Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 25.06.2003, Az.: 6 A 3946/01
Allgemeine Nebenbestimmungen; ANBest-P; auflösende Bedingung; Auslegung; Deckungsmittel; Ermäßigung; Fehlbedarf; Finanzierungsplan; Nebenbestimmung; Rückforderung; Subvention
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 25.06.2003
- Aktenzeichen
- 6 A 3946/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 48027
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 133 BGB
- § 157 BGB
- § 36 Abs 2 VwVfG
- § 49a Abs 1 VwVfG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Sind die ANBest-P zum Bestandteil des Bewilligungsbescheides erklärt worden, muss ihr Inhalt für die Bestimmung der rechtlichen Tragweite des Bewilligungsbescheides nicht wie eine Verwaltungsvorschrift nach Maßgabe der tatsächlichen Verwaltungspraxis, sondern in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB wie ein Verwaltungsakt ausgelegt werden.
2. Die Bestimmung der Nr. 2.2 der ANBest-P in der Fassung des Runderlasses des MF vom 16.4.1997 (MBl. S. 1004 [1013 ff.]) lässt sich sinnnvoll nur dahingehend auslegen, dass sich eine Zuwendung nicht nachträglich ermäßigt, wenn zwar einer der in den Nrn. 2.1.1 - 2.1.3 genannten Umstände eintritt, sich zugleich aber auch die im Finanzierungsplan ausgewiesene Finanzierung im Übrigen ändert, was der Fall ist, wenn sich neben den Deckungsmitteln auch die veranschlagten förderungsfähigen Ausgaben erhöhen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung eines Teiles von Zuwendungen, die ihr von der Beklagten im Haushaltsjahr 2000 gewährt und ausgezahlt worden waren.
Die Klägerin betreibt in G. eine Berufsfachschule Heilerziehungshilfe als staatlich anerkannte Ersatzschule. Das Land Niedersachsen gewährt den Trägern solcher Ersatzschulen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel nach Ermessen Zuwendungen. Gegenstand der Förderung ist die Herstellung der Schulgeldfreiheit für Schülerinnen und Schüler dieser Schulen, die keinen Anspruch auf Erstattung der Lehrgangsgebühren aufgrund eines Gesetzes haben. Voraussetzung der Förderung ist, dass der jeweilige Schulträger Finanzhilfe nach §§ 149, 150 des Niedersächsischen Schulgesetzes (NSchG) oder eine Zuwendung nach § 151 Abs. 1 NSchG erhält. Im Haushaltsjahr 2000 wurde für die Vergabe dieser Zuwendungen ein Richtlinienentwurf des Niedersächsischen Ministeriums für Frauen, Arbeit und Soziales - MFAS - nach dem Stand Juni 1998 (Az.: 107.3 - 41068/ 10 -) zugrunde gelegt. Dieser bestimmt, dass die Zuwendungen als nicht rückzahlbarer Zuschuss zur Projektförderung in Form einer Anteilsfinanzierung gewährt werden.
Mit Schreiben vom 9. November 1999 beantragte die Klägerin die Gewährung einer entsprechenden Zuwendung für das Haushaltsjahr 2000. Dazu legte sie einen Finanzierungsplan vor, der kalkulierte Personal- und Sachausgaben in Höhe von 113.155,94 DM und Einnahmen ausschließlich aus Finanzhilfe in Höhe von 65.346,13 DM, mithin einen durch die beantragten Zuwendungen anteilig zu deckenden Finanzierungsfehlbetrag von 47.809,81 DM auswies.
Mit Bescheid vom 2. August 2000 gewährte die Beklagte der Klägerin eine Zuwendung in Höhe von 18.892,80 DM zur Projektförderung als Fehlbedarfsfinanzierung. Dabei handelte es sich um den nach Nr. 5 des o.g. Richtlinienentwurfes bestimmten Finanzierungsanteil in Höhe von 32 % des nach §§ 149, 150 NSchG ermittelten Schülerbetrages des vorangegangenen Schuljahres, bezogen auf die Zahl der förderungsfähigen Schülerinnen und Schüler am 15. November 1999. Die Beklagte erklärte ausdrücklich die "Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung" (Anlage 2 zu Nr. 5.1 der Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO) - ANBest-P - zum Bestandteil des Bewilligungsbescheides und den damit für verbindlich erklärten Finanzierungsplan zur Grundlage der Bewilligung.
Am 3. Mai 2001 legte die Klägerin den Verwendungsnachweis für die ihr in voller Höhe ausgezahlte Zuwendung vor. Danach beliefen sich abweichend vom Finanzierungsplan die Personal- und Sachausgaben im Haushaltsjahr 2000 auf insgesamt 132.192,85 DM und die Einnahmen (ohne Berücksichtigung der ausgezahlten Zuwendung) auf insgesamt 78.932,24 DM, was rechnerisch einen Fehlbetrag von 53.260,61 DM ergab.
Mit Bescheid vom 7. Mai 2001 forderte die Beklagte daraufhin die gewährte Zuwendung in Höhe von 13.586,11 DM (entspricht 6.946,47 €) zurück. Dieser Betrag entspricht der Differenz zwischen den kalkulierten Einnahmen des Finanzierungsplanes und den im Verwendungsnachweis ausgewiesenen tatsächlichen Einnahmen. Die Beklagte führte aus: Da der Finanzierungsplan Grundlage der Zuwendung und Bestandteil des Bewilligungsbescheides sei, ermäßige sich nach Nr. 2.1.2 der ANBest-P bei einer Fehlbedarfsfinanzierung die Zuwendung um den Betrag, mit dem sich die Einnahmen gegenüber dem für Finanzierungsplan erhöht hätten. Dieses führe zur Rückforderung, wobei eine Aufrechnung erhöhter Ausgaben gegenüber erhöhten Einnahmen nicht zulässig sei.
Die Klägerin erhob Widerspruch und machte im Wesentlichen geltend, dass es sich bei dem Fehlbedarf im Sinne der projektfördernden Fehlbedarfsfinanzierung um einen objektiv messbaren Betrag handele, nämlich der Differenz zwischen den projektbezogenen Einnahmen und Ausgaben. Ein diesbezüglich aufgestellter Finanzierungsplan könne immer nur eine vorausschauende Bewertung enthalten, wobei weder die kalkulierten Einnahmen noch die Ausgaben sicher seien. In diesem Zusammenhang enthalte die Regelung der ANBest-P eine Lücke, die im Verständniswege ausgeglichen werden müsse. An keiner Stelle finde sich in den fraglichen Nebenbestimmungen die Überlegung, dass der ursprünglich kalkulierte Finanzierungsplan durch gestiegene Ausgaben eine andere Dimension bekomme. Wäre danach eine Aufrechnung erhöhter Einnahmen gegen erhöhte Ausgaben nicht zulässig, würde der Begriff der Fehlbedarfsfinanzierung ad absurdum geführt. Zugleich verstieße dieses gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz, der verlange dass bei einer Fehlbedarfsfinanzierung steigende Einnahmen und Ausgaben gleichermaßen berücksichtigungsbedürftig seien. Bei ihr, der Klägerin, seien im Haushaltsjahr 2000 nicht nur Mehreinnahmen, sondern mit einer Differenz zu ihren Lasten auch deutlich höhere Mehrausgaben entstanden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. September 2001 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Bestimmung der Nr. 2.1 ANBest-P, die bei Stärkung der Deckungsmittel eine Ermäßigung der Zuwendung vorsehe, enthalte eine auflösende Bedingung, bei deren Eintritt der Zuwendungsbescheid insoweit unwirksam werde. Eine gleichzeitige Erhöhung der Ausgaben bleibe dabei unberücksichtigt, denn Zuwendungen würden grundsätzlich subsidiär gewährt, und bei ihrer Bewilligung lasse sich in der Regel nicht vorhersehen, ob eine Verstärkung von Deckungsmitteln eintreten werde. Ein Ermessen der Behörde bestehe insoweit nicht; vom Eintritt der auflösenden Bedingung an sei der Zuwendungsempfänger gemäß § 49a VwVfG zur Rückzahlung verpflichtet.
Die Klägerin hat am 24. September 2001 Klage erhoben. Sie vertritt die Auffassung, dass die auflösende Bedingung einer nachträglichen Ermäßigung der Zuwendung nicht eingetreten sei. Auch wenn Zuwendungen grundsätzlich nur subsidiär gewährt würden, bedeute dieses nichts anderes, als dass der tatsächliche Fehlbedarf festgestellt werden müsse.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 7. Mai 2001 und deren Widerspruchsbescheid vom 7. September 2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, die Klägerin habe die Möglichkeit gehabt, den berichtigten Finanzplan für verbindlich erklären zu lassen und den Eintritt der auflösenden Bedingung zu verhindern, dieses aber entgegen ihrer Mitteilungspflicht aus Nr. 5 ANBest-P versäumt. Wenn dem Eintritt einer auflösenden Bedingung bei Ausgabenermäßigungen nicht entgegenstehe, dass sich auch die Einnahmen verringert hätten, gelte Gleiches im Umkehrschluss auch bei einer Erhöhung der Deckungsmittel unter gleichzeitiger Erhöhung der Ausgaben. Auch dann trete nach Nr. 2.1.2 ANBest-P eine auflösende Bedingung ein, so dass die Zuwendung zurückzufordern sein. Die Bestimmung in Nr. 2.2 ANBest-P, wonach die Nrn. 2.1.1 - 2.1.3 nur gelten, wenn sich die Finanzierung im Übrigen nicht ändert, beziehe sich nur auf die in diesen Regelungen enthaltenen Bagatellgrenzen. Insoweit müsse Nr. 2.2 ANBest-P eigentlich lauten: "Die vorstehenden Bagatellgrenzen gelten nur, wenn sich die Finanzierung nicht ändert."
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 7. Mai 2001 ist auch in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2001 rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nds. VwVfG i.V.m. § 49a Abs. 1 Sätze 1 und 2 VwVfG normierten Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erstattung der der Klägerin gewährten Zuwendung und Erlass eines entsprechenden Rückforderungsbescheides liegen nicht vor. Der Zuwendungsbescheid der Beklagten vom 2. August 2000 ist weder zurückgenommen oder widerrufen noch durch Eintritt einer auflösenden Bedingung in Höhe des zurückgeforderten Betrages unwirksam geworden. Die Beklagte hat zwar dem Zuwendungsbescheid vom 2. August 2000 standardisierte Nebenbestimmungen im Sinne des § 36 Abs. 2 VwVfG beigefügt, indem sie die als Verwaltungsvorschrift zu § 44 LHO (RdErl. des MF vom 16.4.1997, MBl. S. 1004 [1013 ff.]) herausgegebenen ANBest-P zum regelnden Bestandteil des Bewilligungsbescheides gemacht hat, eine auflösende Bedingung ist aber nicht eingetreten.
Dass die Beifügung von Nebenbestimmungen zur Sicherstellung des Zwecks einer im Ermessen des Landes stehenden Zuwendung nach §§ 23, 44 Abs. 1 Satz 1 LHO zulässig ist, folgt aus § 36 Abs. 1 und 2 VwVfG und ist allgemein anerkannt. Dadurch und weil der Bescheid vom 2. August 2000 mit diesem Inhalt bestandskräftig geworden war, konnte sich die der Klägerin gewährte Zuwendung grundsätzlich nach Maßgabe der Nebenbestimmungen in Nr. 2.1 ANBest-P, und zwar bei Eintritt der dort aufgezählten bestimmten Umstände, im Sinne einer (teilweise eintretenden) auflösenden Bedingung nachträglich ermäßigen. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Bewilligungsbescheides hatten die Bestimmungen der Nr. 2.1 der ANBest-P den folgenden Wortlaut:
"2. Nachträgliche Ermäßigung der Ausgaben oder Änderung der Finanzierung
2.1 Ermäßigen sich nach der Bewilligung die in dem Finanzierungsplan veranschlagten Gesamtausgaben für den Zuwendungszweck, erhöhen sich die Deckungsmittel oder treten neue Deckungsmittel hinzu, so ermäßigt sich die Zuwendung
2.1.1 bei Anteilfinanzierung anteilig mit etwaigen Zuwendungen anderer Zuwendungsgeber und den vorgesehenen eigenen und sonstigen Mitteln des Zuwendungsempfängers, sofern sich die Gesamtausgaben oder die Deckungsmittel insgesamt um mehr als 2.000 DM ändern,
2.1.2. bei Fehlbedarfsfinanzierung um den vollen in Betracht kommenden Betrag, sofern sich die Gesamtausgaben oder die Deckungsmittel um mehr als 1.000,-- DM ändern,
2.1.3 bei Vollfinanzierung um den vollen in Betracht kommenden Betrag und
2.1.4 bei Festbetragsfinanzierung um den vollen in Betracht kommenden Betrag, sofern die zuwendungsfähigen Ausgaben unter den Betrag der bewilligten Zuwendung abfallen."
Die der Klägerin im Haushaltsjahr 2000 für den Förderungszweck zur Verfügung stehenden Deckungsmittel haben sich ausweislich des Verwendungsnachweises um 13.586,11 DM gegenüber den für verbindlich erklärten Deckungsmitteln des Finanzierungsplanes erhöht, was sich der Nebenstimmung in Nr. 2.1.2 ANBest-P zufolge unmittelbar zuwendungsmindernd auswirkt und insoweit zur Unwirksamkeit des Zuwendungsbescheids in Höhe dieses Teilbetrags der Zuwendung führt. Mit der Teilermäßigung der Zuwendung wäre - bei rechtlich isolierter Betrachtung dieses Teiles der ANBest-P - der Rechtsgrund, die Zuwendung in dieser Höhe behalten zu dürfen, unmittelbar entfallen, so dass sich danach ein Erstattungsanspruch der Beklagten unmittelbar aus § 49a Abs. 1 VwVfG ergeben könnte. Das entspricht der von der Beklagten zitierten Rechtsprechung, wonach es anerkannt war, dass eine auflösende Bedingung der ANBest-P nach Sinn und Zweck der Fehlbedarfsfinanzierung grundsätzlich nicht nur dann eintritt, wenn sich entweder die Gesamtausgaben oder die Deckungsmittel um mehr als 1.000,-- DM ändern, sondern auch dann, wenn beides der Fall ist (vgl. OVG Lüneburg, Urt. vom .17.6.1996 - 11 L 214/93 - zu Nr. 2.2 ANBest-I). In dieser Rechtsprechung wurde entscheidend auf die Alternativaufzählung (Ermäßigung der Ausgaben, Erhöhung der Deckungsmittel oder Hinzutreten neuer Deckungsmittel) in Nr. 2.1 ANBest-P abgestellt und allein danach gefragt, ob eine für den Zuwendungsempfänger nach Bewilligung eingetretene günstigere Entwicklung der Ausgaben- oder der Einnahmenseite im Vergleich zu den Angaben im verbindlichen Finanzierungsplan eingetreten war, nicht jedoch nach dem tatsächlichen Fehlbedarf. Dementsprechend hat das Gericht (Urteil vom 15.11.1995 - 11 A 6973/94 -) in einem vergleichbaren Fall die Klage unter Hinweis auf das Unternehmerrisiko des Zuwendungsempfängers abgewiesen, obwohl der Erhöhung der Deckungsmittel - wie vorliegend - eine Erhöhung der im Finanzierungsplan veranschlagten Ausgaben gegenüberstand.
Für die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts ist aber zu beachten, dass sich der Inhalt der ANBest-P abweichend von der früher geltenden Vorschriftenlage in diesem Punkt entscheidend geändert hat. In der dem Bewilligungsbescheid vom 2. August 2000 beigefügten Fassung (des RdErl. vom 16.4.1997, a.a.O.) haben die ANBest-P zusätzlich folgende Bestimmung erhalten:
"2.2 Die Nrn. 2.1.1 - 2.1.3 gelten nur, wenn sich die Finanzierung im Übrigen nicht verändert."
Diese, die Rechtsfolgen der Nr. 2.1 ANBest-P ausschließende Nebenbestimmung kann nur so verstanden werden, dass sich eine Zuwendung nicht nachträglich ermäßigt, wenn zwar einer der in den Nrn. 2.1.1 - 2.1.3 genannten Umstände eintritt, sich zugleich aber auch die im Finanzierungsplan dargelegte Finanzierung im Übrigen ändert.
Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die ANBest-P im Fall der Klägerin zum Bestandteil des Bewilligungsbescheides vom 2. August 2000 erklärt worden sind, womit sich ihr Rechtscharakter entscheidend geändert hat. Im Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der beklagten Behörde stellen sie Bestandteile einer Einzelfallregelung im Sinne des § 35 VwVfG und nicht mehr bloße Verwaltungsvorschriften dar. Demzufolge sind die ANBest-P für die Bestimmung der rechtlichen Tragweite des Bewilligungsbescheides nicht wie Verwaltungsvorschriften nach Maßgabe einer tatsächlichen Verwaltungspraxis, sondern wie Verwaltungsakte auszulegen. Das bedeutet, dass ihre Inhaltsbestimmung in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB grundsätzlich von dem Erklärungshorizont des Adressaten vorzunehmen ist, es also darauf ankommt, mit welchem Inhalt die Klägerin die ANBest-P unter Berücksichtigung aller ihr bekannten oder erkennbaren Umstände nach Treu und Glauben bei objektiver Auslegung auffassen musste. Nicht entscheidend für ihre Auslegung sind dagegen der innere Wille der Behörde und die Motive des Vorschriftengebers.
Da der Inhalt der Nebenbestimmung in Nr. 2.2. ANBest-P der Klägerin nicht gesondert erläutert worden ist, konnte er aus der Sicht der Klägerin objektiv nur so verstanden werden, dass - positiv ausgedrückt- die Rechtsfolgenanordnungen der Nrn. 2.1.1 bis 2.1.3 nur ausgelöst werden, wenn sich die Finanzierung im Übrigen nicht verändert. Das folgt aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut dieser Nebenbestimmung im Zusammenhang mit der Systematik der genannten Bestimmungen in Nr. 2.1.1 bis 2.1.3. Regelungstechnisch sind die Nebenbestimmungen in den Nrn. 2.1.1 und 2.1.3 ANBest-P so aufgebaut, dass sie die offene Rechtsfolgenanordnung der Nr. 2.1 ("..., so ermäßigt sich die Zuwendung...") für die unterschiedlichen Tatbestände der Projektförderung (Finanzierungsarten und Änderungsbeträge) vervollständigen. Wortlaut ("Die Nrn. 2.1.1 - 2.1.3 gelten nur, wenn...") und Regelungssystematik der Nrn. 2.1 und 2.2 ANBest-P können daher von einem - nicht gesondert aufgeklärten - Adressaten eines Bewilligungsbescheides nur so verstanden werden, dass die Rechtsfolgen der Nrn. 2.1.1. - 2.1.3 nur eintreten, wenn das negative Tatbestandsmerkmal der Nr. 2.2. ANBest-P erfüllt ist, wenn sich also die Finanzierung im Übrigen nicht verändert.
Eine solche Auslegung gibt - unbeschadet der Motive des Vorschriftengebers - bei objektiver Betrachtung unter Berücksichtigung der Finanzierungsart auch einen Sinn. Denn nach Nr. 1.7 der ANBest-P behält sich die Bewilligungsbehörde für den Fall der Verfehlung des Zuwendungszwecks den Widerruf des Zuwendungsbescheides für die Zukunft vor. Nach Nr. 8.3.2 der ANBest-P gilt der Vorbehalt auch für einen Widerruf mit Wirkung für die Vergangenheit, soweit der Zuwendungsempfänger Mitteilungspflichten nicht rechtzeitig nachkommt. Im Zusammenhang mit der Pflicht des Zuwendungsempfängers aus Nr. 5.2 ANBest-P, eine Änderung der Finanzierung um mehr als 7,5 v.H. oder um mehr als 20.000 DM mitzuteilen, kann aus der Regelung der Nr. 2.2. nur geschlossen werden, dass die Behörde nach Maßgabe der Nebenbestimmung der Nrn. 1.7 und 8.3.2 ANBest-P bei Änderungen sowohl der Gesamtausgaben als auch der Deckungsmittel im Einzelfall eine Entscheidung darüber treffen soll, ob trotz Änderung der Gesamtfinanzierung der Förderungszweck noch erreicht werden kann, ein Widerruf und eine Rückforderung mithin nicht zwingend wären. Dass eine solche Ermessensentscheidung nicht notwendigerweise stets zu Lasten des Zuwendungsempfängers ausgehen muss, zeigt gerade der vorliegende Fall.
Eine andere, zu einem sinnvollen Ergebnis führende Auslegung der Nr. 2.2 ANBest-P ist nicht denkbar. Insbesondere lassen sich unter dem Merkmal „Finanzierung im Übrigen“ nur die übrigen nach Maßgabe der ANBest-P und der Nr. 4.2 des Richtlinienentwurfs des MFAS (Stand Juni 1998) wesentlichen Bestandteile des für verbindlich erklärten Finanzierungsplanes verstehen, im Fall der Klägerin also die mit dem Zuwendungszweck zusammenhängenden Personal- und Sachausgaben. Insbesondere ließe es sich nicht begründen, als „Finanzierung im Übrigen“ stets nur die Finanzierung zu verstehen, die nach Nr. 5 ANBest-P als nachträgliche Änderung beantragt und genehmigt worden ist. Den ANBest-P lässt sich ein nachträgliches Genehmigungserfordernis für geänderte Teile der Finanzierung nicht entnehmen, denn der Finanzierungsplan ist nach Nr. 1.2 Satz 2 ANBest-P nur hinsichtlich seines Gesamtergebnisses verbindlich. Abgesehen davon würde die Bestimmung in Nr. 2.2 ANBest-P ins Leere gehen, wenn sie nur denjenigen begünstigt, der Änderungen in der Finanzierung mitgeteilt hat und anschließend in den Genuss einer durch nachträgliche Änderung des Bewilligungsbescheides modifizierten Verbindlichkeit des Finanzierungsplanes gekommen ist.
Keinen erkennbaren Sinn gibt auch die von der Beklagten vorgetragene und auf eine schriftliche Erläuterung durch das Niedersächsische Finanzministerium vom 20. Oktober 1999 (11-1004 [11] 2) gestützte Interpretation der Bestimmung der Nr. 2.2 ANBest-P. Es ist nicht nachvollziehbar, dass sich Nr. 2.2 ANBest-P nur "auf die in den Nrn. 2.1.1 - 2.1.3 enthaltenen Bagatellgrenzen" beziehen soll und Nr. 2.2 ANBest-P eigentlich lauten müsste: "Die vorstehenden Bagatellgrenzen gelten nur, wenn sich die Finanzierung nicht ändert". Denn Nr. 2.2. zählt aus dem Katalog der Nrn. 2.1.1 bis 2.1.4 ausdrücklich auch die Nr. 2.1.3 auf. Diese enthält aber gar keine Bagatellgrenze, sondern ordnet die Ermäßigung der Zuwendung in jedem Fall an. Möglicherweise mag es tatsächlich Motivation des Vorschriftengebers gewesen sein, die Bagatellgrenzen der Nr. 2.1.1 und 2.1.2 in den Fällen einer im Übrigen veränderten Finanzierung nicht gelten zu lassen. In Wortlaut und Systematik der Nebenbestimmungen der Nrn. 2.1 und 2.2 ANBest-P findet dieses aber keinen Niederschlag. Dabei ist zu bedenken, dass an die Klarheit und Erkennbarkeit einer zur Nebenbestimmung gewordene Haushaltsrichtlinie, welche eine auflösende Bedingung enthält, im Interesse der Rechtssicherheit des Betroffenen strenge Anforderungen zu stellen sind. Hält die Nebenbestimmung diesen Anforderungen nicht stand, geht das Auslegungsergebnis entsprechend § 157 BGB im Zweifelsfall zu Ungunsten desjenigen aus, der es in der Hand gehabt hätte, den regelnden Teil des Bewilligungsbescheides in diesem Punkt deutlicher zu fassen.