Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 22.02.2024, Az.: 3 B 221/24
Länderübergreifende Verteilung UMA; persönliche Anhörung UMA; unbegleitet eingereiste Minderjährige - UMA; Unbegleiteter minderjähriger Flüchtling - länderübergreifende Verteilung; Unbegleiteter minderjähriger Flüchtling - Verteilung; persönliche Anhörung der/des UMA im gerichtlichen Eilverfahren betreffend Verteilung gemäß § 42b SGB VIII
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 22.02.2024
- Aktenzeichen
- 3 B 221/24
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2024, 10861
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2024:0222.3B221.24.00
Rechtsgrundlagen
- FamFG § 159
- SGB VIII § 42b
- VwGO § 80 Abs. 5
- VwGO § 96 Abs. 2
Amtlicher Leitsatz
In einem gerichtlichen (Eil-)Verfahren betreffend eine Verteilungsentscheidung gemäß § 42b SGB VIII ist die betroffene minderjährige Person entsprechend dem Rechtsgedanken des § 159 FamFG regelmäßig vom Gericht persönlich anzuhören. Die gerichtliche Anhörung der betroffenen minderjährigen Person kann im Wege einer Parteivernehmung gemäß § 96 Abs. 2 VwGO durch einen ersuchten Richter bzw. eine ersuchte Richterin durchgeführt werden.
Tenor:
- I.
Es soll Beweis erhoben werden durch Vernehmung der Antragstellerin als Partei
über die körperliche und psychische Verfassung der Antragstellerin im Zeitpunkt ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland und deren Entwicklung seitdem,
über die Einstellung der Antragstellerin und deren Gründe zu der verfügten Umverteilung nach H.,
über das Verhältnis der Antragstellerin zu ihrem in I. lebenden männlichen Verwandten.
- II.
Das VG I. wird gemäß § 96 Abs. 2 VwGO ersucht, die Beweisaufnahme durch ein weibliches Mitglied der für Angelegenheiten nach dem SGB VIII zuständigen Kammer durchzuführen.
Gründe
Dem Rechtsgedanken des § 159 FamFG folgend hält die Kammer in Fällen der vorliegenden Art eine gerichtliche Anhörung der betroffenen minderjährigen Person regelmäßig für geboten. Eine solche kann auch durch eine ersuchte Richterin bzw. einen ersuchten Richter durchgeführt werden (vgl. im Hinblick auf die Regelung des § 159 FamFG: BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 13. Mai 2020 - 1 BvR 663/19 -, Rn. 14, juris).
Es ist aus Sicht der Kammer geeignet und geboten, dass die Anhörung im vorliegenden Fall durch eine Richterin durchgeführt wird, weil (auch sexualisierte) Gewalterfahrungen seitens der Antragstellerin durch männliche Personen im Raum stehen. Da die der erkennenden Kammer angehörende Richterin derzeit erkrankt und eine Rückkehr nicht mit hinreichender Sicherheit prognostizierbar ist, kann durch die Kammer selbst eine Anhörung durch eine Richterin nicht gewährleistet werden. Ein kammerübergreifender innergerichtlicher Vertretungsfall liegt nicht vor, da die erkennende Kammer trotz des krankheitsbedingten Ausfalls der ihr angehörenden Richterin mit drei Berufsrichtern weiterhin gesetzmäßig besetzt ist.
Die Kammer hält es für geboten, die Antragstellerin durch eine Richterin des an ihrem derzeitigen Aufenthaltsort ansässigen Verwaltungsgerichts vernehmen zu lassen, um ihr zusätzliche Belastungen durch eine Reise sowie eine ungewohnte Umgebung zu ersparen.