abs. 1 Satz 1 USG sei. Unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren trägt der Kläger vor, der Bundesfinanzhof (BFH) habe in drei Urteilen vom 19. Oktober 1999 entschieden, dass Eltern dadurch, dass sie ihrem unverheirateten Kind mietweise eine Wohnung überließen, keinen Naturalunterhalt leisteten. Eine rechtliche Einordnung der Vermietung als Unterhaltsleistung schränke nach Auffassung des BFH in unzulässiger Weise das Recht der Eltern, die Art der Unterhaltsgewährung selbst zu bestimmen, ein. Außerdem habe der BFH dargelegt, dass es eine mit Art. 6 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarende Benachteiligung darstelle, wenn einem Mietvertrag zwischen Eltern und Kind nur deshalb die rechtliche Anerkennung versagt werde, weil Mieter ein unterhaltsberechtigtes Kind sei. Er, der Kläger, lebe mit seinen Eltern nicht in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft. Nachdem er 1998 von einem Auslandsschuljahr in den Vereinigten Staaten von Amerika zurückgekehrt sei, sei er Ende 1998 in die Räume im Nachbarhaus C.-Straße 38 eingezogen, die zuvor seine Großmutter bewohnt habe. Seine damals 89-jährige Großmutter sei im Februar des Jahres 1998 pflegebedürftig geworden und nach Zunahme ihrer Pflegebedürftigkeit in das Haus seiner Eltern umgezogen. Dort habe seine Mutter die Großmutter, die nun sein früheres Kinderzimmer bewohnt habe, gepflegt. Er selbst habe sich seit dem Umzug in das Nachbarhaus mit seinem täglichen Lebensbedarf selbst versorgt und im Zuge seiner inzwischen gewonnenen Selbstständigkeit im März 2000 den Wunsch geäußert, einen Mietvertrag zu schließen.

6

Der Kläger beantragt,

7

den Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 2001 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Hannover vom 24. Juli 2001 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 4. Oktober 2000 bis 31. August 2001 eine Mietbeihilfe nach § 7a USG in Höhe von 3.264,63 € zu gewähren und ihm auf diesen Betrag Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszins nach § 1 Diskontsatz-Überleitungs-Gesetz seit Klageerhebung zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass die von dem Kläger zitierte Rechtsprechung des BFH nicht relevant sei. Nach Nr. 7a.4 Abs. 2 der Hinweise zu § 7a USG sei ein Mietvertrag zwischen einem Zivildienstleistenden und seinen Eltern, in welchem diese sich verpflichteten, ihrem Sohn Wohnraum gegen Entgelt zu überlassen, nicht als Mietvertrag, sondern als Unterhaltsvereinbarung zu werten, wenn der Zivildienstleistende bei Abschluss dieser Vereinbarung nicht über eigene wiederkehrende Einnahmen in ausreichender Höhe verfüge, mit denen er die laufenden Zahlungen des Entgelts bestreiten könne. Als Einnahmen in diesem Sinne zählten alle Einnahmen mit Ausnahme derjenigen, die aus dem Vermögen der Eltern stammten. Über eigene, nicht aus dem Vermögen seiner Eltern stammende Einnahmen habe der Kläger, der bei Abschluss des Mietvertrages noch Schüler gewesen sei, nicht verfügt.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts nimmt die Kammer ergänzend auf den Inhalt der vorgelegten Schriftsätze nebst Anlagen, der Sitzungsniederschrift vom 13. März 2003 und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug.

Entscheidungsgründe

12

Die Klage ist begründet.

13

Der Anspruch des Klägers auf die begehrte Mietbeihilfe folgt aus § 7a Abs. 1 Satz 1 des Unterhaltssicherungsgesetzes (USG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.7.1987 (BGBl. I S. 1046), das gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 2 Zivildienstgesetz (ZDG) auf anerkannte Kriegsdienstverweigerer für die Dauer des Zivildienstes entsprechend anzuwenden ist. Danach erhalten Zivildienstleistende, die allein stehend und Mieter von Wohnraum sind, Mietbeihilfe nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4. Sinn und Zweck der Mietbeihilfe nach den genannten Vorschriften ist es, dem Wehrpflichtigen bzw. dem Zivildienstleistenden seine bisherigen Lebenshaltungskosten für die Miete von Wohnraum, die er selbst aufgebracht hat, in gewissem Umfang zu ersetzen, wobei es unerheblich ist, ob er Haupt- oder Untermieter ist. Entscheidend für die Anwendung des § 7a Abs. 1 Satz 1 USG ist in diesem Zusammenhang nur, dass ein Nutzungsverhältnis für Wohnraum rechtlich begründet worden ist und dem Dienstleistenden im Fall der Nichtzahlung des vereinbarten Nutzungsentgelts in Anwendung der mietvertraglichen und gesetzlichen Regelungen der Verlust seiner Wohnung droht. Insoweit soll die aus dem Mietvertrag begründete Zahlungspflicht als Teil des "Lebensbedarfs" gesichert werden (BVerwG, NVwZ-RR 1995 S. 42 [BVerwG 08.07.1994 - BVerwG 8 C 33/93]).

14

Der Kläger war in dem streitbefangenen Zeitraum nicht nur allein stehend, sondern auch im vorstehend genannten Sinne Mieter von Wohnraum. Daran, dass der zwischen dem Kläger und seiner Mutter am 4. März 2000 geschlossene Vertrag über die Vermietung von Wohnräumen in dem Haus C.-Straße 38 zwischen den Parteien ein Mietverhältnis nach § 535 BGB wirksam begründet hat, bestehen nach Auffassung der Kammer keine begründeten Zweifel.

15

Der Mietvertrag ist von den Vertragsparteien individuell verfasst worden und bezieht sich auf die Besonderheiten des Mietobjekts. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien den Eintritt des im Vertrag vereinbarten Erfolgs tatsächlich nicht oder nicht ernsthaft wollten, lassen sich weder dem Vertragstext selbst noch den im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss bekannten Lebensumständen entnehmen. Allein ein - im vorliegenden Fall nicht in Rede stehender - bloßer Verdacht, der Mietvertrag solle nur die erfolgreiche Beantragung von Mietbeihilfe ermöglichen, aber ansonsten keine Rechte und Pflichten begründen, reicht für die Annahme der Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts noch nicht aus.

16

Die Tatsache, dass der Kläger die vereinbarten Mietzinszahlungen mangels eigener Einkünfte aus Einkommen oder Vermögen nur mit den Mitteln bestreiten kann, die ihm von seinen Eltern als Barunterhalt in Gestalt einer monatlichen Geldrente zugewandt werden, reicht nicht aus, um zu der rechtlichen Erkenntnis zu gelangen, er wäre kein Mieter von Wohnraum. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit (§ 311 Abs. 1 BGB) macht die Wirksamkeit von Verträgen auch im Mietrecht weder von der wirtschaftlichen Abhängigkeit noch der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Vertragspartner abhängig.

17

Dieser Grundsatz steht auch der auf die Verwaltungsvorschrift in Nr. 7a.4 Abs. 2 der Hinweise des BMVg zu § 7a USG gestützten Annahme der Beklagten, der vorgelegte Vertrag sei nicht als Mietvertrag, sondern als Unterhaltsvereinbarung zu werten, entgegen. Wenn die Hinweise des BMVg zu § 7a USG das Vorliegen eines Mietvertrags zwischen einem Zivildienstleistenden und seinen Eltern davon abhängig machen, dass der Zivildienstleistende bei Abschluss dieser Vereinbarung über eigene wiederkehrende Einnahmen in ausreichender Höhe verfügt, mit denen er die laufenden Zahlungen des Entgelts bestreiten kann, verkennen sie den Rechtscharakter einer Unterhaltsvereinbarung. Eine Unterhaltsvereinbarung kann nämlich angesichts des Bestimmungsrechts der unterhaltsverpflichteten Eltern aus § 1612 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auch den Abschluss eines Mietvertrages zum Gegenstand haben, solange die Eltern damit ihrem unverheirateten Kind den notwendigen Unterhalt leisten und sie die gebotene Rücksicht auf die Belange des Kindes nehmen. Unterhaltsvereinbarung und Mietvertrag schließen sich somit nicht aus, sondern können – wie im Fall des Klägers – untrennbare Bestandteile der getroffenen Bestimmung der Eltern über die Art und Weise der Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht gegenüber dem unverheirateten erwachsenen Kind sein.

18

Zwar deckt sich die Aussage der Verwaltungsvorschrift in Nr. 7a.4 Abs. 2 der Hinweise des BMVg zu § 7a USG im Ergebnis mit dem Urteil der ehemaligen 2. Kammer Hildesheim des Verwaltungsgerichts Hannover vom 19. September 1996 - 2 A 498/95. Hi -. Darin hatte das Gericht ausgeführt, es spreche eine tatsächliche Vermutung dafür, dass ein Mietvertrag nach § 117 BGB nicht wirksam zustande gekommen ist, wenn ein Zivildienstpflichtiger nach Erhalt des Einberufungsbescheides einen Mietvertrag über eine im Eigentum der Eltern oder eines Elternteiles stehende Wohnung schließt, obwohl er mangels eigener Einkünfte oder Vermögens im Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf absehbare Zeit nicht in der Lage ist, den vereinbarten Mietzins ohne ergänzende Unterhaltsleistungen seiner Eltern zu zahlen. Eine entsprechende Vermutung ließe sich dem Grund nach auch in den Fällen begründen, in denen zwar ein Einberufungsbescheid noch nicht ergangen ist, der Ablauf des Zurückstellungszeitraumes wegen Beendigung der Schul- oder Berufsausbildung aber - wie im Fall des vorliegend abgeschlossenen Mietvertrages - unmittelbar bevorsteht. In dieser Vermutung hatte sich das Verwaltungsgericht durch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 23. Februar 1988 - IX R 157/84 - (ZMR 1988 S. 252) bestätigt gesehen. Der BFH hatte mit jenem Urteil entschieden, dass Eltern ihren unterhaltsbedürftigen Kindern elterlichen Wohnraum üblicherweise formlos als Naturalunterhalt zur Verfügung stellen. Das Verwaltungsgericht war dem BFH in der Annahme gefolgt, dass für den Abschluss eines Mietvertrags zwischen Kindern und Eltern regelmäßig kein Anlass bestehe, wenn das Kind die Mietzahlung wiederum nur aus (ergänzenden) Unterhaltsleistungen seiner Eltern bestreiten könnte. Daraus hatte es eine – vom BFH ausdrücklich offen gelassene - tatsächliche Vermutung hergeleitet, wonach - auch bei natürlicher Betrachtung der üblichen Regelungen innerhalb einer familiären Beistandsgemeinschaft - ein wirksames Mietverhältnis zwischen einem Kind und seinen Eltern mit der sich daraus für das Kind ergebenden Zahlungspflicht (§ 535 Satz 2 BGB) nicht ernsthaft gewollt sei, wenn das Kind die vollständige Miete auf absehbare Zeit nur aus Unterhaltsleistungen seiner Eltern, also der Vermieter, bestreiten könne. Auch die von der Beklagten herangezogenen Hinweise des BMVg zu § 7a USG stützen sich offenbar auf das Urteil des BFH vom 23. Februar 1988 - IX R 157/84 - (a.a.O.). Dieses Urteil ist nämlich in den Überlegungen der Bund-Länder-Konferenz 1994 zur Änderung der Vorschrift in Nr. 7a.3 der Hinweise zu § 7a USG, die eine den heute geltenden Hinweisen Nr. 7a.4 Abs. 2 ähnlichen Inhalt erhalten sollten, ausdrücklich zitiert worden. Insoweit wird auf die mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörterte Rundverfügung der Bezirksregierung Hannover an die Unterhaltssicherungsbehörden vom 19.4.1995 (- 107.13 - 43450 -; Bl. 37 bis 41 der Gerichtsakte 2 A 498/95. Hi) verwiesen.

19

Die Kammer folgt dieser im Anschluss an das Urteil des BFH vom 23. Februar 1988 - IX R 157/84 - (a.a.O.) ergangenen Rechtsprechung der ehemaligen 2. Kammer Hildesheim des Verwaltungsgerichts Hannover aus den oben bereits genannten Gründen nicht. Wählen Eltern bewusst die nach § 1612 BGB zulässige Gestaltung des Unterhalts durch Abschluss eines Mietvertrages mit ihrem erwachsenen Kind, so kann darin nicht ein Scheingeschäft im Sinne von § 117 BGB gesehen werden. In dieser Rechtsauffassung sieht sich die Kammer durch die Urteile des BFH vom 19. Oktober 1999 - IX R 39/99 - (NJW 2000 S. 758), und - IX R 30/98 - (NJW 2000 S. 760 [BFH 19.10.1999 - IX R 30/98]) bestätigt. Darin hat der BFH unter ausdrücklicher Aufgabe seiner Rechtsprechung aus dem Urteil vom 23.2.1988 - IX R 157/84 – (a.a.O.) ausgeführt, dass ein Mietvertrag zwischen Eltern und unterhaltsberechtigten Kindern steuerrechtlich auch dann berücksichtigt werden muss, wenn das Kind den vereinbarten Mietzins nur aus dem überlassenen Barunterhalt zu entrichten in der Lage ist. Auch bei diesen Fallgestaltungen stelle das Vermieten einer eigenen Wohnung an ein unterhaltsberechtigtes Kind keinen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von § 42 AO dar. Für das Steuerrecht verweist auch der BFH darauf, dass es grundsätzlich den Eltern überlassen sei, in welcher Weise sie ihre Unterhaltspflicht erfüllten und ob sie neben der Zahlung einer Geldrente dieser Pflicht nach § 1612 Abs. 1 Satz 2 BGB durch Bereitstellung von Wohnraum oder durch Abschluss eines Mietvertrages nachkämen. Daraus folge, dass die freie Entscheidung der Eltern für die Leistung eines Barunterhalts jedenfalls steuerrechtlich nach § 1612 Abs. 2 BGB akzeptiert werden müsse. Machten die Eltern danach von der ihnen in § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB eingeräumten Wahlfreiheit Gebrauch, könne dieses nicht gegen eine vom Gesetzgeber vorgegebene Wertung verstoßen, selbst wenn Eltern im Zusammenhang mit dem Motiv, Steuern zu sparen, ihre Rechtsverhältnisse mit ihren Kindern möglichst günstig gestalteten. Eine rechtliche Gestaltung sei erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebrauche, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein solle (BFH, Urteile vom 19.10.1999, a.a.O., S. 759, 760).

20

Wenn danach in dem wirksamen Abschluss eines Mietvertrags zwischen Eltern und ihrem unverheirateten unterhaltsberechtigten Kind im Hinblick auf die steuerlichen Vorteile einer solchen Unterhaltsgestaltung schon kein rechtlicher Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 AO vorliegt, dann kann erst recht nicht vermutet werden, dass derartigen Mietverträgen ein Scheingeschäft im Sinne der §§ 117 BGB, 41 AO zugrunde liegt. Das gilt uneingeschränkt auch für die Anwendung des § 7a Abs. 1 USG. Eine gesetzgeberische Wertung, welche die vom Wehr- oder Zivildienstleistenden seinen eigenen Eltern geschuldeten Mietzinszahlungen von der Sicherung des Lebensbedarfs während der Wehr- oder Zivildienstes ausnimmt, ist weder dem USG noch anderen gesetzlichen Regelungen zu entnehmen. Vielmehr lässt sich aus der Normierung des Ausschlusstatbestandes in § 7a Abs. 1 Satz 2 USG schließen, dass der Gesetzgeber mit Ausnahme des Lebens in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft mit Angehörigen alle anderen unterhaltsrechtlichen Beziehungen der Dienstleistenden zu ihren Eltern gerade nicht von der Sicherung des Lebensbedarfs ausgenommen hat.

21

Der dem Kläger danach zustehende Anspruch auf Mietbeihilfe beläuft sich der Höhe nach auf einen Betrag von 3.264,63 Euro. Dieser setzt sich wie folgt zusammen: Da der Kläger den Zivildienst erst am 4. Oktober 2000 antreten musste, beschränkt sich sein Anspruch für den Monat Oktober 2000 gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 USG auf 28/30 des monatlichen Höchstbetrages nach § 7a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 USG von 584 DM, mithin auf 545,07 DM. Hinzuzurechnen sind die vollen Höchstbeträge für die Zeit vom 1. November 2000 bis 31. August 2001 (5.840 DM). Eine anteilige Minderung der Höchstbeträge wegen der vereinbarten Mitbenutzung einiger Räume (Küche, Diele, Garderobenflur, Kelleräume, Fahrrad- und Geräteschuppen) ist nach § 7a Abs. 3 USG nicht anzusetzen, weil sich der Begriff der Mitbenutzung in dieser Regelung nicht auf die im Mietvertrag genannten Nebenräume bezieht (BVerwGE 92, 207 [210]). Da die Höhe der nach Abzug der für 9 Monate des Jahres 2000 erfolgten Erstattung (61,92 DM) verbleibenden Mietnebenkosten keinen Anlass zu Zweifeln an ihrer Angemessenheit (§ 7a Abs. 2 Satz 3 USG) bietet, errechnet sich eine Mietbeihilfe von insgesamt 6.385,07 DM (entspricht 3.264,63 €).

22

Begründet ist die Klage auch, soweit der Kläger den Anspruch auf Prozesszinsen seit dem Zeitpunkt der Klageerhebung (6. August 2001) geltend macht. Der Anspruch stützt sich auf den gesetzlichen Zinsanspruch aus § 291 in Verbindung mit § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB, der auch auf die nach erfolgreicher Verpflichtungsklage seitens der Verwaltung zu gewährende Geldleistung Anwendung findet (BVerwGE 115, 274 = NVwZ 2002 S. 718; BVerwG, DVBl 1998 S. 1082). Da die Zinsforderung vor dem 1. Januar 2002 begründet worden ist, tritt nach Art. 229 §§ 5 Satz 1 und 7 Abs. 2 EGBGB der seit dem Zeitpunkt der Klageerhebung nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes jeweils gültige Basiszinssatz an die Stelle des in § 247 BGB festgelegten Basiszinssatzes.