Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 09.08.1995, Az.: 4 M 7098/94

Sozialhilfe; Aufnahme zumutbarer Arbeit; Ablehnung; Prognose; Seelische Fehlhaltung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
09.08.1995
Aktenzeichen
4 M 7098/94
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1995, 14082
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1995:0809.4M7098.94.0A

Fundstellen

  • ND MBl 1996, 163
  • ZfF 1997, 130

Amtlicher Leitsatz

1. Ein Hilfesuchender, der sich bemüht, sich eine selbständige (hier: künstlerische) Existenz aufzubauen, kann die Aufnahme einer gegen Entgelt zu verrichtenden Arbeit nur dann aus wichtigem Grund ablehnen, wenn nach einer anzustellenden Prognose die Umstände darauf hindeuten, die selbständige Tätigkeit werde alsbald Erträge in einer Höhe abwerfen, die es ihm ermöglichen werde, seinen notwendigen Lebensunterhalt auf Dauer zu sichern.

2. Eine Kürzung oder Versagung der Hilfe zum Lebensunterhalt wegen der Weigerung, zumutbare Arbeit zu leisten, hat sich so lange nicht als untauglich erwiesen, den Hilfesuchenden zur Arbeitsaufnahme zu bewegen, als er aufgrund eines Rechtsirrtums hofft, das Gericht werde schließlich doch zu seinen Gunsten entscheiden; auf eine "seelische Fehlhaltung" (BVerwGE 29, 99 [BVerwG 31.01.1968 - V C 22/67]) kann er sich nicht berufen, wenn sie nicht offenkundig ist, und er sich weigert, an einer Untersuchung durch einen Facharzt mitzuwirken.